Pat Green zählt zu den unbestrittenen Schwergewichten der Red Dirt-Szene und weit darüber hinaus. Der mehrfach Grammy-nominierte Singer/Songwriter bewegte sich seit dem von mir vor elf Jahren besprochenen Three Days beständig auf Major Label-Pfaden und weckte dank seiner mitreißenden Live-Shows und seinem Wechsel 2006 zu BNA auch Nashville-Begehrlichkeiten.
Mittlerweile ist er aber zu seinen Roots zurückgekehrt und frönt auf seinem zehnten Album wieder der Unabhängigkeit bei Sugar Hill Records. Als Einstieg wählte er die Neuauflage einer Cover-Geschichte („Songs We Wish We’d Written II“), die er 2001 mit Cory Morrow (einem weiteren sehr beliebten texanischen Interpreten) in Kooperation begonnen hatte.
Morrow ist hier nur noch sporadisch vertreten, gesanglich zu hören lediglich beim Lyle Lovett-Stück“If I Had A Boat“. Trotzdem hat Pat Green ganze Arbeit geleistet und ein tolles Werk zusammengestellt. Das Schöne daran ist, dass die auserwählten Lieder bis auf Tom Pettys (schön hier als Thomas Earl Petty in den Credits benannt) „Even The Losers“, als sich dynamisch aufbauende, pianoträchtige Powerballade konstruiert, und das von Warren Haynes für die Allman Brothers geschriebene „Soulshine“ (auch für Gov’t Mule verwendet) eher nur Insidern bekannt sein dürften.
Die „Soulshine“-Aufarbeitung von Green (mit dabei Gitarrenvirtuose Monte Montgomery an der Akustikklampfe) ist saustark, verfehlt eine Live-Version, die ich neulich mal von den aktuellen ABB auf YouTube gesehen habe, nur um Haaresbreite. Klasse der Abwechslungsreichtum, was die Art, Umsetzung und auch die hervorragend gewählte Anordnung der Tracks betrifft, die das Ganze zu einer äußerst kurzweiligen Geschichte machen. Die Spielzeit vergeht im Nu.
„All Just To Get To You“ von Texas-Blueser Joe Ely verwandelt Pat in eine für ihn typische Red Dirt-Version (Spaß bereiten hier die Slide-Gitarren). Beim folkigen „Streets Of Galilee“ verhilft er Jungtalent Aaron Lee Tasjan (auch Autor des Songs, gesangs- und spieltechnisch beteiligt) zu etwas Publicity. Shelby Lynnes „Jesus On A Greyhound“ (Mandofills, Slidegitarre) kommt im schönen Country Rock-Gewand daher.
Mein Lieblingsstück ist hier „Austin“ aus der Feder vom ebenfalls in Nashville sehr umtriebigen Songwriter Jon Randall. Eine herrliche HT-Nummer zum Mitwippen, veredelt mit Backing Vocals von Ex-Sons Of The Desert-Frontmann Drew Womack. Herrlich! Wunderbar melancholisch die Ballade „If It Weren’t For You“ (entspanntes E-Solo, traurige Fiddle) ursprünglich vom Songwriter-/Musiker-Duo Walt Wilkins und Liz Rose.
Mit „The World I Know“ knöpft sich Green einen Song einer Band, der jüngeren Generation nahe stehend, vor, nämlich von Collective Soul. Hier nahm er dann auch deren Chef Ed Roland direkt mit ins Boot. Eine power-folkige Meisterleistung garniert mit Banjo, starken Gitarren und atmosphärischem Violinenspiel. Am Ende lässt es Pat nochmal unter der Mithilfe von Jack Ingram beim Todd Snider-Song „I Am Too“ (Drum-Poltern, fette E-Soli) so richtig krachen – der wohl rockigste Track der CD.
„Songs We Wish We’d Written II“ von Pat Green macht richtig Spaß. Ein Silberling, der vom Protagonisten selbst bis hin zu allen restlichen Involvierten, sei es Originalautoren oder umsetzenden Musikern ungemein starkes Niveau vermittelt. Vor allem ein Cover-Album, das sich nicht der sonst üblichen Klischees bedient und von daher uneingeschränkt empfohlen werden kann! Dazu eine schöne Überbrückung bis zu Pats neuem eigenständigen Werk, für das er sich bereits im Songwriting-Prozess befindet und Anfang nächsten Jahres ins Studio gehen wird.
Sugar Hill/Vanguard Records (2012)
Stil: Country Rock
01. All Just To Get To You
02. Streets Of Galilee
03. Jesus On A Greyhound
04. Even The Losers
05. Austin
06. If It Weren’t For You
07. Soulshine
08. The World I Know
09. If I Had A Boat
10. I Am Too