Tas Cru – Riffin’ The Blue – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Mit seinem neuesten Album „Riffin‘ The Blue“, welches am 3. März in die Läden kommt, ist Tas Cru schon wieder ein kleines Meisterwerk geglückt. Dieses Mal mit Unterstützung des Ausnahmegitarristen Mike Zito, Bruce Katz an den Keys (Ronnie Earl & The Broadcasters, Delbert McClinton, Joe Louis Walker, Greg Allman and Friends) sowie sechs weiteren hochkarätigen Studiomusikern, zu denen auch seine Stammsängerin Mary Ann Casale zählt.

„Riffin‘ The Blue“ enthält 11 Originalsongs und wurde von Tas Cru (Jahrgang 1953) selbst produziert. Sofort beim Titelsong „Riffin‘ The Blue“ darf Mike Zito in die Saiten greifen und zusammen mit Tas Cru, der an der Rhythmusgitarre das Tempo vorlegt, einen shuffelligen Blues-Rocker in Mike Zito-Manier abliefern. Mit „Brown Liquor Woman“ folgt dann eine flotte Rock‘n‘Roll-Nummer, in der Tas Cru eine Resonatorgitarre bespielt und Bruce Katz ein wildes Pianosolo beisteuert.

„Stand Up“ ist ein äußerst rhythmischer Song, der Reggae-Elemente mit gospelig-souligen Einflüssen vermischt und im Refrain etwas an Bob Marleys Intonation in „Get Up, Stand Up“ erinnert, bevor mit „One More Time“ ein gefühlvoller Slowblues zu Gehör gebracht wird, der mit einem Barmusik-Pianointro beginnt, welches sich durch den gesamten Song zieht und durch Tas‘ Gitarre aufgegriffen wird. „Throw It All Away“ besticht durch eine eingängige Hookline und die Melodien von „Crazy Getting In My Way“ sowie „Heal My Misery“ sind ziemlich funky angelegt.

„House Of The Blues“ ist dann, wie sollte es anders sein bei dem Titel, ein richtig schöner Blues mit glasklaren Gitarrenlicks und Keyboarduntermalung. Beschwingt und lebensfroh geht es dann mit „Let It Happen“ und „Miss This Man“ weiter, letzterer Song ein schwungvoller Boogie mit reichlich Pianogehämmer, gemeinsam von Tas Cru und Mary Ann geschrieben. Das melancholische „Memphis Gone“ bildet schließlich den Rausschmeißer. In dem Midtempostück sind alle Musiker nochmals gemeinsam zu hören über die Rhythmusgruppe und Bruce Katz an den Keyboards, Mike Zito mit der Slidegitarre, bis hin zu den harmonischen Background-Stimmen.

Insgesamt ist Tas Crus‘ „Riffin‘ The Blue“ ein ausgezeichnetes Album. Die Mischung moderner und traditioneller Elemente inklusive Reggae-, Gospel-, Soul- und Funkschnipseln, kommt gut rüber und macht das Werk spannend und abwechslungsreich. An der Scheibe werden also nicht nur reine Bluesfans Gefallen finden, zumal sie auch handwerklich wahnsinnig gut gemacht und abgemischt ist. Eine sehr empfehlenswerte Scheibe!

Subcat Records (2023)
Stil: Blues

Tracks:
01. Riffin’ The Blue
02. Brown Liquor Woman
03. Stand Up!
04. One More Time
05. Throw It All Away
06. Crazy Getting In My Way
07. Heal My Misery
08. House Of The Blues
09. Let It Happen
10. Miss This Man
11. Memphis Gone Mike

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Diane Blue All-Star Band – Live! At The Fallout Shelter – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Die aus Boston stammende Sängerin Diane Blue hat sich nicht nur als Leadsängerin bei „Ronnie Earl and The Broadcasters“ einen Namen gemacht. Sie tourt ebenfalls mit ihrer eigenen „All-Star Band“ durch die Lande und bei einem dieser Gigs wurde dann auch ihr neuestes Album am 26.02.2022 im „The Fallout Shelter“ in Norwood, Massachusetts aufgenommen und am 26.11.2022 bei Regina Royale Records veröffentlicht.

Mit dabei waren Ronnie Earl selbst an der Gitarre und Dave Limina von den Broadcasters an der Hammondorgel. Das Album enthält neun, während der Pandemie entstandene Songs, in denen Diane Blue mit ihrer teils warmen Altstimme, die irgendwo zwischen Amy Winehouse und der späten Tina Turner angesiedelt ist, Soul- und Blueselemente miteinander verwebt.

Ein schönes Beispiel dafür ist der Coversong „I Cry“ von Millie Jackson aus den 70‘er Jahren, den Diane Blue zusätzlich um zwei neue Strophen ergänzt hat und der den Opfern rassistischer Ungerechtigkeit gewidmet ist. Auch der Opener „I Got A Good Thing“ kommt beschwingt in einem modern verpackten Retrostil daher. „By My Side“ und „Take A Look“ grooven etwas härter, während „I‘m Gonna Get You Back“ und „Push On Through“ flott und gut tanzbar mit einem leicht jazzigen Touch aufwarten.

Das balladeske „Crazy, Hazy, Lazy“ fließt entspannt vor sich hin und mit „Insomnia“ liefert Diane Blue einen schönen Slowblues ab. Das Sahnehäubchen des Albums ist aber sicherlich das 7 1/2 minütige „Leave Me Alone“, ebenfalls ein wunderschöner und gefühlvoller Slowblues mit Ronnie Earl an der Gitarre. Allerdings steht Chris Vitarello, der auf den übrigen Stücken die Gitarre zupft, den Künsten von Ronnie Earl kaum nach. Auch er liefert auf der gesamten CD eine tolle Performance ab.

„Live! At The Fallout Shelter“ ist insgesamt eine handwerklich (tontechnisch und musikalisch) sehr gut gemachte CD, die beim genussvollen Hören äußerst viel Spaß bereitet, wenngleich sie nicht zum wilden Abfeiern geeignet ist. Aber es gibt ja auch die besinnlicheren Momente im Leben. Wohltuend fällt zudem auf, dass die Publikumsreaktionen beim Abmischen des Album nicht zu sehr unterdrückt worden sind und dass das Album somit auch eine authentische Liveathmosphäre transportiert.

Regina Royale Records (2022)
Stil: Soul, Blues

Tracks:
01. I Got A Good Thing
02. Crazy, Hazy, Lazy
03. I Cry
04. By My Side
05. Leave Me Alone
06. Take A Look
07. I‘m Gonna Get You Back
08. Insomnia
09. Push On Through

Diane Blue
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Joe Louis Walker – Weight Of The World – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Der inzwischen 72-jährige Joe Louis Walker blickt auf auf ein langes und erfülltes Musikerleben zurück. Er ist sechsfacher Blues Music Award-Gewinner, wurde in die Blues Hall of Fame aufgenommen und hat im Laufe seiner Karriere mit namhaften Blues- und Jazzmusikern wie B.B. King, James Cotton, Muddy Waters, Thelonious Monk, Ike Turner, Bonnie Raitt, Taj Mahal und Steve Cropper gespielt, bzw. gemeinsam mit ihnen Platten aufgenommen.

Nun legt er am 2. Februar sein neuestes Album „Weight Of The World“ vor, eingespielt und produziert von und mit Eric Corne (John Mayall, Walter Trout, Sugaray Rayford), der auch am Songwriting beteiligt war und in mehreren Stücken als Gitarrist, Backgroundsänger und Perkussionist zu hören ist.

„Weight Of The World“ gilt als Walker‘s bislang stärkstes Album und vereint Blues, Gospel, Soul und sogar Jazzelemente auf einer Scheibe, auf der die Souleinflüsse aber eindeutig überwiegen. Es ist also eher ein soulgeprägtes, aber kein reinrassiges Bluesalbum. Wobei Joe Louis Walkers feine Tenorstimme immer leicht aus dem Hintergrund zu kommen scheint und nie dominierend ist.

Die Songs „The Weight Of The World“, „Is It A Matter Of Time?“ und „Don‘t Walk Out That Door“ sind herrlich soulig und mit druckvollen Bläsersätzen sowie auf- und abschwellenden Keyboardmelodien angereichert. „Hello, It‘s The Blues“ wiederum ist ein sehr melodiöser, pianobegleiteter Slowblues mit Streichern, gospeligem Backgroundchor und einem tollen Gitarrensolo im letzten Drittel des Songs.

„Waking Up The Dead“ und „Count Your Chickens“ gehören eher in eine funkige Schublade. Ersterer Track nur leicht, dafür aber sehr rhythmisch und mit immer wieder auftauchender Slidegitarre, der andere geht mit einem härteren Groove und wesentlich treibender zur Sache. Ein Alleinstellungsmerkmal auf der Scheibe hat der Titel „Blue Mirror“, handelt es sich doch um eine pure Rock‘n‘Roll-Nummer mit Pianogeklimper und wilden Gitarrentunes. „Root Down“ (ein rhythmisch stampfender Shuffle) und „Bed Of Roses“ stammen dann wieder eher aus der Bluesecke. Und mit „You Got Me Whipped“ gibt es dann zum Abschluss noch jazzigen Soul auf die Ohren.

Walker beweist auf „Weight Of The World“, dass er nicht nur im Blues, sondern auch in anderen Genres heimisch ist. Wer also nicht nur reinen, schwarzen Blues mag, sondern sich auch für andere Stilrichtungen, insbesondere Soul, begeistern kann, bekommt mit dieser Scheibe sicherlich ein sauber arrangiertes Album mit erstklassigen Musikern (Scott Milici: Keys, John Medeiros Jr.: Drums, Geoff Murfitt: Bass, Eddie Jackson: Bongos, Marc Pender: Trompete, David Ralicke: Saxophon, Eric Gorfain: Violinen und Gia Ciambotti: Hintergrundgesang) für sein Geld.

Forty Below Records (2023)
Stil: Blues

Tracks:
01. The Weight Of The World
02. Is It A Matter Of Time?
03. Hello, It‘s The Blues
04. Waking Up The Dead
05. Don‘t Walk Out That Door
06. Count Your Chickens
07. Blue Mirror
08. Root Down
09. Bed Of Roses
10. You Got Me Whipped

Joe Louis Walker
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AJ Plug – 27.01.2023 – Blues, Rhede – Konzertbericht

Um kurz vor 21 Uhr kündigte André Knoch AJ Plug an und machte noch einmal deutlich, wie froh er ist, dass die aus Katwijk kommende Musikern nach einer schweren Krebserkrankung wieder auf der Bühne steht. Unter Applaus betrat dann die Band die Bühne und eröffnete das Konzert mit „Free At Last“ vom ersten Album „Chew Chew Chew“ aus 2016.

Der Einstieg war durchaus geschickt gewählt, das treibende Intro des Songs brachte die Besucher direkt auf Betriebstemperatur und so wurde AJ gewissermaßen der musikalische Teppich ausgerollt, auf dem sie die Bühne betrat und direkt eindrucksvoll bewies, dass sie stimmlich voll auf der Höhe war. Ähnlich powervoll ging es mit den folgenden Songs „Shine“ und „Better Off“ sowie „Crazy For You“ einem gefühlvollen balladesken Liebeslied vom 2017er Album „Let go … or be dragged“ weiter.

Schon zu diesem Zeitpunkt waren die Rollenverteilungen auf der Bühne klar zu erkennen. Am rechten Rand visuell etwas im Hintergrund legten die erfahreneren Klaas Kuijl an der Rhythmusgitarre und Roelof Klijn am Bass eine Soundgrundlage, die den anderen Musikern alle Spielräume ermöglichten.

In der Rhythmusarbeit wurden sie dabei von Tommy Parker Jr an den Drums unterstützt, der sich zuweilen fast in einen Rausch spielte. Auf der linken Bühnenseite zauberte Axel Zwinselman, der schon neulich in der Sean Webster Band, bei einem Konzert in Oberhausen, eine glänzende Visitenkarte abgegeben hatte, am Keyboard einige furiose Soli hin und gab insbesonders den etwas ruhigeren Stücken schöne melodische Elemente.

Neben ihm sorgte Sebas Fleddermann für einigen Szenenapplaus bei seinen auf den Punkt gespielten Soli. Der Mittelpunkt der voll besetzten Bühne gehörte der zerbrechlich wirkenden AJ Plug, die das Publikum mit ihrer positiven Ausstrahlung schnell auf ihre Seite gezogen hatte, sodass eine eindrucksvolle Atmosphäre im Blues in Rhede entstand, die schon etwas Besonderes hatte.

Richtig emotional wurde es dann, als Plug sich erstmals auf den bereitgestellten Hocker setzte und mit übereinandergeschlagenen Beinen über das letzte Werk „Killer King“ und dessen Hintergrund, die Verarbeitung ihrer Krankheitsphase sprach.in der die letzten Jahre körperlich nicht spurlos an ihr vorbeigegangen sind. Danach folgte mit dem Titelsong ihre Bezeichnung für den Krebs und es sollten im Verlauf des knapp zweistündigen Konzertes über zwei Sets noch alle Songs des Albums wie zunächst „Gimme A Smile“, „River Blue“ und „It Will Be Alright“ folgen.

Mit „Going Under“ vom zweiten Longplayer schickte AJ Plug die Fans dann in die Pause. Wie bei einigen Songs waren hier neben den bluesigen auch Southerrn-Akzente, insbesondere durch das Gitarrenspiel von Fleddermann, zu hören. Nach dem schon sehr guten ersten Set legte AJ Plug mit ihrer Band im zweiten Abschnitt voch eine Schippe drauf. Über die rockigen „Spitting Fire“, „Never Gonna Stop“ und „The Sky Turned Black“ ging es zum eher ruhigen melancholischen „Dream“, zu dem sie die Entstehungsgeschichte erzählte, wie das Leben in letzter Zeitscheinbar wie im Traum an ihr vorbeigezogen ist.

Nach den folgenden „Down On My Knees“, „The Shape I´m In“ und „Trouble“ spielte die Band mit „Dakota“ einen Track, den sie im Rahmen einer Fernsehsendung vorgeführt hatte, den Plug aber direkt als eher untypisch ankündigte. Vom Sound her erinnerte es mich an alte Sachen von Blondie. Danach beendete Plug kurz den zweiten Set, um direkt die Zugabe „Tears Ran Dry“ anzukündigen. Es folgte knallharter Blues Rock, der wohl auch Jimi Hendrix gefallen hätte.

Minutenlange Zugabeforderungen nach dem Stück sorgten dafür, dass die Band noch einmal die Bühne betrat und als Outro gewissermaßen noch einmal eine harte Version des ersten Songs „Free At Last“ hinzulegen und somit ein absolut begeistertes Publikum ins Wochenende zu schicken.

Line-up:
AJ Plug – vocals
Klaas Kuijl – rhythm guitar
Roelof Klijn – bass
Tommy Parker Jr – drums
Axel Zwinselmann – keyboards
Sebas Fleddermann – leadguitar

Text und Bilder Gernot Mangold

AJ Plug
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blues Rhede

Eddie 9V – Capricorn – CD-Review

Review: Jörg Schneider

„Capricorn“ ist nach seinem 2021 Album „Little Black Flies“ die dritte Scheibe von Eddie 9V. Namensgeber sind die legendären Capricorn Studios in Macon, Georgia, in denen er zusammen mit lauter hochkarätigen Rootsmusikern aus dem amerikanischen Süden sein neuestes Werk eingespielt hat.

Im Gegensatz zu „Little Black Flies“, welches ein sattes Bluesalbum war, überrascht seine aktuelle Scheibe mit komplett anderen Tunes. Brooks Mason selbst – alias Eddie 9V – berichtet, nach seinem letzten Album stark durch die Muscle Shoals-Musik, also eine Mischung aus Hillibilly, Blues, Rock‘n‘Roll, Soul, Country und Gospel beeinflusst worden zu sein. Und diese neue Erfahrung schlägt sich auch auf „Capricorn“ nieder. Alle Songs atmen förmlich den Soulspirit der späten 60‘er Jahre aus, unterstützt durch schmissige Altsaxophon-, Posaunen- und Baritonhorneinlagen sowie harmonische Backgroundvocals. Und alles zusammen einfach großartig arrangiert.

Das Album wird eröffnet durch die fröhlich-flotte Soulnummer „Beg Borrow And Steal“, gefolgt vom sumpfigen „Yella Alligator“ mit viel Slidegitarre, bevor es leicht funky mit dem treibenden Shuffle „Bout To Make Me Leave Home“ weitergeht. Gospelig hingegen sind der Slowblues „Are We Through?“ und insbesondere „ Mary Don‘t You Weep“ mit Khristie Frenchs zartem Leadgesang.

Hervorzuheben wäre dann auch noch eine Coverversion von Bob Dylans Klassiker „Down Along The Cove“, ein schnörkeliger Bluesrocker mit schrammelnden Gitarren und das Fingerpickingstück „It‘s Going Down“, in welchem Eddie 9V seine Alkoholerfahrungen verarbeitet. Die übrigen Songs sind gefällige Soulnummern, mal flotter („How Long“ und „Tryin’ To Get By“) und mal gemächlicher („Missouri“ und „I’m Lonel-“). Wobei der Refrain von „How Long“ schon fast einen leichten Reggaetouch aufweist.

„Capricorn“ ist insgesamt ein spannendes und äußerst abwechslungsreiches Album, das dem Soulspirit der späten 60‘ger frönt, einer Zeit also, in der der heute 27-jährige Eddie noch lange nicht geboren war. Um so erstaunlicher ist es (und es zeugt nicht zuletzt auch von seiner musikalischen Genialität), wie gut er es schafft, die Vibes dieser Zeit nicht nur ins Hier und Jetzt zu transportieren, sondern auch erfrischend neu zu interpretieren. Für mich ist es mit Abstand das spritzigste Album des noch jungen Jahres und es verdient allemal eine uneingeschränkte Kaufempfehlung. Die Scheibe ist seit dem 27. Januar im Handel.

Ruf Records (2023)
Stil: Soul, Blues

Tracks:
01. Beg Borrow And Steal
02. Yella Alligator
03. Bout To Make Me Leave Home
04. Are We Through?
05. How Long
06. It‘s Going Down
07. Tryin‘ To Get By
08. Down Along The Cove
09. Mary Don‘t You Weep
10. Missouri
11. I‘m Lonely

Eddie 9V
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Bad Temper Joe – Glitter And Blues – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Guten Blues gibt es also auch bei uns in deutschen Landen. Das beweist der Bielefelder Bad Temper Joe eindringlich mit seiner neuen Scheibe „Glitter And Blues“. Obwohl er bisher bereits mehrere Alben veröffentlichte, die German Blues Challenge gewonnen und 2020 als einziger europäischer Act im Finale der International Blues Challenge in Memphis gestanden hat, ist der Ostwestfale bislang leider nicht auf meinem Radar aufgetaucht. Daher herzlichen Dank an Timezone Records, die uns diese tolle Scheibe für ein Review zur Verfügung gestellt haben.

Stilistisch ist sie Mischung aus Delta Blues, Country, Folk und das ganze teils vermischt mit Americanaeinflüssen („Who Are You“). Manchmal nachdenklich, aber nie wirklich tieftraurig, dafür oftmals träumerisch (z. B. „Glitter And Blues“) oder beschwingt (der Boogie Woogie „Pink Panther“) und lebensfroh (z. B. das auf einer bekannten Melodie beruhende „She‘ Got A Hold On Me“).

Die Songs auf „Glitter And Blues“ graben sich tief in die Gehörgänge ein, insbesondere die lediglich auf BTJ‘s sonorem Gesang, Akkustik- und Resonatorgitarre sowie Kristin Sheys ergänzenden Vocals aufgebauten Songs (das glückselige „All Over Again“, das fröhliche „Travel Light“, das unbeschwert klingende „This Time Last Night“ oder das fröhliche „Two Trains“). Sehr schön ist ebenfalls das ruhige und sparsam arrangierte „If These Walls Could Talk“ (Resonator- und E-Gitarre, Keys und Gesang).

Nach dem Hören der Platte war ich zugegebener Maßen mehr als beeindruckt. Eine solch klasse Bluesscheibe hätte ich kaum von einem deutschen Künstler erwartet. Unter dem Strich ist „Glitter And Blues“ ein wahnsinnig tolles Album, ganz im Zeichen der alten Meister des Blues. Traditionell also, aber erfrischend neu interpretiert und mit gut verständlichen, klaren Songtexten unterlegt.

Und so beurteilte auch das britische „Blues Matters“ Magazin den Silberling mit den Worten: „It’s hard to believe that the sounds of the Mississippi-Delta have relocated to Germany, but they have.” Es ist also genau die richtige Scheibe um jetzt im Winter vor dem wärmenden Ofen zu sitzen und die ruhige, eingängige Musik zu genießen, am Besten in gemütlicher Zweisamkeit. Ach ja, das Wichtigste noch: Teil ist bereits seit dem 25.11. diesen Jahres im Handel!

Timezone Records (2022)
Stil: Blues

Tracks:
01. Glitter And Blues
02. Cold Feet
03. Pink Panther
04. Long Gone Friend Blues
05. She‘s Got A Hold On Me
06. Travel Light
07. All Over Again
08. Fountain Of Weekness
09. Two Trains (Runnin‘ Different Ways)
10. If These Walls Could Talk
11. This Time Last Night
12. Who Are You

Bad Temper Joe
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Timezone Records

Albie Donelly’s Big Thing – 09.12.2022 – to Hoop, Rheinberg – Konzertbericht

So langsam neigt sich das Konzertjahr 2022 auch im to Hoop dem Ende zu. Zum Abschluss einiger starker Blueskonzerte im Herbst besuchte der Brite Albie Donelly nicht mit Supercharge, sondern seinem Big Thing die im Rheinberger Ortsteil Alpsray gelegene Location.

Als die Band gegen 20:15 Uhr die Bühne betrat waren fast alle Sitzplätze belegt, dass im Vergleich zu den vorherigen Konzerten auch durch die Bestuhlung der Saal optisch halbwegs gefüllt war. Mit seiner Band legte er gleich los wie die Feuerwehr und lieferte zwei Sets von jeweils etwa 50 Minuten, die von den Besuchern regelrecht abgefeiert wurden.

Mit Wolfgang Diekmann am Bass und Uwe Petersen an den Drums bildeten zwei exzellente Musiker die Rhythmusfraktion und sorgten für einen besonderen Groove. Beide konnten auch in längeren Soli ihre Qualität unter Beweis stellen. Optisch im Mittelpunkt stand aber der immer noch sehr vitale Albie Donelly, dessen Stimme klar und ausdrucksstark wie vor Jahrzehnten ist und der mit seinen Saxonfoneinlagen den einen oder anderen Szenenapplaus einheimste.

Zudem zeigte er sich als starker Entertainer zwischen den Songs. So erzählte er, passend zum to Hoop mit seinen zahlreichen Whiskeysorten, von der Whiskey trinkenden Mama, die in alle möglichen Getränke Whiskey kippt; sogar in Whiskey, womit er für einige Lacher sorgte.

Neben Donelly sorgte auch Gitarrist André Tolba mit knackigen Soli für einige Highlights während des Konzertes und unterstützte Albie bei den meisten Songs mit starken Backgroundgesang und konnte in einem Song auch zeigen, dass er ein sehr guter Leadvokalist ist.

Nach dem Konzert gab Sami Durak einen kurzen Überblick zu den kommenden Konzerten, wobei Auftritte von Bernhard Allison und Aynsley Lister beispielsweise zu nennen sind, die 2023 stattfinden werden. Es lohnt sich mit Sicherheit öfters mal auf die Webseite des to Hoop zu schauen, wer demnächst auf der Bühne in Alpsray stehen wird.

Line-up:
Albie Donnelly – Alt & Tenor Saxofon / Gesang
André Tolba – Gitarre / Gesang
Wolfgang ‘BOLLE’ Diekmann – Bass
Uwe Petersen – Schlagzeug

Text und Bilder Gernot Mangold

Albie Donelly
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to hoop Rheinberg-Alpsray

Harlem Lake – 04.12.2022 – Yard Club, Köln – Konzertbericht

Am zweiten Advent traten Harlem Lake erstmals in Köln im Yard Club auf. Die aus Harlem bei Amsterdam stammende Band konnte im Sommer bei einigen Festivals begeistern und gewann den European Blues Award. Umso trauriger war es, dass nur etwa 30–40 Musikfans den Weg in den Yard  Club gefunden hatten. Den wenigen Fans, die an diesem Sonntagabend anwesend waren, boten die jungen Niederländer einen Abend, den sie so schnell nicht vergessen werden.

Von Beginn an zeigte sich, welch exzellente Musiker in der Band sind. Als erstes sei dabei Dave Warmerdam genannt, der für das Songwriting verantwortlich ist und trotz seines jungen Alters ein feines Händchen beweist, Elemente aus Blues, Americana und Southern Rock verschmelzen zu lassen. Seine Partnerin, nicht nur auf der Bühne, Jane Timmer übernimmt dabei den Part, die Texte zu schreiben.

Musikalisch gibt es dabei einige Paralellen zu einer amerikanischen Band in der auch Partner eine prägende Rolle spielen. So gab es unter den Besuchern so einige, die Vergleiche mit der Tedeschi Trucks Band machten. Was auf jedem Fall gesagt werden kann, ist, dass Harlem Lake sich nicht hinter prominenten Acts aus dem Genre zu verstecken brauchen.

Die junge Sängerin Jane Timmer begeisterte mit einer klaren Stimme und einem großen Stimmvolumen, was von zarten fast zerbrechlichen Gesang bis hin zur Bluesröhre ging, Zudem ging von ihr eine sehr positive Bühnenpräsenz aus und es gelang ihr schon mit der Ansage in einer Mischung aus Deutsch und Englisch die Besucher direkt einzufangen, dass sich über die gesamte Dauer des Konzertes eine tolle Stimmung mit einigen Anlässen für Szenenapplaus ergab.

Dave Warmerdam hielt sich optisch, meist Piano und Hammond Orgel spielend, zurück, offerierte dabei aber sein Können auch in einigen starken Soli. In den Vordergrund trat er bei den Tracks, wenn er sich die Gitarre schnappte und sich neben der Rhythmusunterstützung einige Gitarrenduelle mit Sonny Ray van den Berg lieferte. Herausragend war dabei der jammende Part in „I Won´t Complain“, mit Soli feinster Southern Rock-Manier, und auch der sonst eher im Hintergrund agierende Bassist Kjelt Ostendorf ein feines Basssolo hinlegte.

Sonny Ray, auch vom äußeren Erscheinungsbild, genau wie Dave in jede Southern Rock-Combo passend, gelang es viele Soloparts so auf den Punkt zu spielen, dass die Songstruktur nicht zerstört wurde. 

Visuell im Hintergrund standen Drummer Benjamin Torbijn und Bassist Kjelt Ostendorf. Dabei zeigten die beiden jungen Musiker schon eine große Souveränität ganz ohne große Effekthascherei. Beide hatten auch ein Feeling dafür, wann man sich etwas zurückhalten muss, um insbesondere bei den ruhigeren Stücken nicht die eher träumerische Stimmung zu zerstören.

Neben dem fast kompletten aktuellen Album spielte die Band als Zugabe mit „Mean Man“ noch ein Lied der Dave Warmerdam Band, aus der letztlich Harlem Lake entstanden ist und mit „Carry On“, dem begeisternden „Crying In The Desert“, „Temptation“, „Beggars Can`t Choose“ und „The Sight Of You“ fünf Songs, die erst auf dem neuen Album im nächsten Jahr veröffentlicht werden. Nach dem, wie die Stücke in Köln präsentiert worden sind, kann ich schon jetzt eine Kaufempfehlung aussprechen!

Zudem coverten Sie mit „Beware“ (von Barrelhouse), „That`s How Strong My Love Is“ (von Little Milton), „Whiskey Drinkin` Woman“ (von Lou Donalson) und „Don’t Change Horses“ (von Tower Of Power) gekonnt einige Stücke von musikalischen Vorbildern und präsentierten so den Anwesenden ein abwechslungsreiches Programm mit einigen Überraschungen durch die noch nicht veröffentlichten Songs, die von den Fans begeistert angenommen wurden.
Nach dem Konzert begaben sich die Musiker sofort zu den wartenden Fans am Merchendise-Stand, um Fanartikel zu signieren, Erinnerungsfotos zu machen und um sich über den Abend zu unterhalten.

Neben den Musikern hatte ich noch ein nettes Gespräch mit dem Vater von Dave Warmerdam, der die junge Band unterstützt, über die Band und deren Pläne. Plan oder Traum wäre es nebenan in der Kantine, in die wir während des Gesprächs schauen konnten, zu spielen. Wenn man den Abend im Yard Club, mit der beeindruckenden Bühnenpräsenz der Band gesehen hat, kann aus diesem Traum ganz schnell Wirklichkeit werden. In der Form ist Harlem Lake auf dem Weg, eine der europäischen Topacts in deren Genre zu werden und sie bewiesen, dass sie nicht zu Unrecht den European Blues Award dieses Jahr gewonnen haben.

Harlem Lake werden voraussichtlich im nächsten Sommer auf dem Freideck der Kantine spielen, ein Termin, den man sich mit knallrot im Kalender markieren sollte. Ein besonderer Dank geht auch noch einmal an die Kantine/Yard Club insbesondere an Markus, der hoffentlich bald wieder vor Ort ist, die es immer wieder schaffen so großartige Künstler in den Kölner Norden zu holen.

Line-up:
Janne Timmer – lead vocals
Dave Warmerdam – organ, keyboards, guitar, bgv
Sonny Ray van den Berg – guitars, bgv
Kjelt Ostendorf – bass, bgv
Benjamin Torbijn – drums

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Yard Club Köln

Henrik Freischlader – Recorded by Martin Meinschäfer II – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Dreizehn Jahre nach seinem ersten Solo-Projekt hat Blues Rock-Gitarrist und -Sänger Henrik Freischlader nun die Fortsetzung vorgelegt. Hinter dem etwas gewöhnungsbedürftigen Titel “Recorded by Martin Meinschäfer II” verbirgt sich die besondere Wertschätzung für die Zusammenarbeit mit Toningenieur und Musiker Martin Meinschäfer.

Die 12 Eigenkompositionen des Multi-Instrumentalisten, der u. a. auch Bass und Drums beherrscht, verbinden ihre vielseitige Blues-Rock-Mentalität spielerisch mit der weit zurückliegenden Produktion des damals 27-jährigen Freischlader. Nur begleitet von Moritz “Mr. Mo” Fuhrhop an der Hammond Organ und den Keys, ist der neue Longplayer fast eine vollständige Eigenproduktion geworden, aber eben in maßgeblicher Kooperation mit dem Recording Mastermind an den Reglern. Diese langjährige Teamarbeit bildet den Grundstock einer Erfolgsgeschichte, die musikalische und technische Feinarbeit als kreatives Produktergebnis gegen große Konkurrenz stets neu harmonisch entwickelt.

Die neue Scheibe bietet von Beginn an exzellente Kompositionen, die von groovend-funky (“Free”) über relaxed-soulig (“Lost Souls”) bis rockig-melodisch (“Aware Of Things”) ihren ganz eigenen Charme verbreiten. Immer wieder gleiten kongeniale Solo-Parts finessenreich durch die Songs, starke Balladen-Highlights, wie “The Question” oder “I Wanna Go” bereiten dabei herrliche Freiräume, die Freischlader ausgiebig nutzt. In beinahe privat-persönlichen Texten beschreibt er hierzu seine Unzufriedenheit mit gesellschaftlichen Zuständen und Zwängen.

Seine individuellen Sichtweisen entfalten dabei in ihrer mutigen Offenheit durchaus zuversichtlich-standhafte Perspektiven oder Auswege und werden im letzten Stück “Hands Of Jesus” nochmals symbolisiert. In dem mit Texten und Fotos beispielhaft schön ausgestatteten CD-Booklet finden sich viele danksagende Widmungen, u. a. auch an Gary Moore, B.B. King, Peter Green und Joe Bonamassa, die als einflussreiche Vorbilder oder Bühnenpartner, insbesondere auch Freischladers Solo-Wege primär mitgestaltet haben.

Blues-Rock made in Germany auf internationalem Niveau: Unter anspruchsvollen Kriterien spiegelt das neue Solo-Studio-Werk von Henrik Freischlader eindrucksvoll den Handmade-Charakter der Aufnahmen von “Recorded By Martin Meinschäfer II”. Emotional vielschichtige Lyrics und das retrospektiv ausgerichtete Soundspektrum der Songs überzeugen in ihrer gelungenen Kontinuität. Seine musikalisch authentische Handschrift reflektiert ohne Zweifel die leidenschaftlichen Solo-Aktivitäten eines der besten Blues Rock-Individualisten Europas.

Cable Car Records (2022)
Stil: Blues Rock

Tracks:
01. Free
02. Aware Of Things
03. Turn Back The Clock
04. Rule The World
05. I Wanna Go
06. Lost Souls
07. Hall Of Shame
08. Old Life Back
09. Wasting Our Time
10. The Question
11. The Given Groove
12. Hands Of Jesus

Henrik Freischlader
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Cable Car Records

Andreas Diehlmann Band – Best Of 2017-2021 – LP-Review

Review: Jörg Schneider

Der deutsche Blueser Andreas Diehlmann hat sich im Laufe der Zeit zu einem Stammgast bei uns entwickelt, über den wir seit seinen Anfängen immer wieder gern berichten („Your Blues Ain‘t Mine“, „Your Blues Ain‘t Mine – Tour live“, „Point Of No Return“, Konzertbericht Cafe Steinbruch, „Mercy On Me“ und „Them Chains“). Die „Andreas Diehlmann Band“ besteht nunmehr seit 2017 als Trio mit Tom Bonn an den Drums und wechselweise Jörg Sebald bzw. Volker Zeller am Bass. Anlässlich ihres fünfjährigen Bestehens bringen die Jungs nun ein „Best Of“ Album mit 15 Songs der letzten Jahre heraus.

„Oh Well“, „Head Down Low“, „Your Blues Ain‘t Mine“, „Rita“, „Soulshine“, „Little Wing“ und „Gone“ hatte das Trio bereits auf den beiden „Your Blues Ain‘t Mine“- Alben aus 2018 und 2019 eingespielt. „Nothing But The Blues“, „Point Of No Return“, „Don‘t Go“ und Way Down South“ stammen von den 2019‘er Scheiben „Ponit Of No Return“ und „ADB“. Und vom 2020‘er Album „Mercy On Me“ haben es „Price To Pay“ und „Shadows Of Memories“ geschafft zu den Best-Of zu gehören. „Lola Sweet Rock ‚n‘ Rola“ und „Riding In The Dark“ sind schließlich von der letztjährigen Veröffentlichung „Them Chains“.

Bei Best-Of-Scheiben ist es wohl generell so, dass sie keine neuen Interpretationen bestehender Songs erwarten lassen. Da ist es auch keine Überraschung, dass Andreas Diehlmann seine Songs offenbar nicht neu abgemischt, sondern unverändert übernommen hat. Was aber nicht wirklich schlecht ist, da die Tracks auch so schon echte Blues- und Bluesrockkracher sind, die mächtig Stimmung machen. Weiteres dazu in den eingangs genannten Reviews.

Interessant ist das Album sicherlich für Leute, die sich gern einen Überblick über das bisherige – und beachtenswerte – Schaffen der Andreas Diehlmann Band verschaffen oder einem ihrer Bluesbuddies ein schönes Weihnachtsgeschenk machen möchten. Die „Best Of 2017-2021“-Scheibe kommt daher jetzt auch Anfang Dezember rechtzeitig zu Weihnachten als Doppel LP Gatefold Cover incl. Audio CD in die Läden. Für Liebhaber und den erwähnten Personenkreis ist sie eine absolut lohnenswerte Investition.

Eigenproduktion (2022)
Stil: Blues

Tracks:
01. Oh Well
02. Head Down Low
03. Lola Sweet Rock ‚n‘ Rola
04. Your Blues Ain‘t Mine
05. Nothing But The Blues
06. Price To Pay
07. Point Of No Return
08. Riding In The Dark
09. Rita
10. Way Down South
11. Soulshine
12. Shadows Of Memories
13. Don‘t Go
14. Little Wing
15. Gone

Andreas Diehlmann
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