The Lowdown Drifters – In Time – Album-Review

Review: Michael Segets

SoS kann behaupten, eine internationale Leserschaft zu haben. Über einen Beitrag zu American Aquarium ist Ryan Klein, der Manager der Lowdown Drifters, auf unsere Website aufmerksam geworden und schickte Besprechungsmaterial zum neuen Album der Band über den großen Teich. Er dachte, dass „In Time“ zu SoS passt. Er hat Recht, das tut der Longplayer wie die Faust aufs Auge.

Jeder Song ist ein Treffer. Die acht Stücke sind zudem ideal auf dem Werk, bei dem The Lowdown Drifters den Produzenten Wes Sharon (John Fullbright, Turnpike Troubadours) gewinnen konnten, angeordnet. Den Auftakt macht der Titeltrack „In Time“. Dem straight forward gespielten Roots Rocker schieben The Lowdown Drifters den Country Rocker „Ghost“ nach. Der Einstieg hat richtig Schwung, der mit „Awful Truth“ zurückgefahren wird. Das Duett von Leadsänger John Cannon, der über eine ausdrucksstarke Stimme verfügt, und Raina Wallace bewegt sich im Midtempo und leitet dramaturgisch geschickt zum stimmungsvollen „Burn“ über. Die Ballade bekommt durch den begleitenden Gesang von Wallace nochmal eine extra Portion Gefühl mit. Das Songwriting erinnert an das von BJ Barham (American Aquarium), bewegt sich also auf sehr hohem Niveau. Statt auf die Steel Pedal setzen The Lowdown Drifters allerdings auf die Geige, um Atmosphäre zu erzeugen.

Mit „Fatherless“ zieht die Geschwindigkeit wieder an und steigert sich nochmal mit dem losrollenden „Nothings Scared“. Während beim erstgenannten Stück die Gitarre eher dezente Akzente setzt, bekommt sie beim letztgenannten mehr Raum, die sie energisch nutzt. Eine Piano-Passage sorgt bei „Nothings Scared“ für eine zusätzliche Varianz im Sound. „Streets Of Aberdeen“ läutet mit kräftigem Rhythmus und vollen Gitarren dann das ruhigere Ende des Longlayers ein, der mit „Trucker Speed“, einschließlich eines längeren Geigensolos, seinen harmonischen Abschluss findet. Mit acht Tracks ist das Werk zwar nicht besonders umfangreich, dafür finden sich aber auch keine überflüssigen Füller auf ihm.

The Lowdown Drifters sind seit zehn Jahren aktiv. Neben John Cannon und Raina Wallace gehören Dylan Welsh, Josh Willaert und Drew Harakal zum Quintett. In den letzten Jahren tourten die Band, beflügelt durch den Erfolg von „Fire In Her Eyes“, das sich auf der CD „Last Call For Dreamers“ (2019) findet, unermüdlich durch die USA. Kürzlich teilten sich The Lowdown Drifters mit Casey Donahew die Bühne und pünktlich mit der Veröffentlichung der neuen Scheibe treten sie zusammen mit Shane Smith & The Saints sowie Red Shahan im Ryman Auditorium, Nashville, auf.

The Lowdown Drifters sind keine Newcomer, aber die Neuentdeckung des Jahres für mich. „In Time“ fügt zeitgemäße Country-Stücke, deren Pegel mal in Richtung Rock und mal in Richtung Americana ausschlägt, gekonnt zusammen. Mit seinen Tempovariationen hält der Longplayer den Spannungsbogen aufrecht. „In Time“ hat alles, was man sich von einem Album wünscht: tolle, abwechslungsreiche und optimal zusammengestellte Songs.

Gold Towne Music (2024)
Stil: Country and more

Tracks:
01. In Time
02. Ghost
03. Awful Truth
04. Burn
05. Fatherless
06. Nothings Sacred
07. Streets Of Aberdeen
08. Trucker Speed

The Lowdown Drifters
The Lowdown Drifters bei Facebook
Gold Towne Music

Casey Donahew – All Night Party – CD-Review

Donahew_Party_300

6. Studioalbum von Casey Donahew, sein erstes Nashville-Rendevouz! Herrlich, wie diese Songs ins Ohr gehen und losrocken. Das ist satter, knackiger Countryrock ala Cross Canadian Ragweed, Reckless Kelly, Will Hoge oder der frühen Eli Young Band, offeriert dabei aber auch eine gewisse Nashville New Country(rock)-Kompatibilität, das an dieser Stelle als ausschließlich positiv verstanden werden soll, denn auf die momentan in Music City angesagten, hippen Mainstream-Spielereien, wird gänzlich verzichtet. Hier wird schnörkellos geradeaus und mit absolut traumhaft schönen Melodien ‚Country-gerockt‘ – und der unwiderstehliche, rootsige, staubige, texanische Red Dirt-Spirit ist dabei allgegenwertig. Die angesprochene Nashville-Kompatibilität ist eine logische Folge des Aufnahmeprozesses, denn „All Night Party“, eingespielt ohne Caseys übliche Casey Donahew Band, wurde in Nashville mit dortigen Genre-Größen aufgenommen.

Nachdem die beiden Vorgänger „Double-Wide Dream“ und „StandOff“ unter den Top-10 der Country Billboard Charts gelandet waren, geht der beliebte, aus der Nähe von Fort Worth stammende Künstler jetzt konsequenter Weise den Weg, den zuvor auch andere Interpreten wie Randy Rogers, Wade Bowen oder die Eli Young Band aus seinem Red Dirt-Zirkel beschritten haben. Er begab sich für die Aufnahme seines neuen Werkes „All Night Party“ direkt in die ‚Höhle des Löwen‘.

Im Gegensatz zu seinen o. a. Kollegen, hat er sich aber nicht von einem Major-Label vereinnahmen lassen, sondern mit dem solventen und großzügigen Thirty Tigers Vertriebslabel im Rücken, das Donahew schon lange begleitet, die Variante einer Eigenproduktion gewählt, um jederzeit die Oberhand über seine Musik zu behalten und seine kontinuierlich, in gesundem Maße, gewachsene, mittlerweile aber doch immense Fan-Basis (vor allem in Texas) nicht vor den Kopf zu stoßen.

Dieser Spagat, ist ihm, um es vorwegzunehmen, prächtig gelungen. Er hat mit Josh Leo einen exzellent zu ihm passenden Produzenten engagiert und mit der Creme de la Creme der Nashville-Studiomusiker (Nir Z, Steve Mackay, Tony Harrell, Bob Terry, Kenny Greenberg, Rob McNelley und Aubrey Haynie) ein Star-Ensemble gefunden, das sich wunderbar auf seine Art zu Musizieren einließ, gleichzeitig mit seinem ungemeinem handwerklichen Können, ganz neue Ebenen eröffnete. Leo und sein Team haben an Donahews Sound nur marginal und ganz unmerklich gefeilt und ihm einfach nur deutlich mehr Drive und Klasse beschert.

Der fluffige und eingängige Opener „Kiss Me“ stellt für Donahew, mit seiner ersten, national veröffentlichten Single, ebenfalls ein Novum dar. Ein sehr melodischer und von einer markanten Banjo-Linie untermalter Red Dirt-Song, der auch in den Radiostationen Nashvilles auf offene Ohren stoßen sollte (lustig: seine texanische Live-Begleitband musste sich, laut einem Interview, extra ein Banjo für diesen Song neu zulegen). Auch das vom Hitschreiber-Duo Jon Nichols und Craig Wiseman kreierte  sommerlich launige „That Go The Girl“ (grooviges  Piano und Orgel) dürfte große Chart-Ambitionen haben.

Ansonsten belässt es der Protagonist bei seinen Eigenkompostionen, in seiner traditionellen Art zu performen:  Mit „Cowboy Song“ und „What Cowboys Do“ zwei knackige Red Dirt-Tracks mit Western-Appeal, „Feels This Right“  und  die Fortsetzung seiner White Trash-Lieder, „White Trash Bay“, zwei Nummern, die auch ins Entertainment-Repertoire von Garth Brooks perfekt passen würden, mit „College Years“ eine euphorische Rückbesinnung an alte Zeiten und einem herrlichen, nach Strandbar, Corona, Tequila und dunkelhaarigen Schönheiten Sehnsüchte weckenden Tex-Mex-Schunkler „Josie Escalido“ (tolle Gestaltung mit Mariachi-Trompeten, Akkordeon, Mandoline, spanischer Akustikgitarre).

Den absoluten Kracher gibt es dann mit „Going Down Tonight“ als Rausschmeißer am Ende. Ein wüster, dreckiger und angriffslustiger Southern Rocker, bei dem der auch ansonsten alles überragende E-Gitarrist Kenny Greenberg (was für großartige und auf den Punkt gebrachte Einlagen und Soli) und seine Mitstreiter nochmal alles aus sich herausholen. Grandios hier auch die an Bekka Bramlett erinnernden sexy und frech gesungenen Uuh und Aah-Backs (die ausführende Dame ist in den Credits leider nicht genannt), was für eine Rakete. Donahews vielleicht bester Song seiner Karriere!

Casey Donahews Trip nach Nashville ist absolut gelungen. Mit „All Night Party“ könnte diesmal der ganz große nationale Wurf gelingen. Ein wunderbarer Kompromiss aus knackigem ehrlichen New Country und traditionellem Donahew-typischen Texas Red Dirt. Das sicherlich beste Album des Texaners bisher. Große und lange Donahew-Feier-Nächte dürften damit vorprogrammiert sein! So let’s party all night long (with Casey Donahew)!

Thirty Tigers (2016)
Stil: Red Dirt

01. Kiss Me
02. Country Song
03. College Years
04. What Cowboys Do
05. Feel This Right
06. That’s Why We Ride
07. That Got The Girl
08. Josie Escalido
09. White Trash Bay
10. Going Down Tonight

Casey Donahew
Casey Donahew bei Facebook
Bärchen Records