Cold Truth – Do Watcha Do – CD-Review

Cold Truth sind ein amerikanisches Rock-Quartett und stammen aus Murfreesboro, Tennessee. Ihr Debüt hatte bei den wenigen Insidern hierzulande glänzende Kritiken zufolge, da sie in zeitgemäßer und höchst authentischer Form an die klassischen Rockbands der siebziger Jahre anknüpften. Ihre furiose Cover-Version des Free-Klassikers „Fire And Water“ wusste dabei besonders zu gefallen.

Cold Truth bestehen aus der hervorragenden Rhythmus-Sektion Matt Green (Drums) und Abe White (Bass), dem immer wieder brillant agierenden Lead-Gitarristen Kurt Menck (erinnert an Mick Ralphs) und dem Musiker, der dieser Band so etwas wie ein außergewöhnliches Gesicht verpasst, Thane Shearon (Vocals, Guitar). Shearon ist nicht nur mit einer begnadeten Charakterstimme gesegnet, sondern beweist im Verbund mit Kurt Menck auch noch famose Songwriter-Qualitäten.

Er hört sich an wie eine geniale Mischung aus Paul Rodgers, David Coverdale und Chris Thompson und passt unheimlich gut zum straight rockenden Stil der Band. Die Southern Rock-Fraktion dürfte ihn auf dem letzten All-Star-Tribute-Sampler für Lynyrd Skynyrd schon mal zur Kenntnis genommen haben, als er im Verbund mit Ed King, Artimus Pyle und den Original Honkettes eine fulminante Version von „Double Trouble“ hinlegte, die teilweise auch als Saturday Night Special Band Konzerte geben.

Apropos Ed King. Der ist voller Lobes für Thane Shearon und bezichtigt ihn in einem Interview als denjenigen, der den Skynyrd-Stoff wohl gesangstechnisch am besten beherrscht und erteilt seinen früheren Kollegen damit eine kleine Breitseite. Ihrer guten Beziehung zu einander sei Dank, hat man auf „Do Watcha Do“ die Gelegenheit Ed Kings Gitarrenkünste wieder mal ein paar Minuten genießen zu dürfen, denn der bedient die Slide-E-Gitarre beim starken „If That Ain’t Enough“, einem der vielen Highlights dieser durchgehend selbst komponierten Scheibe. Klasse hier auch die rotzigen, weiblichen Backs von Nancy Roark.

Die vier Jungs rocken in relativ kompakter Form (man verzichtet scheinbar bewusst auf länger ausufernde Songs) in der Tradition von Bands wie Bad Company (wohl stärkster Einflussgeber), Black Crowes, Humble Pie, AC/DC, Steve Schuffert Band oder Whitesnake (hauchzart), dazu mit einem dezenten Southern Rock-Teint, hat aber den Muff der damaligen Zeit völlig abgelegt. Das ist moderner Rock, ein bisschen bluesig angehaucht, wie er heutzutage sein muss. Klar produziert, gut abgehend, riffig und hochmelodisch. Lediglich bei „Peace With Me“, „Whisper To Me“ und beim tollen, abschließenden „Light My Way“ wird Zeit zum Ausatmen gewährt. Die Empfehlung für Cold Truths „Do Watcha Do“ kann daher nur lauten. Schleunigst kaufen tun!

Eigenproduktion (2009)
Stil:  Southern Rock / Hard Rock

01. Cold As Hell
02. Diesel
03. If That Ain’t Enough
04. Gimme Some
05. Set Me Free
06. Peace With Me
07. Shakedown
08. Together
09. This Time
10. Finding The Way
11. Whisper To Me
12. Payin Dues
13. Light My Way

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Cold Truth – Grindstone – CD-Review

Ich hatte bei Cold Truth eigentlich keine Zweifel, dass das oft so schwierige dritte Album einer Band nach zwei Klassewerken (vor allem dem saustarken Vorgänger „Do Watcha Do„) der vorgegebenen Pace und der damit verbundenen immensen Erwartungshaltung nicht standhalten könnte. Erst recht nicht, als ich vor kurzem die Bewertung des geschätzten Schreibkollegen Steve Braun zur vorab ausgegebenen 5-Song-EP mit Neugier und Freude zugleich vernommen hatte.

Mittlerweile liegt mir der komplette Silberling mit insgesamt zwölf Tracks vor, der nicht nur den anspruchsvollen Status Quo wahrt, sondern sogar die Messlatte wieder in beeindruckender Art noch ein wenig höher schraubt, so dass ich mir guten Herzens erlaube, dem Quartett, bestehend aus Sänger Thane Shearon, Gitarrist Kurt Menck, Bassist Abe White und Drummer Matt Green, bereits zum zweiten Mal ein blendendes Arbeitszeugnis auszustellen.

Der Rock-Vierer aus Nashville, Tennessee, setzt erneut auf Konstanz, was Songwriting (die meisten Lieder stammen wieder aus der Feder des Duos Shearon und Menck, aber auch Green und White bringen sich jeweils einmal ein), Produktion (wieder zusammen mit Michael St. Leon) und sparsamem Musikereinsatz (mit Bekka Bramlett und Chris Carmichael nur zwei Gäste an Bord) betrifft.

Das grandios eröffnende Trio („Livin‘ Hard“, „Where The Music Takes Me“, und der potentielle neue Biker-Hit „No Sleep Still Sturgis“ (herrlich die Thin Lizzy-Gedächtnis-Twin-Passage) gleicht 1. 1 der EP und bekommt mit dem knackigen, in Bad Company-Manier lasziv rockenden „Leave Your Leather On“ ein weiteres Highlight hinzugefügt. Der vielleicht etwas andere Musikstoff für die einschlägige Tabledance Bar um die Ecke…

Der Titelsong „Grindstone“ malmt, seinem Titel gerecht, mit einem wunderbar an AC/DC reminiszierenden E-Führungs-Riff alles nieder, was in die musikalische Quere kommt. Nach diesem insgesamt ziemlich heftigen Auftakt, bescheren uns Shearon, Menck & Co. mit „The Long White Line“ (übrigens nicht Christoph Daum gewidmet) eine erste atmosphärische Ruhepause, die aber wieder mit exzellenter E-Gitarrenarbeit, inklusiver Double Leads-Elemente, durchzogen ist. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch das später folgende „Last Man Alive“.

„New Horizon“ lässt erneut Bad Company-Wolken am Firmament aufziehen, dem ein ZZ Top durchtränkter Texas Blues-Rocker in Form von „Hands On The Wheel“ auf dem Fuße folgt. Bei „Take Up The Serpents“ brodelt es southern-rockig in bester Skynyrd’scher „Gimme Back My Bullets“-Manier, klasse hier der verspielte E-Gitarren-Ausklang.
Kommen wir zu meinem persönlichen Highlight. Als Liebhaber von weiblichen Background- und Harmoniegesängen, gibt es mit einer meiner absoluten Lieblingssängerinnen in Nashville-Gefilden, Bekka Bramlett, eine eine furiose Gastbeteiligung. Beim kleinen, dreckigen, von Twin-Gitarren ummantelten Rocker „Give It Time“ rotzt die vielgebuchte Röhre in ihrer unnachahmlichen Art dem ebenfalls groß aufsingenden Thane Shearon immer wieder unwiderstehlich entgegen. Gesangskunst beider auf Weltklasse-Niveau! Herrlich!

Dem abschließenden hymnischen „Free Man“ wurden bereits durch Steve Braun die passenden Worte gewidmet. Die erwähnte, von Chris Carmichael (wirklich sehr schön und harmonisch, ohne jeden Anflug von Kitsch) im Studio arrangierte String-Passage bietet sich nahezu an, live durch ein southern-typisches Gitarrenfinale als absolutes i-Tüpfelchen ersetzt zu werden. Toller Abschluss. Der Gesamtsound des Albums ist übrigens selbst bei erhöhter Lautstärke recht transparent gelungen. Cold Truth lassen auch mit ihrem dritten Werk „Grindstone“ nichts unversucht, dem Spirit vieler klassischer Rock-Bands, die unser Leben seit den siebziger Jahren nachhaltig begleitet haben, mit vielen eigenen Ideen, neuen Zeitgeist einzuhauchen. Und das ist wieder mal blendend gelungen!

Kommen wir nun zu den Ungerechtigkeiten dieser Erde. Die nackte Wahrheit (freie Übersetzung) ist leider, dass dieses Quartett aus Nashville mit solcher Musik in der zuvor erwähnten Zeit, aller Wahrscheinlichkeit nach, zur gutbezahlten Elite der Szene gezählt hätte, heute leider aber immer noch, händeringend nach einem Plattenvertrag, Klinken putzen muss. Wo sind hier die mutigen Entscheider der größeren Labels in Music City, die auch mal für einen kurzen Moment das Country-Auge zudrücken können? Aber wie dem auch sei. erneut absolute Zulegeempfehlung!

Eigenproduktion (2014)
Stil:  Southern Rock / Hard Rock

01. Livin‘ Hard
02. Where The Music Takes Me
03. No Sleep ‚Til Sturgis
04. Leave Your Leatrher On
05. Grindstone
06. The Long White Line
07. New Horizon
08. Hands On The Wheel
09. Last Man Alive
10. Take Up Serpents
11. Give It Time
12. Free Man

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Tammy Cochran – Life Happened – CD-Review

Für eine junge Künstlerin, die erst gerade ihr zweites Album veröffentlicht, ist Tammy Cochran ein erstaunlich reifes Werk gelungen. Wirft man einen Blick in ihre Biographie, liegen die Gründe dafür auch relativ schnell auf der Hand.

Verlust ihrer beiden Brüder krankheitsbedingt während ihrer Kindheit, eine überstürzte Heirat mit prompt folgender Scheidung, führten zu einer umso sorgfältigeren Vorbereitung auf das Musikbiz in Nashville. Der Lohn. Ein erfolgreiches Debüt und ein nahezu perfekter Nachfolger.

Das Fundament bildet, wie so oft, die Elite der New-Country-Studiomusiker. Dazu attestiere ich eine intelligente Auswahl an Fremdkompositionen; aber gerade das eigene Songwriting wertet diese Scheibe ungemein auf. Starke Texte, bei denen Leuten wie du und ich, die harten Realitäten des Lebens schonungslos vor Augen geführt werden, aber auch immer wieder das Licht am Ende des Tunnels gezeigt wird, hinterlassen eine enorme Wirkung.

Besonders klasse. „Dead Of The Night“, das mich von der Dramatik her an Garth Brooks‚ „The Thunder Rolls“ erinnert. Ein kleines Mädchen beendet die fortwährenden und gewalttätigen Auseinandersetzungen der Eltern, in dem es den angetrunkenen Vater mit einer 45er niederstreckt.

Oder mein Lieblingstitel des Albums. Das knackige „All In How You Look At Things“, das die Message transportiert, dass man, egal wie die Dinge auch sind, das Positive für sich daraus mitnehmen sollte.

Auch der Titelsong, „Life Happened“, über die vergebenen Möglichkeiten im Leben, dürfte vielen aus der Seele sprechen. Irgendwo eine sympathische CD von einer angenehm wirkenden Person, die auch sozial und politisch engagiert ist.

Sony Music Entertainment/Epic (2002)
Stil:  New Country

01. Love Won’t Let Me
02. Wanted
03. Go Slow
04. What Kind Of Woman Would I Be
05. White Lies And Picked Fences
06. I’m Getting There
07. Life Happened
08. I Used To Be That Woman
09. Dead Of The Night
10. All In How You Look At Things
11. If You Can

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Bärchen Records

Eric Clapton & Friends – The Breeze – An Application Of JJ Cale – CD-Review

Ich bin mir sicher, dass es vermutlich kaum eine weitere Person so hart getroffen hat wie Eric Clapton, als er im letzten Jahr vom plötzlichen Herzinfarkt-Tod JJ Cales, einem seiner größten musikalischen Einflussgeber, erfahren hatte. Auch ich war natürlich traurig über den Verlust des eigenbrötlerischen Singer/Sonwriters aus Tulsa/Oklahoma, der in meiner Tonträger-Sammlung mit recht vielen Exemplaren vertreten ist.

Zumal mich auch ein besonderes Erlebnis mit ihm verbindet. Ich erinnere mich noch genau, wie ich am Tage meines 18. Geburtstages an einem regnerischen Montagmorgen (es war Rosenmontag) mit ca. 30 Bekannten/Schulkameraden im 16qm großen Raum meines kleinen Appartements im Haus meiner Eltern in einer Kombination aus Geburtstagsfeier und Frühschoppen bei belegten Brötchen und jeder Menge Bier in feucht-fröhlicher Stimmung zusammenhockte. Einer von diesen hatte mir Cales gerade herausgekommene LP „Shades“ geschenkt, die dann natürlich als Kontrast zum Karnevals-Gedudel auch auf den Plattenteller geworfen wurde. Später wurde dann in einer damals legendären Rheinberger Rockkneipe bis in die späten Abendstunden (sofern man noch konnte…) weitergefeiert.

Eric Clapton, der sich mit The Road To Escondido, in Form einer direkten Zusammenarbeit mit Cale, vor einigen Jahren einen großen Wunsch erfüllt hatte, hat jetzt nochmals einen illustren Kreis an Musikern (zum Teil auch aus dem Dunstkreis seiner Crossroads Guitar Festivals) zusammengetragen, um seinem langjährigen Weggefährten post mortem Tribut zu zollen.

Angesichts der unbestrittenen Qualität der mitwirkenden Leute ist letzten Endes auch ein sehr schönes Werk entstanden, das den eigenwilligen Spirit des introvertierten Troubadours schön widerspiegelt. Mr. Slowhand ist bei allen Stücken gitarrentechnisch, sowie in Sachen Lead- oder Backingvocals vertreten. Auf „I’ll Be There (If You Ever Want Me)“ zeigt er, dass er es auch auf der Dobro kann.

Clapton eröffnet dann auch den aus insgesamt 16 Tracks bestehenden Reigen mit einer schönen Version von „Call Me The Breeze“. An diesem Stück hatte sich ja bereits John Mayer auf seinem letzten Werk Paradise Valley ebenfalls sehr gekonnt versucht, der hier auch bei starken Stücken wie „Lies“, „Magnolia“ oder „Don’t Wait“ erheblich mit von der Partie ist.

Eine der großen Überraschungen ist für mich persönlich Tom Petty. Der entpuppt sich auf Songs wie „Rock And Roll Records“ und „I Got The Same Old Blues“ (auch wenn hier Skynyrds legendäre Coverversion unerreicht bleibt) als Meister der Imitation. Er singt hier Cale zum Verwechseln ähnlich, sodass man teilweise meint, JJ hätte selbst vor dem Mikro gestanden.

Ein weiteres Schwergewicht auf diesm Album ist zweifelsohne Mark Knopfler. Traumhaft sein typisches Fingerpicking auf dem herrlich entspannten „Someday“. Da hat man nicht nur Lust, sowohl Cales alte Scheiben rauszukramen, als auch Marks Sologeschichten wie „Road To Philadelphia“ oder „Shangrila“, genau wie die alten Dire Straits-Sachen mal wieder einzuwerfen. Klasse dann vor allem das direkte Zusammentreffen von ihm und Eric auf „Train To Nowhere“, wo beide dann auf ihren Lieblingsgeräten mal richtig zaubern (auf „Someday“ ist es eher eine Knopfler-Solo-Performance).

Einen eher unauffälligen und soliden Gesangs-Part erledigt der mir nicht bekannte Singer/Songwriter Don White („Sensitive Kind“, „I’ll BeThere“ und „Train To Nowhere“). Lediglich Willie Nelson – zwar aufgrund seiner ebenfalls kauzigen Art durchaus mit Cale seelenverwandt – wirkt auf dieser Compilation trotz eigenwilliger Leistung ein wenig wie ein Fremdkörper. Sein durchaus gelungenenes countrylastiges „Songbird“ (klasse Slide von David Lindley, schön quäkige Harp von Michael Raphael), und das wirklich furchtbar schräg dahin genöhlte „Starbound“ wirken im geballten Stratocaster-Aufkommen der restlichen Stücke wie Fremdkörper. Ein Vince Gill wäre hier vielleicht die bessere Alternative gewesen. Weitere markante Gäste sind noch Leute wie Albert Lee, Derek Trucks, Reggie Young, Doyle Bramhall II, Don Preston, sowie die Cale-Veteranen Jim Karstein und Jamie Oldaker.

Am Ende darf man sich dann zusammen mit Eric und JJs langjähriger Begleiterin und Ehefrau Christine Lakeland bei „Crying Eyes“ eine Gedächtnis-Träne für John Weldon Cale alias JJ Cale aus dem Auge drücken. Insgesamt ist Eric Clapton, der mittlerweile ein Großteil seiner Freizeit auf Antigua verbringt (würde mir auch gut zu Gesicht stehen…) mit „The Breeze – An Appreciation Of JJ Cale“ ein sehr feinfühliges Tribut an den Meister der Laid Back-Gesangs- und Gitarrenkunst gelungen. R.I.P. JJ Cale!

Polydor/Universal (2013)
Stil:  Blues Rock / Country Rock

01. Call Me The Breeze (Vocals Eric Clapton)
02. Rock And Roll Records (Vocals Eric Clapton & Tom Petty)
03. Someday (Vocals Mark Knopfler)
04. Lies (Vocals John Mayer & Eric Clapton)
05. Sensitive Kind (Vocals Don White)
06. Cajun Moon (Vocals Eric Clapton)
07. Magnolia (Vocals John Mayer)
08. I Got The Same Old Blues (Vocals Tom Petty & Eric Clapton)
09. Songbird (Vocals Willie Nelson & Eric Clapton)
10. Since You Said Goodbye (Vocals Eric Clapton)
11. I’ll Be There (If You Ever Want Me) (Vocals Don White & Eric Clapton)
12. The Old Man And Me (Vocals Tom Petty)
13. Train To Nowhere (Vocals Mark Knopfler, Don White & Eric Clapton)
14. Starbound (Vocals Willie Nelson)
15. Don’t Wait (Vocals Eric Clapton & John Mayer)
16. Crying Eyes (Vocals Eric Clapton & Christine Lakeland)

Eric Clapton
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J.J. Cale

Bleu Edmondson – Lost Boy – CD-Review

Dass Rot-Weiss Essen-Fans nicht nur in Sachen Fußball, sondern auch im musikalischen Bereich zu den geschmacklich privilegierten Personen im Lande zählen, führte ich ja bereits in meinem Review zu Texas Renegade aus. Und so schickte mir auch diesmal mein geschätzter Bekannter Helmut Tautges, unnachgiebig regierender Präsident der RWE-Uralt-Ultras, wieder einen echten texanischen Leckerbissen. Es handelt sich um Bleu Edmondson, der mit „Lost Boy“ jetzt gerade seine vierte CD (drei Studiowerke, ein Live-Album) veröffentlicht hat.

Edmondson stammt aus Dallas, hatte im Alter von 19 Jahren bereits einige Songs geschrieben, obwohl er erst mit 21 die erste Gitarre geschenkt bekam. Die Grundgriffe brachte ihm Scott Owen bei, der bei Roger Creager die Saiten zupfte. Als Einflüsse gibt der begabte Musiker Interpreten wie Bruce Springsteen, Robert Earl Keen, Lyle Lovett und die Rolling Stones an. Ab dem Zeitpunkt, als der Bursche dann dem texanischen Musiker und Produzentenguru Lloyd Maines (Vater von Dixie Chicks-Sängerin Natalie Maines) ein Demo-Band schickt und diesen als Fürsprecher gewinnt, geht es dann eigentlich nur noch geradeaus voran.

Sein neues Album „Lost Boy“ bietet einen schönen Exkurs über den weitgefächerten und viel interpretierten Begriff Americana, denn hier wird so ziemlich alles gestreift, was man im üblichen Sinne an wichtiger amerikanischer Rockmusik kennen sollte. Es geht von poprockigen, rhythmischen Songs mit viel Drive, über Southern- und Roots-/Red Dirt Rock-Elementen bis hin zu melancholischen Balladen und knarzigem Singer/Songwriter-Stoff. Rein textlich gesehen strahlt der gute Bleu nicht gerade die pure Lebensfreude aus (zumindest auf diesem Silberling), sondern serviert hier eher schwerverdauliche, introvertierte Kost im Stil eines Eric Heatherly.

Highlights in einem durchgehend guten Album, das an John Mellencamp/Bruce Springsteen erinnernde und flott abgehende „American Saint“, das mit Wade Bowen zusammen komponierte „Ressurrection“ mit seinen Tempo-und Stimmungswechseln, die wunderschöne Ballade „The Echo (Maybe Tonight)“ mit herrlichen Saxofon-Passagen, das von Southern-E-Riffs umgarnte „Finger On The Trigger“ (aus der Feder von Brandon Jenkins – auch ein toller Musiker aus der Red Dirt-Szene), das countryinfizierte „Another Morning After (The Night Before)“, das Bleu mit Barde Ray Wylie Hubbard geschrieben hat und das abschließende „Don’t Fade Away“ in bester Neil Young-/Bob Dylan-Manier, nur mit Akustikgitarrenbegleitung und einfließenden Harp-Passagen.

Bleu Edmondson macht für seine jungen Jahre eine bereits sehr reif wirkende und vor allem sehr abwechslungsreiche Musik. Er besitzt eine tolle Stimme und hat ausgesprochene kompositorische Fähigkeiten. Neben den bereits erwähnten Künstlern würde ich noch Leute wie die Tyler McCumber Band, Ryan Bales und Johnny Cooper als landestypische Vergleichsgrößen benennen. Fazit. Wieder einmal großartiger Stoff aus Texas! Produziert übrigens von Dwight Baker, der schon mit Interpreten wie u.a. Bruce Springsteen, The Police und Fleetwood Mac gearbeitet hat.

Smith Entertainment (2007)
Stil:  Red Dirt

01. American Saint
02. Last Call
03. Ressurrection
04. The Echo (Maybe Tonight)
05. Jesus Is Cryin‘
06. Back To You
07. Finger on The Trigger
08. You Call It Trouble
09. Last Last Time
10. Another Morning (After The Night Before)
11. Don’t Fade Away

Bleu Edmondson
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Bärchen Records

Dry County – Cowboy Up – CD-Review

Achtung! Aufgepasst! Dies ist eine CD für Männer, dementsprechend ist diese Besprechung auch nur für echte Männer gedacht. Emanzen, Frauenversteher und all die, die unserer Spezies seit Jahrzehnten ihre angeborenen Instinkte madig zu reden gedenken und an unserem unzerrüttbaren Selbstbewusstsein (inkl. unseres eigenwilligen Humors) kratzen wollen, sollten sich die vorprogrammierten Schreie der Empörung sparen. Sie sind hier fehl am Platze. Das ist Musik für uns eindimensional gestrickte Geschöpfe, die sich um Multitasking einen Dreck scheren, und, wenn überhaupt, dann höchstens für die Pams, Katies oder Lindseys & Co. dieser Erde.

Einfach herrlich diese, dank ihres charismatischen Bandleaders Jeff Gallagher, so machohaft klingende, mit viel Redneck-Flair umwobene New Country-Band (weitere Mitglieder. Randy Solski, Don Laframboise, Keith Silver, Uncle Dik) aus Toronto, Ontario in Kanada, die jetzt mit „Cowboy Up“ ihr Meisterwerk hinlegt, nachdem ihr Debüt und auch der superstarke Vorgänger „Waitin‘ On Hank“ schon nicht von schlechten Eltern waren.

AC/DC meets Alabama‘ heißt die Formel, auf die ihr bisheriges musikalisches Treiben grob reduziert wurde. Sicherlich sind all ihre Werke immer wieder mit einigen an die berühmten Australier reminiszierenden Riffs (wie „Cowboy Up“ natürlich auch) durchzogen, aber im Prinzip wird doch hauptsächlich deftiger New Country mit sattem Southern Rock auf’s Vortrefflichtste gepaart. Diese CD riecht förmlich nach schwülheißen Swamps, schlammüberzogenen, öligen Pickups, lodernder, knisternder Holzkohle, bruzzelndem Grillfleisch sowie Whiskyflaschen und Bierdosen, die es bei guter Musik in rauen Mengen zu leeren gilt.

Gallaghers Eröffnungsstatement »So turn it up and up and up, we want it louder« zeigt beim feucht-fröhlichen, rockigen Opener „Hey Hey Cheers“ direkt die Richtung an, in die der Hase in den folgenden knapp 40 Minuten läuft. Kronkorken klackern und das zischende Einfließen eines kühlen Gerstensaftes bilden den passenden Abschluss eines launigen Liedes. Ich bin mir sicher, dass Toby Keith, John Rich und Trace Adkins der Band begeistert zuprosten würden. „Cowboy Up“ und „Redneck Song“ sind zwei weitere, mit fetten Drums (grandios auftrumpfend Uncle Dik, vor allem mit seiner poltrigen Fußtrommelarbeit), klirrenden Gitarren und Gallaghers grimmigem Gesang bestückte, kompromisslose Southern-Rocker, die den (vermutlich eh schon überhöhten) Blutdruck der meisten Genre-Fans noch weiter empor schnellen lassen. Klasse!

Mit ganz dezenten Mitteln wird auch immer wieder für Abwechslung gesorgt. Für die Countrynote sorgen ab und zu schön eingeflochtene Banjopassagen in Urbanscher Manier („Hillbilly Train“, „Drunk On Yer Love“). Einmalige, weibliche Harmonies (schade, warum eigentlich nur hier?) veredeln einen weiteren Southern-Stampfer namens „Ditry Secrets“. Bläsereinsätze verleihen dem furiosen „The Way You Is“ noch mehr Volumen, als es ohnehin schon hat. Und wenn Gallagher wie ein räudiger Hund bei einer der zwei Balladen »Thank you for loving me imperfect«, frei nach dem Motto „Liebling ich habe dich zwar schon hundertmal betrogen, aber ab jetzt wird alles anders“ dahinseufzt, kann man sich ein mitleidiges Grinsen nicht verkneifen.

Zum Schluss erfährt man noch bei Kuhglocken-Drumming, Mariachi-artiger Bläserbegleitung und rockigen Gitarren, was Margaritas, Darth Vader, The Undertaker, Sammy Hagar und jede Menge Tequilia mit „Mexicoma“ verbindet. Ein stimmungsreiches Finale! Die herrlich fette und glasklare Produktion (großes zusätzliches Lob hierfür), macht diese Scheibe zum kurzweiligen Erlebnis. Ein perfekter Begleiter bei allen Dingen, die wir Männer gerne machen, sofern wir mal unter uns sind und uns den Fängen dieser uns zu femininen Geschöpfen abrichten wollenden Strategen/innen entziehen können.

Lasst uns von daher in Sachen Dry County auf ein weiteres Laster, das wir fortan bedingungslos unser Eigen nennen können, anstoßen. Cheers!

RS Sounds (2010)
Stil:  New Country, Southern Rock

01. Hey Hey Cheers
02. Cowboy Up
03. Hillbilly Train
04. Redneck Song
05. We Ain’t Messed
06. Imperfect
07. Drunk On Yer Love
08. Dirty Secrets
09. Little Girl Of Mine
10. The Way You Is
11. Mexicoma

Dry County
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Bärchen Records

Driveway – Traveling Light – CD-Review

Mit Musik aus Kanada bin ich eigentlich bis jetzt immer gut gefahren. Schöne Beispiele dafür sind Bryan Adams, Shania Twain, die New Country-Senkrechtstarter Doc Walker, Roch Voisine, als auch die vor kurzem von mir beleuchtete Melanie Dekker, die alle hervorragend in mein, von so hoher Flexibilität gekennzeichnetes Geschmacksspektrum passen… Ein weiteres positives Exemplar ist die aus Toronto stammende Band Driveway (gegründet 2002), die sich aus zwei Ex-Mitgliedern einer Truppe mit der merkwürdigen Bezeichnung MadE (Jason Taylor – Vocals, Guitars; Chris Syntnyk – Bass) rekrutierte und mit Robin Mason (Drums) und Corey Matheson (Vocals, Guitars, Pedal Steel, Piano, Organ) ergänzt wurde.

„Traveling Light“ ist ihr zweites Album, das sie jetzt ins Rennen schicken und das ist zum Jahresende hin noch mal so ein richtiger Knaller. Die Band ist von der musikalischen Basis her recht rockig ausgerichtet, kombiniert und verschmelzt dabei mit einer ungemeinen Leichtigkeit Roots-, Country-, Southern Rock- und ganz dezente Westcoast-Ingredienzen zu einer extrem interessanten Mixtur, wobei jederzeit auf ein hohes Maß an Melodik geachtet wurde.

Gesangstechnisch ist man mit den zwei unterschiedlichen Charakteren Taylor (recht kauzig) und Matheson (rauchiger Bariton) sehr variabel aufgestellt (die beiden ergänzen sich trotzdem hervorragend) und hat mit der Gastsängerin Melanie Hilmi noch ein echtes Ass im Ärmel (erinnert mich an Susanna Hoffs von den Bangles), die grandios passende Harmoniegesänge abliefert und zum anderen bei „Since You’ve Been Gone“ im Duett noch beeindruckende Frontqualitäten an den Tag legt. Ein weitere Verstärkung ist James Gray, der sich mit Organ, Mandoline, Akkordeon und Fiddle für die Country-Quote von Driveway verantwortlich zeigt.

Das komplette Album ist wie aus einem Guss und gespickt mit sehr vielen Highlights, Schwachstellen oder Füller sucht man vergebens. Der fetzige Opener „Looks And Money“ klingt wie Steppenwolf meets Cross Canadian Ragweed, das unglaublich Wärme verströmende „Peace Love“ spannt den Bogen von Neil Young bis zu den Eagles, das durch lässig coolen Gesang in Kombination mit herrlichem Slidespiel glänzende „Hollywood“, das entspannte „Wasted Time“ (wirkt, wie wenn sich John Mellencamp oder Chris Knight mal ein wenig an den Southern Rock heranwagen würden) oder das in bester Neal Casal-Manier vorgetragene, balladeske „Fades To Black“ (wunderbares Steel-Heulen) sind Beispiele für exzellentes Songwriting mit auf den Punkt gebrachter Instrumentierung.

An den Reglerknöpfen saß neben Bandleader Jason Taylor noch der kanadische Kultproduzent Lurch. Driveway haben mit „Traveling Light“ eine fulminante Arbeit abgeliefert, ein viel versprechender Anwärter neben Steve Azars „Indianola“ für mein persönliches Album des Jahres 2008. Absolut begeisternder Stoff!

Curv Music (2008)
Stil:  Roots Rock

01. Looks And Money
02. Peace Love
03. Sweet Lorraine
04. Virginia
05. Since You’ve Been Gone
06. Hollywood
07. Wasted Time
08. Collapsing
09. California
10. Baby’s Revolution
11. Higher Ground
12. I Feel Alright
13. Fades To Black

Curv Music

Dreamcatcher – Catch Your Dream – CD-Review

Bis vor einer Woche war der Name Gerd Rube noch nicht bis zu mir tief in den Westen durchgedrungen, was vielleicht daran liegen mag, dass sich der Aktionsradius des 33-jährigen Schorndorfers bisher im Wesentlichen auf seine südlichen heimatlichen Gefilde unserer Republik oder des nahliegenden Auslandes beschränkt hat. Allerdings entnehme ich seiner Biographie, dass der gelernte Werkzeugmacher seit 1991, dem Beginn seiner Profikarriere, schon ein recht bewegtes Musikerleben für sich in Anspruch nehmen kann.

Neben bis zu 200 Auftritten jährlich, wären da acht eigene CDs, größtenteils mit bekannten Coverstücken, aber auch einigen Eigenkompositionen, wovon „Broken Hearts ‚N‘ Bourbon Whiskey“ ihm eine Auszeichnung als Newcomer des Jahres der ‚German American Country Music Federation‘ einbringt, „Happy Days“ zwei Monate lang als Videoclip auf MTV präsentiert wird, und „Florida Keys Song“ auch viel Anerkennung bei Gigs in den Südstaaten der USA beschert. Eine weitere tolle Erfahrung war sicherlich die Zusammenarbeit mit den Musikern von US-Country-Superstar Garth Brooks.

Als konsequente Weiterentwicklung hat er sich jetzt mit erfahrenen Leuten wie Bodo Schopf (Drums – Ex-Falco, Michael Schenker, Eloy, Pur), Darrell McCullough (Guitar – Ex-Billy Cobham, Chris Thompson) und Arnold ‚Mucki‘ Wilson (Bass – Ex-Al Jarreau, George Duke) zur Band Dreamcatcher zusammengetan und präsentiert eine CD mit 15 ausnahmslos aus der eigenen Feder stammenden Liedern.

Die Songs bestechen durch ihre Einfachheit und Zeitlosigkeit. Hier wurde kein Versuch unternommen, sich irgendwelchen aktuellen Trends zu unterwerfen, sondern man orientiert sich an bodenständigen Stücken, die man seit Jahren immer wieder gern gecovert hat und mit denen man Menschen meiner Generation immer wieder viel Freude bereitet.

Es ist ungefähr wie bei der Currywurst mit Pommes. Schlicht, aber immer wieder gut und gern genommen. Tolle Melodien, die sofort im Ohr hängen bleiben, stehen eindeutig im Mittelpunkt des Geschehens, also nichts für Freunde schräger Töne und intellektueller Audioorgasmen. Ob Westcoast, gefühlvolle Ballade, Southern- oder Mainstreamrock, Gerd Rubes rauchige Stimme legt sich traumhaft schön über die ansprechenden instrumentalen Darbietungen seiner Kollegen.

Kommen wir zu meinen Highlights. Da wären die Uptempoballaden „Rain At The Window“ und „Lift Me Up“, die ohne weiteres zum Hitrepertoire eines Bryan Adams gehören könnten; die Southern Rock- orientierten Sachen wie „Brand New World“ und „The Snake“ (Richtung Outlaws), „Girl Next Door“, „It’s Easy Lovin‘ You“ und „We Stand For Rock’n’Roll“ (Bruce Brookshires Doc Holliday lässt grüßen) oder „Our Song“ mit seinem schönen zweistimmigen Gitarrenintro, dem nur noch das abschließende mehrminütige Solofinish zur Hymne dieses Genres fehlt; „Close Your Eyes“, das von Smokie nicht besser hätte geschrieben werden können, als auch die wunderschöne Ballade „I Still Love You“ in Eagles/Poco-Manier.

Kleine Schwächen entdecke ich nur bei einigen Harmoniegesängen (zu viele Hey-Heys bei „Killing me“ und das Rumgegospel bei „Set Me Free“), aber ansonsten ist das Werk eine überaus gelungene Produktion von der ersten bis zur letzten Minute, die noch sehr oft den Weg in meine CD-Player finden dürfte.
Von mir einen „Daumen hoch“ und ein „Weiter so“ für Gerd Rube und Co.!

White Eagle Music (2001)
Stil:  Rock & More

01. Killing Me
02. Behind The Moon
03. Just Let It Go
04. Rain At The Window
05. Close Your Eyes
06. Our Song
07. Brand New World
08. Set Me Free
09. Lift Me Up
10. The Snake
11. I Still Love You
12. Girl Next Door
13. It’s Easy Lovin‘ You
14. Now That You’re Here
15. We Stand For Rock’n’Roll

Gerd Rube
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The Delta Saints – A Bird Called Angola – EP-Review

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Ich hatte mir, als ich das Bild der fünf jungen Burschen von den Delta Saints gesehen habe und noch deren Ursprungsort Nashville zur Kenntnis genommen hatte, unter ihrer Musik, ehrlich gesagt, etwas ganz anderes vorgestellt. Ich war davon ausgegangen, dass irgendein findiger Scout, Produzent oder Labelinhaber aus Music City die Idee gehabt hatte, den Delta-Blues mittels einer frischen, unverbrauchten, dynamischen Band für die jüngere Generation zu öffnen, bzw. dadurch ein wenig massenkompatibler zu gestalten.

Eine etwas peppigere musikalische Aufmachung, vielleicht mit eingebauten Harmoniegesängen, mehr E-Gitarren, Keyboards, weiblichen Backs, ähnlich wie man das angestaubte, traditionelle Country-Genre damals in das wesentlich abwechslungsreichere New Country-Gefilde überführt hatte oder so. Passionierten Bluesern wird es allein bei diesem Gedanken vermutlich schon eiskalt den Rücken runter laufen.

Aber ich kann diese Klientel beruhigen, nichts von dem ist bei den Delta Saints, bestehend aus Ben Ringel – lead vocals / guitar, Dylan Fitch – lead guitar, David Supica – bass, Ben Azzi – drums und Greg Hommert – harp, passiert. Die gehen auf ihrer neuen EP „A Bird Called Angola“ an das Grundschema des Delta-Blues‘ zwar mit jugendlichem Elan heran, verzichten dabei aber auf jeden kommerziellen Hintergedanken.

Ganz im Gegenteil, durch das Einfließenlassen diverser Retroelemente wie psychedelische Rockanleihen à la Led Zeppelin/Doors & Co., wird die gebotene Kost sogar eher noch schwerer verdaulich. Ben Ringels aggressiver Gesang, Greg Hommerts Delta-Blues-typische Quäk-Harp und eine voluminöse, kräftige Rhythmusabteilung geben hier den durchgehend recht harsch geführten Ton an.

Blues-Freunden, die sich ja traditionell gerne an Dingen der Vergangenheit festklammern, dürfte von daher besonders diese o.a. Kombination viel Freude bereiten. Jene, da bin ich mir relativ sicher, werden sich diesen Flattermann namens Angola mit großem Genuss einverleiben.

Über die Delta Saints-Website kann man unter dem Button ‚Records‘ auf die Songs von „A Bird Called Angola“ und auch auf die der Vorgänger-EP mittels bandcamp.com in voller Länge zugreifen und sich so eine solide Grundlage für die Kaufentscheidung schaffen.

Eigenproduktion (2011)
Stil: (Delta) Blues Rock

01. Bird Called Angola
02. Good In White
03. Company Of Thieves
04. Callin‘ Me Home
05. Swamp Groove
06. Voodoo Walk

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Teenage Head Music

Melanie Dekker – Lekker Dekker Live 2010 – CD-Review

Ich hatte ja bereits 2009 das Vergnügen, die äußerst sympathische Musikerin aus Vancouver, Kanada, live erleben zu dürfen, als sie mit ihrem langjährigen musikalischen Weggefährten Jason Nett im Lintforter ABC-Keller eine feine Vorstellung gab.

Melanie wurde im Rahmen dieser Europa-Tournee von Elyse Jacobsen (Violine, Harmonies) und Mike Bell (Keyboards, Perkussion, Harmonies) begleitet, das hier zu besprechende Live-Album, enthält allerdings Mitschnitte von Auftritten aus Wien (Österreich), Ahaus (Deutschland) und Ebeltoft in Dänemark. Ein sehr spezielles Live-Album, wie ich finde. Gut, rein von der Besetzung und der Tatsache, dass Melanie noch vornehmlich einem Insider-Publikum vorbehalten ist, war klar, dass hier nicht ein Überschäumen an musikalischen Emotionen aufgezeichnet werden würde.

Aber dass dieses Dokument ein so derartig intimes Flair aufweisen würde, war für mich doch recht überraschend, denn die gute Melanie ist an sich ein recht temperamentvoller Mensch. Sehr minimalistisch vorgetragene Stücke, ganz wenig Ansagen von Melanie vor den Tracks und kaum Applaus nach den Stücken, gediegene Wohnzimmeratmosphäre omnipresent, fast eher aber wie im Studio. Ein Erklärungsansatz wäre, dass ein Großteil der Lieder vom Wiener Auftritt aufgezeichnet wurde, wobei man den Anwesenden wohl vorher vergessen hatte, explizit mitzuteilen, dass nach dem Songende auch geklatscht werden darf…

Aber Spaß beiseite, von einer Live-Scheibe erwarte ich halt auch ein wenig Lärm drum herum. An der Musik gibt es natürlich nichts zu deuteln. Melanies variable Stimme, ihr flockiges Gitarrenspiel, sowie das oftmals kammermusikartige Violinieren der Jacobsen und auch die filigranen Pianotupfer von Bell lassen keinen Zweifel daran, dass man es mit Könnern der Materie zu tun hat. So sind es auch letztendlich die flotteren Stücke wie „Saturday Night Show“ (mit ein bisschen Gypsy-Touch), „Little Miracle“ (schöne Tempowechsel), die ein wenig Shania-angehauchten „Hype (Somebody’s Baby)“ und „I Said I“, das recht rockige „Oh Yeah!“ (hier kommuniziert Melanie mal vor Songbeginn mit dem Audtorium) und das mit frechem Gesang bedachte „Soul Back“, die für etwas Schwung sorgen.

Schöne Beispiele für Mels gesangstechnische Variabilität bieten „Hollow“ (im Stile von Melissa Etheridge), „Here & Now“ (ein leichter Bon Jovi-Teint im Refrain) und oder das Elfenhafte, Marke Kate Bush, beim Titel „Flowers“ und dem dazu sehr gut passenden blumigen Gitarrenspiel. Ingesamt ist Melanie Dekkers „Lekker Dekker Live 2010“ eher ein Tondokument zum Besinnen, ein schönes Teil für Genießer ruhigerer, reduzierter Töne. Teilweise fehlt mir dann doch mal eine E-Gitarre.

Ich persönlich hätte aus diesem Stoff eher ein Akustik-Studio-Album fabriziert, für ein Live-Album wäre ein elektrischer Rahmen, mit tosendem Applaus und Zugaberufen am Ende sicherlich die bessere und zu ihrem Naturell passendere Wahl gewesen, denn irgendwie ist Melanie doch eher ein ‚flotter Feger‘! Die CD kann über Mels Homepage im Store für 15 Dollar geordert werden.

Elephant Ears Entertainment (2010)
Stil:  Singer / Songwriter

01. Lullaby
02. Shakespeare Says
03. Maybe We’re The Angels
04. Saturday Night Show
05. Little Miracle
06. Somebody’s Baby (Hype)
07. Hollow
08. Oh Yeah!
09. Soul Back
10. Blush
11. Wounded Soldier
12. Wishful Thinking (Echo Song)
13. I Said I
14. Here & Now
15. Flowers

Melanie Dekker
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