Craig Morgan – Little Bit Of Life – CD-Review

Morgan

Mit meiner damaligen Prognose, dass Craig Morgans 2005er-Album „My Kind Of Livin’“ ein Renner werden könnte, lagen ich goldrichtig. Die CD hielt sich über ein Jahr lang in den Album-Charts und mit „That’s What I Love About Sunday“ und Redneck Yacht Club“ beinhaltete es zwei absolute Mega-Hits. Mittlerweile liegt sein neues Werk „Little Bit Of Life“ vor, wieder beim feinen Independant-Label Broken Bow Records erschienen. Eine überaus gelungene CD mit der er nahtlos an die hohe Qualität seines Vorgängers anknüpft, ja sie vielleicht sogar noch steigert. Klasse! Wie ist der Erfolg des vordergründig gar nicht so country-typisch wirkenden Künstlers zu erklären, der nach wie vor ohne den obligatorischen Cowboyhut auskommt?

Zum einen sicherlich in seiner glasklaren, sehr angenehmen Charakterstimme und seines Musikstils, die sich perfekt in Riege der ganz großen Traditionalisten der Marke Garth Brooks, George Strait, Alan Jackson, Mark Chesnutt und Co. einfügen, zum anderen aber auch durch sein ländliches, Werte-konformes, familiär intaktes Leben (vier Kinder, früherer Armee-Dienstleistender, Natur-/ Tier-Liebhaber), was auch in einem Großteil der Texte seiner Songs sehr authentisch reflektiert wird. Craig Morgan scheint frei von jeglichen Starallüren, was ihm gerade im immer noch konservativ geprägtem Süden des Landes sicherlich viele Freunde beschert.

Er wirkt halt wie ein fleißiger, sympathischer, junger Mann von nebenan. So bietet „Little Bit Of Life“ durchweg auf einem beachtlich hohen Niveau angesiedelten, ehrlichen, abwechslungsreichen, reinen Country (mit den gleichen Klasse-Musikern des Voralbums), der vollkommen traditionell ausgerichtet ist, dabei aber absolut zeitgemäß und modern klingt. Zudem hat man Morgan nie knackiger gehört.

Vereinzelt öffnet man sich ganz dezent sogar mal etwas „poppigeren“ Klängen, wie bei „I am“ oder auch „The song“. Vielleicht ein Verdienst des Einholens einer „dritten Meinung“ durch den neben ihm selbst und Songwriter-Kollege Phil O’Donnell am Produzententisch werkenlnden „Star-Producer“ Keith Stegall (Alan Jackson, Terri Clark, Billy Ray Cyrus etc.), der auf traditioneller Basis schon immer ein gutes Gespür für den „Zahn der Zeit“ entwickelte. Auch der Sound ist insgesamt noch ein wenig satter und kräftiger ausgefallen.

Highlights des Albums sind sicher das mit einem schönen Southern-Flair behafteten „Little Bit Of Life“ (stampfender Dancehall-Country mit viel Banjo, Dobro, Mandoline und leichtem Redneck-Touch), „International Harvester“ (schön „angerockt“, mit erstklassigen, kraftvollen Orgeleinlagen, erneut einem starken Banjo-Drive und klasse E-Gitarren-Riffs), das gar etwas an Montgomery Gentry erinnernde „Nothin’ Goin’ Wrong Around Here“ (mit bluesigem Swamp-Flair), das sehr flotte „I Guess You Had To Be There“ (klasse Fiddle-Solo mit starkem Honkytonk-Piano-„Konter“) oder das flockig dahin groovende „My Kind Of Woman“ (schöne Orgel-Fills, E-Gitarren-Solo, prächtige Harmoniegesänge). Dazwischen hören wir ab und zu ein paar, mit sehr emotionalen Texten versehene, sehr schöne, entspannt vorgetragene, nie zu bombastisch wirkende, reine Country-Balladen („Tough“, „The Ballad Of Mr. Jenkins“, „Sweet Old Fashion Goddness“), die ein ideales Pendant zu den flotteres Stücken bilden.

„Look At ‚Em Fly“ lässt Craig Morgans viertes Studio-Album schließlich mit einem sehr ländlich anmutendem Countrysong mit dezenten Bluegrass-Tendenzen wohlig ausklingen. „Little Bit Of Life“ steht „voll im Leben“ des aktuellen Geschehens in Nashville und dürfte Craig Morgans Position in den oberen Regionen des Genres eindeutig stabilisieren. Bester Traditional Country, auf dessen Klasse man sich mittlerweile bei Morgan zu hundert Prozent verlassen kann.

Broken Bow Records (2008)
Stil: New Country

01. Little Bit Of Life
02. International Harvester
03. Tough
04. I Am
05. The Ballad Of Mr. Jenkins
06. Nothin‘ Goin‘ Wrong Around Here
07. Sweet Old Fashion Goodness
08. I Guess You Had To Be There
09. The Song
10. My Kind Of Woman
11. Look At ‚Em Fly

Craig Morgan
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Matt Kennon – Same – CD-Review

Kenn

Starkes, ordentlich Southern-infiziertes New Country-Debüt von Matt Kennon. Wir beobachten in letzter Zeit mit Freude, dass gerade aus dem Staat Georgia einige hervorrgagende Acts wie beispielsweise Brantley Gilbert, Gary Ray & The Heartwells  und jetzt auch Matt Kennon Anstalten machen, sehr viel frischen Wind in die Nashville-Szene hereinzutragen. Die Jungs haben viel Southern Rock-Feeling im Blut und scheuen sich nicht, ihre Musik teilweise mit unkonventioneller Note fernab aller Chartzwänge zu präsentieren (was allerdings nicht bedeutet, dass hier wenig Hitpotential vorhanden wäre, ganz im Gegenteil sogar).

So auch Matt Kennon, der den Vorteil genießt, auf einem Indie-Label (BamaJam, ein Unter Label von Ronnie Gilleys und James Strouds „Stroudavarious Records“) sich so richtig kreativ austoben zu dürfen und dabei noch von einem absoluten „Who-Is-Who“ an Nashville-Vorzeigemusikern (u.a. Shannon Forrest, Brent Mason, Troy Lancaster, Kenny Greenberg, Chip Martin, Tony Harrell, Paul Franklin, Steve Nathan, Chad Cromwell, Eddie Bayers, Aubrey Haynie, Ilya Toshinsky und viele mehr), Co-Songwritern (Noah Gordon, Ben Hayslip, Shenandoah-Sänger Jimmy Yeary, Rob Crosby) und von Produzenten-Legende James Stroud (Tim McGraw, Trace Adkins) unterstützt wird.

Dazu kommen mit Jimi Jamison, dem Ex-Lead Sänger der AOR-/Classic Rock-Legende Survivor und Mark Slaughter, Bandleader der amerikanischen Hard Rock-Combo Slaughter noch zwei recht New Country-untypische Musiker hinzu, die Matt seit seiner Jugend verehrt (Survivor war eines seiner ersten Konzerte, auf die ihn sein Vater mitgenommen hatte). Durch die Beisteuerung von einigen Background Vocals (Slaughter dazu auf einem Track E-Gitarre) der beiden erfüllt sich ein persönlicher Traum Kennons. Das Markenzeichen des jungen Mannes ist zweifellos seine recht außergewöhnliche Stimme, die mit ihrer rauchig heiseren bis raspeligen Art irgendwo zwischen Eddie Montgomery, Bobby Pinson und Jeffrey Steele anzusiedeln ist.

Das eröffnende „Drive It Like You Stole It“ legt gleich los wie die Feuerwehr: Ein treibender, aggressiver und gitarrenlastiger Southern Country-Rocker mit jeder Menge Outlaw-Redneck-Esprit. Große Klasse! Ebenfalls mit viel Drive, aber eine Spur mehr auf Melodie getrimmt, schließt sich „The Man I Used To Be“ an (mit tollem Brent Mason-E-Gitarren-Solo). „The Call“, der wohl vom Text her bewegendste Track (es geht um einen Anruf, der quasi einen Mann in letzter Sekunde vom Selbstmord abhält), wurde als Single vorab ausgekoppelt. Der balladeske und vor Emotionaltät strotzende Song mit seinem Powerrefrain erreichte die Top-Forty der Charts. „Mama Raised The Hell Outta Me“ geht danach wieder in die Vollen. Gute Laune-Country mit Honkytonk-Note, wobei alle typischen Instrumente, wie Fiddle, Dodro, Steel, Piano, E-Gitarre zum Zuge kommen. Trace Adkins meets The Pirates Of The Mississippi könnte hier das Motto lauten.

Herrlich dann wieder das hochmelodische, von etlichen Tempo- und Atmosphärenwechseln durchzogene „If I Was Any Kind Of Man“, wobei die Twin Gitarrenkombination mit parallel spielender Fiddle starke Akzente setzt. „Ride With Me“ (rhythmisch, Twin Gitarren, Dobro, klasse E-Gitarren-Solo), das mit direkter, harscher Titelzeile versehene „Some People Piss Me Off“ und „Too Loud“ (aggressiv, poltrige Drums, Orgel, southern rockig) forcieren dann wieder das Tempo. Immer wieder toll, wie einerseits die E-Gitarren eine dominierende Rolle spielen, dabei aber ständig einen ordentlichen Gegenwind der stets präsenten, countrytypischen Instrumente (Fiddle, Dobro, Steel, Piano) zu spüren bekommen.

Die Musiker leisten hier großartige Arbeit. Das letzte Drittel des Albums steht dann im Zeichen von mit großer Emotionalität umwobener Balladen und Midtempo-Tracks, die aber dank der bereits erwähnten, großartigen und variablen musikalischen Umsetzung klasse rüberkommen. Einfach toll beispielsweise das bluesig-soulige „Cry Like Memphis“, das musikalisches Gefühlskino der Extraklasse bietet. Und wenn Kennon im pianounterlegten Refrain „They cried like Memphis when they heard the King was gone“ herausintoniert, ist die beühmte Gänsehaut vorprogrammiert. Er erinnert hier, wie auch bei „Some people piss me off“, sogar ein wenig an den großen „Bär von Detroit“, Bob Seger.

Matt Kennon hat auf seinem sehr starken Southern-lastigem New Country-Debüt bewiesen, dass es nicht immer ein Major sein muss, um auf sich aufmerksam zu machen. Das ist eine beeindruckende Vorstellung, die er hier abliefert. Bei James Stroud scheint er in den richtigen Händen zu sein, der mit ihm, wie einst mit Tim McGraw, einen behutsamen Aufbau zu planen scheint. Die Messlatte für ein nachfolgendes Album ist allerdings schon in eine enorme Höhe gelegt worden. Matt Kennon, ein Name, den man sich unbedingt merken sollte! Prächtiger Stoff für Freunde von Interpreten wie Trace Adkins, Eric Church, Montgomery Gentry, Bobby Pinson, The Road Hammers, Clay Davidson oder Jeffrey Steele!

BamaJam Records (2010)
Stil: New Country

01. Drive It Like You Stole It
02. The Man I Used To Be
03. The Call
04. Mama Raised The Hell Outta Me
05. If I Was Any Kind Of Man
06. Ride With Me
07. Some People Piss Me Off
08. Too Loud
09. Then There Was You
10. You Can Still Wear White
11. Cry Like Memphis
12. That’s Love

Matt Kennon
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Cole Deggs & The Lonesome – Same – CD-Review

Cole

Starkes Debüt eines überaus talentierten New Country-Quintetts, das sich aus zwei Brüderpaaren und einem gemeinsamen Freund zusammensetzt! Bandleader Cole Deggs (beim Blick auf das Coverbild bitte Ruhe bewahren, es ist nicht Keith Urban…!), der übrigens in Nashville schon als gefragter Songwriter für etablierte Leute wie Tracy Byrd und Kenny Chesney (dessen großer Hit „Live those songs again stammt beispielsweise aus Coles Feder) in Erscheinung trat, und sein Bruder Shade (Insidern vielleicht als früherer Bassist von Honeybrowne bekannt) aus dem Osten von Texas, genauer gesagt Lake Jackson, stammend, sowie Jimmy (Keyboards) und David Wallace (Lead guitar), aus Shreveport/Louisiana stellten bei einem Treffen in Nashville die Weichen für eine gemeinsame musikalische Zukunft und ergatterten auch recht schnell einen Major-Kontrakt bei Sony/BMG.

Mit an Bord nahmen sie noch ihren langjährigen gemeinsamen Bekannten Brian Hayes (Drums). Produziert wurde das Werk von den beiden erfahrenen Nashville-Haudegen Mark Wright und Rivers Rutherford, die natürlich nichts dem Zufall überließen und den Eigenkreationen der Newcomer auch noch Stücke aus den Federn der angesagtesten Songschreiber Nashvilles (u.a. Rutherford selbst, Dave Berg, Hillary Lindsey Aimee Mayo, Chris Lindsey, Tom Shapiro) anboten. Dazu ergänzten sie die ohnehin schon vorhandene musikalische Kompetenz von Deggs und seinen Jungs durch ein exzellentes Spektrum an Studiomusikern (Kenny Greenberg, Russ Pahl, Chuck Leavell, Eric Darken, John Willis, etc.! Cole Deggs & The Lonesome glänzen vor allen Dingen durch ihre Vielseitigkeit. Zum einen hat Frontmann Cole eine unglaublich variable Stimme, die sich wunderbar dem gegebenen Flair der einzelnen Stücke anzupassen vermag, zum anderen umfassen die Einflüsse der Band die gesamte stilistische Bandbreite die das Country-Genre bietet. Knackige Countryrocker und wunderbar melodische Balladen stehen in einem guten Verhältnis zueinander.

So startet das Album zunächst mit dem flotten, sowohl ein dezentes Red Dirt-Flair, als auch ein feines Southern-Feeling aufweisenden, knackig würzigen Countryrocker „Girl Next Door“, inklusive eines exzellenten, erdigen E-Gitarren-Solos, klasse Organ-Ergänzungen und wunderbaren Harmonies. Der starke Gesang von Deggs und ein amüsanter Text vollenden diesen prächtigen Opener, der sicher auch Bands wie Montgomery Gentry, Alabama, Brooks & Dunn oder Little Big Town gut zu Gesicht gestanden hätte. Die folgende Single „I Got More“ (bereits auf dem Weg in höhere Regionen der Billboard Country Singles-Charts) glänzt mit entspannten Gitarren, wunderschönem E-Piano und einem äußerst melodischen Refrain. Das tolle „Out Of Alabama“ rockt dann wieder richtig fett im Stile von Kollegen wie Brian McComas oder Jeffrey Steele. Hier darf man sich zudem über großartige integrierte Harp-Passagen freuen.

Nach dem traditionell und auch ein wenig bluesig angehauchten „Twelve Ounces Deep“ (Steel-betont) folgt dann quasi als Gegenpart ein flotter New Country-Song mit auch mal etwas poppigeren Tendenzen der Marke Rascal Flatts. Passt aber alles prima ins Gesamtbild und wirkt auch niemals zu glatt! Danach gibt es eine längere Passage von fünf Stücken, die sich allesamt im entspannten, relaxten Midtempo-/Balladen-Bereich bewegen, allerdings der unterschiedlichsten Couleur. Es gibt sogar dezente Eagles-/Lee Roy Parnell- (bei „Everybody’s Beautiful To Someone“) und im weitesten Sinn auch Roy Orbinson-/Conway Twitty-Reminiszenzen (bei „Girl Like Me“), viel Platz für Cole Deggs’ hervorragende, variable Gesangsperformance und auch viel Spielraum für die countrytypischen Instrumente wie Steelegitarre, E-Piano, Akustik- und E-Gitarre, überraschend sogar mal eine kurze Sax-Einlage.

Am Ende wird man dann mit „I Haven’t Stopped Hurtin’“ noch mal so richtig „aus dem Sessel gerissen“. Wie schon zu Beginn gibt es erneut einen swampigen, rhythmischen ungemein southern-inspirierten Countryrocker (viel The Marshall Tucker Band-Feeling) mit starkem Banjo-Spiel von John Willis, heulender Orgel, Honkytonk-Piano und kreischendem E-Gitarren-Solo! Fans dieser Zunft dürften von diesem Stück begeistert sein.

In der Summe präsentieren sich Cole Deggs und seine Mannen auf ihrem Erstling als eine äußerst talentierte Band mit erstaunlich hohem musikalischen/kompositorischem Potenzial. Annerkennung aber auch, dass ein doch sonst so Chart-orientiertes Majorlabel hier ungewöhnlich viel Entfaltungsspielraum gewährt hat. Das tut Nashville richtig gut! Ein neuer Trend? Es wäre wünschenswert, denn in diesem Fall hätten alle, bis hin zum Konsumenten gewonnen. Wie dem auch sei: Cole Deggs & The Lonesome gelingt in jedem Fall ein beachtliches New Country-Album, bei dem es an nichts fehlt.

Sony / BMG (2007)
Stil: New Country

01. Girl Next Door
02. I Got More
03. Out Of Alabama
04. Twelve Ounces Deep
05. The One That Got Away
06. Huggin‘ This Blacktop
07. Makin‘ Nothing Out Of Something
08. Do You Ever Think About Me
09. Everybody’s Beautiful To Someone
10. Girl Like You
11. I Haven’t Stopped Hurtin‘

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John Rich – Underneath The Same Moon – CD-Review

JRich

Klasse, bislang unveröffentlichtes Solo-Album von John Rich, heute Part des in Nashville mega-angesagten Duos Big & Rich! Und es zeigt mal wieder eindeutig, wie Künstler zum Teil der Willkür der Plattenbosse in Music City unterworfen zu sein scheinen. Denn das hier verwendete Material schlummerte bereits seit Ende der Neunziger Jahre in den Schubläden des Label und war nach zwei mäßig erfolgreichen Single-Auskopplungen wieder auf Eis gelegt worden. Aber zur Vorgeschichte: John Rich war einige Jahre Bassist und sporadischer Sänger der ebenfalls immer noch überaus erfolgreichen und beliebten Band Lonestar.

Nach seinem dortigen Ausstieg versuchte er als Songwriter, wie auch als Solokünstler in der Szene Fuß zu fassen. Dies allerdings mehr schlecht als recht bezahlt, und wie aus o. a. Gründen beschrieben, zunächst weitgehend erfolglos. So mietete er eines Tages völlig frustriert mit seinem Freund (Big) Kenny Alphin und einem weiteren Songwriter, Jon Nicholson, eine Location in Nashville, in der vom gleichen Schicksal gebeutelte Künstler Gelegenheit bekommen sollten, sich musikalisch und geistig austauschen zu können. Man gründete die sogenannte „MuzikMafia“, der u. a. die mittlerweile ebenfalls zu Starruhm gelangte Sängerin „Redneck Woman“ Gretchen Wilson beitrat.

Rich und Alphin schrieben unzählige Songs zusammen und erregten mit ihrem völlig neuen Konzept („Countrymusic without prejudice“), eine Art New-Country-Rock-Comedy, sowohl bestehend aus traditionellen Elementen, wie aber auch aus zum Teil ziemlich durchgeknallt und kontrovers erscheinenden Stilrichtungen. Big & Rich waren geboren, und mischen seit zwei Alben die Szene Nashvilles gehörig und sehr gewinnbringend durcheinander. So kommt es wie es kommen musste: Plötzlich erinnern sich gewiefte Konzernbosse voller Freude an John Richs einstiges Material, das ja mittlerweile in einem ganz anderen Licht präsentiert werden kann. Nun findet das einst verschmähte Werk doch noch seinen Weg an die Öffentlichkeit! Völlig zu Recht, wie wir meinen – warum also nicht gleich so!

Alle Songs, bis auf einen (Gretchen Peters/Bryan Adams), sind von John entweder allein oder mit diversen Co-Writern (4x Big Kenny) komponiert worden. Zum Teil wurden sie allerdings bereits von der Zukunft eingeholt und inzwischen durch diverse Künstler wie Blake Shelton („Underneath The Same Moon“), Shannon Brown („She Brings The Lightnin’ Down“ – ihr Debut-Album „Cornfed“ wurde von John produziert-), natürlich auch Big & Rich („I Pray For You“ – vom aktuellen Werk „Comin’ To Your City“), sowie durch Peters und Adams selbst („When You Love Someone“) performt. Insgesamt ist die Musik auf diesem Album deutlich konservativer, als die der heutigen Big & Rich, was aber auch nicht verwunderlich erscheint und schon gar nicht negativ gemeint ist.

Nicht nur bei den balladesken Momenten weisen sie recht nahe Parallelen zur guten alten, emotionalen Lonestar-Schule („Steel Bridges“) auf, leben aber auch schon von einer gewissen Experimentierfreudigkeit, wie der mit Dudelsäcken verzierte Celtic-Waltz „Old Blue Mountain“ (Harmonies von Sara Evans), das funkige „She Brings The Lightnin’ Down“, der Midtempo-Rocker „Something to Believe In“ oder das Acapella-Gospelartige „New Jerusalem“ (John singt mit dem klasse agierenden Gospelquartett The Fairchild Four). Sämtliche Lieder sind natürlich von den szenebekannten Instrumentalisten eingespielt (recht Steel-trächtig, viele weibliche Backs), und, wie es sich für einen arrivierten Songwriter gehört, mit allen Texten im Booklet abgebildet.

Produziert hat John zusammen mit Sharon Vaughn (Co-Komponistin und Background-Sängerin). Wie bereits erwähnt, angenehmer, feiner, absolut lohnenswerter New Country-Stoff zwischen Lonestar und Big & Rich, verbunden mit dem Dank für die späte Einsicht an die Sony/BNA-Bosse, dieses prima Album nun endlich doch noch zu veröffentlichen!

BNA/Legacy (2006)
Stil: New Country

01. I Pray For You
02. Underneath The Same Moon
03. Old Blue Mountain
04. She Brings The Lightnin‘ Down
05. I Love You Like That
06. When You Love Someone
07. Steel Bridges
08. Something To Believe In
09. Someday
10. Love Won’t Listen
11. New Jerusalem

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Bri Bagwell – When A Heart Breaks – CD-Review

Tolle, hoch talentierte Texas-Country-/Countryrock Singer-Songwriterin mit ihrem 2. Album! In Bri Bagwells bisherigem musikalischen Leben spielen drei Gegenden eine zentrale Rolle: Zunächst ihr Geburtsstaat New Mexico (die mittlerweile 28-jährige junge Dame stammt aus Las Cruces), in dem sie die typische Laufbahn vieler amerikanischer Interpreten (sie kommt natürlich wieder aus einer musikalischen Familie) mittels Kirchenchor und Mitgliedschaft in einer Band ihrer Brüder James und Bryan begann. Irgendwann zog es die auch sportlich talentierte Künstlerin jedoch nach Austin, Texas, wo dann nebst erfolgreich abgeschlossenem Studium praktisch der Nährboden für ihre Solokarriere gesät wurde.

Aber auch in Nashville hat sie sich mit einem Songwriter Publishing Deal für Sony/ATV ein weiteres Standbein geschaffen. Nach ihrer sehr starken Debüt-CD im Jahr 2011, „Banned From Santa Fe“ (u. a. mit dem Song „Whiskey“, der in den Texas Music Charts sehr erfolgreich war) und einer EP 2013, die ihr im gleichen und folgenden Jahr den Titel „Texas Female Singer of the Year“ einbrachte, legt sie jetzt mit „When A Heart Breaks“ den zweiten Longplayer beim Independant-Label Ruby Red Records vor. Auf diesem großartigen Werk, sind sämtliche benannte Regionen als Einflussgeber deutlich zu spüren. Da wäre zunächst einmal das launige, mit ihren beiden o. a. Brüdern kreierte „Mexican Beer“ (auf ihrem Erstling schon als Bonustrack in einer Live-Version enthalten), das mittels herrlich gespielter Mandoline, Akkordeon und Fiddle eine textlich humorvolle Hommage an die Vielfalt und Schmackhaftigkeit der mexikanischen Biersorten im passenden Tex-Mex-Ambiente abgibt.

Bri hat übrigens sämtliche Tracks selbst oder mitkomponiert. Texanisch gefärbter Country ist ebenso ein zentrales Thema ihres, sich über insgesamt zehn Lieder erstreckenden Vortrags. Garanten für einen hochqualitativen, musikalischen Genuss sind neben der Protagonistin diesmal solche Schwergewichte wie Stargitarrist David Grissom (u. a. Storyville, Joe Ely, John Mellencamp, Dixie Chicks, u.v.m.), der hier mit grandioser Hintergrund-, Füllarbeit sowie einigen furiosen Kurz-Soli glänzt, als auch der Multiinstrumentalist Tim Crouch, der mit fast allen countrytypischen Saiteninstrumenten, die es so gibt, dem Werk ein sehr ursprüngliches und authentisches Countryflair vermittelt.

Klasse sofort der straighte, countryrockende Opener „My Boots“ (erinnert ein wenig an die Terri Clark-/Leslie Satcher-Nummer „Gypsy Boots“), das Line Dance-taugliche, textlich wieder sehr amüsante „Beer Pressure“, oder das rotzig-freche, teilweise mit Sprechgesang performte „Spill It Sister“ (würde auch gut ins Repertoire der Whiskey Sisters passen). Ebenfalls sehr traditionell gehalten ist der wundervolle Countrysong „My Fisherman“ (Fiddle, Steel, tolles Doppelsolo, Mandoline, Stratocaster, gespielt hier von Chad Ware). Miranda Lambert oder auch ihr großartiges Sideprojekt, die Pistol Annies, sowie Bonnie Bishop kommen einem hier als weitere Bezugsgrößen in den Sinn.

Trotzdem enthält dieser Silberling der auch immer fleißig tourenden Bri Bagwell (mehr als 120 Dates pro Jahr) mit Stücken wie dem Titellied „When A Heart Breaks“ (fantastische, sher kraftvolle Countryballade mit herrlichem E-Gitarren-Spiel/-Solo von Grissom), dem atmosphärischen „Half As Good“ (filligrane Mandolinen-, Fiddle-, Cello-Einlagen), den sehr eingängigen „Anything But You“ und „Dear John Deere“ (schönes Wortspiel als Titel, eine Klageballade über das harte amerikanische Farmerleben), oder der abschließenden Abrechnung mit dem Verflossenen auf „Don’t Call“ jede Menge Songs mit viel Potential, das man auch in Nashville gut gebrauchen könnte, sofern man dort wieder statt auf Bombast und Effekthascherei auf die wesentlichen Dingen der Countrymusic abzielen würde. Hier spürt man, warum Miss Bagwell als Songschreiberin in Music City verpflichtet wurde.

Sehr transparent (sämtliche Instrumente sind immer sehr klar herauszuhören) produziert hat Lyndon Hughes (dazu mit Harmoniegesängen und Piano teilweise am Start) im Studio des hier auch mitspielenden Bassisten Stormy Cooper in Houston, Texas. Bri Bagwell liefert mit ihrer zweiten CD ein äußerst abwechslungsreiches und kurzweiliges Werk voller vieler kleiner musikalischer Feinheiten ab, das dank seiner weitestgehend mainstream-freien Gangart vermutlich wieder vornehmlich im rauer geprägten Texas punkten wird. Trotzdem ist eine gewisse Nashville-Kompatibilität (und das ist positiv gemeint) nicht zu verleugnen. Die überaus talentierte Dame (kompositorisch wie auch gesanglich) hat somit alle Optionen offen. Da bahnt sich sicher ein interessanter und spannender Werdegang an. Insgesamt eine sehr starke, beeindruckende Leistung von Bri Bagwell. Große Klasse, dieses Mädel!

Ruby Red Records (2015)
Stil: New Country & More

01. My Boots
02. Beer Pressure
03. When A Heart Breaks
04. Spill It Sister
05. Half As Good
06. Anything But You
07. Mexican Beer
08. Dear John Deere
09. My Fisherman
10. Don’t Call

Bri Bagwell
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Rich O’Toole- In A Minute Or 2 – CD-Review

Toole

Rich O’Toole hatte uns bereits mit seinem grandiosen Debütwerk zu Begeisterungsstürmen hingerissen. Auch mit dem Nachfolger „In A Minute Or 2“ brennt der junge Bursche mit seiner großartigen Band wieder ein voller Vitalität und Energie steckendes Countryrock- und Southern Rock-trächtiges Red-Dirt-Feuerwerk ab, das seines Gleichen sucht. Kaum zu glauben, auch hier wurde trotz bereits hoch hängender Trauben wieder eine kaum für möglich gehaltene Leistungssteigerung vollzogen. Rich hat neun der insgesamt zehn neuen Tracks geschrieben (darunter mit „The Destrict Sleeps Alone Tonight“ nur eine Coverversion des amerikanischen Alternativ-Duos „The Postal Service“ – mit traurig rootsigem Flair, atmosphärisch begleitet von Randy Rogers-Fiddler Brady Black und mit wunderschönen, elfenhaften Harmoniegesängen der Singer/Songwriterin Abigail Curry versehen) und kompositorisch betrachtet noch mal einen großen Schritt in die richtige Richtung vollzogen.

Traumhafte, eingängige Melodien, immer in Kontrast gesetzt zu einer recht rauen instrumentellen Umsetzung, wobei besonders Paul Eldridge mit seinem Southern-Rock-infizierten E-Gitarren-Spiel, was Riffs, Licks und Soli angeht, zu überzeugen weiß. Rich O’Toole’s Gesang ist so variabel und flexibel wie das Farbenspiel eines Chamäleons. Er versteht es hervorragend, sich der Stimmung und Art eines Songs anzupassen. Da hört man ein breites Spektrum von Charakteren heraus, das von Willy Brown, Mike McClure, über Ronnie Dunn sogar bis hin zu Glenn Frey reicht. Produziert hat, wie auch beim Erstling, wieder der Grammy-nominierte Mack Damon, der auch bei der Einspielung (Percussion, Piano, Strings) mit Hand anlegte. Los geht es mit dem herrlich flott dahin rockenden Titelsong, gleichzeitig die erste Single, „In A Minute Or 2“, der besonders durch den radiotauglichen Refrain (hervorragender Harmoniegesang von Nate Davenport als Gast) und die prächtig surrenden Slide-Fills begeistert.

Startet damit verdientermaßen einen äußerst viel versprechenden Angriff auf die Spitze Texas Music-Charts (und warum eigentlich nicht auch darüber hinaus?). Toll! Erinnert an einen bestens aufgelegten Glenn Frey! Einen tollen, rockigen, rootsigen, schwungvollen Red Dirt-Countrrock-Feger mit viel Southern Rock-Espirit hören wir mit dem starken „11th Street“, dessen leicht mitgrölbarer Refrain, das herrlich twin-angehauchte E-Gitarren-Solo und das Kuhglocken-Drum-Break einen potentiellen Live-Favorite abgeben dürfte. Ein echter Feiersong! Und wie es bei einem Rich O’Toole-Konzert so zugeht, beweist vor dann auch der angehängte Live-Bonustrack „Marijuana & Jalapenos“, bei dem Rich und seine Mannen mit Sprechgesang, furiosen Gitarren und fulminantem Honkytonk-Piano die kreischende und mitgrölende Meute fast zum Ausrasten bringen. Eine klasse Zusatz-Bonbon!

Zwischendurch gibt es aber einen starken neuen Studio-Knaller nach dem anderen, die mal im flotten und mal im entspannten oder auch knackigen Midtempo-Bereich angesiedelt sind. „Better Of Dead“, „Why Can’t I Fall In Love“, „Ain’t That A Shame“ und „Urban Disgrace“ sind alles Tracks, die O’Tool mit einer recht trockenen, aber sehr authentisch wirkenden Emotionalität (und dezenter Introvertiertheit) besingt und bei denen er seinen glänzenden Mitstreiten jederzeit genügend Freiraum für instrumentelle Feinheiten lässt. Der letzte Studiotrack, „Love Is A Disease“, beginnt noch mal mit einem krachenden Southern-E-Gitarren-Intro und wird vom Zusammenspiel fetter Gitarren, exquisitem Dobro und wohl dosierten E-Piano-Klängen der Achse O’Toole/Eldrigdge/ Marty Muse (der spielt neben Dobro auch einige nette Steel-Parts) und Mack Damon dominiert. Ein ganz großer Song zum Abschluss, bevor uns der bereits o.a. Live-Kracher noch mal so richtig durchschüttelt.

Rich O’Toole ist mit „In A Minute Or 2“ schon in einem recht frühem Stadium seiner Karriere ein ganz großer Wurf gelungen. Ein Album, das von vorne bis hinten absolut zu begeistern weiß. Auch bei ihm wird es nicht mehr lange dauern, bis die Majors ihn unter seine Fittiche nehmen werden, das scheint schon jetzt sicher! Dieser Bursche ist richtig gut und vermutlich gerade mal am Anfang seines Entwicklungs-Potenzials! Bärenstarker Stoff eines jungen Wilden der Red Dirt-Szene, der im Fahrwasser solcher Kollegen wie der Eli Young Band oder der Britt Lloyd Band eine Menge Wind macht! Hut ab dafür!

Smith Entertainment (2008)
Stil: Red Dirt

01. In A Minute Or 2
02. 11th Street
03. You Wanna Rock N Roll
04. Romance Rodeo
05. Better Off Dead
06. Why Can’t I Fall In Love
07. Ain’t That a Shame
08. Urban Disgrace
09. The District Sleeps Alone Tonight
10. Love Is A Disease
11. Marijuana & Jalapenos Live
12. (Untitled)

Rich O’Toole
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Gary Ray & The Heartwells – Livin‘ The Dream – CD-Review

Ray

Was für eine klasse Truppe! Ganz „heißer“ ‚rockin‘ New Country-Stoff aus Atlanta, Georgia! Eine feurige, zündende Mischung aus Southern-, Roots-, Americana-, Delta-, Boot Scootin‘ Roadhouse Country- und Countryrock-Zutaten, angerührt zu einem wunderbaren, genauso melodischen wie herzhaften New Country-Menü, das einen von der ersten bis zur letzten Minute begeistert. Gary Ray Pfaff, der 1978 auf einer Militärbasis in Landstuhl in Rheinland-Pfalz geboren wurde, hat bereits zwei Solo-Alben veröffentlicht. Jetzt, unter der neuen Namensgebung Gary Ray & The Heartwells (mit dem deutschen „Pfaff“ kamen die meisten Amis wohl nicht so klar) startet er mit dem großartigen Album „Livin’ The Dream“ in eine neue Dimension seiner Karriere.

Ein prächtiges, kraftvolles, knackiges und erdiges New Country(rock)-Album voller toller Melodien (meist mit herrlichem Southern-Flair), so dass man sich spontan fragt, warum diese Scheibe nicht auf einem Major, sondern „nur“ einem kleinen Indie Label (der Southstar Music Group) veröffentlicht wurde und dazu auch noch mit finanzieller Unterstützung seiner Fans. Gary Ray gilt bis dato als typischer Live-Musiker, der über 200 Gigs im Jahr spielt und dabei mit seinen Jungs (Matt Ulmer – Guitar, Banjo, Adam Lewis – Bass, Craig Eck – Drums) im bandeigenen Van durch die Lande reist. Sein überragendes musikalisches Talent erbte er von seinem Vater, der als Songwriter und Musiker trotz einiger Versuche in Nashville nie den Durchbruch schaffte. Für Gary Ray & The Heartwells allerdings dürften die Chancen mit diesem Werk enorm gestiegen sein, auch ausserhalb der Staatsgrenzen von Georgia die Aufmerksamkeit zu erlangen, die ihnen gebührt.

Diese Truppe hat das Zeug die New Country- und Countryrock-Szene ordentlich aufzumischen, denn das ist moderner Genre-Stoff auf allerhöchstem Niveau. Schon der Opener „Mississippi Streets“ ist ein Knüller! Brodelnder, dampfender Southern (Country-) Rock (die Orgel spielt hier übrigens Coy Bowles von der grandiosen Zac Brown Band, dazu gibt’s herrliches Dobro und fette E-Gitarren, inklusive eines kernigen, scharfen Solos), der einfach mitreißt. Heiß geht es weiter mit dem saustarken „Quit Bucking Around (Ride That Thang)“, das ein wenig an Anthony Smiths „If That Ain’t Country“ erinnert (swampige Akustikgitarre, Mundorgel, satte E-Gitarren). Vor seinem geistigen Auge sieht man förmlich die Pickups auf einem abgelegenen Grundstück in der Abenddämmerung irgendwo in den Swamps stehen; die Rednecks mit kalten Bierflaschen in den Händen, wie sie ihre tanzenden Mädels beobachten, die in der schwülen Hitze ihre heißen Körper zu den „driving rhythms“ einer auf der Veranda einer alten Holzhütte aufspielenden Band (Gary Ray & the Heartwells) kreisen lassen.Wow! Das ist es!

Danach kommt ein ganzer Reigen von wunderschön instrumentierten absolut radiotauglichen Stücken, wobei der tolle Titelsong „Livin‘ The Dream“ mit seinem markanten, fröhlichen Refrain (schöne weibliche Harmonie-Gesänge) wohl das größte Chartpotential mit sich bringt. Gary Rays leicht rauchige Charakterstimme (irgendwo zwischen Bill McCorvey von den Pirates Of The Mississippi, Travis Tritt, David Fenley, Mac Powell von Third Day oder Ken Block von Sister Hazel liegend) ist natürlich auch für Balladen wie geschaffen. Eine solche wird hier mit dem wunderbar melodischen „Hell Yes I Do“ eindrucksvoll dargeboten. Rasant geht es danach mit „Soldier’s Eyes“ weiter, einem Stück mit starkem Text, der jeglichen Patriotismus vermeidet und das voller Dramatik umgesetzt wurde. Swampige Slidegitarren, stampfende Drums, Dobro, eine Gypsy-mäßige Fiddle sind die Hauptzutaten für einen bewegenden Track im Stile von Chris Cagles „Country By The Grace Of God“.

Das rhythmische „Good Song“ geht direkt in Mark und Bein und man verspürt unweigerlich den Willen eine Tanzfläche zu betreten. Atmosphärisch geht es bei der Powerballade „I’m Gone“ zu (Piano, Mandoline, tolle E-Gitarren-Fills), wobei Streicherpassagen die Emotion des Liedes noch zusätzlich verstärken. Das dynamische, gewaltig abgehende „This Town“ (schneller Gesang, fetzige Drums, heulendes E-Gitarren-Solo) und das traumhaft melodische, herrliche New Country-Midtempostück „Walk Away“ (feine Steel- und E-Gitarren-Fills, Piano, Orgel – erinnert an die Großtaten der Eli Young Band oder auch von Sister Hazel), beenden eine durch und durch tolle New Country-CD.

Eine feurige, zündende Mischung aus Southern-, Roots-, Americana-, Delta-, Boot Scootin‘ Roadhouse Country- und Countryrock-Zutaten, angerühert zu einem wunderbaren, genauso melodischen wie herzhaften New Country-Menü, das einen von der ersten bis zur letzten Minute begeistert. Gary Ray & the Heartwells sind mit „Livin’ The Dream“ ihrem Traum von einer großen Karriere möglicherweise ein großes Stück näher gerückt. Liebe Major Labels, bitte Augen und Ohren offen halten. Diese großartige Band „is the real deal“. Moderner, mitreißender New Country vom Allerfeinsten!

Southstar Music Group (2010)
Stil: New Country

01. Mississippi Streets
02. Quit Bucking Around (Ride That Thang)
03. The Sound of Rain
04. Never Looking Back
05. Livin‘ The Dream
06. Things Will Get Better
07. Hell Yes I Do
08. Soldier’s Eyes
09. Good Song
10. I’m Gone
11. This Town
12. Walk Away

Gary Ray
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Bärchen Records

Casey Weston – Find The Moon – CD-Review

Weston

Die erste Frage, die ich mir stellte, als ich mir Casey Westons CD „Find The Moon“ (übrigens im zarten Alter von zwanzig Jahren bereits ihre zweite Scheibe) näher zu Gemüte führte, war, wie ist diese hochwertige Eigenproduktion nur zustande gekommen? Keine Werbung, kein Plattenlabel, aber dafür sämtliche Musiker aus der ersten Reihe der Nashville-Studioriege, eine hochwertige Produktion und ein Cover-Artdesign (DigiPak mit eingelegtem 16-seitigen Booklet mit allen Texten, Bildern, Infos), wie es meist nur bei den großen Major Companies vorzufinden ist.

Hat die hübsche langhaarige Dame aus Naples, Florida mit ihren gerade mal zwanzig Lenzen schon im Lotto gewonnen, stammt sie aus reichem Elternhause oder hat sie etwa einen geheimnisvollen Millionär als heimlichen Gönner in der Hinterhand? Die Antwort lautet, auch nach der üblich folgenden Internet-Recherche (ihre Privattelefonnummer hatte ich gerade bzgl. der Klärung nicht zur Verfügung). Keine Ahnung!

Folgende Fakten konnten aber zusammengetragen werden. Das Mädel war Teilnehmer der ersten The Voice-Staffel und kam dort mit Maroon 5-Frontmann, Adam Levine, als Coach, zu dem sie bis heute auch eine Freundschaft unterhält, unter die besten Acht der mitwirkenden Talente. Desweiteren hat sie schon die Nationalhymne bei NASCAR- und Major League-Baseballevents gesungen und auch im Vorprogramm bekannter Nashville-Größen wie James Otto, Justin Moore, Kellie Pickler oder Tim McGraw Auftritte zu verbuchen gehabt.

In diesem hochkarätigen Umfeld, mit all den weiteren verknüpften Personen und damit verbundenen Kontakten, wird also wohl irgendwo die Antwort letztendlich zu finden sein, wie dieses schöne Projekt realisiert werden konnte. Die CD selbst beinhaltet dreizehn Tracks, allesamt von Casey alleine oder mit diversen Co-Writern geschrieben, deren Namen man allerdings eher nicht so oft in den Song Credits der üblichen Nashville-Künstler vorfindet.

Ein wichtiger Beteiligter auf dieser CD, der mir wohl bekannt ist, lautet Larry Stewart. Der Restless Heart-Fronter und auch erfolgreiche Solo-Interpret ist hier bei fast allen Liedern als Backgroundsänger vertreten, allerdings nur sehr dezent vernehmbar. Schade, bei einem derartigen Schwergewicht als Gast, wäre da sicher bei einer Nummer vielleicht auch ein Duett wünschenswert oder machbar gewesen.

Die Stücke bestechen durch ihr organisches Flair (auf jeglichen Synthie-, Streicher-Bombast wurde verzichtet), nicht zuletzt auch ein Verdienst der arrivierten Musiker wie Steve Brewster, Jerry McPherson, Jeff King, Mike Brignardello, Dan Dugmore, Glen Duncan etc., die sich spürbar für Casey ins Zeug legten. Herrlich zum Beispiel das ‚grassig‘ instrumentierte „Heart Don’t Fail Me Now“, wo Gitarren, Mandoline, Banjo und Fiddle wunderbar miteinander ‚kommunizieren‘.

Meine Favoriten sind die an Julie Roberts erinnernden Stücke wie „Cigarettes & Whiskey“ (eine Hommage von Casey an ihre Großmutter) und das fein instrumentierte „Like You“, die etwas poppigeren „Into Your Heart“ und „Crazy Fools“, wo ihr Gesang stimmliche Nähe zur berühmten Stevie Nicks aufweist oder das atmosphärische „Headed West“, bei dem McPherson seine E-Gitarre mal in den Vordergrund heben kann (klasse Solo in Kombination mit Glen Duncan an der Fiddle).

Großartig auch das kammermusikartig vorgetragene „Ain’t Life Beautiful That Way“, bei dem sich ihre junge Stimme alleinig zu Dave Brainards (auch Co-Autor) entspanntem Akustikgitarrenspiel schön prägnant entfalten kann. Respekt Ms. Weston!

Casey Weston beweist auf „Find The Moon“, dass sie ganz sicher das Zeug hat, um in Nashville in der dortigen Damenriege in naher Zukunft mal ein gewichtigeres Wörtchen mitzureden. Mir fällt spontan eigentlich nichts ein, was sie nicht schon jetzt besitzt, das eine Taylor Swift, Carrie Underwood, Kellie Pickler und Co. in ihren heutigen Status gehievt hat. Außer einem Major-Vertrag natürlich… Wobei wir wieder bei der Eingangsthematik wären. Wer ist hier bereit, den nächsten Schritt zu wagen und im Hintergrund die entscheidenden Strippen für das Weiterkommen der jungen Dame zu ziehen?

Eigenproduktion (2013)
Stil: New Country

01. Happy
02. Close To Breaking
03. Heart Don’t Fail Me Now
04. Back To The Start
05. Cigarettes & Whiskey
06. Into Your Heart
07. Not Leavin Tonight
08. Crazy Fools
09. Headed West
10. Waste Of My Time
11. Like You
12. Ain’t Life Beautiful That Way
13. The Good Times (Bonustrack)

Casey Weston
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Hemifran

Shawna Russell – Same – CD-Review

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Während in unseren Landen mittlerweile fast jeder ‚dahergelaufene Hund‘ meint, sich im Musikbusiness ohne viel Anstrengung und besondere Begabung etablieren zu können oder sogar zum Superstar aufzusteigen, und dies von unseren ‚berühmten‘ Medien auch noch fleißig suggeriert bekommt, sieht die Lage im Amerika doch ein wenig anders aus.

Da gibt es zwar ebenfalls die einschlägigen Formate, bei denen vielleicht auch mal die eine oder andere Luftnummer zu kurzweiligem Ruhm gelangt (aber eher selten). Dort trennt sich die Spreu vom Weizen dann aber spätestens im folgenden, harten Alltagsgeschäft. Und zwar aufgrund der immensen Konkurrenz, die sich in den Staaten dank der frühen musikalischen Erziehung und der Bandbreite der daraus resultierenden Talente in ganz anderen Dimensionen entwickelt.

Eines dieser vielen positiven Beispiele (zudem ohne Casting-Background) ist die aus Oklahoma stammende Shawna Russell, die mit sieben Jahren ihre ersten öffentlichen Gesangsauftritte absolvierte, mit 13 in der Band ihres Vaters Keith die Country-Clubs unsicher machte und mit 17 bei ihrem Onkel Tim in dessen Formation einstieg (beide sind auch auf dem hier zu besprechenden Album involviert). Dort verbesserte sie ihr Gitarrenspiel (bei teilweise bis zu sechs Auftritten pro Woche) immens. Drei Jahre spielte sie in Sachen Gesang/Gitarre danach noch eine wichtige Rolle in der Band des früheren Garth Brooks -Gitarristen Ty England.

Im Jahr 2008 wagte sie dann mit der Herausgabe ihres Debütalbums „Goddess“ den Satz in die Solo-Karriere. Dieses Album, auf dem sie immerhin 12 der 13 Tracks kreiert hatte, wurde zu Recht von den Kritikern mit Lobeshymnen überschüttet. Mittlerweile hat sie jetzt das nach ihr selbst benannte Folgewerk am Start und auch dieses weiß auf ganzer Linie zu überzeugen. Sämtliche Stücke stammen wieder aus ihrer Feder, produziert haben Grammy-Gewinner Julian King, Clif Doyal und Onkel Tim Russell. Eingespielt wurde der Silberling in Nashville und Oklahoma mit aus der New Country-Szene nicht wegzudenkenden Musikern wie u.a. Charles Judge, Shannon Forrest, Mike Brignardello, Russ Kunkel, Jon Conley, Billy Thomas, David Santos, Jim Brown und dem hier überragend agierenden Bryan Sutton (Mandoline, Akustikgitarre, Banjo).

Zwei Stücke („Everybody’s Got A Story“ und das herrliche „Cemetery Hill“) von „Goddess“ wurden hier nochmal in starken Alternativ-Versionen neu aufgelegt. Im Verlauf des Albums wird das ganze Tempospektrum von balladesk („Phoenix“, „Jeremiah“), über Mid- („Waitin‘ On Sunrise“, „Was It Good For You“) bis hin zum Up-Tempo („Sounds Like A Party“, „Get Right Or Get Left“) abgedeckt. Hier kann Shawna dann auch ihre ganze stimmliche Variabilität präsentieren. Mal zart und einfühlsam, manchmal emotional (grandios auf „Rumor“, einem atmosphärisch-bluesigen Song – dem wohl besten Stück der CD), zum Teil rotzig frech und manchmal auch, im Stile einer Wynonna, aggressiv ‚die Krallen ausfahrend‘ („Get Right Or Get Left“).

Gesanglich bewegt sie sich durchaus schon in einer Liga mit gestandenen Damen wie Martina McBride, Patty Loveless , LeAnn Rimes oder Marke Carrie Underwood, Kellie Pickler und Michelle Branch im etwas jüngeren Segment. Klasse der Einsatz sämtlicher Saiteninstrumente, vor allem die immer sehr Southern-betonte E-Gitarre und die oft von Sutton zum Zirpen gebrachte Mandoline sowie auch die schön dosierten Piano- und Orgelfills. Auf Fiddle und Steel (teilweise durch Conleys filigranes Slide-Spiel ersetzt) wurde verzichtet, trotzdem ein angenehmes (gar nicht mal so kommerziell ausgerichtetes) New Country-Ambiente erzeugt.

Fazit:  Mit ihrem zweiten Longplayer hat Shawna Russell einen weiteren Reifegrad erklommen und ist jetzt gewappnet, im Konzert der großen New Country-Interpreten mitzumischen. Ähnlich wie ich damals schon ganz frühzeitig Keith Urban (als ihn kaum jemand kannte) eine große Karriere prophezeite, lehne ich mich weit aus dem Fenster und prognostiziere (mit ein wenig Glück) auch ihr eine rosige Zukunft. Dieses Mädel ist ungemein talentiert, ideenreich und kann wirklich richtig was. Ein Booklet mit allen Texten, Infos und vielen Bildern des angenehm natürlich wirkenden Countrygirls ist übrigens auch noch dabei. Bestnote!

Way Out West Records (2011)
Stil: New Country

01. Sounds Like A Party
02. Waitin‘ On Sunrise
03. Phoenix
04. Was It Good For You?
05. Get Right Or Get Left
06. Jeremiah
07. Everybody’s Got A Story
08. Rumor
09. Cemetery Hill
10. Carry Me Away

Shawna Russell
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Bärchen Records

Kellie Pickler – Small Town Girl – CD-Review

Pick

Kellie Pickler belegte beim diesjährigen „American Idol“-Kontest zwar nur den sechsten Platz, dennoch gelang es ihr direkt beim angesehenen BNA (Sony BMG) einen Platten-Vertrag zu ergattern. Die bildhübsche 20-jährige Blondine aus North Carolina machte beim Wettbewerb durch unkonventionelles Auftreten und teilweise verwirrende Äußerungen auf sich aufmerksam und handelte sich Schlagzeilen wie „The next Jessica Simpson“ oder „Sweet southern style and dizzy demeanor“ ein.

Trotz alledem, dass die junge Dame über ein immenses musikalisches Potential verfügt, beweist sie ohne „Wenn und Aber“ auf ihrem jetzt veröffentlichen, klasse Debüt. Der erfahrene Star-Produzent Blake Chancey (u.a. Dixie Chicks, Montgomery Gentry, The Lost Trailers) ließ nichts anbrennen und hat dem Mädel den exakt zu ihrem Image passenden Stil und Sound „wie angegossen“ auf den Leib geschnitten. Flotter, überaus kompetent instrumentierter, sehr sympathischer, meist gut gelaunter, knackiger Mainstream-New Country mit einer ausgewogenen Mischung aus dynamischen, gut abgehenden Nummern (manchmal durchaus mit traditionell ausgerichteter Basis) und einigen kraftvollen Balladen. Kellie fungierte bei fünf Stücken als Co-Writerin und hatte darüber hinaus sehr namhafte Songwriter wie Chris Lindsey und Aimee Mayo mit im Team.

Musiker sind im Booklet nicht benannt, es ist aber von der exzellenten Einspielung her von den üblichen Könnern der Nashville-Studiomusiker-Szene auszugehen. Highlights sind der Opener „Red High Heels“ (gleichzeitig die erste Single- sehr melodisch, knackig mit dezentem Bob Seger-, John Mellencamp-Flair), die beiden recht country-traditionellen Stücke „Things That Never Cross A Man’s Mind“ (ein Slow-Country-Boogie mit CCR-Gitarrenriff und schönen Slide-Einlagen) und „One Of The Guys“ (bluesiger Roadhouse Rock mit quäkender Harmonika, inkl. tollem Solo), die beiden schönen Balladen „Didn’t You Know How Much I Loved You“ (Richtung Jo Dee Messina, mit zwei klasse, prägnanten E-GitarrenSoli) und das viel Western-Romantik versprühende „Wild Ponies“ (könnte der Begleitsong für den nächsten Marlboro-Spot sein, man stelle sich vor: Kellie singend mit der Wandergitarre inmitten harter Cowboys, die bei Kaffee und Zigarette sentimental ins abendliche Lagerfeuer blicken…), wie auch die poppig, gut gelaunt und prima dahin groovenden Uptempo-Tracks „Small Town Girl“ (mit Piano, Slide und Orgel, wieder voller Energie ind der Art von Jo Dee Messina & Co.) oder „Girls Like Me“ (Kellies Gesang ähnelt hier etwas dem der Fleetwood Mac-Diva Stevie Nicks, knackige Akustik-, E- Gitarren-, schöne Mandolinen-Untermalung, feine Orgel-Tupfer)! Kellie Picker macht gesangstechnisch eine exzellente Figur und kann eigentlich jedes Tempo gehen.

Vom Konzept her ist ihr Erstling vielleicht recht ähnlich dem der ebenfalls durch American Idol bekannt gewordenen Carrie Underwood konstruiert. Und das ist, wie bekannt, ja blendend eingeschlagen. Warum also nicht. Wer sonnigen, positiv gestimmten, poppigen „Girl Power“-Mainstream New Country voller Energie und Saft à la Jo Dee Messina, Alecia Elliott, LeAnn Rimes, The Wreckers oder Carrie Underwood mag, wir hier vorzüglich bedient! Für Euch heißt es ab jetzt: „Picking Pickler“!

19 Recordings / BNA Records (2008)
Stil: New Country

01. Red High Heels
02. Gotta Keep Moving
03. Things That Never Cross A Man’s Mind
04. Didn’t You Know How Much I Loved You
05. I Wonder
06. Small Town Girl
07. Wild Ponies
08. Girls Like Me
09. I’m On My Way
10. One Of The Guys
11. My Angel

Kellie Pickler
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