Hands On The Wheel – River Of Time – CD-Review

Mein Review zur Neuauflage des Albums „Restless Heart“ von Ende 2009 endete mit der hypothetisch gestellten Frage, ob Tom Ripphahn nicht Lust hätte, mal wieder neues Hands On The Wheel-Material zu kreieren. Ob dies der Stein des Anstoßes war, lass ich mal dahingestellt, Fakt ist aber, dass mit „River Of Time“ jetzt knapp anderthalb Jahre später ein neuer Hands On The Wheel-Silberling vorliegt.

Ein schönes Album, ich mag einfach diese entspannte, melodische amerikanisch angehauchte, filigran gespielte Musik, ich mag Tom Ripphahns Stimme. Zudem stammt er aus der gleichen Altersriege und seine Texte und Biografie beinhalten diverse Ähnlichkeiten (zu Erlebtem in meiner sportlichen Vergangenheit). Im Prinzip reflektiert er exakt die Erfahrungen, Weltanschauungen, Probleme und Freuden von Leuten wie mir, die voll im Leben stehen und jetzt stramm auf die Fünfzig zugehen. Im Groben und Ganzen entdecke ich fast so was wie eine weitläufige Seelenverwandtschaft.

„River Of Time“ beinhaltet acht neue Tracks, ein recht gelungenes Neil Young-Cover („Don’t Let It Bring You Down“ von „After The Goldrush“ mit sehr schönen Kontrasten zwischen akustischen und heftigen elektrischen Parts) und eine hauptsächlich akustisch gehaltene Neuauflage von „Face The Music“ (mit ganz dezenten E-Gitarrentupfern, Toms Gesang kommt dafür besser zur Geltung), wobei mir aber die ‚Voll‘-Version auf „The Seed“ letztendlich doch besser gefällt (nicht zuletzt auch wegen den weiblichen Backs und der schwungvolleren Note). Beim Vergleich der Lieder und Zuhilfenahme des Booklets fiel mir übrigens zu meiner eigenen großen Überraschung auf, dass Tom auf diesem Werk damals zwei Stücke mit dem von mir ebenfalls sehr geschätzten Steve Azar komponiert hatte. Das war mir bisher völlig durchgegangen.

Die neuen Nummern halten alle das gewohnte gute Hands On The Wheel-Niveau vergangener Tage, wobei Tom sich nicht den Gegebenheiten der heutigen Zeit angepasst und sämtliche Songs völlig ‚organisch‘ belassen hat, was bedeutet, dass nicht am PC nachbearbeitet wurde. Für zwei Kompositionen ist wieder sein alter Weggefährte Dave Meaney (mit-) verantwortlich (der Opener „Make It Home“, ein entspannter Midtempotrack und das am Ende recht anklagende, z.T. psychedelisch gestaltete „Justice“). Den Löwenanteil hat Ripphahn mit dem bei Blue Rose unter Vertrag stehenden Musiker Markus Rill ins Leben gerufen. Rill steuert ansonsten nur einmal Harmoniegesänge auf „Way Down At The End Of The Hall“ bei (ein recht grimmig, mit leicht verfremdeter Stimme gesungener Song, der mich ein wenig an die Bottle Rockets erinnert).

Zu meinen persönlichen Favoriten zählen das lebensbilanzierende, nachdenklich dahinströmende Titelstück „River Of Time“, das mit Dobro und Pump Organ verzierte, herrlich relaxte „With Every Passing Day“ (fast wie eine HOTW-Interpretation von Dire Straits‘ Brothers In Arms, wunderbar hier, wie auch bei einigen anderen Tracks, Ripphahns einfühlsames Mundharmonikaspiel), das sehr klug gestrickte „Kiss & Run“ (leider das einzige Lied mit weiblichen Backs, schönes E-Solo) und das atmosphärische „Last Ride Home“ mit seinem wunderschönen folkig angehauchten Refrain als absolutes Highlight. Toll vor allem, wie hier im Text eine Liebesgeschichte mit unterschwelliger Gesellschaftskritik verschachtelt wurde. Ein Kandidat für meinen Song des Jahres 2011. Klasse!

Mit „River Of Time“ ist Tom Ripphahn, alias Hands On The Wheel, wieder ein starkes Werk gelungen. Wer die früheren Outputs mochte, wird auch dieses Album mit Genuss aufsaugen, auch wenn es unter anderen Vorzeichen kreiert wurde. Man merkt Ripphahn mittlerweile den Musiker an, der, frei von Zwängen (mit eigenem Studio, Label und Vertrieb), mit sich ins Reine gekommen ist. Das spürt man durch jede Faser dieser CD. Wie gewohnt, gibt auch die äußerliche Aufmachung was her (Super Jewel Box, mehrseitiges Booklet mit allen Texten, mit denen es sich zu beschäftigen lohnt und vielen Bildern, mit der einzigem kleinen Unstimmigkeit, dass man den zweiten Part der ‚Words‘ von „River Of Time“ auf den oberen Teil der folgenden Seite hätte packen können…).

Fotografiert hat übrigens der von Tom mittlerweile produzierte, Ex-Fury In The Slaughterhouse-Sänger Thorsten Wingenfelder. Ein sehr empfehlenswertes Gesamtprodukt, das Tom Ripphahn auch im Rahmen seiner anstehenden Live-Auftritte (allein oder zu zweit) intensiv präsentieren wird!

analoghaus (2011)
Stil:  Americana

01. Make It Home
02. Jenny & Johnny (Shelter From The Cold)
03. River Of Time
04. Way Down At The End Of The Hall
05. With Every Passing Day
06. Kiss & Run
07. Don’t Let It Bring You Down
08. Face The Music
09. Last Ride Home
10. Justice

analoghaus

Hands On The Wheel – Restless Heart – CD-Review

Es scheint wirklich wahr zu sein. Oft regeln sich Dinge im Leben von alleine, man muss halt nur lange genug warten können. Da ich aber gewöhnlich einem irdischem Dasein fröne und (leider) in die Hektik und den Stress der heutigen Zeit voll eingebunden bin, ist diese wohl eher auf Musiker übertragbare Lebensphilosophie relativ untypisch für mich (auch wenn ein nicht unerheblicher Teil meiner Zeit in Musik investiert wird). Ein Review über eine Scheibe von Hands On The Wheel hatte ich schon länger geplant (insgeheim dabei aber immer auf eine neue Comeback-CD gehofft), der aber kontinuierliche Wust an zu besprechenden aktuellen Sachen ließ dieses Vorhaben bis auf Weiteres auf sich beruhen.

Für unsere traditionelle Weihnachtsaktion (da besprechen wir ja meist ältere Kamellen – bei den meisten Kollegen ‚Klassiker‘ genannt, die dann ihren fortwährenden Nostalgie-Wahn offiziell mal so richtig ausleben können… – vornehmlich verdienter Bands, die es, aus welchen Gründen auch immer, bisher nicht in unserem Künstlerindex geschafft haben) kamen Hands On The Wheel aus meiner Sicht noch nicht in Frage, zum einen ist das ‚Verfallsdatum‘ ihrer Scheiben nicht lange genug abgelaufen, zum anderen klingt die Band trotz der vergangenen Jahre meines Erachtens auch heute noch zu frisch, um sich da in die Riege mancher Dinos einzureihen.

Kommen wir aber zu meinem Intro. Da schneit vor einigen Tagen dann doch tatsächlich aus dem Nichts eine vom Mastermind Tom Ripphahn persönlich geschickte Hands On The Wheel-Scheibe in unser Hauptquartier zur Besprechung herein. Es ist zwar ’nur‘ ein remastertes Teil ihrer eigentlichen Debüt-CD „Restless Heart“, die schon im meinem Besitz ist (wie alle ihrer anderen Werke auch), aufgewertet allerdings durch ein paar Bonustracks, inkl. zweier unveröffentlichter Stücke und, wie ich mittlerweile vor mir sehe, auch mit dem für die Band bei allen anderen Werken üblichen, ausführlichen und meist klasse gestalteten Cover/Booklet versehen (was bei der Independent-Veröffentlichung naturgemäß aus Budget-Gründen damals vermutlich nicht der Fall war).

Hands On The Wheel nahmen Mitte der neunziger Jahre bei mir persönlich die Stellung ein, die heute die Band Of Heathens inne hat. Die Band hatte in ihren Songs von allem so ein bisschen, was bei mir oben in der Geschmacks-Prioritätenliste angeführt war und mit kleinen Ergänzungen auch bis zum heutigen Tage weiterhin zu den Präferenzen zählt. Immer fein instrumentierte Melodien, eine extravagante Charakterstimme (Ripphahns von scheinbar chronischer Heiserkeit geplagtes Vokalorgan, sein wie kaum bei einer anderen deutschen Band so authentisch amerikanisch klingender Gesang), die letztendlich in einer Mischung aus rootsigem Rock, Southern Rock – klasse fand ich immer, dass sie oft weibliche Backs mit einbanden -, Country – Dobro-, Mandolinenbeteiligung – und dezenten, aber immer niveauvollen Pop mündeten, was heute unter dem Oberbegriff ‚Americana‘ eingeordnet werden kann (mittlerweile kommen in meinem Fall, wie bekannt, der New Country und vor allem noch der Red Dirt hinzu).

Kommen wir zu „Restless Heart“. In meinem persönlichen HOTW-Ranking, stand sie bisher, ehrlich gesagt, aufgrund der Kürze, der spärlichen Covergestaltung, und des Umstandes, dass ich sie mir als letztes zugelegt hatte (dadurch kannte ich einige Songs auch schon) an letzter Stelle, ohne dabei allerdings von der musikalische Qualität zu enttäuschen. Mein Lieblingswerk ist und bleibt ihre letzte Scheibe „Promised Land“ (1996) und als Titel, das darauf befindliche, grandiose „Get Where You’re Going“. Ihren kommerziellen Höhepunkt (zu dieser Zeit mit Major-Label im Rücken) erlebte die Band allerdings mit „The Seed“ (von 1994 – tolle Covergestaltung!), der Supports für keine geringeren Interpreten als Joe Cocker, Bob Dylan, Huey Lewis oder Nils Lofgren zur Folge hatte.

Die Stammsongs von „Restless Heart“ wirken durch das jetzige Remastering, rein subjektiv betrachtet, dezent frischer und zeigen sich vom klanglichen Gefühl her etwas klarer und voluminöser. Die als Bonus beigefügten, modifizierten Einspielungen bereits bekannter Songs sind als gelungen zu betrachten. Die ergänzten weiblichen Backs bei „Rainy Town“ und „Ghost Train“ gefallen mir dabei besonders. Die unveröffentlichten „Going Through A Hard Time“ (flockiger, dezent Country-infizierter Rock mit Akustikgitarrenuntermalung, E-Fils, Organ, klasse Backs und Harmonies) und das gitarrenlastige, entspannte Instrumental „The Desert“ sind angenehme Zubrote in gewohnter Qualität. In dieser Form ist das Werk jetzt in jedem Fall eine Empfehlung wert.

Bandleader Tom Ripphahn verbringt heute vornehmlich seine Zeit damit, im eigenen Studio andere Interpreten zu produzieren (u.a. Ex-Fury In The Slaughterhouse Thorsten Wingenfelder, I Saw Elvis, Abi Wallenstein, Anne Haigis) und dazu zum Teil mit einigen seiner neuen Songkreationen zu bedienen. Er spielt aber öfter auch noch solo oder im Duo in kleineren Clubs, wo dann einige Hands On The Wheel-Songs mit im Programm integriert sind. Ich persönlich hätte mittlerweile aber auch nichts gegen eine ‚richtige‘ Hands On The Wheel-Reunion mit dem dazu gehörigen neuen Output. Kein Bock, Tom?

analoghaus (2009), Roving Records (1991)
Stil:  Americana

01. Gotta Get Away
02. Still Waters Run Deep
03. Restless Heart
04. Ghost Train
05. In Your Eyes
06. Here And Now
07. For Your Love Part I
08. For Your Love Part II
09. Never Going Home

Bonus Tracks: 
10. Rainy Town
11. Going Through A Hard Time
12. Back To The Wall Of History
13. Don’t Want To Be Your Lover Anymore
14. Ghost Train
15. The Desert

analoghaus

Restless Heart – Still Restless – CD-Review

Rest

Musik-Gourmets, deren Vorliebe unnachahmlichen mehrstimmigen Harmonien in einem herrlich klaren Sound und wunderbaren, sich höchst angenehm in den Ohren festsetzenden Melodien gehört,   dürfen sich freuen: Restless Heart, diese Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger so überaus erfolgreiche wie beliebte New Country/Country-Pop/Country-Rock-Band ist nach weit über zehnjähriger Abstinenz (die Phase ohne den etatmäßigen Sänger Larry Stewart mal außen vorgelassen) zurück! Und das in der Original-Besetzung, also mit Larry Stewart (Vocals), John Dittrich (Drums, Vocals), Paul Gregg (Bass, Vocals), Greg Jennings (Guitars) und Dave Innis (Keyboards)! Wow, was für ein tolles, beeindruckendes, neues Album haben sie da nach all den Jahren mit „Still Restless“ plötzlich wieder aus dem Hut gezaubert. Als wäre die zeit stehen geblieben! Sie haben nichts verlernt!

Alles, was sie je auszeichnete, ist wieder vorhanden! Ohne Übertreibung, das ist ein weiteres, absolutes Highlight eines sich jetzt langsam dem Ende neigenden, starken Country-Musikjahres 2004, in dem man ohnehin schon, mehr als in den Jahren zuvor, durch zahlreiche interessante und überdurchschnittliche Neuerscheinungen verwöhnt wurde. Solch eine „Unruhe“ lässt man sich einfach gerne gefallen. Bereits bei den ersten Mandolinen- und Akustikgitarrenklängen, sowie dem Einsatz von Larry Stewarts großartiger, unverkennbarer Stimme beim starken Opener „Feel My Way To You“ kribbelt’s im ganzen Körper. Die unnachahmlich präzisen und fein abgestimmten Harmoniegesänge, sowie Paul Jennings fulminantes Slidegitarrenspiel lassen hier bereits erahnen, dass auf einen, auch in der Folgezeit, ganz besonderer musikalischer Genuss zukommen wird.

Die Band präsentiert sich durch und durch als harmonische Einheit. Jeder der Beteiligten bringt sich meist unaufdringlich und dezent spielerisch, dabei aber optimal, in das Gesamtprojekt ein. Auch die Hinzunahme einiger weniger auserwählter Klasse-Instrumentalisten wie Jerry Douglas (starkes Dobrospiel auf „Down The Road“ und dem Beatles-Klassiker „The Night Before“), Dan Dugmore (Steel auf „Every Fire“), Jonathan Yudkin (Fiddle auf „The Night Before“ und „Down The Road“), sowie Mac McAnally verleiht der ganzen Geschichte noch mehr Substanz. Wie ein roter Faden ziehen sich natürlich die anfangs erwähnten Harmony Vocals, ein unumstrittenes Markenzeichen von Restless Heart, durch alle Songs, wie man sie in dieser Perfektion wohl nur noch von den Eagles dargeboten bekommt.

Die Bandbreite der Lieder erstreckt sich von knackigem New Country („Feel My Way To“, „Down The Road“, „Same Boat Now“), über Westcoasteinflüsse ( „Looking Back“, „And More“), bis hin zu niveauvollem, balladeskem Country-Pop („Every Fire“, „Miracle“) und Country-Rock mit leichter Southernwürze („Makin’ Hay“, mit grandiosen Gitarrenriffs und herrlichem Honkytonk-Feeling; das Stück gibt es übrigens in ähnlich guter Manier auf Clay Davidsons Debütalbum „Unconditional“). Auffällig auch der kristallklare und gut abgemischte Sound! Hier haben die Produzenten Kyle Lehning (Randy Travis) und Mac McAnally (Jimmy Buffet) Maßarbeit abgeliefert. Die abschließende Traumballade „What We Know Now“ (da schleicht sich plötzlich, neben einem Klasse E-Gitarren-Solo gegen Ende des Liedes, in der Mitte doch sogar eine Double-Leads-Passage ein) ist dann Vergangenheitsbewältigung pur!

Die Truppe zerbrach ja damals an dem unerwarteten Ruhm, Stress und Erfolgsdruck, den die erfolgreiche Zeit zwischen 1985 und Anfang der Neunziger mit diversen Gold-Alben, unzähligen Top-Hits und gefeierten Auftritten mit sich brachte. Heute wirken die Akteure frisch, ausgeglichen und unverkrampft, ja sie versprühen regelrecht positive Energie. Man merkt ihnen den Spaß an der Sache zu jeder Phase von „Still Restless“ an. Also, wenn man mal die lohnenswerten, sinnvollen und erfreulichen Comebacks auflistet, dann gehört das von Restless Heart sicherlich dazu!

Koch Records (2004)
Stil: New Country

01. Feel My Way To You
02. Down The Road
03. Same Boat Now
04. Looking Back
05. And More
06. Makin‘ Hay
07. Every Fire
08. Yesterday’s News
09. Miracle
10. The Night Before
11. What We Know Now

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