Hurry Sundown – Same – CD-Review

Eine Brise Southern-Rock mit 70er-Jahre-Flair gefällig? Dann seid ihr bei Hurry Sundown goldrichtig. Ähnlich wie die Band Rambler, die vor einem halben Jahr mit ihrem Album „First Things First“ selbst geschriebene Stücke in Anlehnung an alte Lynyrd-Skynyrd-Klassiker auf den Markt brachte, tat es diese Truppe bereits im Jahre 2002 in der Tradition der ersten drei Outlaws-Alben.

Auch hier sind sämtliche Songs aus der eigenen Feder, aber der Spirit dieser Epoche ist fast zu jeder Minute der CD spürbar. Nicht nur der Name spricht für sich, auch ein LP-Cover des Outlaws-Meisterwerkes von 1977 sowie eine beige-weiße Stratocaster, wie sie Hughie Thomasson’s Markenzeichen war, mit denen sich die Band in ihrem Proberaum ablichten ließ, untermauert mehr als deutlich wo hier dir Akzente zu suchen sind.

Genau wie der ehemalige Eagles-Produzent Bill Szymczyk, der es damals so spielend leicht schaffte, Southern-Rock-, Westcoast- und Countryelemente zu einer harmonischen Einheit verschmelzen zu lassen haben hier die Macher des Quartetts Scott Casteel (Lead Vocals, Acoustic and Electric Guitar) und Jeb Shelton (Bass Guitar, Vocals), die sämtliche Lieder komponiert haben, ebenso detailgetreu gewerkelt. Mit ihnen involviert sind Ryan Reichard (Drums, Vocals) und John Tiefry (Electric, Acoustic and Slide Guitar, Vocals).

Der Opener „Summer Skies“ beinhaltet instrumentale Hooklines von „There Goes Another Love Song“, Casteels Stimme kommt ebenso dünn daher wie einst Billy Jones, dazu exzellente Wechsel-Arbeit beider Gitarristen. „On My Way“ erinnert an eine relaxte Ausgabe von Marshall Tuckers „Can’t You See“ in Kombination mit „I’ll Be Loving You“ im Gitarrenpart. Überragend „So Many Days“. Locker flockiger Rhythmus, nette eingängige Melodie, ein erstes E-Solo, dann zweistimmiges Agieren und am Ende noch mal ein duellartiges Klampfenfeuerwerk.

Auch die abschließende Ballade „Faith“ hebt sich mit jeder Menge filigraner Saitenarbeit in den Vordergrund, verzichtet wurde aber auf das Southern-typische Finale. Knapp 37 nostalgisch anmutende Minuten sind ruckzuck vorbei, der Geist der Anfangswerke von Marshall Tucker, Eagles, Poco, mit einem Hauch 38 Special und Doc Holliday und natürlich in großem Maße Outlaws ist kurzzeitig wieder spürbar.

Ein wenig gewundert hat mich, dass die Scheibe im sonst so glänzend geführten Southern-Rock-Archiv keine Aufmerksamkeit erfahren hat. Ein paar Zeilen hätten die Jungs da sicherlich verdient, zumal es sich nicht um eine der berühmten Eintagsfliegen zu handeln scheint. Im Frühling 2005 soll nämlich ihr zweiter Silberling herauskommen. Als Produzent mit von der Partie Steve Grisham, natürlich ein Ex-Outlaws-Mitglied…

Eigenproduktion (2004)
Stil:  Southern Rock

01. Summer Skies
02. On My Way
03. Reflections
04. So Many Days
05. Simple Life
06. Change My Ways
07. For No One Else
08. Come Around
09. Highway
10. Faith

Bärchen Records

Hurry Sundown – Can You Feel It – CD-Review

Schon in meinem Review zu ihrem Debüt hatte ich ja bereits den Nachfolger von Hurry Sundown für Frühling 2005 angekündigt, was bei Bands dieses Genres, zumal ohne Labelkontrakt, sicherlich eine recht waghalsige Prognose ist. Aber wie dem auch sei, die Jungs haben Wort gehalten und da ist, pünktlich mit dem Eintreffen der ersten so richtig angenehmen Temperaturen in unserem Lande, ihr zweiter Silberling. Und, wie damals schon angedeutet, mit dem neuem Produzenten Steve Grisham, in Szenekreisen als Ex-Guitar-Player der Outlaws, mittlerweile ansässig bei den Ghost Riders bekannt.

Eine personelle Umbesetzung hat es in der Zwischenzeit gegeben. Gitarrist John Tiefry wurde durch Jeremy Miller ersetzt, der sich aber völlig problemlos in das Bandgefüge integriert hat, und ebenso herrliche Soli vom Stapel lässt wie sein Vorgänger, und auch beim Double-Leads-Spiel in Kombination mit Frontmann Scott Casteel durchaus zu glänzen weiß. Ansonsten hat sich nicht viel an ihrem Konzept geändert, warum auch, denn der eingeschlagene Weg mit eigenständigen Stücken in der Tradition von The Outlaws, Marshall Tucker Band oder der frühen 38 Special, sowie der Henry Paul Band, hat ja sehr verheißungsvoll begonnen und wird gut angenommen.

Erwähnenswert sicherlich auch das gewaltige Live-Treiben mit bis zu 200 Gigs pro Saison, das auch zur Popularität dieses Albums beitragen dürfte. Die Covergestaltung ist aus verständliche Gründen wie auch beim Erstling ziemlich spartanisch ausgefallen, die reine Spielzeit bleibt, wenn man die zwei etwas kräftiger gestalteten Remakes von „Summer Skies“ und „On My Way“ noch abzieht, recht kurzweilig bemessen. Allerdings stört das nicht wirklich, denn die Songs gehen einmal mehr in einem Guss runter. Die CD startet zunächst mit einem kurzen Akustikgitarrenintro. „Home“ ist ein am Anfang und Ende mit mehrstimmigen, a capella-artigen Harmoniegesängen in bester Westcoasttradition von Bands wie Poco oder Eagles umschlungener Song. Der Mittelteil und die eingestreuten E-Zupfer haben Outlaws/Marshall-Tucker Band Flair. Beim Gesang meint man teilweise, Billy Jones wäre aus dem Southern-Rock-Sky zurückgekehrt.

Ein locker, flockiges Lied im Stile ihrer Vorbilder, den Outlaws ist „Crazy Lady“. Knackige Drums, Harmoniegesänge, zweistimmige E-Gitarren und ein den Song durchgehend begleitendes E-Riff, dass an das Intro von Skynyrds „Down South Jukin'“ erinnert, setzen hier die Akzente. Ein erstes Highlight folgt mit der Ballade „Can’t Make It On Goodbye“. Wunderschöne Akustikgitarrenuntermalung, Gesang ähnlich dem von Donnie Van Zant in frühen Tagen, die Gitarrenarbeit wie zu MTB-Zeiten (im Mittelteil ganz weiche E-Zupfer, am Ende ein knackiges Solo, Marke Toy Caldwell).

Bei „Can’t Forget You“ eine erneute Outlaws/MTB-Mischung mit wunderbaren Akustikgitarrenfills, hat das berühmte „Can’t You See“, sicherlich im Kopf von Songwriter Jeb Shelton rumgeschwirrt.  Sehr peppig wird bei „Little Miss Daisy“ abgerockt, wobei sogar ein leicht aufkommendes Soul-Feeling und filigranes Gitarrenspiel a là Hendrix zu gefallen wissen. „Some Kind Of Fool“, für mich ein weiterer Höhepunkt, ein flockiger, countryinfizierter Sommer-Song, wie zur Outlaws-„Lady-In-Waiting“-Epoche, mit tollen Harmonievocals der Marke Billy Jones/Hughie Thomasson und herrlichem zwischenzeitlichen Gitarrengeplänkel, sowie mit kurzem, aber tollem End-Solo. Stark!

Eine recht flotte von Drums und Bass getragene Nummer ist „Into The Sunset“, die sich durch ein mit Tempowechseln arrangiertes E-Solo hervorhebt. Hier bringt die ziemlich dünne Stimme von Scott Casteel allerdings so ihre Problemchen mit sich. Trotzdem ein gutes Stück, dass dem Album Würze verpasst. Der absolute Kracher dann das abschließende Titelstück „Can You Feel It“. Na klar, wir fühlen sofort, dass dies ein großartiger Song ist. Beginnt als gemäßigte Ausgabe von „Long Time Gone“ von 38 Special’s längst verjährtem Debüt, ähnelt von der Struktur allseits bekannten Hymnen wie „I’ll Be Loving You“ (MTB) oder „Blue Sky“ (ABB), hat einen grandiosen Gitarrenmittelteil, als wenn sich Toy Caldwell und Dickey Betts duellieren würden, inklusive Double-Leads, dabei integriert dezente Drums- und Bass-Spielereien, am Ende noch mal einsetzender Gesangspart, mit letztendlich kurzem, knackigem E-Solo.

Ein echter Hammer! Hurry Sundown werden mit ihrem Zweitwerk sicherlich erneut mit ihrem Faible für’s ‚innovative Altmodische‘ Sympathiepunkte bei den Southern-Freaks aller Schichten sammeln. So eine CD müssen ihre großen Vorbilder die Outlaws, und da ist die Reunion ja bereits in vollem Gange, erst mal hinbekommen. Die Messlatte für Paul & Co. liegt ziemlich hoch…

Eigenproduktion (2005)
Stil:  Southern Rock

01. Knox County (Miller’s Tune)
02. Home
03. Summer Skies
04. Crazy Lady
05. Can’t Make It On Goodbye
06. Can’t Forget You
07. Little Miss Daisy
08. Some Kind Of Fool
09. On My Way
10. Into The Sunset
11. Can You Feel It

Bärchen Records

Outlaws – Hurry Sundown – CD-Review

OutHurr_300

Wir schreiben das Jahr 1977. Ein Jahr, das jeden Southern Rock-Liebhaber bis zum heutigen Tage erschaudern lässt. Ich erinnere mich noch genau, wie ich als 14-jähriger Bursche gerade das „Street Survivors“-Album in einer Nachbarstadt (Rheinberg hatte keinen Plattenladen) käuflich erworben hatte und auf der Rückfahrt auf dem Beifahrersitz des DS-Citröens meines Vaters (die Platte auf den Oberschenkeln liegend neugierig studierend) im Radio die Hiobsbotschaft von Skynyrds Flugzeugabsturz auf dem momentanen Zenit ihrer Karriere zur Kenntnis nehmen musste. Es war wie ein Schock.

Noch heute stellt sich mir, wie vielen anderen Southern Rock-Fans vermutlich auch, die hypothetische Frage, wie sich das Genre weiterentwickelt hätte, wäre ein Ronnie Van Zant am Leben geblieben. Wir werden es leider nie erfahren. Kommen wir aber zu einem erfreulichen Ereignis dieses Jahres 1977. Die Outlaws, die durch besagten Ronnie Van Zant einen Plattenvertrag bei Arista Records vermittelt bekommen hatten, befanden sich nach zwei starken Alben in ihrer wohl besten Besetzung aller Zeiten (Hughie Thomasson, Henry Paul, Billy Jones, Harvey Dalton Arnold, Monte Yoho) ebenfalls im Höhenflug und sollten mit „Hurry Sundown“ ihr in Kritikerkreisen meist gelobtes Werk veröffentlichen.

Der zu dieser Zeit schon renommierte Producer Bill Szymczyk (u.a. Eagles, B.B. King, Michael Stanley, J. Geils Band, Elvin Bishop) hatte die von ihm später selbst betitulierte ‚Florida Guitar Army‘ erstmalig unter seine Fittiche genommen. Dank der gesammelten Eagles-Erfahrungen gelang es ihm vor allem in beeindruckender Weise, die vier völlig unterschiedlichen Gesangscharaktere mittels brillant eingestreuter Harmonies zu kollektivieren. Auch das filigrane E-Gitarrenzusammenspiel vom wie aufgedreht wirkenden Stratocaster-Artisten Thomassen in Kombination mit Billy Jones‘ einfühlsamen Les Paul-Künsten, dazu mit Pauls glänzender Akustikklampfenuntermalung, wurde nie wieder besser zur Geltung gebracht. Nicht zu vergessen der knochentrockene Bass von Arnold und Yohos effektives und sehr variables Schlagzeugspiel (herrlich z.B. die tippelnden Becken in der E-Solopassage von „Gunsmoke“).

Das Werk bietet insgesamt eine tolle Mischung aus agilem Southern Rock und gut dazu harmonierenden Country- und Westcoast-Ingredienzen. Höhepunkte. Die gitarrenlastigen „Gunsmoke“ und „Hurry Sundown“, der Countryfeger „So Afraid“ (klasse Banjoarbeit hier von Thomasson), das flotte, treibende „Holiday“ und der schon fast progressiv wirkende Waltz „The Man Of The Hour“ (mit dezenten Steel- und Synthie-Einlagen).

Genau wie Skynyrd sollten danach auch die Outlaws bis zum heutigen Tage nie wieder zur Ruhe kommen. Die fortwährende Hassliebe zwischen Henry Paul und Hughie Thomasson brachte nach „Hurry Sundown“ die erste daraus resultierende, länger währende Trennung (Paul gründete dann die Henry Paul Band). Das folgende Live-Album und das Anfang der achtziger Jahre kommerziell recht erfolgreiche „Ghost Riders In The Sky“ ließen nochmals aufhorchen. Spätestens ab da aber dümpelte die Band in unterschiedlichen Besetzungen vor sich hin. Auf „Soldiers Of Fortune“ taten sich Thomasson und Paul 1986 nochmals zusammen, trennten sich danach aber sofort wieder. Mit dem recht guten „Diablo Canyon“ gab es den letzten kreativen, aber weitestgehend unbeachteten Output dieser Band.

Wie vielen bekannt sein dürfte, nahm sich Billy Jones 1995, von Depressionen und Alkoholsucht gezeichnet, im Alter von 44 Jahren das Leben (das hier auf dem Album befindliche von ihm geschriebene „Night Wines“ wirkt im Nachhinein schon bald wie eine Art Prophezeiung) und auch Bandleader Hughie Thomasson erlag nach vielen Jahren seiner zwischenzeitlichen Skynyrd-Mitgliedschaft überraschend (oder auch weniger) einem Herzinfarkt, als er sich gerade wieder dem Outlaws-Projekt vollständig widmen wollte. Das Erbe der Band wird seitdem wieder von Henry Paul mittels kontinuierlicher Live-Auftritte weitergepflegt (aktuelle Mitglieder. Paul, Chris Anderson, Billy Crain, Jon Coleman, Brett Cartwright und Monte Yoho), ein angekündigtes neues Outlaws-Studioalbum lässt bereits seit längerer Zeit auf sich warten.

Arista Records (1977)
Stil. Southern Rock

01. Gunsmoke
02. Hearin‘ My Heart Talkin‘
03. So Afraid
04. Holiday
05. Hurry Sundown
06. Cold & Lonesome
07. Night Wines
08. Heavenly Blues
09. Man Of The Hour

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