Jennifer Hanson – Same – CD-Review

Kann es sein, dass auf dem nordamerikanischen Kontinent die Leute schon mit einer Gitarre in den Händen zur Welt kommen? Während unsereiner in seiner Kindheit nicht schnell genug nach draußen kam, um eine Lederpille durch die Gegend zu bolzen, dem sonntäglichen Gang auf den Sportplatz entgegenfieberte, um anschließend möglichst noch mal die entscheidenden Szenen nachzuspielen, scheint bei unseren Freunden das Zupfen an einer Klampfe oder das Mitmischen in einem Gospelchor beim Kirchgang oberste Priorität in jungen Jahren zu genießen.

Anders kann ich mir die Anzahl qualitativ hochbegabter Musiker eigentlich nicht erklären. Ein erneutes Paradebeispiel ist die 29 Jahre junge Jennifer Hanson, die in diesem Jahr ihre erste CD ablieferte.

Geboren in La Habra im Süden von Los Angeles, einer nicht sonderlich betuchten Gegend mit überwiegend farbiger Bevölkerung, durchlebte sie als Kind zweier Musiker eine relativ harte Jugend. Scheidung der Eltern, erste musikalische Erfahrungen, 1995 Umzug nach Nashville auf Rat des Vaters, der inzwischen als Gitarrist für die Righthouse Brothers und die nicht nur in Countrykreisen bekannte Band Alabama gearbeitet hatte.

Sie lernt den Songwriter Mark Nesler kennen, der u.a. den Tim McGraw-Hit „Just To See You Smile“ schrieb. Die beiden heiraten und Jennifer ergattert einen Plattendeal mit Capitol Records, die dem Newcomer gestatten, ihre Ideen relativ freizügig umzusetzen. Als Resultat ist ein wunderschönes Album herausgekommen.

Der Opener und Single der Scheibe, „Beautiful Goodbye“, ist direkt ein Killersong mit herrlicher Melodie, knackigen Gitarrenriffs und einer einmalig frischen Stimme. Ja, der Gesang dieser Lady ist wirklich traumhaft. Das Statement ‚… mit der Seele einer Songwriterin und der Stimme eines Engels…‘ bringt die Sache auf den Punkt.

So Lieder wie die recht langweiligen Barroomballaden „This Far Gone“ oder „Simply Yours“, wo ich normalerweise unweigerlich den Drang verspüre, die Vorlauftaste zu betätigen, halten einen gefangen bis zum letzten Ton. Der musikalische Rest liegt irgendwo im rootsigen Bereich zwischen einer gut aufgelegten Mary Chapin Carpenter und Sheryl Crow, im eher poprockorientierten Teil bei den Bangles, versehen mit leichtem Countrytouch (Nr. 2, 3, 5). Immer wieder schöne Gitarreneinlagen, zum Teil werden eigene Erfahrungen in ihren Texten reflektiert („Travis“).

Alles sehr knackig und modern, wobei Jenni nicht nur die meisten Songs mitgeschrieben hat, sondern auch neben Greg Droman an den Reglerknöpfen gesessen hat.  Und wenn die junge Dame das auf dem Cover getragene Alabama-Fan-Shirt gegen entsprechende Klamotten tauschen täte, würde die Gute sicher auch auf dem Modelsektor eine vorzügliche Figur abgeben Von diesem Multi-Talent werden wir noch einiges hören, darauf verwette ich mein letztes Hemd…

Capitol Records Nashville (2004)
Stil: New Country

01: Beautiful Goodbye
02: Just One Of Those Days
03: Half A Heart Tattoo
04: This Far Gone
05: Get Yourself Back
06: All Those Yesterdays
07: Travis
08: One Little Word
09: It Isn’t Just Raining
10: Baby I Was Wrong
11: Simply Yours

Jennifer Hanson
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Baerchen Records

David Grissom – How It Feels To Fly – CD-Review

Als großer Verehrer von David Grissoms Gitarrenkünsten bei Storyville und seinen vielfältigen Saiteninputs bei diversen anderen Künstlern (z. B. auf Bonnie Bishops herrlichem „Soft To The Touch“ und auch bei so einigen Interpreten in meiner geliebten Nashville-Zunft), bin ich natürlich nicht darum herum gekommen, auch seinen Weg als Solo-Künstler zu begleiten.

So bin ich dann auch im Besitz seiner beiden ersten Longplayer. „Loud Music“ und „10,000 Feet“. Jetzt bot sich günstige die Gelegenheit, sein neustes Werk „How It Feels To Fly“ mal zu beleuchten, das Grissom zum ersten Mal unter der Flagge des immer mehr expandierenden Blue Rose-Labels präsentiert.

David setzt dabei seinen von Anfang an beschrittenen Weg kompromisslos fort, eine Mischung aus besungenen Liedern und anspruchsvoll und filigran gestalteten Instrumentalstücken, bei denen natürlich seine famosen Saitenkünste im Vordergrund stehen, markant in Szene zu setzen…

Neu ist hier allerdings und das ist vor allem aufgrund seiner anstehenden Live-Auftritte in unseren Gefilden (sh. unsere Tourtermine – leider kein einziger im westlichen Ruhrgebiet, grrr!) interessant, dass noch zu den acht neuen Studio-Tracks vier Live-Stücke, aufgenommen in Davids Heimat (The Saxon Pub, Austin), dazu gepackt wurden. So erhält man schon mal einen schönen Vorgeschmack auf das, was einen zu erwarten hat.

Hier werden mit „Jessica“ (Allman Brothers) und dem fett abrockenden „Nasty Dogs And Funky Kings“ (ZZ Top, hier in einer furiosen Version) zwei Klassiker geboten, bei denen es Grissom locker mit den Urgesteinen in seiner eigenen Interpretation aufnimmt. Die beiden anderen Sachen sind das intelligent verschachtelte Instrumental „Flim Flam“ (teilweise grandioses Zusammenspiel von E-Gitarre und Orgel) und das Titelstück seiner zwischenzeitlich eingeschobenen EP „Way Down Deep“.

Seine drei Mitstreiter Stefano Intelisano (keyboards), Scott Nelson (bass) und Bryan Austin (drums) wurden (mit einigen wenigen Gästen) auch für die acht Studio-Nummern involviert. Der starke bluesrockige Opener „Bringin‘ Sunday Mornin‘ To Saturday Night“ ruft direkt wehmütig alte Storyville-Zeiten in Erinnerung.

Ich ertappe mich immer wieder – auch bei einigen anderen Stücken („How It Feels To Fly“, „Gift Of Desperation“) – wie ich mir innerlich ausmale, wie die Songs wohl geklungen hätten, wenn hier Grissoms charismatischer früherer Bandkollege Malford Milligan am Mikro gestanden hätte. Denn hier kommen wir zum einzigen, allerdings nicht unerheblichen Manko. Grissoms dünner, eher introvertierter und wenig emotionaler Gesang will mich – im Gegensatz zu seinen unglaublichen Gitarrenkünsten – wie auch schon auf seinen Alben zuvor, irgendwie nicht begeistern.

Es ist natürlich legitim, vor allem, wenn er Spaß daran hat, seine selbst kreierten Sachen auch selber zu singen, aber, aus meiner Sicht, wären da andere Leute wesentlich prädestinierter. Irgendwie ist es hier doch dann wie bei dem Spruch vom Schuster und seinen Leisten. Das spürt man vor allem, wenn die beiden Gastsängerinnen Candi Sanders (beim Opener) und Kacy Crowley (bei „Overnight“ und „Satisfied“), mal ihre Stimmorgane mit in die Waagschale werfen.

Ein weiterer von mir verehrter Gastsänger, Drew Womack (solo, Sons Of The Desert), ist beim melodischen Midtempo-Roots-Lied „Georgia Girl“ leider nur marginal in den Harmonies zu vernehmen. So entpuppt sich auch in dieser Reihe das Instrumental „Way Jose“ als der große Höhepunkt. Hier meint man teilweise Gov’t Mule und Santanas Rhythmus-Section hätten sich mit Grissom zu einer Jam-Session versammelt. Instrumentalkost vom Feinsten. Eine wunderschöne Stelle auf dem Werk ist auch, wenn bei „Satisfied“ Davids Akustikgitarrengezwirbel fließend in ein Allman-umwehtes E-Solo übergeht.

David Grissoms „How It Feels To Fly“ beschert dem Hörer erneut instrumentelle Raffinessen en masse. Er entlockt seinem PRS-Gitarrenmodel mal wieder Töne zum Dahinschweben. Toll strukturierte Musik mit viel Substanz und Saitenkünsten mit fast schon himmlischen Zügen. Und das, ohne wirklich ganz dick aufzutragen. Großartig! Lediglich der eher unspektakuläre brave Gesang des Texaners sorgt dafür, doch eine gewisse Bodenhaftung zu bewahren.

Blue Rose Records (2014)
Stil:  (Texas) Blues Rock

01. Bringin‘ Sunday Mornin‘ To Saturday Night
02. How It Feels To Fly
03. Georgia Girl
04. Never Came Easy To Me
05. Way Jose
06. Overnight
07. Gift Of Desperation
08. Satisfied
09. Jessica (Live)
10. Way Down Deep (Live)
11. Flim Flam (Live)
12. Nasty Dogs And Funky Kings (Live)

David Grissom
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Blue Rose Records

Terri Clark – Pain To Kill – CD-Review

Eine begrüßenswerte und medienwirksame Unterstützung erhielt die New-Country-Musik in letzter Zeit durch Deutschlands immer noch beliebteste Unterhaltungssendung ‚Wetten Dass‘. Shania Twain, Faith Hill und die Dixie Chicks gaben sich in den letzten drei Shows die Klinke in die Hand und leisteten erste Schritte, dieses hierzulande immer noch schlummernde Genre ein wenig populärer zu machen.

Also, lieber Tommy, vielen Dank von meiner Seite und weiter so! Sollten dir und deinen Leuten im Hintergrund die Ideen ausgehen, schaut doch in Zukunft ab und zu hier in Magazinen wie Sounds of South vorbei, da gibt es jede Menge Nachschub an potentiellen Kandidaten.

Eine Dame, die sich zum Beispiel nahtlos in die Reihe der oben erwähnten einfügen würde, ist die 1968 gebürtige Kanadierin Terri Clark. Musikalisch vorbelastet (Großeltern waren Countrystars und die Mutter Folksängerin) zieht es sie 1987 nach Nashville. Nach einigen Jobs und einer Anstellung als feste Clubsängerin erhält sie endlich 1994 einen Kontrakt von Mercury Records.

Nun stellt sie mit „Pain To Kill“ ihr bereits neuntes Werk vor. Ich habe früher von ihr schon einige Videoclips gesehen, aber der Funke wollte nie so richtig überspringen. Schön, dass ich jetzt von unserem Partner Bärchen Records regelrecht zu meinem Glück ‚gezwungen‘ wurde. Zwölf wohltuende, angenehm ineinanderfließende Lieder, in einer Dreiviertelstunde kompakt durch das Who-Is-Who der Nashville- Studiomusiker dargeboten, bieten New-Country-Feeling vom Allerfeinsten. Terris Stimme ist unaufdringlich und strotzt trotzdem vor Frische. Bonuspunkte gibt es auch für ihre Beteiligung am Songwriting.

Zwölf wohltuende, angenehm ineinanderfließende Lieder, in einer Dreiviertelstunde kompakt durch das Who-Is-Who der Nashville- Studiomusiker dargeboten, bieten New-Country-Feeling vom Allerfeinsten. Terris Stimme ist unaufdringlich und strotzt trotzdem vor Frische. Bonuspunkte gibt es auch für ihre Beteiligung am Songwriting.
Spaß bereiten rockige Stücke wie „Pain To Kill“ und „I Wanna Do It All“. Chartskompatibel sind sicher die beiden Anfangsstücke „I Just Wanna Be Mad“ und „Three Mississippi“. Aber auch die langsameren Sachen wie „I Just Call To Say Goodbye“, „Almost Gone“, und „God And Me“ sind peppig dargeboten.

Ein Werk, das irgendwo zwischen Kathy Mattea, Patty Loveless und einer Mary Chapin Carpenter problemlos Anspruch auf einen festen Platz in einer New-Country-Sammlung hat.
Dazu kommt eine äußerst ansprechende Optik bei Begutachtung des Booklets. Also, insgesamt eine runde Angelegenheit. Mir bleibt deshalb die Feststellung. Terri, this album kills, without any pain!

Mercury Nashville (2003)
Stil:  New Country

01. I Just Wanna Be Mad
02. Three Mississippi
03. Pain To Kill
04. I Just Call To Say Goodbye
05. I Wanna Do It All
06. The One You Love
07. Almost Gone
08. Working Girl
09. Better Than You
10. Not A Bad Thing
11. The First To Fall
12. God And Me

Terri Clark
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Bärchen Records

Hal Ketchum – Lucky Man – CD-Review

Für Hal Ketchum mag der Titel seiner neuen CD „Lucky Man“ eine zutreffende Zustandsbeschreibung seiner persönlichen Situation sein; ich schätze mich sehr glücklich, auf die Musik eines Mannes gestoßen zu sein, der mir bisher leider nur namentlich bekannt gewesen ist.

Der als ‚Hofdichter der Countrymusik‘ bezeichnete Künstler, hat aus einem, laut eigener Aussage, Mega-Eigen-Repertoire von fast 600 Stücken sieben klasse Songs in Verbindung mit fünf Fremdkompositionen von Leuten, wie z. B. Produzent Rodney Crowell, ausgewählt, die ihm musikalisch sehr nahe stehen und auch bei ihrer Darbietung mitwirken. Die Lieder fliegen mit der Leichtigkeit einer sommerlichen Brise an einem vorbei; die Instrumentierung ist wunderschön auf die Thematik der Songs abgestimmt. Ketchum’s angenehme Stimme passt sich in beeindruckender Weise dem Stil und dem Tempo der Stücke optimal an.

Die CD beinhaltet zwei Duetts (mit Dolly Parton und Lisa Brokop), lebhafte Uptemponummern mit erfrischend gespielten Akustik- und E-Gitarrenelementen („(She’s Something) Your’re Everything“, „You Can’t Go Back“), einen Hauch von Rockabilly („Don’t Let Go“, mit den Musikern von Richochet im Background), dazu einen leichten Elvis-/Chris-Isaak-Touch („Loving You Makes Me A Better Man“, „Dreams Of Martina“).

Highlights auf einer ausgereiften Produktion sind für mich das herrlich dahin wippende „Livin‘ Life Lovin‘ You“, die Uptempoballade „Richest Man In Texas“ in Trace Adkins-Manier und das seiner Frau gewidmete und mit viel Gefühl dargebotene „She Is“, bei der Hal eine Kostprobe der Variabilität und Bandbreite seiner Stimme abliefert, sowie einer Wahnsinns-Gitarrenhintergrundarbeit von Brent Mason, als auch tolle Background-Vocals von Bekka Bramlett.

Dazu gibt es ein farblich harmonisches und geschmackvoll gestaltetes Cover mit schönen Fotos vom Interpreten, mich irgendwie an einen der vier Musketiere erinnernd, passend in ein gut gewähltes und umgesetztes Gesamtkonzept. Thank you, lucky Man!

Curb Records (2001)
Stil: New Country

01. (She’s Something) You’re Everything
02. You Can’t Go Back
03. That’s How Much You Mean To Me
04. Loving You Makes Me A Better Man
05. Don’t Let Go
06. Dreams Of Martina
07. She’s Still In Dallas
08. Two Of The Lucky Ones
09. Richest Man In Texas
10. Livin‘ Life Lovin‘ You
11. Keep Mom And Dad In Love
12. She Is

Hal Ketchum
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Bärchen Records

Buddy Jewell – Same – CD-Review

Die ultimative Steigerung der mittlerweile auch in unseren Landen unerträglich um sich greifenden Horror-Casting-Shows wäre sicherlich ‚Deutschland sucht den Volksmusikstar‘. Im übertragenen Sinne wäre Buddy Jewell hier das amerikanische Pendant dazu, denn er ist Sieger von ‚Nashville Star‘, aber Gott sei Dank haben die Amis ja ein etwas anderes Verständnis, was Musik aus ihrer Heimat anbelangt. Und so hat dort auch ein 42-jähriger gestandener Cowboy das Rennen gemacht.

Sony ließ im Zuge des zu erwartenden Erfolges natürlich nichts anbrennen und stellte Buddy Jewell für seine Debüt-CD das Star-Ensemble der Studiomusiker – von meinen Kollegen so liebevoll als Nashville-Mafia bezeichnet – an die Seite. Und die glänzenden Kritiken aus allen Himmelsrichtungen scheinen auf eine späte, aber sehr aussichtsreiche Karriere hinzudeuten.

Mein Gesamteindruck des Werkes ist mit einigen Abstrichen verbunden, aber im Groben und Ganzen auch postiv. Mit „I Wanna Thank Everyone“ scheint Buddy noch mal einen Diener vor allen Beteiligten, die seinen Erfolg ermöglichten, zu machen. Toller rhythmischer Honkytonk-Kracher mit klirrendem Piano und tollen E-Gitarren, wie er flockiger nicht sein könnte. Auch „Sweet Southern Comfort“ ist ein Stück der Extraklasse. Eine typische Südstaatenhymne, mit viel Atmosphäre und starkem Text vorgetragen, die unter die Haut geht. Wunderbare Banjo- und Harmonikaklänge, sowie Buddies einfühlsame Stimme machen diesen Song zum Klassiker, auch Südstaatenrockfans sollten sich das Lied mal reinziehen.

Klasse die Uptemponummern „Abilene On Her Mind“ und „One Step At A Time“, die ziemlich flott an einem vorbeiziehen. Auch das Stück von Produzent Clint Black setzt der CD noch mal seinen Stempel auf. Endlich können sich die Mafiosis, …äh, Studiomusiker mal ausleben. Ein regelrechter Schlagabtausch zwischen E-Gitarre, Fiddel, Piano und Steelgitarre. Geht sehr gut ab.
Das Werk enthält aber auch einige recht langweilige Balladen und Heuler. Bei „Today I Started Loving You Again“, einem Duett mit Miranda Lambert, einer weiteren 19-jährigen Wettbewerbsteilnehmerin, verfolgt einen der Refrain lange über das Ende des Albums hinaus. Der ist so kitschig und schnulzig, bohrt sich aber ins Gehirn wie eine Made in den Speck, so dass ich mich schon morgens im Auto dabei ertappte, wie ich ihn vor mich hinträllerte.

„O’Reilly Luck“ klingt ein wenig nach Charlie Daniels zu „Simple Man“-Zeiten mit keltisch angehauchtem Lalala-Chorus, den ich recht nervtötend finde. Ziemlich überflüssig die Nummer „Why We Said Goodbye“, die Tim McGraw schon vor zwei Jahren auf „Set This Circus Down“ interpretiert hat und mit genau so wenig Überraschungen vor sich her trottet.

Überhaupt wirkt das Album auf mich wie eine kleine Kampfansage an den zuletzt erwähnten Kollegen. Ich denke allerdings, noch etwas verfrüht, denn der gute Tim kommt irgendwie peppiger und rockiger daher, auch wenn er vielleicht nicht ganz die stimmlichen Qualitäten von Buddy besitzt. Jewell’s CD ist mir insgesamt etwas zu traditionell gehalten, vor allem das oftmals in den Vordergrund tretende Gefiddel törnt eher ab. Wenn man einen so versierten Gitarristen wie Brent Mason zur Verfügung hat, muss der auch mal öfter losgelassen werden. Letztendlich aber ein durchaus gelungenes, sympathisches Erstwerk, das sicher keine Eintagsfliege bleiben wird. Ich würde sagen: Noch weiter ausbaufähig.

Sony Nashville (2003)
Stil: New Country

01. I Wanna Thank Everyone
02. Help Pour Out The Rain (Lacey’s Song)
03. Sweet Southern Comfort
04. Today I Started Loving You Again
05. Abilene On Her Mind
06. One In A Row
07. O’Reilly Luck
08. Why We Said Goodbye
09. One Step At A Time
10. I Can’t Get By
11. You Know How Women Are

Buddy Jewell
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Bärchen Records

Jewel – Greatest Hits – CD-Review

Zu meiner eigenen Schande muss ich gestehen, dass mir Musik von Jewel Kilcher, oder besser bekannt nur kurz als Jewel, zumindest was meine Tonträgersammlung betrifft, gänzlich durchgegangen ist. Gut – ihr Name ist meiner Person natürlich geläufig und auch so mancher Song wie z. B. „Standing Still“ oder „Intuition“ ist mir jetzt, wo ihr brandaktuelles „Greatest Hits“-Album durch den Player läuft, mittels Radio sicher schon über den Weg gelaufen.

Schön, dass ich jetzt relativ unverhofft an die Zusammenstellung der erfolgreichsten Stücke ihrer bisherigen, seit 1995 währenden Karriere gelangt bin. Ihre acht ‚echten‘ Alben werden hier in chronologischer Reihenfolge abgearbeitet, wobei das weltweit wohl am meisten beachtete Werk „Spirit“ die stärkste Berücksichtigung erfahren hat. Unerwähnt bleiben darf auch nicht, dass die auf einer großen Farm in Stephenville, Texas lebende, hübsche Blondine, die seit 2008 mit dem Rodeo-Reiter Ty Murray verheiratet ist und einen Sohn mit ihm hat, auch im Schauspielbereich und schriftstellerisch erfolgreich tätig ist. Ein echtes Multitalent also! Passend dazu kommt auch die Bandbreite und unglaubliche Wandlungsfähigkeit ihrer Stimme. Da ist von kindlichem und elfenhaftem Anstrich (Richtung Kate Bush, Corrs) über typische Pop-Stimmen wie Shakira, Spears & Co., New Country-Sängerinnen à la Chely Wright, Jo Dee Messina oder Lori McKenna sowie echter Diven Marke Celine Dion, Faith Hill, alles dabei.

Wie so oft bei „Greatest Hits“-Alben im Major-Bereich wurde marketing-technisch der größtmögliche pekuniäre Effekt natürlich nicht aus dem Auge verloren und auch ein Anreiz für ihre ‚Die Hard‘-Fans, die also vermeintlich im Besitz aller ihrer CDs sind, geschaffen, sich auch diese Kompilation anzueignen. So wurden zwei der älteren Stücke „You Were Meant For Me“ und „Foolish Games“ jeweils mit momentan angesagten Interpreten wie den Pistol Annies (u. a. mit Miranda Lambert) und mit der American Idol- und mehrfachen Grammy-Gewinnerin Kelly Clarkson neu eingespielt (beide Stücke sind allerdings in den hier auch enthaltenen Originalversionen ebenfalls wunderschön).

Dazu gibt es mit „Two Hearts Breaking“ sogar einen ganz neuen Track. Da ich davon ausgehe, dass ihre früheren Hits ihrer Klientel bestens geläufig sind, lege ich den Fokus meiner Besprechung auch auf die bisher unveröffentlichten Lieder. „You Were Meant To For Me“ fällt in der ‚PA-Version‘ im Vergleich zum Original etwas rootsiger aus (die Akustikgitarre kratzt mehr, E- und Steel-Gitarre sind neu bzw. etwas auffälliger, die drei Damen sind nur ergänzend mit Harmoniegesängen im Refrain wirklich wahrzunehmen. Der Song fällt insgesamt etwas kräftiger aus.

Bei „Foolish Games“ kommt es natürlich zum Showdown von zwei echten Alpha-Weibchen, deren Stimmen sich dabei auch noch recht ähnlich sind. Wie bei Damen so oft (z. B. in ganz besonders Sachen Kleidung bzw. äußerem Aussehen…), dürfte, wenn vermutlich auch nicht zugegeben, hier doch letztendlich ein wenig auch das Buhlen um das ‚am Ende als Bessere abzuschneiden‘, im Vordergrund gestanden haben (gerade Clarkson wirkt hier sehr engagiert und ehrgeizig). Man spürt förmlich hier die unterschwellige Spannung eines (aber fair geführten) Duells – beide Damen versuchen mit aller Kraft das Optimum aus sich herauszuholen. Eine tolle Powerballade, durch die somit ein echter Hauch von zeitgenössischem Stardom weht! Am Ende steht aus meiner männercharmanten Sicht ein gerechtes Unentschieden.

Der ganz neue Song „Two Hearts Breaking“ hat ebenfalls erhebliches Hit-Potenzial. Sehr poppig ausgerichtet mit rhythmischen Drum-Loops, E-Gitarren und Synthie-Tupfern, herrlich kräftigen Groove-Zwischenpassagen und damit es auch im New Country-Bereich eventuell noch wahrgenommen werden kann, unter Einbeziehung einer filigranen Akustikgitarrenuntermalung in Verbindung mit, da bin ich mir nicht ganz sicher, entweder einer recht blechernen klingenden Mandoline oder einem eher zart gespielten Banjo (die beteiligten Musiker samt ihrer Instrumente zu den Titeln sind im Booklet leider nicht aufgeführt – dafür aber alle Texte).

Apropos New Country. Bei den Produzentennamen tauchen hier mir bestens vertraute Leute wie Dan Huff, John Rich, Nathan Chapman, Frank Lidell oder Parade-Basser Glenn Worff auf, ein Indiz dafür, dass Jewels zwar überwiegend im Pop liegende Wurzeln jederzeit auch in diese Sparte kompatibel sind. Man hört aber in jedem Fall heraus, dass hier auch Studiomusiker aus der Nashville-Zunft an diversen Nummern beteiligt waren.

Insgesamt hat mir als Einsteiger Jewels „Greatest Hits“- Zusammenstellung sehr gut gefallen. Eine sehr angenehme, melodische und klangvolle Musik, bei der man sich schön entspannen kann. Sollte es irgendwann zu neuen Alben kommen, werde ich in Zukunft auf diese funkelnde musikalische Erscheinung sicher ein etwas genaueres Auge als bisher werfen!

Rhino / Warner Music (2013)
Stil:  Pop & More

01. Who Will Save Your Soul
02. You Were Meant For Me (Album Edit)
03. Foolish Games
04. Hands
05. Down So Long
06. Jupiter (Swallow The Moon) (Single Version)
07. Standing Still
08. Break Me (Radio Remix)
09. Intuition
10. Good Day
11. Stronger Woman (Radio Edit)
12. Somewhere Over The Rainbow
13. Satisfied (Radio Edit)
14. You Were Meant For Me (feat. Pistol Annies)
15. Foolish Games (feat. Kelly Clarkson)
16. Two Hearts Breaking

Jewel
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Gary Allan – Set You Free – CD-Review

Der Mann aus Southern California mit einem neuen, hervorragenden Album. Lange haben wir ihn nicht mehr so gut gehört. Gary Allen gab sein Debüt bereits 1996 und zählt mit seinem 9. Studioalbum bereits zum Inventar der Szene. Trotz wirklich beachtlicher Erfolge (immerhin drei Nr.1-Hits), fortwährend exzellenter Alben und stetiger Major-Präsenz (Allan ist quasi seit Beginn bei MCA unter Vertrag) schaffte er es nie ganz, in den Kreis der ganz großen Superstars wie Tim McGraw, Kenny Chesney oder Keith Urban & Co. vorzustoßen.

Seine Vorliebe für traditionellen „Bakersfield-derived Country“ und auch seine etwas nach innen gekehrte Art (dafür liegt allerdings auch ein triftiger Grund vor. Seine von Depressionen geplagte Frau hatte 2004 Selbstmord begangen) standen ihm für den ganz großen Durchbruch immer ein wenig im Weg. Das könnte sich allerdings mit seinem neuen Album „Set You Free“ gravierend ändern. Ein tolles, modernes New Country-Werk mit vielen starken, sehr abwechslungsreichen Songs, klasse produziert und natürlich von exzellenten Musikern eingespielt.

Gary selbst hat fünf der Tracks mitkomponiert, sieben co-produziert, zum einen mit Greg Droman, der auch für das Vorgängerwerk „Get Off On The Pain“ verantwortlich war, zum anderen mit Freund und Langzeitweggefährten Mark Wright. Den Rest übernahm Jay Joce, der schon Interpreten wie Eric Church und Little Big Town betreut hat. Zum ersten Mal spielt er auf einem seiner Longplayer Akustik- und E-Gitarre. Auch wenn sein neues Werk wieder voller Zitate steckt, die an seine verstorbene Frau erinnern, so ist diesmal aber eine deutlich positive Tendenz erkennbar. Es scheint, dass Allan den Verlust weitestgehend verarbeitet hat – eine Art spürbare Aufbruchsstimmung durchzieht dieses hervorragende Album.

Dazu legte er mit der herrlich flockigen Single „Every Storm (Runs Out Of Rain)“ (klasse Harmoniegesänge von Rachel Proctor) und einer derzeitigen Top-5-Platzierung (Tendenz steigend) einen Traumstart hin. Und die CD beinhaltet noch jede Menge weiterer Stücke, die entsprechendes Potential aufweisen, womit auch der komplette Silberling gute Chancen auf großen Chart-Erfolg haben sollte. Ganz stark direkt der von knackigen E-Gitarren getragene Opener „Tough Goodbye“, der mit seiner starken Melodie sofort richtig Laune macht.

Auch ein absoluter Hitkandidat. Gleiches gilt für die beiden kitschfreien Powerballaden (mit den typisch kräftigen Refrains) „You Without Me“ (Richtung Jason Aldean) und „One More Time“ (das Lied erinnert dezent an Diamond Rios gleichnamiges Stück), sowie das wieder von markanter Gitarrenarbeit getragene, rhythmische „Pieces“ (schön rockiger Refrain). Aber es gibt auch jede Menge unkonventionelle Tracks, die einiges an Überraschungen aufweisen. „Bones“ beispielsweise erweist sich als knochentrockener, fetter Southern Rocker, der auch Van Zant gut zu Gesicht stünde (Gary singt im Stile von Donnie Van Zant, klasse Bluesharp von Matt Warren, der auch stark beim Songwriting involviert war).

Die teilweise etwas düstere „Crying in My Beer“-Ballade „It Ain’t The Whiskey“ (mit weinender Steel im Refrain – Parallelen in den Strophen und im Aufbau zu Bleu Edmondsons „The Band Plays On“) fesselt sehr und das mit dem deutlichen Stempel der Warren Brothers (beide haben das Stück mit Blair Daly komponiert) versehene „Sand In My Soul“ ist im Refrain gar mit einer dezenten „Hotel California“ Westcoast-Note behaftet. Das sehr relaxte „Hungover Heart“ steckt voller Southern Soul – sehr stark hier die typischen E-Gutarren-Fills.

Die beiden außergewöhnlichsten Songs sind „No Worries“ und „Drop“. Erstgenanntes ist eine launige Mischung aus Country und Reggae (Marke Jimmy Buffet, Kenny Chesney – mit den obligatorischen Steel Drums), bei dem sofort der nächste Karibik-Urlaub am geistigen Auge vorbeifliegt (Blake Sheltons „Some Beach“ schlägt in eine ähnliche Kerbe), letztgenanntes Lied verbeugt sich vor Sachen wie Tennessee Ernie Fords „16 Tons“ oder Randy Newmans „Leave Your Hat On“ (bekannt durch Joe Cocker). sehr cool und leicht jazzig swingend von Nashvilles Parademusikern in Szene gesetzt. Den Ausklang bildet das überaus angenehme, mit Streicherbegleitung atmosphärisch aufgewertete „Good As New“ (toll das raue Cello, dazu wieder herrliche Gitarrenarbeit).

Gary Allan hat mit „Set You Free“ schon ganz früh im Jahr ein heftiges Ausrufezeichen in Music City gesetzt. Es klingt frischer und knackiger als je zuvor. Das gesamte Songmaterial ist „erste Sahne“ und sehr kurzweilig. Dazu auch gesanglich eine Top Leistung von ihm. Selbst die unterschiedlichen Produzenten erweisen sich hier als außerordentlicher Glücksfall. So ist „Set You Free“ noch viel mehr als ein echter persönlicher Befreiungsschlag. Hut ab für diese überragende Leistung, Mr. Allan!

MCA Nashville (2013)
Stil:  New Country

01. Tough Goodbye
02. Every Storm (Runs Out Of Rain)
03. Bones
04. It Ain’t The Whiskey
05. Sand In My Soul
06. You Without Me
07. One More Time
08. Hungover Heart
09. No Worries
10. Drop
11. Pieces
12. Good As New

Gary Allan
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Bärchen Records

Jeff Allen – Raised On Gettin’ By – CD-Review

Stark! Dynamischer, ungemein knackiger, ja schon fetziger, noch von jeglicher „Nashville-Politur“ befreiter, herrlich zwangloser, Energie geladener, rockin‘ Country/New Country voller „Schmackes“, der sowohl die Traditionalisten, als auch die „jungen Wilden“ des Genres vollends begeistern wird! Und wo kommt so ein Kerl her? Natürlich aus Texas! Jeff Allen stammt aus einer musikbegeisterten Familie, aus Canton/TX. Mit 15 Jahren brachte er sich das Gitarre spielen selbst bei. Von dort an verfolgte er stetig sein Ziel, einmal als Musiker auf der Bühne zu stehen und die Leute zu begeistern.

„In ten years, I’d love to still be on tour full-time and have a few songs on the radio. I just want to make a living writing and playing the music I love“, war seine damalige Intension. Der Erfolg gibt ihm recht. Bereits ohne Album gelang es ihm, im Vorprogramm von solch klangvollen Namen wie u.a. Emerson Drive, Reba McEntire, Randy Travis, Vince Gill, Little Big Town und Big & Rich aufzutreten. Mit seinem nun vorliegenden, prächtigen, bei dem kleinen Independent Label Savvy Recordings erschienenen Debüt „Raised On Gettin’ By“, das er zur Zeit in ganz Texas promoted, dürfte er seinem Lebenstraum nun ein ganzes Stück näher gekommen sein.

Ein tolles Teil , das noch voller spürbarem Idealismus und Elan steckt, und frei von allen Zwängen, munter und ungeschliffen drauflos rockt, dabei aber zu keiner Zeit die „real Country“-Pfade verlässt.. Die musikalische Performance ist einfach klasse. Allen hat eine tolle Country-Stimme, die aber auch hervorragend für rockige Sachen geeignet ist. Er und die hervorragenden Musiker sind prächtig aufeinander abgestimmt. Manchmal köännte man meinen, Allen spielt einen wunderbar „rotzigen“ Mix aus den Elementen solcher Leute wie Brooks & Dunn, Eric Church, Jake Owen, aber auch Gary Allan und Brad Paisley, vermischt mit dem Texas-Flair solcher „Lonestar“-Ikonen wie Pat Green und Jack Ingram, und seinen eigenen Ideen. Und alles passt klasse zusammen!

Allen hat acht von zwölf Stücken selbst komponiert und präsentiert sich als ein mit bereits allen (New Country-)Wassern gewaschener, aber gleichzeitig noch sehr hungriger, junger Musiker. Die Songs (produziert von Kevin Savigar und Brian Kolb), zumwiest umgeben von einem Gewand aus satten Gitarren, überzeugen auf ganzer Linie. Bereits das zum Einstieg gebrachte, sehr traditionell fundamentierte, großartige „Watching You“, mit herrlich lässigem Gesang Allens, quietschender Fiddle und exzellenter Gitarrenarbeit, rockt in allerbester Brooks & Dunn-Manier, ebenso wie das baumstarke, kraftvolle und dynamische Titelstück „Raised On Getting By“ (krachende, rhythmische Drums, schön integrierte Orgel-Klänge, „saftige“ E-Gitarren, tolle Melodie)! Ein echter Knaller!

Bei den balladeskeren, immer och ungemein kraftvollen Stücken, wie zum Beispiel der Killer-Nummer „Can’t Trust Myself“ (fetziges, zündendes E-Gitarren-Solo, großartige Steelguitar-Unterstützung, wundervolle Melodie) und solch klasse Nummern wie „Anyway“, „You’ve Gotta Stop This“ und „Still Gonna Wait For You“, bewegt sich Allen in geschmackvollen Sphären zwischen Gary Allan, Brian McComas und dem jungen Keith Urban zu seiner weniger Mainstream-orientierten The Ranch-Zeit. Das mächtig rockende, riffige, kernige „Mighty Mississippi“ und auch „Hurt Me“ werden dann mit einem ordentlichen Schuß Southern Rock-Groove serviert. Für den Gute Laune-Pegel seiner Live-Konzerte dürften „Drive Me To Drink“ und „Honkytonk Saturday Night“ (mit fettem E-Gitarren-Solo und großartigem, hintergründigem Saloon Piano-Geklimper) das richtige Elixier sein. Hier geht mächtig die (traditionelle) Post ab, und auch die Besucher der texanischen Roadhouses und Honky Tonks landauf, landab, dürften hier ausgelassen in Stimmung kommen.

Gleiches gilt ebenfalls für das abschließende, etwas spirituelle „Me And Jesus“, ein alter Tom T. Hall-Song, den Jeff seinem verstorbenen Großvater widmet. Kommt in einer tollen, lockeren, dennoch durchaus knackigen, grassig angehauchten, traditionellen Version mit klasse Fiddle-, Mandolinen- und Banjo-Klängen, sowie fulminantem, quick lebendigem E-Gitarren-Picking..Ein wenig schade, dass die wirklich stark aufspielenden Musiker, die einen tollen Job erledigen, im recht spärlichen 1-Blatt-„Booklet“ nicht aufgeführt wurden. Dies bleibt allerdings der einzige, kleine Wermutstropfen und muß bei der Klasse dieses Albums einfach in den Hintergrund geschoben werden.

„Raised On Gettin’ By“ zeigt mit Jeff Allen einen jungen, bislang nahezu unbekannten (New)Country-Musiker, in dem eine Menge beeindruckendes Potential zu stecken scheint. Dieses Debut ist jedenfalls ein „Hit“! Die Urbans, Brooks & Dunns und Paisleys dieser Welt haben auch irgendwann mal „klein“ angefangen, um eines Tages den verdienten Ruhm zu ernten. Jeff Allen hat ohne Zweifel das Zeug dazu, es ihnen nachzumachen. Der erste Schritt ist getan! Eine ganz starke Vorstellung des jungen Texaners!

Savvy Recordings (2009)
Stil:  New Country

01. Watching You
02. Can’t Trust Myself
03. Raised On Getting By
04. Anyway
05. Drive Me To Drink
06. You’ve Gotta Stop This
07. Mighty Mississippi
08. Still Gonna Wait For You
09. Running Out Of Ways
10. Honkytonk Saturday Night
11. Hurt Me
12. Me And Jesus

Jeff Allen
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Bärchen Records

Rodney Atkins – It’s America – CD-Review

„If You’re Going Through Hell“, Rodney Atkins‘ Vorgänger-Album, war für den Mann aus Knoxville/Tennessee alles andere als ein „Gang durch die Hölle“. Im Gegenteil. es war sein großer Durchbruch – mit insgesamt 4 aufeinander folgenden „Number One-Singles“ in den Billboard Country Singles-Charts. Was für ein Erfolg! Nun liegt der Nachfolger vor, und er knüpft nahtlos an den großartigen Vorgänger an. Atkins’ große Stärke liegt darin, die von ihm und seinen Songwriter-Kollegen kreierten Songs sehr „alltagstauglich“ zu präsentieren. Das führt zu einen enorm hohen Identifikationsgrad.

Vor allem der sich in vielen Songs befindende, gesunde Positivismus überträgt sich unaufdringlich, nicht zu massiv, aber effektiv auf den Hörer. Auf „It’s America“ präsentiert Atkins elf absolut traditionell verwurzelte, dennoch durchaus moderne, energiegeladene Stücke, die dank seiner kräftigen Vokalperformance (frappierend übrigens die Stimmähnlichkeit zu Tim McGraw) und den prächtigen Musikerleistungen (u.a. Lonnie Wilson, Larry Paxton, Bryan Sutton, Ted Hewitt – zusammen mit Atkins auch Produzent -, Troy Lancaster, Gordon Mote, Mike Johnson, Jonathan Yudkin, Larry Franklin) genauso negenemhm wie kompetent rüberkommen. Das hat zum Teil richtig Biss!

Nach dem Ausklingen der letzten Fiddletöne beim wunderbar emotional dargebotenen Schlusslied des Albums, „The River Just Knows“ (heulende Steel, schöne Piano-Tupfer, klasse Harmonies von Angela Hurt), verspürt man unweigerlich den Wunsch, diesen Burschen mal live zu erleben. Hauptursache dafür sind die große Anzahl von eingängigen St+cken, die geradezu zum Mitsingen animieren. Großartig beispielsweise das ein wenig an an Garth BrooksGassenhauer „Friends In Low Places“ erinnernde „15 Minutes“ (toller Refrain mit den herrlichen Textzeilen. „I gave up smokin’, women, drinkin’ last night, these were the worst fiveteen minutes of my life“), das sicher während seiner Konzerten aus tausenden von biergeschwängerten Kehlen herausgegrölt werden wird.

Weitere Beispiele dieser Art. Das prächtig tanzbare „Chasin’ Girls“ (polternde Drums, wilde E-Gitarren-Fills, Fiddle, Orgel), das honkytonk-trächtige „Best Things“ (surrende Fiddle, schöner Aufzählgesang, klasse E-Gitarre, prima Honky Tonk Pianogeklimper), „Friends With Tractors“ (fröhlich musizierender, etwas grassig angehauchter Country ( schönes Banjo, Steel, Fiddle, starke Akustikgitarrenarbeit, toller Instrumentalausklang), „Simple Things“ (rockig, in stadiontauglicher Brooks & Dunn-/Garth Brooks-Manier, cooler Gesang, klasse Steel-Fills)! Center-Song des Albums ist aber eindeutig das von den Hitlieferanten Angelo Petraglia und Brett James komponierte Titelstück „It’s America“, das in einer Art „Bruce Springsteen goes Country“ (der „Boss“ wird auch textlich erwähnt), recht patriotisch angehaucht, von Amerikanern bevorzugte Alltags-Lebensweisen und für positiv befundene Dinge gesanglich anpreist.

Der rhythmisch dahinpreschende, sehr motivierend wirkende Track zeichnet sich vor allem durch die vorzüglich gespielten Saiteninstrumente aus (klasse Electric-Slide-Riff, feines Banjo, knackige Akustikgitarrenarbeit, starkes E-Gitarren-Solo). Der Song befindet sich, wie wir meinen, vollkommen zu Recht, bereits im Anmarsch auf die Spitzenposition der Billboard County Singles-Charts. Aber auch sämtliche anderen Stücke, das sei klar betont, weisen durchgehend Hitambitionen auf (die spannende Frage dabei ist, ob der Vorgänger quantitativ hin Sachen Number-One-Hits noch mal getoppt werden kann).

Wem ein Tim McGraw mittlerweile allzu sehr von seinen Roots in Richtung poppigere Gefilde abgerückt ist, der hat mit dem deutlich traditioneller verankerten, wesentlich agiler und „hungriger“ wirkenden Rodney Atkins hier eine blendende Alternative. Aber nicht nur die – nein, Atkins ist eine Bereicherung für jeden Fan knackiger, echter, moderner Countrymusic. „It’s America“ wird ganz sicher einer der Renner diese Jahres werden und bei den zu verteilenden Awards eine gewichtige Rolle mitsprechen. Prächtiger, knackiger, kraftvoller, überaus erfrischend in Szene gesetzter, sehr traditionell verwurzelter Country/New Country „at it’s very best“, der manchmal wie eine exzellente Mischung aus Tim McGraw, Travis Tritt, Trace Adkins, Garth Brooks, Toby Keith und Brooks & Dunn wirkt. Rodney Atkins ist in der Riege der Großen endgültig angekommen! Respekt!

Curb Records (2009)
Stil:  New Country

01. Tell A Country Boy
02. Chasin‘ Girls
03. Got It Good
04. Best Things
05. Friends With Tractors
06. 15 Minutes
07. Simple Things
08. It’s America
09. Rockin‘ Of The Cradle
10. When It’s My Time
11. The River Just Knows

Rodney Atkins
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Big Kenny – The Quiet Times Of A Rock And Roll Farm Boy – CD-Review

Zweites, prächtig gelungenes Solo-Album von Big Kenny, der einen Hälfte des megaerfolgreichen Duos Big & Rich. Der Weg von William Kenneth Alphin, alias Big Kenny, geboren in Culpeper, Virginia zu einer der schillerndsten Persönlichkeiten in Nashville’s New Country-Szene war zunächst von einigen Tiefschlägen geprägt. Eine Firmenpleite in seinem bis dato bürgerlichen Leben (er hatte eine Konstruktionsfirma) ergab erst die Initialzündung für seine spätere Karriere. Alphin verließ fluchtartig seine Umgebung und zog nach Nashville, wo er kurze Zeit später einen Job bei einer Musikfirma ergatterte.

1999 schien er am Ziel seiner musikalischen Träume angelangt zu sein. Mittlerweile in Big Kenny „umgetauft“, unterzeichnete er bei Hollywood Records einen Vertrag für sein erstes Album, das aber nach der Fertigstellung gecancelt wurde und für Jahre in den Archiven verschwand. Kenny gründete danach die Band „LuvjOi“, die ihn mit dem ungemein talentierten Gitarrsisten Adam Shoenveld zusammenbrachte, dem man aufgrund seiner glänzenden Saitenarbeit einen nicht unerheblichen Anteil am Erfolg von Big & Rich bescheinigen kann und der darüber hinaus mittlerweile zu den gefragtesten Studiogitarristen der nashville New Country-Szene zählt.

LuvjOi kamen trotz zweier Alben und guten Liveauftritten aber nicht über den Status einer von Insidern geschätzten Band hinaus. Den entscheidenden Durchbruch erlangte Big Kenny erst durch die Bekanntschaft mit John Rich, dem damaligen Bassisten und Zweitsänger von Lonestar. Man tat sich zu dem großartigen. leicht „extravaganten Duo Big & Rich zusammen, deren Erfolgsgeschichte im Rahmen ihrer drei veröffentlichten Alben und einer Live-DVD hinlänglich bekannt ist. Nicht zu vergessen auch ihre kompositorischen Tätigkeit für andere Künstler wie Gretchen Wilson, Jason Aldean, Martina McBride oder Tim McGraw, sowie die Gründung der „MuzikMafia“, einem Zusammenschluss diverser Country-Künstler wie u.a. Jon Nicholson, Gretchen Wilson, Cowboy Troy und James Otto.

Im Fahrwasser des kommerziellen Big & Rich-Erfolges wurde dann auch Kennys Solo-Debüt 2005 nachveröffentlicht. Die scheinbar nicht versiegende Quelle an Ideen beider Protagonisten und die sie verbindende Harmonie gestattete ihnen genug Raum für weitere Solo-Ausflüge. Auch Rich legte im Mai dieses Jahres mit „Son Of A Preacher Man“ ein baumstarkes Album hin. Big Kenny, der sich laut eigener Aussage schon wieder aus einem Fundus von über 50 Stücken bedienen konnte, zieht nun mit seinem neuen Werk „The Quiet Times Of A Rock And Roll Farmboy“ in ebenso starker Manier nach. Er, der schon immer den extrovertierteren Part des Duos Big & Rich abgab, liefert auch hier ein buntes, farbenfrohes, unglaublich viel positive Energie ausstrahlendes, kurzweiliges, sehr abwechslungsreiches New Country-Album ab, das trotz aller „Extravaganz“ (im positiven Sinne), vor guten Songs, großartigen Arrangements und klasse Melodien nur so strotzt.

Schon die eingebundenen, echten indianischen Chorgesänge beim von Kenny mit Jon Nicholson und „3 Doors Down“-Bandmate Brad Arnold komponierten, dezent keltisch anmutenden Opener „Wake Up“, bieten einen ersten, tollen Vorgeschmack auf den weiteren bunten Verlauf dieses Werkes. Das sehr melodische, von einer verspielten, wunderbaren E-Gitarre Shoenvelds begleitete, dabei durchaus knackige „Long After I’m Gone“ ist als erste Single ausgekoppelt und bewegt sich momentan in den oberen Dreissig der Billboard-Charts. Was folgt, ist das reinste musikalischeWechselbad, bei dem Alphin aber niemals den roten Faden verliert. Mit „Be Back Home“ beispielsweise gibt es plötzlich grassigen „Rural“-Country (mit Banjo, Steel, Fiddle, humorvoller Text), gefolgt vom sich fast in U2-Sphären bewegenden, von Cello- und E-Gitarrenklängen dominierten, überaus atmosphärischen „Less Than Whole“ (Kenny singt in großartiger Bono-Manier). Klasse!

Zeit zum Durchatmen gewähren die balladeskeren „Go Your Own Way“ (Pianotupfer, klassische Streicher, weibliche Harmony-Haucher) und das entspannte „To Find A Heart“ (klasse Steelguitar-Solo), beide allerdings mit einem sich stets dynamisch steigernden Verlauf. Gute Laune pur ist Trumpf bei, wie der Titel es schon ausdrückt, „Happy People“. Rhythmische Drums, Handclaps, Fiddle Banjo, eine integrierte Hip Hop-Passage knüpfen an die bewährte Big & Rich-Erfolgsrezeptur an. Grandios das anschließende „Drifter“. Hier erzeugen Dobro, Banjo und Slidegitarren eine swampig-Delta-bluesige Stimmung, die am Ende in ein psychedelisches Finish der Marke Led Zeppelin (der klasse Gesang Kenny’s in Kombination mit Shoenvelds E-Gitarre erinnert an die Art von von Page und Plant) mündet.

Das retro-soulige „Free Like Me“ und der flockige Countrypopsong „Share The Love“ (in Anlehnung an eine von Kenny immer wieder kommunizierte Lebensphilosophie) liessen dann ein extrem abwechslungsreiches, aber trotzdem immer in sich stimmiges Werk ausklingen, käme da nicht wieder mal eine von Big Kennys verrückten Ideen zum Tragen. Unter dem Titel „The Whole Experience“ folgt dann das komplette Album noch einmal als komplett durchgehender Track.

Ein weiteres, lustiges Schmankerl sind die der CD in einer Papphülle beigelegten Blumensamen (mit integrierter Anleitung), nach dem Motto. „Let the music grow“! Abgefahren! So ist erhalt, dieser Big Kenny Alphin! Mit „The Quiet Times Of A Rock And Roll Farmboy“ jedenfalls ist dem stimmlich sehr variabel agierenden Burschen ein wunderbar frisches, farbenfrohes New Country-Album gelungen, das auf ganzer Linie überzeugt. Wesentlich mehr, als nur eine willkommene Überbrückung bis zum nächsten Big & Rich-Streich! Dieser „Rock And Roll Farm Boy“ hat einfach Klasse!

Warner Bros. Records (2009)
Stil:  New Country

01. Wake Up
02. Long After I’m Gone
03. Be Back Home
04. Less Than Whole
05. Go Your Own Way
06. To Find a Heart
07. Happy People
08. Drifter
09. Free Like Me
10. Share the Love
11. The Whole Experience

Big Kenny
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