Emerson Drive – What If? – CD-Review

Zweites Album der kanadischen Newcomerband unter der Regie von 80er-Jahre Mainsteam-Rock-Ikone Richard Marx, der jetzt scheinbar mehr den Fokus auf das Mischpult und das Songwriting für Fremdinterpreten legt, nachdem es um ihn selbst musikalisch doch recht ruhig geworden ist. So hat er auf „What If“ von Emerson Drive das eine oder andere Lied beigesteuert, bei dem sein Einfluss auch unüberhörbar erscheint.

Überragend, „If You Were My Girl“ mit seinem fetzigen Rhythmus der Marke „Means Nothing To You“, sogar von den Gitarren her leicht southern-angehaucht, das mit viel Power in Marx-typischer Art fröhlich dahinrockt. Dazwischen ein nettes kurzes E-Solo und Elektro-Fiddeln, wie sie bei Shania Twain meist eingesetzt werden, und auch bei diversen Stücken immer wieder sporadisch auftauchen. Wohl ein Resultat des intensiven Tourens mit der First Lady des New-Country-Pops, wobei ich mich spontan frage, warum die gute Shania nicht diese talentierten Jungs als Support ins New-Country-Entwickungsland Deutschland mitgenommen hat, sondern uns mit dieser grausigen ABBA-Revival-Band piesacken musste.

Emerson Drive verzichtet fast gänzlich auf das Mitwirken der von meinen Kollegen als Nashville-Mafia liebkosten Studiomusiker. Aus gutem Grund, denn die Kameraden beherrschen ihre Instrumente wie eine Eins. Besonders Gitarrist Danick Dupelle deutet (meist leider nur kurz) an, dass er ein richtig Guter ist, wenn man ihn denn ließe. So drückt doch Sänger Brad Mates dem Werk größten Teils seinen Stempel auf. Seine helle Stimme ist zwar nicht als unangenehm zu bezeichnen, fungiert aber irgendwie als ständiger Weichspüler der Titel, die gerade die Balladen zu reinsten Schmachtfetzen mutieren lässt.

Hier gilt es wie damals als Kind bei der berühmten Zuckerwatte auf der Kirmes. Bei maßvollem Genuss recht lecker, in hohen Dosen mächtige Magenschmerzen garantiert!
Ganz nett sind so Lieder wie das von dynamischen Rhythmus-Gitarren und heulenden Fiddeln geprägte „November“, die peppigen „Fishin‘ In The Dark“ und „Waitin‘ On Me“ mit ihrem Shania-Touch, oder das rockige „Still Got Yesterday“, das ein wenig an „Summer Of 69“ ihres anderen berühmten kanadischen Mitbürgers erinnert.

Trotzdem, so richtig wie damals Emerson Fittipaldi gehen die Burschen nicht ab! Spaß an der Sache haben dürften Käufer, die mit den bereits angesprochenen Künstlern zurecht kommen; Rascal Flatts, Keith Urban oder Rushlow sind weitere Beispiele, bei denen ich einen gemeinsamen Nenner entdecke. Aus meiner Sicht jedoch eher geeignet für die schwärmerische weibliche Klientel oder allerhöchstens was für Jung-Cowboys mit noch ganz wenigen Kerben im Colt…

Dream Works Records Nashville (2004)
Stil:  New Country

01. Last One Standing
02. Lemonade
03. If You Were My Girl
04. What If?
05. I’ll Die Trying
06. November
07. Fishin‘ In The Dark
08. You’re Like Coming Home
09. Take It From Me
10. Waitin‘ On Me
11. Running Back To You
12. Simple Miracles
13. Still Got Yesterday
14. Rescued

Emerson Drive
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Bärchen Records

John Fogerty – Wrote A Song For Everyone – CD-Review

Creedence Clearwater Revival standen mir von den designierten Supergruppen der siebziger Jahre aufgrund der Einbindung von Country-Elementen in ihren Rocksound immer schon am nächsten. Ihr unbestrittener Leader, John Fogerty, schrieb Lieder für die Ewigkeit und auch seine markante Stimme bleibt bis heute unverkennbar. Was seine Solo-Karriere betrifft, legte ich mir in gefühlt großen Abständen, immer wieder mal Werke von ihm zu. So fanden „Centerfield“ (1985) noch als LP, „Blue Moon Swamp“ (1997) und „Revival“ (2007) letztendlich in meine Sammlung, allesamt ganz ansprechende Scheiben, deren Songs aber die Ausstrahlungskraft, Wirkung und Anerkennung aus den CCR-Tagen (teilweise zu Unrecht) versagt blieben.

Jetzt machte mich sein „Wrote A Song For Everyone“-Projekt wieder neugierig, auf dem er mit vielen arrivierten Künstlerkollegen (zum Großteil aus der von mir so geliebten Nashville-Zunft) seine doch heute mittlerweile etwas angestaubt klingenden (aber immer noch faszinierenden) Hits neu eingespielt hat. Ich war gespannt, was die zum Teil höchstinteressant anmutenden Kombinationen an neuen Interpretationen hervorbringen würden. Und dazu gibt es mit „Mystic Highway“ und „Train Of Fools“ zwei neue Tracks zu begutachten.

Insgesamt ist das Werk auf jeden Fall aufgrund des hohen Abwechslungsreichtums und der durchgehend tollen Einspielungen von enormer Kurzweiligkeit gesegnet. Es macht großen Spaß, die alten Klassiker im neuen Gewand mal wieder aus den Boxen ertönen zu hören. Auch wenn die meisten Sänger gegen Fogerty relativ blass ansingen – lediglich Dave Grohl, Kid Rock und Jennifer Hudson versuchen da mal wirklich Paroli zu bieten – wobei letztgenannte als für mich als größte Überraschung des Albums auf der furiosen Gospel-, Country-, Soul-, Blues-Mix-Variante von „Proud Mary“ sämtliche Kollegen/innen (auch Fogerty) in Grund und Boden singt. Das große Highlight zum Ende der CD!

Katastrophal unglaublicher Weise die Gesangsleistung des ansonsten von mir sehr geschätzten Bob Seger. Mein Gott, was war denn mit dem los (vorm Gang ins Studio ein bisschen zu tief ins Glas geblickt…?) Selten einen Großen der Zunft so schräg nölen gehört. Man atmet regelrecht auf, wenn ihn die weiblichen Backgroundsinger mit Harmoniegesängen auffangen, bzw. Fogerty einsetzt. Dabei hat die Version von „Who’ll Stop The Rain“ mit integriertem „Against The Wind“-Flair trotzdem seine unverkennbare Handschrift. Deplatziert auch das spacig fiepende E-Solo von Rage Against The Machine-Gitarrist Tom Morello im rootsig gehaltenen Titelsong (ganz gute Vokalleistung bei diesem Lied auch von Miranda Lambert).

Zu meinen persönlichen Favoriten zählen die richtig stark rockende Version von „Fortunate Son“ zum Auftakt mit den Foo Fighters (teilweise sogar richtig southern-rockig), das schön angeraut groovende, mit vielen Gitarrendetails (tolle Slide, starke Soli) gespickte „Lodi“ im Verbund mit seinen Söhnen Shane und Tyler und die herrlich relaxte Nashville-Version von „Have You Ever Seen The Rain“ mit Alan Jackson. Grandios hier die 1A-Garde der dortigen Studiomusiker wie Greg Morrow, Brent Mason, Stuart Duncan, Dan Dugmore & Co. im Hintergrund und vor allem bei der E-Gitarren-/Steel-/Fiddle-Solo-Kombination im Mittelteil des Liedes wirken zu hören. Das erklingt vielleicht zunächst unscheinbar, ist aber bei genauem Hinhören großes New Country-Kino.

Bands wie My Morning Jacket und Dawes bringen mit ihrem Indie-Einschlag zumindest einen ganz interessanten Kontrast in die Sache. Keith Urban (Ganjo, E-Gitarre) und Brad Paisley (Telecaster-Picking) überzeugen mit ihrem gewohnt fingerfertigen Saitenspiel. Die beiden neuen Stücke reihen sich aufgrund ihrer Retro-Note unmerklich in den Reigen der anderen Titel ein. „Mystic Highway“ klingt ein bisschen wie der alte Denver-Gassenhauer „Country Roads“, gebracht in einer Art wie sie wohl auch die Marshall Tucker Band bevorzugen würde. Schön hier die vielen Instrumentalfeinheiten (Mandolinenfills, Tambourine-Shaking) und -passagen (ausgedehntes Ende). Das raue „Train Of Fools“ bringt Fogerty im dezent introvertierten, gleichzeitig aber auch mahnenden Erzählstil von Johnny Cash, stark das markante E-Solo am Ende.

Aufgrund der vielschichtigen Präsentation macht John Fogertys „Wrote A Song For Everyone“ fast durchweg Spaß. Dazu gibt es ein im DigiPak eingelegtes dickes Booklet mit jeder Menge Backgroundinfos zu den Stücken und einigen schönen Fotos – von früher bis heute – von ihm (John sieht, ähnlich wie Willie Nelson mittlerweile fast aus wie ein alter Indianerhäuptling). Die Stücke demonstrieren erneut ihren zeitlosen Charakter und müssten eigentlich allen gefallen, die auf qualitative Rockmusik mit ihren angrenzenden Bereichen stehen. Somit insgesamt eine echte CD für Jedermann!

Vanguard Records, Sony Music (2013)
Stil: Country Rock

01. Fortunate Son (with Foo Fighters)
02. Almost Saturday Night (with Keith Urban)
03. Lodi (with Shane and Tyler Fogerty)
04. Mystic Highway
05. Wrote A Song For Everyone (with Miranda Lambert and Tom Morello)
06. Bad Moon Rising (with Zac Brown Band)
07. Long As I Can See The Light (with My Morning Jacket)
08. Born On The Bayou (with Kid Rock)
09. Train Of Fools
10. Someday Never Comes (with Dawes)
11. Who’ll Stop The Rain (with Bob Seger)
12. Hot Rod Heart (with Brad Paisley)
13. Have You Ever Seen The Rain (with Alan Jackson)
14. Proud Mary (with Jennifer Hudson feat. Allen Toussaint and Rebirth Brass Band)

John Fogerty
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Sony Music

Greyhound Soul – Alma de Galgo – CD-Review

Es gibt immer wieder CDs, die einen sofort in ihren Bann ziehen, eine Art Liebe auf den ersten Blick. So auch bei Greyhound Souls zweitem Werk „Alma de Galgo“, die wohl spanische Übersetzung dieses Namens. Benannt nach einem Graffiti an einer Busstation in Tuscon, Arizona, der Heimatstadt und Hochburg des Desert-Rocks, bietet die 1994 formierte Band eine zeitlose Musik, die dazu einlädt, sich zurückzulehnen, die Seele baumeln zu lassen oder einfach entspannt zu genießen.

Greyhound Soul steht und fällt mit ihrem Frontmann Joe Peña. Ausgestattet mit einer einzigartigen, whiskygetränkten, rauen, zum Teil krächzenden Stimme – Tom Waits oder Roger Chapman lassen grüßen – verleiht er den Songs der Gruppe das gewisse Etwas, die er als Drummer für eine frühere Band geschrieben hat und die das Leben seiner Familie reflektieren sollen.

Fast alle Lieder sind, ähnlich wie bei Neil Young, sowohl in akustischen, als auch elektrischen Versionen kompatibel. Nach ihrer Debut-CD „Freaks“ im Jahr 1996, räumt die Band zwei Jahre später gleich 4 Tammies (Tuscon Area Music Awards) für die beste Rock’N’Roll- sowie Alternativ Band, als auch für den besten Gesang (Joe Peña) und Gitarristen (Jason DeCorse) ab.

Nicht nur die Kritiker sind begeistert, sondern auch die Leser des Tuscon Weekly wählen Greyhound Soul kurze Zeit später zur besten Band Tuscons. Fortan tourt man mit Acts wie J.J. Cale, Jason Bonham, den Beatfarmers und anderen durch die Staaten. Über die beiden Alben lässt sich Joe Peña wie folgt aus. Beim Debut ging noch alles seinen vorher bestimmten Gang. Alles war bezahlt und es passierte, wie es vertraglich geregelt war. Zu viele Leute waren involviert und pressten uns in ein Korsett.

Jetzt haben wir eine CD gemacht, weil wir es wollten und nicht weil uns irgendjemand dazu gepuscht hat. Wir hatten einfach unseren Spaß daran und sind sehr stolz auf das Ergebnis. Es ist wirklich eine tolle Scheibe geworden, die wir unseren treuen und begeisterungsfähigen Fans widmen wollen.

Und in der Tat, die CD bietet durchweg wunderschöne, melodische und radiotaugliche Songs, zum Teil mit Hit-Potential, in einer sehr variablen Form dargeboten. Mal mit viel Groove („Love Don’t Rain“), mal sehr relaxt mit akustischen Gitarren und klarem Piano, Joe Peñas Stimme tragend („Nothin'“ / „Alligator Face“ / „Hold My Heart“), manchmal durch energische Slide-Gitarren unterbrochen („Whole“ / „I’ll Never Know“).

Die Scheibe enthält dann, hinter Stück 10 nach zwei Minuten Pause, noch zwei einsetzende Hidden-Tracks. Das recht kurze, nichtssagende Instrumental „El Conejo“ und das relativ übertrieben lang geratene, Jam artige Stück „Restless Heart“ (?), das eher recht langweilig, mit kurzen Gitarrenaufhorchern, dahinschleicht, so dass man sicherlich über Sinn und Zweck dieser versteckten Lieder diskutieren kann. Aus meiner Sicht wäre hier Weniger eher Mehr gewesen, was aber das ansprechende Gesamtergebnis nicht trüben soll.

P.S.: Wo man schon mal beim Name „Greyhound“ ist, möchte ich noch ein paar kurze, bedenkenswerte Worte über die Situation dieser eleganten Vierbeiner loswerden. Jährlich zu Tausenden in Irland, unter für Lebewesen unwürdigen Bedingungen, für Hunderennen herangezüchtet und solange toleriert, wie sie Profit einbringen. Danach, wenn sie Glück haben, erschossen, aber meistens nach Spanien weiterverkauft, in Erwartung noch größerer, unvorstellbarer Qualen. Daher täte man der „Seele“ dieser Hunde sicherlich einen großen Gefallen, Stadien und die damit verbundene Industrie zu boykottieren.

808 Records (2001)
Stil: Desert Rock

01. Love Don’t Rain
02. Roll On
03. Nothin‘
04. Alligator Face
05. Walk Away
06. Hold My Heart
07. Shoes
08. Whole
09. I’ll Never Know
10. Love Me Bad (+ 2 Hidden Tracks)

Greyhound Soul
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Pat Green – Songs We Wish We’d Written II – CD-Review

Pat Green zählt zu den unbestrittenen Schwergewichten der Red Dirt-Szene und weit darüber hinaus. Der mehrfach Grammy-nominierte Singer/Songwriter bewegte sich seit dem von mir vor elf Jahren besprochenen Three Days beständig auf Major Label-Pfaden und weckte dank seiner mitreißenden Live-Shows und seinem Wechsel 2006 zu BNA auch Nashville-Begehrlichkeiten.

Mittlerweile ist er aber zu seinen Roots zurückgekehrt und frönt auf seinem zehnten Album wieder der Unabhängigkeit bei Sugar Hill Records. Als Einstieg wählte er die Neuauflage einer Cover-Geschichte („Songs We Wish We’d Written II“), die er 2001 mit Cory Morrow (einem weiteren sehr beliebten texanischen Interpreten) in Kooperation begonnen hatte.

Morrow ist hier nur noch sporadisch vertreten, gesanglich zu hören lediglich beim Lyle Lovett-Stück“If I Had A Boat“. Trotzdem hat Pat Green ganze Arbeit geleistet und ein tolles Werk zusammengestellt. Das Schöne daran ist, dass die auserwählten Lieder bis auf Tom Pettys (schön hier als Thomas Earl Petty in den Credits benannt) „Even The Losers“, als sich dynamisch aufbauende, pianoträchtige Powerballade konstruiert, und das von Warren Haynes für die Allman Brothers geschriebene „Soulshine“ (auch für Gov’t Mule verwendet) eher nur Insidern bekannt sein dürften.

Die „Soulshine“-Aufarbeitung von Green (mit dabei Gitarrenvirtuose Monte Montgomery an der Akustikklampfe) ist saustark, verfehlt eine Live-Version, die ich neulich mal von den aktuellen ABB auf YouTube gesehen habe, nur um Haaresbreite. Klasse der Abwechslungsreichtum, was die Art, Umsetzung und auch die hervorragend gewählte Anordnung der Tracks betrifft, die das Ganze zu einer äußerst kurzweiligen Geschichte machen. Die Spielzeit vergeht im Nu.

„All Just To Get To You“ von Texas-Blueser Joe Ely verwandelt Pat in eine für ihn typische Red Dirt-Version (Spaß bereiten hier die Slide-Gitarren). Beim folkigen „Streets Of Galilee“ verhilft er Jungtalent Aaron Lee Tasjan (auch Autor des Songs, gesangs- und spieltechnisch beteiligt) zu etwas Publicity. Shelby Lynnes „Jesus On A Greyhound“ (Mandofills, Slidegitarre) kommt im schönen Country Rock-Gewand daher.

Mein Lieblingsstück ist hier „Austin“ aus der Feder vom ebenfalls in Nashville sehr umtriebigen Songwriter Jon Randall. Eine herrliche HT-Nummer zum Mitwippen, veredelt mit Backing Vocals von Ex-Sons Of The Desert-Frontmann Drew Womack. Herrlich! Wunderbar melancholisch die Ballade „If It Weren’t For You“ (entspanntes E-Solo, traurige Fiddle) ursprünglich vom Songwriter-/Musiker-Duo Walt Wilkins und Liz Rose.

Mit „The World I Know“ knöpft sich Green einen Song einer Band, der jüngeren Generation nahe stehend, vor, nämlich von Collective Soul. Hier nahm er dann auch deren Chef Ed Roland direkt mit ins Boot. Eine power-folkige Meisterleistung garniert mit Banjo, starken Gitarren und atmosphärischem Violinenspiel. Am Ende lässt es Pat nochmal unter der Mithilfe von Jack Ingram beim Todd Snider-Song „I Am Too“ (Drum-Poltern, fette E-Soli) so richtig krachen – der wohl rockigste Track der CD.

„Songs We Wish We’d Written II“ von Pat Green macht richtig Spaß. Ein Silberling, der vom Protagonisten selbst bis hin zu allen restlichen Involvierten, sei es Originalautoren oder umsetzenden Musikern ungemein starkes Niveau vermittelt. Vor allem ein Cover-Album, das sich nicht der sonst üblichen Klischees bedient und von daher uneingeschränkt empfohlen werden kann! Dazu eine schöne Überbrückung bis zu Pats neuem eigenständigen Werk, für das er sich bereits im Songwriting-Prozess befindet und Anfang nächsten Jahres ins Studio gehen wird.

Sugar Hill/Vanguard Records (2012)
Stil:  Country Rock

01. All Just To Get To You
02. Streets Of Galilee
03. Jesus On A Greyhound
04. Even The Losers
05. Austin
06. If It Weren’t For You
07. Soulshine
08. The World I Know
09. If I Had A Boat
10. I Am Too

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Great White – Rising – CD-Review

Great White scheinen die tragischen Ereignisse aus dem Jahr 2003 mental weitestgehend abgehakt zu haben (wenn man das überhaupt jemals kann) und mittlerweile ihr Bandleben in stabile Bahnen gelenkt. Die verbliebenen Ursprungmitglieder Jack Russell und Mark Kendall haben mit Michael Lardie und Audie Desbrow ein festes Fundament gebildet, lediglich die Bass-Position wurde mit Scott Snyder (relativ unspektakulär agierend) einmal mehr neu besetzt.

Mit Frontiers Records hat man zudem ein arriviertes Label gefunden, bei dem das Quintett sich wohl zu fühlen scheint. Die neue Scheibe „Rising“ knüpft,  fließend da an, wo man mit dem Comeback-Album „Back To The Rhythm“ aufgehört hat. Zum immer zwar noch vertretenen Hard Rock-Part gesellen sich zunehmend schwerpunktmäßige Melodic Rock-Anteile, wobei man, wenn man schon öfter Frontiers-Scheiben reviewt hat, eine Art Handschrift des Labels zu erkennen vermag (um es direkt klarzustellen, die von mir als Vertreter harmonischer Töne zu Großteilen geschätzt wird).

„Rising“ enthält zwölf supermelodische Tracks, die sich alle wunderbar leicht in die Gehörgänge legen und jede Menge netter Gitarrensoli enthalten. Michael Lardie, der die Scheibe produziert hat, hält sich mit Keyboard-technischen Spielereien weitestgehend zurück, dürfte aber mit für den deutlich gemäßigteren Kurs der Band verantwortlich sein. Die Hardrock-Quote wird gerade mal durch Stücke wie „Situation“, „All Or Nothin'“ (schöne AC/DC-mäßige E-Riffe) und das poltrig groovende „Danger Zone“ halbwegs gewahrt. Wer jedoch den Anspruch blutrünstiger rockmusikalischer Hai-Attacken wie zu Great-White Anfangstagen an das Werk stellt, sieht sich hier im Gesamten doch eher mit einer Delphin-Therapie konfrontiert.

Bei mir gibt es Punktabzüge für das katastrophale, wie von einem türkischen Basarmaler erstellt wirkende Coverbild (da sind wir Männer deutlich Netteres von früheren Werken gewohnt…), das ultraweich gekochte, beatleske „Only You Can Do“, das hier trotz der seichteren Gesamtgrundausrichtung des Albums völlig deplaziert wirkt und die relativ unspektakuläre Coverversion der ollen Stones-Staubkamelle „Let’s Spend The Night Together“, ein Song, der mir ehrlich gesagt, schon immer auf die Nüsse ging.
Die Stimme von Jack Russell kommt angenehm variabel rüber, die für ihn typischen Kreischpassagen sind überaus songdienlich und punktgenau platziert.

Mark Kendall lässt immer wieder mal das eine oder andere schöne und gut gespielte E-Solo ab. Mein persönliches Highlight ist neben dem flott rockenden Opener „Situation“ u.a. die bluesige Ballade „My Sanctuary“ (mit Harp), die mit dezentem Black Crowes-Flair aufwartet. Insgesamt ist „Rising“ von Great White ein schönes, melodisches Rock-Album, das man immer wieder mal nebenbei auflegen kann. Fans, die auf eine Rückbesinnung an alte Werte gehofft haben, werden vermutlich ein langes Gesicht ziehen.

Frontiers Records (2009)
Stil:  Hard Rock

01. Situation
02. All Or Nothin‘
03. I Don’t Mind
04. Shine
05. Loveless
06. It Is Enough
07. Last Chance
08. Ranger Zone
09. Down On The Level
10. Only You Can Do
11. My Sanctaury
12. Let’s Spend The Night Together

Great White
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Frontiers Records

Greyhound Soul – Down – CD-Review

Um es vorwegzunehmen. Wer an ihrem letzten Werk „Alma De Galgo“ Gefallen gefunden hat, das ich schon vor einiger Zeit beleuchtet habe, kann auch bei Greyhound Souls neuster Scheibe bedenkenlos zugreifen.

Die wegen ihrer Liveauftritte von Kritikerscharen über den grünen Klee gelobte Band präsentiert ihren sogenannten Desert-Rock wieder in eindrucksvoller Art und Weise. Man kommt sich vor wie in einem abgeschiedenen Wüstenkaff, in dem das Aufregendste des Tages das Auf- und Untergehen der Sonne zu sein scheint.

Man sitzt in der einzigen Kneipe des Ortes, lauscht dem aus den Boxen dröhnenden, sich intensiv musikalisch auslebenden Joe Peña, mit seiner unnachahmlichen kratzigen Stimme und den dazu harmonierenden Gitarrenarrangements von Jason DeCorse. Es tut sich gedanklich die spannende Frage auf, beim wievielten Glas Bourbon es einem wohl die Unterarme wegzieht und man zum wohlersehnten Schläfchen auf die Tischplatte herabgleitet.

Aufhorchen lassen einen die lebhafteren Nummern wie „Rain“ oder „Little While, Little Girl“ oder „Hollywood“, das nach recht harmlosem Beginn, herrlich schräg begleitet vom Gekreische Penas und klirrenden Gitarren DeCorses, in einem wahren Psychotrip endet. Dazwischen dann wieder schöne, zeitlose, mit viel Herzblut gesungene Balladen wie „You Could Be The One“, „Drive To The Moon“, „Shoulder“ oder „Marina“, die gemütlich und entspannt dahinplätschern.

Überflüssig eigentlich nur, ähnlich wie auf der letzten CD die Hidden-Tracks, das abschließende Instrumentalstück. Insgesamt eine überaus gelungene Leistung!

Joe Peña krächzt und haucht seine Songs so staubig trocken herunter, dass es einem die Kehle zuschnürt, die Schweißperlen auf die Stirn treibt und man unweigerlich den Drang verspürt, ein eiskaltes Maß Bier in Rekordzeit runterzuspülen. Angesichts dieser Tatsache, sollte es den ausschenkenden Wirten der hoffentlich gut besuchten Austragungsorte bei der anstehenden Tour durch Deutschland im Mai/Juni 2003 sicherlich warm ums Herz werden…
Lassen wir uns überraschen, auf zu Greyhound Soul!

Line Music (2002)
Stil:  Desert Rock

01. Rain
02. Turn Around
03. Hollywood
04. You Could Be The One
05. Drive To The Moon
06. Drag Queen
07. Shoulder
08. Stay The Night
09. Marina
10. Little While, Little Girl
11. Rose
12. Comin‘ Home
13. Stay The Night (instrumental)

Greyhound Soul
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Greyhound Soul – Tonight And Every Night – CD-Review

Beim neuen Werk von Greyhound Soul fällt einem natürlich zunächst einmal das eigenwillige Cover ins Auge, auf dem eine leicht bekleidete Dame (vermutlich des horizontalen Gewerbes) mit geöffneten Händen und Beinen posiert und unweigerlich zu unkeuschen Männergedanken animiert. Ob dazu noch auf der Rückseite des Digi-Packs der bei ihr vorstellige Freier mit einem Blumenstrauß in der Hand abgebildet ist, bleibt der Phantasie des Betrachters überlassen.

Die Intension der Bilder und deren Farbgestaltung wirkt gewollt unterkühlt und unpersönlich und könnte zumindest in Anlehnung an Joe Penas Texte gewählt worden sein, die praktisch zum überwiegenden Teil von kaputten Beziehungen und der oftmals daraus resultierenden Einsamkeit und Anonymität, sowie von sich nicht erfüllenden Sehnsüchten in dezent depressiver Art berichten.

Aber kommen wir von spekulativen Interpretationen des Rezensenten zur Musik, um die es ja bei einer CD schwerpunktmäßig gehen sollte. Nach dem ich ihre beiden Vorgänger „Alma De Galgo“ und „Down“ ja bereits beleuchten durfte, stelle ich bei Greyhound Soul im Gesamtergebnis eine deutliche Tendenz zu ruhigerer Musik fest.

Praktisch bis auf die Neueinspielung von „Alligator Face“ vom erstgenannten Album, wird die CD praktisch ausnahmslos von langsamen Stücken dominiert, die teilweise von monoton, relaxt, melancholisch bis hin zu leicht depressiv in ihrer Art vorgetragen werden. Natürlich eine ideale Spielwiese für Joe Penas rauchige Stimme, die sich in bester Tom Waits-Manier einen zusammenhaucht und -krächzt. Wenn man ihn hört, hat man immer das Gefühl, den geballten, trockenen Rauch einer Zigarre direkt ins Gesicht geblasen bekommen.

Die restlichen Musiker agieren sehr sparsam und zurückhaltend, selbst der glänzende Gitarrist Jason DeCorse verrichtet fast nur Füllarbeit und lässt sich ganz selten zu kurzen Soli oder E-Passagen verleiten. Trotzdem, die Stücke entwickeln in Verbindung mit den o. a. Texten eine ganz besondere und eigenwillige Atmosphäre.

Zu Meckern gibt es eigentlich nur an zwei Stellen. Der unglaublich monoton gehaltene Opener „Time To Come Home“ und die ebenfalls eintönig über drei Minuten lang währende Streicherpassage am Ende des sonst sehr schönen „I’ll Wait Around“ nerven ab einem gewissen Zeitpunkt. Alle anderen Stücke sind aber wunderbar gelungen, wobei die entspannten „Do What You Do“ (schönes E-Piano), „Layin‘ Down Lost“ (klasse Dobro), „Angelina“ (Neil Young-mäßige Harmonika), „Believe“ (herrlich melodisch, Pink Floyd-artige E-Passagen) und das countrymäßig neu aufgemachte „Alligator Face (Reprise)“ mit starker Gitarrenarbeit von DeCorse zu den Favoriten des Autors zählen.

Wer sich mit Tom Waits, J.J. Cale oder einem Mark Knopfler zurechtfindet und mit ruhigeren Stücken und einer extrem rauchigen Stimme kein Probleme hat, ist diesmal bei Greyhound Souls „Tonight And Every Night“ bestens aufgehoben. Aus meiner Sicht trotz der kleinen Kritikpunkte ihr bisher stärkstes und fesselndstes Werk.

Blue Rose Records (2007)
Stil:  Desert Rock

01. Time To Come Around
02. Do What You Do
03. Layin‘ Down Lost
04. Angelina
05. Midnight Radio
06. Believe
07. Wait On Me
08. Alligator Face (Reprise)
09. Never To Look Back
10. I’ll Wait Around

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Blue Rose Records

Her & Kings County – Raise A Little Hell – CD-Review

Her_300

Junge, Junge! Wenn man der Frontfrau von Her & Kings County, Monique Staffile in ihrem unverschämt knappen Stofffetzen samt ihrer blonden Mähne auf dem Coverbild, geschweige, ihrem frechen Schlafzimmerblick auf der Rückseite der Promo-CD entgegenblickt, werden zunächst eher die niederen Instinkte im Sinne des Mannes geweckt, denn an das Reviewen von Musik gedacht. Was für ein heißer Feger, diese junge Dame aus New York und ich gebe es zu, auch wenn so manche(r) die Nase rümpfen wird, ich fand solche Mädels schon immer klasse! Vermutlich ein schierer Alptraum für jede gut situierte Familie aus der Upper Class, die für den geliebten Sohnemann eine Schwiegertochter aus akademischen bzw. besseren Kreisen vorgesehen hat…

Um eines vorwegzunehmen: Diese gute Dreiviertelstunde Musik der Brooklyner Bande auf „Raise A Little Hell“ ist nichts für audiophile Genussmenschen oder Liebhaber von großen weiblichen Charakterstimmen. Ein paar Dosen Bier im Vorfeld können erst mal nicht schaden. Hier sind keine Bukovacs, Greenbergs, Toshinskys, Worfs, Harrells, Motes, Suttons, Morrows und Dugmores, oder wie sie alle heißen, am Werke, geschweige denn gesangliches Format einer Wynonna, Rebecca Lynn Howard und Co. Auch findet man keinen der arrivierten Leute an den Reglerknöpfen, à la Justin Niebank aus der Nashville-Studio-Szene, hier vor.

Dennoch hat der Mann im Hintergrund, Caleb Sherman (inkl. der restlichen Mitstreiter), seine instrumentellen Hausaufgaben in Sachen New Country und Southern Rock gemacht und liefert an den verschiedenen Gitarren plus Steel und Banjo eine wahrhaft solide Leistung ab. Auch seine schroffe aber klare Produktion passt durchweg gut zum gebotenen Stil. Blickfang Her, alias Monique Staffile, beweist gerade bei den eher aus dem Rahmen fallenden Nummern, wie der episch angehauchten Melodic Rock-Ballade „Heavens Crashing Down“ oder dem Retro-Schwofer im Stile der Sixties „Oh My Darling“, dass sie durchaus mehr drauf hat, als gesangstechnisch nur auf Krawall gebürstet zu sein. Ebenfalls klasse ihr Duett mit dem Ex-Gitarristen von Tracy Lawrence, Rick Huckaby (erinnert stimmlich ein wenig an Pat Green), weiß übrigens, nur mal so als Tipp, auch als Solo-Künstler auf seinen Alben sehr zu gefallen), beim melodischen „My Heart Can’t Take Anymore“.

Der Rest ist eine Art puristischer Mix aus swampigem New Country und bekannten Southern Rock-Komponenten, angeführt von einer angriffslustigen Leadsängerin, die in den Strophen immer wieder mit schnellem Sprechgesang, ähnlich wie im Bros Country dezent punkiges und Hip Hop-Flair, mit einfließen lässt (zumindest so, dass es nicht übermäßig nervt). Am besten gefallen mir natürlich Lieder wie „Deep In The Country“, „My Backyard“, „Down In Dixie“ oder der Titeltrack (übrigens eine Abwandlung des Songs „If You Wanna Go To Heaven“ der Ozark Mountain Daredevils von ihrem Debüt aus dem Jahre 1973), die klar im Southern Rock verwurzelt sind und mit viel Slide und auch Twin-Gitarren-Tönen bestückt sind.

„Where Did All The $ Go“ (wem sagt sie das…), „Family Tree“ (ähnelt von der Mache ein wenig an „I’m Down“ von JB & The Moonshine Band) oder „Put Me In The Ground“ machen aufgrund der selbstironischen Note ebenfalls richtig Spaß; letztgenanntes Stück würde mal richtig Stimmung auf einer Beerdigung mit sich bringen… Und wenn das Ensemble zum Schluss noch live im Studio so einen herrlich stonesken Countryrocker wie „Be My Lover“ raushaut, dann denkt man am Ende mit Schweißtropfen auf der Stirn nur noch “ ja, mit größtem Vergnügen Monique…“

Das Album „Raise A Little Hell“ von Her & Kings County macht aufgrund seiner Einfachheit und seiner unverblümten Direktheit großen Spaß. Das ist kein Stoff, der auf abendlichen Veranstaltungen rund um den Parteitag der Grünen oder der Weltklimakonferenz Gehör finden wird. Das ist in den Staaten sicherlich Pflicht-Mucke für biergeschwängerte Redneck-Parties in den Swamps, die berühmt berüchtigten Spring Break-Partys oder hierzulande in jedem Fall mal eine launige Alternative zu den nervtötenden Oldies der Marke „Sweet Home Alabama“, „(I Can’t Get No) Satisfaction“ oder „Smoke On The Water“ (würg!), die man in unseren Breitengraden bei den üblichen Feier-Anlässen immer wieder vorgedudelt bekommt.

Wer mit Sachen wie Dry County, Jackson Taylor & The Sinners, Big & Rich, JB & The Moonshine Band, Kid Rock oder weiblichen Acts wie Gretchen Wilson, Stacey Collins, JaneDear Girls & Co. im weitesten Sinne was anfangen kann, der ist sicherlich auch bei Her & Kings County an der richtigen Stelle aufgehoben. Die Band hat viele der Tracks übrigens in Youtube-Clips verarbeitet, so dass man sich vorab einen recht guten Eindruck des Gebotenen machen kann. Umso schöner, dass man die Truppe in den nächsten Tagen bei uns sogar hautnah live erleben kann. Sicherlich eine Mordsgaudi, so let’s raise a little hell!

India Records, 2015
Stil: New Country

01. Deep In The Country
02. Where Did All The $ Go
03. White Trash
04. Family Tree
05. My Backyard
06. Put Me In The Ground
07. Freight Train
08. Six Figures
09. Heaven’s Crashing Down
10. My Heart Can’t Take Anymore
11. Oh My Darling
12. Young Guns
13. Down In Dixie
14. Raise A Little Hell
15. Be My Lover

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Billy Crain – Skeletons In The Closet – CD-Review

Bärenstarkes Solo-Album des legendären Southern Rock-Gitarristen! „Billy Crain has been a driving force on the Southern Rock and Rock scene for over three decades“, heißt es in einem renommierten Online Southern Rock-Fanzine – und genau so ist es. Billy Crain war nicht nur Mitbegründer der einstigen Henry Paul Band, sondern ist auch seit dem Tod Hughie Thomassons bei den aktuellen Outlaws involviert, wo er sich seitdem größtenteils für dessen Gitarrenparts verantwortlich zeigt. Zudem zählt er zum Line-Up von Henry Pauls New Country-Seitenprojekt BlackHawk, das ja mittlerweile fast identisch zur aktuellen Outlaws-Besetzung musiziert.

Was an vielen bisher allerdings weitestgehend vorüber gegangen sein dürfte, ist, dass Billy (sein Bruder Tom Crain war übrigens über 15 Jahre lang ein ebenfalls überaus erfolgreicher Gitarrist und eine tragende Säule der legendären Charlie Daniels Band) auch als Songwriter in Nashville ungemein gefragt ist und so prominente Interpreten wie Shania Twain, die Dixie Chicks, Sara Evans oder Martina McBride zu den Abnehmern seiner Kompositionen zählen darf. Mit seinem neuen, wunderbaren Solo-Werk „Skeletons In The Closet“ hat er sich selbst nun ein Album auf den eigenen Leib zugeschnitten, welches einerseits der ewig hungrigen Southern Rock-Fangemeinde (besonders den Traditionalisten) regelrecht Tränen in die Augen treiben dürfte, das aber auch die Anhänger knackiger, zeitloser Countryrock-„Mugge“ und vor allem die Gitarren-Enthusiasten extrem begeistern wird.

Es ist eine CD der Extraklasse, die genau das in den Mittelpunkt stellt, was die Anhänger des Genres so gerne mögen. Satte, vielfältige und filigrane E-Gitarrenarbeit! Und die gibt es voller zündender und absolut melodischer, kerniger Soli wirklich in Hülle und Fülle, Billy feuert hier mit seinen Saitengeräten regelrecht aus allen Rohren. Teilweise meint man sogar, dass Hughie Thomasson imaginären Beistand bei vielen der typischen Stratsoli leistet. Bis auf die Covergestaltung und den Mix der Stücke hat Crain sämtliche anderen Dinge wie Produktion, Songwriting und Gesang, sowie alle vertretenen Instrumente im Alleingang eingespielt. Das Ergebnis kann sich mehr als nur hören lassen. Zehn wunderbare, leicht retroangehauchte Tracks (wirken aber dank der kräftigen und glasklaren Produktion sehr zeitgemäß), allesamt sehr melodisch und abwechslungsreich, die den Hörer vor allem dank der erwähnten, furiosen Gitarrenarbeit des Protagonisten teilweise staunend zurücklassen.

Hatten die Outlaws auf ihrer neuen „Demos“-Scheibe (wo Billy auch beim Songwriting stark mitgemischt hatte) schon sehr positiv überrascht, so ist Crains Solowerk jetzt der richtige, exzellent passende Nachschlag. Vom flockigen Opener „Rise Up“ (schöne Akustikgitarre, 38 Special-typischer E-Gitarren-Rhythmus, Outlaws-trächtige Soli) bis zum herrlichen Abschluss „Running With The Rebels“ (ein Lied zum Mitsingen, Mitwippen; auch hier grandiose Stratocaster-Soloarbeit im Thomasson-Stil) bleiben absolut keine Wünsche offen.

Billys Gesang hat allerdings nicht die typische Whiskey-getränkte Southern-Röhre, sondern klingt teilweise wie eine Mischung aus Timothy B. Schmidt (Eagles / Poco) und Rusty Young (Poco), was allerdings ebenfalls prima zu dieser schwungvollen, erfrischenden, sich prächtig in unseren Gehörgängen festsetzenden Musik passt und so manchem Song zusätzlich gar ein unterschwelliges Westcoast-Ambiente verleiht. „Muddy Waters“ im typischen Outlaws-Gewand der Anfangsjahre (leichter Western-Einschlag, herrliche, virtuos gespielte E-Gitarren-Salven), das hochmelodische „White Picket Fence“ (klasse E-Gitarren-Fills, schöne Harmoniegesänge) und das dezent folkige „Hard Times At Ridgemont High“ (Mandolinen-betont, könnte auch gut ins BlackHawk-Programm passen) bilden die Vorboten für eine sich im Verlauf immer weiter steigernde CD.

„Quick Silver“ mit seiner markanten Refrainzeile (hat viel early Poco-Fwwling) überzeugt mit polternden Drums, richtig raubeinigen, erdigen Slides und furiosem E-Gitarren-Spiel in bester Lynyrd Skynyrd-Tradition. Allen Collins zu seiner Glanzzeit lässt grüßen! Der stampfende Titeltrack (übrigens nicht zu verwechseln mit dem Lied „Too Many Skeletons In Your Closet“ der auch den Outlaws nahestehenden Ghost Riders) zeichnet sich durch eine markante E-Gitarren-Führungslinie aus und bietet die in Szenekreisen obligatorischen Twin-Parts. Das swampige und leicht countryumwobene „Daisy Chain“ entpuppt sich mit seinem sofort in den Gehörgängenen verwurzelten Retro-Refrain (man fühlt sich teilweise in Crosby, Stills, Nash & Young-Tage zurückversetzt) und der tollen E-Gitarren-Arbeit, inklusiv kleinem Gitarrenfinish, als weiterer Kracher.

Das erneut in allerbester Outlaws-Manier präsentierte „Borrowed Freedom“ und das in den Strophen ein wenig an „House Of The Rising Sun“ erinnernde „Cracks“ (zum Teil dezent psychedelisch anghauchte, herrliche E-Gitarren-Arbeit) überzeugen wieder durch modern interpretierte Retroabwandlungskunst. Das bereits erwähnte „Running With The Rebels“ würde jeden Southern-Fan auf die Knie gehen lassen, wäre da nicht der kleine Makel des Fehlens des Genre-obligatorischen Gitarrenfinishs, auf das man sich im Verlauf des Songs (trotz toller Soli zuvor) schon fast unweigerlich einrichtet. Trotzdem ein Klasse-Abschluss!

Billy Crain überzeugt mit seinem Solo-Album „Skeletons In The Closet“ auf ganzer Linie. Eine phantastische Visitenkarte eines absoluten Ausnahme-Gitarristen, Songschreibers und Allround-Musikers, die von vorn bis hinten einfach nur Spaß macht. Ein kleines Manko ist die etwas spartanische Verpackung der CD im einfachen Papp-Sleeve in alter LP Cover-Optik, doch das darf und muß man bei dieser prachtvollen Musik einfach als zu vernachlässigen in den Hintergrund stellen. Ein tolles Album! Man darf gespannt sein, was Billy Crain in Zukunft noch so alles aus seiner offensichtlich mit Ideen nur so vollgepackten musikalischen Vorratskammer hevorholt…

Slidebilly Records (2010)
Stil: Southern Rock

01. Rise Up
02. Muddy Waters
03. White Picket Fence
04. Hard Times At Ridgemont High
05. Quick Silver
06. Skeletons In The Closet
07. Daisy Chain
08. Borrowed Freedom
09. Cracks
10. Running With The Rebels

Billy Crain
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Bärchen Records

Casey Donahew Band – Moving On – CD-Review

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Prächtiger „Red Dirt“-Countryrock voller Leidenschaft, herrlicher Melodien, würziger Instrumentierung und mit einem ungemein erfrischend klingendem Sound. Die aus Burleson/Texas stammende Casey Donahew Band gilt, obwohl sie bereits schon drei CDs veröffentlicht hat, in hiesigen Red-Dirt-Kreisen noch immer als so etwas wie ein gut behütetes Geheimnis der Szene. Das muß sich, und wird sich sicher auch, mit ihrem von Erik Herbst (u.a. Eli Young Band, Macon Greyson, Kyle Bennett Band) hervorragend produziertem, vierten Werk „Moving On“ schlagartig ändern.

Die Scheibe ist ein Knüller und meistert den gar nicht so einfachen Spagat zwischen radiofreundlicher Melodik und anspruchsvoller, überaus kompetenter instrumenteller Umsetzung, genau wie auch den zwischen erdigem, unbekümmertem, rootsigen Texas Roots-Staub und traditionell verwurzelter Nashville-Kompatibilität als wäre es das natürlichste von der Welt. Das ist richtig klasse! Leader der Band ist, wie der Name es schon vorgibt, Casey Donahew, der als Sänger, Gitarrist und Songschreiber klar den Takt vor gibt. Begleitet wird er von Steve Stone (Bass), Donte “Taz“ Gates (Drums), Josh Moore (Fiddle) und John “JZ” Zaskoda (Electric guitars), alles großartige Musiker.

Gemanagt wird das Quintett von Caseys Frau, Melinda. Laut eigener Aussage bezeichnet die Band ihren Stil als „Pure Texas Country“ und sieht sich beeinflusst von Interpreten wie Pat Green, Cross Canadian Ragweed, Jack Ingram und Robert Earl Keen, wobei hier aber auch Acts wie No Justice, die Randy Rogers Band, die Eli Young Band, Wade Bowen, die Tommy Gallagher Band oder Zack Walther and The Cronkites genannt werden können. Dieses „Pure Texas Country“, wie sie ihre Musik nennen, muß man allerdings schon um das Wörtchen „Rock“ ergänzen, denn die Casey Donahew Band weist wirklich alle Mermale einer klassischen Countryrock-Formation auf und lässt durchaus auch Erinnerungen an die goldenen Tage des „vintage Countryrocks“ der Siebziger aufkommen.

Zudem gilt die Trupper als heiß begehrter Live-Act, die das Publikum mit langen, ausgedehnten Sets und unbändiger Energie (in ihrer Live-Präsenz vergleicht man sie sogar mit der Power Springsteen’s) mitreisst. Los geht’s mit der ersten Single des Albums, dem beeindruckenden, dynamischen, lockeren, aber sehr knackigen Countryrocker „Ramblin‘ Kind“, der nicht nur aufgrund des Songtitels unterschwellige Parallelen zu Dickey Betts‘ „Ramblin‘ Man“, bzw. der „Brothers and sisters“-Ära der Allman Brothers aufweist.

Dazu kommen natürlich die typischen, unwiderstehlichen „Red Dirt“-Anlagen, wie man sie so eben nur in Texas spielt. Beinhaltet zwei exzellente, jeweils wechselnde Solo-Passagen zwischen Fiffle und elektrischer Lead Gitarre (zunächst heulende Fiddle/E-Gitarren-Solo dann in umgekehrter Reihenfolge E-Solo mit anschließendem Fiddle-Konter), wobei die flinken Finger von Gitarrist John Zaskoda in einer Würze ind Lockerheit über die Saiten gleiten wie einst bei Dickey Betts oder Hughie Thomasson (Outlaws). Der Song ist ein richtiger Leckerbissen für die Countryrock- und „Red Dirt“-Enthusiasten.

Wenn das kein Riesen-Hit in den Texas Music-Charts wird…! Auch im weiteren Verlauf strotzt die CD geradezu vor erfrischend gutem, voller toller Melodien bestücktem, tollem Songmaterial. Herrlich beispielsweise die beiden super melodischen „Next Time“ (mit southern-typischem E-Gitarren-Spiel) und „Breaks My Heart“ (mit Steel, Fiddle und schönem E-Gitarren-Solo), das flockige „California“ (starker „Red Dirt“-Countryrock mit einem Hauch von Westcoast), das rootsig stampfende, grandiose, gitarrenbetonte „Nowhere Fast“ , das im Fahrwasser von Cross Canadian Ragweed befindliche, rockige „Burn This House Down“ (feines Southern-Flair, starke Drums), oder die mit wohl dosierten Streicherpassagen verzierte Ballade „Angel“, welche allesamt auf Grund ihrer Eingängigkeit wohl kaum von den Radiostationen ignoriert werden dürften.

Die Band hat natürlich, wie in Red Dirt-Kreisen üblich, das gesamte Material selbst komponiert und in Eigenregie eingespielt, wobei allerdings auch einige wenige, auserwählte Gastmusiker Akzente setzen. Hier drückt besonders der agile Multiinstrumentalist Milo Deering mit Pedal Steel (stark u.a. bei der famosen, recht traditionell in Szene gesetzten, flockigen, lupenreinen New Country-Nummer „Strong Enough“ mit ihrer frappierenden Nähe zu der nicht unter zu krigenden, gerade wieder mit einem glänzenden Album aufwartenden Nitty Gritty Dirt Band), Mandoline (das wunderbare „Let Me Love You“) und Dobro („Break Me Down“) seinen markanten Stempel auf. Am Ende geht mit dem Titelstück „Moving On“ (inkl. eines klasse Hiddentracks, der nach etwas 5.14 Minuten einsetzt) noch mal so richtig die Post ab.

Der ein wenig an Charlie Daniels „Trudy“ erinnernde, als traditioneller Countrystomper in Cross Canadian Ragweed-Manier abgewandelte Song (Donahes frecher Gesang im Stile von Cody Canada ist klasse), besticht durch seine klug ineinander verschachtelten Tempovariationen und seine instrumentellen Finessen (schön klimperndes Piano, wiehernde Fiddle, starkes E-Gitarren-Solo, prima Orgel) und dürfte einen atmosphärischen Vorgeschmack auf Casey Donahews kommendes Live-Programm abgeben. „Moving On“ von der Casey Donahew Band bietet insgesamt eigentlich alles, was eine starke „Red-Dirt“-Countryrock-Scheibe ausmacht.

Ein hohes Maß an Kreativität und eine hervorragende Instrumentierung als Bestandteil authentischer, abwechslungsreicher und eingängiger Songs für das gesamte Spektrum der Klientel – und das noch ohne jede Schwachstelle. Eines der vielleicht besten „Red-Dirt“-Countryrock-Veröffentlichungen des Jahres 2009! Wir sagen respektvoll. „So kann’s weitergehen“, Jungs! „Move On, Casey Donahew Band“!

Almost Country Records (2009)
Stil:  Red Dirt

01. Ramblin‘ Kind
02. Next Time
03. Breaks My Heart
04. California
05. Nowhere Fast
06. Let Me Love You
07. Burn This House Down
08. Break Me Down
09. Strong Enough
10. Broken
11. Angel
12. Moving On (incl. Hidden Track)

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