Kirk Baxley – The Pain We Bring – CD-Review

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Bärenstarkes CD-Debüt von Kirk Baxley. Die Zeiten, wo im Red Dirt-Genre die neuen Scheiben und Bands wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, gehören leider mittlerweile der Vergangenheit an, auch wenn natürlich die Aushängeschilder des Genres durchaus weiter präsent sind.

Man freut sich aber um so mehr, wenn dann plötzlich unverhofft, richtig starke neue, recht unbekannte Interpreten auftauchen, wie es jetzt mit Kirk Baxley und seinem ersten Longplayer „The Pain We Bring“ der Fall ist. Der Musiker aus Belton, Texas,  mittlerweile zwischen dem Lonestar State und Nashville viel hin und her pendelnd, hat nach zwei Kurz-EPs, unter Regie der Novel Music Group und dem bekannten Smith Entertainment Vertrieb, zum ersten großen Wurf ausgeholt. Ein ganz starkes Werk.

Der Independant-Produzent Chad Mauldin hat ganze Arbeit geleistet und ein wunderbar transparent klingendes Werk, bestehend aus zwölf fein instrumentierten und sehr melodisch inszenierten Tracks geschaffen. Nicht zu vergessen der Protagonist Kirk Baxley, der mit einer sehr angenehmen und variablen Stimme gesegnet ist (Richtung Mike Eli, Wade Bowen, Don Henley), und ein Händchen für gutes Sonwriting besitzt (alle Stücke selbst komponiert, nur 2x mit Cameran Nelson als Co-Schreiber).

Der von einer flockigen E-Gitarre angetriebene, rhythmische Opener „Small Town“ erinnert sofort an Sachen von Bands wie der Eli Young Band oder No Justice, und macht sofort Lust auf mehr. Herrlich dann das atmosphärische countryeske Titelstück, das mit seiner wimmernden Steelgitarre (fast in allen Stücken präsent, Milo Deering ist in den Credits aufgeführt) und den dezenten Mandolinentupfern zu gefallen weiß.

Das wieder mit kratzig rockiger E-Gitarre (dazu tolles heulendes  Slide-Solo) und leiernder Steel ausgestattete „Bringing Her Back“ erinnert an Großtaten eines Wade Bowen. Als Single wurde aber zunächst die Nashville-taugliche New Country-Nummer „Moving On“ (typischer Powerrefrain, klasse E-Kurz-Solo) auserkoren.

Mit „If Only“ (mit herrlicher Mandoline), „Leaving“ (knarzende Dobro und Fiddle),  „A Better Man“ (Fiddle, Steel, herrlicher Countryschwofer) oder dem melancholischen Finale mit „This Love Will Last“ (schöne southern-mäßige E-Gitarren-Zwischenpassage) beweist Baxley auch sein Gespür für kitschfreie, aber durchaus berührende Balladen

Weitere Highlights sind Lieder wie das grassige „Do You Think Of Me (Constantly)“ oder das wunderbar, texas-typische Duett mit der grandios singenden Kylie Frey bei „Cold As A Stone“, wie man es von Kacey Musgraves und Josh Abbott im Gedächtnis hat. Auch das radio-taugliche „Afraid Of Her Tears“ (Richtung Eli Young Band, No Justice), hat Ohrwurmqualitäten.

So verwundert es nicht, dass Kollegen wie Aaron Watson („Kirk paints his own picture by pouring nothing but heart and soul into his songs“) und Bri Bagwell („I was blown away by the range of tunes and the depth of songwriting on this record, I can’t wait to witness the success of the release“) Kirk Baxley mit Lob nahezu überschütten.

Der Schmerz, den Kirk Baxley mit seinem Debüt „The Pain We Bring“ verbreitet, beschränkt sich wohl eher auf textliche Elemente in seinen z. T. Gänsehaut verbreitenden, als auch herzzerreißenden Balladen auf diesem Werk, ansonsten dominiert hier die große Freude, mit ihm einen saustarken, frisch klingenden und höchst kreativen Interpreten in der Red Dirt-Szene begrüßen zu dürfen. Eine exzellente Leistung, die schon jetzt Lust auf Mehr macht!

Novel Music Group (2017)
Stil: Red Dirt

01. Small Town
02. The Pain We Bring
03. Bringing Her Back
04. If Only
05. Nothing On
06. Do You Think Of Me (Constantly)
07. Cold As A Stone (feat. Kyle Frey)
08. Leaving
09. Afraid Of Her Tears
10. A Better Man
11. Don’t Stop Loving Me
12. This Love Will Last

Kirk Baxley
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Bärchen Records

Eli Young Band – Fingerprints – CD-Review

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Von einem texanischen College-Vierer zur Platin-dekorierten Nashville-Band – die Eli Young Band hat zweifelsohne eine atemberaubende Entwicklung hingelegt. Was einst in North Denton im Red Dirt-Genre begann hat sich peu à peu zu einem national, wie international, perfekt zu vermarktenden Schlager im New Country/Country Rock-Bereich entwickelt. Ja, man kann sagen die EYB ist mit fast der einzige, aus der Red Dirt-Sparte nach Music City vereinnahmte Act, der sich dort auch kontinuierlich behaupten und halten konnte.

Nach der 2015 nur digital veröffentlichten EP „Turn It On“ sind die Herren Mike Eli, James Young, Chris Thompson und Jon Jones jetzt mit „Fingerprints“ wieder mit einem kompletten Album, und zwar dem 6. ihrer Karriere, am Start. Ähnlich wie neulich bei den Rascal Flatts, bekommt man auch bei der Eli Young Band auf diesem neuen Werk genau das auf den Punkt geliefert, was diese Gruppe schon immer ausgezeichnet hat: Einen wunderbar melodischen Mix aus Red Dirt- und New Country-Zutaten, verpackt in elf fast ausnahmslos radiokompatible Tracks, getragen von Mike Elis markanter Stimme mit 100% Wohlfühlfaktor. Konstanz, Verlässlichkeit und nicht nachlassende Qualität sind die Erfolgskomponenten.

„Saltwater Gospel“ heißt der Opener, der auch die erste Single abgibt. Wie der Titel es schon andeutet, wurde der eingängige, recht euphorische Refrain mit dezent gospeligen Harmoniegesängen angereichert. Klasse an diesem Album ist, dass die Protagonisten, die Wurzeln ihrer Anfangszeiten nicht ganz außer Acht gelassen haben. Das swampige Titelstück mit seinem leichten psychedelischen Touch, hätte sich auch gut auf ihrem damaligen „Level“ gemacht.

Ganz stark ist die Hommage an die Tracks der guten alten Zeit mit „Old Songs“. Eine sehr reduziert gehaltene Countryballade mit viel Texas-Flair (mit typischen weiblichen Harmoniegesängen von Carolyn Dawn Johnson), und einer durchaus Southern Rock-kompatiblen Slide-/E-Gitarren-Solo-Kombination. Carolyn Dawn Johnson begeistert dann nochmals auf dem melancholischen „God Love The Rain“ (mit orientalisch anmutenden Akustikgitarren-Zwischenfills). Das rootsige „Skin & Bones“ (teilweise mit wunderbarer Akkordeon-Untermalung) trägt die Handschrift von Co-Writerin Lori McKenna und würde auch perfekt zu einem Will Hoge passen.

Die restlichen Stücke wie „Never Again“, „Drive“, “Once”, “A Heart Needs A Break“ und “Never Land” mit ihren eher poppigen, teilweise sogar tanzbaren Rhythmen und Powerrefrains werden auf niveauvolle Art dem Anforderungsprofil des Mainstreams in punkto Massenkompatibilität gerecht. Zum Abschluss begeistern Eli Young & Co. nochmal mit dem Heartland-umwobenen „The Days I Feel Alone“, das man sich auch gerne von einem Tom Petty mal anhören würde.

Die Eli Young Band hat mit ihren neuen Longplayer „Fingerprints“ erneut einen markanten und nachhaltigen Fingerabdruck im hart umkämpften New Country/Country Rock-Geschäft hinterlassen. Das kreative Cover-Artwork mit allen Texten, zwei Bandbildern und allen restlichen Infos wurde dazu mit dem Titel perfekt in Einklang gebracht. Die erkennungsdienstliche Behandlung ergab somit ein rundum gelungenes Album!

Valory Music (2017)
Stil: Red Dirt / New Country

01. Saltwater Gospel
02. Fingerprints
03. Never Again
04. Old Songs
05. Drive
06. Skin & Bones
07. A Heart Needs A Break
08. Once
09. Never Land
10. God Love The Rain
11. The Days I Feel Alone

Eli Young Band
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Universal Music

Evan Michaels – Ain’t No Stopping This – EP-Review

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Post aus Nashville! Wieder ist es Brandy Reed von der RPR Media-Agentur gelungen, mich trotz meines ja nicht gerade kleinen Horizontes in Sachen Red Dirt/New Country, mit mir unbekannter starker Musik zu überraschen.

Diesmal heißt der Interpret Evan Michaels, der in den nächsten Tagen seine neue EP „Ain’t No Stopping This“ veröffentlichen wird. Der Protagonist stammt aus Stillwater, Oklahoma, einem Ort, in dem Bob Childers, der quasi als Gründer (‚Godfather‘) der Red Dirt-Szene gilt, in Treffpunkten wie ‚The Farm‘, all seinen weiteren Aushängeschildern wie u. a. Mike McClure, Cody Canada, Stoney LaRue, Brandon Jenkins oder No Justice, den Nährboden für ihr weiteres Schaffen bereitete.

Evan Michaels Werdegang war allerdings von einigen Umwegen geprägt. Er lernte sein Handwerk vornehmlich nach dem College im Mekka des Country, nämlich in Nashville. Zunächst als Aushilfskraft in einem Aufnahmestudio, wo er die Session-Akteure genau studieren konnte, dann als hier und da auftretender Musiker.

Trotzdem zog es ihn zurück in die Heimat. Mittlerweile hat Michaels, der laut Begleitzettel auf einen Fundus von über 200 Songs zurückgreifen kann, eine CD (auch die enthält allerdings lediglich 7 Tracks) und mit „Ain’t No Stopping This“ jetzt die zweite EP auf der Habenseite verbucht. Produziert hat er zusammen mit dem Keyboarder seiner Band, Andrew Bair. Als weitere Mitspieler sind Tom Evans (guitars), Ian Smith (bass, vocals) und D.J. Petty (drums) mit an Bord.

Die musikalische Ausrichtung der sechs neuen Stücke, kombiniert auch ziemlich offensichtlich seine bisherigen musikalischen und geografischen Gradweiser, wobei Red Dirt und  New Country so gut wie kaum trennbar, harmonisch ineinander verschmelzen. Das macht ihn vom Grundprinzip her, ähnlich wie Wade Bowen oder die Eli Young Band & Co., natürlich theoretisch in beiden Stilrichtungen vermarktbar. Ob eine vermeintliche Rückkehr in Richtung Nashville aufgrund kommerzieller Optionen, als wünschenswert erachtet wird, steht dann allerdings vermutlich mal auf einem anderen Blatt Papier.

Sämtliche Tracks haben eigentlich die typischen Zutaten: Tolle, sofort ins Ohr gehende Melodien, eine angenehme Stimme, dazu immer wieder dezent leiernde Steel- sowie präzise gespielte E- und Akustik-Gitarren, solider Bass-/Drum-Rhythmus, hier und da ein paar Piano-/hallende, gurgelnde Orgel- („Must’ve Been Drinking“, „Tomorrow Today“), Banjo- („Too Big For The Both Of Us“) und Mandolinen-Tupfer („Like It Should“). Man merkt, dass Michaels sein Songwriting-Handwerk genauestens gelernt hat.

Als meine beiden Favoriten entpuppen sich das fluffige, E-gitarrenlastige Titelstück als Opener „Ain’t No Stopping This“ (schön verspieltes E-Gitarren-Solo) und das wunderbar melodische „Bet On A Backroad“ (eingängiger Refrain, erneut klasse E-Gitarren-Kurzsolo), das folgerichtig zur ersten Single auserkoren wurde.

Fazit: Evan Michaels neue EP  „Ain’t No Stopping This“ ist ein viel zu kurzes Vergnügen. Sechs tolle, abwechslungsreiche, in sich stimmige Songs, die Liebhaber beider angeführter Genres, bestens mit den bevorzugten Ingredienzien bedient. Angesichts seines o. a. großen Songpools fragt man sich unweigerlich, warum Mr. Michaels seine Zuhörerschaft in der Manier eines Nobel-Restaurants, immer nur mit kleinen Delikatess-Happen versorgt…

Eigenproduktion (2017)
Stil: Red Dirt / New Country

01. Ain’t No Stopping This
02. Too Big For The Both Of Us
03. Must’ve Been Drinking
04. Tomorrow Today
05. Bet On A Backroad
06. Like It Should

Evan Michels
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RPR Media

The Drugstore Gypsies – Same – CD-Review

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Klasse Debüt einer jungen Band aus Texas namens The Drugstore Gypsies. Das Quintett, bestehend aus Duke Ryan (lead vocals), Dillan Dostal (guitars, vocals), John Wilson (Hammond organ, guitar, vocals) sowie der Rhythmusfraktion Korey Davis (bass, vocals) und Rey Chapa (drums, percussion, vocals), hat sich dabei geradlinigem kraftvollen Rock verschrieben, der auf klassischen Strukturen basiert und mit den beliebten Ingredienzien ihrer Heimat wie Southern Rock, Country, Blues oder auch Americana-Tupfern verifiziert wird.

Der Sound ist schön vollmundig und druckvoll, und wird vornehmlich dominiert von kernigen Gitarren sowie bei dem ein oder anderen Song zusätzlich „erhitzt“ durch eine punktgenau eingesetzte, aber nie zu dominant wirkende Horn-Section. Sehr stark wirkt der prächtig aufspielende Lead Gitarrist Dillan Dostal, der immer wieder mit rauen, dreckigen Soli, auch Slide, daherkommt. Das Songmaterial ist durchweg exzellent und besticht mit einer vorzüglichen Melodik.

Die Jungs, die in letzter Zeit über 200 Gigs zusammen absolviert haben, beginnen ihr zehn Stücke umfassendes Erst-Werk mit dem Titelsong „The Drugstore Gypsy“, einem krachenden Rocker über das teilweise chaotische Flair in ihrem Tourleben, im Stile der Georgia Satellites/Black Crowes (herrlich raunzendes Slide-Intro), der dazu von der zünftig plusternden Bläsersection (Travis Cielieski – trumpet, Tyler Summer- saxophone) Unterstützung erhält. Gleiches gilt für die beiden weiteren Tracks wie das  launige „Breakin‘ The Law“ (erinnert ein wenig an „The Long Run“ von den Eagles) und den shuffligen Midtempo-Rocker „Live The Life“ (hallende Orgel, quirliges E-Solo in Skynyrd-Manier).

Beste Beispiele für ihr euphorisches Auftreten und ihre unbändig erscheinende Energie sind Lieder wie ihre knackige Hommage an eine berühmte Whisky-Sorte aus dem Staate Tennessee mit „Black Label Boogie“(knarzige E-Gitarre, gurgelnde Hammond, deftig polternde Drums), das sich schon fast in Motörhead-Sphären befindliche, aggressiv dahingeschmetterte „Show Up Show Down“ (fast wie Lemmy auf einem Südstaaten-Trip) oder das von einem, an AC/DC reminszierenden E-Gitarren-Lick getragene „Bayou Got The Best Of Me“ (tolles Slide-Solo vom stark auftrumpfenden Dillan Dostal).

Die für ihr noch junges Bestehen (seit 2014) bereits sehr variabel und abgeklärt wirkende Texas-Combo, komplettiert ihre Vielseitigkeit mit dem bluesig-progressiven, wie auf Samtpfoten daherschleichenden „Kitty Strut Blues“ (man assoziiert unweigerlich Songs wie Pink Floyds „Shine On You Crazy Diamond“ oder Blackberry Smokes „The Whippoorwill“) und Americana-umwehten Kleinoden der Marke „Runnin‘ To“ (heulende Orgel, Tom Petty-Touch), dem melodischen Ohrwurm „Keep You Rollin‘ On“ oder dem zurückgenommene, in musikalisch warmen Pastelltönen gezeichneten Finale „Indian Summer“, das besonders Duke Ryans wandlungsreichen Gesang in den Fokus rückt.

Fazit: Ein tolles, vor Energie nur so strotzendes Debüt einer jungen und äußerst hungrig wirkenden texanischen Band, die sicherlich noch einiges vor hat. Anzumerken ist dabei ihr spielerisches als auch schon kompositorisches Talent (alles Eigenkreationen). Wie heißt es in einem amerikanischen Review so treffend: „…they sing about rolling your windows down and letting the good times roll. The Drugstore Gypsies is the ideal album to do just that.“ Wir meinen schlichtweg: Genauso ist es! Ein absolut tolles, mächtig Laune machendes Debüt der Drugstore Gypsies!

Edgewater Music Group (2017)
Stil: Red Dirt / Country Rock

01. Drugstore Gypsy
02. Runnin‘ To
03. Black Label Boogie
04. Breakin‘ The Law
05. Kitty Strut Blues
06. Show Up Show Down
07. Live The Live
08. Bayou Got The Best Of Me
09. Keep You Rollin‘ On
10. Indian Summer

The Drugstore Gypsies
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Bärchen Records

Lower 40 – Whiskey On My Grave – CD-Review

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Just, wo wir uns gerade mit den anstehenden Gigs der Tedeschi Trucks Band und Blackberry Smoke, über die wir natürlich berichten werden, auf eine erste absolute Hochphase in diesem Jahr zubewegen, ist es mit CD-Veröffentlichungen, gerade auch, was unseren Bereich angeht, eher mau bestellt.

Zeit, mal wieder etwas Unbekannteres hier vorzustellen. Ich habe mich für eine Scheibe aus dem Jahr 2015 von Lower 40 mit dem Titel „Whiskey On My Grave“ entschieden. Die Band aus Oklahoma und ihren Mitgliedern Kyle Earhart (lead vocals), Zach Felts (guitar, keys), Sherman Haynes (drums), Michael Hines (bass) und Nick Work (guitar) scheint aber schon wieder das Zeitliche gesegnet zu haben oder sich in einer anhaltenden Ruhephase zu befinden. Es gibt weder eine aktuelle Homepage noch eine Facebook-Seite und ihr Fronter Kyle Earhart befindet sich mittlerweile, so wie es aussieht, eher auf Solopfaden.

Wirklich schade, denn ihr vierzehn Stücke umfassendes Debüt unter der Regie vom mehrfachen Grammy Gewinner, Jack Joseph Puig (u. a. Green Day, Black Eye Pees, U2, Sheryl Crow, Beck, Rolling Stones, John Mayer, Lady GaGa, Keith Urban), offeriert erhebliches kreatives Potential und musikalisch auch alles, was dem geneigten Leser unseres Magazins, großen Spaß bereitet. Die Burschen präsentieren einen kurzweiligen Mix aus Southern Rock, New Country und, ihrer Region konform, klassischen Red Dirt-Bestandteilen.

Ihr Sänger Kyle Earhart erinnert von der Stimme und der Energie an einen jungen Garth Brooks (der ja ebenfalls aus Oklahoma stammt) und wird teilweise von toll eingestreuten Harmoniegesängen unterstützt. Das Quintett schaffte es mit dem Opener „My Country“ (launiger Southern Country mit markanter E-Hook), „Call Me Crazy“ (flockiger, melodischer, radio-tauglicher Red Dirt – Unplugged-Aufnahme im Best In Texas Music Magazine) und dem  atmosphärischen „28 Degrees“, gleich drei Tracks unter den Top 30 der Texas Music Charts zu platzieren.

Ja von 28 Grad kann man hier derzeit nur träumen, da hebt der fluffige, cabrio-taugliche „Summer Song“ doch direkt die Stimmung im hiesigen, kalt-regnerischen Trübsal. Dass die Burschen richtiges Southern Rock-Blut in sich fließen haben, beweisen satt abgehende Songs wie  das aggressiv polternde „Tearin Down The City“,  der Stampfer „All Night Long“ oder das swampige „Southern Boys“ (im Stile von Brantley Gilberts „Kick It In The Sticks“).

Weitere starke Lieder sind das düster-dramatische „Shot In The Dark“ der countryeske Party-Kracher „Whiskey On My Grave“ (spaßiger Mitgröl-Refrain), das ein wenig in Manier von Brooks‘ berühmten „The Thunder Rolls“ konstruierte „Last Time“ (Synthie-Hall, atmosphärische Piano-Tupfer, Akustikgitarrenfills, surrende E-Gitarre, tolle Vocals, herrliche Harmoniegesänge) oder das melancholisch/ patriotisch umwehte „American Dream“ (Marschtrommel-unterlegt).

Insgesamt eine hervorragend, sehr abwechslungsreich gestaltete Premiere einer äußerst talentierten Combo, der man durchaus noch so einiges zutrauen würde. Selten haben Eintagsfliegen soviel Laune bereitet. Und wenn die Jungs bei „Southern Boys“ vehement ein „Can I Get a ‚Hell Yeah'“ einfordern, erwidern wir angesichts dieser starken Mucke doch glatt ein „‚Hell Yeah‘ Lower 40“!

Land Run Records (2015)
Stil: (Southern) Country Rock

01. My Country
02. Summer Song
03. Tearin Down The City
04. All Night Long
05. Dangerous Game
06. Call Me Crazy
07. Shot In The Dark
08. Whiskey On My Grave
09. Last Time
10. 28 Degrees
11. American Dream
12. This Ole Place
13. Southern Boys
14. Fast

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Phil Hamilton – Brazos Wind – CD-Review

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Starker Nachfolger von Phil Hamilton. Der mittlerweile mit einem stattlichen Rauschebart gezierte Texaner hatte sich ja 2012 von seiner Begleitband The Backroad Drifters losgelöst, um ganz auf eigenen musikalischen Pfaden zu agieren und mit „Renegade Rock N Roll“ eine famose Solo-Scheibe herausgebracht.

Vier Jahre später legt Phil mit „Brazos Wind“ sein nächstes Prachtstück vor. Es steht diesmal auch im Zeichen eines sehr persönlichen Wandels. So spielt hier die Hochzeit mit der texanischen Singer/Songwriterin Erica Perry, die auch im Background mitwirkt, sowie die Geburt ihrer ersten Tochter June, der der Abschlusstrack gewidmet ist, eine tragende Rolle.

Hamilton hat den Rock-Drive aus seinen Stücken dezent (der blitzt natürlich aber immer auch wieder bei diversen Stücken auf), aber sehr gekonnt, zurückgenommen und bewegt sich diesmal etwas mehr country-orientiert im Singer/Songwriter-Milieu. Sein Gespür für tolle Melodien, gehaltvolle Texte und exzellente Instrumentierung, bleibt omnipräsent, man kann sogar behaupten, dass seine rau-warme Stimme sich auf diesem Terrain noch besser entfalten kann.

Den Auftakt macht das herrlich atmosphärische, mit markantem Bariton-Gitarrenspiel ausgeschmückte, so ein wenig an Chris Isaaks berühmtes „Wicked Game“ erinnernde „Same Ol‘ Me“. Ebenfalls sehr in sich gekehrt ist das nachfolgende „Difference In Opinions“, stark hier die ’sanften‘ Harmonies von Gattin Erica und das verspielte E-Gitarren-Solo zum Ausklang.

Die „Big News Small Town“ klingen, als wenn Tom Petty sich in Country-Gefilde begeben würde. Markant das surrende E-Slide-Solo. Im akustisch gehaltenen „Handle On You“ mimt Phil fast einen Countrybarden alter Schule. Das dem Business in Music City kritisch zugewandte „Big Hole in Nashville“ groovt schön bluesig vor sich hin. Klasse hier die E-Gitarrenarbeit (tolles Solo in Anlehnung an Leute wie John Fogerty, Eric Clapton oder J.J. Cale).

Der Ohrwurm des Albums ist das herrlich melodische „Forever With You“, bei dem das Ehepaar Hamilton in Sachen Harmoniegesängen erneut brilliert. Die Zeiten mit den Backroad Drifters scheinen dann aber doch nicht so ganz aus dem Sinn zu sein. „You Think You Know Me“ ist der rockigste Track des Silberlings, ein wuchtiger Stampfer mit starken Slide-Gitarren.

Mit dem typisch texanisch geprägten Duett „The Room“ (Erica und Phil teilen sich die Lead vocals), dem atmosphärischen Titelsong in Erzählmanier und dem eingangs erwähnten Lied voller Vaterstolz für Tochter June (Zusammenspiel von Gesang, Akustikgitarre und blecherne Dobro) klingt das Werk nach hinten recht besinnlich aus, ohne aber wirklich langweilig zu werden.

Phil Hamilton hat auf „Brazos Wind“ die nachhaltigen Erlebnisse der vergangenen Jahre vornehmlich im Singer/Songwriter-Stil verarbeitet. Der Wind hat sich in diesem Fall mehr von rockigen Tönen weg zum Storyteller-Country hin gedreht. Konstant geblieben ist eigentlich nur sein Label Winding Road Music, das ihn seit Anfangstagen schon begleitet und, nach wie vor, weiß, was es an ihm hat. Phil Hamiltons bisher reifstes und persönlichstes Werk mit Prädikat ‚wertvoll‘.

Winding Road Music (2016)
Stil: Country & More

01. Same Ol‘ Me
02. Difference In Opinions
03. Big News Small Town
04. Handle On You
05. Big Hole In Nashville
06. Forever With You
07. You Think You Know Me
08. The Room
09. Brazos Wind
10. June

Phil Hamilton
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Bärchen Records

Phil Hamilton – Renegade Rock’N’Roll – CD-Review

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Nach seinem großartigen Debüt von 2010 im Verbund mit den Back Road Drifters legt Phil Hamilton nun mit „Renegade Rock N Roll“ nach. Der aus Forth Worth/Texas stammende Singer/Songwriter hat sich jedoch entschlossen, demnächst nur noch unter eigenem Namen zu firmieren, was aber der Qualität und Homogenität seiner großartigen, von viel Outlaw- und Southern-Mentalität geprägten Red Dirt-Roots-/Americana-/Countryrock-Musik überhaupt nicht geschadet hat. Ganz im Gegenteil sogar, Hamilton kitzelte, vielleicht gerade wegen des fehlenden Gruppenzwangs, noch mehr aus sich heraus und konnte jetzt da, wo sonst vielleicht Kompromisse gefragt waren, strikt seine eigene Linie fahren.  Phil Hamilton – Renegade Rock’N’Roll – CD-Review weiterlesen

Whiskey Myers – Interview

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Kaum war unserer Review zur neuen Scheibe von Whiskey Myers im Kasten, kamen unsere netten Partner von Oktober Promotion auf uns zu, und baten, der Band ein paar Fragen zu stellen. Der Bitte sind wir natürlich gerne nachgekommen und haben die Jungs, über sich und zur aktuellen Situation, ein wenig Stellung beziehen lassen.

Sounds Of South: Woher rührt euer Bandname?
Whiskey Myers: Es gab immer viele Spekulationen, was unseren Namen betrifft. Eines der interessantesten Gerüchte ist aber, dass er von einem mexikanischen Hahnenkampf herrührt.

Sounds Of South: Wie seid ihr persönlich mit dem neuen Album „Mud“ zufrieden? Welchen Rang würde es bei euren vier bisherigen Werken belegen?
Whiskey Myers: Wir sind sehr stolz auf unser neues Album „Mud“. Im Ganzen aber eigentlich auf alle unsere Werke, die wir veröffentlicht haben. Wir bewerten sie aber nicht tabellarisch. Sie sind zu verschiedenen Zeiten in unserem Leben und unserer Karriere entstanden und aufgenommen worden. Wir sind während unseres zehnjährigen Tourens natürlich auch als Menschen und Künstler reifer geworden.

Sounds Of South: Wie war die allgemeine Resonanz bisher?
Whiskey Myers: Sie ist ziemlich toll. Auch, wenn es ziemlich abgedroschen klingen mag, wir haben echt Wahnsinns-Fans, die uns immer wieder durch und durch nach vorne treiben. So versuchen wir jedes Album besser als das letzte hinzu bekommen.

Sounds Of South: Welche Wirkung haben die beiden neuen Musiker Jon Knudson und Tony Kent hinterlassen?
Whiskey Myers: Junge, diese beiden Burschen einiges zu unserem Grundgerüst beigetragen, Knudson spielt sowohl Piano als auch Fiddle. Tony sorgt für Percussion-Klänge. Er ist so eine Art ‚Good Vibes Captain‘. Beide sind fantastische Musiker sorgen für eine gewisse Würze, um den Sound der Band abzurunden. Sehr geschmackvolle Musiker.

Sounds Of South: Welche Dame ist für die herrlichen Harmoniegesänge verantwortlich?
Whiskey Myers: Kristen Rogers. Eine echtes Powermädel!

Sounds Of South: Wer kam auf die Idee mit dem tollen Coverbild?
Whiskey Myers: Unser Sänger Cody Cannon hatte die Idee „Mud“ zum Titelstück auszuwählen und uns irgendwie mit Schlamm ablichten zu lassen. Normalerweise machen wir uns, was diese Dinge betrifft, nicht allzu viele Gedanken. Aber, wenn ein Gedanke zur richtigen Zeit gut klingt, nehmen wir den natürlich auf.

Sounds Of South: Viele der der neuen jungen Acts die aus unserer Sicht mittlerweile den etablierten Bands der Southern Rock-Szene den Rang ablaufen, sehen ihre Musik gar nicht so sehr im Genre verankert. Auch von euch gibt es eigentlich kein so richtiges Bekenntnis. Woran liegt das?
Whiskey Myers: In dieser Sache werden wir eigentlich immer wieder befragt. Wir bestehen aus solch einer Mixtur von verschiedenen Sounds, das es sehr schwer ist, uns zu kategorisieren, gerade vom einen zum nächsten Song gesehen. Wir sind eigentlich ein paaar Southern Jungs, die sich dem Rock’n’Roll verbunden fühlen, egal, wie unsere Musik letztendlich genannt wird.

Sounds Of South: Welche Bands/Interpreten haben einen großen Einfluss auf eure Musik?
Whiskey Myers: Alle sind mit verschiedenen Musikrichtungen groß geworden. Über Led Zeppelin, Lynyrd Skynyrd bis zu Merle Haggard und Waylon Jennings. Ein großes musikalisches Spektrum hat uns alle beeinflusst, seit wir jung waren.

Sounds Of South: Wie realistisch seht ihr die Chance, mal in Europa/Deutschland eine Tour zu spielen? Viele Leute (inkl. mir) würden euch gerne mal hier live sehen!
Whiskey Myers: Bisher sind wir tatsächlich noch nie in Deutschland getourt. Aber euer Land steht auf der Liste ganz oben. Wir haben schon in Italien und Frankreich gespielt. In Großbritannien waren wir dieses Jahr schon ganz oft, letztes Jahr dort auf einigen Festivals und auf einer Tour mit The Cadillac Three. Unsere erste Headliner-Tour im Königreich wird im Dezember beginnen. Hoffen wir mal, dass es in Deutschland auch irgendwann klappt.

Sounds Of South: Was macht ihr privat, wenn die Musik mal ausgeblendet ist?
Whiskey Myers: Wir jagen und fischen sehr viel. Dazu spielen wir Golf. Wir sind alle auch an Liga-Sport-Events interessiert. Einige von uns haben dazu noch eigenständige Firmen, so gibt es eigentlich nie Langeweile.

Sounds Of South: Vielen Dank für das Interview!

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Das Interview in Englisch:

Sounds Of South: Where does the band name come from?
Whiskey Myers: Well there has always been a lot of speculation as to where the name came from. But, the most promising rumor has it came from a Mexican fighting rooster.

Sounds Of South: How do you feel about the result of „Mud“? What ranking does it take in relation to your previous albums?
Whiskey Myers: We are very proud of „Mud“. We’re really proud of all the albums we have released. We don’t really put them into ranks though. Cause they are all at really different times in our lives and career during all the album recordings. We have matured as people and artists throughout these past 10 years of touring.

Sounds Of South: How’s been the general response?
Whiskey Myers: The response has been great. It really has become a cliche term, but we really do have the most kick-ass fans that have continued to support us through and through. We just try to make every album better than the last.

Sounds Of South: What kind of effects has left the new members Jon Knudson and Tony Kent?
Whiskey Myers: Man, those guys have just added to our element so much. Knudson adds piano as well as fiddle and Tony plays percussion / good vibes captain. Two fantasic musicians that have just added the right touch of flavor to make us a more well rounded band. Very tasteful players!

Sounds Of South: Who’s responsible for the wonderful female background vocals?
Whiskey Myers: Kristen Rogers. Powerhouse!

Sounds Of South: Who got the idea concerning the funny cover picture?
Whiskey Myers: Lead singer Cody Cannon had the idea of Mud as a title track and, for the most part, us being covered in mud somehow. We usually don’t put too much thought into much. If an idea sounds good at the time we run with it!

Sounds Of South: Many of the new young acts of the Southern Rock scene , who are better now than most of the established bands, feel they don’t belong to that special genre. You haven’t done a ‘real’ commitment, too. What’s the reason?
Whiskey Myers: Having to categorize your music is just something we have ever been into. We’re such a mixture of different sounds that it gets hard to categorize, especially from one song to the next. Call it whatever you want man. We’re just southern boys playing Rock n Roll committed to playing music, whatever it may have to be called.

Sounds Of South: What kind of bands/performers have the most influence on your music?
Whiskey Myers: We all grew up loving so much different styles of music. From Led Zeppelin / Lynyrd Skynyrd to Merle Haggard and Waylon Jennings. Broad ends of the musical spectrum have influenced all of us since we were young.

Sounds Of South: How realistic are the chances to play a tour in Europe/Germany? Many people me including would like to see you here.
Whiskey Myers: Well we have never toured in Germany, yet! But it is at the top of the list for sure. We have toured Italy and France. And have been to the UK many times this year and last year for festivals as well as a tour with The Cadilac Three. Our first headline tour in the UK is coming in December. Hopefully Germany will not be far away!!

Sounds Of South: What do you do in your spare time apart from music?
Whiskey Myers: A lot of us hunt/fish. We golf. And we are all involved in a few league sporting events. Some of us own separate companies as well so no time is unspent for sure!

Sounds Of South: Thank you very much for the interview!

Whiskey Myers
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Oktober Promotion

Whiskey Myers – Mud – CD-Review

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Whiskey Myers zählen fast schon zum ‚alten Eisen‘ der neuen heranwachsenden jungen Southern Rock-Generation. Die Band aus Palastine, Texas, die zunächst eher dem Red Dirt-Genre zugerechnet wurde, bestehend aus Cody Cannon (lead vocals, acoustic guitar) Cody Tate (guitars, vocals), John Jeffers (guitars, vocals), Gary Brown (bass), Jeff Hogg (drums) sowie den neuen Mitgliedern Jon Knudson (fiddle, keys – teilweise auf einem Piano aus dem Jahre 1904 eingespielt!) und Tony Kent (percussion) hat sich seit ihrem Debüt „Road Of Life“ aus dem Jahr 2008 kontinuierlich gesteigert und nimmt mittlerweile neben Blackberry Smoke so etwas wie eine Führungsposition dieser Bewegung ein.

Mit „Mud“ legen sie jetzt ihren vierten Silberling, produziert von Grammy Gewinner Dave Cobb (Chris Stapleton, Rival Sons, Shooter Jennings), hin, der auch wieder zu überzeugen weiß. Ein kurzweiliges, zehn Stücke umfassendes Album, das eigentlich alles bietet, was der gediegene Freund von Country- und Southern Rock-inspirierter Musik erwartet.

Zum Auftakt darf Knudson direkt mal seine Fiddle beim atmosphärischen Opener „On The River“ quietschen lassen. Nach recht introvertiertem Beginn, nimmt das Stück Fahrt auf, um im weiteren Verlauf immer wieder im Tempo zu variieren. Klasse auch die zu Cannons kauziger Stimme hinzu kommenden weiblichen Harmoniegesänge und die knarzige E-Gitarre am Ende. Ein toller Auftakt.

Der Titelsong stampft schön zu raunzender Orgel und begleitenden Uuhuuh-Gesängen durch swampig matschige Southern Rock-Gefilde. Sehr schön hier das progressiv anmutende Bridge im Mittelteil. „Lightning Bugs And Rain“ ist ein fröhlicher Bläser-gestützter Schunkler, perfekt genießbar in Bierlaune. „Deep Down In The South“ hatte gut auf Skynyrds damaliges „Twenty“-Album gepasst. Toll wieder die Backgroundgesänge und die heulende E-Gitarre. Eine Klasse-Nummer. Die herzzerreißende Piano-getränkte Ballade „Stone“ (pathetischer Gesang von Cannon, episches E-Solo) beschließt die erste Hälfte des Werkes.

„Trailer We Call Home“ erinnert entfernt an „Curtis Loew“, bleibt in seiner Gesamtheit aber mehr im Veranda-Country-Format. „Some Of your Love“ orientiert sich an den guten Siebzigern, im Refrain blinzeln die guten alten Bad Co. ein wenig durch. Der ‚Froschmann‘ taucht ab in Gewässer irgendwo zwischen Black Crowes (kein Wunder deren Rich Robinson hat als Co-Writer fungiert) und den derzeit angesagten Cadillac Three um deren Mastermind Jaren Johnston.

Dass ein Lied mit dem Titel „Hank“ Country-lastig daherkommt war zu erwarten, Whiskey Myers schwenken aber trotz einer markanten Fiddle-Hook in deutliche Southern Rock-Gefilde über (klasse E-Gitarren und weibliche Background vocals). Am Ende werden ‚die guten alten Tage‘ überwiegend akustisch (Akustikgitarre, Mandoline) mit kollektiven Gesängen abgefeiert. Erinnert zum Teil an Skynyrds einstiges „Made In Shade“. Ein echter Gassenhauer als Finale.

Whiskey Myers liefern mit „Mud“ erneut ein durchgehend starkes und in sich stimmiges Werk ab. Aus meiner Sicht setzen sie, Robert Jon & The Wreck, und nicht zu vergessen Darkwater Redemption mit ihrem brillanten Debüt, den Noch-Branchenführer ihrer Sphären, Blackberry Smoke, schon ganz gehörig unter Druck, um ihre Vorherrschaft weiter behaupten zu können. Diese musikalische Schlammschlacht mit Whiskey Myers lohnt sich für Southern Rock- Kinder gebliebene Leute wie uns in jedem Fall! Klasse übrigens auch das Coverbild mit den tarn-beschmierten Gesichtern.

Spinefarm Records (2016)
Stil: Southern Country Rock

01. On The River
02. Mud
03. Lightning Bugs And Rain
04. Deep Down In The South
05. Stone
06. Trailer We Call Home
07. Some Of Your Love
08. Frogman
09. Hank
10. Good Ole Days

Whiskey Myers
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Oktober Promotion

Casey Donahew – All Night Party – CD-Review

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6. Studioalbum von Casey Donahew, sein erstes Nashville-Rendevouz! Herrlich, wie diese Songs ins Ohr gehen und losrocken. Das ist satter, knackiger Countryrock ala Cross Canadian Ragweed, Reckless Kelly, Will Hoge oder der frühen Eli Young Band, offeriert dabei aber auch eine gewisse Nashville New Country(rock)-Kompatibilität, das an dieser Stelle als ausschließlich positiv verstanden werden soll, denn auf die momentan in Music City angesagten, hippen Mainstream-Spielereien, wird gänzlich verzichtet. Hier wird schnörkellos geradeaus und mit absolut traumhaft schönen Melodien ‚Country-gerockt‘ – und der unwiderstehliche, rootsige, staubige, texanische Red Dirt-Spirit ist dabei allgegenwertig. Die angesprochene Nashville-Kompatibilität ist eine logische Folge des Aufnahmeprozesses, denn „All Night Party“, eingespielt ohne Caseys übliche Casey Donahew Band, wurde in Nashville mit dortigen Genre-Größen aufgenommen.

Nachdem die beiden Vorgänger „Double-Wide Dream“ und „StandOff“ unter den Top-10 der Country Billboard Charts gelandet waren, geht der beliebte, aus der Nähe von Fort Worth stammende Künstler jetzt konsequenter Weise den Weg, den zuvor auch andere Interpreten wie Randy Rogers, Wade Bowen oder die Eli Young Band aus seinem Red Dirt-Zirkel beschritten haben. Er begab sich für die Aufnahme seines neuen Werkes „All Night Party“ direkt in die ‚Höhle des Löwen‘.

Im Gegensatz zu seinen o. a. Kollegen, hat er sich aber nicht von einem Major-Label vereinnahmen lassen, sondern mit dem solventen und großzügigen Thirty Tigers Vertriebslabel im Rücken, das Donahew schon lange begleitet, die Variante einer Eigenproduktion gewählt, um jederzeit die Oberhand über seine Musik zu behalten und seine kontinuierlich, in gesundem Maße, gewachsene, mittlerweile aber doch immense Fan-Basis (vor allem in Texas) nicht vor den Kopf zu stoßen.

Dieser Spagat, ist ihm, um es vorwegzunehmen, prächtig gelungen. Er hat mit Josh Leo einen exzellent zu ihm passenden Produzenten engagiert und mit der Creme de la Creme der Nashville-Studiomusiker (Nir Z, Steve Mackay, Tony Harrell, Bob Terry, Kenny Greenberg, Rob McNelley und Aubrey Haynie) ein Star-Ensemble gefunden, das sich wunderbar auf seine Art zu Musizieren einließ, gleichzeitig mit seinem ungemeinem handwerklichen Können, ganz neue Ebenen eröffnete. Leo und sein Team haben an Donahews Sound nur marginal und ganz unmerklich gefeilt und ihm einfach nur deutlich mehr Drive und Klasse beschert.

Der fluffige und eingängige Opener „Kiss Me“ stellt für Donahew, mit seiner ersten, national veröffentlichten Single, ebenfalls ein Novum dar. Ein sehr melodischer und von einer markanten Banjo-Linie untermalter Red Dirt-Song, der auch in den Radiostationen Nashvilles auf offene Ohren stoßen sollte (lustig: seine texanische Live-Begleitband musste sich, laut einem Interview, extra ein Banjo für diesen Song neu zulegen). Auch das vom Hitschreiber-Duo Jon Nichols und Craig Wiseman kreierte  sommerlich launige „That Go The Girl“ (grooviges  Piano und Orgel) dürfte große Chart-Ambitionen haben.

Ansonsten belässt es der Protagonist bei seinen Eigenkompostionen, in seiner traditionellen Art zu performen:  Mit „Cowboy Song“ und „What Cowboys Do“ zwei knackige Red Dirt-Tracks mit Western-Appeal, „Feels This Right“  und  die Fortsetzung seiner White Trash-Lieder, „White Trash Bay“, zwei Nummern, die auch ins Entertainment-Repertoire von Garth Brooks perfekt passen würden, mit „College Years“ eine euphorische Rückbesinnung an alte Zeiten und einem herrlichen, nach Strandbar, Corona, Tequila und dunkelhaarigen Schönheiten Sehnsüchte weckenden Tex-Mex-Schunkler „Josie Escalido“ (tolle Gestaltung mit Mariachi-Trompeten, Akkordeon, Mandoline, spanischer Akustikgitarre).

Den absoluten Kracher gibt es dann mit „Going Down Tonight“ als Rausschmeißer am Ende. Ein wüster, dreckiger und angriffslustiger Southern Rocker, bei dem der auch ansonsten alles überragende E-Gitarrist Kenny Greenberg (was für großartige und auf den Punkt gebrachte Einlagen und Soli) und seine Mitstreiter nochmal alles aus sich herausholen. Grandios hier auch die an Bekka Bramlett erinnernden sexy und frech gesungenen Uuh und Aah-Backs (die ausführende Dame ist in den Credits leider nicht genannt), was für eine Rakete. Donahews vielleicht bester Song seiner Karriere!

Casey Donahews Trip nach Nashville ist absolut gelungen. Mit „All Night Party“ könnte diesmal der ganz große nationale Wurf gelingen. Ein wunderbarer Kompromiss aus knackigem ehrlichen New Country und traditionellem Donahew-typischen Texas Red Dirt. Das sicherlich beste Album des Texaners bisher. Große und lange Donahew-Feier-Nächte dürften damit vorprogrammiert sein! So let’s party all night long (with Casey Donahew)!

Thirty Tigers (2016)
Stil: Red Dirt

01. Kiss Me
02. Country Song
03. College Years
04. What Cowboys Do
05. Feel This Right
06. That’s Why We Ride
07. That Got The Girl
08. Josie Escalido
09. White Trash Bay
10. Going Down Tonight

Casey Donahew
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Bärchen Records