Arsen Shomakhov – Rain City Blues – CD-Review

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Ein russischer Gitarrist und Songwriter in Kanada, der Blues Rock-Musik macht. Ein echter Geheimtipp? Vielleicht ein zweiter kommender Ilya Toshinsky? Fragen, die mir beim Einlegen der neuen CD von Arsen Shomakhov durch den Kopf schossen.

Mit „Rain City Blues“ bringt er sein bereits viertes Album unter komplett eigener Fahne heraus, vom Titel her eine schöne Metapher, sowohl für die klimatischen Bedingungen, die seinem derzeitigen Wohnort Vancouver nachgesagt werden, als auch über seine musikalischen Präferenzen.

Shomakhov bietet keinen Blues Rock von der Stange, mit dem man die große Masse erreichen kann. Seine ausnahmslos selbst (zum Teil zusammen mit Darrell Mayes) kreierten Stücke, kommen mit einem gewissen (swingenden) Retro-Charme daher, allerdings auch in Verbindung mit experimentierfreudigen, jamartigen Kurzeinlagen oder verschachtelten Stimmungs- und Rhythmuswechseln, die seiner Musik letztendlich einen eigenen Stempel aufsetzen.

Während der shufflige Opener „Full Time Lover“ noch im Zeichen des Gastharpers Aki Kumar steht, setzen sein quirliges E-Gitarrenspiel sowie die Hammond- und Pianoklänge des Produzenten und Multiinstrumentalisten Kid Andersen im weiteren Verlauf die Hauptakzente.

Die gitarrentechnische Versiertheit und Experimentierfreudigkeit Shomakhovs kommt vor allem in den drei Instrumentalstücken „Strolling In San Jose“, „Three Arrows“ und „Hello, Little Bird“ zum Ausdruck.

Als meine Favoriten des Albums entpuppen sich das fröhlich groovende „Sunset Beach“ und das mit einem dezentem Southern Blues-Touch (ZZ Top/Allman Brothers) versehene Titelstück „Rain City Blues“ (irgendwo in der Nähe von „Dust My Broom“ und „Statesboro Blues“).

Der Rest ist eher was für Traditionalisten, deren Neugier aufgrund der oben beschriebenen Attitüden geweckt wird. Aus meiner Sicht, könnte vor allem der recht unscheinbar wirkende Gesang von Arsen Shomakhov, etwas mehr Gift vertragen, wenn man als Solokünstler in diesem hart umkämpften Genre herausstechen möchte…

Eigenproduktion (2019)
Stil: Blues (Rock)

Tracklist:
01. Full Time Lover
02. No More!
03. Sunset Beach
04. Women And Whiskey
05. Strolling In San Jose
06. Rain City Blues
07. Boogaloo
08. Three Arrows
09. Sitting On a Fence
10. Hello, Little Bird

Arsen Shomakhov
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Peddle Train – Natural Disaster – CD-Review

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Southern Rock aus Kanada? Hm, da muss ich mein Langzeitgedächtnis schon arg strapazieren. Nun gut, nach einer gewissen Überlegenszeit fallen mit da im weitesten Sinne Bands wie The Road Hammers, The Sheepdogs, die Raufbolde von Dry County oder der eigentliche New Country-Act Doc Walker ein, der sporadisch mal dezente Ausflüge in die Richtung unternimmt. Das war es aber auch schon.

Jetzt bin ich durch eine der zahlreichen Bemusterungs-E-Mails auf eine Band namens Peddle Train gestoßen, ein Konglomerat aus gestandenen Musikern aus dem Raume Vancouver, das jetzt sein Debüt „Natural Disaster“ auf den Markt geworfen hat.

Das Quintett bestehend aus Chris Gilburg (lead vocals/acoustic guitar), Michael Schau (lead/rhythm guitar /vocals), Jac Garret (bass/vocals), Rylan Wood (drums/percussion) und Dave Skinner (rhythm/lead guitar/vocals) hatte laut O-Ton ihres Leaders Chris Gillburg bei der Einspielung soviel Spaß, dass man mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit noch mal nachlegen wird. Als ihre Einflüsse benennt das Kollektiv Acts von Lynyrd Skynyrd bis Humble Pie.

Manchmal ist es schon wirklich merkwürdig, was Lautstärke ausmachen kann. Beim ersten Hören im Wohnzimmer an einem Sonntag hörte ich die Scheibe aus Rücksicht auf die Nachbarn sehr gemäßigt und empfand die Stimme Gillburgs, trotz durchaus spürbaren Engagements, als ziemlich unspektakulär, zeichnet die meisten Fronter des Genres doch immer ein gewisses Charisma in dieser Hinsicht aus.

Der zweite Durchlauf – dieses Mal mit Kopfhörer und entsprechender Dezibel-Dosis – führte dann zu einem völlig anderen Ergebnis! Gillburgs Stimme passte absolut zum klaren und abwechslungsreich gestalteten Sound des Fünfers.

Vom, die euphorisierende Wirkung eines vollen Tanks behandelnden Openers „Gasoline“ über die starken, mit allen Southern Rock-Wassern (Twins, weibliche BGVs) gewaschenen „Crawlin‘ und „We Drink From The Same Glas“, bis hin zu den abschließenden Tracks „Natural Disaster“ (mit klasse Slide) sowie dem mit dramatischer Note in Szene gesetzte „I Want To Save The Planet“ (na dann viel Glück beim Anrennen gegen die ganzen Arschlöcher auf diesem Erdball…) erhält man ein abwechslungsreiches, melodisches und kurzweiliges Album, das vollends zu überzeugen weiß.

Auch mit Peddle Train und ihrem keinesfalls desaströsen – sondern ganz im Gegenteil – hervorragenden Erstling „Natural Disaster“ bleibt also die gute Meinung, die ich bisher über kanadische Musik bekommen habe, aufrechterhalten. Und es war wieder mal eine schöne Ergänzung des Genre-Horizonts. Aber – wie beschrieben – bitte beachten: Play it loud!

Eigenproduktion (2018)
Stil: Southern Rock

Tracks:
01. Gasoline
02. Crawlin
03. Drank From The Same Glass
04. Father’s Sins
05. Hole In The Wall
06. Devil Rides My Back
07. Losers Make the Best Friends
08. Hot Wheels
09. Natural Disaster
10. Save The Planet

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Melanie Dekker – Secret Spot – CD-Review

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Eine Dame, die, wenn es in unserer Interpretenskala eine Rangfolge nach Beliebtheit geben würde, ganz oben mit vertreten wäre, ist zweifellos die Kanadierin Melanie Dekker.

Die spielt sich seit zig Jahren, oft solo, mal in Begleitung eines bis zweier weiterer Musiker, regelmäßig bei uns, sowie fast ganz Europa, in den kleinen, Insider-Musik protegierenden Clubs, auf ihrer Akustik-Klampfe, für vermutlich kleines Geld, die Fingerkuppen wund, ohne dabei auch nur ansatzweise ihre lebensbejahende, fröhliche und sympathische Aura einzubüßen.

Mein erster Berührungspunkt mit ihr war 2009 „Acoustic Ride„. Danach hatte ich persönlich das Vergnügen, sie ein paar mal auf ihren Konzerten kennenlernen zu dürfen (in meiner Gegend ist sie leider nicht ganz so oft präsent). Seitdem bin ich soweit eine gesetzte Konstante, wenn es um das Besprechen ihrer neuen Werke geht.

Die aus Vancouver stammende Singer/Songwriterin beglückt uns nach einer knapp fünfjährigen Pause in Sachen Studio-Alben nach „Distant Star“ jetzt mit ihrem neuen Werk „Secret Spot“. Zehn wunderbare geschmackvolle Tracks, alle wieder größtenteils aus eigener Feder, lediglich das im wahrsten Sinne des Wortes, pfiffige Titelstück (Pfeif-, Slide-Gitarren-, Banjo-Einlagen) stammt vom hier, bei mehreren Liedern instrumental involvierten Allen Roger.

Wenn es so etwas wie Gerechtigkeit auf dieser Welt geben würde, müssten eingängige Stücke wie „Front Row“, „Ginned Up“, „Try Me (The Basket Song)“, „Always Gonna Be“ sowie der bereits erwähnte Titeltrack „Secret Spot“, eigentlich die Major-Label und Radiostationen, auf den Plan rufen.

Für die B-Note, also den künstlerischen Teil, stehen der melancholische Opener „Memories Of You“, das kammmermusikartige „More Human“ (Ukulele, Cello, Piano), der Tex-Mex Country-Storyteller „Te Amo Mucho“ (Akustik-Gitarren-, Akkordeon-Untermalung, E-Fills), das soulige „Better When We Do“ (Wurlitzer-Piano, Trompete) und das abschließende, titelmäßig schön passende „When It’s Over“ (nur auf Gesang, Piano, Bass und Harmonies reduziert, atmosphärisch).

Auf dem Cover sitzt Melanie so ein wenig geschafft, abgekämpft, aber zufrieden und glücklich, auf einem gepflasterten Steinboden an eine Häuserwand gelehnt, wie jemand, der gerade eine anstrengende Sache hinter sich gebracht, aber umso erfolgreicher beendet hat.

„Secret Spot“ ist ein tolles, mit viel Feingefühl für kleine instrumentelle Fertigkeiten gewordenes, Singer/Songwriter-Kleinod geworden, das sich nicht zu verstecken braucht und eigentlich weit über den Nischen-Charakter hinaus bekannt werden müsste.

Und auf dem mir zugesendeten Exemplar ist natürlich auch wieder mit „Dear Daniel, thank you for bringing music to the fans! Mel“ eine per Hand vermerkte persönliche Widmung. Wie anfangs schon erwähnt – einfach eine liebenswerte sympathische Person, diese Melanie Dekker!

Eigenproduktion (2018)
Stil: Singer/Songwriter

01. Memories Of You
02. Front Row
03. More Human
04. Ginned Up
05. Try Me (The Basket Song)
06. Always Gonna Be
07. Te Amo Mucho
08. Secret Spot
09. Better When We Do
10. When It’s Over

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Melanie Dekker – Lekker Dekker Live 2010 – CD-Review

Ich hatte ja bereits 2009 das Vergnügen, die äußerst sympathische Musikerin aus Vancouver, Kanada, live erleben zu dürfen, als sie mit ihrem langjährigen musikalischen Weggefährten Jason Nett im Lintforter ABC-Keller eine feine Vorstellung gab.

Melanie wurde im Rahmen dieser Europa-Tournee von Elyse Jacobsen (Violine, Harmonies) und Mike Bell (Keyboards, Perkussion, Harmonies) begleitet, das hier zu besprechende Live-Album, enthält allerdings Mitschnitte von Auftritten aus Wien (Österreich), Ahaus (Deutschland) und Ebeltoft in Dänemark. Ein sehr spezielles Live-Album, wie ich finde. Gut, rein von der Besetzung und der Tatsache, dass Melanie noch vornehmlich einem Insider-Publikum vorbehalten ist, war klar, dass hier nicht ein Überschäumen an musikalischen Emotionen aufgezeichnet werden würde.

Aber dass dieses Dokument ein so derartig intimes Flair aufweisen würde, war für mich doch recht überraschend, denn die gute Melanie ist an sich ein recht temperamentvoller Mensch. Sehr minimalistisch vorgetragene Stücke, ganz wenig Ansagen von Melanie vor den Tracks und kaum Applaus nach den Stücken, gediegene Wohnzimmeratmosphäre omnipresent, fast eher aber wie im Studio. Ein Erklärungsansatz wäre, dass ein Großteil der Lieder vom Wiener Auftritt aufgezeichnet wurde, wobei man den Anwesenden wohl vorher vergessen hatte, explizit mitzuteilen, dass nach dem Songende auch geklatscht werden darf…

Aber Spaß beiseite, von einer Live-Scheibe erwarte ich halt auch ein wenig Lärm drum herum. An der Musik gibt es natürlich nichts zu deuteln. Melanies variable Stimme, ihr flockiges Gitarrenspiel, sowie das oftmals kammermusikartige Violinieren der Jacobsen und auch die filigranen Pianotupfer von Bell lassen keinen Zweifel daran, dass man es mit Könnern der Materie zu tun hat. So sind es auch letztendlich die flotteren Stücke wie „Saturday Night Show“ (mit ein bisschen Gypsy-Touch), „Little Miracle“ (schöne Tempowechsel), die ein wenig Shania-angehauchten „Hype (Somebody’s Baby)“ und „I Said I“, das recht rockige „Oh Yeah!“ (hier kommuniziert Melanie mal vor Songbeginn mit dem Audtorium) und das mit frechem Gesang bedachte „Soul Back“, die für etwas Schwung sorgen.

Schöne Beispiele für Mels gesangstechnische Variabilität bieten „Hollow“ (im Stile von Melissa Etheridge), „Here & Now“ (ein leichter Bon Jovi-Teint im Refrain) und oder das Elfenhafte, Marke Kate Bush, beim Titel „Flowers“ und dem dazu sehr gut passenden blumigen Gitarrenspiel. Ingesamt ist Melanie Dekkers „Lekker Dekker Live 2010“ eher ein Tondokument zum Besinnen, ein schönes Teil für Genießer ruhigerer, reduzierter Töne. Teilweise fehlt mir dann doch mal eine E-Gitarre.

Ich persönlich hätte aus diesem Stoff eher ein Akustik-Studio-Album fabriziert, für ein Live-Album wäre ein elektrischer Rahmen, mit tosendem Applaus und Zugaberufen am Ende sicherlich die bessere und zu ihrem Naturell passendere Wahl gewesen, denn irgendwie ist Melanie doch eher ein ‚flotter Feger‘! Die CD kann über Mels Homepage im Store für 15 Dollar geordert werden.

Elephant Ears Entertainment (2010)
Stil:  Singer / Songwriter

01. Lullaby
02. Shakespeare Says
03. Maybe We’re The Angels
04. Saturday Night Show
05. Little Miracle
06. Somebody’s Baby (Hype)
07. Hollow
08. Oh Yeah!
09. Soul Back
10. Blush
11. Wounded Soldier
12. Wishful Thinking (Echo Song)
13. I Said I
14. Here & Now
15. Flowers

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Melanie Dekker – Here & Now – CD-Review

Seit Melanie Dekker ihr eigenes Label Elephant Ears Entertainment besitzt, scheint die lebensfrohe, sympathische Musikerin aus dem kanadischen Vancouver gar nicht mehr zu bremsen zu sein. Es ist gerade mal ein paar gefühlte Wochen her, dass ich ihre Live-Scheibe beleuchtet habe, da liegt mir mit „Here & Now“ quasi ‚hier und jetzt‘ direkt ihr nächstes Werk auf dem Tisch.

Diesmal allerdings ein komplettes Studiowerk (zuvor hatte es ja bereits eine EP mit gleichem Titel gegeben, auf der sich die Stücke „Just So You Know“, „Flowers“, „Here & Now“ und „What A Fool I Am“ in identischer Version wie hier befinden) wie immer, mit ein paar netten Grüßen handsigniert. Mel ist eben ein äußerst netter Mensch. Schon das abstrakte, bunte Titelbild des Klapp-Pappschubers mit eingestecktem, sechsseitigen Falzbooklet und auch die Fotos von ihr in einer frechen Korsage lassen auf ein launiges Gesamtprodukt schließen.

Mit „Flowers“, „Lullaby“, dem Titelsong „Here & Now“, „Saturday Night Show“ und „My Soul Back“ enthält die CD dazu noch fünf Stücke, die sie auch auf ihrer Live-Scheibe (nur mit Keyboard- und Violinen-Unterstützung) performt hat, die aber allesamt, wie bereits von mir im Review gemutmaßt, aufgrund der jetzt kompletten instrumentellen Einspielung deutlich kräftiger herüberkommen (vor allem die Drums und die sehr filigranen E-Gitarren von Leuten wie Eric Reed und David Sinclair machen da den Unterschied aus). Letztgenanntes Stück gab es ja auch schon auf ihrem Acoustic Ride-Silberling, hier gefällt es diesmal durch eine unterschwellige Latino-Note und das leicht angejazzte E-Spiel von Sinclair. Toll neu interpretiert und absolut tanzparketttauglich!

Auch die mir bisher unbekannten Tracks machen allesamt einen guten Eindruck. Der mit einer schönen Akustikgitarre untermalte Opener „Rich Girl“ geht richtig flockig ins Ohr. Im Refrain wechselt Mel dann von ihrem natürlichen Gesang in höhere Falsett-Sphären Marke Kate Bush und beweist ihre Stimmvariabilität. Songs wie die einzige Fremdkomposition „Just So You Know“ (mit coolem Groove), das herrlich melodische „Every 20 Minutes“ (schöne kratzige Akustikgitarre, E-Solo) und das pianobetonte „Legacy“ würden auch einer Melissa Etheridge gut zu Gesicht stehen.

Mein persönlicher Favorit ist aber das fröhliche, Country-Reggae-trächtige „Hippie“, wo man am liebsten direkt in den Flieger steigen und die nächste Strandbar in der Karibik unsicher machen möchte. Ein Stück, wie es auch Jimmy Buffett oder Kenny Chesney gerne praktizieren. Melanie näselt hier aber ganz schön kräftig und verleiht dem Song damit eine klare Shania-Note. Wunderbar passend dazu das kurze, verschrobene E-Solo von David Sinclair. Klasse auch der vermutlich mit persönlichen Erlebnissen in Dänemark zusammenhängende, fluffige Lovesong „Until The Wind Stops Blowin“.

Melanie Dekker lässt ihr „Here & Now“ dann mit der in Molltönen gehaltenen, atmosphärischen Piano-Ballade „What A Fool I Am“ ausklingen und überzeugt zum Abschluss noch einmal mit einer großartigen vokalen Darbietung. Wer die nette Kanadierin (die schon mit Größen wie u.a. Bryan Adams, Faith Hill oder sogar April Wine (!) auf der Bühne gestanden hat) gerne näher kennenlernen möchte, kann sie demnächst leibhaftig genießen. Denn die umtriebige Mel tourt schon wieder den ganzen April durch unsere Lande. Auf ihrer Internetseite können die Termine, Locations sowie Bezugsmöglichkeit und Preis der aktuellen CD (und ihrer anderen) nachgelesen werden.

Elephant Ears Entertainment, Fortune Records (2011)
Stil:  Singer / Songwriter

01. Rich Girl
02. Just So You Know
03. Flowers
04. Hippie
05. Lullaby
06. Here & Now
07. Saturday Night Show
08. Every 20 Minutes
09. My Soul Back
10. Until The Wind Stops Blowin‘
11. Legacy
12. What A Fool I Am

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Fortune Records

Melanie Dekker – Distant Star – CD-Review

Melanie Dekker zählt zu den Künstlerinnen, die bei unserem Magazin einen ganz dicken Stein im Brett haben. Ihre sympathische, lebensfrohe und unkomplizierte Art ist nahezu ansteckend. Sie ist jemand, der, eigentlich ganz musikeruntypisch, verinnerlicht hat, dass Nehmen und Geben immer in einem ausgewogenen Verhältnis stehen sollten. Ich erinnere mich immer wieder gerne an die netten Begegnungen mit ihr nach Konzerten oder natürlich an das unvergessene Weihnachtsvideo, das sie spontan, ohne mit der Wimper zu zucken, mit viel Liebe zum Detail für uns (als ich noch für RockTimes tätig war) gedreht hatte.

Auch wenn ihr die große Anerkennung bisher nur von einem relativ überschaubaren Insiderpublikum zuteil wurde, lässt die junge Dame aus dem kanadischen Vancouver mit holländischen Wurzeln nicht locker und tourt fleißig fast jedes Jahr durch Europa, wobei unseren Gefilde natürlich immer eine wichtige Bedeutung zugemessen wird (siehe unsere Tourtermine). Und in diesem Jahr hat sie mit „Distant Star“ auch wieder eine brandaktuelle CD mit im Gepäck, die dann auf Ihren (hoffentlich immer zahlreicher besuchten) Gigs reißenden Absatz finden sollte.

Wer wie ich, was Plattenveröffentlichungen betrifft, ihren Werdegang in den letzten Jahren konstant verfolgt hat, erkennt schnell, dass Melanie ihrem bisherigen Stil weiter treu bleibt. Sie offeriert uns auch diesmal eine hübsch kreierte Melange aus angenehmen melodischen Liedern, die irgendwo zwischen Country, Roots und Folk mit ganz dezentem poppigen/rockigen Einschlag liegen.

Melissa Etheridge im weitesten Sinne fällt mir da immer als sofortiger Vergleich ein, ohne allerdings an deren Popularitätswerte, geschweige ihrer Radiopräsenz hierzulande jemals auch nur annähernd heranzureichen. Die Welt ist halt meistens ziemlich ungerecht…

Melanie hat bei diesem Werk diesmal mit Allan Rodger zusammengearbeitet, der hier als Produzent, Co-Writer, Mitmusiker (diverse Instrumente) und -sänger (Harmonies) seine zentrale Position unterstreicht. Natürlich bestimmen Mels variabler Gesang (von elfenhaft bis rauchig) und ihr gutes Akustikgitarrenspiel in aller erster Linie wie gewohnt das Geschehen, aber in fast jedem Lied bekommt immer ein weiteres Instrument seinen speziellen Platz eingeräumt.

So bilden beispielsweise bei „Worry Gets You Nowhere“ das Banjo, bei „Black Swan“ eine Klarinette (?, im Booklet als ‚Woodwinds‘ aufgeführt), bei „Boomerang“ die E-Gitarre (schönes kurzes Solo), bei „Like Roses“ die Violine, bei „At The Junkyard“ das Piano und beim abschließenden „Silver Moon“ die Flöte die kleinen Zusatzfarbtupfer des jeweiligen Liedes. Vermutlich haben die beiden da schön zusammen getüftelt, was am besten wozu passt. Sehr gelungen letzten Endes.

Melanie Dekker setzt mit „Distant Star“ konsequent ihren musikalisch eingeschlagen Weg fort. Es gilt weiterhin. Wo Melanie Dekker darauf steht, ist auch Melanie Dekker drin. Sie weiß erneut mit ihrer ehrlichen Haut, viel Authentizität (auch in ihren Texten nachempfindbar) und angenehmer, sehr geschmackvoll gestalteter Musik zu punkten. Der kommerzielle Erfolg wird aber auch mit diesem Werk vermutlich leider wieder so weit entfernt bleiben wie die Sterne…

Eigenproduktion (2013)
Stil:  Singer / Songwriter

01. Distant Star
02. Worry Gets You Nowhere
03. Powerful
04. Give My Heart A Home
05. Nothing But Time
06. Black Swan
07. Boomerang
08. Like Roses
09. At The Junkyard
10. The Price You Pay
11. Silver Moon

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Melanie Dekker – Acoustic Ride – CD-Review

Wie sagt man doch oft so schön im Volksmund. »Hier wäre Weniger Mehr gewesen«. Und auch in diversen Reviews ist diese Aussage sicher schon öfter mal vom Stapel gelassen worden. Im Falle des aktuellen Albums „Acoustic Ride“ von Melanie Dekker muss ich das Statement zu meinem eigenen Leidwesen (und dem des potentiellen Käufers) in folgenden Slogan ummünzen. ‚Hier wäre Mehr eindeutig Mehr gewesen!‘

Dabei gibt es komischerweise am reinen Gehalt dieser Scheibe überhaupt nichts zu meckern. Die kanadische Dame mit holländischen Eltern sieht blendend aus (was im Layout der CD nachhaltig untermauert wird – Booklet mit allen Texten, nette Bilder der Protagonistin), schreibt in Singer/Songwriter-Manier tolle Stücke mit viel Gefühl für klasse Melodien, hat eine angenehme, leicht rauchige Stimme (irgendwo zwischen Shania Twain, Kim Carnes, Melissa Etheridge und Ann Wilson) und zupft ausgezeichnet die Gitarre.

Beim Einspielen der Lieder wurden nur die auch an der Produktion mitwirkenden Jason Nett und Eric Reed beteiligt, die neben Gitarrenparts auch noch ganz dezent mit Mandoline und Piano zu glänzen wissen. Die Songs bewegen sich in Bereichen von entspanntem semiakustischem Pop und Rock mit leichtem Indie-, (Sarah Bettens fällt mir da auch noch als Vergleichsmuster ein) Country- und Folk-Touch, was natürlich Dekkers variabler Stimme in diesem Fall als zentrales Moment entgegenkommt.

Wenden wir uns wieder meinen einleitenden Worten zu. Ich vermisse hier leider den Bass und auch das Schlagzeug (man hat komplett darauf verzichtet), die den Songs, die zweifellos auch so wunderschön sind, noch mehr Volumen, Pepp und vor allem Abwechslungsreichtum verliehen hätten. Zum anderen sind neun Lieder für eine CD etwas mager. Angesichts des kreativen Potentials von Melanie hätte sie sicherlich locker noch drei Lieder aus dem Ärmel schütteln können oder man hätte zumindest noch ein paar prägnante Tracks von irgendwelchen früheren Live-Auftritten als Bonus hinzufügen können.

So kommt man sich nach einer halben Stunde vor, wie Einer, der nach schweißtreibender sportlicher Betätigung mit einem Mordsdurst an die Theke kommt und der Wirt nach der Bestellung trocken erwidert, dass das Bier alle sei. Apropos Bier. Das Mrs. Dekker auch mit eigenwilligem Humor ausgestattet ist, bewies sie bei einem Auftritt im legendären Rainbow in Horb-Altheim. Dort goss sie sich zur Verblüffung der anwesenden Zuschauer ein ihr gereichtes Gerstensaftgetränk am Ende des Gigs spontan über die eigene Mähne, mit der Anmerkung, dass dies doch gut für die Haare sein soll.

Wie dem auch sei, bei Melanie Dekkers sehr schönem Silberling „Acoustic Ride“ wäre Mehr letztendlich wirklich Mehr gewesen. ‚In der Kürze liegt die Würze‘ lasse ich hier nicht gelten. Diese Dame braucht angesichts ihres Könnens nicht rumzugeizen (was das Outfit betrifft ist das ok, über das kurze Röckchen auf dem Cover- und Backcoverbild sehe ich einfach mal großzügig hinweg… ). So bleiben mir am Ende nur die flehenden Worte an die Protagonistin. Melanie, beim nächsten Mal gib uns bitte etwas mehr von dir!

Eigenproduktion (2007)
Stil:  Singer / Songwriter

01. We’re The Angels
02. Meant To Be
03. Wishful Thinking (Echo Song)
04. Oh Yeah
05. Your Heart Beating
06. Right
07. Can’t Stop Laughin‘
08. Tell Me That I’m Wrong
09. Soul Back

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Hemifran

Melanie Dekker – 30.05.2009, ABC-Keller, Kamp-Lintfort – Konzertbericht

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Dinge gibt es! Da muss man erst rein zufällig ein Review über eine bis dato mir völlig unbekannte kanadische Künstlerin schreiben, um mit der Nase auf einen tollen Club gestoßen zu werden, der quasi nur einen Katzensprung von der heimatlichen Wohnung entfernt liegt.
Und so war es halt auch im Falle Melanie Dekker. Da lag vor längerer Zeit ihr letztes Werk „Acoustic Ride“ ohne vorherige Order im Briefkasten. Die Scheibe gefiel mir von Anfang an sehr gut und bekam demnach auch die verdient löbliche Kritik. Umso schöner, als ich neulich dann einige Konzerttermine der netten Dame in unserem Lande zur Kenntnis nehmen durfte. Etwas ungläubig sah ich, dass ein Gig in Kamp-Lintfort, eine direkte Nachbarstadt meines Heimatortes Rheinberg, stattfinden sollte. Wie um Himmelswillen kommt dieses Mädel nach Kamp-Lintfort, in einen Club mit dem ominösen Namen ABC-Keller, dachte ich spontan.

Wie die übliche Recherche im Vorfeld dann ergab, existiert die Location schon einige Jahre und auch Melanie Dekker wie auch die mir bestens geläufige Steve Schuffert Band gaben dort bereits ihr Stelldichein. Es folgte die unweigerliche Akkreditierungsanfrage, die wenige Tage später bestätigt wurde. Am Tage des Geschehens fuhren meine Gattin und ich, ehrlich gesagt, trotzdem mit recht gemischten Gefühlen los, weil der Termin Pfingsten in Kombination mit dem DFB-Pokalendspiel bei solch speziellen Acts nicht gerade Unmengen an Publikum verheißen ließ. Aber weit gefehlt. Es fanden sich immerhin 110 Leute in dem mit viel Liebe, wunderbar schummrig mit Kerzenlicht, ausgestatteten Kellergebäude ein und trugen zu einer ausgelassenen Stimmung für einen gelungenen Singer-/Songwriter-Abend bei.

Wir wurden sofort vom Mitinhaber des ABC-Kellers, Ulrich op de Hipt, nett begrüßt und wie die Welt dann so klein ist, lief ich direkt auch noch seinem Schwager Mathias in die Arme, der mit mir lange Jahre recht hochklassig die Tischtenniskeule geschwungen hatte (ich meine, wir hätten in grauer Vorzeit auch mal einen gemeinsamen Doppeltitel errungen). 20:20 Uhr betraten dann Melanie Dekker (in Adidas-Trainingsjacke und Stöckelschuhen, das hatte schon was…) und ihr langjähriger musikalischer Partner Jason Nett die Bühne und wurden vom augenscheinlich fachkundigen Publikum schon fast wie alte Bekannte aufgenommen. Der eröffnende Ohrwurm „Haven’t Even Kissed U Yet“ von ihrem „Revealed“-Album trug dabei direkt zu einer Wohlfühlatmosphäre bei, die sich wie ein roter Faden durch die knapp zwei Stunden Nettospielzeit, inklusiv dreier Zugaben (u.a. „Lullaby“, „Sweet Bitter“), ziehen sollte.

Semiakustische Abende mit nur zwei Protagonisten sind meist sehr speziell, ja fast persönlich und von ihren Möglichkeiten naturgemäß recht begrenzt. Von daher sind absolutes Können und hohe Entertainerqualitäten schon fast ein unbedingtes Muss, um solch eine Performance bei Laune zu halten. Dekker trug viel mit ihrer charmanten Art dazu bei, glänzte mit einer sehr variablen Gesangsbreite, die sich in Sphären von einer
Melissa Etheridge bis hin zu ihrer berühmten Landsmännin Shania Twain erstreckte. Des weiteren beschränkte sie sich auf ein konsequentes Gitarren-Rhythmusspiel, für die filigrane Feinarbeit mit virtuosen Fill- und Solo-Einlagen zeigte sich ihr männliches Pendant Jason Nett verantwortlich, der auch diverse, gut passende Harmoniegesänge mit beisteuerte.

So verlief der erste Part über „Meant To Be“ , „Shakespeare Says“, dem vom Tempo variantenreich gestalteten „Blush“, dem autobiografischen „Calling“, das der Mutter gewidmeten „Speechless“ bis zur ersten Solodarbietung von Jason (grandiose mehrstimmig allein gespieltes Akustikinstrumental – man hatte vom Klang her das Gefühl, nicht er alleine, sondern mindestens fünf weitere Gitarristen wären auf der Bühne, Jason ergatterte dafür tosenden Applaus) wie im Fluge. Nach einer kurzen Pause ging es mit dem flockigen „I Said I“ (laut Melanie in Kanada ein kleiner Hit) weiter. Es folgte dann die wohl stärkste Phase. Erst das herrlich groovige „This Song“, dann der wunderschöne Opener von ihrem „Acoustic Ride“-Album „We’re The Angels“ und mein persönliches Lieblingslied „Can’t Stop Laughing“ (fulminantes Solo von Jason), bei dem das Herz des Rezensenten einfach lacht.

„Somebody’s Baby“, „Hollow“, das fröhliche „Wishful Thinking (Echo Song)“, „Fall In (Wounded Soldier)“, ein weiteres umjubeltes Jason Nett-Solo-Special, ein herrlich grooviger Song, der mich ein wenig an den Stretch-Klassiker „Why Did You Do It“ erinnerte (war es „Flirtin'“?), das poppige „Little Miracle“ bis zum finalen, sehr ruhigen „Stare At The Rain“ waren dann die Stationen eines sehr überzeugenden zweiten Parts. Die heftig eingeforderten o.a. Zugaben rundeten eine in sich stimmige, abwechslungsreiche und qualitativ hochwertige Singer-Songwriter-Performance mit viel Augenmaß ab.

Melanie Dekker und Jason Nett bewiesen einmal mehr, dass man für kleines Geld oftmals sehr viel mehr geboten bekommt (vor allem die persönliche Nähe zum Künstler) als das heute übliche, anonyme Abzocke der sogenannten großen Bands, die aber leider von Otto-Normalhörer weiter protegiert werden, koste es, was es wolle. Von daher nochmals auch von unserer Seite ein großes Lob an Leute wie Ulrich op de Hipt, die mit ihrem Engagement solche Events erst möglich machen. Dieser gewährte uns nach dem Konzert noch einen interessanten Einblick in die Katakomben des ABC-Kellers (ein ehemaliger Schutzbunker im 2. Weltkrieg), den er selbst als begeisterter Musiker (Keyboarder der Funk-Soul-Band 9 Men High) sich zu einer Art Spielwiese (Jam-Studio/VIP Bereich/ eigenes Tonstudio mit modernster Technik) in eigener Sache umgebaut hat, und damit (laut eigener Aussage) so manche, im Keller auftretende Künstler in ungläubiges Staunen versetzt hat.

Im Anschluss hatte ich sogar noch die Gelegenheit mit Melanie einen kurzen Smalltalk zu führen. Wir tauschten unsere E-Mailadressen aus und sie schenkte mir dankenswerter Weise dazu noch ihr ebenfalls sehr zu empfehlendes Album „Revealed“. Ein rundum gelungener Abend also, wobei ich den hoffentlich meinem Geschmacksspektrum kompatiblen nächsten Gigs (Melanie mal mit kompletter Band oder The Band Of Heathens als absoluter Knaller vielleicht…?) schon jetzt entgegenfiebere. Hat richtig Spaß gemacht!

Line-up:
Melanie Dekker (lead vocals, guitars)
Jason Nett (guitars, vocals)

Melanie Dekker
Melanie Dekker bei Facebook
ABC-Keller