Jimmy Carpenter – Soul Doctor – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Was es bedeutet, in verschiedenen Bands über 35 Jahre „On The Road“ das Musik-Business von der Pike auf zu erlernen, das kann der Blues-Musiker Jimmy Carpenter begeistert erzählen und musikalisch aufbereiten. Auf seinem vierten Solo-Album „Soul Doctor“ kommt der US-amerikanische Saxophonist, Singer-Songwriter und Arrangeur jedenfalls dermaßen in Fahrt, dass es den geneigten Hörer gerne mal komplett vom Hocker reißt – entsprechende Lautstärke vorausgesetzt.

Die 10 Tracks des Studio-Longplayers, davon sieben Eigenkompositionen – von Carpenter selbst arrangiert und produziert – verbreiten eben jenen virtuosen, klassischen Soul-Blues-Sound, der immer wieder für eine Überraschung gut ist. Bereits der Titeltrack „Soul Doctor“ verneigt sich zu Beginn vor den vielen Vorbildern des Soul-Blues im typischen Rhythmus und durch Carpenters ausgeprägte Vocals; E-Gitarre und Sax bringen den Aufreißer zusätzlich auf Touren. Das Songwriter-Talent wird auch beim stimmungsvollen Memphis-Soul-Stück „When I Met You“ nochmals deutlich, wenn die Horn-Section im 60er Soul-Sound einsetzt und ein Touch von Van Morrison überschwappt.

Mit dem anschließenden Blues-Shuffle „Wild Streak“ folgt ein weiteres Highlight – Carpenters herrliche Sax-Einlage und Mike Zitos rasantes Slide – Solo inklusive (ein 5-minütiger Muntermacher für das Frühstücksradio). Im gleichen Stil geht der Longplayer zum nächsten Track über: „Love It So Much“ ist eine perfekt arrangierte Nummer im New Orleans-Groove, dessen beeindruckender Bläser-Sound funky im Dr. John-Stil nachwirkt.

Der folgende Slow-Blues „Need Your Love So Bad“ wurde schon erfolgreich von Fleetwood Mac gecovert (Original-Titel von Little Willie John) und bekommt bei Carpenters Version ein wunderbar dynamisches Tenor-Sax-Solo obendrauf, wie auch der ungemein fröhliche Funk-Jazz-Track „Wanna Be Right“ im Anschluss.

Einen schönen Übergang bildet das Cover der alten Ray Charles Komposition „One Mint Julep“ als ebenso funkiges, Saxophon – getriebenes Instrumentalstück, das vom schnellen „Wrong Turn“ im Südstaaten-Blues-Rock und wilden Slide- und Harmonica-Solos abgelöst wird. Dabei kann man die Spielfreude der großen Begleitband förmlich spüren – ein unbedingter Anspieltipp des Albums.

Dieses kommt mit dem Instrumental „LoFi Roulette“ beinahe etwas zur „Ruhe“, wobei schöne Solos von Sax, E-Gitarre und Hammond B3 in Form einer „familiären“ Jam-Session im Ohr bleiben. Einen würdigen Abschluss findet der „Soul Doctor“ in einer umwerfend lässigen Cover-Version von Eddie Hintons „Yeah Man“, das mit seiner optimistischen Botschaft die mehr als gelungene Produktion abrundet.

Jimmy Carpenters kraftvoll-swingende Platte „Soul Doctor“ beweist, dass er ganz im Soul-Blues-Sektor „zu Hause“ ist und mit seinem musikalischen Charme und den spritzigen Arrangements begeistern kann. Es bleibt zu hoffen, dass die Blues-Community auch hier verstärkt auf ihn aufmerksam wird – dieses Album verdient Respekt!

Gulf Coast Records (2019)
Stil: Soul, Blues, Rock

Tracks:
01. Soul Doctor
02. When I Met You
03. Wild Streak
04. Love It So Much
05. Need Your Love So Bad
06. Wanna Be Right
07. One Mint Julep
08. Wrong Turn
09. LoFi Roulette
10. Yeah Man

Jimmy Carpenter
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Giles Robson – Don’t Give Up On The Blues – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Bereits zwei Jahre nach seinem erfolgreichen Debütalbum „For Those Who Need The Blues“ spielte Robson zusammen mit Grammy-Gewinner Joe Louis Walker und dem virtuosen Pianisten Bruce Katz, der auch für das neue Opus wieder in die Tasten greift, das beachtenswerte, rein akustische Album „Journeys To The Heart Of The Blues“ ein und veröffentlichte es über das legendäre Chicagoer Label Alligator Records.

Er ist damit der erste europäische, oder besser gesagt britische, Bluesmusiker, der bei diesem traditionsreichen Label erschienen ist. Eine Ehre für den inzwischen als besten, lebenden Bluesharmonikaspieler gehandelten Briten. So wundert es auch nicht, dass seine Europatourneen 2018 und 2019 komplett ausgebucht waren.

Und nun sein neuestes Werk „Don’t Give Up On The Blues“. Auch auf diesem Longplayer gibt’s wieder zündenden „Old School“ Blues“, angetrieben von vorwiegend elektrischen Gitarrenriffs und natürlich Giles’ wild-virtuosem Harp-Spiel.

Die Songs bewegen sich zwischen Nummern im Chicago-Style („Land To Land“, „Show A Little Mercy“ oder „Hey, Hey Now!“) und flotten Boogie-Woogie Stampfern, wie z. B. dem namensgebenden Titelsong „Don’t Give Up On The Blues“ und „Boogie At The Showplace“, einem reinen Instrumentalstück mit schön differenzierter Harp, bzw. dem flotten Schwofer „That ‚Ol Heartbreak Sound“. Ohrwurmqualitäten hat sicherlich der Song „Damn Fool Way“, nicht zuletzt auch wegen der hookigen Drumline, die sich durch das ganze Stück zieht.

Zwischendurch gibt’s aber auch ganz klassische Bluesvariationen mit Piano-Einlagen auf die Ohren („Your Dirty Look & Your Sneaky Grin“, „Fearless Leaders“ und der Rausschmeißer „Way Past Midnight“).

Insgesamt liefert Giles Robson mit seinem neuen Album, das ab dem 20.09.2019 in die Läden kommt, solide bluesige, abwechslungsreiche Hausmannskost mit beherrschender Mundharmonika und vielfach klassischen Pianoeinlagen ab. Die Bluesharp muss Mann/Frau also mögen, um an dem Album Gefallen zu finden, und das nicht nur ab und zu. Mir persönlich hat die Scheibe recht gut gefallen, wenngleich sie ab und an ruhig etwas „dreckiger“ und rauer rüber kommen könnte.

American Showplace Music (2019)
Stil: Blues

Tracks:
01. Land To Land
02. Don’t Give Up On The Blues
03. Damn Fool Way
04. Your Dirty Look & Your Sneaky Grin
05. Show A Little Mercy
06. Boogie At The Showplace
07. Fearless Leaders“
08. Hey, Hey Now! Chicago
09. Giles’ Theme
10. Life, With All Its Charms
11. That ‚ol Heartbreak Sound
12. Way Past Midnight

Giles Robson
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Charley Crockett – The Valley – CD-Review

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Review: Michael Segets

Charley Crockett hatte vergangenen Monat in der Kulturrampe im Rahmen seiner diesjährigen Europatournee Halt gemacht. Die letzten Konzerte in Spanien sind gerade gelaufen und die nächsten in den Vereinigten Staaten angekündigt. Nicht nur, wenn Crockett auf Konzertreise ist, erscheint er als rastloser Geist. Bereits als Jugendlicher trampte er durch die Staaten, lebte später in Europa und Afrika.

Ständig on the Road charakterisiert er seine selbst gewählte Lebensweise auf „The Way I’m Livin‘ (Santa Rosa)“ oder „Motel Time Again“. Ebenfalls autobiographische Züge trägt der Titelsong des neuen Albums „The Valley“. Bei ihm schildert Crockett seine Herkunft und die Anfänge seiner Sehnsucht, die ihn immer wieder in die Ferne zieht.

So unstet sein Lebenswandel auch erscheint, so bleibt er doch musikalisch auf seiner Linie, die zwischen Country und Blues liegt. Hatte er sich auf seinem Chart-Erfolg „Lil G.I.‘s Blue Bonanza“ (2018) dem Blues zugewandt, schlägt die Nadel bei „The Valley“ wieder stärker in Richtung Country aus, was sich ja bereits bei der Show in der Kulturrampe abzeichnete.

Da sind schnellere Varianten vorhanden, wie das einprägsame „Big Gold Mine“, oder auch langsame, wie „10,000 Acres“ und „Change Yo‘ Mind“. Die meisten Country-Nummern (u. a. „Excuse Me“ oder „Maybelle“), bewegen sich aber im mittleren Tempo. Die Titel orientieren sich von Machart und Instrumentalisierung mit Geige, Steel Pedal und Slide an den Genreklassikern. Sie haben den typischen Twang. Den erzielt Crockett auch auf „River Of Sorrow“, bei dem er Orgel und Trompete einbaut.

Unter den Country-Songs, die dem herkömmlichen Muster folgen, heben sich „It’s Nothing To Me“, auf dem Crockett etwas tiefer singt, und „Borrowed Time“ besonders hervor. Die Single, die Crockett zusammen mit Evan Felke (Turnpike Troubadours) geschrieben hat, glänzt durch einen sofort ins Ohr gehenden Refrain, auf dem Crocketts besonderer, metallischer Gesang hervorragend zur Geltung kommt.

Intensiv sind die beiden Songs „5 More Miles“ und „7 Come 11“. Bei ihnen wendet sich Crockett mehr seiner bluesigen Seite zu. „If Not The Fool“ ist in zwei Versionen auf dem Album vertreten. Die längere Version enthält ein gedämpft schnarrendes Trompetensolo, unterscheidet sich aber sonst nicht wesentlich von der anderen. Selbst in der Langversion knackt der langsame Blues nicht die vier Minutenmarke. Crocketts Stücke sind sowieso meist sehr kurz und selten länger als drei Minuten.

Schließlich findet sich ein vom Banjo begleiteter Folksong auf der Scheibe, der die Legende um John Henry aufgreift. Mit „9 Pound Hammer“ reiht sich Crockett ebenbürtig in die Tradition von Pete Seeger, Leadbelly oder Johnny Cash ein. Mit ihm erhöht Crockett die Klangvarianz auf seinem Longplayer, der insgesamt von ähnlich aufgebauten Country-Nummern geprägt wird.

Die Differenzierungen im Country-Bereich stellen ja eine Wissenschaft für sich dar. Ich habe letztens gelesen, dass es so etwas wie New-Traditional-Country gibt. Die Bezeichnung trifft die Mehrzahl der Songs von Crockett auf „The Valley“ ganz gut. Dabei gelingen ihm einige sehr schöne, eingängige Genrebeiträge. Tendenziell stechen aber die starken Titel mit Blues-Einschlag auf dem Album hervor. Sie bringen Abwechslung in das Werk und bleiben von ihm eher im Gedächtnis.

Son Of Davy / Thirty Tigers
Stil: Country, Blues

Tracklist:
01. Borrowed Time
02. The Valley
03. 5 More Miles
04. Big Gold Mine
05. 10,000 Acres
06. The Way I’m Livin‘ (Santa Rosa)
07. 7 Come 11
08. If Not the Fool (Long Version)
09. If Not the Fool (Short Version)
10. Excuse Me
11. It’s Nothing To Me
12. Maybelle
13. 9 Pound Hammer
14. River Of Sorrow
15. Change Yo‘ Mind
16. Motel Time Again

Charley Crockett
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Oktober Promotion

Andreas Diehlmann Band – Point Of No Return – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

An Andreas Diehlmann kommt man nicht mehr vorbei, wenn es um gut gemachten, ehrlichen Blues und Bluesrock made in Germany geht. Seine Schaffenskraft scheint unerschöpflich: das Debüt Album „ADB“ aus 2017, 2018 dann „Your Blues Ain’t Mine“, Anfang des Jahres dann das zugehörige Live Album und nun seine neue Scheibe „Point Of No Return“, wiederum eingespielt mit seiner treuen Gefolgschaft Volker Zeller am Bass und Tom Bonn an den Drums.

Auch sein neuestes Werk bietet wieder ziemlich straighten Blues und Bluesrock mit kräftigen Basslinien und bluestypischen Gitarrenriffs. Neun starke Songs (alles Eigenkompositionen ohne Coversongs) mit einer Spieldauer von knapp 45 Minuten hat Andreas Diehlmann in seinem Kasseler Mountain Meadow Studio diesmal auf den Silberling gebrannt. Allerdings ist die neue Scheibe, im Vergleich zu den Vorgängern, mitunter durchaus etwas härter und rockiger geraten.

Zunächst aber geht es mit der Oldschool Bluesnummer „You Are My Woman“ los, die die Verzweiflung nur so ausstrahlt, was durch Diehlmanns rauchig-raue Stimme noch verstärkt wird. Mit „Point Of No Return“ zeigt er dann, dass er auch die harte Tour musikalisch beherrscht. Ein toller Bluesrocktrack mit quietschend verzerrten Gitarrenriffs.

Ansonsten gibt’s noch einen schönen Klammerblues mit dem Titel „Don’t Go“ sowie das traditionell angelegte „I’m A King Bee“, während die Freunde einer etwas härteren Gangart bei den restlichen Songs „Sweet Mama“, „Nothing Like The Blues“, Here Comes The Rain“ oder auch „Deadman Walking“ (mit leicht psychedelisch anmutendem Intro) auf ihre Kosten kommen. „Long Forgotten Nightmare“ fällt ebenfalls in diese Kategorie, ein herrlicher Texas-Rock Stampfer in bester ZZ Top-Manier, neben dem Blues „I‘m A King Bee“ mein persönliches Highlight der CD.

„Point Of No Return“ ist ein kraftvolles Album mit dem sich Andreas Diehlmann und seine Band nun endgültig in die Oberliga, nicht nur der deutschen, sondern auch der internationalen Bluesmusiker, gespielt haben. Mir persönlich hat es wahnsinnig gut gefallen und es ist selbst nach dem x-ten Hören nicht langweilig geworden. Die CD sollte also in keiner Sammlung der Blues- und Bluesrock-Afficinados fehlen.

Für erste Eindrücke könnt ihr auf der Facebook-Seite der Band in ein paar der Songs des Albums rein hören, auf dem Ladentisch liegt sie allerdings erst ab dem 13.09.2019, aber das ist ja schon bald.

Eigenproduktion (2018)
Stil: Blues/Blues Rock

Tracklist:
01. You Are My Woman
02. Point Of No Return
03. Don’t Go
04. Long Forgotten Nightmare
05. Sweet Mama
06. Nothing But The Blues
07. I’m A King Bee
08. Deadman Walking
09. Here Comes The Rain

Andreas Diehlmann Band
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Arsen Shomakhov – Rain City Blues – CD-Review

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Ein russischer Gitarrist und Songwriter in Kanada, der Blues Rock-Musik macht. Ein echter Geheimtipp? Vielleicht ein zweiter kommender Ilya Toshinsky? Fragen, die mir beim Einlegen der neuen CD von Arsen Shomakhov durch den Kopf schossen.

Mit „Rain City Blues“ bringt er sein bereits viertes Album unter komplett eigener Fahne heraus, vom Titel her eine schöne Metapher, sowohl für die klimatischen Bedingungen, die seinem derzeitigen Wohnort Vancouver nachgesagt werden, als auch über seine musikalischen Präferenzen.

Shomakhov bietet keinen Blues Rock von der Stange, mit dem man die große Masse erreichen kann. Seine ausnahmslos selbst (zum Teil zusammen mit Darrell Mayes) kreierten Stücke, kommen mit einem gewissen (swingenden) Retro-Charme daher, allerdings auch in Verbindung mit experimentierfreudigen, jamartigen Kurzeinlagen oder verschachtelten Stimmungs- und Rhythmuswechseln, die seiner Musik letztendlich einen eigenen Stempel aufsetzen.

Während der shufflige Opener „Full Time Lover“ noch im Zeichen des Gastharpers Aki Kumar steht, setzen sein quirliges E-Gitarrenspiel sowie die Hammond- und Pianoklänge des Produzenten und Multiinstrumentalisten Kid Andersen im weiteren Verlauf die Hauptakzente.

Die gitarrentechnische Versiertheit und Experimentierfreudigkeit Shomakhovs kommt vor allem in den drei Instrumentalstücken „Strolling In San Jose“, „Three Arrows“ und „Hello, Little Bird“ zum Ausdruck.

Als meine Favoriten des Albums entpuppen sich das fröhlich groovende „Sunset Beach“ und das mit einem dezentem Southern Blues-Touch (ZZ Top/Allman Brothers) versehene Titelstück „Rain City Blues“ (irgendwo in der Nähe von „Dust My Broom“ und „Statesboro Blues“).

Der Rest ist eher was für Traditionalisten, deren Neugier aufgrund der oben beschriebenen Attitüden geweckt wird. Aus meiner Sicht, könnte vor allem der recht unscheinbar wirkende Gesang von Arsen Shomakhov, etwas mehr Gift vertragen, wenn man als Solokünstler in diesem hart umkämpften Genre herausstechen möchte…

Eigenproduktion (2019)
Stil: Blues (Rock)

Tracklist:
01. Full Time Lover
02. No More!
03. Sunset Beach
04. Women And Whiskey
05. Strolling In San Jose
06. Rain City Blues
07. Boogaloo
08. Three Arrows
09. Sitting On a Fence
10. Hello, Little Bird

Arsen Shomakhov
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Tennessee Redemption – Same – CD-Review

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Wenn zwei charismatische Musiker sich in einem Projekt zusammenfinden, kann das unter Umständen diverse Fallstricke mit sich bringen. Eitelkeiten sowie das Ego spielen ja sehr oft, gerade in künstlerischen Sphären, eine besondere Rolle.

Im Falle der beiden Akteure Jeff Jensen und Brandon Santini ist das nicht der Fall. Beide kennen sich schon seit vielen Jahren, Jensen hat sich eine lange zuvor in Santinis Band eingebracht, beide haben endlose Zeit zusammen getourt, bevor danach ihre eigenen Solo-Projekte erfolgreich in Angriff genommen wurden. Sie wissen, was sie tun.

Mittlerweile begegnen sich beide auf ‚Augenhöhe‘ und haben folgerichtig ihre Reunion unter einem allgemeinen Bandnamen gestartet. Tennessee Redemption hat sich das neue Quintett benannt, bestehend aus beiden Leadern sowie der Rhythmusformation aus Jensens Band , Bill Ruffino am Bass und David Green am Schlagzeug, sowie Timo Arthur aus dem Santini-Umfeld.

James Cunningham sorgte noch für zusätzliche Percussion und Jared Dover für ergänzende Harmoniegesänge. Diversität ist das Schlagwort, das mir im Zusammenhang dieses Albums, als erstes nach dem Hören in den Sinn kommt. Jensen und Santini haben völlig verschiedenartige Stimmen, und spielen unterschiedliche Instrumente.

Das Zusammenwirken von Harp und E-Gitarre ist, wie auch hier, letztendlich  natürlich für das Blues-Schema prädestiniert, aber dieser Erstling bietet viele Facetten weit darüber hinaus, die von Roots Rock, Soul, Gospel, Swing, Jazz bis sogar zum klassischen Southern Rock reichen, allerdings sehr schön dezent verwoben, sodass immer ein roter Faden gewährt bleibt.

Sämtliche Tracks sind sind instrumentell schön ausstaffiert und bewegen sich von daher immer im über vier-minütigen Bereich.

Acht der zehn Stücke stammen aus der Feder der Protagonisten. Mit „Come On Up To The House“ von Tom Waits (Jensens helle Stimme, im Kontrast zu Waits versoffenem Krächzorgan, lässt den Song in völlig anderem Licht erscheinen) und dem Santini auf den Leib geschnittenen „Watch Yourself“ von Ex-Harp-Spezialist Little Walter, gibt es zwei Coverversionen.

Stücke wie der Opener „Glad To Be“, „Souls In The Water“, „See About Me“ oder You Don’t Love Me“ stehen als Blaupause für eingängige Hooks und melodisches Songwriting, der Kracher des Albums ist natürlich im Rahmen unseres Magazins der im „Can’t You See“-Ambiente der Marshall Tucker Band konstruierte Southern Rocker „Back To Tennessee“, der allein schon das Album wert ist.

Sachen wie „“We Got A Thing Going On“ (unterschwellig ein wenig an „Miss You“ der Stones erinnernd, Santinis Gesang teilweise mit Hohepriester-Attitüden), der Schleicher „Leave My Body“, sowie das deltabluesige „I’m Going To Mexico“ wirken als abwechslungsreicher Spaß drum herum.

Und wie singt Jensen hier zu Santinis nöhlender Harp und blechernd klingender Akustikgitarre so schön „When all else fails I’m going to Mexico“. Ganz so krass würde ich es vielleicht nicht beschreiben (vor allem für Leute aus unseren geografischen Gefilden), das Hören dieser gelungenen Scheibe von Tennessee Redemption wäre da sicherlich eine eher empfehlenswerte und etwas weniger kostenintensive Alternative…

Endless Blues Records (2019)
Stil: Blues Rock

01. Glad To Be
02. We Got A Thing Going On
03. Souls In The Water
04. Back To Tennessee
05. Leave My Body
06. See About Me
07. Come On Up To The House
08. You Don’t LoveMe
09. Watch Yourself
10. I’m Going To Mexico

Tennessee Redemption
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Brandon Santini
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Jeff Jensen
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Endless Blues Records

Billy Price – Dog Eat Dog – CD-Review

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Review: Michael Segets

Billy Price startete in den siebziger Jahren seine Karriere an der Seite des Blues-Gitarristen Roy Buchanan, in den Achtzigern war er mit der Keystone Rhythm Band unterwegs. Anschließend veröffentlichte er unter seinem Künstlernamen in regelmäßigen Abständen CDs. Der große Durchbruch blieb dem fast siebzigjährigen allerdings lange Zeit verwehrt.

Erst 2016 erhielt er Anerkennung in Form von Preisen, so unter anderem einen Blues-Music-Award für seinen Longplayer „This Time For Real“, den er zusammen mit Otis Clay veröffentliche. Auch das nachfolgende „Reckoning“ (2018) erhielt eine Nominierung als bestes Soul Blues Album.

Mit „Dog Eat Dog“ legt Billy Price nun nach. Auch auf seinem neuen Werk bewegt er sich zwischen Soul und Blues. Er bleibt dabei seinem Sound treu, der vor allem durch Saxophon und Trompete geprägt wird.

Stärkstes Stück ist das soulige „Walk Back In“, aber auch das von Bobby Byrd stammende und mit viel Swing versehene „We’re In Love“ überzeugt. Die meisten Titel sind im Midtempo angesiedelt, wie das ausgekoppelte „Working On Your Chain Gang“ oder „Lose My Number“.

In Richtung R&B gehen „Same Old Heartache“ und „More Than I Needed“. Nicht zuletzt durch das Keyboard von Jim Pugh erhalten „Toxicity” sowie das langsamere „Remnants“ einen Funk-Einschlag. Ein Anflug von Raeggae mischt sich bei „All Night Long Cafe‘“ hinzu. Mike Zito veredelt den Track mit einem Gitarrensolo.

Billy Price ist also kein musikalischer Purist, sondern schöpft aus unterschiedlichen musikalischen Stilen und baut diese so in sein Album ein, dass kein Bruch entsteht. Für die meisten Sound-Of-South-Leser sind aber wahrscheinlich die Blues-orientierten Songs interessanter. Bei dem getragenen, von Otis Rush geschriebenen „My Love Will Never Die“ kommt eine genregerechte Gitarre – gespielt vom Produzenten Kid Andersen – zum Einsatz.

Etwas flotter ist „You Gotta Leave“. Hier hat Price ebenso wie bei „Dog Eat Dog“, auf dem er von Alabama Mike am Mikro unterstützt wird, den Blues in der Stimme. Das Titelstück stammt aus der Feder von Rick Estrin, der sich mit der Mundharmonika an der Neueinspielung beteiligt.

Locker und routiniert präsentiert Billy Price auf dem Album seinen Soul mit einer Prise Blues. Konstant liefert er eingängige und facettenreiche Eigenkompositionen und Cover, von denen allerdings keine so herausragend sind, dass sie sich längerfristig in den Gehörgängen festsetzen würden. Ob diese Beständigkeit ausreicht, um mit „Dog Eat Dog“ an die Erfolge seiner vorherigen Scheiben anzuknüpfen, bleibt daher abzuwarten.

Gulf Coast Records (2019)
Stil: Soul/Blues

Tracks:
01. Working On Your Chain Gang
02. Lose My Number
03. We’re In Love
04. Dog Eat Dog
05. My Love Will Never Die
06. All Night Long Cafe‘
07. Walk Back In
08. Toxicity
09. Remnants
10. Same Old Heartaches
11. More Than I Needed
12. You Gotta Leave

Billy Price
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Gulf Coast Records

Bruce Katz – Solo Ride – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Nachdem er uns im vergangenen Jahr zusammen mit seiner Band bereits mit der bunten „Get Your Groove!“-LP begeistern konnte und hier in Sounds-of-South ausführlich besprochen wurde, veröffentlicht Bruce Katz nun sein erstes Solo-Piano-Album. Mit dem passenden Namen „Solo Ride“ betitelt, handelt es sich bei der neuen Scheibe um ein fulminantes Instrumental-Werk.

Mit Unterstützung seines erfahrenen Produzenten Ben Elliot bringt der legendäre Keyboarder und Session-Musiker ein außergewöhnliches Album auf den Markt, das eine breite Palette seines besonderen Könnens am Grand-Piano wiedergibt. 11 Eigenkompositionen und ein Cover von Tampa Red werden von Katz meisterlich performt und bieten dem Hörer vom klassischen Boogie-Woogie („Down At The Barrelhouse“) über Jazz-Arrangements („The Way To Your Heart“) bis hin zu Blues Variationen ein reichhaltiges Programm.

Für seine herausragenden, musikalischen Leistungen wurde Katz bisher 5-mal für den Blues Music Award nominiert und 2019 gewann er für sein Album „Journeys To The Heart Of The Blues“ einen Acoustic-Award. Er war zudem 14 Jahre lang Professor für Piano am Berklee College of Music in Boston und unterrichtete nicht nur den historischen Blues, Jazz und Funk, sondern auch verschiedene Stil-Arten der Soul-Musik.

Im Gleichklang mit großen Wegbereitern, wie Champion Jack Dupree, Otis Spann, Memphis Slim, Ray Charles oder Zeitgenossen, wie z.B. Randy Newman, basiert der Longplayer wesentlich auf Blues, New Orleans, R&B, Gospel, frühen Jazz und Rock-Einflüssen, die Katz in den Eigenkompositionen ausdrucksstark verarbeitet.

Auf das jazzige „Praise House“, in Dave Brubeck-Manier, folgt mit „Dream Of Yesterday“ ein ruhiges, melancholisches Stück, das sich als Soundtrack für eine gefühlsbetonte Filmszene perfekt eignen würde.

Die Improvisation „Midnight Plans“ vereint verschiedene Stil-Richtungen in einer komplexen Komposition. Der rasante Boogie-Woogie „Going Places“ vermittelt die gewohnte Spielweise, die man auch schon von seiner „Get Your Groove!“-LP kennt.

Der Honky-Tonk-Blues „Watermelon Thump“ verkörpert die typische Bar-Atmosphäre, die Billy Joel in seinem Klassiker „Piano Man“ erzählt. Auch der Final-Track „Redemption“ ist eine nachdenkliche, instrumentale Geschichte, die zum Abschluss der CD nochmals die spielerische Klasse von Bruce Katz zeigt.

„Solo Ride“ ist ein Nischen-Werk für absolute Liebhaber der instrumentalen Blues- und Jazz-Musik. Bruce Katz präsentiert seine Kunst am Grand-Piano mit leidenschaftlicher Vehemenz und beweist erneut seine beachtliche Virtuosität und enthusiastische Schaffenskraft.

American Showplace Music (2019)
Stil: Blues/Soul/Funk/Jazz

01. Down At The Barrelhouse
02. Crescent Crawl
03. It Hurts Me Too
04. Praise House
05. Red Sneakers
06. Dream Of Yesterday
07. Midnight Plans
08. Easy Living
09. Going Places
10. The Way To Your Heart
11. Watermelon Thump
12. Redemption

Bruce Katz Band
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Bobby Rush – Sitting On Top Of The Blues – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Mit „Sitting On Top Of The Blues“ legt Bobby Rush nach „Porcupine Meat“, welches ihm 2016 einen Grammy einbrachte, sein mittlerweile 26. Studioalbum vor. Einmal mehr beweist er, dass Musiker auch im hohen Alter, Bobby Rush ist genau wie die Blues-Legende John Mayall, immerhin fast 86 Jahre alt, noch für gute Bluesmucke gut sind.

Allerdings ist Bobby Rushs Musikstil, im Gegensatz zu John Mayall, stark von Funk und Soul Einflüssen durchtränkt, weshalb er selbst seine Art von Blues auch als „Folk-Funk“ bezeichnet. Und dies kommt auf seinem neuesten Werk auch sehr prägnant zum Ausdruck.

Die Scheibe bietet starke Grooves mit bluesigen Harp-Einagen (von Bobby Rush selbst gespielt), z. B. zu Hören auf „Sweet Lizzy“ im Boogie-Woogie Stil oder dem Deltablues „Recipe For Love“, dem nach Ansicht des Verfassers sicherlich besten Track der Scheibe. Hinzu kommen noch schöne soulige Bläsersätzen („Hey Hey Bobby Rush“), so dass man sich bei vielen Songs direkt in den Soul-Mood der 70’ger Jahre zurückversetzt fühlt.

Insbesondere trifft dies auch auf den Slowblues „Slow Motion“ zu, der stimmlich und vom Arrangement her eine Reminiszenz an den großen Soulsänger Barry White darstellt. Hingegen ist der „Bobby Rush Shuffle“ ein flotter, rein instrumentaler, Boogie-Woogie Titel.

Beim Abspielen von „Sitting On The Top Of The Blues“ ist man als Zuhörer immer wieder positiv überrascht mit welcher Energie und Spielfreude Bobby Rush zu Werke geht. Seine Songs sind allesamt sauber arrangiert und abgemischt, keine Spur von Altersmüdigkeit oder betulicher Nachdenklichkeit!

„Ich denke, dass ich viel Beifall bekomme, weil ich hart arbeite. Und wenn mir Leute erzählen, dass sie nichts mehr können, so ist das nicht das was man einem Bobby Rush sagt. Auch wenn ich jetzt an meinem Lebensabend stehe, so bin ich doch immer noch da. Und ich denke genau das sagt die Musik selbst über mich.“

Und genau diese Einstellung gibt die neue CD von Bobby Rush musikalisch hervorragend wieder.

Deep Rush Records (2019)
Stil: Blues, Funk, Soul

Tracklist:
01. Hey Hey Bobby Rush
02. Good Stuff
03. Get Out Of Here (Dog named Bo)
04. You Got The Goods On You
05. Sweet Lizzy
06. Bobby Rush Shuffle
07. Recipe For Love
08. Pooky Poo
09. Slow Motion
10. Shake Til’ You Get Enough
11. Bowlegged Woman

Bobby Rush
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Oktober Promotion

Delbert McClinton and Self-Made Men + Dana – Tall, Dark & Handsome – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Wer von der amerikanischen Rolling Stone als „Godfather of Americana“ und „Roots music visionary“ bezeichnet wird, dessen Albumveröffentlichung kann nur ein weiteres Highlight für eine ganze Musiksparte sein. Delbert McClinton, der vor allem im Americana, also im Grenzbereich zwischen Country, Blues und Folk unterwegs ist, scheint auch nach fast 60 Jahren Musikbusiness immer noch nicht müde.

Der mittlerweile 78-jährige Texaner hat für seinen insgesamt 26. Longplayer seit 1972 wieder die Begleitband The Self-Made Man + Dana zusammengetrommelt und erfreut mit 14 neuen Songs, die weit über sein Americana-Spektrum hinausgehen.

Als Sänger, Gitarrist, Harmonica-Spieler und Pianist gehört Delbert McClinton wohl offenbar zum ‚ausdauernden‘ musikalischen Urgestein, das seine vielseitige, über die langen Jahre gewachsene Erfahrung, mit dem Album „Tall, Dark and Handsome“ erneut unter Beweis stellt.

McClinton, der seine Laufbahn als Musiker für farbige Blues-Größen (u.a. Sonny Boy Williamson, Howlin‘ Wolf, Lightnin‘ Hopkins etc.) in den fünfziger Jahren begann, spielte 1962 das prägende Harmonica-Solo auf Bruce Channels Allzeit-Hit „Hey Baby“ und ist seit dem ein reichlich umtriebiger Songwriter und Bandleader geblieben.

Immerhin drei GRAMMY Awards für Contemporary Blues und eine Reihe von noblen Chart-Platzierungen sowie anerkennende Cover Versionen durch bekannte Kollegen, wie den Blues Brothers, Emmylou Harris, Etta James, Buddy Guy, Garth Brooks und Waylon Jennings u. a. belegen sein weitreichendes Repertoire.

Der vorliegende Longplayer und Nachfolger von „Prick of the Litter“ (2016) spielt sich dementsprechend durch viele Richtungen des Blues, Swing, Jazz und Country und eröffnet mit dem riesigen Big-Band-Blues-Shuffle „Mr. Smith“ und einer meisterlichen Dana Robbins am Saxophon. Der folgende, schnelle Südstaaten-Rock „If I Hock My Guitar“ erinnert in einer zwei Minuten Kurzfassung an die „Little Feat“-Tradition die vom überraschenden Akustik-Swing „No Chicken On The Bone“ mit schneller Geigen-Begleitung im Django-Reinhardt-Stil abgelöst wird.

McClinton, der sein Album als “kind of a salute to Texas blues, the music I grew up on” beschreibt, hat alle 14 Stücke selbst geschrieben bzw. im Co-Writing verfasst und damit eine opulente Mischung seines „Texas-Roots-Sound“ geschaffen, den seine Band bravourös und variantenreich interpretiert.

Vom Klarinetten-Solo im Midtempo Country „Let‘s Get Down Like We Used To“ bis zum jazzigen Story-Teller-Blues „Ruby & Jules“ reicht dabei die eigenwillige Song-Auswahl. Dass Delbert McClinton seine Gesangs-Parts handwerklich von Grund auf gelernt hat, wird nicht nur im langsamen Soul-Blues „Any Other Way“ deutlich, sondern verleiht dem jazzigen Sound von „Lulu“ weitläufig einen gewissen Tom Waits-Charakter.

Die typischen Blues-Shuffle-Songs, wie „A Fool Like Me“ und „Can’t Get Up “ – letzteres mit herrlichem Hammond-Solo, fehlen ebenso wenig als musikalische McClinton- Klassiker, wie die zwei Abschluss-Tracks im fast psychedelischen Gewand.

Delbert McClinton ist es mit dem Album „Tall, Dark & Handsome“ im hohen Alter nochmals gelungen, lautstark durchzustarten und ein lebenserfahrenes Werk abzuliefern, das seine vielleicht bisher in Europa unterschätzte Songwriter und Bandleader Qualität offenkundig wiedergibt.

Hot Shot Records/ Thirty Tigers (2019)
Stil: Blues, Country, Americana

Tracks:
01. Mr. Smith
02. If I Hock My Guitar
03. No Chicken On The Bone
04. Let’s Get Down Like We Used
05. Gone To Mexico
06. Lulu
07. Loud Mouth
08. Down In The Mouth
09. Ruby & Jules
10. Any Other Way
11. A Fool Like Me
12. Can’t Get Up
13. Temporarily Insane
14. A Poem

Delbert McClinton
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Thirty Tigers
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