Janiva Magness – Back For Me – CD-Review

Oh, eine neue Scheibe von Kim Carnes dachte ich scherzhaft, als ich auf das CD-Cover mit der hellmähnigen Dame blickte, die uns unsere amerikanischen Freunde von Devious Planet mal wieder zum Besprechen gesendet hatte. Aber Scherz beiseite, hier handelte es sich natürlich nicht um die Künstlerin, die mit der Adaption von „Bette Davis Eyes“ einen One-Hit Wonder‘ schaffte, sondern um die mir bis dato, Asche auf mein Haupt, nicht bekannte Blues -Sängerin Janiva Magness, die ihr aber durchaus etwas ähnlich sieht und auch dezente stimmliche Parallelen aufweist.

„Back For Me“ heißt das neue Werk, das ausschließlich mit viel Feingefühl ausgesuchte Fremdkompositionen enthält (u. a. von Doyle Bramhall II und Bill Withers). Produziert hat es ihr Langzeitweggefährte Dave Darling, der hier auch Gitarre spielt und sporadisch mit Backing Vocals agiert.

Um sich haben die beiden mit Ian Walker (bass), W.F. Quinn Smith (drums) und Sascha Smith (keys) eine tolle Stammformation versammelt, die mit diversen zum Teil namhaften Gastmusikern veredelt wird.

Die vielfach Award-gekrönte Künstlerin wird direkt schon mit dem von Darling geschriebenen Opener „Masterpiece“ von keinem Geringeren als Joe Bonamassa und seiner Stempel-aufsetzenden E-Gitarren-Arbeit begleitet. „Ich habe schon eine Menge Fehler in meinem Leben gemacht, aber du bist mein Meisterstück“ singt sie hier mit von Selbsterkenntnis umwehter, wütender Stimme im Refrain.

Der direkt folgende Titelsong (mit einem Hauch von  „Purple Rain“-Spirit) ist eine großartige bluesige Ballade, bei der stimmlich Ähnlichkeiten zu Dale Krantz aufkommen, Toll hier die klirrenden E-Fills und das Southern Rock-trächtige Solo.  Gleiches gilt auch für die tolle Version von Doyle Bramhalls II „November“.

Das mit psychedelischer 70er-Note umwitterte „Holes“ enthält mit Sue Foley eine weitere Gitarren-Präsenz. „Southern-Fans dürften Spaß an „I Was Good To You Baby“ haben. Ein tolles HT-Piano Bridge mit Slide Solo und der rotzige wiederum Krantz-ähnliche Gesang lassen Erinnerungen an „One Good Man“ der Rosssington Collins Band aufkommen.

Von weiteren Zitaten und Reminszenzen an frühere Klassiker sind dann noch Tracks wie „Do I Need You“ (I Can’t Stand The Rain“) und das finale „Hittin‘ On Nothin'“ („Hit The Road Jack“) geprägt, letzteres mit Jesse Dayton als weiterem namhaften Gast an der E-Gitarre.

Es ist immer wieder erstaunlich, mit wieviel unbekannter Musik man trotz eines vermeintlich großen Backgrounds, immer wieder konfrontiert wird und positiv überrascht wird. Janiva Magness, die jetzt mit „Back For Me“ ihr bereits 17. Album herausbringt, zählt zweifellos dazu. 

Sollte sich der immense Backkatalog der Protagonistin auf ähnlich hervorragendem Niveau befinden, hat der geneigte Blues Rock-Fan, dem es so wie mir geht, noch ordentlich Recherche-Arbeit vor sich! Für „Back For Me“ gilt jedenfalls schonmal ‚magnessificent music‘!

bluélan Records (2025)
Stil: Blues Rock

Tracklist:
01. Masterpiece
02. Back For Me
03. The Same Love That Make Me Love
04. November
05. Holes
06. I Was Good To You Baby
07. You Can Bring Me Flowers
08. Down So Low
09. Do I Need You
10. Hittin‘ On Nothin‘

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Kim Carnes – Chasin‘ Wild Trains – CD-Review

Kim Carnes zählt zu den Interpretinnen, die in der breiten Öffentlichkeit meist über einen großen Hit definiert werden, ähnlich wie John Miles mit „Music“, Marc Cohn mit „Walking In Memphis“ oder Robin Beck mit „First Time“, um hier ein paar weitere Beispiele anzuführen. In ihrem Fall war „Bette Davies Eyes“ der Knaller, mit dem sie in den Achtziger Jahren großen Bekanntheitsgrad erlangte, und auch Grammies abräumte.

Und so würde ich einiges darauf verwetten, dass selbst viele meiner Bekannten, die ohne Zweifel allesamt einen recht hohes Musik-Allgemeinwissen besitzen, mit kaum mehr als zwei bis drei weiteren Carnes-Songs spontan aufwarten können, wenn überhaupt.

Schade eigentlich, denn die gute Kim, wie auch natürlich die anderen o. a. Künstler, hat viele tolle Lieder in ihrem Repertoire, wie auch ihr damaliges Greatest-Hits-Album von 1993 eindeutig beweist. Man erinnert sich an starke Stücke wie „Gypsy Honeymoon“, „I’ll Be There Where The Heart Is“, „It Hurts So Bad“ (immer noch mein persönliches Lieblingsstück), „Crazy In The Night“ oder auch an „Still Hold On“. Southern-Rock-Freunden wird vielleicht noch die grandiose Coverversion von Johnny Van Zant auf seinem Album „The Last Of The Wild Ones“ im Gedächtnis hängen geblieben sein.

Zwölf Jahre sind seit dieser Kompilation vergangen, dass letzte richtige Album „Checkin‘ Out The Ghosts“ liegt sogar noch zwei weitere Jahre zurück, und wurde zudem nur in Japan veröffentlicht. Was ist in der Zwischenzeit passiert? Kim ist natürlich weiterhin live aufgetreten, und hat sich nach ihrem Umzug nach Nashville 1994 mehr dem Songwriting für andere Interpreten wie u. a. Sawyer Brown, Suzy Bogguss, Pam Tillis, Carolyn Dawn Johnson oder Tanya Tucker gewidmet, oder verlieh ihre phantastische Stimme im Background für Leute wie Deana Carter oder Tim McGraw.

Schön dass es jetzt wieder mit einem neuen Silberling geklappt hat. „Chasin‘ Wild Trains“ läuft seit Tagen in meinem Player rauf und runter. Ein Klasse-Album! Zwölf neue Stücke mit wunderschönem melodisch zeitlosen Charakter. Die Dame mit der blonden Mähne und ihrer unnachahmlich rauchigen Reibeisen-Stimme in Bestform! Und bei einem Umzug nach Music City bietet es sich natürlich an, namhafte Klassemusiker der dortigen Szene für ein solches Projekt einzubinden.

Naturgemäß tauchen dann auch so bekannte Instrumentalisten wie Greg Morrow, Billy Panda, Tim Lauer, Richard Bennett, Tom Bukovac oder Jeffrey Steele im Booklet auf, die aus dem von mir so geliebten New-Country-Geschehen allseits geläufig sind. Aber auch Typen wie Angelo, Jeff Hanna (Nitty Gritty Dirt Band) oder Chuck Prophet, den ich live auf dem letzten Blue Highways Festival in Utrecht erleben durfte, fügen sich mit starken Leistungen in das Gesamtgeschehen ein.

Als Single wurde die entspannte Ballade „One Beat At A Time“ ausgekoppelt, die ein tolles Slide-Solo enthält und ihren Anspruch in Kims genialem weich-kratzigem Gesang und Tim Lauers unaufdringlichem, aber starken Keyboardspiel begründet. Meine persönlichen Favs aber sind die rhythmisch flotten „Just To See You Smile“ und „All About Time“ die von knackigem Akustikgitarrenspiel getragen werden, die herrliche Ballade „Goodnight Angel“ (klasse Harmonie-Vocals vom Kings Of Leon Produzenten Angelo, starke Gitarrenarbeit/-Solo Tom Bukovac) und das von einem leichten County-Flair umgarnte Midtempostück „Lucid Dreams“, wobei Chuck Prophet ebenfalls Harmonies beisteuert, aber auch an der Telecaster im Wechselspiel zu Angelos Dire-Straits-mäßigen Stratocaster-Fills zu glänzen weiß.

Wohltuend neben der, ich möchte es auch an dieser Stelle nochmals erwähnen, sensationellen Gesangsperformance von Frau Carnes auch, dass diesmal auf der CD, wie es noch in den Achtzigern ja leider Gottes so üblich war, auf Synthesizereinlagen komplett verzichtet wurde. Insgesamt ein lang ersehntes starkes Comeback von Kim Carnes, das nach etwas zeitnaheren Nachfolgewerken schreit…

CoraZong Records (2005)
Stil:  Rock & More

01. One Beat At A Time
02. Just To See You Smile
03. Where Is The Boy (Chris‘ Song)
04. Goodnight Angel
05. Lucid Dreams
06. All About Time
07. Runaway
08. You Made My Skin Burn
09. Still Warmed By The Thrill
10. If I Was An Angel
11. Too Far Gone
12. Stepped Right In

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