Jon Randall – Walking Among The Living – CD-Review

Jon

Endlich hat es geklappt, wenn auch mal wieder mit deutlicher Verzögerung, infolge ständiger Verschiebungen des Veröffentlichungstermins seitens der Plattenfirma: Jon Randalls drittes Werk „Walking Among The Living“ ist ab sofort lieferbar! Ein wunderbares Teil! Ein herrlicher Erguß relaxt dahinfließender, sehr melodischer, traditionell verwurzelter Countyrmusic mit dezenten, zeitgemäßen, leicht rootsigen Americana-Bezügen, umhüllt von großartigen, lockeren semi-akustisch/-elektrischen Arrangements! Jon bekam sein musikalisches Talent praktisch mit in die Wiege gelegt. Beide Elternteile waren begeisterte Bluegrass-Musiker. So kam es, dass dem Sohnemann bereits mit 6 Jahren die erste Gitarre in die Hand gedrückt wurde.

Nach dem High School-Abschluss zog Jon von Dallas nach Nashville und gründete zunächst die recht kurzlebige Band „Prairie Dogs“, bevor er als Gitarrist von Holly Dunn angeheuert wurde. Kurze Zeit später wurde eine gewisse Emmylou Harris auf seine außergewöhnlichen Fähigkeiten als Gitarrist und Sänger aufmerksam, die ihn kurzerhand für ihre damalige, wahrhaft hochkarätig besetzten Band, die „Nash Ramblers“ engagierte, u. a. zusammen mit Sam Bush (Fiddle und Mandoline), der jetzt heuer wieder bei „Walk Among The Living“ mit an Bord ist. 1995 erhielt er dann schließlich seinen ersten Plattenvertrag als Solo-Interpret! Randalls vollständiger Name (richtig Jon Randall Stewart) wurde aber seitens des Labels gekappt, da zur gleichen Zeit diverse Stewarts (Larry, Lisa, Gary und Marty) ebenfalls Veröffentlichungen auf den Markt brachten. Sein Debüt „What Don’t You Know“ erschien noch im gleichen Jahr, enthielt jedoch trotz seiner Songwriter-Ambitionen nur einen eigenen Track. Danach sollte es dann erst mal nicht so gut laufen.

Randall spielte mit der attraktiven Lorrie Morgan, ein Duett für sein geplantes Nachfolgewerk „Great Day To Be Alive“ ein , das aber vom Label gecancelt wurde (der Song wurde dann ein Hit für Travis Tritt). Auch die anschließende Ehe mit Lorrie hielt nur zwei Jahre! Sein nächstes, geplantes Album „Cold Coffee Morning“ fiel dann sogar der Finanzschwäche seines damaligen Labels zum Opfer und ist bis heute nie veröffentlicht worden. Doch 1999 klappte es dann wieder mit einer neuen CD, und zwar mit dem von der Kritikergilde hoch gelobten Album „Willin’“ – trotz seiner beachtlichen Klasse jedoch leider wieder ohne nennenswerten kommerziellen Erfolg. Jon schloss sich anschließend einem seiner „Heroes“ an, dem bereits erwähnten Sam Bush, dessen ehemalige Newgrass-/Bluegrass-Truppe, die legendären „New Grass Revival“ (sehr erfolgreich in den späteren Achtzigern – dort spielten auch die Banjo-Ikone Bela Fleck und John Cowan am Bass – und auch die tauchen bei diesem Album wieder auf), Randall als einen seiner größten musikalischen Einflüsse bezeichnet. Es folgten noch einige Duette mit Patty Loveless, u. a. ein Song auf dem Louvin-Brothers-Tribute-Album, der sogar einen Grammy einheimste zusammen, im Jahre 2003 eine Tour mit Earl Scruggs, u.s.w.!

Er konzentrierte sich wieder verstärkt auf das Songwriting, fand ein neues Label-Zuhause, und schließlich war mit „Walking Among The Living“ endlich mal wieder ein neues Album fertig! Und, um es vorweg zu nehmen, das Warten hat sich richtig gelohnt! Randell ist ein bärenstarkes, recht ruhig und traditionell gehaltenes Werk gelungen, das sowohl akustisches, dem Bluegrass nahestehendes Material enthält, als auch jede Menge durch elektrische Instrumente ergänzte, flockige Countrysongs. Von Langeweile keine Spur! Dafür sorgen recht flott abgehende Nummern wie die Single „Baby Won’t You Come Home“, das leicht bluesige, mit schöner Harp verzierte „Austin“, der rhythmische Countryrocker „Coming Back For More“ (klasse E-Gitarre und Akustik-Slide-Einlage), oder das fröhliche „My Life“ am Ende der Scheibe, wo im Stil der Del McCoury Band beim abschließenden Instrumentalteil ein kleines Bluegrass-Feuerwerk aus Akustikgitarren, Fiddle, Banjo und Mandoline gezündet wird. Tolle Uptempo-Nummer!

Auch das Titelstück macht richtig Laune. Hier stoßen Bluegrass-Power und so etwas wie ein unterschwelliges U2-Flair aufeinander. Hervorragend auch die entspannteren Lieder wie „Long Way Down“ (sehr Vince Gill ähnelnd), „Whiskey Lullaby“ (war ja schon von Brad Paisley ein toller Song, doch Jon Randall hat ihn zusammen mit Bill Anderson geschrieben), “ Lonely For Awhile“, oder „No Southern Comfort“ (Allison Krauss: Background Vocals), wo man einfach nur Randalls ungemein angenehme Tenor-Stimme, sowie die tollen Musikerleistungen genüsslich auf sich einwirken lassen sollte. Großartig! Bei manchen seiner Texte (im umfangreichen Booklet beigefügt) hat man im übrigen irgendwie den Eindruck, dass Jon an der Geschichte mit Lorrie Morgan noch immer ein wenig zu knacken hat. Wie dem auch sei: Er hat sich mit einem saustarken Album eindrucksvoll zurückgemeldet! Wundervolle Countrymusic zum Genießen!

Epic Records (2003)
Stil: New Country

01. Baby Won’t You Come Home
02. In The Country
03. North Carolina Moon
04. Somebody Else
05. Long Way Down
06. Whiskey Lullaby
07. Austin
08. I Shouldn’t Do This
09. Reprise For Somebody Else
10. Coming Back For More
11. Lonely For Awhile
12. Walking Among The Living
13. No Southern Comfort
14. My Life

Bärchen Records

Restless Heart – Still Restless – CD-Review

Rest

Musik-Gourmets, deren Vorliebe unnachahmlichen mehrstimmigen Harmonien in einem herrlich klaren Sound und wunderbaren, sich höchst angenehm in den Ohren festsetzenden Melodien gehört,   dürfen sich freuen: Restless Heart, diese Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger so überaus erfolgreiche wie beliebte New Country/Country-Pop/Country-Rock-Band ist nach weit über zehnjähriger Abstinenz (die Phase ohne den etatmäßigen Sänger Larry Stewart mal außen vorgelassen) zurück! Und das in der Original-Besetzung, also mit Larry Stewart (Vocals), John Dittrich (Drums, Vocals), Paul Gregg (Bass, Vocals), Greg Jennings (Guitars) und Dave Innis (Keyboards)! Wow, was für ein tolles, beeindruckendes, neues Album haben sie da nach all den Jahren mit „Still Restless“ plötzlich wieder aus dem Hut gezaubert. Als wäre die zeit stehen geblieben! Sie haben nichts verlernt!

Alles, was sie je auszeichnete, ist wieder vorhanden! Ohne Übertreibung, das ist ein weiteres, absolutes Highlight eines sich jetzt langsam dem Ende neigenden, starken Country-Musikjahres 2004, in dem man ohnehin schon, mehr als in den Jahren zuvor, durch zahlreiche interessante und überdurchschnittliche Neuerscheinungen verwöhnt wurde. Solch eine „Unruhe“ lässt man sich einfach gerne gefallen. Bereits bei den ersten Mandolinen- und Akustikgitarrenklängen, sowie dem Einsatz von Larry Stewarts großartiger, unverkennbarer Stimme beim starken Opener „Feel My Way To You“ kribbelt’s im ganzen Körper. Die unnachahmlich präzisen und fein abgestimmten Harmoniegesänge, sowie Paul Jennings fulminantes Slidegitarrenspiel lassen hier bereits erahnen, dass auf einen, auch in der Folgezeit, ganz besonderer musikalischer Genuss zukommen wird.

Die Band präsentiert sich durch und durch als harmonische Einheit. Jeder der Beteiligten bringt sich meist unaufdringlich und dezent spielerisch, dabei aber optimal, in das Gesamtprojekt ein. Auch die Hinzunahme einiger weniger auserwählter Klasse-Instrumentalisten wie Jerry Douglas (starkes Dobrospiel auf „Down The Road“ und dem Beatles-Klassiker „The Night Before“), Dan Dugmore (Steel auf „Every Fire“), Jonathan Yudkin (Fiddle auf „The Night Before“ und „Down The Road“), sowie Mac McAnally verleiht der ganzen Geschichte noch mehr Substanz. Wie ein roter Faden ziehen sich natürlich die anfangs erwähnten Harmony Vocals, ein unumstrittenes Markenzeichen von Restless Heart, durch alle Songs, wie man sie in dieser Perfektion wohl nur noch von den Eagles dargeboten bekommt.

Die Bandbreite der Lieder erstreckt sich von knackigem New Country („Feel My Way To“, „Down The Road“, „Same Boat Now“), über Westcoasteinflüsse ( „Looking Back“, „And More“), bis hin zu niveauvollem, balladeskem Country-Pop („Every Fire“, „Miracle“) und Country-Rock mit leichter Southernwürze („Makin’ Hay“, mit grandiosen Gitarrenriffs und herrlichem Honkytonk-Feeling; das Stück gibt es übrigens in ähnlich guter Manier auf Clay Davidsons Debütalbum „Unconditional“). Auffällig auch der kristallklare und gut abgemischte Sound! Hier haben die Produzenten Kyle Lehning (Randy Travis) und Mac McAnally (Jimmy Buffet) Maßarbeit abgeliefert. Die abschließende Traumballade „What We Know Now“ (da schleicht sich plötzlich, neben einem Klasse E-Gitarren-Solo gegen Ende des Liedes, in der Mitte doch sogar eine Double-Leads-Passage ein) ist dann Vergangenheitsbewältigung pur!

Die Truppe zerbrach ja damals an dem unerwarteten Ruhm, Stress und Erfolgsdruck, den die erfolgreiche Zeit zwischen 1985 und Anfang der Neunziger mit diversen Gold-Alben, unzähligen Top-Hits und gefeierten Auftritten mit sich brachte. Heute wirken die Akteure frisch, ausgeglichen und unverkrampft, ja sie versprühen regelrecht positive Energie. Man merkt ihnen den Spaß an der Sache zu jeder Phase von „Still Restless“ an. Also, wenn man mal die lohnenswerten, sinnvollen und erfreulichen Comebacks auflistet, dann gehört das von Restless Heart sicherlich dazu!

Koch Records (2004)
Stil: New Country

01. Feel My Way To You
02. Down The Road
03. Same Boat Now
04. Looking Back
05. And More
06. Makin‘ Hay
07. Every Fire
08. Yesterday’s News
09. Miracle
10. The Night Before
11. What We Know Now

Restless Heart
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Bärchen Records

Deric Ruttan – Same – CD-Review

Deric

Kanada-Import! Bereits 2003 in Kanada erschienen (und nur in Kanada!), ist diese CD jetzt endlich auch bei uns erhältlich! Zum einen eilt diesem Mann ein solch guter Ruf voraus, und zum anderen waren die Anfragen nach diesem Album so groß, daß wir gar nicht daran vorbei kamen, es mit ins Programm aufzunehmen. Allerfeinster New Country, der die Freunde von Tim McGraw bis David Lee Murphy begeistern wird, die auch mit einem ganz dezenten, etwas poppigeren Steve Earle-Touch leben können. Deric Ruttan ist ein höchst talentierter Singer/Songwriter, aufgewachsen in einer ländlichen Großfamilie in der Umgebung von Bracebridge, Ontario, Kanada. Er hörte sich über die Jahre durch die Plattensammlung seiner Eltern und begeisterte sich anfangs für Stücke von Creedence Clearwater Revival.

Mit zwölf lernte er Gitarre spielen, mit 14 begann er Songs zu komponieren. Seine erste Band gründete er mit 16 und spielte rund um die Gefilde seiner Heimatstadt, zunächst meist als Lead-Gitarrist. Hinzugesellt hatten sich Vorlieben für Künstler wie John Mellencamp, The Eagles und Tom Petty. Schon mit 17 gewann er seinen ersten national-weiten Talentwettbewerb. Ein weiterer Künstler, Steve Earle, sollte in Ruttans Leben noch eine entscheidende Rolle spielen. Zum einen fand er in Earles berühmten Werk „Copperhead Road“ genau den richtigen Stoff und die richtige Art für sich, Musik zu machen, zum anderen ermutigte Steve ihn nach einem persönlichen Kennenlernen, auch in harten Zeiten niemals aufzugeben. Und harte Zeiten hatte Deric Ruttan seit seinem Gang nach Nashville im Jahre 1994 zur Genüge erlebt.

Gelegenheitsjobs, kleinere Auftritte, die ihn in seiner Bude ohne fließendem Wasser mehr schlecht als recht am Leben hielten. Hinzu kam eine von den Umständen her recht komplizierte Beziehung zu Margret Findley, ebenfalls eine Singer/Songwriterin und fünffache Mutter, die in South Carolina wohnte, und, und, und! Das Leben änderte sich für Ruttan schlagartig, als er beim Besuch einer seiner zahlreichen Singer- u. Songwriterabende in Music City, bei denen er laut eigener Aussage, seinen Blick fürs eigene Talent schärfte und viel lernte, den erfolgreichen Komponisten und Performer Don Schlitz (schrieb z.B. Hits wie „The Gambler“ und „Forever And Ever Amen“) traf. Der bat Derek spontan um seine Demobänder und stellte den Kontakt zu einem weiteren namhaften Songwriter, Steve Bogard, her. Bogard kannte Doug Howard von Lyric Street Records und der arrangierte eine persönliche Audienz beim Präsidenten des Labels, Randy Goodman, der wiederum nach Anhören einiger Songs spontan grünes Licht für einen Plattendeal gab.

Eine hervorragende Wahl, wie sein Debüt eindrucksvoll beweist! Deric Ruttan hat ein Gespür für authentische Texte, mit leichtem Hang zur Introvertiertheit, ähnlich wie der von Eric Heatherly, und kann dies sowohl in peppigen und knackigen Uptempo-Nummern, wie auch sehr ergreifenden, balladesken Melodien verarbeiten. Hinzu kommt seine sehr angenehme Stimme und auch sein ausgezeichnetes Akustik-Gitarrenspiel, das sich wie ein roter Faden durchs Gesamtwerk zieht. Als Co-Writer fungieren neben Steve Bogard, der das Werk auch produzierte, viele klangvolle Namen, wie Tom Douglas, Brett Beavers oder Marc Nesler. Auch was die begleitenden Musiker angeht, kann sich die Liste sehen lassen: Greg Morrow (Drums), Russ Pahl (Dobro, Steel), Tammy Rogers (Fiddle, Mandoline), Eric Darken (Percussion), und nicht zu vergessen, an der E-Gitarre, Kenny Vaughn, der zwar weitgehend unauffällig, dafür aber umso präziser zur Tat schreitet. Einige, exakt auf dem Punkt gebrachte, satte Soli steuert er selbstverständlich auch bei.

Herausstechend auf einem Album ohne Schwächen ist beispielsweise die prächtige, herrlich knackige Single „When You Come Around“, eine flockige, sehr dezent keltisch angehauchte, aber durchaus rhythmisch poppige Countrynummer mit sirenenartigen Fiddeln, und toller Akustik-, E-Gitarren-, Mandolinen- und Steel-Untermalung (integriert auch ein kurzes, knappes E-Solo), die jede Menge Schwung und Frische vermittelt. In die gleiche Kerbe schlagen weitere knackige Nummern, wie „Take The Wheel“, „Unbeatable“ (gibt es in zwei Versionen, bei der zweiten, als „Hidden-Track“, mit furiosem Tony Harrell-Pianospiel in bester Bruce Hornsby-Manier), „Invisible“ oder „Shine“. Im Gegensatz dazu gibt es auch einige semi-akustische Balladen, die sich zum Teil durch eine ausgesprochen ergreifende Dramaturgie auszeichnen, wie bei „Angelina“ oder dem über 6-minütigen „Tom And Annie“.

Hier lohnt es sich wirklich, die im Booklet aufgeführten Texte zu studieren. Bei den langsameren Nummern fallen, nebst Ruttans klarem Akustik-Gitarrenteppich, die häufig eingestreuten Dobro-Passagen sehr angenehm ins Gehör. Insgesamt sehr starke 52 Minuten eines hoch-talentierten Künstlers! Ein echter Geheimtipp! Noch!… Aber er hat das Potential ganz nach vorne zu kommen!

Lyric Street Records (2009)
Stil: New Country

01. When You Come Around
02. Take The Wheel
03. I Saved Everything
04. Unbeatable
05. Promise Broken
06. Invisible
07. To Be Where You Are
08. Angelina
09. Shine
10. Love Did
11. Tom And Annie
12. Ashes To Asphalt

Deric Ruttan
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Bärchen Records

David Lee Murphy – Tryin‘ To Get There – CD-Review

DLM

Über sieben Jahre hat sich David Lee Murphy für sein neues Studioalbum „Tryin‘ To Get There“ Zeit gelassen. ‚Gut Ding braucht Weile‘ sagt man, hier scheint dies auch bestens zuzutreffen. Von den drei Werken, die ich jetzt von DLM kenne, ist dieses nämlich ohne Zweifel sein stärkstes.

Meine Beziehung zu ihm ist seit letztem Jahr eh eine ganz besondere. Schließlich wählte ich sein Stück „All Lit Up In Love“, eines meiner absoluten Favoriten in der New-Country-Szene, als Ständchen für meine Geburtstagsparty zum Vierzigsten, welches dann von den Craving Hands so vorzüglich vor versammeltem Kollegenkreis dargeboten wurde. Ich habe heute noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke.

Aber schwelgen wir nicht in der Vergangenheit, sondern befassen wir uns mit der aktuellen Scheibe. Man kann die Songs grob in zwei Kategorien einteilen: Die einen rau-rockig, zum Teil mit einigem Southern-Flair (nicht umsonst nennt David auch Ronnie Van Zant in den Credits als eines seiner Vorbilder), die live sicher das Blut in Wallung bringen werden, wie z.B. das rhythmisch knackige und zum Mitgrölen geeignete „I Like It Already“ mit seinen sirenenartigen Fiddeln und tollen E-Gitarren; das dreckige „Same Ol‘, Same Ol'“ mit tollem Harmonica-Spiel von Pat Buchanan und starkem Break, ein wenig Georgia Satellites/Black Crowes verdächtig; das mit klimperndem Piano und klasse E-Gitarren verzierte „Ghost In The Jukebox“, das auch im Repertoire von Montgomery Gentry zu gefallen wüsste oder der flotte Honkytonk-Kracher „She Always Said“.

Die anderen Songs bewegen sich fast ausnahmslos im Midtempobereich, mal etwas nachdenklich melancholisch wie bei „Own Little Words“, „Tryin‘ To Get There“ (Titelstück zusammen geschrieben mit Waylon Jennings), „Inspiration“ (wunderschöne Melodie/starke Slide-Einlage), „Beggin‘ For Affection“, das an diese locker leichten Songs der Bellamy Brothers erinnert oder mal recht humorvoll mit einem Schuss Selbstironie vorgetragen wie bei „Loco“ und „Mama’s Last“ („I’m not the first mistake, she ever made, but I was Mama’s last…“) über das Nesthäkchendasein in einer nicht so ganz ehrenwerten Familie.

Und so besingt David Lee Murphy (mittlerweile auch viel beschäftigter Songwriter für diverse andere New-Country-Größen u. a. Trick Pony, Brooks & Dunn) die Themen, mit denen sich einfache Leute wie Du und ich gut identifizieren können, wie es auch sein bereits o.g. Vorbild seinerzeit so vorzüglich tätigte. Geschichten über Arbeit, Trinken, Frauen, etc. – das Übliche halt. Alles in allem in jeder Hinsicht ein ganz starkes (New-) Country-Rockalbum, ohne Übertreibung ein Highlight des Jahres 2004!

Koch Records (2004)
Stil: New Country

01. I Like It Already
02. Same Ol‘, Same Ol‘
03. Loco
04. Own Little Word
05. Tryin‘ To Get There
06. Inspiration
07. Ghost In The Jukebox
08. She Always Said
09. Mama’s Last
10. Beggin‘ For Affection
11. Might Be Me
12. Killin‘ The Pain

David Lee Murphy
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Julie Roberts – Men & Mascara – CD-Review

Juli

Ihr Aufstieg beim Major-Label Mercury Records von der Empfangsassistentin zur Sängerin klingt schon ein wenig märchenhaft, doch der großartigen Julie Roberts ist genau dies widerfahren. Entdeckt von einer der Gitarrengrößen Nashvilles, Brent Rowan, der auch ihr starkes und sehr erfolgreiches Debütalbum produziert hatte, bringt sie nun, nach zwei Jahren intensiven Tourens, ihr Folgewerk „Men & Mascara“ auf den Markt. Laut eigener Aussage ist sie von ihren Fans immer wieder gebeten worden, sich beim Nachfolger nicht zu sehr vom Konzept des Vorgängers wegzubewegen. Diesem Wunsch hat Julie im Großen und Ganzen Rechnung getragen, auch wenn sich einige grundlegende Dinge geändert haben. Den Produzentenstuhl besetzte diesmal schwerpunktmäßig Byron Gallimore (Tim McGraw, Faith Hill, Jo Dee Messina), der auch die komplette Musikerriege auswechselte.

Diese eist allerdings ebenso hochkarätig besetzt, wie beim Debüt (Lonnie Wilson, Mike Brignardello, B. James Lowry, Aubrey Haynie, Tom Bukovac, Paul Franklin, Steve Nathan und jede Menge einschlägig bekannte Backgroundartisten). Die aktuelle Single „Girl Next Door“ (vielleicht nochmal als eine Art Anspielung in Richtung ihres Mercury-Chefs Luke Lewis gedacht…) allerdings, ein für Julie ungewohnt poppig anmutendes Stück, natürlich trotzdem mit den countrytypischen Zutaten angereichert (tolle Banjountermalung, viel Steelguitsr, tolle Stimmvariation Julies, klasse Harmonies von Chip Davis und Marty Slayton) wurde von dem ebenfalls in Music City sehr bedeutenden James Stroud an den Reglerknöpfen betreut.

Wie bereits erwähnt, setzt Julie vom musikalischen Gehalt weitestgehend auf das Bewährte. Dezent introvertierte Songs über das Verlassen und Verlassen werden, meist im Balladen- bis entspannten Midtempobereich angesiedelt, brillant auf Julies ganz dezent angeraute, von einer Brise Southern-Soul durchsetzte, wunderbare Stimme zugeschnitten. Gallimore und den exzellenten Musikern gelang es jedoch diesmal, die Stücke im Vergleich zum Vorgänger eine Spur fröhlicher und auch knackiger ausfallen zu lassen.

Roberts hat die Fremdkompositionen in Eigeninitiative ausgewählt und bei folgenden vier Stücken sogar kompositorisch selbst mit Hand angelegt (und das absolut überzeugend, denn diese Lieder zählen mit zu den Highlights dieses Albums): „Smile“ eine typische, kräftige Countryballade mit klasse Telecaster-, Steel- und Pianoklängen sowie Julies frechen, lang gezogenem Endsilben-Gesang; das textlich recht bissige „First To Never Know“, sehr rhythmisch und mit viel Pep dargeboten (Steel, starkes Piano und Organ, kurzes E-Gitarren-Solo); das fesselnde „A Bridge That’s Burning“ (sattes Drumming, wunderbares Mandolinengezirpe, Tempobreaks und emotionale Steigerung im Liedverlauf), und das trotz eines textlich ernsten Hintergrundes (Autounfall eines Freundes mit Todesfolge) herrlich relaxt und entspannt wirkende Abschlussstück „All I Want Is You“, das ein wenig Fleetwood Mac-Flair zu ihrer „Rumours“-Phase zu vermitteln scheint, ohne dabei den Countrypfad zu verlassen. Hier glänzen noch einmal alle beteiligten Musiker mit ihrer ganzen spielerischen Virtuosität, ohne sich dabei zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Ganz große Klasse!

Aber auch die mit Fingerspitzengefühl auserwählten Fremdkompositionen haben es natürlich in sich. Der deftige Opener „Paint And Pillows“ wird von heulenden Fiddles und einem markanten Dobro-Führungsriff getragen, „Too Damn Young“ zeigt einmal mehr, dass Roberts auch bei flotteren Stücken gesanglich eine perfekte Figur abgibt, das melodische Titelstück „Men & Mascara“, bei dem tolle Akustik- und E-Gitarrenarbeit, sowie das typische „Orgel-Pfeifen“ und feinste Mandolinen den Verlauf des Stückes bestimmen. Insgesamt wieder ein tolles New Country-Album ohne jede Schwächen, das von der erneut, starken, variablen Gesangsperformance Julie Roberts und dem glänzenden Spiel der Nashville-Instrumentalkönner lebt.

Wie hieß es noch beim Review ihrer ersten CD: Authentische, herrliche Americana- und Roots-based Countrymusic voller Herz und Seele! In der Tat, wenngleich das aktuelle Werk, ohne auch nur im geringsten an Qualität einzubüßen, vielleicht ein wenig mainstreamiger wirkt! Das ebenfalls wieder recht umfangreich und geschmackvoll gestaltete Booklet (diesmal dominieren statt Rot, dezente Grüntöne) enthält sämtliche Songtexte. Einfach großartig, Julie!

Mercury Nashville (2006)
Stil: New Country

01. Paint And Pillows
02. Smile
03. Too Damn Young
04. Men & Mascara
05. First To Never Know
06. Chasin‘ Whiskey
07. A Bridge That’s Burning
08. Girl Next Door
09. Lonely Alone
10. That Ain’t A Crime
11. Mama Don’t Cry
12. All I Want Is You

Julie Roberts
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Bärchen Records

Sawyer Brown – Mission Temple Fireworks Stand – CD-Review

Sawy

Sawyer Brown muss man schon zu den Dauerbrennern der New Country-Szene zählen. Die Mannen um Bandchef Mark A. Miller präsentieren mit
„Mission Temple Fireworks Stand“ bereits ihr 17. Album seit ihrem Debüt 1985. Eine fast unveränderte, personelle Besetzung seit der Gründung spricht eindeutig dafür, dass es mit der Chemie innerhalb der Truppe zu stimmen scheint. Die Band, bekannt für ihre positive Energie, die sie sowohl auf ihren CDs vermittelt, wie auch in ihren energiegeladenen Live-Shows herüber transportiert, hat sich im Laufe der Jahre eine riesige, treue Fan-Gemeinde erarbeitet.

Diese Tradition wird auch auf ihrem aktuellen Werk konsequent beibehalten. Der Opener, gleichzeitig auch das Titelstück, knallt direkt mit einen furiosen E-Gitarren-Intro los, ein glänzendes Boogie-Woogie-Piano „fliegt“ mit hinzu und Showman Miller fordert im Stile eines schwarzen Predigers mit emotionalem Gesang immer wieder gospelartige Hamonievocals heraus. In der Mitte des Stückes krönt ein herrlich klirrendes Slide-Solo diesen temperamentvollen Auftakt. Man meint wirklich, man sei live bei einem Gottesdienst in den Südstaaten zugegen. Ist auch die erste ausgekoppelte Single. Ein Klasse-Auftakt.

Spaß genießt bei Sawyer Brown ebenfalls immer eine hohe Priorität. Der Beweis hier: „Tarzan And Jane“, eine poppige Countrynummer, wobei es auf humorige Weise gelingt, Urwaldatmosphäre selbst in einen Song dieses Genres zu transportieren. Pfeifende Steel-, Orgel- und E-Gitarren-Ansätze simulieren Grillen-Gezirpe und andere, mit einem Dschungel assoziierte Geräusche, dazu ein lustiger Text und „Oooh-Kaschaka-oooh“-Hamonies vollenden diese herrlich überdrehte Gute-Laune-Nummer. Das Sawyer Brown auch immer wieder wunderbar melodiöse Balladen aus dem Ärmel schütteln können, beweisen ungefähr eine Handvoll der insgesamt zwölf Lieder, die allesamt sehr schön instrumentiert wurden, wobei besonders die häufig eingestreuten E-Fills markant hervorstechen.

Klasse auch das Georgia-Satellites-Cover „Keep Your Hands To Yourself“, das sich ohne Probleme mit dem Original messen kann. Der Höhepunkt des Albums folgt direkt danach mit „Ole’ Kentuck“, das wie ein Tornado aus den Boxen über’s flache Land fegt. Herrlicher Drive, starkes schwüles, ungemein rhythmisches Southern-Flair, kratzige Akustik-Gitarre, Mandoline, Banjo, E-Solo, powernde Drums, alles was das Countryherz begehrt. An diesem Song haben vielleicht so gar Southern Rock-Freunde ihre Freude. Gegen Ende folgen dann noch drei Countrypopnummern mit leicht sonnigem 70er-Retro-Flair, die in erster Linie von den kleinen, instrumental eingebrachten Feinheiten der Bandmitglieder und auch der Gastmusiker leben.

Mark Miller hat wieder die meisten Stücke komponiert und auch produziert. „Mission Temple Fireworks Stand“ beweist eindeutig, dass Sawyer Brown auch nach 17 Jahren noch immer voll im Saft stehen. Von Abnutzungserscheinungen keine Spur! Klasse Album!

Curb Records (2005)
Stil: New Country

01. Mission Temple Fireworks Stand
02. Tarzan And Jane
03. They Don’t Understand
04. With You Daddy
05. Your Faith
06. Keep Your Hands To Yourself
07. Ole‘ Kentuck
08. All I Want Is You
09. One Little Heartbeat At A Time
10. Ladies‘ Man
11. There Was a Time
12. Tryin‘ to Find (A Way to Make It Last)

Sawyer Brown
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Rosehill – Crooked Thoughts – CD-Review

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Prächtiger Nachfolger des großartigen, mit einem schönen Red Dirt-Feeling agierenden Country-/New Country-/Countryrock-Duos aus Cypress, Texas! Nachdem die beiden texanischen Langzeitfreunde Mitch McBain und Blake Myers mit „White Lines And Stars“ vor zwei Jahren für viel Furore gesorgt hatten, gibt es jetzt den heiß ersehnten Nachschlag. „Crooked Thoughts“ heißt das neue Werk, das nahtlos an die hervorragende Qualität des Vorgängers anknüpft. So gibt es auch nur marginale Veränderungen. Wie schon zuvor, begab man sich auch jetzt unter die „Fittiche“ von Jay Clementi (Producer) und Radney Foster (Executive Producer), die auch beim Songwriting den beiden wieder aktiv zur Seite standen.

Lediglich im Co-Writer- und Musikerbereich gab es Personalwechsel, die aber dem Stil und Konzept des Duos treu blieben. Radney Foster gab dem Wunsch der beiden, musikalisch etwas eigenverantwortlicher zu handeln, was sehr gut gelingt und die beeindruckende Weiterentwicklung der beiden demonstriert. Produzent Jack Clementi dagegen ist bei fast jedem Track auch kompositorisch involviert (Foster nur bei zweien). Das neue Werk bietet aber weiterhin die höchst bewährte Mischung aus wunderbar melodischem, durchaus schön knackig und auf den Punkt gebrachtem (New-) Country / Countryrock, durchzogen einer schönen Brise trockener Red Dirt und wunderbar frischer, lockerer Westcoast-Anleihen.

McBain und Myers wechseln sich wie gewohnt beim Leadgesang ab und liefern dazu hinreißend schöne Harmoniegesänge. Man bekommt wunderbar melodische und eingängige Tracks in Hülle und Fülle geboten, das ist Wohlfühlmusik par excellence. Herrlich relaxt direkt der eröffnende dezent country-folkige Titeltrack „Crooked thoughts“ mit toller Mandoline-, sowie schöner Akustik- und E-Gitarrenuntermalung – dazu diverse Steel-Zutaten. Es folgt die erste Single „When The Flame Goes Out“ (ein Lied über gescheiterte Beziehungen), die bereits starke Radiopräsens und hohe Platzierungen in den Texas Music Charts aufweisen kann.. Ganz stark (auch vom Text) ist die Country-Ballade „The Bible And The Gun“, eines der beiden von Radney Foster mitgeschriebenen Stücke.

Hier spielt natürlich die von Foster geliebte Baritone-E-Gitarre eine tragende Rolle und versprüht sehr viel wohltuende Atmoshäre. Klasse auch die beiden, mit viel Eagles-Flair durchzogenen Stücke „All Wrong But Just Right“ (flockiger Countryrocker – erinnert gar ein wenig an „New Kid In Town“) und „Ready To Fall“ (feine Mandoline, Orgel, Baritone-E-Gitarren-Solo – dezente „Tequilla Sunrise“-Note). Sehr schön auch das im Stile der Sons Of The Desert gebrachte „Shotgun Out Of Town“ (klirrende Mandoline, prima E-Gitarren-Untermalung, Steel, Orgel, „tighte“ Drums). Voller Retroklänge steckt der langsame, ideal fürs Tanzparkett (auch für Nicht-Tänzer) geeignete Schwofer „Believe Me“.

Eine Art Countryvariante des aus der Jugend so bekannten Klammerblueses“. Einen Hauch von Louisiana versprüht das mit einem tollen Akkordeon untermalte „That’s How I’m Going Out“ (dazu viel Steelguitar-„Leiern“, starkes E-Gitarren-Solo). „Racing The Sun“ bietet wieder viel atmosphärischen, knackigen (New)Country und Countryrock (klasse Gitarren, leicht bluesig), ebenso das finale „Go“, bei dem Radney Foster wieder omnipräsent ist (vor allem im Refrain), obwohl er kompositorisch und instrumentell nicht involviert war. Hochemotionaler Stoff zum Ausklang.

Blake Myers und Mitch McBain alias Rosehill bieten auch auf „Crooked Thoughts“ durchgehend überaus hochwertige Kost und beweisen erneut ihr Talent sehr angenehm und auf musikalisch hohem Niveau zu unterhalten. Toller Stoff für Freunde von Bands mit mehrstimmingen Gesängen wie Sons Of The Desert, Warren Brothers, Carolina Rain, Doc Walker, Love And Theft, Little Big Town (ohne die Mädels), oder gar von den Eagles, Restless Heart, sowie texanischen Interpreten der Marke Radney Foster, Wade Bowen, Josh Abbott Band & ähnlichem. Ganz großes Kompliment an Rosehill!

Tenacity Records (2012)
Stil: New Country

01. Crooked Thoughts
02. When The Flame Goes Out
03. Did You Ever Turn Around
04. The Bible and The Gun
05. All Wrong But Just Right
06. Shotgun Out Of Town
07. Playing For Pride
08. Ready To Fall
09. Believe Me
10. That’s How I’m Going Out
11. Racing The Sun
12. Go

Rosehill
Bärchen Records

Rosehill – White Lines And Stars – CD-Review

Tolles, mit wundervoller, höchst melodischer, knackiger, von transparenten Gitarren umsäumter, exzellent zwischen klassischem Countryrock, New Country, Americana und Red Dirt hin und her balnacierender Musik gefülltes Debut, des aus Cypress, Texas stammenden Duos Blake Myers und Mitch McBain, produziert von Radney Foster und Jay Clementi! Myers und McBain hatten zuvor bereits fünf Jahre reichhaltige musikalische Erfahrungen als Bandleader von „Texas High Life“ gesammelt, einem Quintett, das immerhin zwei CDs veröffentlicht hat, kreuz und quer durch Texas getourt ist und es immerhin bis zum Support von so bekannten Größen wie u.a. Honeybrowne oder Bleu Edmondson geschafft hat.

Nach Beendigung des Colleges stellten beide jedoch beim Songwriting fest, dass sich ihre Art zu schreiben verändert hatte und die Stücke mit THL nicht mehr kompatibel erschienen. Sie kehrten nach Cypress, ihrer Heimatstadt, zurück und beschlossen fortan, als Duo weiterzuarbeiten. Der neue Name Rosehill resultierte letztendlich aus einer Straßenbezeichnung (Rosehill Road), in deren Nähe beide wohnhaft sind. Sie verschickten umgehend Demos von einigen ihrer neu kreierten Tracks, u.a. auch an Radney Foster, der sich begeistert zeigte und umgehend beschloss, die beiden, gemeinsam mit seinem Musik- und Angelfreund Jay Clementi (der hat beispielsweise Fosters letztes Album „Revival“ produziert), unter seine Fittiche zu nehmen.

Die große Stärke von Rosehill ist u. a. ihre große musikalische Vielseitigkeit. Beide haben naturgemäß unterschiedliche Stimmen (Blake Myers klingt zuweilen durchaus ein wenig wie besagter Radney Foster, Mitch McBains Gesang bewegt sich irgendwo zwischen Drew Womack und Brett Warren), teilen sich den großartigen Lead Gesang weitestgehend gerecht auf und ergänzen sich bei den Harmonie-Gesängen hervorragend. Das Songwriting (mal zusammen, mal in Kombination mit Foster, Clementi oder mit beiden zusammen, einmal ist auch Randy Rogers von der Randy Rogers Band involviert) ergibt jeweils interessante, unterschiedliche Outputs, die der Linie eines überaus melodischen, aber angenehm unpolierten Countryrocks, New Country zu jeder Zeit treu bleiben.

Aufgenommen wurde jeweils in Texas und in Nashville, von zwei unterschiedlichen Musikermannschaften (u.a. mit starken Leuten wie Glenn Worf, Eric Borash, Dan Dugmore, Kenny Greenberg, Tim Lauer, Steve Fishell), wobei Borash und Fishell in beiden Teams vertreten sind und besonders Letztgenannter mit virtuosen Steelguitar-Einlagen glänzt. Geboten wird ein Mix aus fluffigen, flockigen, aber durchaus knackigen und teils auch rockigen, herrlich instrumentierten Midtemponummern („West Of Sunset“, „Midnight America“ – schön druckvoll, straight, riffig und doch so traumhaft melodisch -, „Dream It All Over Again“), teilweise mit schönen Akustik- und schön variablen E-Gitarren und vielen Piano- und Steelfills, ruhigeren Momenten („White Lines And Stars“, „Like We Knew It Would“), beide aber mit kräftig rockenden Refrains, aber auch richtig fetzig rockenden Sachen („Sunday“, „Life Is Short“), wobei auch ein feines Honky Tonk-Piano zum Einsatz kommt.

Vor allem die „Abweichler“ haben es in sich: Zum Beispiel das bärenstarke „Believer“, ein genauso stadion- wie radiotauglicher, Roots-/Americana-/Countryrocker voller Power und mit viel Heartlandatmospähre, das grandiose, von Radney Foster mit jeder Menge Tex-Mex-Flair umgarnte „Picassos For Pesos“ (mit herrlichem Akkordeonspiel von Tim Lauer – da sieht man sich vorm geistigen Auge zu dieser Musik bei Sonnenschein in einer kleinen gemütlichen Bodega sitzen, leckeren Wein schlürfen und mexikanische Köstlichkeiten genießen), das recht traditionell im Country verwurzelte, erdige „Glass Of Whiskey“ (tolle Steel-, klasse E-Gitarren-Solo) und das mit viel Westcoastflair ausgestattete, abschließende „Love Burns Out“ (wunderbare Harmoniegesänge Marke Glenn Frey/Eagles, dazu einfühlsame, dezente Mundharmonikabegleitung, klasse gespielt von Blake Myers). Ein echter Kracher am Schluss.

Wer den (leider) vergangen Zeiten der Sons Of The Desert nachtrauert, das nächste Album der Warren Brothers nicht mehr abwarten kann und auch Interpreten wie die Eli Young Band, Radney Foster und die einstigen Foster und Lloyd, Restless Heart, Blue County oder Little Texas zugeneigt ist, für den führt an Rosehill kein Weg vorbei. Ein herrliches Album! Wenn Blake Myers und Mitch McBain, alias Rosehill, so weiter machen, dürften rosige musikalische Zeiten vorprogrammiert sein. Großartig!

Tenacity Records (2010)
Stil: New Country

01. West Of Sunset
02. White Line And Stars
03. Believer
04. Picasso’s For Pesos
05. Sunday
06. Midnight America
07. Glass Of Whiskey
08. Dream It All Over Again
09. Life Is Short
10. Like We Knew It Would
11. Love Burns On

Rosehill
Bärchen Records

SHeDAISY – Fortuneteller’s Melody – CD-Review

Shed

Brandneues Album des Geschwister-Trios und wow, nicht was für ein schön anzusehendes Cover, sondern vor allem was für eine klasse Musik! Die Rede ist von den drei attraktiven Osborn-Schwestern (Kelsi, Kristyn, Kassidy), seit Ende der Neunziger Jahre als SHeDAISY ein fester, nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der poppigeren New Country-Sparte Nashvilles! Um es vorwegzunehmen mit „Fortuneteller’s Melody“ werfen die „Sisters K“ ihr wohl bis dato bestes Werk ins Rennen, dass ohne Zweifel erneut die Hörergunst im Sturm erobern wird. Nach einigen früheren verkaufstechnischen Turbulenzen war man mit dem feinen, schon reifer wirkenden „Sweet Right Here“ vor zwei Jahren wieder in die Erfolgsspur zurückgekehrt und erreichte in den USA sogar Goldstatus.

So ist es absolut nachvollziehbar, dass man auch für das neue Album grundsätzlich am Konzept des Vorgängers festgehalten hat. Und doch gibt es eine erneute Steigerung zu vermelden: Das ausgewählte Songmaterial war nie besser, SheDaisy klangen nie frischer, flotter und vor allen Dingen knackiger (das geht zum Teil schon in die angerockte Richtung einer Sheryl Crow), die kraftvolleren Uptempo-Nummern sind klar in der Überzahl, und die herrlichen Melodien und Harmoniegesänge sind noch ausgeprägter! Noch etwas hat sich verändert: Dann Huff, der ihren Weg bis in der Vergangenheit produktionstechnisch begleitete, wurde diesmal durch John Shanks ersetzt, der bereits höchst erfolgreich mit Künstlern wie Melissa Etheridge, Kelly Clarkson, Keith Urban, besagter Sheryl Crow und auch Bon Jovi zusammenarbeitete, allerdings in früheren Zeiten auch schon den ein oder anderen Song zusammen mit Kristyn Osborn komponiert hatte.

Die Musiker-Mannschaft hat sich zwar numerisch verringert, wurde aber auf den relevanten Positionen dafür um so qualitativer besetzt (u.a. Dan Dugmore, Tom Bukovac, Jonathan Yudkin und natürlich John Shanks)! Kompositorisch war wie immer Kristyn Osborn alleinig mit diversen Partnern federführend. Diesmal fand sie allerdings mit Sheryl Crow („Whatever It Takes“ und „Healing Side“) und Don Schlitz („In Terms Of Love“) zwei echte Hochkaräter an ihrer Seite, deren kreative Inputs auch mit zu den Highlights des durchweg starken Albums zählen. Aber es muß auch konstatiert werden, dass ihre übrigen, bewährten „Spezies“, wie u. a. Connie Harrington, John Shanks, Tim Nichols oder Jason Deere einmal mehr zum insgesamt sehr ausgeglichenen, auf hohem Niveau liegenden Gesamtergebnis beitrugen. Die erste Single „I’m Taking The Wheel“, ein tolles, kraftvolles, dynamisches Banjo-unterlegtes Stück der Marke Keith Urban/Jo Dee Messina, mit klasse Bukovac-E-Gitarren-Solo, hat sich bereits, mit stark steigender Tendenz, in die Billboard-Country-Singles-Charts gemischt.

Neben den meisten knackigen, mit viel Pfiff und positiver Energie ausgestatteten, die größten Teils zwischen Mid- und Uptempo variieren, werden diesmal bei „Kickin’ In“ und „Burn Down The House“ sogar recht rockige Töne angeschlagen, wobei Tom Bukovac sein Können an den E-Saiten einmal mehr eindrucksvoll in Szene setzt. Kassidys Gesang ist charmant, kraftvoll und variabel und wirkt noch einen Tick ausgereifter als beim Vorgänger. Ein prächtiger Beleg dafür ist beispielsweise das wunderbar melodische, melancholische, nur mit Dobro, Steel, Akustikgitarren und dezenten Streicherpassagen eingespielte Abschlusslied „She Gets What I Deserve“, das, wie so oft in SHeDAISY-Songs, thematisch einen Beziehungskonflikt reflektiert.

Fazit: „Fortuneteller’s Melody“ unterstreicht in bester Manier, wie kompetent und gekonnt Mainstream (New) Country-Pop gespielt werden kann! SHeDAISY sind ein Parade-Beispiel dafür! Dazu kommt ein nett anzuschauendes Booklet mit allen Texten! Auch ohne Wahrsagerqualitäten: Diese CD wird mit Sicherheit ein Hit! Und sie haben es verdient, denn, wir wiederholen es gern, es ist ihre bis dato stärkste Leistung! Fein gemacht, liebe Osborn-Sisters!

Lyric Street Records (2006)
Stil: New Country

01. 23 Days
02. Whatever It Takes
03. Bring It On Back
04. I’m Taking The Wheel
05. God Bless The American Housewife
06. Kickin‘ In
07. Healing Side
08. What Do I Do Now
09. In Terms Of Love
10. Burn Down The House
11. Out Of My Mind
12. She Gets What I Deserve

SHeDAISY
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Bärchen Records

Ashton Shepherd – Sounds So Good – CD-Review

Shep

Wenn eine 21-jährige bereits von allen Seiten mit Lobeshymnen („This girl’s so country, she makes Loretta Lynn sound like she’s from Liverpool“) überschüttet wird und in einem solch frühen Stadium bereits im gleichen Atemzug mit den etablierten Größen Nashville’s genannt wird, dann braut sich was zusammen in Music City! Ein neuer „Star“ der Countrymusic steht in den Starlöchern – da hängen die Trauben für das Debut ziemlich hoch. Doch Ashton Shepherd wird der hohen Erwartungshaltung locker gerecht! „Sounds so good“ ist ein tolles, ein glanzvollen Album geworden! „That’s pure and crystal clear Country“! Und ob!

Ashton stammt aus einer recht abgelegenen, ländlichen Gegend im Südwesten von Birmingham, Alabama. Sie singt und komponiert laut eigener Aussage, seit sie sprechen bzw. schreiben kann. Ihre Familie ist sehr musikalisch und als Ashton im Alter von 15 Jahren von ihrem älteren Bruder eine Gitarre geschenkt bekam, nehmen das Musizieren in einem Hinterhof-Verschlag, wie auch die ersten kleinen öffentlichen Auftritte erste Formen an. „I’ve been picking peas peas in the morning and picking guitars at night“, sagt sie über diese Zeit. Später finanzierten ihre Eltern ihr eine in Eigenregie erstellte CD (aufgenommen im Studio von Alabama-Mitglied Jeff Cook), die rund um ihre Konzerte reißenden Absatz fand.

Der wohl entscheidende Schritt gelang ihr allerdings bei einem Talentwettbewerb in Gilbertown, Alabama, bei dem sie einen Auftritt als Opening Act für Lorrie Morgan gewann. Im Anschluss daran wurde sie sofort nach Nashville eingeladen und der bekannte Musiker Jerry Kennedy brachte sie mit MCA und Produzenten-Ikone Buddy Cannon (u.a. Reba McEntire, Chely Wright, John Michael Montgomery, Sara Evans, Kenny Chesney) in Verbindung. Nun nahmen die Dinge ihren Lauf und Ashtons, selbstverständlich von Cannon produziertes, erstklassiges Debut liegt vor. „Sounds So Good“ beinhaltet elf großartige Lieder, die bis auf einen allesamt aus der Feder von Ashton Shepherd stammen.

Lediglich das abschließende „Whiskey Won The Battle“ wurde von ihrem Schwager Adam Cunningham komponiert. Buddy Cannon setzt das ganze Können seines Schützlings prächtig in Szene und verleiht Ashton das Profil einer modernen Country-Performerin, für die das Wort „Country“ noch eine tiefe Bedeutung hat. Die Songs sind absolut traditionell verwurzelt, dabei aber sehr modern instrumentiert und abgemischt. Sie bekommen durch Ashton’s unbekümmerten, engagiert und kraftvoll vorgetragenen, klaren Gesang (herrlich der etwas näselnde „Twang“ in ihrer Stimme) eine enorm frische und peppige Note. Das erinnert etwas an eine angenehme Mixtur aus Sara Evans, Trisha Yearwood, Gretchen Wilson und sogar Dixie Chicks-Sängerin Nathalie Maines. Die ausnahmslos hochkarätigen Musiker wie Larry Paxton, Chad Chromwell, Dan Dugmore, Scotty Sanders, B. James Lowry, Kenny Greenberg, Joe Spivey u.a. legen sich ebenfalls mächtig ins Zeugs und gewähren der Debütantin glänzende Unterstützung.

Im Songmaterial wird das gesamte Spektrum von Uptempo über Midtempo bis zum balladesken Moment ausgereizt. Das Werk startet mit zwei tollen knackigen, frischen Nummern: „Takin’ Off This Pain“ (dynamische Drums, heulende Fiddle) und dem Titelstück „Sounds So Good“ (klasse Banjountermalung, feine Mandolinen-Ergänzungen), die sich mit ihren markanten Refrains gleich wunderbar ins Ohr schrauben. Weitere Beispiele flotterer Nummern sind so starke Songs wie „Not Right Now“ (herrlicher Gute-Laune-Country) , „The Pickin’ Shed“ (absolut Line Dance-tauglich) oder „The Bigger The Heart“ (furioser Uptempo-Rhythmus) bei denen in countrytypischer Manier mit Fiddle, Steel- und E-Gitarren ordentlich Gas gegeben wird, wobei eigentlich das eine oder andere Tanzbein zu einer „flotten Sohle“ animiert werden müsste.

Auch der entspannte Midtempo- und Balladen-Anteil ist natürlich in einem gesunden Verhältnis zwischen den o.a. Liedern eingegliedert. Mit „Lost In You“, „I Ain’t Dead“, „Old Memory“, „Regular Joe“ und „How Big Are Angel Wings“ werden alle hierfür prädestinierten Themen musikalisch und textlich (im Booklet abgedruckt) aufgegriffen. Mit dem Auseinanderziehen vieler Endsilben in den Strophen- und Refrainzeilen verleiht Ashton dem Ganzen zudem gesangstechnisch noch die nötigen, tief aus dem Herzen stammenden Emotionen, wobei sie bereits im Stil der ganz Großen des Genres agiert.

Mit „Whiskey Won The Battle“ gibt es anstatt des unter dem Titel zu vermutenden „Crying in my beer“-Songs zum Abschluss schließlich noch ein wenig schwüle Southern Soul-/Country-Atmosphäre zu schnuppern, nicht zuletzt durch die starken E-Gitarren-Einlagen Kenny Greenbergs begünstigt. Keine Frage, man muss Ashton Shepherd für Debüt bereits eine enorm reife Leistung bescheinigen. Sie wird den hohen Vorschluss-Lorbeeren in jedem Fall gerecht. Zu jedem Zeitpunkt merkt man, dass die junge Dame ihre „Hausaufgaben“ gemacht hat. Sie weiß was sie will, was in ihr steckt und sie spielt es mit all ihrem großen Talent voll und ganz aus.

Ashton Shepherd ist eine klasse Sängerin, eine starke Songwriterin, eine großartige Countrymusikerin! So wird unseren (oft eintreffenden) Prognosen zufolge aus der einstigen „Honkytonk-Cinderella“ vom Lande sicher schnell eine äußerst ernstzunehmende Konkurrenz für die etablierten Damen der Nashville-Zunft werden. Der Titel des Debüts „Sounds So Good“ macht seinem Namen jedenfalls schon mal alle Ehre. Diese Musik klingt wirklich klasse! Weiter so Ashton Shepherd!

MCA Records (Universal Music) (2008)
Stil: New Country

01. Takin‘ Off This Pain
02. Sounds So Good
03. Lost In You
04. I Ain’t Dead Yet
05. Not Right Now
06. Old Memory
07. The Pickin‘ Shed
08. Regular Joe
09. How Big Are Angel Wings
10. The Bigger The Heart
11. Whiskey Won The Battle

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