Jennifer Hanson – Same – CD-Review

Kann es sein, dass auf dem nordamerikanischen Kontinent die Leute schon mit einer Gitarre in den Händen zur Welt kommen? Während unsereiner in seiner Kindheit nicht schnell genug nach draußen kam, um eine Lederpille durch die Gegend zu bolzen, dem sonntäglichen Gang auf den Sportplatz entgegenfieberte, um anschließend möglichst noch mal die entscheidenden Szenen nachzuspielen, scheint bei unseren Freunden das Zupfen an einer Klampfe oder das Mitmischen in einem Gospelchor beim Kirchgang oberste Priorität in jungen Jahren zu genießen.

Anders kann ich mir die Anzahl qualitativ hochbegabter Musiker eigentlich nicht erklären. Ein erneutes Paradebeispiel ist die 29 Jahre junge Jennifer Hanson, die in diesem Jahr ihre erste CD ablieferte.

Geboren in La Habra im Süden von Los Angeles, einer nicht sonderlich betuchten Gegend mit überwiegend farbiger Bevölkerung, durchlebte sie als Kind zweier Musiker eine relativ harte Jugend. Scheidung der Eltern, erste musikalische Erfahrungen, 1995 Umzug nach Nashville auf Rat des Vaters, der inzwischen als Gitarrist für die Righthouse Brothers und die nicht nur in Countrykreisen bekannte Band Alabama gearbeitet hatte.

Sie lernt den Songwriter Mark Nesler kennen, der u.a. den Tim McGraw-Hit „Just To See You Smile“ schrieb. Die beiden heiraten und Jennifer ergattert einen Plattendeal mit Capitol Records, die dem Newcomer gestatten, ihre Ideen relativ freizügig umzusetzen. Als Resultat ist ein wunderschönes Album herausgekommen.

Der Opener und Single der Scheibe, „Beautiful Goodbye“, ist direkt ein Killersong mit herrlicher Melodie, knackigen Gitarrenriffs und einer einmalig frischen Stimme. Ja, der Gesang dieser Lady ist wirklich traumhaft. Das Statement ‚… mit der Seele einer Songwriterin und der Stimme eines Engels…‘ bringt die Sache auf den Punkt.

So Lieder wie die recht langweiligen Barroomballaden „This Far Gone“ oder „Simply Yours“, wo ich normalerweise unweigerlich den Drang verspüre, die Vorlauftaste zu betätigen, halten einen gefangen bis zum letzten Ton. Der musikalische Rest liegt irgendwo im rootsigen Bereich zwischen einer gut aufgelegten Mary Chapin Carpenter und Sheryl Crow, im eher poprockorientierten Teil bei den Bangles, versehen mit leichtem Countrytouch (Nr. 2, 3, 5). Immer wieder schöne Gitarreneinlagen, zum Teil werden eigene Erfahrungen in ihren Texten reflektiert („Travis“).

Alles sehr knackig und modern, wobei Jenni nicht nur die meisten Songs mitgeschrieben hat, sondern auch neben Greg Droman an den Reglerknöpfen gesessen hat.  Und wenn die junge Dame das auf dem Cover getragene Alabama-Fan-Shirt gegen entsprechende Klamotten tauschen täte, würde die Gute sicher auch auf dem Modelsektor eine vorzügliche Figur abgeben Von diesem Multi-Talent werden wir noch einiges hören, darauf verwette ich mein letztes Hemd…

Capitol Records Nashville (2004)
Stil: New Country

01: Beautiful Goodbye
02: Just One Of Those Days
03: Half A Heart Tattoo
04: This Far Gone
05: Get Yourself Back
06: All Those Yesterdays
07: Travis
08: One Little Word
09: It Isn’t Just Raining
10: Baby I Was Wrong
11: Simply Yours

Jennifer Hanson
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Baerchen Records