Big Cat – Same – CD-Review

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Neue Super-Gruppe am texanischen Blues Rock-Himmel! Für alle, die immer noch sehnsüchtig auf ein Comeback von Storyville warten, gibt es gute Neuigkeiten. Es steht zwar keine aktuelle Reunion an, aber deren gefeierter Lead-Sänger Malford Milligan hat ein neues Projekt mit einer neuen CD am Start, das sich aufgrund einer absolut tollen Besetzung, auf absoluter Augenhöhe präsentiert.

Big Cat heißt die hochkarätig besetzte Band und wartet mit arrivierten musikalischen Schwergewichten auf: Bassist Roscoe Beck (Leonard Cohen, Jennifer Warnes), Drummer Les Fisher (The Boneshakers, Brothers Johnson, George Lopez), dem großartigen Keyboarder Stefano Intelisano (u. a. Patty Griffin, BoDeans, Cooder Graw) und dem hier stark agierenden Gitarrist Dave Sebree (Double Trouble, Christopher Cross). Fronter Malford Milligan singt sich in bewährter Form wieder die Seele aus seinem Leib.

Das Quintett verwöhnt den Hörer mit zehn wunderschönen Songs, die natürlich Storyville-Liebhabern satten Genuss bieten werden, aber auch mit vielen kleinen Reminiszenzen an etablierte Rockmusikgrößen, die durchaus den potentiellen Käuferschicht-Rahmen erweitern könnten.

Der Opener „From Now On“ groovt direkt lässig mit einer an Gregg Allman erinnernden Hammond-Orgel und einer plusternden Bläser Section (u. a. John Mills, Kevin Flatt, Jon Blondell, Eric Johnson) lässig vor sich hin. Sofort herrlich souliger Blues Rock zum Einstand! Das unterschwellig Country-angehauchte „Under The Bridge“ besticht durch eine tolle Melodie und wird von Sebrees Slide-Führungsriff getragen. Die starke Background-Sängerin Lisa Tingle haucht Milligan sexy die Titelzeile und ihre ‚Uuhs‘ entgegen. Intelsanos gluckerndes Orgel-Solo gegen Ende ist einfach nur klasse.

Das dezent psychedelisch-poppige „Thief Of Hearts“ lebt von Milligans typisch temperamentvollen Gesang und einem filigranen, Melodic Rock-tauglichen E-Solo Sebrees. „Stand Up Man“ steht wieder im Zeichen von Stefano Intelisano, der mit markantem E-Piano und Steve Winwood-Gedächtnis-Synthie-Solo die Hauptakzente setzt.

Die texanische Antwort auf Gary Moores „Still Got The Blues“, „Anyday Like Yesterday“, schließt die erste Hälfte des Albums ab. Eine bluesig-soulige Ballade zum Niederknien, bei der Milligan gesangstechnisch alles aus sich herausholt. Gänsehautgarantie!

Das mit einer raunzender Orgel unterlegte „Ain’t That Sexy“ hätte gut auf das Storyville-Album „Piece Of Your Soul“ gepasst. Dazu gibt es wieder ein sattes Sebree-E-Solo. Zeit zum Entspannen offeriert das mit einem leichtem Reggae-E-Gitarren-Rhythmus bestückte „Nothing But Love“. Schön hier erneut die einfühlsamen Bläser, die dem soulig-bluesigen Groover die Würze verpassen und das entspannte E-Solo von Dave Sabree.

Ein weiteres Highlight auf einem durchgehend faszinierenden Album ist das an Steely Dan angelehnte, furios jazzende „Katy Don’t Kill Me“. Intelisano mit bestechendem Piano-Spiel, Becks ‚knallendes‘ Bass/Solo-Spiel und Milligans vokale Perfomance (mit eunuchenhafter Gesangseinlage) vermitteln authentisch den ungeheuren Spaß, der im Studio geherrscht haben muss.

Ganz großes Kino ist „Trippin‘“: Intelisanos fulminante „Smoke On The Water“-Orgel erweist im Studio Jon Lord seine Ehre und Sebrees heulendes E-Solo macht diesen Song zu einem, auf den Punkt gebrachten, kleinen dreckigen Rocker. Am Ende dieses grandiosen Werkes darf man sich bei „Onward“ nochmal in der Tradition der großen Storyville-Balladen à la „Don’t Make Me Cry“, verwöhnen lassen. Großartig.

Fazit: Man braucht bei Big Cat nicht wirklich die Katze aus dem Sack lassen. Ein Album, das den rauen Charme von Storyville durchaus wieder aufleben lässt, sich aber dank der tollen Musiker der Austin-Musik-Szene in Form von Intelisano-Keyboards, Sabrees fulminanter E-Gitarrenarbeit, der Southern-kompatiblen weiblichen Backgrounds Tingles, sowie der plusternden Bläser-Zutaten deutlich flexibler, variabler und souliger gibt. Ein Juwel, das in jede vernünftige Sammlung gehört. Herrlich!

Mark One Records (2015)
Stil: Blues/Soul Rock

01. From Now On
02. Under The Bridge
03. Thief Of Hearts
04. Stand Up Man
05. Any Day Like Yesterday
06. Ain’t That Sexy
07. Nothing But Love
08. Katy Don’t Kill Me
09. Trippin‘
10. Onward

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Bärchen Records

Nation Sack – Same – CD-Review

Es war klar, dass das Greg Koch-Malford Milligan-Projekt, Nation Sack, keine einfache Kost für meine melodieverwöhnten Ohren sein würde. Das Gesamtergebnis entpuppt sich aber entgegen aller anfänglichen Befürchtungen mit meinem Geschmacksinn in weitestem Sinn, trotz ab und an auftauchender ‚Ungewohntheiten‘, als durchaus konform.

Gitarrenvirtuose Greg Koch war mir bisher nur namentlich bekannt, Malford Milligan zählt schon seit vielen Jahren dank seiner Beteiligung bei Storyville, zum erlauchten Kreise meiner Lieblingssänger. Diesen schwergewichtigen, albino-negroiden Dampfkessel mal in persona auf der Bühne zu erleben, gestattete mir die vor geraumer Zeit erschienene DVD Live At Antones dieses Hochkaräter-Quintetts, die ich nach wie vor jedem Leser dieses Magazins ans Herz legen möchte.

Der Bandname Nation Sack bezieht übrigens seine Herkunft aus dem Robert Johnson-Klassiker „Come On Into My Kitchen“. Gemeint ist ein Beutel, dem in der Hoodoo-Lehre vornehmlich von Frauen eine spirituelle Bedeutung zugemessen wird. Mit Koch und Milligan scheinen sich von der Chemie zwei hervorragend auf einander abgestimmte Charaktere gefunden zu haben (Koch redet sogar recht selbstbewusst von einem angehenden Page-Plant-Paar).

Auf der einen Seite die wirklich einzigartigen, bluesig-souligen Vocals (von gefühlvoll bis aggressiv) Milligans, auf der anderen die virtuose und brillante E-Gitarrenarbeit von Koch, die fast immer verschrobene Züge aufweist und doch in einem schlüssigen Gesamtbild endet. Die Rhythmusfraktion, bestehend aus Tom Good (Bass) und Del Bennett (Schlagzeug), spielt ihren Part trocken und zweckgerichtet runter (recht ähnlich dem Stil der Storyville-/Ex-Stevie Ray Vaughan-/Ex-Arc Angels-Musiker Chris Layton und Tommy Shannon).

Im Groben und Ganzen erhält man einen überaus intelligent gespielten Blues Rock, der sich vornehmlich zum gängigen Genreangebot, mit all seinen vermeintlichen Wunderkindern, dadurch auszeichnet, dass hier jemand vor dem Mikro steht, der auch singen kann. Dazu sind Kochs unkonventionelle Solo-Ausflüge so punktgenau konstruiert, dass er trotz aller filigraner Klasse nie ein Anflug von Selbstverliebtheit aufkommen lässt. Der Mann weiß einfach, wann und wie er sich im Bandgefüge wieder unterzuordnen hat.

So gibt es einige Stücke, die durchaus auch auf einem Storyville-Album Platz gefunden hätten („Clean Livin“, „Envy The Dead“, „Same Ole“, „Livin The Dream“), explizit zu erwähnen hierbei das grandios umgesetzte, soulige, herrlich melodische John Lennon-Cover „Jealous Guy“ (bekannt geworden wohl eher durch die Roxy Music-Fassung kurz nach Lennons Tod). Es gibt aber auch einige vertrackte Nummern, bei denen Koch stark den Stempel aufdrückt, wie „International Man Of Misery“ (fast schon irrenanstalttauglich, sein leieriges und nervenzehrendes Gitarrenwechselspiel), die Instrumental-Stücke „Syrup“ (der reinste Slide-Gitarrensirup) und das funkig, dezent angejazzt swingende „Wes Get Funky“ oder das mit Chuck Berry-mäßigen Retroriffen durchzogene „Monkey Business“. Wer es klassisch liebt, erhält sogar ein gitarrenmodifiziertes Chopin-Präludium („Prelude“) als Intro zum balladesken „Lie A Little Harder“ (mit schräg wimmernden Gittarrentönen im ausgedehnten E-Solo).

Nation Sack, alias Greg Koch und Malford Milligan, bieten insgesamt auch ohne Hoodoo-Zauber magische anmutende Blues Rock-Momente ab, die aber letztendlich ausschließlich auf irdisch angeeignetem Können und Talent seiner Protagonisten basieren. Wer die früheren Outputs der Beiden kennt, dazu dem meist treffsicheren Urteilsvermögen des Rezensenten vertraut, erhält weder eine rockmusikalische Wundertüte, noch kauft er die berühmte Katze im Sack. Insgesamt qualitativ hochwertiger und erfrischender Blues Rock der etwas anderen Art!

Pepper Cake Records, (2009)
Stil: Blues Rock

01. Clean Livin
02. International Man Of Misery
03. Envy The Dead
04. Same Ole
05. Livin The Dream
06. Come And Gone
07. Jealous Guy
08. Syrup
09. I Can Win
10. Wes Get Funky
11. Monkey Business
12. Winter – Prelude – Lie A Little Harder (Winter)
13. Winter – Prelude – Lie A Little Harder (Prelude)
14. Winter – Prelude – Lie A Little Harder (Lie A Little Harder)

Greg Koch
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ZYX Music

Storyville – Portrait

Stor

Eigentlich liegen meine Vorlieben ja mehr im New Country-/Southern Rock-Bereich, möchte mich hier aber mit einer Band aus einem anderen Genre auseinandersetzen, die mir in nur kürzester Zeit sehr ans Herz gewachsen ist. Es geht um ein Quintett aus Austin, Texas, namens Storyville (Widmung an den historischen Rotlichtbezirk von New Orleans), bestehend aus arrivierten Musikern mit bewegter Vergangenheit, angeführt von einem relativ unbekümmerten, aber hoch-charismatischen Sänger.

Ihren Stil würde ich als die perfekte Symbiose aus schwarzer und weißer Rockmusik bezeichnen: Texas-Gitarrenrock, gemixt mit Blues, Gospel, Soul, Country und Southernelementen vom Feinsten. Als Beginn der Band-Historie muss das Jahr 1994 gesehen werden, als sich alle Beteiligten bei einer Bluessession im Club Antone’s auf der Bühne zusammenfanden. Sänger Malford Milligan stand kurz vor Abschluss der ersten CD-Produktion „Bluest Eyes“ und hatte sich vom Original-Band-Line-Up getrennt, jedoch das Recht den Namen weiterzuführen, erworben. Dokumentiert durch ein fett gedrucktes Statement im Innencover: ‚Storyville is Malford Milligan!‘ Mit diversen Studiomusikern und einem Teil seiner neuen Gefährten wurde das Projekt dann zum Abschluss gebracht.

Kommen wir doch zu den Musikern im Einzelnen:

Malford Milligan (lead vocals):
Wie schon erwähnt der einzige, der nicht langjährige Erfahrung in namhaften Bands aufzuweisen hatte; aber nach kurzem Hören seiner Stimme dürfte jedem klar sein, dass hier einer am Werk ist, der das Zeug haben müsste, ein ganz Großer in diesem Geschäft zu werden. Sein tiefverwurzeltes Gefühl für Soulmusik kommt besonders in den tollen Balladen der Gruppe zum Ausdruck. Albino-negrid und mit den damit verbundenen harten Lebensrealitäten aufgewachsen, charakterisiert er sich mit einem Schuss Selbstironie: Die Erfahrungen durch meinen Albinismus haben mich abgehärtet und dahin geführt, wo ich jetzt bin. In einem Geschäft, bei dem heute jeder versucht, anders auszusehen, um Aufmerksamkeit zu erringen, brauche ich da keine Anstrengungen zu unternehmen. Über seine Kollegen: Die Band ist mein Dream-Team. Ich bin sehr stolz, sagen zu können, dass wir das Zeug zu was ganz Besonderem haben.

David Grissom (guitar):
Spielte für Lucinda Williams und Ann Lou Barton, bis das erste langjährige Engagement für Joe Ely zustande kam. Schweren Herzens wechselte er 1991 für drei Jahre zu John Mellencamp und stieg damit in die Liga der Großen auf. Von da an spielte er fast immer in Riesenhallen, selten unter 15.000 Zuschauern. Laut Grissom war die Band exzellent, Kenny Aranoff einer der besten Drummer, mit denen er je zusammengearbeitet hat. Das Problem lag jedoch in der Person Mellencamp selbst. Ich zahle, du machst, was ich möchte. Zu sehr in ein enges Gerüst gepresst, nutzte David eine unannehmbare Offerte von Mellencamps Manager für ein weiteres Album zum Absprung.
Einige Zeit später erfolgte die Erfüllung eines Kindheitstraums in Gestalt eines Kurzeinsatzes als Ersatz für Dickey Betts bei den Allman Brothers bei einigen Konzerten. Grissom beginnt, sich ein Heimstudio einzurichten und einige Songs zu schreiben. Ein weiteres, finanziell lukratives Angebot von Rod Stewart schlägt er aufgrund der Mellencamp-Erfahrung aus. Er geht nach Austin, es kommt zum denkwürdigen Treffen im Antone’s.
Plötzlich war ich in einer Band mit Freunden, dem gleichen Musikgeschmack und den gleichen Interessen. Storyville ist ein Ding, dass dir in die Augen schaut, und du musst zugreifen. Eine Band von Anfang an zu starten ist zwar harte Arbeit, aber auch eine einzigartige Gelegenheit, was Besonderes zu entwickeln. Bei Mellencamp sangen 25.000 Leute, sicherlich ein tolles Feeling, aber es waren nicht meine Songs.

David Holt (guitar):
Geboren in Dallas, machte er eine ähnliche Entwicklung wie sein Gitarrenkollege und Namensvetter durch. Beeinflusst durch Bands wie ZZ Top, Led Zeppelin, Jimi Hendrix, Johnny Winter oder den Allman Brothers bekommt er sein erstes größeres Angebot, vermittelt durch Nick Lowe, bei Carlene Carter. Es war schon sehr amüsant, betont er, plötzlich völlig unverhofft in der Country-Szene zu landen. Aber dort habe ich viel über Selbstdisziplin und Professionalität vermittelt bekommen. Zwischenzeitlich übernimmt Holt die Gitarrenparts auf dem Debütalbum der Mavericks.
Kurze Zeit später geht er nach Austin und schließt sich Joe Ely an, den er Ende 1993 wieder verließ, um eine neue Band zu gründen. Nach einem Anruf von Susan Antone landet er in ihrem Club zur eingangs erwähnten Blues-Session, bei der praktisch der Grundstein von Storyville gelegt wurde.

Tommy Shannon (bass):
Herkömmlich aus Dumas, Texas, arbeitete er drei Jahre und drei Alben lang für Johnny Winter, bis er durch Stevie Ray Vaughans Double Trouble angeheuert wird.
Spielte und jammte mit Bluesgrößen wie Muddy Waters, B. B. King, Albert Collins, Jeff Beck, Eric Clapton und vielen anderen.
Trotz dieser großen Erfahrung betrachtet er Storyville als etwas ganz Spezielles. Als ich Malford singen hörte, wusste ich, dass ich mit ihm spielen muss, obwohl ich ihn gar nicht kannte. Es war eine Art natürliches Aufeinandertreffen, das an Größe gewinnen sollte. Ich liebe es, mit den Jungs Musik zu machen.

Chris Layton (drums):
Aus Corpus Christi, Texas, stammend, geht er 1975 nach Austin, um drei Jahre später bei Double Trouble einzusteigen. Zusammen mit Shannon spielt er dort fast zehn Jahre bis zum tragischen Tod von Stevie Ray Vaughan. Die Säule in meinem Leben war natürlich Stevie, konstatiert er. Sein Glaube, Werte und Gefühl für Musik waren so stark, wie ein Hund, der einen Knochen im Maul hat. Ähnliches erlebte ich bei Malford. Schon nach einigen Wochen wusste ich, dass ich hier den richtigen Typ am richtigen Ort getroffen habe. Zu erwähnen sei noch, dass Layton und Shannon ein hervorragendes Album mit den Arc Angels eingespielt haben.

Die Band spielte nach der bereits erwähnten CD „Bluest Eyes“ (meine Lieblingssongs: „Bluest Eyes / Wanted A Miracle / Carry Me Home“) von 1993, noch zwei weitere Alben „A Piece Of Your Soul“ (Lieblingssongs: „Good Day For The Blues / Don’t Make Me Cry / Share That Smile“) von 1996 und „Dog Years“ (Lieblingssongs: „Don’t Make Me Suffer / Talk To Me / Keep A Handle On It“) 1998 ein, wobei der Titel der zuletzt erwähnten Scheibe schon nichts Gutes erahnen lässt.

Milligan & Co. tourten unentwegt und räumen haufenweise Auszeichnungen bei den Austin Music Awards ab. Trotz vieler Vorschusslorbeeren sowie großen Lobes der Beteiligten untereinander und Beschwörungen, so gut wie nie zuvor zusammenzuspielen, trennt sich die Gruppe im Januar 1999. Ja, was sind Musikerworte in der heutigen Zeit noch wert, fragt man sich? War es wie immer das liebe Geld und die damit verbundene grausige Vorstellung des Künstlers, nebenbei einer geregelten Arbeit nachgehen zu müssen, mit all diesen unangenehmen Pflichten wie frühem Aufstehen zum Beispiel?

Bei meiner Recherche stieß ich auf eine äußerst schlechte Vermarktung der Band, in Verbindung damit auf für die USA relativ geringe Verkaufszahlen („A Piece Of Your Soul“ beispielsweise 80.000 Stück) sowie harten Tourstress, bei mangelnder Akzeptanz durch das Publikum.

Als weitere Last entpuppte sich auch das Vermächtnis, das Double Trouble hinterließ. Grissom beklagte oft das Gefühl gehabt zu haben, dass die Leute nur kamen, um ein paar ‚Stevie-Ray-Vaughan-Klone‘ zu begutachten. Ich ertappte mich manchmal sogar während eines Konzertes dabei, meinen Gitarrenstil in diese Richtung zu verändern. Aber letztendlich können dies natürlich nur die Musiker selbst beantworten. Aus meiner Sicht ist ihre Trennung auf jeden Fall schade. Comeback wünschenswert.

P.S.

Die Band fand sich im Jahr 2007 zu einer Re-Union bei einem Heimspiel im Antones in Austin, Texas zusammen, bei der ein grandioses CD/DVD-Package aufgenommen wurde, das natürlich auch hier in einem separaten Beitrag ausführlich beleuchtet ist.

„Bluest Eyes“

 

Varèse Sarabande Records (1994)
Stil: Blues Rock

01. Bluest Eyes
02. Wanted a Miracle
03. Carry You Home
04. One Rock at a Time
05. Wings Won’t Let Me Fly
06. Mercy Street
07. Long Way to Midnight
08. Water
09. Rain of Love
10. Where We Are Now
11. A Change Is Gonna Come
12. Writing on the Wall
13. Darkness

„Piece Of Your Soul“

 

Atlantic Records (1996)
Stil: Blues Rock

01. Bitter Rain
02. Good Day for the Blues
03. Blind Side
04. Don’t Make Me Cry
05. What Passes for Love
06. Solid Ground
07. A Piece of Your Soul
08. Cynical
09. Luck Runs Out
10. Can’t Go There Anymore
11. Share That Smile

„Dog Years“

 

Atlantic Records (1998)
Stil: Blues Rock

01. Enough
02. Searching Understone
03. Don’t Make Me Suffer
04. Who’s Left Standing
05. Two People
06. Born Without You
07. Talk To Me
08. Keep a Handle on It
09. There’s a Light
10. Fairplay
11. It Ain’t No Fun to Me
12. Luck (One More Time)

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Bärchen Records

Storyville – Live At Antones – CD/DVD-Review

Stor

Freunde des Rocks, des bluesigen Rocks, des rockigen Blues oder schlicht des Blues Rocks aufgepasst, hier geht es um eine Sahneschnitte! Storyville (siehe auch unser Bandportrait) hatten nach drei tollen Studio-Werken vor einigen Jahren ihre Wege getrennt, die Musiker entschieden, sich fortwährend den eigenen Projekten zu widmen. Zwischenzeitlich hatte man sich aber wohl doch mal wieder zu sporadischen Gigs zusammen gefunden. Einer dieser wurde im Januar des Jahres 2006 im legendären Club Antones in Austin gespielt, wo die Truppe auch einst zusammenfand, und in Form einer Doppel-CD plus einer DVD für die Fangemeinde in digitaler Form gesichert.

Was soll man großartig schreiben, dieses Musikdokument muss man erleben! Sänger Malford Milligan ist vom Erscheinungsbild (albino-negroides Schwergewicht mit rötlichen Rastalocken und aufgrund der wulstigen Lippen, fast karpfenähnlichem Gesangsorgan) und seinem schweißtreibenden Temperament allein schon ein Blickfang, die glänzende (Ex-Arc Angels/-Stevie Ray Vaughans Double Trouble-) Rhythmus-Fraktion in persona von Chris Layton mit seinem druckvollen und konzentrierten Drumming und Tommy Shannon (beeindruckend seine Ruhe und seine Fingerfertigkeit, fast wie ein Mütterchen, das gerade routiniert den gefühlten fünfhundertsten Pulli runterstrickt) und die über alles erhabenen Saitenzauberer David Holt (Ex-Joe Ely, The Mavericks) und David Grissom (Ex-Joe Ely, John Mellencamp, mittlerweile auch vielbeschäftigter Gitarrist in der Nashville-/Texas- Studio-Szene), die absolute Weltklassearbeit in Sachen sich ergänzendem Rhythmus- und Soli-Spiel abliefern.

Den Löwenanteil des Repertoires bildet ihr Zweitalbum „A Piece Of Your Soul“, das mit neun Stücken vertreten ist, die beiden restlichen Werke sind aber auch mit jeweils drei Songs berücksichtigt. Dazu kommen noch zwei furiose Coverversionen von Jimi Hendrix und Ray Charles, die von diesen Legenden sicherlich mit Stolz im Rock’n’Roll Heaven registriert werden. Es geht überwiegend recht rockig zu (nur zwei langsamere Nummern), immer wieder werden aber auch ganz dezent soulige und funkige Elemente mit eingeflochten, was durch Milligans Performance natürlich begünstigt wird. Bei den Gitarristen ist Grissom sicherlich der aktivere und auch variablere von beiden (wechselt ständig die Gitarren), ist aber im Vergleich zu Holt etwas leiser abgemischt. Letztgenannter vertraut ausschließlich auf seine doch äußerlich schon arg bearbeitete Stratocaster und liefert bei etwas weniger Soli, die eher eingängigeren, aber genau so filigran gespielten Passagen ab. Er erinnert von der Optik her dezent an einen gewissen Rory Gallagher.

Die Zusammenstellung von Do-CD und DVD macht trotz fast gleicher Trackfolge doch Sinn, da es kleine Änderungen gibt, die dann doch ins Gewicht fallen. Zum einen sind mit „Cynical“ und „Wings Won’t Let Me Fly“ noch zwei Stücke auf CD2, die auf der DVD nicht enthalten sind, dafür fehlt bei dieser das Ray Charles-Cover, aber es gibt auf diesem Silberling noch zwei brandneue Studio-Bonustracks, die es in sich haben. Das bluesig-funkige „Nice Ain’t Got Me Nothing“ hat tanzbaren Charakter, wird herrlich rotzig von Milligan besungen und enthält neben kratziger E-Rhythmusuntermalung noch zwei starke Soli, sowie herrlich weibliche Backs von der Texanerin Bonnie Bishop, die vor geraumer Zeit auch ein tolles Solo-Album rausgebracht hat, bei dem David Grissom natürlich auch mitwirkte. Dazu gibt es eine relaxte, furztrockene, slow-bluesartige Coverversion des CCR-Klassikers „Bad Moon Rising“, die einfach mit zwei geilen Gitarrenparts allein die Anschaffung schon wert ist. Grandios! Dies zieht natürlich unweigerlich den Ruf nach einem neuen Studioalbum der Band hinter sich her.

Zu erwähnen ist noch, dass das Gesamtwerk Clifford Antone, dem Besitzer des Antone, gewidmet ist, der als Förderer mit seinem berühmten Laden in Austin zum Sprungbrett für viele Größen des Genres wurde. Er verstarb leider nur wenige Monate nach diesem Gig an einem Herzinfarkt. Er ist auf der DVD kurz zu sehen, als er vor den Zugaben dem gut aufgelegten Publikum die Band vorstellt.

Alles in allem haben Storyville mit „Live At Antones“ ein unabdingbares rockmusikalisches Zeitdokument in Eigenregie auf die Beine gestellt. Quasi eine Lehrstunde/Anschauungsunterricht für alle (Möchtegerne-) Blues-Rocker und Nachwuchsleute, die ja doch sehr zahlreich in dieser Sparte auch durch unsere Lande ziehen. Ich vergebe eher selten Tipps, aber hier es absolut angebracht. Superb, genial, ein Pflichtkauf für alle Qualitätsrockmusikfanatiker!

Eigenproduktion (2006)
Stil: Blues Rock

DVD:
01. Blind Side
02. Bitter Rain
03. Keep A Handle On It
04. Under Stone
05. Bluest Eyes
06. Don’t Make Me Cry
07. Born Without You
08. Piece Of Your Soul
09. What Passes For Love
10. Solid Ground
11. Luck Runs Out
12. Good Day For The Blues
13. Writing On The Wall
14. Tell Me How Do You Feel
15. Spanish Castle Magic

CD 1: 
01. Blind Side
02. Bitter Rain
03. Keep A Handle On It
04. Under Stone
05. Bluest Eyes
06. Don’t Make Me Cry
07. Born Without You
08. Piece Of Your Soul
09. What Passes For Love

CD 2: 
01. Cynical
02. Wings Won’t Let Me Fly
03. Solid Ground
04. Luck Runs Out
05. Good Day For the Blues
06. Writing On The Wall
07. Spanish Castle Magic
Bonus Studiotracks.
08. Nice Ain’t Got Me Nothing
09. Bad Moon Rising

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