Eddie 9V – Capricorn – CD-Review

Review: Jörg Schneider

„Capricorn“ ist nach seinem 2021 Album „Little Black Flies“ die dritte Scheibe von Eddie 9V. Namensgeber sind die legendären Capricorn Studios in Macon, Georgia, in denen er zusammen mit lauter hochkarätigen Rootsmusikern aus dem amerikanischen Süden sein neuestes Werk eingespielt hat.

Im Gegensatz zu „Little Black Flies“, welches ein sattes Bluesalbum war, überrascht seine aktuelle Scheibe mit komplett anderen Tunes. Brooks Mason selbst – alias Eddie 9V – berichtet, nach seinem letzten Album stark durch die Muscle Shoals-Musik, also eine Mischung aus Hillibilly, Blues, Rock‘n‘Roll, Soul, Country und Gospel beeinflusst worden zu sein. Und diese neue Erfahrung schlägt sich auch auf „Capricorn“ nieder. Alle Songs atmen förmlich den Soulspirit der späten 60‘er Jahre aus, unterstützt durch schmissige Altsaxophon-, Posaunen- und Baritonhorneinlagen sowie harmonische Backgroundvocals. Und alles zusammen einfach großartig arrangiert.

Das Album wird eröffnet durch die fröhlich-flotte Soulnummer „Beg Borrow And Steal“, gefolgt vom sumpfigen „Yella Alligator“ mit viel Slidegitarre, bevor es leicht funky mit dem treibenden Shuffle „Bout To Make Me Leave Home“ weitergeht. Gospelig hingegen sind der Slowblues „Are We Through?“ und insbesondere „ Mary Don‘t You Weep“ mit Khristie Frenchs zartem Leadgesang.

Hervorzuheben wäre dann auch noch eine Coverversion von Bob Dylans Klassiker „Down Along The Cove“, ein schnörkeliger Bluesrocker mit schrammelnden Gitarren und das Fingerpickingstück „It‘s Going Down“, in welchem Eddie 9V seine Alkoholerfahrungen verarbeitet. Die übrigen Songs sind gefällige Soulnummern, mal flotter („How Long“ und „Tryin’ To Get By“) und mal gemächlicher („Missouri“ und „I’m Lonel-“). Wobei der Refrain von „How Long“ schon fast einen leichten Reggaetouch aufweist.

„Capricorn“ ist insgesamt ein spannendes und äußerst abwechslungsreiches Album, das dem Soulspirit der späten 60‘ger frönt, einer Zeit also, in der der heute 27-jährige Eddie noch lange nicht geboren war. Um so erstaunlicher ist es (und es zeugt nicht zuletzt auch von seiner musikalischen Genialität), wie gut er es schafft, die Vibes dieser Zeit nicht nur ins Hier und Jetzt zu transportieren, sondern auch erfrischend neu zu interpretieren. Für mich ist es mit Abstand das spritzigste Album des noch jungen Jahres und es verdient allemal eine uneingeschränkte Kaufempfehlung. Die Scheibe ist seit dem 27. Januar im Handel.

Ruf Records (2023)
Stil: Soul, Blues

Tracks:
01. Beg Borrow And Steal
02. Yella Alligator
03. Bout To Make Me Leave Home
04. Are We Through?
05. How Long
06. It‘s Going Down
07. Tryin‘ To Get By
08. Down Along The Cove
09. Mary Don‘t You Weep
10. Missouri
11. I‘m Lonely

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Eddie 9V – Little Black Flies – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Fast genau ein Jahr nach Veröffentlichung seines letzten Live-Albums „Way Down The Alley“ hat Eddie 9V nun seinen neuen Longplayer „Little Black Flies“ herausgebracht. Nach eigenen Aussagen ist es wohl recht spontan im Studio entstanden. Da viele Musiker der Südstaatenszene coronabedingt keine Gigs mehr hatten, hat Eddie einfach ein paar von ihnen angerufen und zu einer Aufnahmesession in das Echo Deco Studio in Atlanta eingeladen.

So kam für das Recording ein Who-is-Who der besten Musiker ihres Fachs, einschließlich Brandon Boone, dem Bassisten der Tedeschi Trucks Band zustande. Eingespielt wurden zwölf Titel inklusive drei Coversongs („Travelin’ Man“ – Albert King, „Miss James“ – Stanley J. Lewis & Sonny Thompson, „You Don‘t Have To Go“ – J. M. Reed). Alles live und ohne Overdubs, um so den Sound der alten Blueslegenden zu erhalten.

Und tatsächlich fühlt man sich bei den Songs klanglich um Jahre zurückversetzt. Dieser Mood überfällt den Hörer sofort bei dem etwas souligen und mit nostalgischen Bläsersätzen angereicherten Titelsong „Little Black Flies“. Leicht soulig angehaucht präsentieren sich auch „3am In Chicago“ mit sozialkritischem Text und klagenden Gitarrenriffs sowie „Puttin‘ The Kids To Bed“, einem Song über die schönste Nebensache der Welt.

Daneben gibt es noch wunderschöne traditionelle R&B-Nummern zu hören, mit schrammelnder Slide-Gitarre und Bluesharp („She Got Some Money“) oder „Travelling Man“ und „You Don“t Have To Go“ zum Abschluss des Longplayers.

Natürlich haben Eddie 9V und seine Mannen auch reine Blues-Stücke aufgezeichnet: „Dog Me Around“ mit klagender Bluesharp und „Miss James“ mit fetzigem Trommelwirbel als Einstieg. Typische Slowblues-Titel sind hingegen „Don’t Come Around This House“ (starke Gitarrenriffs, dezente Bläser), „Back On My Feet“ (vom Arrangement her an John Lee Hooker erinnernd) und „Columbus Zoo Blues“.

Die Scheibe zieht einen unweigerlich in seinen Bann, klanglich etwas old-school, was ja, wie gesagt, beabsichtigt war, mit souligen Bläsern, heulenden Slide-Gitarren, tollen Gitarrenriffs und der markanten Stimme des Bandleaders. Es ist eine Hommage an die alten Größen des Blues wie z. B. Otis Rush, Mike Bloomfeld oder Albert King, frisch und neu interpretiert. „Little Black Flies“ kann sicherlich als gelungener Versuch gesehen werden, die etwas angestaubte Roots-Szene des Südens wieder neu zu beleben.

Label: Ruf Records
Stil: Blues

Tracks:
01. Little Black Flies
02. She Got Some Money
03. Dog Me Around
04. Don‘t Come Around This House
05. Travelin‘ Man
06. 3am In Chicago
07. Reach Into Your Heart
08. Miss James
09. Back On My Feet
10. Puttin‘ The Kids To Bed
11. Columbus Zoo Blues
12. You Don‘t Have To Go

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Ruf Records

Eddie 9V – Way Down The Alley – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Nach seinem 2019er Debütwerk „Left My Soul In Memphis“ legt der junge Wunderknabe des Südstaatenblues nun sein zweites Album vor. „Way DownThe Alley“ ist ein energiegeladener Live-Mitschnitt aus dem „Blind Willie‘s“ in Atlanta, in dem Eddie die ganz Großen des des schwarzen Blues, wie Freddie King, Muddy Waters oder Junior Wells, regelrecht zelebriert.

Auch die Live-Atmosphäre kommt bei den Songs super rüber und man fühlt sich beim Zuhören zwischen den einzelnen Stücken so, als wäre man mit einem Bierchen mitten im Publikum und würde mitfeiern. Toll gemacht! Zum guten Gelingen des Albums tragen nicht zuletzt aber auch Eddies Begleitmusiker bei.

Mit Chad Mason am Piano und Jackson Allen an der Mundharmonika sind zwei Könner ihres Faches am Werk, die perfekt mit den klassischen Blues-Melodien harmonieren, aber auch die souligen und Chicagoblues-Momente zur Geltung bringen, immer gepaart mit Eddies klarem und scharfem Gitarrenstil.

Das Album enthält zahlreiche Eigenkompositionen und zum Ende hin auch drei klassische Bluesnummern. Dort taucht dann das alte „Going Down Slow“ von St. Louis Jimmy Oden auf, allerdings in einer eher vom Chicagostil geprägten Fassung.

Und natürlich fehlt auf dem Album auch nicht der gemächliche „Catfish Blues“, der bereits 1928 von Petway Jim Jackson geschrieben wurde und später in Jimi Hendrix‘ „Voodoo Chile“ Eingang fand, genauso wenig wie das durch Muddy Waters bekannt gewordene Stück „Got My Mojo Working“, hier in einer durchaus lebhafteren Fassung.

Von den Eigenkompositionen sei besonders das ruhige und fast schon sparsam und mit gleichmäßigem Rhythmus arrangierte fast 9-minütige „Cod‘s Song“ erwähnt, welches viel Spielraum für Piano, Mundharmonika und Eddies Gitarre lässt. „Technical Difficulties“ hingegen ist eigentlich gar kein Song, sondern ein nett anzuhörender, launischer Vortrag über all die kleinen technischen Pannen, die so bei einem Konzert passieren können.

Alle anderen Songs des Longplayers bieten solide Blueskost zwischen slow („Bottle And The Blues“), flott (36th & Main“), melodiös („Lo-Fi Love“) und teils mit Soulelementen („Left My Soul In Memphis“) versetzt, stets abwechslungsreich und nie langweilig.

Für alle Blues-Enthusiasten ist die Scheibe sicherlich ein Must-Have, das nicht in der Sammlung fehlen sollte. Wir dürfen auf mehr gespannt sein.

Label: Hubbub! Music (2020)
Stil: Blues

Tracks:
01. 36th & Main
02. Look Over Yonder Wall
03. Bottle And The Blues
04. New Orleans
05. Lo-Fi Love
06. Technical Difficulties
07. Cod‘s Song
08. Going Down Slow
09. Left My Soul In Memphis
10. Catfish Blues
11. Got My Mojo Working

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