Hootie & The Blowfish – Live In Charleston – The Homegrown Concert Event – DVD-Review

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Wie groß war die Erleichterung, als sich Hootie & The Blowfish im letzten Jahr, nach einigen eher durchwachsenen Werken, mit ihrem glänzenden Album „Looking For Lucky“ wieder so eindrucksvoll zurückgemeldet hatten. Die Last und der Erfolgsdruck ihres megaerfolgreichen Debütwerkes „Cracked Rear View“ schien sich, abgesehen von den finanziellen Aspekten, eher zum Fluch zu entwickeln, so dass man lange den Eindruck hatte, das Ende des Quartetts sei nur eine Frage der Zeit. Soloversuche von Mark Bryan und Darius Rucker brachten ebenfalls keine erwähnenswerten Fortschritte, und so versuchten die vier Musiker noch mal einen „Neuanfang“ auf einem eigenen Label mit angeschlossenem Independant-Vertrieb.

Auf „Looking For Lucky“ schien dann auch der gesamte Ballast, die ganze Verklemmung von den Schultern der Akteure gefallen zu sein. Endlich sprudelten aus ihnen wieder diese lockeren, unverwechselbaren Songs wie zu ihren Anfangstagen heraus. Sie waren wieder die alten! Konsequenterweise gab es zu diesem Album natürlich auch eine Tour, die am 12. August 2005 mit dem Auftritt im ausverkauften „Family Circle Tennis Center Stadium“ ihrer Heimatstadt Charleston/South Carolina, einer altehrwürdigen Südstaaten-Metropole, einen ihrer Höhepunkte erlebte. Die brillant gefilmte DVD dieser Show, in ganz fantastischer Dolby-Surround 5.1-Qualität (auch in Stereo 2.0), beschränkt sich, nachdem es ein paar kurze Impressionen von Charleston und dem Geschehen vor Konzertbeginn gab, ausschließlich auf den Gig selbst!

So darf man sich über satte zwanzig Stücke freuen, die Hootie & The Blowfish im „vollen Saft“ präsentiert, ja man muss sogar konstatieren, dass die Truppe mit den beiden zusätzlichen Gastmusikern Gary Green, Percussion und Peter Holsapple (ex dB’s und Continental Drifters), Guitars, Mandoline und Keyboards, live sogar noch mehr an Substanz und musikalischer Vielfalt zu bieten hat, als im Studio. Der Fokus des Songrepertoires lag schwerpunktmäßig auf ihrem Hitalbum „Cracked Rear View“, mit acht Songs vertreten („Time“, „Hannah Jane“, „Running From An Angel“, „Look Away“, „Let Her Cry“ – bärenstarke Version-, „Drowning“, „Hold My Hand“ und „Only Wanna Be With You“- letzte Zugabe) und, wie man es bei vielen Bands nicht so oft präsentiert bekommt, recht selbstbewusst auf dem aktuellen Werk, mit sechs Stücken („State Your Peace“, „Hey Sister Pretty“, „One Love“ – der absolute Ohrwurm der CD -, „Leaving“, „Get Out Of My Mind“ und „The Killing Stone“ – die 2. Zugabe).

Auch die restlichen Alben werden, zumindest mit einem Song, gestreift. Somit erhalten selbst nicht ganz so „Hootie-feste“ Betrachter einen recht umfangreichen Gesamt-Überblick. Stark auch die herrlich entspannte Coverversion von Tom Waits großartigem „I Hope That I Don’t Fall In Love With You“! Insgesamt ein brillanter Streifzug durch wunderschöne Rock-, Countryrock- und Rootsrock/-pop-Gefilde der nicht alltäglichen Art. Dean Felber am Tieftöner, Jim Sonefeld an den Drums (sporadisch auch an der Gitarre) und Gary Greene, mit diversesten Percussion-Instrumenten geben den Rhythmus vor, während Rucker mit seiner einzigartigen, zwischen Introvertiertheit, unterschwelliger Aggressivität und wundervoller Melodik hin und her pendelnder Stimme das zentrale Element der Show darstellt. Für die Feinheiten sind dann allerdings Co-Leader Mark Bryan (mit recht vielen Ansagen zwischen den Stücken), der ein ums andere Mal mit tollem Solospiel auf diversen (Gibson-E- und Akustik-) Gitarren glänzt, wie auch der anfangs erwähnte Peter Holsapple, der an der (E-) Mandoline, der Lap Steel-Gitarre (ganz toll bei „Desert Mountain Showdown“) und der Orgel für jede Menge spannende Akzente sorgt.

Er ist vielleicht so etwas wie der „heimliche Star im Hintergrund“. Auf höchsten Niveau liegend auch die immer wieder eingestreuten, zu Ruckers toller Stimme einen schönen Kontrast bildendenden Harmoniegesänge! Das sehr angenehme Publikum kitzelte am Ende schließlich drei Zugaben heraus, wobei das recht funkige „Go And Tell Him (Soup Song)“ live wesentlich besser zur Geltung kommt als in der Studioversion.

Um noch ein wenig den Spannungsbogen zu erhalten, möchte man eigentlich gar nicht mehr verraten. Ganz sicher aber ist, dass die Genre-Liebhaber und die Fans der Band mit Hooties „Homegrown Concert Event“ eine fantastische Live-DVD geliefert bekommt, die eindrucksvoll beweist wie lebendig, ja wie frisch Hootie & The Blowfish heutzutage (wieder) sind! Herrlich! Die DVD ist „code free“ und somit auf jedem DVD-Spieler abspielbar!

Sneaky Long (2006)
Stil: Country Rock

01. State Your Peace
02. Time
03. Space
04. Hannah Jane
05. Hey Sister Pretty
06. Running From An Angel
07. One Love
08. Look Away
09. Leaving
10. I Hope That I Don’t Fall In Love
11. Desert Mountain Showdown
12. Let Her Cry
13. I Go Blind
14. Old Man And Me
15. Drowning
16. Get Out Of My Mind
17. Hold My Hand
18. Go And Tell Him (Soup Song)
19. The Killing Stone
20. Only Want To Be With You

Hootie & The Blowfish
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Hurry Sundown – Same – CD-Review

Eine Brise Southern-Rock mit 70er-Jahre-Flair gefällig? Dann seid ihr bei Hurry Sundown goldrichtig. Ähnlich wie die Band Rambler, die vor einem halben Jahr mit ihrem Album „First Things First“ selbst geschriebene Stücke in Anlehnung an alte Lynyrd-Skynyrd-Klassiker auf den Markt brachte, tat es diese Truppe bereits im Jahre 2002 in der Tradition der ersten drei Outlaws-Alben.

Auch hier sind sämtliche Songs aus der eigenen Feder, aber der Spirit dieser Epoche ist fast zu jeder Minute der CD spürbar. Nicht nur der Name spricht für sich, auch ein LP-Cover des Outlaws-Meisterwerkes von 1977 sowie eine beige-weiße Stratocaster, wie sie Hughie Thomasson’s Markenzeichen war, mit denen sich die Band in ihrem Proberaum ablichten ließ, untermauert mehr als deutlich wo hier dir Akzente zu suchen sind.

Genau wie der ehemalige Eagles-Produzent Bill Szymczyk, der es damals so spielend leicht schaffte, Southern-Rock-, Westcoast- und Countryelemente zu einer harmonischen Einheit verschmelzen zu lassen haben hier die Macher des Quartetts Scott Casteel (Lead Vocals, Acoustic and Electric Guitar) und Jeb Shelton (Bass Guitar, Vocals), die sämtliche Lieder komponiert haben, ebenso detailgetreu gewerkelt. Mit ihnen involviert sind Ryan Reichard (Drums, Vocals) und John Tiefry (Electric, Acoustic and Slide Guitar, Vocals).

Der Opener „Summer Skies“ beinhaltet instrumentale Hooklines von „There Goes Another Love Song“, Casteels Stimme kommt ebenso dünn daher wie einst Billy Jones, dazu exzellente Wechsel-Arbeit beider Gitarristen. „On My Way“ erinnert an eine relaxte Ausgabe von Marshall Tuckers „Can’t You See“ in Kombination mit „I’ll Be Loving You“ im Gitarrenpart. Überragend „So Many Days“. Locker flockiger Rhythmus, nette eingängige Melodie, ein erstes E-Solo, dann zweistimmiges Agieren und am Ende noch mal ein duellartiges Klampfenfeuerwerk.

Auch die abschließende Ballade „Faith“ hebt sich mit jeder Menge filigraner Saitenarbeit in den Vordergrund, verzichtet wurde aber auf das Southern-typische Finale. Knapp 37 nostalgisch anmutende Minuten sind ruckzuck vorbei, der Geist der Anfangswerke von Marshall Tucker, Eagles, Poco, mit einem Hauch 38 Special und Doc Holliday und natürlich in großem Maße Outlaws ist kurzzeitig wieder spürbar.

Ein wenig gewundert hat mich, dass die Scheibe im sonst so glänzend geführten Southern-Rock-Archiv keine Aufmerksamkeit erfahren hat. Ein paar Zeilen hätten die Jungs da sicherlich verdient, zumal es sich nicht um eine der berühmten Eintagsfliegen zu handeln scheint. Im Frühling 2005 soll nämlich ihr zweiter Silberling herauskommen. Als Produzent mit von der Partie Steve Grisham, natürlich ein Ex-Outlaws-Mitglied…

Eigenproduktion (2004)
Stil:  Southern Rock

01. Summer Skies
02. On My Way
03. Reflections
04. So Many Days
05. Simple Life
06. Change My Ways
07. For No One Else
08. Come Around
09. Highway
10. Faith

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Hootie & The Blowfish – Looking For Lucky – CD-Review

Hootie & The Blowfish haben mich zu Beginn ihrer CD-Veröffentlichungen regelrecht begeistert. Ihr Debüt „Cracked Rear View“ verkaufte sich über 16 Millionen Mal und übte natürlich auf den Nachfolger „Fairwheather Johnson“ einen immensen Erfolgsdruck aus. Obwohl mir dieses Album eigentlich sogar noch besser gefiel, blieb die kommerzielle Resonanz zwar beachtlich, konnte von den Zahlen her „CRV“ aber in keinster Weise das Wasser reichen. In Europa hingegen fand die Truppe um Darius Rucker leider kaum Beachtung. Es folgte ein drittes Werk „Musical Chairs“, dass auch von der musikalischen Qualität her, ganz erheblich nachließ. Zu diesem Zeitpunkt erlosch ebenfalls mein Interesse am Quartett aus South Carolina. Die Band brachte ein weiteres Studiowerk (mit B-Seiten) heraus, eine obligatorische „Best Of“, Gitarrist Mark Bryan und Frontmann Darius Rucker versuchten sich auf Solopfaden, ohne aber ihren Anfangselan jemals auch nur annähernd zu erreichen.

Plötzlich bei einem Review von Trick Ponies aktueller Scheibe „R.I.D.E.“ tauchte der Name Darius Rucker wieder aus meiner inneren Versenkung. Der lieh für das Duett mit TP-Bassist Ira Dean bei „Sad City“ seine Stimme. Und kurze Zeit später erschien jetzt ihr neuer Silberling „Looking For Lucky“. Mittlerweile bei einem Independant-Label untergekommen, scheint der Ballast – immer wieder an Zahlen gemessen worden zu sein – förmlich von den Schultern zu fallen.

Da sind sie wieder, diese unbeschwerten, lockeren Hootie-Songs, mit ihren tollen Melodien, ihrer klasse Instrumentierung, Bryan’s blendendendes Gitarren- und Mandolinenspiel, Darius‘ unverwechselbare kräftige, immer mit einem Hauch Melancholie unterlegte Charakterstimme, die soviel Wärme ausstrahlt, die knackige Rhythmushälfte in Form und Person von Bassist Dean Felber und Drummer Jim Sonefeld. Auch ihr Produzent aus den Anfangstagen, Don Gehman ist wieder mit an Bord.

Die Opener „State Your Peace“ (mit klasse Double-Leads-Passagen) und „Hey Sister Pretty“ preschen, wie beim Debüt, mit leicht zu merkenden Refrainzeilen melodisch voran, bis mit „Killing Stone“ die erste balladeske Nummer Zeit zum Durchatmen gewährt.

Der Song ist dank brillanter Gitarrenarbeit von Mark Bryan leicht psychedelisch angehaucht, ein toller politischer Text, das herrlich inbrünstige Stimmorgan Rucker’s und die angenehmen Backs von Gastmusikerin Matraca Berg veredeln dieses erste Super-Highlight des Albums zusätzlich. „Get Out Of My Mind“, „A Smile“ und „Free To Everyone“ bilden den Nachschlag für die Vertreter der mehr Pop-Rock-orientierten Spaßfraktion, während „One Love“ (wieder starke Akustik- und E-Arbeit von Bryan), das auch als Single ausgekoppelt wurde, das Herz von Balladenfreunden wie mir erwärmt.

Eine ganze Reihe von Nummern wie „Can I See You“, „Leaving“, „Autumn Jones“ oder „Waltz Into Me“ untermauern, dass Hootie & The Blowfish durchaus auch auf dem Country-/Bluegrass-Terrain eine gute Figur abgeben. Hier zeigt Mark Bryan, wie filigran er die Mandoline zu bedienen weiß (herrliches Gezirpe), hier und da erhält auch die Fiddle mal sporadisch Einzug. Insgesamt besticht „Looking For Lucky“ durch seine Ausgeglichenheit in der Songqualität, im Prinzip gibt es überhaupt keinen Ausfall.

Ich persönlich hätte vielleicht nicht direkt vier Killernummern an den Anfang platziert, sondern versucht, hier noch ein Stück der mehr Country-lastigeren Zweithälfte zu integrieren. Aber egal, letztendlich überwiegt die Freude, dass die Band zu alten Stärken zurück gefunden hat, und es bleibt der Versuch im Rahmen unserer Möglichkeiten einen kleinen Beitrag zu leisten, die Popularität von Hootie & The Blowfish in unseren Breitengraden etwas anzukurbeln.

Vanguard Records (2005)
Stil:  Country Rock

01. State Your Peace
02. Hey Sister Pretty
03. The Killing Stone
04. Get Out Of My Mind
05. Another Year’s Gone By
06. Can I See You
07. A Smile
08. One Love
09. Leaving
10. Autumn Jones
11. Free To Everyone
12. Waltz Into Me

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Will Hoge – Draw The Curtains – CD-Review

Es gibt Künstler, die im Musikbusiness trotz hervorragender Outputs und eines enormen Potentials immer noch eine Art ‚gut behütetes Geheimnis‘ darstellen. Musiker, mit denen man dann aber, sobald sie mal im heimischen Player gelandet sind, sofort warm wird und für deren Biographie/Diskographie man sich postwendend zu interessieren beginnt. Mir fallen da spontan Leute wie Neal Casal, John Kilzer, Troy Newman, Danny Tate, Edwin McCain oder Billy Coulter ein. Will Hoge ist auch so ein typischer Fall.

Aufmerksam wurde ich auf ihn durch seine CD „Blackbird On A Lonely Wire“ aus dem Jahr 2003, ein schönes melodisches Rockalbum mit Major-Kontrakt und von daher mit jeder Menge radiofreundlicher Songs bestückt. Hoge verließ danach das Label aber auf eigenen Wunsch, um auf der Independent-Schiene wieder größeren Gestaltungsraum für sich in Anspruch nehmen zu können. Dazu hat Will noch einige Live-Scheiben erzeugt, die als authentischer Beweis seines unermüdlichen Schaffens auf der Bühne herhalten (bis zu 300 Gigs im Jahr). Das aktuelle Werk „Draw The Curtains“ ist mittlerweile sein vierter Studioplayer.

Der neue Silberling startet direkt mit einem wunderschönen, balladesk angehauchten Song über eine zerbrochene Beziehung („When I Can Afford To Lose“), der von Hoge emotional, aber nicht auf die Tränedrüse drückend, besungen wird. Ein klasse Piano, wunderbare E- und Akustikgitarrentupfer, dezentes Cello und eine herrlich trauriges Harp (inkl. Solo) verleihen dem Stück die passende Atmosphäre.

Das Schöne an Hoge ist zweifelsohne seine Vielseitigkeit. Ähnlich wie Bob Seger weiß er immer genau, wann es nach wohlig klingenden Ohrwürmern (hier noch „Dirty Little War“, „I’m Sorry Now“, „Draw the Curtains“) wieder Zeit ist, das Gaspedal zu drücken oder den Stil seiner Songs zu verändern. „These Were The Days“ ist ein flotter Rootsrocker , der auf Augenhöhe mit John Mellencamp und Bruce Springsteen in ihren besten Tagen mithalten kann.

Auch „Sex, Lies And Money“ ist ein rauer, slide-trächtiger Roadhouse-Rocker, der von Leuten wie Lance Keltner oder Dan Baird stammen könnte. Dan Baird ist übrigens ein Tour-Weggefährte aus Hoges Solo-Anfangstagen und spielt hier beim herrlich bluesig-souligen „Washed By The Water“ (mit gospelmäßigen weiblichen Backs) in Otis Redding-/Joe Cocker-Manier die dritte Gitarre neben Will und Nashville-Könner Pat Buchanan.

Wunderbar sind Stücke wie „Silver Or Gold“ mit bluesigem Barroom-Flair (herrlich gurgelndes B3 von Reese Wynans, tolle E-Arbeit von Adam Fluhrer aus Hoges Tourband), das flottere, im Storyteller-Stil vorgetragene „Midnight Parade“ (wieder mit schönem Slide) oder das abschließende Countrystück „The Highway’s Gone“ (mit typischen Steel-Einlagen), das Elemente von Hank Williams, Neal Casal oder Jackson Browne geschickt kombiniert.

Fazit:  Will Hoge hat zehn handverlesene Edelperlen auf eine Kette zu einem attraktiven und wertvollen Musik-Schmuckstück gefädelt. Tolle Instrumentalisten aus seiner Tourband (aktuell und ehemalig), aus der Nashville-Studioszene, dazu noch Gäste wie Dan Baird oder Rami Jaffee (The Wallflowers) und natürlich Hoge selbst, haben exzellente Arbeit geleistet. Die Produktion von Ken Cooner (Ex-Wilco) und Charlie Brocco ist glasklar auf den Punkt gebracht. Ich habe voller Begeisterung auf meinem, ein Review immer begleitenden Notizzettel, hinter jedem der zehn Songs ein ‚HL‘ (= Highlight) gesetzt, also rundum ein Hammerwerk!

Rykodisc Records (2007)
Stil:  Country-/Roots Rock

01. When I Can Afford To Lose
02. These Were The Days
03. Dirty Little War
04. Silver Or Gold
05. Sex, Lies And Money
06. I’m Sorry Now
07. Midnight Parade
08. Draw The Curtains
09. Washed By The Water
10. The Highway’s Home

Will Hoge
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Faith Hill – When The Lights Go Down – DVD-Review

Ich war zugegebenermaßen relativ enttäuscht, als ich mir vor einiger Zeit ihre CD „There You’ll Be“ zugelegt habe. Von New Country keine Spur, die Produktion empfand ich trotz hochkarätiger Musikerbesetzung ein wenig blass und langweilig. So ging ich an diese Thanksgiving-Fernsehproduktion mit eher gemischten, ja sogar ein weinig skeptischen Gefühlen heran, zumal fünf Stücke des o.a. Werkes hier ebenfalls eingebunden wurden, allerdings in überarbeiteter Form, wie sich im Verlauf herausstellen sollte.

Und, um es vorwegzunehmen, ich habe bisher keine Sekunde dieser DVD bereut. Wirklich sehr unterhaltsam und angenehm gemacht. Bei einer so schönen Frau wie Faith Hill hört das Auge eben mit. So zum Beispiel beim Auftakt-Smash-Hit „When The Lights Go Down“. Faith im schwarzen, langen, tief ausgeschnittenen Glitzerkleid, braungebrannt, zart geschminkt, mit lockig nach hinten toupiertem blondem Haar, umringt von einem großen Orchester und ihren Musikern in einem mit Holzfußboden bestücktem, großen Studio in Los Angeles, im dezenten Lichtspiel mit an der Decke hängenden Reflektoren in atmosphärische Bilder gesetzt.  Ihre Stimme kann sich in der prächtigen Akustik richtig ausleben, Gitarrist Dann Huff setzt mit einem tollen Kurz-Solo ein erstes Zeichen. Eine Delikatesse für Auge und Ohr!

Sollte man meinen, dass so eine Geschichte völlig auf den Hauptakteur fokussiert ist, so wird man angenehm überrascht. Zweifelsohne dreht es sich um Faith Hill, aber die Künstlerin bettet sich durch ihr unaufdringliches Verhalten – von Arroganz oder Affektiertheit keine Spur – in ein perfektes Gesamtkonzept fließend ein. Man spürt, dass sie das starke Fundament, auf dem sie steht, zu schätzen weiß.

Wie sagte mal ein Fußballtrainer, ich meine es war Huub Stevens, damals noch tätig bei einem Essener Vorstadt-Klub: „Der Star ist die Mannschaft.“ In diesem Fall würde ich es so formulieren: Der Star ist die Band, und Faith ein sicherlich nicht unwichtiger Teil davon. Da wären Drummer Vinnie Colaiuta, der seine Trommeln nicht erbarmungslos, sondern mit viel Gefühl bearbeitet oder der mit einer viel zu großen Schlägerkappe bedeckte Bassist Paul Bushnell, der mit groovenden Kopfbewegungen den Rhythmus der Songs lebt und mitgestaltet. Der vollbärtige Keyboarder Greg Matheison, mit seinem zum Zopf nach hinten gebundenem grauem Haar, der bei der Neukonzeption von „Let Me Let Go“, auf Zuruf von Faith, um dem Song einen Gospeltouch zu verpassen, mal so eben spontan die Hammond Orgel dazwischen streut.

Nicht zu schweigen von den beiden Gitarristen. Wunderbar filigrane Arbeit von Michael Thompson und Musikkoordinator Dann Huff an den Akustik-, Rhythmus- und Leadgitarren, einfach Weltklasse. Man höre sich „Breathe“ an. Dafür wurde Carlos Santana verpflichtet. Ziemlich niedlich, wie Faith ihn ehrfürchtig in seinem Zimmer besucht, um den Song durchzusprechen und außer Fassung vor Glück zu sein scheint, mit einer solchen Legende arbeiten zu dürfen. Dabei ist sie doch längst selbst ein großer Star, der sich hinter niemandem verstecken braucht.

Und so sitzen dann Faith, Carlos, Michael und Dann auf Barhockern in diesem anfangs erwähnten, großen Studio. Die beiden letztgenannten liefern mit ihrem akustischem Spiel ein fulminanten Teppich für Carlos typisch eingeworfene E-Gitarren-Riffs und Mrs. Hills klare Stimme. Als das Stück zu Ende ist pustet Faith ihre überwältigten Gefühle mit einem lauten Uuh heraus und das kann man nachempfinden. Wow, das war Gänsehaut pur! Nicht zu vergessen auch die drei Backgroundsänger Perry Coleman, Lisa Cochran und Bekka Bramlett. Letztere ein Energiebündel und blonder Irrwisch, die ihresgleichen sucht. Sie hat ebenfalls locker das Zeug zur Frontfrau.

So passt einfach, ob live oder im Studio eingespielt, ein Mosaiksteinchen ins andere. Wirklich mal eine lohnenswerte Alternative zum stümperhaften Bildmaterial, was man von unseren Musikfernsehsendern tagtäglich bis zum erbrechen vorgesetzt bekommt. Die live gespielten Lieder sind alle in einem kleinen Klub aufgenommen. Die Band ungezwungen und hautnah auf der Bühne. Da kann man richtig neidisch werden, hier in unserem Land leider undenkbar.

Die Musik hat sicherlich nichts mehr mit New Country zu tun, auch wenn sämtliche Akteure hauptsächlich im Genre beschäftigt sind, stört in diesem Fall aber nicht großartig. Es geht alles mehr in Richtung, wie Joe Cocker, Rod Stewart oder Tina Turner ihre Performances zu geben pflegen. Melodischer Pop-Rock würde ich sagen. Sämtliche Songs sind zwischen Midtempobereich und Powerballaden anzusiedeln.

Die Spielfreude steht einfach im Mittelpunkt. Da kriegt wohl selbst so ein alter Hase wie Dann Huff nostalgische Gefühle, in Erinnerung wohl an zurückliegende Giant-Zeiten, und zaubert bei „Back To You“ ein heavy-melodic-artiges Solo in den Song. Stark auch das funkig-dynamisch dahinrockende „Free“. Da kommt selbst der letzte Tanzmuffel aus den Hufen.

Interessant auch mal zu sehen, wie so ein Videoclip entsteht. Faith in Mitte von drei durchsichtigen weißen Leinwänden, auf denen nett anzusehende Mädels mit schrillen Plastikkopfbedeckungen ihre tänzerischen Fähigkeiten zum Besten geben. Durch Wandlungsfähigkeit besticht die Gute, ähnlich wie Shania Twain, beim „Pearl Harbor“-Titelstück „There You’ll Be“, wieder mit pompöser orchestraler Begleitung, das sie als Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere bezeichnet, bei dem sie äußerlich ein wenig Julia Roberts nahe kommt, oder richtig jugendlich mit glattem Haar und Mittelscheitel wirkend, bei der rockig aufgepeppten Version von „This Kiss“.

So richtig nett wird es dann für das männliche Auge beim angehängten Fotospezial. Ja, Gatte und ebenso Superstar Tim McGraw hat auch hier viel Feingefühl bewiesen. Ich kann mich zwar ebenfalls glücklich schätzen, eine attraktive Dame an meiner Seite zu wissen, aber wie fordert der Kollege Schneider doch immer so oft, auch den Blick mal über den Tellerrand zu werfen. In diesem Fall tat ich es sogar sehr gerne. Bildqualität und Sound sind sehr gut.

Warner Music Vision (2003)
Stil: New Country

01. When The Lights Go Down
02. The Way You Love Me
03. Free
04. Let Me Let Go
05. Cry
06. One
07. There You’ll Be
08. This Kiss
09. Breath
10. If You’re Gonna Fly Away

Bonus Tracks:
11. Stronger
12. Back To You

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George Hatcher – Rich Girl – LP-Review

War ich tatsächlich erst 15 Jahre alt, als ich mir George Hatchers damaligen Tonträger zulegte? Und in der Tat – es ist fast satte 35 Jahre her, seit ich die LP „Rich Girl“ dieses Musikers mit einer relativ ungewöhnlichen Geschichte in meine – zu dieser Zeit vermutlich noch überschaubare – Sammlung fügte.
George Hatcher stammt aus den USA, genauer gesagt aus dem Staate North Carolina. Er sang recht frühzeitig in verschiedenen Bands (spielt bis heute kein Instrument), wobei er mit der Combo Flatrock schon als Support für Acts wie ZZ Top oder Bob Seger auftrat. Als sich ein lukrativer Plattenvertrag abzeichnete und man in Nashville zu den Aufnahmen schreiten wollte, wurde das Studio des plötzlich von Geldnöten geplagten Finanziers, samt des innenstehenden Equipments der Band konfisziert.

Hatcher ging frustriert nach England, lebte in London, um hier seinem musikalischen Traum nachzugehen. Als Unterstützer fand er den Produzenten Tom Allom (Judas Priest, Def Leppard), der Hatcher in Sachen Plattenvertrieb und Touring zur Seite stand. Und so ist es auch zu erklären, dass George in unseren Breitengraden wesentlich mehr Aufmerksamkeit erhaschen sollte, als in seiner Heimat.

„Rich Girl“ war zu dieser Zeit sein bereits viertes Werk und der mir bis dato völlig unbekannte Künstler ein Novum, was meine sich damals langsam aufbauende Passion für den Southern Rock anging. Ein ungewöhnliches Werk, zumal es im fränkischen Hilpoltstein aufgenommen und produziert wurde (George mit Assistenz von Manni Neuner). Allein schon das imposante Cover weiß im Hinblick auf den Titel zu überzeugen. Hatcher als Hallodri mit langer Matte in Wartestellung vor einer herrschaftlichen Villa samt Rolls Royce mit Fahrer, eine junge Dame – die gute Partie darstellend – verträumt im Fenster der mit Efeu berankten Herrschaftsimmobilie sitzend. Zur Verfügung gestellt wurde das beeindruckende Ambiente von einem Freiherr Tucher von Simmelsdorf. Herrlich wie sich der Chauffeur des Hauses, nach dem Motto ‚lass bloß die Finger von ihr‘ auf der Rückseite der LP im Park drohgebärend vor George aufbaut. Der Geldadel mag halt unter Seinesgleichen bleiben – eine zurzeit wieder hochaktuelle Thematik…

In der Besetzung George Hatcher (voc), James Morgan (g), Pete Gosling (g), Vic Young (b), Geralt Watkins (keys) und Mac Poole (dr) wurden hier neun feine, mit vielen kleinen Finessen bestückte (Southern) Rock-Perlen eingespielt, die selbst heute noch, aufgrund der transparenten Produktion, recht zeitgemäß rüberkommen.

Wenn dann zu Anfang mit Back To Dixie und „Hell Hole“ zwei so richtig dreckige, kurz und schmerzlose Boogies erklingen, schlägt das Herz des Genre-Fans direkt höher. Herrliche Slide- und Twin-Einlagen, ein bisschen ABB-Flair, dazu auch ein wenig Rory Gallagher-Esprit. Im Nachhinein könnte man auch schlussfolgern, dass sich Molly Hatchet auf ihren Anfangsalben vom Stile Hatchers durchaus ein wenig inspirieren haben lassen könnten.

„Blue Skies“ flattert fröhlich, rockig mit schönen Breaks vor sich hin, die atmosphärischen „Rich Girl“ und „The Price I Pay“ weisen sogar dezente Prog-Bezüge auf. Bei letztgenanntem Track kommt einem aufgrund der Backs am Ende Pink Floyds „The Great Gig In The Sky“ spontan in den Sinn. Apropos Backs. Im zweiten Teil der Platte erweisen sich die drei deutschen Damen Renate Maurer, Claudia Schwarz und Gitta Walter mit ihren Ooooohs und Aaaahs als tolle Gegenpole zu Hatchers kauzigem Organ, dieser stimmlich irgendwo zwischen Bob Seger und Rory Gallagher pendelnd.

Großartig die Honkytonk-getränkte Version des viel gecoverten Womack-Stücks „It’s All Over Now“, das in einer coolen Version mit klasse Tempowechseln daherkommt. „Regrets“ rockt wieder als wenn Rory Gallagher und Molly Hatchet sich für eine gemeinsame Session zusammengetan hätten. Das wunderbar melodische „Black Rose“ hat dezente Ähnlichkeiten zu Bob Segers Art, Balladen zu zelebrieren (herrlich die immer wieder aufheulenden Twin-Gitarren, die grandiosen Backs der Damen sowie die schön rockigen Gitarrenbreaks, die mehrfach kurzzeitig das Tempo variieren). Absolut klasse!

Beim aus der Feder von Edgar Winter und Jerry LaCroix stammenden „Fly Away“ (auch wieder mit Bob Seger-Teint) wird dann am Ende das große Besteck rausgeholt. Streicher (unter Mithilfe der Nürnberger Symphoniker) und ein an „Hey Jude“ angelehntes ‚Na-na-na‘-Finale, bieten einen euphorischen Abschluss eines vermutlich viel zu wenig gewürdigten und nur Insidern bekannten Albums.

Die George Hatcher Band ist heute nach diversen Auszeiten wieder in folgender Besetzung aktiv. George Hatcher (voc), Blake Gross (b), John Hartley (dr), Ralph Oleski (g), Scott Braswell (g), Terry Collins (Keys) und Gustavo Juarez Sr. (perc). Ein neues Album oder ein paar Live-Auftritte des sympathischen und immer bodenständig gebliebenen Bandleaders in Deutschland wären da mal absolut wünschenswert. Vielleicht entdeckt die Familie des Freiherrn ja erneut mal ihr Herz für die Musik und greift als Sponsor in die Tasche… Dem gemeinen Southern Rock-Pöbel wie Unseresgleichen würde sie damit sicher viel Freude bereiten! Werke in digitalisierter Form von George Hatcher kann man über seine HP oder über einschlägige Anbieter im Internet beziehen.

Shark Records (1978)
Stil:  (Southern) Rock

01. Back To Dixie
02. Hell Hole
03. Blue Skies
04. Rich Girl
05. It’s All Over Now
06. The Price I Pay
07. Regrets
08. Black Rose
09. Fly Away

George Hatcher Band
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Jennifer Hanson – Same – CD-Review

Kann es sein, dass auf dem nordamerikanischen Kontinent die Leute schon mit einer Gitarre in den Händen zur Welt kommen? Während unsereiner in seiner Kindheit nicht schnell genug nach draußen kam, um eine Lederpille durch die Gegend zu bolzen, dem sonntäglichen Gang auf den Sportplatz entgegenfieberte, um anschließend möglichst noch mal die entscheidenden Szenen nachzuspielen, scheint bei unseren Freunden das Zupfen an einer Klampfe oder das Mitmischen in einem Gospelchor beim Kirchgang oberste Priorität in jungen Jahren zu genießen.

Anders kann ich mir die Anzahl qualitativ hochbegabter Musiker eigentlich nicht erklären. Ein erneutes Paradebeispiel ist die 29 Jahre junge Jennifer Hanson, die in diesem Jahr ihre erste CD ablieferte.

Geboren in La Habra im Süden von Los Angeles, einer nicht sonderlich betuchten Gegend mit überwiegend farbiger Bevölkerung, durchlebte sie als Kind zweier Musiker eine relativ harte Jugend. Scheidung der Eltern, erste musikalische Erfahrungen, 1995 Umzug nach Nashville auf Rat des Vaters, der inzwischen als Gitarrist für die Righthouse Brothers und die nicht nur in Countrykreisen bekannte Band Alabama gearbeitet hatte.

Sie lernt den Songwriter Mark Nesler kennen, der u.a. den Tim McGraw-Hit „Just To See You Smile“ schrieb. Die beiden heiraten und Jennifer ergattert einen Plattendeal mit Capitol Records, die dem Newcomer gestatten, ihre Ideen relativ freizügig umzusetzen. Als Resultat ist ein wunderschönes Album herausgekommen.

Der Opener und Single der Scheibe, „Beautiful Goodbye“, ist direkt ein Killersong mit herrlicher Melodie, knackigen Gitarrenriffs und einer einmalig frischen Stimme. Ja, der Gesang dieser Lady ist wirklich traumhaft. Das Statement ‚… mit der Seele einer Songwriterin und der Stimme eines Engels…‘ bringt die Sache auf den Punkt.

So Lieder wie die recht langweiligen Barroomballaden „This Far Gone“ oder „Simply Yours“, wo ich normalerweise unweigerlich den Drang verspüre, die Vorlauftaste zu betätigen, halten einen gefangen bis zum letzten Ton. Der musikalische Rest liegt irgendwo im rootsigen Bereich zwischen einer gut aufgelegten Mary Chapin Carpenter und Sheryl Crow, im eher poprockorientierten Teil bei den Bangles, versehen mit leichtem Countrytouch (Nr. 2, 3, 5). Immer wieder schöne Gitarreneinlagen, zum Teil werden eigene Erfahrungen in ihren Texten reflektiert („Travis“).

Alles sehr knackig und modern, wobei Jenni nicht nur die meisten Songs mitgeschrieben hat, sondern auch neben Greg Droman an den Reglerknöpfen gesessen hat.  Und wenn die junge Dame das auf dem Cover getragene Alabama-Fan-Shirt gegen entsprechende Klamotten tauschen täte, würde die Gute sicher auch auf dem Modelsektor eine vorzügliche Figur abgeben Von diesem Multi-Talent werden wir noch einiges hören, darauf verwette ich mein letztes Hemd…

Capitol Records Nashville (2004)
Stil: New Country

01: Beautiful Goodbye
02: Just One Of Those Days
03: Half A Heart Tattoo
04: This Far Gone
05: Get Yourself Back
06: All Those Yesterdays
07: Travis
08: One Little Word
09: It Isn’t Just Raining
10: Baby I Was Wrong
11: Simply Yours

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Hands On The Wheel – River Of Time – CD-Review

Mein Review zur Neuauflage des Albums „Restless Heart“ von Ende 2009 endete mit der hypothetisch gestellten Frage, ob Tom Ripphahn nicht Lust hätte, mal wieder neues Hands On The Wheel-Material zu kreieren. Ob dies der Stein des Anstoßes war, lass ich mal dahingestellt, Fakt ist aber, dass mit „River Of Time“ jetzt knapp anderthalb Jahre später ein neuer Hands On The Wheel-Silberling vorliegt.

Ein schönes Album, ich mag einfach diese entspannte, melodische amerikanisch angehauchte, filigran gespielte Musik, ich mag Tom Ripphahns Stimme. Zudem stammt er aus der gleichen Altersriege und seine Texte und Biografie beinhalten diverse Ähnlichkeiten (zu Erlebtem in meiner sportlichen Vergangenheit). Im Prinzip reflektiert er exakt die Erfahrungen, Weltanschauungen, Probleme und Freuden von Leuten wie mir, die voll im Leben stehen und jetzt stramm auf die Fünfzig zugehen. Im Groben und Ganzen entdecke ich fast so was wie eine weitläufige Seelenverwandtschaft.

„River Of Time“ beinhaltet acht neue Tracks, ein recht gelungenes Neil Young-Cover („Don’t Let It Bring You Down“ von „After The Goldrush“ mit sehr schönen Kontrasten zwischen akustischen und heftigen elektrischen Parts) und eine hauptsächlich akustisch gehaltene Neuauflage von „Face The Music“ (mit ganz dezenten E-Gitarrentupfern, Toms Gesang kommt dafür besser zur Geltung), wobei mir aber die ‚Voll‘-Version auf „The Seed“ letztendlich doch besser gefällt (nicht zuletzt auch wegen den weiblichen Backs und der schwungvolleren Note). Beim Vergleich der Lieder und Zuhilfenahme des Booklets fiel mir übrigens zu meiner eigenen großen Überraschung auf, dass Tom auf diesem Werk damals zwei Stücke mit dem von mir ebenfalls sehr geschätzten Steve Azar komponiert hatte. Das war mir bisher völlig durchgegangen.

Die neuen Nummern halten alle das gewohnte gute Hands On The Wheel-Niveau vergangener Tage, wobei Tom sich nicht den Gegebenheiten der heutigen Zeit angepasst und sämtliche Songs völlig ‚organisch‘ belassen hat, was bedeutet, dass nicht am PC nachbearbeitet wurde. Für zwei Kompositionen ist wieder sein alter Weggefährte Dave Meaney (mit-) verantwortlich (der Opener „Make It Home“, ein entspannter Midtempotrack und das am Ende recht anklagende, z.T. psychedelisch gestaltete „Justice“). Den Löwenanteil hat Ripphahn mit dem bei Blue Rose unter Vertrag stehenden Musiker Markus Rill ins Leben gerufen. Rill steuert ansonsten nur einmal Harmoniegesänge auf „Way Down At The End Of The Hall“ bei (ein recht grimmig, mit leicht verfremdeter Stimme gesungener Song, der mich ein wenig an die Bottle Rockets erinnert).

Zu meinen persönlichen Favoriten zählen das lebensbilanzierende, nachdenklich dahinströmende Titelstück „River Of Time“, das mit Dobro und Pump Organ verzierte, herrlich relaxte „With Every Passing Day“ (fast wie eine HOTW-Interpretation von Dire Straits‘ Brothers In Arms, wunderbar hier, wie auch bei einigen anderen Tracks, Ripphahns einfühlsames Mundharmonikaspiel), das sehr klug gestrickte „Kiss & Run“ (leider das einzige Lied mit weiblichen Backs, schönes E-Solo) und das atmosphärische „Last Ride Home“ mit seinem wunderschönen folkig angehauchten Refrain als absolutes Highlight. Toll vor allem, wie hier im Text eine Liebesgeschichte mit unterschwelliger Gesellschaftskritik verschachtelt wurde. Ein Kandidat für meinen Song des Jahres 2011. Klasse!

Mit „River Of Time“ ist Tom Ripphahn, alias Hands On The Wheel, wieder ein starkes Werk gelungen. Wer die früheren Outputs mochte, wird auch dieses Album mit Genuss aufsaugen, auch wenn es unter anderen Vorzeichen kreiert wurde. Man merkt Ripphahn mittlerweile den Musiker an, der, frei von Zwängen (mit eigenem Studio, Label und Vertrieb), mit sich ins Reine gekommen ist. Das spürt man durch jede Faser dieser CD. Wie gewohnt, gibt auch die äußerliche Aufmachung was her (Super Jewel Box, mehrseitiges Booklet mit allen Texten, mit denen es sich zu beschäftigen lohnt und vielen Bildern, mit der einzigem kleinen Unstimmigkeit, dass man den zweiten Part der ‚Words‘ von „River Of Time“ auf den oberen Teil der folgenden Seite hätte packen können…).

Fotografiert hat übrigens der von Tom mittlerweile produzierte, Ex-Fury In The Slaughterhouse-Sänger Thorsten Wingenfelder. Ein sehr empfehlenswertes Gesamtprodukt, das Tom Ripphahn auch im Rahmen seiner anstehenden Live-Auftritte (allein oder zu zweit) intensiv präsentieren wird!

analoghaus (2011)
Stil:  Americana

01. Make It Home
02. Jenny & Johnny (Shelter From The Cold)
03. River Of Time
04. Way Down At The End Of The Hall
05. With Every Passing Day
06. Kiss & Run
07. Don’t Let It Bring You Down
08. Face The Music
09. Last Ride Home
10. Justice

analoghaus

Hands On The Wheel – Restless Heart – CD-Review

Es scheint wirklich wahr zu sein. Oft regeln sich Dinge im Leben von alleine, man muss halt nur lange genug warten können. Da ich aber gewöhnlich einem irdischem Dasein fröne und (leider) in die Hektik und den Stress der heutigen Zeit voll eingebunden bin, ist diese wohl eher auf Musiker übertragbare Lebensphilosophie relativ untypisch für mich (auch wenn ein nicht unerheblicher Teil meiner Zeit in Musik investiert wird). Ein Review über eine Scheibe von Hands On The Wheel hatte ich schon länger geplant (insgeheim dabei aber immer auf eine neue Comeback-CD gehofft), der aber kontinuierliche Wust an zu besprechenden aktuellen Sachen ließ dieses Vorhaben bis auf Weiteres auf sich beruhen.

Für unsere traditionelle Weihnachtsaktion (da besprechen wir ja meist ältere Kamellen – bei den meisten Kollegen ‚Klassiker‘ genannt, die dann ihren fortwährenden Nostalgie-Wahn offiziell mal so richtig ausleben können… – vornehmlich verdienter Bands, die es, aus welchen Gründen auch immer, bisher nicht in unserem Künstlerindex geschafft haben) kamen Hands On The Wheel aus meiner Sicht noch nicht in Frage, zum einen ist das ‚Verfallsdatum‘ ihrer Scheiben nicht lange genug abgelaufen, zum anderen klingt die Band trotz der vergangenen Jahre meines Erachtens auch heute noch zu frisch, um sich da in die Riege mancher Dinos einzureihen.

Kommen wir aber zu meinem Intro. Da schneit vor einigen Tagen dann doch tatsächlich aus dem Nichts eine vom Mastermind Tom Ripphahn persönlich geschickte Hands On The Wheel-Scheibe in unser Hauptquartier zur Besprechung herein. Es ist zwar ’nur‘ ein remastertes Teil ihrer eigentlichen Debüt-CD „Restless Heart“, die schon im meinem Besitz ist (wie alle ihrer anderen Werke auch), aufgewertet allerdings durch ein paar Bonustracks, inkl. zweier unveröffentlichter Stücke und, wie ich mittlerweile vor mir sehe, auch mit dem für die Band bei allen anderen Werken üblichen, ausführlichen und meist klasse gestalteten Cover/Booklet versehen (was bei der Independent-Veröffentlichung naturgemäß aus Budget-Gründen damals vermutlich nicht der Fall war).

Hands On The Wheel nahmen Mitte der neunziger Jahre bei mir persönlich die Stellung ein, die heute die Band Of Heathens inne hat. Die Band hatte in ihren Songs von allem so ein bisschen, was bei mir oben in der Geschmacks-Prioritätenliste angeführt war und mit kleinen Ergänzungen auch bis zum heutigen Tage weiterhin zu den Präferenzen zählt. Immer fein instrumentierte Melodien, eine extravagante Charakterstimme (Ripphahns von scheinbar chronischer Heiserkeit geplagtes Vokalorgan, sein wie kaum bei einer anderen deutschen Band so authentisch amerikanisch klingender Gesang), die letztendlich in einer Mischung aus rootsigem Rock, Southern Rock – klasse fand ich immer, dass sie oft weibliche Backs mit einbanden -, Country – Dobro-, Mandolinenbeteiligung – und dezenten, aber immer niveauvollen Pop mündeten, was heute unter dem Oberbegriff ‚Americana‘ eingeordnet werden kann (mittlerweile kommen in meinem Fall, wie bekannt, der New Country und vor allem noch der Red Dirt hinzu).

Kommen wir zu „Restless Heart“. In meinem persönlichen HOTW-Ranking, stand sie bisher, ehrlich gesagt, aufgrund der Kürze, der spärlichen Covergestaltung, und des Umstandes, dass ich sie mir als letztes zugelegt hatte (dadurch kannte ich einige Songs auch schon) an letzter Stelle, ohne dabei allerdings von der musikalische Qualität zu enttäuschen. Mein Lieblingswerk ist und bleibt ihre letzte Scheibe „Promised Land“ (1996) und als Titel, das darauf befindliche, grandiose „Get Where You’re Going“. Ihren kommerziellen Höhepunkt (zu dieser Zeit mit Major-Label im Rücken) erlebte die Band allerdings mit „The Seed“ (von 1994 – tolle Covergestaltung!), der Supports für keine geringeren Interpreten als Joe Cocker, Bob Dylan, Huey Lewis oder Nils Lofgren zur Folge hatte.

Die Stammsongs von „Restless Heart“ wirken durch das jetzige Remastering, rein subjektiv betrachtet, dezent frischer und zeigen sich vom klanglichen Gefühl her etwas klarer und voluminöser. Die als Bonus beigefügten, modifizierten Einspielungen bereits bekannter Songs sind als gelungen zu betrachten. Die ergänzten weiblichen Backs bei „Rainy Town“ und „Ghost Train“ gefallen mir dabei besonders. Die unveröffentlichten „Going Through A Hard Time“ (flockiger, dezent Country-infizierter Rock mit Akustikgitarrenuntermalung, E-Fils, Organ, klasse Backs und Harmonies) und das gitarrenlastige, entspannte Instrumental „The Desert“ sind angenehme Zubrote in gewohnter Qualität. In dieser Form ist das Werk jetzt in jedem Fall eine Empfehlung wert.

Bandleader Tom Ripphahn verbringt heute vornehmlich seine Zeit damit, im eigenen Studio andere Interpreten zu produzieren (u.a. Ex-Fury In The Slaughterhouse Thorsten Wingenfelder, I Saw Elvis, Abi Wallenstein, Anne Haigis) und dazu zum Teil mit einigen seiner neuen Songkreationen zu bedienen. Er spielt aber öfter auch noch solo oder im Duo in kleineren Clubs, wo dann einige Hands On The Wheel-Songs mit im Programm integriert sind. Ich persönlich hätte mittlerweile aber auch nichts gegen eine ‚richtige‘ Hands On The Wheel-Reunion mit dem dazu gehörigen neuen Output. Kein Bock, Tom?

analoghaus (2009), Roving Records (1991)
Stil:  Americana

01. Gotta Get Away
02. Still Waters Run Deep
03. Restless Heart
04. Ghost Train
05. In Your Eyes
06. Here And Now
07. For Your Love Part I
08. For Your Love Part II
09. Never Going Home

Bonus Tracks: 
10. Rainy Town
11. Going Through A Hard Time
12. Back To The Wall Of History
13. Don’t Want To Be Your Lover Anymore
14. Ghost Train
15. The Desert

analoghaus

David Grissom – How It Feels To Fly – CD-Review

Als großer Verehrer von David Grissoms Gitarrenkünsten bei Storyville und seinen vielfältigen Saiteninputs bei diversen anderen Künstlern (z. B. auf Bonnie Bishops herrlichem „Soft To The Touch“ und auch bei so einigen Interpreten in meiner geliebten Nashville-Zunft), bin ich natürlich nicht darum herum gekommen, auch seinen Weg als Solo-Künstler zu begleiten.

So bin ich dann auch im Besitz seiner beiden ersten Longplayer. „Loud Music“ und „10,000 Feet“. Jetzt bot sich günstige die Gelegenheit, sein neustes Werk „How It Feels To Fly“ mal zu beleuchten, das Grissom zum ersten Mal unter der Flagge des immer mehr expandierenden Blue Rose-Labels präsentiert.

David setzt dabei seinen von Anfang an beschrittenen Weg kompromisslos fort, eine Mischung aus besungenen Liedern und anspruchsvoll und filigran gestalteten Instrumentalstücken, bei denen natürlich seine famosen Saitenkünste im Vordergrund stehen, markant in Szene zu setzen…

Neu ist hier allerdings und das ist vor allem aufgrund seiner anstehenden Live-Auftritte in unseren Gefilden (sh. unsere Tourtermine – leider kein einziger im westlichen Ruhrgebiet, grrr!) interessant, dass noch zu den acht neuen Studio-Tracks vier Live-Stücke, aufgenommen in Davids Heimat (The Saxon Pub, Austin), dazu gepackt wurden. So erhält man schon mal einen schönen Vorgeschmack auf das, was einen zu erwarten hat.

Hier werden mit „Jessica“ (Allman Brothers) und dem fett abrockenden „Nasty Dogs And Funky Kings“ (ZZ Top, hier in einer furiosen Version) zwei Klassiker geboten, bei denen es Grissom locker mit den Urgesteinen in seiner eigenen Interpretation aufnimmt. Die beiden anderen Sachen sind das intelligent verschachtelte Instrumental „Flim Flam“ (teilweise grandioses Zusammenspiel von E-Gitarre und Orgel) und das Titelstück seiner zwischenzeitlich eingeschobenen EP „Way Down Deep“.

Seine drei Mitstreiter Stefano Intelisano (keyboards), Scott Nelson (bass) und Bryan Austin (drums) wurden (mit einigen wenigen Gästen) auch für die acht Studio-Nummern involviert. Der starke bluesrockige Opener „Bringin‘ Sunday Mornin‘ To Saturday Night“ ruft direkt wehmütig alte Storyville-Zeiten in Erinnerung.

Ich ertappe mich immer wieder – auch bei einigen anderen Stücken („How It Feels To Fly“, „Gift Of Desperation“) – wie ich mir innerlich ausmale, wie die Songs wohl geklungen hätten, wenn hier Grissoms charismatischer früherer Bandkollege Malford Milligan am Mikro gestanden hätte. Denn hier kommen wir zum einzigen, allerdings nicht unerheblichen Manko. Grissoms dünner, eher introvertierter und wenig emotionaler Gesang will mich – im Gegensatz zu seinen unglaublichen Gitarrenkünsten – wie auch schon auf seinen Alben zuvor, irgendwie nicht begeistern.

Es ist natürlich legitim, vor allem, wenn er Spaß daran hat, seine selbst kreierten Sachen auch selber zu singen, aber, aus meiner Sicht, wären da andere Leute wesentlich prädestinierter. Irgendwie ist es hier doch dann wie bei dem Spruch vom Schuster und seinen Leisten. Das spürt man vor allem, wenn die beiden Gastsängerinnen Candi Sanders (beim Opener) und Kacy Crowley (bei „Overnight“ und „Satisfied“), mal ihre Stimmorgane mit in die Waagschale werfen.

Ein weiterer von mir verehrter Gastsänger, Drew Womack (solo, Sons Of The Desert), ist beim melodischen Midtempo-Roots-Lied „Georgia Girl“ leider nur marginal in den Harmonies zu vernehmen. So entpuppt sich auch in dieser Reihe das Instrumental „Way Jose“ als der große Höhepunkt. Hier meint man teilweise Gov’t Mule und Santanas Rhythmus-Section hätten sich mit Grissom zu einer Jam-Session versammelt. Instrumentalkost vom Feinsten. Eine wunderschöne Stelle auf dem Werk ist auch, wenn bei „Satisfied“ Davids Akustikgitarrengezwirbel fließend in ein Allman-umwehtes E-Solo übergeht.

David Grissoms „How It Feels To Fly“ beschert dem Hörer erneut instrumentelle Raffinessen en masse. Er entlockt seinem PRS-Gitarrenmodel mal wieder Töne zum Dahinschweben. Toll strukturierte Musik mit viel Substanz und Saitenkünsten mit fast schon himmlischen Zügen. Und das, ohne wirklich ganz dick aufzutragen. Großartig! Lediglich der eher unspektakuläre brave Gesang des Texaners sorgt dafür, doch eine gewisse Bodenhaftung zu bewahren.

Blue Rose Records (2014)
Stil:  (Texas) Blues Rock

01. Bringin‘ Sunday Mornin‘ To Saturday Night
02. How It Feels To Fly
03. Georgia Girl
04. Never Came Easy To Me
05. Way Jose
06. Overnight
07. Gift Of Desperation
08. Satisfied
09. Jessica (Live)
10. Way Down Deep (Live)
11. Flim Flam (Live)
12. Nasty Dogs And Funky Kings (Live)

David Grissom
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