Montgomery Gentry – Rebels On The Run – CD-Review

MG

„Montgomery Gentry is back and kickin‘ ass“. Mit seinem siebten Studioalbum kehrt das ursprünglich aus Kentucky stammende Duo, bestehend aus Eddie Montgomery (übrigens der Bruder von John Michael Montgomery) und Troy Gentry, zu seinen alten Anfangsstärken zurück. Es hat sich einiges (nicht nur Positives) bei Montgomery Gentry seit ihrem letzten Werk getan. Neben der Aufnahme in die Grand Ole Opry (auf die sie ganz besonders stolz sind – „Something that people can’t take away from you“, so Troy dazu) gab es mit ihrer etatmäßigen, langjährigen Plattenfirma Columbia Rercords Differenzen über den weiteren musikalischen Werdegang, was letztendlich zum Split und Wechsel zum Average Joe-Label führte.

Auch Eddie Montgomery erlebte ein Wechselbad der Gefühle. 2010 wurde bei ihm Prostata-Krebs diagnostiziert, der allerdings mittlerweile als erfolgreich geheilt gilt. Noch dicker kam es dann mit dem Ende seiner Ehe. Gesangs-Partner Troy Gentry war jedoch in den schweren Stunden immer zugegen und schweißte damit das Gemeinschaftsgefühl der beiden noch enger zusammen. Und so stehen auch viele Songs ihrer neuen CD „Rebels On The Run“ im thematischen Zusammenhang mit dem Erlebten. Produziert hat diesmal Michael Knox, der ja bekannter Weise Jason Aldean in Superstar-Gefilde emporgebracht hat.

Der Auftaktsong „Damn Right I Am“ versprüht dann sofort das von vielen so geliebte, typische Montgomery Gentry Southern-Flair. Eddie erledigt mit seiner warmen Baritonstimme den Strophengesang, während Troy dann beim kräftigen Refrain das Ruder übernimmt. Der patriotische, uramerikanische Werte hervorhebende Text passt wie das E-Gitarren-Solo mit seinem kurzenTwin-Teil, das die Brücke vom New Country zum Southern Rock schlägt, zu ihrer ureigenenk zu performen. Wo Montgomery Gentry drauf steht, ist halt auch Montgomery Gentry drin. „We cut our teeth in the honkytonks and no matter what you try to do, we have to be us or it just doesn’t sound right“, so die beiden dazu, und man nimmt es ihnen auch ohne den geringsten Zweifel ab.

Apropos Honky Tonk. „Ain’t No Law Against That“ (tolles Gitarren- und Banjospiel, Steel und Honky Tonk-Piano), ein Stück über das Leben im „Hier und Jetzt“, ist so ein kleiner, dreckiger Song, der in jeder Kaschemme den Launepegel in die Höhe schießen lässt. Nach diesem deftigen Auftakt gewähren die beiden mit „Damn Baby“ (schönes Slide-Solo) und „Empty“ (herrlich „weinende“ Steelguitar) zunächst eine melodische, balladeske Entspannungsphase. Mit der ersten Single „Where I Came From“ zieht das Tempo und die Power dann wieder an. Ein typischer „Simple Man-Song“, schön verschachtelt mit Tempo-, Stimmungs- und Gesangswechseln, sehr emotional dargeboten, der gerade jetzt, wo immer mehr einfache Amerikaner das Auseinanderdriften der Gesellschaft auch öffentlich anprangern, genau den Zahn der Zeit trifft. Sehr hitverdächtig!

In die gleiche Kerbe schlägt auch „Like Those People“. Hier wurden dazu noch die alten Haudegen Charlie Daniels und Alabama-Sänger Randy Owen gesangstechnisch mit eingebunden, die sich natürlich in unnachahmlicher Manier mit den beiden Hauptprotagonisten das Mikro von Hand zu Hand reichen. Macht richtig Spaß dieser Track. Ihre Liebe zum Southern Rock haben beide ja noch nie verhehlt. Der Titeltrack „Rebels On The Run“ bewegt sich, wie der Titel schon andeutet, klar im Fahrwasser Lynyrd Skynyrd/38 Special/Van Zant. Ein weiteres Highlight. Das komplett von Troy Gentry vorgetragene „Simple Things“ überrascht mit einem AC/DC-Mini-E-Gitarren-Führungsriff und ist im gesamten Verlauf von kräftiger New Country-Natur.

Auch die hochemotionale, von Fiddle, Steel, E-Gitarre und Orgel wunderbar umgarnte Ballade „Missing You“ wurde von Troy übernommen (hier hat der gute Eddie vermutlich im Rahmen der Ereignisse um seine gescheiterte Ehe bewusst gepasst). Es fällt überhaupt auf, dass die Vocals diesmal ziemlich „gerecht“ auf beide Partner verteilt sind. Gleichzeitig war dies der letzte Durchatmer vor einem furiosen Ende. Mit „So Called Life“ und „Work Hard, Play Harder“ gibt es zum Ausklang zwei deftig stampfende Redneck-trächtige New Country-Kracher, die im Stile von Chris Cagles „Country By The Grace Of God“ oder Big & Richs „Save A Horse Ride A Cowboy“ in sattem E-Gitarren-/Banjo-Ambiente voller Wucht dargeboten werden. Fett! Es ist, wie immer, eine regelrechte Freude den involvierten, hochkarätigen Gitarristen wie Adam Shoenveld, Rob McNelley und Ilya Toshinsky bei ihrem exzellenten Zusammenspiel zuzuhören.

Mit „Rebels On The Run“ haben Montgomery Gentry wieder etwas mehr zu Ihren Ursprüngen zurückgefunden und trotzdem den Blick nach vorne gerichtet. Aber ein schlechtes Album haben sie ja eigentlich noch nie abgeliefert. Sie bleiben auch nach dem Labelwechsel weiterhin eine verlässliche Konstante in der Southern Rock-infizierten New Country-Sparte! Hut ab! Äußerst starker Stoff!

Average Joe Records (2011)
Stil: New Country

01. Damn Right I Am
02. Ain’t No Law Against That
03. Damn Baby
04. Empty
05. Where I Come From
06. I Like Those People
07. Rebels On The Run
08. Simple Things
09. Missing You
10. So Called Life
11. Work Hard, Play Harder

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Alecia Elliott – I’m Diggin‘ It – CD-Review

Ein gutes Beispiel dafür, dass in Nashvilles New Country-Szene auch im Nachwuchsbereich einiges an Potential vorhanden ist, gibt die achtzehnjährige Alecia Elliott ab. Geboren am 25.12.1982 in Muscle Shoals, Alabama, mit einem MCA-Vertrag ausgestattet, müssten das eigentlich Riesenvoraussetzungen sein, um eine große Musikerkarriere zu starten, wenn auch in einer etwas anderen Sparte. Und in der Tat, die junge Dame überzeugt mit einem tollen Debut-Album. Ihre variable, manchmal sogar für ihr Alter recht sexy klingende Stimme begleitet elf wunderschöne Melodien, die durch ihre unbekümmerte Art ganz leichtverdaulich genossen werden können.

OK, wer, wie manche meiner Kollegen, sich erst auf musikalische Tiefseetauche begibt, um Details zu entdecken, die dem Normalsterblichen in aller Regel verborgen bleiben, der ist hier sicher in falschen Gewässern. Hier genügt ein Schnorchelgang an der Oberfläche, um Schönes zu entdecken.

Sicherlich könnten auch böse Zungen behaupten, hier wird von gewieften Managern eine Art Country-Britney Spears-Kopie auf den Markt geworfen, aber solche Dinge sollte man in diesem Fall einfach ignorieren. Den arrivierten Nashville Studiomusiker-Größen muss ihr Job jedenfalls sichtlich viel Freude bereitet haben. Man hat irgendwie das Gefühl dass sie sich für dieses junge Talent besonders ins Zeug gelegt haben.

Ich selbst habe selten auf einer CD dieses Genres so saubere instrumentale Arrangements gehört, auch der Klang ist einfach hervorragend. Sicherlich auch ein Grund dafür, dass hier ein wahnsinnig professionelles Werk entstanden ist, bei dem der Spaßfaktor aber trotzdem groß geschrieben wurde, könnte darin zu suchen sein, dass Alecia, trotz ihrer jungen Jahre, schon reichhaltig Tourerfahrung gesammelt hat.

So war sie schon in Europa, in den USA hatte sie Liveauftritte mit Leuten wie Billy Ray Cyrus, Joe Diffie, Collin Raye, Loretta Lynn und anderen. Einer der Höhepunkte ihrer Karriere war bisher der Auftritt 1995 zu Ehren des Gouverneurs Don Sunquist in der Grand Ole Opry.

Herausheben möchte ich aus den elf Stücken, bei denen bei zwei Liedern Alecia als Co-Writerin mitwirkt, die Uptemponummern „Some People Fall, Some People Fly“ und „Ordinary Love“, das funkige Titelstück „I’m Diggin‘ It“ und die schöne Ballade „Every Heart“. Der obligatorische Wermutstropfen ist mal wieder die Kürze der Scheibe.

Abschlussfazit. Auf den meisten Bildern des poppig gestalteten Covers wirkt Alecia, deren musikalisches Vorbild mittlerweile Shania Twain ist, ihrem Alter entsprechend, noch ein wenig teenagerhaft und verträumt. Musikalisch gesehen hat sie es jedoch schon längst faustdick hinter den Ohren…

MCA Nashville (2000)
Stil:  New Country

01. Some People Fall, Some People Fly
02. I Don’t Understand
03. I’m Waiting For You
04. Ain’t No Ordinary Love
05. Every Heart
06. I’m Diggin‘ It
07. That’s The Only Way
08. Say You Will
09. You Wanna What?
10. Stay Awhile
11. Some Say I’m Running

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Tyler Farr – Redneck Crazy – CD-Review

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Beeindruckendes Major-Debutalbum von einem der vielversprechendsten neuen, jungen Akteure des New Country! Der ursprünglich aus Missouri stammende, mittlerweile nach Nashville übergesiedelte Tyler Farr (zunächst nur mit Stücken wie „Hey Y’all“ für Colt Ford oder „She’s Just Like That“ für Joe Nchols als Songwriter in Erscheinung getreten) legt mit seinem Erstwerk „Redneck Crazy“ direkt einen Traumstart hin. Auch hier hat er über die Hälfte der insgesamt elf Lieder mitkomponiert.

Während die zunächst ausgekoppelten Singles „Hot Mess“ (launiger New Country zum Tanzen und Feiern) und die schöne und mit weinender Steel getränkte Ballade „Hello Goodbye“ (erinnert ein wenig an die einstigen Sons Of Desert) eher Achtungserfolge erzielten, befindet sich das gleichnamige Titelstück „Redneck Crazy“ bereits in den Top 3 der Billboard Country Singles-Charts (zur Zeit auf Platz 2) und ist auf dem besten Weg direkt Tyler Farrs erste Nr. 1-Single zu werden. Ein herrlich melodischer, in den Strophen leicht melancholischer Track mit starkem Refrain und toller Gitarren- und Orgelbegleitung. Dass dieser Song ein gewisses Etwas hat, spürt man direkt mit dem ersten Hören!

Nach dem gut zum Einstieg gewählten, textlich leicht lasziv anmutenden Opener „Dirty“ (bestens für die berühmt berüchtigten Honkytonks geeignet, schön dazu passend in Southern Country Rock-Manier umgesetzt, hat auch ein wenig was von Billy Ray Cyrus „Achy Breaky Heart“) folgt mit „Makes You Wanna Drink“ (z. T. Sprechgesang, Refrain mit Crowd-Unterstützung, Big & Rich-Flair) die erste Nummer aus einem ganzen Reigen von Tracks um das Thema „Trinken“. Ganz in der Tradition des zur Zeit ebenfalls megaerfolgreichen Luke Bryan bietet „Ain’t Even Drinkin’“ mit polternden Drums, klasse E-Gitarren (inkl. zündendem Solo) und „Oh-oh-oh“- Harmoniegesängen, absolut in Nashville angesagten Stoff für die Radiostationen. „Whiskey In The Water“ enthält dagegen wieder viel Melancholie und wunderschöne Poesie („Everyday I pray I thank God I got her, she’s the moon in my shine, the whiskey in my water“).

Das Zeug zum Nachfolger von Little Big Towns Sommer-Hit „Pontoon“ hat zweifelsohne „Wish I Had A Boat“: Ein flapsiger E-Gitarrenrhythmus, ein Refrain zum Mitsingen, tolles Southern Rock-E-Gitarrensolo, dazu wieder Crowd-Harmonie-Gesänge, fertig ist der Gute-Laune-Song mit hohem Wiedererkennungswert. Passt auf jede Party! Ebenfalls ein weiterer, feucht fröhlicher Laune-Kracher ist das an Chris Cagle angelehnte „Chicks, Trucks, And Beer“, bei dem Spezi Colt Ford den Ball zurückspielt und seinen unnachahmlichen Gastauftritt hat (inkl. typischer Rap-Einlage). Auch hier wird und darf die Titelzeile ordentlich mitgegrölt werden.

Erst gegen Ende wird es dann wieder ernster. Das sehr atmosphärisch und toll gesungene und auch gespielte (klasse Bariton-E-Gitarre) „Cowgirl“ bietet Lagerfeuer-New Country für kommende Neo-Western. Am Ende präsentiert Tyler dann seinen gesamten stimmlichen Glanz (übrigens auch insgesamt beeindruckt er mit einem sehr angenehmen, überaus variablen, leicht angerauten Organ, irgendwo in der Schnittmenge zwischen Jeffrey Steele,  und Billy Ray Cyrus) beim nur durch von Channing Wilson (der das Lied auch kreiert hat) mit der Akustikgitarre begleiteten „Living With The Blues“. Ein Stück, das nicht nur musikalisch, sondern auch textlich unter die Haut geht. Ein grandioser Abschluss eines durchgehend starken Erstwerkes. Was für ein Karriereauftakt! Prächtiger, erfrischender, knackiger New Country für die Klientel von Luke Bryan über Justin Moore, Jake Owen, Chris Young, bis hin zu Eric Church oder Blake Shelton. Tyler Farr – ganz klar einer der absoluten Shootig Stars des Jahres 2013!

SONY NASHVILLE/ COLUMBIA (2013)
Stil: New Country

01. Dirty
02. Makes You Wanna Drink
03. Redneck Crazy
04. Whiskey In My Water
05. Hot Mess
06. Hello Goodbye
07. Ain’t Even Drinkin‘
08. Wish I Had A Boat
09. Chicks, Trucks, And Beer
10. Cowgirl
11. Living With The Blues

Tyler Farr
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Michael Ray – Same – CD-Review

Ray

Neuer, talentierter „Jungspund“ am Major-Countryhimmel! Michael Ray, aus dem kleinen Nest Eustin in Florida stammend, kommt wie es so oft ist, aus einer musikalischen Familie. Ein Garth Brooks-Konzert in Orlando war schließlich der berühmte Auslöser, der Michael zum Start einer Karriere als Countrymusiker bewegte. Nachdem er und seine Band sich zunächst mit unzähligen Konzerten in Florida eine heimatliche Fanbasis erspielt hatten, folgte konsequenterweise der Schritt nach Nashville. Auch hier war der Weg zunächst nicht auf Rosen gebettet. Erst ein von Big & Rich initiierter Kontest, den Michael gewann, brachte schließlich den Durchbruch und letztendlich den Deal mit Warner Bros. Nashville.

Ray wurde von Produzentenikone Scott Hendricks (u. a. Blake Shelton, Brooks & Dunn, Alan Jackson) unter die Fittiche genommen und der ist gleich voll des Lobes: „Michael, he’s got it all. He sings well. He’s a really seasoned entertainer. Girls find him not hard to look at. He’s got the drive, the motivation, the work ethic, the right attitude going into this thing. He’s been great to work with in the studio, just getting better and better every time we’re recording. He takes it seriously, and we do have really high hopes for him.“

Der Bursche mit der Vorliebe für aufwendige Arm-Tattoos (wie man es auf den Bildern der CD gut entnehmen kann), startet sein Debüt mit der ersten Single „Kiss You In The Morning“, ein schmissiges, positive Energie verströmendes Lied, das, nicht nur der Stimmenähnlichkeit wegen, Parallelen zu Blake Shelton aufweist. Ist direkt unter den TOP-10 der Billboard-Country-Single-Charts eingeschlagen.

Weiter geht es in Jason Aldean-Manier mit „Another Girl“, ein Stück mit schön rockig treibendem Southern Groove. Ein Fan-Favorit ist bereits „Real Man Loves Jesus“ – wen wundert’s – aus der Feder der Pastoren-Söhne Brad und Brett Warren. Tollen satten Country Rock bietet „Livin‘ It Up“, Insider kennen das Stück vielleicht noch von Emerson Drives „Believe“.

Der großartige Big & Rich-Track „Run Away With You“ wurde von Michael und John Rich neu aufgemöbelt. ‚Kiss a little more‘ heißt die einfache Botschaft auf dem ruhigen „Think A Little Less“, gefolgt von der Piano-geladenen Ballade „I Wish I Was Here“. Das von einem markanten E-Bariton-Gitarrenriff geführte „This Love“ erweist sich als tanz- und radiotaugliche Nummer.

Auch das melodische „Drivin‘ All Night“ empfiehlt sich nicht nur fürs Nachtradio. Mit „Everything In Between“ folgt eine weitere, tolle, sehr atmosphärische Ballade. Klasse hier die etwas düster anmutenden Steeltupfer von Russ Pahl, die dem Lied eine gewisse Tiefe verleihen. Überhaupt muss man hier wieder die Klassemusiker aus der Eliteliga Nashvilles (u.a. Nir Z, Adam Shoenveld, Troy Lancaster Charlie Judge, Michael Rojas, Perry Coleman) erwähnen, die sich für den Debütanten sichtlich ins Zeug legen.

Besonders Dany Radar mit seinem glasklaren, variablen Akustikgitarrenspiel (allein schon das Banjo-ähnliche Wirken auf „Kiss You In The Morning“ ist bärenstark) und die E-Gitarristen setzten ihr großartiges Können immer wieder in Szene. Am Ende huldigt Michael auf „Somewhere South“ seinen Südstaaten-Wurzeln, dazu gibt’s zum Abschluss passender Weise eine kurze Mini-E-Gitarren Twin-Einlage.

Michael Ray eröffnet sein Nashville-Stell-Dich-Ein mit der frischen Energie eines unverbrauchten Major-Neulings auf Höhe von Kollegen wie dem bereits erwähnten Blake Shelton, Justin Moore, Chris Young, Jake Owen, Dustin Lynch & Co. Das erstaunlich reif wirkende Debüt des typischen Mädchenschwarms wird neben „Kiss You In The Morning“ sicherlich noch jede Menge weiterer Hits abwerfen. Ein wirklich vielversprechender Karrierestart mit einem klasse Album!

Warner Bros. Nashville (2015)
Stil: New Country

01. Kiss You In The Morning
02. Another Girl
03. Look Like This
04. Real Men Love Jesus
05. Livin‘ It Up
06. Run Away With You
07. Think A Little Less
08. Wish I Was Here
09. This Love
10. Drivin‘ All Night
11. Everything In Between
12. Somewhere South

Michael Ray
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Luke Bryan – Kill The Lights – CD-Review

Luke Bryan setzt dem Jahr 2015 seinen Stempel auf. Nachdem der erfolgreiche Künstler (und er ist ist mittlerweile einer der erfolgreichsten Musikinterperten der USA, weit über das Countrygenre hinaus) vor kurzem mit einer weiteren saustarken Scheibe aus seiner Springbreak-Kollektion („Spring Break… Checkin‘ Out“) aufgewartet hatte, legt er auf Capitol Records nun mit „Kill The Lights“, seinem 5. ‚offiziellen‘ Studioalbum, noch einmal nach. Mann, hat der Sonnyboy eine kreative Energie! Labelintern hat er einer Größe wie Keith Urban mittlerweile fast schon den Rang abgelaufen.

Auch auf „Kill The Lights“ hat Luke wieder einen erheblichen Teil der Tracks mitkomponiert, an seiner Seite natürlich mit das Beste, was Nashvilles Songwritergarde zu bieten hat: Dallas Davidson, Ashley Gorley, Chris DeStefano, Jon Nile, Russ Copperman, Jay Clementi, Rodney Clawson, Luke Laird, Rhett Akins, Ben Hayslip, nur um einige zu nennen. Selbstredend wurde für ihn auch instrumentell das große Besteck aufgefahren. Sämtliche Positionen zum Teil mehrfach besetzt. Auch hier nur Top-Leute der Szene wie Greg Morrow, Shannon Forrest, Ilya Toshinsky, Jimmy Lee Sloas, Mark Hill, Adam Shoenveld, Kenny Greenberg, JT Corenflos, Michael Rojas, Perry Coleman, Hillary Lindsey und, und, und.

Äußerst knackig produziert haben Jeff und Jody Stevens, die sich musikalisch und kompositorisch ebenfalls eingebracht haben und auch diesmal den Spagat geschafft haben, Bryan wieder für die allgemeinen Billboard Charts ’salonfähig‘ zu halten, ohne dabei komplett die New Country-Klientel aus dem Auge zu verlieren. Ein modernes Werk, das vor Kraft und Energie strotzt, aber auch immer wieder tolle Momente des Einkehrens bietet. Die Debütsingle „Kick Up The Dust“, ein Banjo-getriebener lässiger Bro-Countrystampfer hat sämtlichen Staub der Saloontheken weggefegt und sich sofort auf Platz 1 der Charts festgesetzt. Coole Nummer!

Das Titelstück wird mit seinem energiegeladenen Refrain vermutlich so manches Leuchtmittel zum Verglühen bringen. Bryan und seine Co-Writer Jody und Jeff Stevens überraschen hier, man glaubt kaum, das so was möglich ist, mit einem „Billy Jean“-verdächtigen Grund-Rhythmus. Auch ein potentieller Hit. Bryan hat seine ganz starken Momente auf diesem Werk, wenn er zwischendurch immer mal wieder einen Gang zurückdreht. Klasse das Piano-getränkte, relaxt dahin groovende „Strip It Down“, ein herrliches Stück zum Zurücklehnen und Entspannen. Grandios hier die messerscharfen E-Gitarrenslides, der auch insgesamt mit vielen brillanten, auf den Punkt gebrachten Kurzsolis agierenden Klasseleute Greenberg, Shoenveld und Corenflos. Immer wieder ein Genuss, diesen großartigen Instrumentalisten zuzuhören!

Auch das gar nicht schnelle „Fast“ (schöne Powerballade), das atmosphärische „Just Over“ und das abschließende, melancholische „Scarescrows“ bieten wunderbar ruhige Unterhaltung. Hochzeitswillige müssen ihren Wunschsong unter Umständen neu überdenken. Das sehr emotionale, dezent folkige „To The Moon And Back“ könnte mal eine etwas weniger kitschigere und nicht so bekannte Alternative zu den gewöhnlichen Verdächtigen dieser Art darstellen. Klasse hier die countrytypischen Harmoniegesänge von Hillary Lindsey, die den Song auch mitkreiert hat. Ansonsten beherrschen natürlich kraftvolle Tracks die Szene.

Tolles Zusammenwirken von Luke mit Little Big Town-Member Karen Fairchild, die sich auf „Home Alone Tonight“ als tolle Duettpartnerin erweist. „Move“ ist das rockigste Stück des Albums und wird nicht nur die Hüften der vielen heißen Mädels bei seinen Stadionkonzerten in Wallung bringen. Ein herrlich treibender Groove mit starker E-Gitarrenbegleitung inkl. fetzigem Solo. Das Gute-Lune verbreitende „Love It Gone“ würde auch schön ins Repertoire eines Kenny Chesney passen.

Gegen Ende beweist Bryan dann auch, dass er gesangstechnisch durchaus im Southern Rock bestehen kann. „Hurtin‘, Fishin‘ And Lovin‘ Every Day“ entpuppt sich als klassische Nummer, die ein wenig „Can’t You See“- und „Long-Haired Country Boy“-Flair in eine neue Kreation mitlaufen lässt. Grandios hier das knöcherne Banjospiel von Ilya Toshinsky in Kombination mit dem gernretypischen E-Gitarrenspiel der erwähnten Saitenkönner (am Ende kurze Twineinlage).

Fazit: Der New Country-„Hans Dampf in allen Gassen“, Luke Bryan, ist auch 2015 nicht zu stoppen. Zwei Alben der Extraklasse kurz hintereinander sind der Beweis, dass Bryan ganz nah am Zenit seiner Karriere angekommen ist. Auch sein „Kill The Lights“ ist wieder ein wahrer „Killer“ und ganz sicher sein nächstes Nr. 1-Album! Dadurch könnte Luke es glatt schaffen, drei Alben gleichzeitig unter den aktuellen Top-20 der Billboard-Country-Charts zu platzieren. Respekt, Mr. Bryan!

Capitol Records Nashville (2015)
Stil: New Country

01. Kick The Dust Up
02. Kill The Lights
03. Strip It Down
04. Home Alone Tonight (feat. Karen Fairchild)
05. Razor Blade
06. Fast
07. Move
08. Just Over
09. Love It Gone
10. Way Way Back
11. To The Moon And Back
12. Huntin‘, Fishin‘ And Lovin‘ Every Day
13. Scarecrows

Luke Bryan
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Andy Griggs – Freedom – CD-Review

Griggs

Alle Achtung! Der kann ja richtig rocken – und macht das auch noch schlichtweg klasse! Kompliment! Drei Jahre nach seinem mit Gold ausgezeichneten Debut (über 500.000 verkaufte Exemplare) „You Won’t Ever Be Lonely“ meldet sich Andy Griggs mit „Freedom“ zurück! Dabei bleibt er nicht bei seiner damaligen künstlerischen Entwicklungsstufe stehen, sondern macht erfreulicherweise einen gewaltigen Schritt nach vorn. Dazu gehört nach einem solchen Erstlingserfolg eine Menge Mut und ein gesundes Selbstvertrauen in die eigene Musik.

Das Resultat ist überaus positiv und kann sich wirklich hören lassen. „Freedom“ ist deutlich rockiger ausgefallen, als der Erstling! Bei seiner dampfenden Version von ZZ Tops „I need you tonight“, kürzlich auf dem ZZ-Top-Country-Tribute „Sharp dressed men“ erschienen, deutete sich der neue Sound schon an, der nun auf „Freedom“ seine Fortsetzung findet: Kerniger, geradeaus rockender New Country mit viel Energie und Druck! Satte, fette Gitarren und „Big Drums“ (ex John Mellencamp Spezi Kenny Aronoff trommelt, was das Zeug hält) überall, eine gewaltige Portion modernen Outlaw-Feeling’s ala Travis Tritt, zuweilen mit einer ordentlichen Brise Southern–Flair, paaren sich mit prima Melodien und ausgezeichnetem Songmaterial.

Dazu ist das Werk messerscharf produziert von David Malloy. Das Album startet mit dem Titelsong! „Freedom“ ist ein riffiger, mit sattem Schlagzeug-Rhythmus ausgestatteter, flotter, knackiger New Country-Song mit schönen Steel-Passagen und einem klasse Slide-Gitarrensolo. In die gleiche Kerbe schlägt das fetzige „The Road To Lasting Love“. Anschließend kommt das großartige „Practice Life“, zu dem Martina McBride die Zweitstimme liefert. Satte E-Gitarren-Riffs, inklusive eines tollen Solos, ein feines Dobro, eine tolle Melodie und jede Menge Power zeichnen diese rockige New Country-Nummer aus.

Anschließend folgt mit „Always“ eine von nur zwei Balladen. Danach ertönt ein herrliches E-Gitarren-Intro, rolling Drums setzten ein, und schon befinden wir uns mitten in dem fulminanten, flockigen, melodischen und druckvollen Country-Heuler „Custom Made“. Ein Knüller-Song, der trotz seiner Power nicht mehr aus dem Ohr geht. Danach wird’s southernmäßig: wie schon beim oben erwähnten ZZ-Top-Tribute-Song hat Andy Griggs sich auch für „A Hundred Miles Of Bad Road“ den ex-Gitarrero Tom Keifer der ehemals sehr erfolgreichen US-Hardrocker Cinderella ins Studio geholt, dessen Vorliebe zum Country-Genre ja schon damals berüchtigt war. Keifers herrliche Slide-Acoustic-Gitarre und fette, rockige E-Gitarren entfachen ein blusigers, southern-gewürztes „Ghosttown“-Feeling in bester Outlaws-/Charlie Daniels-Manier.

Am Ende darf Keifer sogar mit“grölen“. Toller Song mit toller Gitarrenarbeit! Das folgende „How Cool Is That“ kommt wie ein seeliger Bad Company-Rocker mit Countryflair daher, wieder mit starken E-Gitarren und dezenter Steel. „Sweetheart Of Beinja Bayou“ ist ein flotter, melodischer, Cajun-Countryrocker mit Banjo und Fiddle, „Brand New Something Going On“ ist klassischer New Country, und bei dem 6-minütigen „Where’s A Train“, kommt noch einmal die bluesige, southern-infizierte Seite von Andy Griggs zum Vorschein. Wilde Gitarrensoli und sehr viel Gefühl dominieren diesen Song.

Alles in allem ein starkes Album, das man wohl zu den diesjährigen positiven Überraschungen im oft so eingefahrenen Nashville Mainstream-Zirkus zählen muß. Bester rockin‘ New Country aus Music City! Beinhaltet übrigens mit dem von Andys verstorbenem Bruder Mason geschriebenen „Someone Like Me“ noch einen sehr emotionalen hidden track!

RCARecords (2002)
Stil: New Country

01. Freedom
02. The Road To Lasting Love
03. Practice Life (With Martina McBride)
04. Always
05. Custom Made
06. A Hundred Miles Of Bad Road (With Tom Keifer)
07. How Cool Is That
08. I’ve Learned
09. Tonight I Wanna Be Your Man
10. Sweetheart Of Beinja Bayou
11. Brand New Something Going On
12. Where’s A Train
13. Someone Like Me

Andy Griggs
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Carrie Underwood – Carnival Ride – CD-Review

Carrie Underwood, die Gewinnerin der 4. American Idol-Staffel im Jahre 2005, hat mit ihrem Debüt „Some Hearts“ bereits alle Rekorde gebrochen. Das Album ist mittlerweile sechsfach mit Platin ausgezeichnet worden und hält sich selbst zwei Jahre nach der Veröffentlichung immer noch in den Billboard-Country-Charts unter den Top-Twenty. Selbst die in den Staaten ebenfalls überaus erfolgreiche Kelly Clarkson konnte ihr in dieser Hinsicht nicht das Wasser reichen. Nicht zu vergessen die Awards und Grammys, die sie zusätzlich einheimste. Ein Bilderbuch-Karrierestart also, sicherlich auch ein Verdienst ihres guten Managements, das mit viel Gespür für die Zeit im Hintergrund agiert.

Auch mit ihrem neuen Album „Carnival Ride“ macht Carrie Underwood eindeutig klar, dass der Vorgänger mitnichten eine Eintagsfliege war, im Gegenteil, es wird erneut zum Großangriff auf die renommierte Konkurrenz im Countrypop-Genre geblasen. Überraschend rockig geht’s beim Opener „Flat On the Floor“ zur Sache und man ist erstaunt, was für dreckig rotzige Töne aus diesem so lieb und sympathisch erscheinenden Wesen herausgeröhrt werden. Ein schwer stampfender Countryrocker, unterstützt von exzellenter Banjo- und E-Gitarren-Arbeit, wobei man spontan in den Songwriting-Credits (wie auch beim später folgenden humorvollen „Last Name“) auf John Rich (Big & Rich) tippen würde, der aber bei diesem Werk nicht involviert wurde.

Bei „All-American Girl“ wird dann in peppiger New-Country-Manier ihrem „Mädchen von nebenan“-Image bestens Tribut gezollt. Die erste Single „So Small“ kommt als Powerballade mit typisch emotionalem Bombast (Carrie holt stimmlich alles aus sich heraus, heulende Steel und seufzende Streicherarrangements) im Refrain daher und könnte als Bewerbung für ein eventuell anstehendes großes Hollywood-Film-Epos aussichtsreich ins Rennen geschickt werden. Davon gibt es mit „Just A Dream“ (überraschend kriegskritischer Text), „I Know You Won’t“ und „Wheel Of The World“ noch weiteren Nachschlag, wobei sich Carrie hier durch ihre vokale Variabilität auszeichnet. Beim Rest wird dann so ziemlich alles abgedeckt, was der musikalische Zeitgeist momentan hergibt.

„Get Out Of This Town“ erinnert mit Stevie Nicks-verdächtigem Refrain an die glorreichen Fleetwood Mac-Tage, bei „Crazy Dreams“ wird sich mit einem markanten Banjo-/E-Gitarren-Intro ziemlich unverblümt an Keith Urbans „Better Life“ vergriffen, bei „You Won’t Find This“ gibt es geschickt verschachtelten, souligen R & B mit einer Portion Country (Alecia Keys lässt grüßen), mit dem Randy Travis-Cover „I Told You So“ wird die „Pure Country“-Klientel bedient (Carrie singt wie die jungen Reba McEntire und Tammy Wynette), bei „The More Boys I Met“ (lustiger Text) und „Twisted“ bewegt man sich zwischen Jo Dee Messina und Shania Twain.

Insgesamt ein kraftvolles, von Mark Bright produziertes Album, das sicher erneut den Nerv der Zeit treffen wird, wie es sich auch in den Charts bereits andeutet (Single Platz 3, Album Platz 2 hinter den Eagles). Carrie war diesmal etwas stärker als beim Vorgänger am Songwriting beteiligt (neben vielen prominenten Komponisten wie u.a. Brett James, Steve McEwan, Chris und Hillary Lindsey, Gordie Sampson, Neil Thrasher, Tom Shapiro), was die Musiker betrifft, wurde natürlich auch fast alles involviert, was Rang und Namen hat (Eric Darken, Paul Franklin, Jonathan Yudkin, Aubrey Haynie etc.), wobei Ilya Toshinsky (Bering Strait) am Banjo und Tom Bukovac an der E-Gitarre die nachhaltigsten Eindrücke hinterlassen.

Hervorheben muss man eindeutig Carries viel ausgeprägter und reifer wirkende Gesangsleistung, die sich mit den großen Diven der Zunft wie Martina McBride, Faith Hill, Shania Twain, LeAnn Rimes schon jetzt locker messen kann. Unserer Prognose zufolge wird dieses Album aufgrund seiner Vielseitigkeit wieder zum Dauerbrenner und Verkaufshit werden. Die Carrie Underwood-Erfolgsstory geht also garantiert weiter!

Arista Records (2007)
Stil: New Country

01, Flat On The Floor
02. All-American Girl
03. So Small
04. Just A Dream
05. Get Out Of This Town
06. Crazy Dreams
07. I Know You Won’t
08. Last Name
09. You Won’t Find This
10. I Told You So
11. The More Boys I Meet
12. Twisted
13. Wheel Of The World

Carrie Underwood
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Whiskey Falls – Same – CD-Review

Achtung, aufgepasst! Ein bärenstarkes, neues Quartett um den ehemaligen Brother Cane-Gitarristen Damon Johnson sorgt mit seinem großartigen Debüt für mächtig Wind in der amerikanischen New Country (Rock)-Szene! Das Fundament von Whiskey Falls, die einen prächtigen, knackigen, herrlich southern-verwurzelten, rockigen New Country spielen, beruht auf dem Zusammenschluss zweier eher zufällig bekannter Freundespaare.

Da sind zum einen Seven Williams und Wally Brandt, beide aus Kalifornien stammend, die seit vielen Jahren für Film und Fernsehen Songs erfolgreich komponiert haben und mittlerweile auch eine eigene Produktionsfirma (u. a. „The Simple Life“) besitzen, zum anderen die aus Birmingham, Alabama, kommenden Buck und Damon Johnson (nicht verwandt), vielen unter Umständen zumindest oberflächlich bekannt aufgrund ihres Songs „Just Feel Better“, der vor rund 2 Jahren von Carlos Santana unter Mitwirkung von Aerosmiths Steven Tyler ins Rampenlicht befördert wurde.

Letztgenannter Damon Johnson dürfte sich auch in Southern-Rock-Kreisen als Frontmann und Gitarrist von Brother Cane einen guten Namen erarbeitet haben. Kennen gelernt hat man sich letztendlich in Nashville, als Buck bei einer Songwriting-Session Seven und Wally vorgestellt wurde und man nach 10 Minuten bereits eine gemeinsame Basis gefunden hatte. Buck (auch mit reichhaltig musikalischer Erfahrung behaftet: er war u.a. Musiker bei den Doobie Brothers, Timothy B. Schmidt, John Waite, The Thorns) brachte dann seinen Jugend-Freund Damon noch mit ins Boot. Eine explosive Mischung vierer gestandener Leute also, bei der eigentlich jeder einen Führungsanspruch geltend machen könnte, doch davon ist überhaupt nichts zu spüren. Im Gegenteil, alles passt ganz hervorragend zusammen.

Ein Grund dürfte der gemeinsame und für eine noch so frisch zusammengestellte Truppe bereits schlafwandlerisch sichere Harmoniegesang sein, bei dem sich die Vier an der Front einbringen können. Auf der anderen Seite scheint eine für alle zufriedenstellende Formel bei der Verteilung des Lead-Gesangs gefunden worden zu sein. Das Album beinhaltet herrlich abwechslungsreiche 13 Stücke (mal härter, mal ruhiger, immer sehr melodisch), wobei eine wunderbare Mischung aus deutlich Southern Rock-infiziertem New Country in Kombination mit Westcoast-typischen Harmoniegesängen kreiert wurde.

Da finden sich Spuren von Bands und Kollegen wie Jeffrey Steele, den Pirates Of The Mississippi, Montgomery Gentry und Little Texas, aber auch von einem Keith Urban (goes South) oder Restless Heart und gar den Eagles!

Tolle Melodien, satte E-Gitarren und feine, southern-drenched Slides prägen das geschehen, immer mal wieder geschickt ergänzt um schöne Klavier-, Banjo- oder Mandolinen-Klänge! Schon beim Opener „Falling Into You“ eröffnet sich dem Zuhörer die ganze „Leichtigkeit des musikalischen Seins“ von Whiskey Falls in Verbindung mit einem knackigen Arrangement: Lockere Akustik Gitarren-Untermalung mit immer wieder eingeflochtenen E-Slide-Riffs, klasse Drumming von Steve Brewster (übrigens jede Menge Nashville-Star-Instrumetalisten wie Russ Pahl, Gordon Mote, Bruce Bouton, Larry Franklin, Jeff King, James B. Lowery sind mit an Bord), dazu diese wunderbar leichten, ein so sonniges Flair versprühenden Harmoniegesänge, die in dieser Schönheit wohl nur von den Eagles oder Crosby, Stills & Nash praktiziert werden können. Ein lockeres Banjo zur weiteren Untermalung und ein sattes Slide-Solo bilden das berühmte „I-Tüpfelchen“. Ein grandioser Song zum Auftakt.

Die folgende Single „Last Train Running“ schlägt in die gleiche Kerbe, ist allerdings eine Spur kratziger und durch das starke Steel-Spiel von Russ Pahl etwas countrylastiger. Zum ersten Mal etwas heftiger geht es dann bei „The Night Ain’t Over Yet“ zur Sache. Jugendlicher Elan Marke Hilljack, Forty5South, mit der Angriffslust eines Jeffrey Steele bilden zusammen einen flotten Southern-/Roadhouse-Country-Rocker. Honkytonk-Piano, klase E-Gitarren-Solo und das brillante Dobro-Spiel von Bruce Bouton setzen hier die Zusatzakzente.

Weitere Stücke, bei denen es richtig rockt: „The Champ“ über den Glanz und Fall eines Musikers – tolle Mixtur aus Big & Rich– und Chris Cagle-Trademarks; „Working Man“ – klasse Fiddle, Honky Tonk-Piano, ein cooler Rocker der Marke Warren Brothers/Van Zant; „Let The Whiskey Fall“ – herrlicher Mitgröl-Southern-/Redneck-Country ähnlich Trace Adkins oder Montgomery Gentry; oder das abschließende „Load Up The Bases (The Baseball Song)“ – modern, rockig, mit stampfendem Handclap-Rhythmus, satter E-Gitarre und furiosem B3-Spiel. Hier wird sogar eine gewisse Stadiontauglichkeit bewiesen.

Der Löwenanteil der Stücke wird von Seven Williams besungen, bei dem tollen „Days Of Birmingham“ (großartiger, rhythmischer, southern-fueled Classic-Country-/New Country-Drive) beweist Buck Johnson seine Führungsqualität, beim ebenfalls recht flockigen „Better Days Will Come At Last“ ist Damon die dominierende Persönlichkeit. Der Rest der Stücke hat ausnahmslos Ohrwurmqualität, wobei spontan immer wieder die Eagles als Vergleichsmuster in den Sinn kommen („Highway 59“, „So Much Better“ oder „I Can’t Stop Loving You“, alle mit Gänsehautgarantie). Bleibt noch das herrlich lockere, country-pop-rockige „Keep The Light On“ übrig, bei dem sich Bon Jovi für ihre letzte CD (die sollte ja countrymäßig sein) eine Scheibe hätten abschneiden können.

Alles in allem ein wirklich durchgehend starkes Debüt von Whiskey Falls, das Country-, Southern- und Westcoast-Anhänger mit Freude vereinen sollte. Hier haben sich wirklich erstklassige Leute zusammengefunden, die ihr gewaltiges Potenzial zu einem tollen Album nutzten. Von daher unser begeistertes Gesamturteil: Diesen herrlich mundenden Whiskey bitte genießen, „bloß nicht fallen lassen“!

Midas Records (2007)
Stil: New Country

01. Falling Into You
02. Last Train Running
03. The Night Ain’t Over Yet
04. Highway 59
05. The Champ
06. Days Of Birmingham
07. Better Days Will Come At Last
08. Working Man
09. So Much Better
10. Keep The Light On
11. I Can’t Stop Loving You
12. Let The Whiskey Fall
13. Load Up The Bases (The Baseball Song)

Whiskey Falls
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Bärchen Records

Kellie Pickler – 100 Proof – CD-Review

Welch eine positive Überraschung! Kellie Pickler vollzieht mit ihrem 3. Album „100 Proof“ eine Wende um 180 Grad, d.h. vom charttauglichen Countrypop zum ernsthaften Traditional Country im Stile der großen Diven – und sie meistert das tatsächlich mit Bravour (sie hat ja nie verhehlt, ein großer Dolly Parton-Fan zu sein)! Sie folgt sie ihrem Herzen und legt damit nun ihre endgültige Reifeprüfung als „genuine recording artist“ ab.

Die aus North Carolina stammende Pickler, teilweise durch ziemlich peinliche Patzer in Interviews zum naiven Blondchen abgestempelt, hat fast vier Jahre ins Land ziehen lassen, um sich dem aktuellen Album zu widmen. In dieser Zeit lernte sie den Musiker, Singer/Songwriter Kyle Jacobs kennen und lieben und ist auch mit ihm seit einem knappen Jahr verheiratet. Und der scheint einen ziemlich positiven Einfluss auf die mittlerweile 25-jährige, zudem noch aus schwierigen Familienverhältnissen stammende Ex-American Idol-Finalistin (sie belegte seiner Zeit Platz 6), auszuüben. Er assistierte ihr auf diesem Werk als Co-Writer bei „Mothers Day“, eine autobiografisch anmutende, nur mit Akustikgitarre und trauriger Steel begleitete Countryballade, die vermutlich ihr problematisches Verhältnis zu ihrer Mutter aufarbeitet.

Gleiches gilt für das abschließende „The Letter (to Daddy)“ (diesmal allerdings, wie es der Titel schon andeutet, an die Adresse des Vaters gerichtet), das ebenfalls recht sparsam, nur mit Akustikgitarre untermalt, daherkommt, aber voller glaubwürdiger Emotion vorgetragen wird. Hut ab, Kellie Pickler! Große Unterstützung erhält sie auf „100 Proof“ durch die erfolgreiche Songwriterin Leslie Satcher, die sich zum Teil mit Kellie (die ist immerhin auch in sechs Stücke schreibtechnisch involviert), aber auch mit anderen Co-Autoren für den Löwenanteil der Stücke verantwortlich zeichnet. Schon der Titel des Openers „Where’s Tammy Wynette“ gibt die Richtung des gesamten Albums vor.

Kellie, immer noch mit einer recht juvenilen, zierlichen Stimme (teilweise im Stile der Parton) ausgestattet, darf sich zu dem meist traditionell gehaltenen instrumentalen Rahmen, geschaffen von durch die Bank exklusiven Nashville-Musikern wie Chad Cromwell, Greg Morrow, Richard Bennett, Glen Duncan, Rob McNelley, Randy Scruggs, Ilya Toshinsky, Paul Franklin etc., nach dem Muster ihrer Vorbilder gesangstechnisch austoben und das passt richtig gut. Die klar gespielte Akustikgitarre und die Steel in allen ihren Facetten geben in guter alter Country-Tradition neben der E-Gitarre, und Tupfern von Mandoline („Unlock That Honky Tonk“), Banjo („Little House On The Highway“) oder Piano („Long As I Never See You Again“) meist unangefochten den Ton an.

Farbe ins Spiel kommt immer dann, wenn Pickler kleine Abstecher unternimmt (die aber immer in Einklang mit dem traditionellen Grundgerüst des Werkes bleiben), wie beim swampigen, in teilweise schon fast grassiger Manier dahinstampfenden „Unlock That Honky Tonk“, rotzig frech daherkeift, sich wunderbar einfühlsam beim melodischen „Rockaway (The Rockin’ Chair Song)“ (atmosphärisch – herrlich mit Fiddle, Mandoline und Banjo locker instrumentiert, dezentes Seventies-Flair) gibt oder beim wohl überragenden Track des Albums, dem Titelstück „100 Proof“ (so ein wenig mit „The Thunder Rolls“-Anstrich) eine emotionale Gesangsmeisterleistung zum Besten gibt. Klasse!

Mit „100 Proof“ hat Kellie Pickler einen Wandel in ihrer Karriere eingeläutet, den man sicherlich so nicht vermutet hätte. Sie wirkt gereift und erscheint auf diesem Werk auch absolut glaubwürdig und könnte glatt zu eine der Überraschungen des noch jungen Jahres 2012 avancieren. Eine fantastische Vorstellung.

19 Recordings / BNA Records (2011)
Stil: New Country

01. Where’s Tammy Wynette
02. Unlock That Honky Tonk
03. Stop Cheatin‘ On Me
04. Long As I Never See You Again
05. Tough
06. Turn On The Radio And Dance
07. Mother’s Day
08. Rockaway (The Rockin‘ Chair Song)
09. Little House On The Highway
10. 100 Proof
11. The Letter (To Daddy)

Kellie Pickler
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Terri Clark – The Long Way Home – CD-Review

Clar

Rückkehr von Terri Clark mit dem bislang vielleicht besten Album ihrer Karriere! Nachdem sich Terri Clark über ein Jahrzehnt als Major-Act bei Mercury Records erfolgreich behauptet hatte, liefen die letzten Jahre der sympathischen Kanadierin alles andere als rund. Es gab Eheprobleme, ihre Mutter erkrankte an Krebs und dazu kam, dass ein geplantes, neues Album bei ihrer neuen Plattenfirma BNA Records trotz zweier im Vorfeld recht erfolgreicher Singles nicht veröffentlicht wurde. Mittlerweile hat Terri ihr eigenes Label ins Leben gerufen, „Bare Track Records“, das über die Capitol-Gruppe vertrieben wird und präsentiert mit „The Long Way Home“, das wohl bahnbrechendste und für sie wichtigste Album ihrer bisherigen Karriere.

Dabei hat kommerzieller Erfolg für sie eine eher sekundäre Bedeutung, wie sie betont. Vielmehr steht ihr künstlerischer Anspruch im Vordergrund, sich so zu verwirklichen, wie sie wirklich ist. Das aus Montreal, Quebec stammende „Cowgirl“ hat, wie es das Cover gut dokumentiert, den Cowboyhut abgelegt, und sich zu einer ernsthaften und gereiften Singer/Songwriterin und Produzentin (alle Lieder sind selbst von ihr produziert) weiterentwickelt, wobei das New Country-Herz weiterhin an der richtigen Stelle schlägt und auch omnipräsent erhalten bleibt. Dennoch gibt sie sich abwechslungsreicher als je zuvor.

Eingerahmt sind die neuen Stücke des Albums von dem Leading-Track „Gypys Booots“ (komponiert von Terri, Leslie Satcher und Jon Randall), der am Anfang und Ende der CD in zwei unterschiedlichen Versionen vorhanden ist: Die Finalversion als rootsiges Acoustic Demo, bei dem Terri in Allroundmanier das komplette Stück allein abwickelt (Gesang, Resonator Guitar, Acoustic Guitar, Percussion), der Opener dafür in einer fulminanten „Full Band-Version. Ein heisser, sexy, southern-fueled, stomping Country-Blues-Rocker, wobei es ein wahrer Ohrenschmaus ist, den involvierten Klassemusikern (u.a. Brent Mason, Shannon Forrest, Kenny Greenberg, B. James Lowry, Paul Franklin, John Hobbs, Jim Horn) während dieses audiophilen Genusswa beiwohnen zu dürfen (herrlich angerauter Gesang Terris, ein satter, swampiger Groove, schwere Gitarren, fette Bläser-Fills). Absolut stark!

Mit „Poor Girls Dream“ folgt dann im Mittelteil noch ein weiterer rockiger Kracher dieses Kalibers. Den Rest der Tracks bestreitet Terri Clark dann im Stile allerbester Nashville New Country-Kultur, und zwar in einer Qualität, die ihresgleichen sucht. Rein tempotechnisch wird meist im Midtempo agiert, sporadische Ausflüge in flottere Bereiche (das flockige, mit einem klasse E-Gitarren-Rhythmus unterlegte „If You Want Fire“ und das etwas poppige „Tough With Me“ – das Intro/Zwischenakustikgitarrenriff erinnert an Bad Companys „Shootig Star“, die Melodie kommt aber eher als eine Art Mixtur aus Wynonnas „What The World Needs‘ und Shania Twains „That Don’t Impress Me Much“), als auch in balladeske Sphären (beispielsweise das grandiose, mit einer gehörigen Portion „raw soul“ versehene „A Million Ways To Run“ – mit wunderschönem, dezentem Zusammenspiel von Akustikgitarre, Mandoline, Dobro und E-Piano oder das sehr melodische „If I Could Be You“ mit E-Piano, Orgel, Steelguitar, und ganz starkem Gesang Terris) mit inbegriffen.

Dazu gibt es noch zwei markante Gastauftritte, zum einen von Vince Gill (steuert wieder seine typischen, wunderbaren Harmonies bei) bei einer instrumentaltechnisch zurückgenommenen Version von „The One You Love“ (das „Original“ ist auf dem „Pain To Kill„-Album zu finden), zum anderen bei „You Tell Me“ (erinnert ein wenig an Eric Claptons „Change The World“) im Duett mit dem in hiesigen Gefilden noch recht unbekannten Musiker Johnny Reid (in Kanada mittlerweile ein absoluter Superstar), der mit seinem rauchigen Organ einen wunderschönen Kontrast zu Terri bildet. Man könnte den beiden stundenlang zuhören!

Fazit: Mit „The Long Way Home“ ist Terri Clark vielleicht so etws wie der musikalische Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere geglückt. Die Kanadierin hat den Sprung zur vielseitigen, ernsthaften und gereiften Künstlerin in beeindruckender Manier bewältigt und macht bessere Musik als je zuvor. Eines der ganz starken Country-Alben des Jahres 2009! Eine wahre Meisterleistung!

Bare Track Records (Capitol Records) (2009)
Stil: New Country

01. Gypsy Boots
02. If You Want Fire
03. A Million Ways To Run
04. What Happens In Vegas (Follows You Home)
05. Merry Go Round
06. The One You Love (feat. Vince Gill)
07. Poor Girls Dream
08. If I Could Be You
09. Tough With Me
10. You Tell Me (Duet with Johnny Reid)
11. Gypsy Boots (Bonus: Acoustic Demo Version)

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