
Wenn einer der letzten noch fitten Haudegen der Blues Rock-Musikgeschichte sich die Ehre gibt, mal wieder in Rheinberg aufzutreten, ist ein volles Haus schon fast garantiert. Gerry McAvoy und seine Band Of Friends ließ diesmal im to hoop das Andenken von Rory Gallagher musikalisch wieder aufleben und Location-Inhaber Sami Durak durfte sich über einen zahlreichen Besuch freuen.
Mein Gott waren das Zeiten, als der Ire (samt McAvoy, Lou Martin und Rod De’Ath) damals 1977 (zusammen mit Little Feat und Roger McGuinn’s Thunderbird) den Auftakt der legendären Rockpalast-Nächte in der Essener Grugahalle bestritt, die man damals als Live-Fernsehereignis auch noch viele Jahre später auf dem ‚Dritten‘ gebannt verfolgte.
Viele Leute, bei denen das Quartett damals einen bleibeenden Eindruck hinterlassen hatte, waren vermutlich auch an diesem Abend wieder im to hoop versammelt, Besucherdurchschnittsalter war um die 60 Lenze, der diesmalige Gitarrist und Fronter Stephan Graf, den ich zum ersten Mal im BOF-Bandgefüge erleben konnte, schien der mit Abstand jüngste Vertreter im Saale zu sein.
Komplettiert wurde das Trio von dem arrivierten, ebenfalls äußerst agilen Drummer Brendan O’Neill (was für eine grandiose Power am Schlagzeug!). Um 20:15 Uhr brachten die drei, passend zu Grafs eigentlicher Stammcombo gleichen Namens, mit „Double Vision“ das von überwiegend grauer Haarpracht gezeichnete Publikum direkt in Wallung, Bei Grafs stark strapazierter Stratocaster war zwar sprichwörtlich der Lack ab, was sich aber nur auf die schwarze-weiße (Rest-) Farbe bezog, nicht aber, was seine engagierte und bestens aufgelegte Gesamtleistung anging.
Der machte sowohl gesangstechnisch. als auch im Rahmen seiner unzähligen, quirligen Soli (man kann fast sagen Minium zwei pro Song), einen richtig guten Job, immer getrieben natürlich von der furios aufspielenden Rhythmusfraktion (mit Leitwolf McAvoy) an seiner Seite. Da trägt man nicht nur in Sachen des, über allem schwebenden eigentlichen Protagonisten, eine extrem hohe Bürde.
Gerry McAvoy, der in gesanglicher Hinsicht jetzt natürlich nicht der ‚Burner‘ ist, übernahm vereinzelt auch wieder die Front (u. a. beim schönen „Sense Of Freedom“), ansonsten arbeitete sich das Trio am immensen Backkatalog des 1995 verstorbenen Kult-Musikers hingebungsvoll ab, wobei die üblichen Hits wie u. a. „Moonchild“, „Tattoo’d Lady“, eine sensationelle Fassung von „Bad Penny“ und „Shadow Play“ das to hoop in Begeisterungsstürme versetzte. Letztgenannter Song war als prima gewählter Abschluss des Hauptteils mit einsetzendem Publikumsgesang und integrierter Interaktion mit Gerry sicher der emotionale Höhepunkt des Abends.
Mir gefiel allerdings insgesamt das bis dato noch nicht live gehörte „I Fall Apart“ am besten, nicht zuletzt wegen der lustigen Anekdote von Gerry bei der Ansage („my German is shit, my English is shit“, dann erzählte er auf English was über die Entstehung des Songs und den Beginn der Bekanntschaft mit Gallagher und fragte das Publikum letztendlich „do you understand me?“, wobei ein schlagfertiger Besucher spontan „very good English!“ antwortete und McAvoy samt Restpublikum ordentlich zum Lachen brachte.
Der fällige Zugabenpart wurde dann mit einer weiteren bärenstarken Version von „Philby“ und dem zu erwartenden Klassiker „Bullfrog Blues“ zur endgültigen Zufriedenheit aller Anwesenden bestens erfüllt. Der heimliche Gewinner des Abends neben allen Beteiligten war allerdings der schlaksige Stephan Graf, der sich den imaginären Titel als bis dato bester Fronter meiner bisherigen BOF-Erlebnisse auf die Fahne schreiben darf (allerdings fehlt da noch Davy Knowles in meiner Sammlung)!
Insgesamt wieder ein mitreißender Rockmusik-Abend im to hoop mit einer toll aufgelegten Band Of Friends-Formation und einem rüstigen Baby-Boomer-Publikum, das McAvoy & Co. sicherlich noch einige Zeit begleiten wird. Rory Gallagher wäre sicherlich stolz über das Geleistete gewesen. Ein Highlight dieses Jahres, das kann man schon jetzt sagen!
Line-up:
Stephan Graf (lead vocals, electric guitar)
Gerry McAvoy (bass, lead vocals)
Brendan O’Neill (drums)
Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus