Thomas Rhett hat sein immenses künstlerisches Potential sicherlich dem Vater Rhett Akins zu verdanken. Der Papa war ein guter Countrymusiker mit einigen Alben (man erinnert sich zum Beispiel an das schöne Werk „Friday Night In Dixie“), denen der große kommerzielle Erfolg jedoch versagt blieb. Fortan konzentrierte der sich auf das Songwriting für andere Interpreten und begleitete den Karriereaufbau des Sohnemanns.
Nach seinem starken Einstieg mit „It Goes Like This“ in die Nashville-Szene, das direkt Platz 2 in den Album-Charts erreichte, wurde auch schnell die Kompatibilität seiner angenehmen Stimme in Richtung Pop-Geschäft erkannt. Die nächsten drei Alben schlugen in beiden Charts allesamt ein wie eine Bombe, auch wenn man sich fragen musste, ob die Musik wirklich noch als Country zu werten war.
Der Erfolg gibt in jedem Fall recht, Thomas‘ Songs wurden mittlerweile im Milliardenbereich gestreamt, 2021 holte er sich bei den Academy of Country Music Awards in der Kategorie ‚Männlicher Künstler des Jahres‘ den Titel. Ich weiß nicht, ob der Papa den Zeigefinger erhoben hat, auch mal wieder die Countryklientel etwas stärker mitzunehmen, fest steht, dass Thomas diese, zumindest temporär, wieder in Fokus gerückt hat.
„Country Again – Side A“ suggeriert schon vom Titel her eine gewisse Reumütigkeit und stellt gleichermaßen geschickt noch weiteres Material für die Zukunft in Aussicht. Heißt wohl übersetzt: „Liebe Countryfans ich habe und werde euch nicht vergessen!“ Und damit auch der letzte Funken Zweifel beseitigt ist, wurde auch das Coverbild absolut profihaft in Szene gesetzt: Hier präsentiert sich der Protagonist tief in sein Innerstes gekehrt, im typisch an den Ärmeln hochgekrempelten Baumwollhemd und mit einer Akustikgitarre in der Hand. Sowas nennt man wohl perfekt durchdachtes Marketing.
Und tatsächlich, im Vergleich zu den letzten Jahren ist das aktuelle Werk eine ordentliche Kehrtwende. Es dominieren neben Rhetts Gesang, Akustik- und E-Gitarren, Steel und Fiddle (eingespielt natürlich von den Koryphäen der Studiomusiker des Genres). Sämtliche Tracks sind in eingängige Melodien und Texte verpackt worden. Kein Wunder unter den Co-Songschmieden sind Thomas, der lobenswerter Weise überall involviert war, viele bekannte Leute wie u. a. Josh Miller, Matt Dragstrem, Jesse Frasure, Josh Thompson, Ashley Gorley, Luke Laird und auch der Vater (bei „What’s Your Country Song“) behilflich gewesen.
Produziert hat das Ganze kein geringerer als Dann Huff, der natürlich auch die Pop-Klientel nicht komplett außer Acht lässt (da werden dann z. B. mal geschickt ein paar Drum-Loops mit verpackt), am besten zu erkennen beim süffig-launigen „Put It On Ice“, dass Thomas im Duett mit dem Kollegen Hardy performt und den beiden, im Florida Georgia Line-Gewand gebrachten „What’s Your Country Song“ und dem knackigen „Blame It On A Backroad“.
Damit gerade am Ende nicht noch so der Eindruck eines etwas halbherzigen Bekenntnisses entsteht, dem eher dann doch das Prinzip der heimlichen Gewinnmaximierung vorangestellt wird, besticht der Rausschmeißer „Ya Heard“ mit lupenreinem Roots-Countrystoff samt plusternder Neil Young-Mundharmonika.
Insgesamt liefert Thomas Rhett mit „Country Again Side A“ ein durchgehend hörenswertes Album ab. In diesem Stil gefällt er mir deutlich besser als bei den drei Vorgängern. Auch wenn es vielleicht wie ein Schritt zurück in die richtige Spur anmutet, eine gelungene Mixtur wie bei seinem Debüt „It Goes Like This“ wäre für mich persönlich in Zukunft die wünschenswertere und ehrlichere Variante.
Valory Records (2021)
Stil: New Country
01. Want It Again
02. Growing Up
03. What’s Your Country Song
04. Where We Grew Up
05. Heaven Right Now
06. To The Guys That Date My Girls
07. More Time Fishin‘
08. Country Again
09. Put It On Ice (mit Hardy)
10. Blame It On A Backroad
11. Ya Heard