David Grissom – How It Feels To Fly – CD-Review

Als großer Verehrer von David Grissoms Gitarrenkünsten bei Storyville und seinen vielfältigen Saiteninputs bei diversen anderen Künstlern (z. B. auf Bonnie Bishops herrlichem „Soft To The Touch“ und auch bei so einigen Interpreten in meiner geliebten Nashville-Zunft), bin ich natürlich nicht darum herum gekommen, auch seinen Weg als Solo-Künstler zu begleiten.

So bin ich dann auch im Besitz seiner beiden ersten Longplayer. „Loud Music“ und „10,000 Feet“. Jetzt bot sich günstige die Gelegenheit, sein neustes Werk „How It Feels To Fly“ mal zu beleuchten, das Grissom zum ersten Mal unter der Flagge des immer mehr expandierenden Blue Rose-Labels präsentiert.

David setzt dabei seinen von Anfang an beschrittenen Weg kompromisslos fort, eine Mischung aus besungenen Liedern und anspruchsvoll und filigran gestalteten Instrumentalstücken, bei denen natürlich seine famosen Saitenkünste im Vordergrund stehen, markant in Szene zu setzen…

Neu ist hier allerdings und das ist vor allem aufgrund seiner anstehenden Live-Auftritte in unseren Gefilden (sh. unsere Tourtermine – leider kein einziger im westlichen Ruhrgebiet, grrr!) interessant, dass noch zu den acht neuen Studio-Tracks vier Live-Stücke, aufgenommen in Davids Heimat (The Saxon Pub, Austin), dazu gepackt wurden. So erhält man schon mal einen schönen Vorgeschmack auf das, was einen zu erwarten hat.

Hier werden mit „Jessica“ (Allman Brothers) und dem fett abrockenden „Nasty Dogs And Funky Kings“ (ZZ Top, hier in einer furiosen Version) zwei Klassiker geboten, bei denen es Grissom locker mit den Urgesteinen in seiner eigenen Interpretation aufnimmt. Die beiden anderen Sachen sind das intelligent verschachtelte Instrumental „Flim Flam“ (teilweise grandioses Zusammenspiel von E-Gitarre und Orgel) und das Titelstück seiner zwischenzeitlich eingeschobenen EP „Way Down Deep“.

Seine drei Mitstreiter Stefano Intelisano (keyboards), Scott Nelson (bass) und Bryan Austin (drums) wurden (mit einigen wenigen Gästen) auch für die acht Studio-Nummern involviert. Der starke bluesrockige Opener „Bringin‘ Sunday Mornin‘ To Saturday Night“ ruft direkt wehmütig alte Storyville-Zeiten in Erinnerung.

Ich ertappe mich immer wieder – auch bei einigen anderen Stücken („How It Feels To Fly“, „Gift Of Desperation“) – wie ich mir innerlich ausmale, wie die Songs wohl geklungen hätten, wenn hier Grissoms charismatischer früherer Bandkollege Malford Milligan am Mikro gestanden hätte. Denn hier kommen wir zum einzigen, allerdings nicht unerheblichen Manko. Grissoms dünner, eher introvertierter und wenig emotionaler Gesang will mich – im Gegensatz zu seinen unglaublichen Gitarrenkünsten – wie auch schon auf seinen Alben zuvor, irgendwie nicht begeistern.

Es ist natürlich legitim, vor allem, wenn er Spaß daran hat, seine selbst kreierten Sachen auch selber zu singen, aber, aus meiner Sicht, wären da andere Leute wesentlich prädestinierter. Irgendwie ist es hier doch dann wie bei dem Spruch vom Schuster und seinen Leisten. Das spürt man vor allem, wenn die beiden Gastsängerinnen Candi Sanders (beim Opener) und Kacy Crowley (bei „Overnight“ und „Satisfied“), mal ihre Stimmorgane mit in die Waagschale werfen.

Ein weiterer von mir verehrter Gastsänger, Drew Womack (solo, Sons Of The Desert), ist beim melodischen Midtempo-Roots-Lied „Georgia Girl“ leider nur marginal in den Harmonies zu vernehmen. So entpuppt sich auch in dieser Reihe das Instrumental „Way Jose“ als der große Höhepunkt. Hier meint man teilweise Gov’t Mule und Santanas Rhythmus-Section hätten sich mit Grissom zu einer Jam-Session versammelt. Instrumentalkost vom Feinsten. Eine wunderschöne Stelle auf dem Werk ist auch, wenn bei „Satisfied“ Davids Akustikgitarrengezwirbel fließend in ein Allman-umwehtes E-Solo übergeht.

David Grissoms „How It Feels To Fly“ beschert dem Hörer erneut instrumentelle Raffinessen en masse. Er entlockt seinem PRS-Gitarrenmodel mal wieder Töne zum Dahinschweben. Toll strukturierte Musik mit viel Substanz und Saitenkünsten mit fast schon himmlischen Zügen. Und das, ohne wirklich ganz dick aufzutragen. Großartig! Lediglich der eher unspektakuläre brave Gesang des Texaners sorgt dafür, doch eine gewisse Bodenhaftung zu bewahren.

Blue Rose Records (2014)
Stil:  (Texas) Blues Rock

01. Bringin‘ Sunday Mornin‘ To Saturday Night
02. How It Feels To Fly
03. Georgia Girl
04. Never Came Easy To Me
05. Way Jose
06. Overnight
07. Gift Of Desperation
08. Satisfied
09. Jessica (Live)
10. Way Down Deep (Live)
11. Flim Flam (Live)
12. Nasty Dogs And Funky Kings (Live)

David Grissom
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Blue Rose Records

Nation Sack – Same – CD-Review

Es war klar, dass das Greg Koch-Malford Milligan-Projekt, Nation Sack, keine einfache Kost für meine melodieverwöhnten Ohren sein würde. Das Gesamtergebnis entpuppt sich aber entgegen aller anfänglichen Befürchtungen mit meinem Geschmacksinn in weitestem Sinn, trotz ab und an auftauchender ‚Ungewohntheiten‘, als durchaus konform.

Gitarrenvirtuose Greg Koch war mir bisher nur namentlich bekannt, Malford Milligan zählt schon seit vielen Jahren dank seiner Beteiligung bei Storyville, zum erlauchten Kreise meiner Lieblingssänger. Diesen schwergewichtigen, albino-negroiden Dampfkessel mal in persona auf der Bühne zu erleben, gestattete mir die vor geraumer Zeit erschienene DVD Live At Antones dieses Hochkaräter-Quintetts, die ich nach wie vor jedem Leser dieses Magazins ans Herz legen möchte.

Der Bandname Nation Sack bezieht übrigens seine Herkunft aus dem Robert Johnson-Klassiker „Come On Into My Kitchen“. Gemeint ist ein Beutel, dem in der Hoodoo-Lehre vornehmlich von Frauen eine spirituelle Bedeutung zugemessen wird. Mit Koch und Milligan scheinen sich von der Chemie zwei hervorragend auf einander abgestimmte Charaktere gefunden zu haben (Koch redet sogar recht selbstbewusst von einem angehenden Page-Plant-Paar).

Auf der einen Seite die wirklich einzigartigen, bluesig-souligen Vocals (von gefühlvoll bis aggressiv) Milligans, auf der anderen die virtuose und brillante E-Gitarrenarbeit von Koch, die fast immer verschrobene Züge aufweist und doch in einem schlüssigen Gesamtbild endet. Die Rhythmusfraktion, bestehend aus Tom Good (Bass) und Del Bennett (Schlagzeug), spielt ihren Part trocken und zweckgerichtet runter (recht ähnlich dem Stil der Storyville-/Ex-Stevie Ray Vaughan-/Ex-Arc Angels-Musiker Chris Layton und Tommy Shannon).

Im Groben und Ganzen erhält man einen überaus intelligent gespielten Blues Rock, der sich vornehmlich zum gängigen Genreangebot, mit all seinen vermeintlichen Wunderkindern, dadurch auszeichnet, dass hier jemand vor dem Mikro steht, der auch singen kann. Dazu sind Kochs unkonventionelle Solo-Ausflüge so punktgenau konstruiert, dass er trotz aller filigraner Klasse nie ein Anflug von Selbstverliebtheit aufkommen lässt. Der Mann weiß einfach, wann und wie er sich im Bandgefüge wieder unterzuordnen hat.

So gibt es einige Stücke, die durchaus auch auf einem Storyville-Album Platz gefunden hätten („Clean Livin“, „Envy The Dead“, „Same Ole“, „Livin The Dream“), explizit zu erwähnen hierbei das grandios umgesetzte, soulige, herrlich melodische John Lennon-Cover „Jealous Guy“ (bekannt geworden wohl eher durch die Roxy Music-Fassung kurz nach Lennons Tod). Es gibt aber auch einige vertrackte Nummern, bei denen Koch stark den Stempel aufdrückt, wie „International Man Of Misery“ (fast schon irrenanstalttauglich, sein leieriges und nervenzehrendes Gitarrenwechselspiel), die Instrumental-Stücke „Syrup“ (der reinste Slide-Gitarrensirup) und das funkig, dezent angejazzt swingende „Wes Get Funky“ oder das mit Chuck Berry-mäßigen Retroriffen durchzogene „Monkey Business“. Wer es klassisch liebt, erhält sogar ein gitarrenmodifiziertes Chopin-Präludium („Prelude“) als Intro zum balladesken „Lie A Little Harder“ (mit schräg wimmernden Gittarrentönen im ausgedehnten E-Solo).

Nation Sack, alias Greg Koch und Malford Milligan, bieten insgesamt auch ohne Hoodoo-Zauber magische anmutende Blues Rock-Momente ab, die aber letztendlich ausschließlich auf irdisch angeeignetem Können und Talent seiner Protagonisten basieren. Wer die früheren Outputs der Beiden kennt, dazu dem meist treffsicheren Urteilsvermögen des Rezensenten vertraut, erhält weder eine rockmusikalische Wundertüte, noch kauft er die berühmte Katze im Sack. Insgesamt qualitativ hochwertiger und erfrischender Blues Rock der etwas anderen Art!

Pepper Cake Records, (2009)
Stil: Blues Rock

01. Clean Livin
02. International Man Of Misery
03. Envy The Dead
04. Same Ole
05. Livin The Dream
06. Come And Gone
07. Jealous Guy
08. Syrup
09. I Can Win
10. Wes Get Funky
11. Monkey Business
12. Winter – Prelude – Lie A Little Harder (Winter)
13. Winter – Prelude – Lie A Little Harder (Prelude)
14. Winter – Prelude – Lie A Little Harder (Lie A Little Harder)

Greg Koch
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ZYX Music

Storyville – Portrait

Stor

Eigentlich liegen meine Vorlieben ja mehr im New Country-/Southern Rock-Bereich, möchte mich hier aber mit einer Band aus einem anderen Genre auseinandersetzen, die mir in nur kürzester Zeit sehr ans Herz gewachsen ist. Es geht um ein Quintett aus Austin, Texas, namens Storyville (Widmung an den historischen Rotlichtbezirk von New Orleans), bestehend aus arrivierten Musikern mit bewegter Vergangenheit, angeführt von einem relativ unbekümmerten, aber hoch-charismatischen Sänger.

Ihren Stil würde ich als die perfekte Symbiose aus schwarzer und weißer Rockmusik bezeichnen: Texas-Gitarrenrock, gemixt mit Blues, Gospel, Soul, Country und Southernelementen vom Feinsten. Als Beginn der Band-Historie muss das Jahr 1994 gesehen werden, als sich alle Beteiligten bei einer Bluessession im Club Antone’s auf der Bühne zusammenfanden. Sänger Malford Milligan stand kurz vor Abschluss der ersten CD-Produktion „Bluest Eyes“ und hatte sich vom Original-Band-Line-Up getrennt, jedoch das Recht den Namen weiterzuführen, erworben. Dokumentiert durch ein fett gedrucktes Statement im Innencover: ‚Storyville is Malford Milligan!‘ Mit diversen Studiomusikern und einem Teil seiner neuen Gefährten wurde das Projekt dann zum Abschluss gebracht.

Kommen wir doch zu den Musikern im Einzelnen:

Malford Milligan (lead vocals):
Wie schon erwähnt der einzige, der nicht langjährige Erfahrung in namhaften Bands aufzuweisen hatte; aber nach kurzem Hören seiner Stimme dürfte jedem klar sein, dass hier einer am Werk ist, der das Zeug haben müsste, ein ganz Großer in diesem Geschäft zu werden. Sein tiefverwurzeltes Gefühl für Soulmusik kommt besonders in den tollen Balladen der Gruppe zum Ausdruck. Albino-negrid und mit den damit verbundenen harten Lebensrealitäten aufgewachsen, charakterisiert er sich mit einem Schuss Selbstironie: Die Erfahrungen durch meinen Albinismus haben mich abgehärtet und dahin geführt, wo ich jetzt bin. In einem Geschäft, bei dem heute jeder versucht, anders auszusehen, um Aufmerksamkeit zu erringen, brauche ich da keine Anstrengungen zu unternehmen. Über seine Kollegen: Die Band ist mein Dream-Team. Ich bin sehr stolz, sagen zu können, dass wir das Zeug zu was ganz Besonderem haben.

David Grissom (guitar):
Spielte für Lucinda Williams und Ann Lou Barton, bis das erste langjährige Engagement für Joe Ely zustande kam. Schweren Herzens wechselte er 1991 für drei Jahre zu John Mellencamp und stieg damit in die Liga der Großen auf. Von da an spielte er fast immer in Riesenhallen, selten unter 15.000 Zuschauern. Laut Grissom war die Band exzellent, Kenny Aranoff einer der besten Drummer, mit denen er je zusammengearbeitet hat. Das Problem lag jedoch in der Person Mellencamp selbst. Ich zahle, du machst, was ich möchte. Zu sehr in ein enges Gerüst gepresst, nutzte David eine unannehmbare Offerte von Mellencamps Manager für ein weiteres Album zum Absprung.
Einige Zeit später erfolgte die Erfüllung eines Kindheitstraums in Gestalt eines Kurzeinsatzes als Ersatz für Dickey Betts bei den Allman Brothers bei einigen Konzerten. Grissom beginnt, sich ein Heimstudio einzurichten und einige Songs zu schreiben. Ein weiteres, finanziell lukratives Angebot von Rod Stewart schlägt er aufgrund der Mellencamp-Erfahrung aus. Er geht nach Austin, es kommt zum denkwürdigen Treffen im Antone’s.
Plötzlich war ich in einer Band mit Freunden, dem gleichen Musikgeschmack und den gleichen Interessen. Storyville ist ein Ding, dass dir in die Augen schaut, und du musst zugreifen. Eine Band von Anfang an zu starten ist zwar harte Arbeit, aber auch eine einzigartige Gelegenheit, was Besonderes zu entwickeln. Bei Mellencamp sangen 25.000 Leute, sicherlich ein tolles Feeling, aber es waren nicht meine Songs.

David Holt (guitar):
Geboren in Dallas, machte er eine ähnliche Entwicklung wie sein Gitarrenkollege und Namensvetter durch. Beeinflusst durch Bands wie ZZ Top, Led Zeppelin, Jimi Hendrix, Johnny Winter oder den Allman Brothers bekommt er sein erstes größeres Angebot, vermittelt durch Nick Lowe, bei Carlene Carter. Es war schon sehr amüsant, betont er, plötzlich völlig unverhofft in der Country-Szene zu landen. Aber dort habe ich viel über Selbstdisziplin und Professionalität vermittelt bekommen. Zwischenzeitlich übernimmt Holt die Gitarrenparts auf dem Debütalbum der Mavericks.
Kurze Zeit später geht er nach Austin und schließt sich Joe Ely an, den er Ende 1993 wieder verließ, um eine neue Band zu gründen. Nach einem Anruf von Susan Antone landet er in ihrem Club zur eingangs erwähnten Blues-Session, bei der praktisch der Grundstein von Storyville gelegt wurde.

Tommy Shannon (bass):
Herkömmlich aus Dumas, Texas, arbeitete er drei Jahre und drei Alben lang für Johnny Winter, bis er durch Stevie Ray Vaughans Double Trouble angeheuert wird.
Spielte und jammte mit Bluesgrößen wie Muddy Waters, B. B. King, Albert Collins, Jeff Beck, Eric Clapton und vielen anderen.
Trotz dieser großen Erfahrung betrachtet er Storyville als etwas ganz Spezielles. Als ich Malford singen hörte, wusste ich, dass ich mit ihm spielen muss, obwohl ich ihn gar nicht kannte. Es war eine Art natürliches Aufeinandertreffen, das an Größe gewinnen sollte. Ich liebe es, mit den Jungs Musik zu machen.

Chris Layton (drums):
Aus Corpus Christi, Texas, stammend, geht er 1975 nach Austin, um drei Jahre später bei Double Trouble einzusteigen. Zusammen mit Shannon spielt er dort fast zehn Jahre bis zum tragischen Tod von Stevie Ray Vaughan. Die Säule in meinem Leben war natürlich Stevie, konstatiert er. Sein Glaube, Werte und Gefühl für Musik waren so stark, wie ein Hund, der einen Knochen im Maul hat. Ähnliches erlebte ich bei Malford. Schon nach einigen Wochen wusste ich, dass ich hier den richtigen Typ am richtigen Ort getroffen habe. Zu erwähnen sei noch, dass Layton und Shannon ein hervorragendes Album mit den Arc Angels eingespielt haben.

Die Band spielte nach der bereits erwähnten CD „Bluest Eyes“ (meine Lieblingssongs: „Bluest Eyes / Wanted A Miracle / Carry Me Home“) von 1993, noch zwei weitere Alben „A Piece Of Your Soul“ (Lieblingssongs: „Good Day For The Blues / Don’t Make Me Cry / Share That Smile“) von 1996 und „Dog Years“ (Lieblingssongs: „Don’t Make Me Suffer / Talk To Me / Keep A Handle On It“) 1998 ein, wobei der Titel der zuletzt erwähnten Scheibe schon nichts Gutes erahnen lässt.

Milligan & Co. tourten unentwegt und räumen haufenweise Auszeichnungen bei den Austin Music Awards ab. Trotz vieler Vorschusslorbeeren sowie großen Lobes der Beteiligten untereinander und Beschwörungen, so gut wie nie zuvor zusammenzuspielen, trennt sich die Gruppe im Januar 1999. Ja, was sind Musikerworte in der heutigen Zeit noch wert, fragt man sich? War es wie immer das liebe Geld und die damit verbundene grausige Vorstellung des Künstlers, nebenbei einer geregelten Arbeit nachgehen zu müssen, mit all diesen unangenehmen Pflichten wie frühem Aufstehen zum Beispiel?

Bei meiner Recherche stieß ich auf eine äußerst schlechte Vermarktung der Band, in Verbindung damit auf für die USA relativ geringe Verkaufszahlen („A Piece Of Your Soul“ beispielsweise 80.000 Stück) sowie harten Tourstress, bei mangelnder Akzeptanz durch das Publikum.

Als weitere Last entpuppte sich auch das Vermächtnis, das Double Trouble hinterließ. Grissom beklagte oft das Gefühl gehabt zu haben, dass die Leute nur kamen, um ein paar ‚Stevie-Ray-Vaughan-Klone‘ zu begutachten. Ich ertappte mich manchmal sogar während eines Konzertes dabei, meinen Gitarrenstil in diese Richtung zu verändern. Aber letztendlich können dies natürlich nur die Musiker selbst beantworten. Aus meiner Sicht ist ihre Trennung auf jeden Fall schade. Comeback wünschenswert.

P.S.

Die Band fand sich im Jahr 2007 zu einer Re-Union bei einem Heimspiel im Antones in Austin, Texas zusammen, bei der ein grandioses CD/DVD-Package aufgenommen wurde, das natürlich auch hier in einem separaten Beitrag ausführlich beleuchtet ist.

„Bluest Eyes“

 

Varèse Sarabande Records (1994)
Stil: Blues Rock

01. Bluest Eyes
02. Wanted a Miracle
03. Carry You Home
04. One Rock at a Time
05. Wings Won’t Let Me Fly
06. Mercy Street
07. Long Way to Midnight
08. Water
09. Rain of Love
10. Where We Are Now
11. A Change Is Gonna Come
12. Writing on the Wall
13. Darkness

„Piece Of Your Soul“

 

Atlantic Records (1996)
Stil: Blues Rock

01. Bitter Rain
02. Good Day for the Blues
03. Blind Side
04. Don’t Make Me Cry
05. What Passes for Love
06. Solid Ground
07. A Piece of Your Soul
08. Cynical
09. Luck Runs Out
10. Can’t Go There Anymore
11. Share That Smile

„Dog Years“

 

Atlantic Records (1998)
Stil: Blues Rock

01. Enough
02. Searching Understone
03. Don’t Make Me Suffer
04. Who’s Left Standing
05. Two People
06. Born Without You
07. Talk To Me
08. Keep a Handle on It
09. There’s a Light
10. Fairplay
11. It Ain’t No Fun to Me
12. Luck (One More Time)

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Bärchen Records

Storyville – Live At Antones – CD/DVD-Review

Stor

Freunde des Rocks, des bluesigen Rocks, des rockigen Blues oder schlicht des Blues Rocks aufgepasst, hier geht es um eine Sahneschnitte! Storyville (siehe auch unser Bandportrait) hatten nach drei tollen Studio-Werken vor einigen Jahren ihre Wege getrennt, die Musiker entschieden, sich fortwährend den eigenen Projekten zu widmen. Zwischenzeitlich hatte man sich aber wohl doch mal wieder zu sporadischen Gigs zusammen gefunden. Einer dieser wurde im Januar des Jahres 2006 im legendären Club Antones in Austin gespielt, wo die Truppe auch einst zusammenfand, und in Form einer Doppel-CD plus einer DVD für die Fangemeinde in digitaler Form gesichert.

Was soll man großartig schreiben, dieses Musikdokument muss man erleben! Sänger Malford Milligan ist vom Erscheinungsbild (albino-negroides Schwergewicht mit rötlichen Rastalocken und aufgrund der wulstigen Lippen, fast karpfenähnlichem Gesangsorgan) und seinem schweißtreibenden Temperament allein schon ein Blickfang, die glänzende (Ex-Arc Angels/-Stevie Ray Vaughans Double Trouble-) Rhythmus-Fraktion in persona von Chris Layton mit seinem druckvollen und konzentrierten Drumming und Tommy Shannon (beeindruckend seine Ruhe und seine Fingerfertigkeit, fast wie ein Mütterchen, das gerade routiniert den gefühlten fünfhundertsten Pulli runterstrickt) und die über alles erhabenen Saitenzauberer David Holt (Ex-Joe Ely, The Mavericks) und David Grissom (Ex-Joe Ely, John Mellencamp, mittlerweile auch vielbeschäftigter Gitarrist in der Nashville-/Texas- Studio-Szene), die absolute Weltklassearbeit in Sachen sich ergänzendem Rhythmus- und Soli-Spiel abliefern.

Den Löwenanteil des Repertoires bildet ihr Zweitalbum „A Piece Of Your Soul“, das mit neun Stücken vertreten ist, die beiden restlichen Werke sind aber auch mit jeweils drei Songs berücksichtigt. Dazu kommen noch zwei furiose Coverversionen von Jimi Hendrix und Ray Charles, die von diesen Legenden sicherlich mit Stolz im Rock’n’Roll Heaven registriert werden. Es geht überwiegend recht rockig zu (nur zwei langsamere Nummern), immer wieder werden aber auch ganz dezent soulige und funkige Elemente mit eingeflochten, was durch Milligans Performance natürlich begünstigt wird. Bei den Gitarristen ist Grissom sicherlich der aktivere und auch variablere von beiden (wechselt ständig die Gitarren), ist aber im Vergleich zu Holt etwas leiser abgemischt. Letztgenannter vertraut ausschließlich auf seine doch äußerlich schon arg bearbeitete Stratocaster und liefert bei etwas weniger Soli, die eher eingängigeren, aber genau so filigran gespielten Passagen ab. Er erinnert von der Optik her dezent an einen gewissen Rory Gallagher.

Die Zusammenstellung von Do-CD und DVD macht trotz fast gleicher Trackfolge doch Sinn, da es kleine Änderungen gibt, die dann doch ins Gewicht fallen. Zum einen sind mit „Cynical“ und „Wings Won’t Let Me Fly“ noch zwei Stücke auf CD2, die auf der DVD nicht enthalten sind, dafür fehlt bei dieser das Ray Charles-Cover, aber es gibt auf diesem Silberling noch zwei brandneue Studio-Bonustracks, die es in sich haben. Das bluesig-funkige „Nice Ain’t Got Me Nothing“ hat tanzbaren Charakter, wird herrlich rotzig von Milligan besungen und enthält neben kratziger E-Rhythmusuntermalung noch zwei starke Soli, sowie herrlich weibliche Backs von der Texanerin Bonnie Bishop, die vor geraumer Zeit auch ein tolles Solo-Album rausgebracht hat, bei dem David Grissom natürlich auch mitwirkte. Dazu gibt es eine relaxte, furztrockene, slow-bluesartige Coverversion des CCR-Klassikers „Bad Moon Rising“, die einfach mit zwei geilen Gitarrenparts allein die Anschaffung schon wert ist. Grandios! Dies zieht natürlich unweigerlich den Ruf nach einem neuen Studioalbum der Band hinter sich her.

Zu erwähnen ist noch, dass das Gesamtwerk Clifford Antone, dem Besitzer des Antone, gewidmet ist, der als Förderer mit seinem berühmten Laden in Austin zum Sprungbrett für viele Größen des Genres wurde. Er verstarb leider nur wenige Monate nach diesem Gig an einem Herzinfarkt. Er ist auf der DVD kurz zu sehen, als er vor den Zugaben dem gut aufgelegten Publikum die Band vorstellt.

Alles in allem haben Storyville mit „Live At Antones“ ein unabdingbares rockmusikalisches Zeitdokument in Eigenregie auf die Beine gestellt. Quasi eine Lehrstunde/Anschauungsunterricht für alle (Möchtegerne-) Blues-Rocker und Nachwuchsleute, die ja doch sehr zahlreich in dieser Sparte auch durch unsere Lande ziehen. Ich vergebe eher selten Tipps, aber hier es absolut angebracht. Superb, genial, ein Pflichtkauf für alle Qualitätsrockmusikfanatiker!

Eigenproduktion (2006)
Stil: Blues Rock

DVD:
01. Blind Side
02. Bitter Rain
03. Keep A Handle On It
04. Under Stone
05. Bluest Eyes
06. Don’t Make Me Cry
07. Born Without You
08. Piece Of Your Soul
09. What Passes For Love
10. Solid Ground
11. Luck Runs Out
12. Good Day For The Blues
13. Writing On The Wall
14. Tell Me How Do You Feel
15. Spanish Castle Magic

CD 1: 
01. Blind Side
02. Bitter Rain
03. Keep A Handle On It
04. Under Stone
05. Bluest Eyes
06. Don’t Make Me Cry
07. Born Without You
08. Piece Of Your Soul
09. What Passes For Love

CD 2: 
01. Cynical
02. Wings Won’t Let Me Fly
03. Solid Ground
04. Luck Runs Out
05. Good Day For the Blues
06. Writing On The Wall
07. Spanish Castle Magic
Bonus Studiotracks.
08. Nice Ain’t Got Me Nothing
09. Bad Moon Rising

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