Shania Twain – Up! – CD-Review

Twain

Es ist schon lustig, mit was für Dingen man als Redakteur konfrontiert wird. Folgende Mail erhielt ich neulich und ist wohl nicht als Scherz gemeint gewesen.

Hallo Daniel!
Ich melde mich mit einer wahrscheinlich höchst ungewöhnlichen Bitte. Also, kurze Einleitung. Ich habe am Nelkensamstag in Moers-City beim Karnevalszug eine nette Frau kennen gelernt. Dummerweise habe ich Ihr nicht meine Nummer gegeben. Ich weiß aber, dass sie Heavy-Metal gerne hört und aus einem Becher von einem Open Air ( W.O.A.??) trank. Jetzt meine Bitte. Kannst Du mir sagen, ob und wenn ja, wo in Moers es Kneipen oder Treffpunkte gibt, wo diese Musik überwiegend gespielt wird. Ich bin im Internet auf Deine Seite gestoßen als ich bei Google die Suchbegriffe Heavy-Metal und Moers eingab und anklickte (dies nur zur Erklärung, falls Du Dich gewundert haben solltest wie ich gerade auf Dich komme). Ich hoffe Du kannst mir weiterhelfen und es macht nicht soviel Umstände. In hoffnungsvoller Erwartung einer positiven Nachricht.
Ralf

Probleme gibt’s… Sollten wir uns Gedanken machen, eine Partneragentur an unsere Sache anzugliedern? Vielleicht kommt man ja dann an das große Geld. Eine Frau, die sicherlich eine ähnliche Energieleistung wie die des o.a. Zeitgenossen gerechtfertigt hätte, ist zweifelsohne Shania Twain.
Darüber, ob es auf diesem oder ähnlichem Wege zur ihrer Liaison mit dem renommierten Produzenten Robert John „Mutt“ Lange (Bryan Adams / Def Leppard / AC/DC) kam, kann ich nur Vermutungen anstellen. Zumindest dürfte sie endgültig die Weichen für eine sorgenfreie finanzielle Zeit bis in die nächsten drei Generationen gestellt haben.

Allerdings steht fest, dass die Dame nicht nur für die Männerwelt eine äußert ansehnliche Person mit vielen schönen Gesichtern ist, was ihr die neidischen Blicke des Großteils ihrer weiblichen Artgenossinnen garantieren dürfte, sondern auch ein echtes Talent als Sängerin und Songwriter im Musikbusiness darstellt.

Untermauert wird diese Tatsache nicht zuletzt durch ihre millionenfach verkaufte CD „Come On Over“ und die klasse gemachte DVD „The Platinum Collection“. Jetzt stellt sie ihr neustes Werk „Up!“ direkt in dreifacher Ausführung vor und Herr Lange scheint sämtliche kommerziellen Käuferschichten ansprechen zu wollen.

Kommen wir zunächst zur Multikulti-Dancefloor-Version. Sie erscheint, trotz Shanias Beteuerungen auf dem Beipackzettel wie „… bei meinen Konzerten sind so viele Leute aller Altersgruppen und Nationalitäten…“ ein wenig aufgesetzt und künstlich. Statt einem Umzug in eine Villa am Genfer See hätte meiner Meinung nach die Belegung einer 2 1/2 Zimmer Wohnung in einem von der Sanierung bedrohten Mehrfamilienhaus in Berlin-Kreuzberg mehr Glaubwürdigkeit vermittelt. Das einzige was mir da gefällt, ist das Bildchen auf dem Rohling, aber Schwamm drüber.

Die New Country-Version, die ich gerne erhalten hätte, war bei ‚Mercury‘ leider nicht verfügbar. Dafür ist als zweites Stück die Poprockversion mit dabei und immerhin die Genugtuung, als Medium von einem Majorlabel zur Kenntnis genommen zu werden. Aller Anfang ist halt schwer… Anderseits sind bei Shania Twain die Übergänge von New-Country zu Rock und Pop eh fließend. Da machen ein paar Fiddels, Banjos oder Steel Guitars mehr oder weniger den Braten auch nicht fett.

Die CD ist mit 19 Songs bis an den Rand gefüllt und geballte Unterhaltung pur. Sonne, Swimmingpool, kalte Getränke, nette Mädels, feiern mit guter Musik. Das alles fällt mir spontan dazu ein. Shania strahlt einfach positive Energie aus. Die Lieder gehen locker flockig ins Ohr. Wahnsinnig peppig gemacht.

Für Cowboys um die Anfang Vierzig, von der Persönlichkeitsstruktur einfach und genügsam gestrickt, jedenfalls ein großer Spaß. Ihre Stimme klingt irgendwie noch frischer und ich bin mir sicher, dass dieses Werk im Frühling und Sommer noch öfter den Weg in meine CD-Player finden wird.

Meine Lieblingssongs der Hit „I’m Gonna Getcha Good“, die Midtemposachen wie „Ain’t No Particular Way“ und „(Wanna Get To Know You) That Good! „, Balladen a là „Juanita“, „It Only Hurts When I’m Breathing“ und „I’m Jealous“, das rockig dahinstampfende „Waiter! Bring Me Water! „, das fetzige „In My Car (I’ll Be The Driver) “ und nicht zuletzt wegen Shanias Vielseitigkeit mein absoluter Favorit „She’s Not Just A Pretty Face“. Yes indeed, Mr. Lange!

Mercury Records (2003)
Stil: (New Country) Pop

01. Up!
02. I’m Gonna Getcha Good!
03. She’s Not Just A Pretty Face
04. Juanita
05. Forever And For Always
06. Ain’t No Particular Way
07. It Only Hurts When I’m Breathing
08. Nah!
09. (Wanna Get To Know You) That Good!
10. C’est La Vie
11. I’m Jealous
12. Ka-Ching!
13. Thank You Baby! (For Makin‘ Somebody Come So Soon)
14. Waiter! Bring Me Water!
15. What A Way To Wanna Be!
16. I Ain’t Goin‘ Down
17. I’m Not In The Mood (To Say No)!
18. In My Car (I’ll Be The Driver)
19. When You Kiss Me

Shania Twain
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Bärchen Records

Jimmy Wayne – Same – CD-Review

Wayne

Der Weg von Jimmy Wayne zu einer der größten New-Country-Hoffnungen der letzten Zeit war wirklich nicht auf Rosen gebettet. Extrem schlimme Kindheitserlebnisse, wie vom Vater verstoßen, Scheidung, gewalttätiger Stiefvater, der ihn und seine Geschwister mehrfach im Suff mit dem Gewehr bedrohte und auch den Abzug (Gott sei Dank ohne Folgen…) mal betätigte, und auch noch die Mutter letztendlich im Gefängnis, also Familienidylle ist wohl etwas anderes.

Er kämpfte sich parallel zur Schule mit Gelegenheitsjobs durch, kaufte sich die erste Gitarre und brachte sich das Spielen selbst bei. Dazu kamen vier Jahre Dienst in einem Bundesgefängnis. Wer da noch weitere Infos mag, kann dies noch sehr ausführlich in seiner Biographie nachlesen. So bot es sich natürlich für den jungen Burschen (neben Countrymusik auch Fan von Iron Maiden und Queensryche!) an, seine Erlebnisse in den Songs zu verarbeiten, was dann auch z.B. „The Rabbit“, „I Love You This Much“ oder „Blue And Brown“ eindeutig belegen.

Trotz all dieser widrigen Umstände hat sich der Junge seinen jugendlichen Charme bewahrt. Kein Wunder also, dass Jimmy vom People’s Magazin zu einem der sexiesten Sänger nominiert wurde. Stimmt, der Typ sieht wirklich blendend aus und wird wohl weibliche Fans scharenweise haben. So einen würde ich ohne Zögern für meine Stieftochter genehmigen. Aber leider keine Chance, die steht auf schlipstragende Möchte-Gern-Schicki-Micki-Lackaffen Marke Düsseldorf…

Man sieht also, wir Cowboys haben es wirklich nicht leicht. Kommen wir zu seinen musikalischen Offenbarungen. Jimmy Waynes Stimme ist relativ weich und geht angenehm ins Ohr. Sie bewegt sich variabel in Gefilden von Glenn Frey, Christopher Cross, Garth Brooks, Don Henley oder Billy Ray Cyrus.
Die Songs lassen sich in knackige Mid- und Uptemponummern, sowie zum Teil streicherhaltige Balladen auseinanderdividieren, die aber eigentlich nie in den Kitsch abdriften.

Meinen Geschmack trifft er mit den rockig angehauchten „After You“ und „The Rabbit“, dem knackigen Country-Fußstampfer „Trespassin'“ ( Highlight!), dem lockeren „Blue and Brown“ und dem von rhythmischen E-Gitarren dominierten „She Runs“. Filigrane Saitenarbeit der Marke Mason, Greenberg und Bukovac, auf dem Kopfhörer ein wahrer Genuss.

Die Ballade „Are You Ever Gonna Love Me?“ unterliegt knapp im Vergleich zu der von Chris Cagle auf seinem Album „Play It Loud“. Cagle hat mehr Herzblut in der Stimme, das Lied kommt mit mehr Spannung und Dramaturgie rüber. Waynes Version macht aber auch keine schlechte Figur.
Weitere langsame Nummern ähneln stilistisch Stücken von Garth Brooks; „The Dance“, „That Summer“ oder „Unanswered Prayers“ fallen mir da spontan ein. Sie sind leicht nachsingbar und massenkompatibel. Ob Jimmy dem Urgestein des Genres auch in Sachen Charisma auf der Bühne das Wasser reichen kann wird die Zukunft zeigen.

Die Produktion von den Nashville-Profis Chris Lindsey und James Stroud ist erwartungsgemäß knackig und modern gelungen. Das Gesamtwerk liegt irgendwo an der Schnittstelle zwischen New-Country, Westcoast, Rock und Pop. Vielleicht ein idealer Einstieg für Leute aus den letztgenannten drei Bereichen, die sich bisher an New-Country-Sachen noch nicht so richtig rangetraut haben. Ernstzunehmende Konkurrenz auf jeden Fall für die jungen Wilden der Marke Urban und Co.

DreamWorks Records Nashville (2003)
Stil: New Country

01. After You
02. Are You Ever Gonna Love Me?
03. Stay Gone
04. Trespassin‘
05. Paper Angels
06. You Are
07. She Runs
08. Just A Dream
09. Blue And Brown
10. I Love You This Much
11. You’re The One I’m Talking To
12. The Rabbit

Jimmy Wayne
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Bärchen Records

Chris Weaver Band – American Dreamer – CD-Review

Weaver

Wie kommt man in solch jungen Jahren nur zu so einer Stimme? Ob der aus West Virginia stammende Sänger Chris Weaver, als Kleinkind bei einem der Gigs seines Vaters in einer verräucherten Honkytonk-Spelunke unbeaufsichtigt auf einem halb geöffneten Jack Daniels-Fass herumgeklettert und hineingefallen ist, wurde bisher nicht überliefert. Fest steht aber, dass der Bursche – wie so oft in den Staaten – musikalisch vorbelastet ist, hochtalentiert und mit einem herrlich rauchig-rotzigen Stimmorgan gesegnet ist.

Dazu kam – ganz der Daddy – der unweigerliche Drang, Musik zu machen, was ihn schließlich auch nach Nashville führte. »I played every place that sold a chicken«, so Weaver zu seinen ersten Bemühungen, im Country-Haifischbecken der Zunft Fuß zu fassen. Sein Debüt-Werk „Standing In Line“ öffnete ihm erste Pforten. Ein tolles Album, mit von Allem etwas, das allerdings, trotz der Offenbarung seines immensen vokalen Potentials, noch ein wenig die gerade Linie vermissen ließ.

Mit der Einbindung von Musiker und Produzent Josh Leo (Alabama, Nitty Gritty Dirt Band, Lynyrd Skynyrd, Bad Company), der Chris jetzt für das Folgealbum „American Dreamer“ unter seine Fittiche nahm, hat Weaver (ähnlich wie vielleicht Blackberry Smoke mit Justin Niebank) direkt einen Quantensprung vollzogen. Ein Werk, das in grandioser Form sehr organisch gehaltenen New Country mit typischen Southern Rock-Zutaten in einem klug ausgewogenen Verhältnis kombiniert – durchgehend hochmelodisch (auch bei den härteren Stücken) und dann noch dazu diese Stimme… herrlich!

Chris hat sämtliche Tracks zum Teil alleine oder in kleinem Kreis mit Leuten wie Josh Leo, Langzeit-Schreibkollege und Musiker Matthew Rogers sowie Muscle Shoals-Musiker James LeBlanc komponiert. Dazu wurde ein ebenfalls exklusiver Kreis von tollen Musikern involviert, unter denen – neben Leo – Jack Pearson (Mitglied der Allman Brothers von 97-99), hier vornehmlich als Slide-Gitarrist, Nashville-Studio-Stargitarrist Tom Bukovac, Tastenvirtuose Tony Harrell und Reibeisen-Sängerin Kim Carnes („Bette Davis‘ Eyes“), im Background tätig, zu den prominentesten Vertretern zählen.

Der wie eine Dampflok dahinschnaubende Opener „Gravy Train“ dürfte direkt der Southern Rock-Fraktion den Mund wässrig machen. Das Banjo klirrt, die Slide- und E-Gitarren surren, die Background-Damen Kim Keyes und Vickie Hampton winseln ihre »Uhuhuus« im Refrain. Dazu gibt es unterschwelliges „Sweet Home Alabama“-Piano-Rhythmus-Geklimper von Harrell. Toller Song.

Das mit einem A capella-Intro startende „Raise The Dead“ bietet leicht gospelig angehauchte Kost. So was würde man gerne mal auf einer hiesigen Beerdigung hören, wenn es denn auch nicht unbedingt die eigene sein muss… Der Titelsong „American Dreamer“ offeriert dafür mehr melodisch geerdeten Rock mit einem klasse Refrain, dazu mit schönen Bridges verschachtelt und einem starken Southern-E-Gitarrensolo.

Die folgenden southern-souligen Balladen „California High“ (mit kurzem Schrei und typischen Ahahah-Harmonies der Sängerinnen. Joe Cockers Version von „With A Little Help From My Friends“ lässt grüßen) und „Guarantee To You“ (Orgel-/Dickey Betts-Gedächtnis-E-Solo nacheinander als Kombi) sind zum Wegschmelzen. Falls sich hier bei einem Vertreter unserer Gattung nicht eine augenblickliche Gänsehaut bildet und die Nackenhaare auf voller Länge auftürmen, sollte dieser schleunigst bei einem Psychologen abklären lassen, ob er unter chronischer Gefühlskälte leidet und auf dem Weg ist, zu einem Eisberg zu mutieren…

Mit rootsigen Stoff, im Stile eines Paul Thorn, geht es bei „Without Chains“ weiter. Kim Carnes und Kim Keyes säuseln zu Weavers hier mal etwas knochigerem Gesang. Bei „Givin‘ It Up“ ist swampiger Southern Rock in Skynyrd-Manier angesagt. „I Should Have Said That“ in der Vollversion würde Leuten wie Johnny Reid und Joe Cocker im souligen Balladen-Bereich auch gut zu Gesicht stehen.

Chris Weaver zählt u. a. Größen wie Bob Seger und Bruce Springsteen zu seinen Einflussgebern und Vorbildern. Den Beweis erbringt das piano-unterlegte „Time Has Wings“, das so ein bisschen an Segers Songs der Achtziger erinnert. „You’ll Accomp’ny Me“ fällt mir da spontan ein. Der offizielle Hauptteil schließt mit „Nothing More“, wieder einem Southern Rock-umwehten Stück, das auch gut in die Doc Holliday-/Rossington-Ära gepasst hätte. Ein typisches E-Solo inklusive.

Das erste Lied der Bonustracks, „Want It“, würde auch im Repertoire der heutigen Skynyrd bestehen (Slide-Solo). Hier dürfen die E-Gitarristen Ben Owens und Jeffrey Harper ausnahmsweise mal die Backings auf männliche Art und Weise singen. Das finale „I Should Have Said That“, in einer Alternativ-Version, liefert dann den beiden Hauptprotagonisten des Albums noch mal die Bühne. Josh Leo spielt die klare Akustikgitarre und Chris‘ Röhre kann sich in diesem eng gesteckten Rahmen, noch mal richtig intensiv entfalten. Wunderbar!

Fazit: Ich habe selten einen Sänger wie Chris Weaver sich mit solch einer puren Leidenschaft und Emotion vokal in seine Songs reinknien gehört. Man paare gesanglich Leute wie Joe Cocker, Johnny Reid und JJ Grey, kombiniere dazu Southern-Country-Musik à la Skynyrd, Doc Holliday, Dirty Guv’nahs, Billy Ray Cyrus oder James Otto, dezent vermengt mit ein paar klassischen Interpreten wie Bob Seger, Bruce Springsteen oder John Mellencamp und man erhält die Musik, die hier auf „American Dreamer“ perfekt inszeniert und gebündelt wurde. Geht es noch besser? Aus meiner Sicht nur ganz schwer! Meine absolute Hochachtung, Chris Weaver! Ich träume bzw. fiebere schon dem nächsten Werk entgegen!

P. S.
Danke auch an Executive Producer und Manager Jeff Catton für die umgehende und unproblematische Bemusterung.

American Roots Records (2013)
Stil: New Country

01. Gravy Train
02. Raise The Dead
03. American Dreamer
04. California High
05. Guarantee To You
06. Without Chains
07. Givin‘ It Up
08. I Should Have Said That
09. Time Has Wings
10. Nothing More

Bonus Tracks:
11. Want It
12. I Should Have Said That (Acoustic)

Chris Weaver Band
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InTune Entertainment

Lady Antebellum – Own The Night World Tour – DVD-Review

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Ich verfolge und begleite das musikalische Treiben von Lady Antebellum bereits seit ihrer Debüt-CD aus dem Jahr 2008 und besitze auch bis auf das Weihnachtsteil (das bei dieser Beleuchtung auch außen vor bleibt) alle ihre bisherigen Werke. Ähnlich wie bei Keith Urban war mir von Anfang an klar, dass das Trio, vor allem was sein kommerzielles Potenzial anbelangt, zu Höherem auserkoren ist.
Hoch anerkennen muss man, dass Hillary Scott, Charles Kelley und Dave Haywood sich, im Gegensatz zu den meisten Top-Acts der New Country-Szene, nicht darauf verlassen, dass ihr Label die Brieftasche zückt und eine Auswahlliste an eventuellen Hitsongs von arrivierten Songwritern der Branche zur freien Verfügung präsentiert, sondern in diesem Bereich auf eigene Qualitäten vertraut.

Zur Hilfe kommen der Dame und den beiden Herren zum Einen die musikalischen Gene (alle stammen, wie bei den Amis so oft, aus musikbegeisterten Familien, Hillary Scott ist Tochter der in Nashville ebenfalls bekannten Countrysängerin Linda Davis, Charles‘ Bruder Josh Kelley ist ebenfalls ein erfolgreicher Musiker und Songwriter) und zum Anderen die im Country-Mekka seit der Auflösung von Trick Pony relativ rare Konstellation von zwei Männern und einer Frau.

Mit ihrem 2. Album „Need You Now“ und dem gleichnamigen Titelstück katapultierten sich Lady Antebellum dann rekordverdächtig in die Eliteregionen des New Country-Business und auch darüber hinaus. Sie räumten gleich fünf Grammys neben unzähligen anderen Auszeichnungen ab.
Im Jahr 2011 erschien das berühmt schwierige dritte Album „Own The Night“ (vor allem nach so einem Megaseller zuvor), das aber ebenfalls Platz 1 der Countrycharts erklomm und sich noch immer unter den Top-25 hält. Im Rahmen unserer heutigen schnelllebigen und oft auch unkalkulierbaren Zeit sowie des manchmal schnell vergänglichen Ruhmes, war es sicherlich jetzt die richtige Entscheidung, die Band angesichts ihrer letztjährigen Welttournee als Headliner auch live mittels einer DVD zu porträtieren.

Präsentiert wird nicht ein reiner Konzertmitschnitt, sondern ein Konzertfilm, was in diesem Fall bedeutet, dass praktisch zu/vor jedem Song kleine Episoden aus dem einstigen und derzeitigen Leben des Dreiers und um die Tournee herum gezeigt werden. Das ist jetzt nichts weltbewegend Neues, bringt aber doch ein wenig Abwechslung und mehr Backgroundwissen zur Band in die Sache.

Schön wird vor allem der rasante Aufstieg vom mit einem PKW durch die Coffee-Shops und kleinere Locations im Lande tingelnden Trio zu einem große Hallen füllenden Wirtschaftsimperium mit 80 Mitarbeitern samt vierzehn Equipment-Bussen dargestellt. Interessant auch die Ausschnitte, wo sie beim Songwriting gezeigt werden und sich und ihre Mitmusiker mal fernab der Vorgaben bewegen.

Das musikalische Talent des Trios zeigt sich besonders bei einem Ausschnitt aus einer Promotion-Veranstaltung, angehängt in den Bonus Features. Da bringen sie Stücke wie „Need You Now“, „Run To You“ oder „American Honey“ unplugged und demonstrieren ihre musikalische Klasse in reinster Form.
Das Konzert selbst erweist sich angesichts des fortwährenden Duett-Gesangs und des unweigerlichen Gefühlskinos (etliche Herz-/Schmerz-Balladen) auf die Dauer doch ein wenig anstrengend. Man wird förmlich von Klischees (u. a. Kind auf die Bühne zum Mitsingen geholt) und Euphorie überschüttet (auch der Protagonisten), aber wer will es ihnen auch angesichts des überwältigenden Erfolges verdenken? Auch die Countrynote wird aufgrund der fehlenden genre-typischen Instrumente wie Fiddle, Steel & Co. zu Gunsten der noch massenkompatibleren Pop-Rock-Variante so gut wie außer Acht gelassen. In dieser Hinsicht bekommt man auf den Alben doch wesentlich mehr geboten.

Die Höhepunkte sind hier aus meiner Sicht die eher rockigen Sachen („Love Don’t Live Here“, „Our Kind Of Love“ oder „Lookin‘ For A Good Time“), wo dann auch die guten Gitarristen Jason ‚Slim‘ Gambill und Clint Chandler mal aus sich herausgehen können. Stark und für mich der heimliche Star der Veranstaltung, Hillary Scotts Ehemann Chris Tyrell, der am Schlagzeug eine unglaublich kraftvolle (auch bei den Balladen) und engagierte Performance abliefert.

Das absolute Highlight der DVD befindet sich für mich persönlich im Bonusteil der DVD und zwar die Unplugged-Cover-Vorstellung vom Doobie Brothers-Klassiker „Black Water“ (mit integriertem „Midnight Rider“) durch das Trio samt der Begleitband und den als Support-Gästen auf die Bühne geladenen Darius Rucker (Sänger und Bandleader von Hootie & The Blowfish, mittlerweile auch als Solokünstler in Nashville ungemein erfolgreich) und Thompson Square. Was hier gebracht wird, ist ganz große Gesangskunst. tolle unterschiedliche Stimmcharaktere, interessante Verschachtelungen, herrliche Harmonien, lockeres Musizieren – grandios!

Ach ja, und dann wär noch die Sache von Lady Antebellum und ihrer Tischtennis-Passion. In einigen der kleinen Zwischenepisoden sieht man, dass eine Tischtennisplatte zum unverzichtbaren Begleitequipment der Band avanciert ist und vor allem von Charles Kelley und Dave Haywood stark frequentiert wird. Ihr Können bezüglich dieser Sportart ist jedoch noch als stark ausbaufähig zu bewerten, wer anders als ein ehemaliger langjähriger Bundesligaspieler wie ich sollte das wohl besser beurteilen können? Falls erwünscht, können beide – im Hinblick auf zukünftige Deutschland-Auftritte – natürlich gerne exklusive Trainerstunden zu günstigen Konditionen unter dan@sounds-of-south.de bei mir buchen…

Eagle Rock Entertainment (2012)
Stil: New Country

01. We Owned The Night
02. Stars Tonight
03. Love Don’t Live Here
04. Just A Kiss
05. Dancin‘ Away With My Heart
06. Our Kind Of Love
07. Perfect Day
08. American Honey
09. Hello World
10. Wanted You More
11. I Run To You
12. Lookin‘ For A Good Time
13. Need You Now

Bonus Songs:
14. Good Life
15. Love’s Lookin‘ Good On You

Lady Antebellum
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Eagle Rock Entertainment
Black Mamba Promotion

Mark Wills – Loving Every Minute – CD-Review

Wills

Er sieht wirklich aus wie der nette, hilfsbereite Junge von Nebenan, einfach sympathisch und seriös. Der typische Schwiegermuttertraum. Die Rede ist von Mark Wills. Und so ähnlich würde ich auch seine zweite, mir jetzt bekannte (nach „Permanently“) CD musikalisch umschreiben.

Wer hier die berühmten Ecken und Kanten sucht, ist sicher fehl am Platze. Wir befinden uns in der New-Country-Pop-Abteilung, allerdings auf recht hohem Niveau, wie ich meine. Die Songs, allesamt Fremdkompositionen, sind, ähnlich wie bei Tim McGraw, mit Bedacht ausgewählt, und dem Titelträger des „Top New Male Vocalist“ von 1999 der „Academy Of Country Music“ auf den Leib geschnitten.

Wunderschöne Melodien, zusammengesetzt aus klarem Piano, fein gespielten Akustik- und Rhythmusgitarren, hier und da ein schönes E-Gitarrensolo, dazu ein bisschen Steel und Gefiddel, dienen als Grundlage, auf der sich Marks Stimme einfühlsam entfalten kann. Keine Note bleibt dem Zufall überlassen, die musikalische Qualität wird vom ersten bis zum letzten Stück gehalten.

Irgendwo fällt es mir deshalb auch schwer, den einen oder anderen Song explizit herauszuheben. Hitverdächtig vielleicht am ehesten das Titelstück „Loving Every Minute“ und „I’m Not Gonna Do Anything Without You“ (Duett mit Jamie O’Neal).

Die Scheibe dürfte ideal für kalte, verregnete Herbst- und Winterabende sein, wo man sich gemütlich auf der Couch in eine Decke kuschelt und mit einem Gläschen Wein bei gedämpftem Licht, einfach mal abschalten möchte.
Bei dem tollen Aussehen und dem konstanten Erfolg des Künstlers, möge man sich eventuell fragen, ob es auch dunkle Seiten im Leben des Mark Wills gäbe, etwaige Frauengeschichten oder so zum Beispiel.

Aber auch hier Fehlanzeige. Der gute Mann ist seit 1996 verheiratet und glücklicher Vater einer dreijährigen Tochter. Ein Musterknabe eben – nicht wahr?

Mercury Records (2001)
Stil: New Country

01. Loving Every Minute
02. One Of These Days
03. In My Heaven
04. Back On Earth
05. I Hate Chicago
06. Universe
07. Somebody
08. I’ll Be Around
09. Lost In A Kiss
10. The Balloon Song
11. Love Can’t
12. I’m Not Gonna Do Anything Without You

Mark Wills
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Bärchen Records

Various Artists – Southern Rock Country Style – CD-Review

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Schön, dass es auch andere Menschen gibt, die das genauso sehen. Ralph Sall beispielsweise ist so einer. Dem ist es jedenfalls gelungen, für diese Kompilation eine ganze Horde namhafter New-Country-Performer wie Collin Raye, Mark Chesnutt oder Trace Adkins, sowie mit das Who-Is-Who der Nashville-Studiomusiker (u. a. Larry Byrom, Reggie Young, Paul Franklin, Steve Nathan, Paul Leim und Stuart Duncan) zu verpflichten. Gut, man kann sich eventuell über den Sinn und Zweck dieser mittlerweile in Mode geratenen Sampler den Kopf zerbrechen, aber in diesem Fall, denke ich, passt alles ganz gut zusammen.

Angesichts des organisatorischen Umfangs eines solchen Projektes ist es natürlich verständlich, dass man bei der Auswahl der Stücke verkaufstechnisch auf der sicheren Seite stehen wollte. So hat man hier größtenteils den Fokus auf die großen Klassiker der bestimmenden Bands des Southern-Rock der ersten Generation, Allman Brothers (2x), Lynyrd Skynyrd (3x), Outlaws (1x) und Marshall Tucker Band (2x) gelegt.

Das macht schon die Hälfte der Tracks aus. Es gibt aber auch kleinere Überraschungen, wie „Keep Your Hands To Yourself“ von den Georgia Satellites, „Hold On Loosely“ von 38 Special oder „Jealous Again“ von den Black Crowes, die man vielleicht nicht unbedingt erwartet hätte. Dank der Klasse der beteiligten Akteure und der modernen, knackigen Präsentation, wirken die Stücke, obwohl hier relativ nah an den Originalen gearbeitet wurde, irgendwie viel lebendiger. So richtig zerpflückt wurde eigentlich kein Song, was zum Teil auch manchmal den Reiz eines Covers ausmacht. Eine Bluegrassversion von „Beatin‘ The Odds“ oder „Boogie No More“ wäre doch klasse gewesen, oder nicht?

Da sind wir auch schon bei den Bands, deren Tribute ich hier vermisst habe. Molly Hatchet, Doc Holliday, Atlanta Rhythm Section oder die Johnny Van Zant Band, die vielleicht den Spielraum für etwas waghalsigere Interpretationen gelassen hätten. Daneben gelegen hat hier eigentlich nur Jimmy Wayne bei „Midnight Rider“. Trotz interessant introvertiertem Vortrag Marke J.J. Cale und starker Backgroundleistung von Anita Cochran, kann er mit seiner dünnen, hellen Stimme gegen Gregg Allmans Röhre einfach nicht anstinken.

Besagte Anita Cochran zählt dann als Frontfrau mit ihrem bissigen Gesang beim MTB-Klassiker „Can’t You See“, ähnlich wie Wynonna auf dem Skynyrd-Sampler, zu den auffälligen Darstellern. Nashvilles Balladenkönig Mark Wills ist natürlich prädestiniert für den Elvin-Bishop-Herzensbrecher „Fooled Around And Fell In Love“. Herausragend Gregg Arreguins Gitarrenspiel beim technisch schwierigen „I Know A Little“, das sich Trace Adkins ausgesucht hatte. Auch die neue Version von „Tuesday’s Gone“ von Hank Williams jr.(war auch auf dem Skynyrd-Tribute) hat durch die Einbindung von Gary Rossington viel mehr Atmosphäre.

Richtigen Bums haben die letzten drei Nummern „Train, Train“ von Jeff Carson (richtig fetzig), „Hold On Losely“ von Dusty Drake (fast keine Countryelemente),und das abschließende „Jealous Again“ von Brad Wolf (schöner, dreckiger Rock, mit tollen Pianoeinlagen). Neben den Credits durch Organisator Ralph Sall beinhaltet das ausführliche Booklet noch kurze, weltbewegende Statements aller beteiligten Hauptakteure (Charlie Daniels). Ronnie, this is for you, Mark Wills. I have always been a fan of Southern Rock, Trace Adkins. Writers, musicians, politicians, preachers, women and rock- all my favourites are Southern, Neal McCoy. Being from the South, I’ve listened to Southern Rock all my life…).

Insgesamt jedoch eine schöne, lockere und abwechslungsreiche Geschichte, die man ohne weiteres mal ab und zu diversen Anlässen in den Player einschieben kann, so dass einem das aufwendige Rauskramen der alten Schinken erspart bleibt. Ein Muss für New-Country- und Südstaaten-Rockfans gleichermaßen! Und man hat als Southern-Rock-Sammler natürlich die Genugtuung inbegriffen, auch die 2.365ste Fassung von „Sweet Home Alabama“ zu besitzen…

Bulletproof Recording Company, Inc. (2005)
Stil: New Country / Southern Rock

01. If You Wanna Get To Heaven – Tracy Byrd
02. Sweet Home Alabama – Charlie Daniels
03. There Goes Another Love Song – Collin Raye
04. Heard It In A Love Song – Mark Chesnutt
05. Midnight Rider – Jimmy Wayne
06. Keep Your Hands To Yourself – Billy Currington
07. I Know A Little – Trace Adkins
08. Fooled Around And Fell In Love – Mark Wills
09. Amie – Brian McComas
10. Ramblin‘ Man – James Otto
11. Tuesday’s Gone – Hank Williams jr.
12. Can’t You See – Anita Cochran
13. Keep On Smilin‘ – Neal McCoy
14. Train, Train – Jeff Carson
15. Hold On Loosely – Dusty Drake
16. Jealous Again – Brad Wolf

Bärchen Recordssic

Lee Ann Womack – Greatest Hits – CD-Review

Womack

Ob zwei neue Titel als Kaufargument bei der Anhängerschaft von Lee Ann Womacks „Greatest Hits“-Album ziehen werden, bleibt abzuwarten. Für mich, der nur ein paar Videoclips von ihr kennt, und den Rest der Leute ist dies sicherlich ein ansprechender Rückblick auf eine sieben Jahre anhaltende und erfolgreiche Karriere mit bislang vier veröffentlichten CDs.

Nicht nur stimmlich entdecke ich relativ viele Ähnlichkeiten zum – auch vor einiger Zeit herausgekommen – gleichnamigen Album von Jo Dee Messina; allerdings hat dieses Werk doch die etwas stärkeren Songs in der Spitze aufzuweisen.

Im Zentrum natürlich die phänomenale „Single Of The Year“ beim Country Music Association Award 2000 „I Hope You Dance“, ein perfekter Brückenschlag zwischen moderner New-Country- und anspruchsvoller Pop-Musik. Noch ein wenig besser gefällt mir der Rodney Crowell-Song (dessen Live-Qualitäten durfte ich neulich beim empfehlenswerten jährlichen „Blue-Highway-Festival“ im holländischen Utrecht bewundern) „Ashes By Now“, wobei die CMA-Sängerin des Jahres 2001 ihr ganzes Temperament einfließen lässt.

Eine weitere Pop-Perle stellt „Worth Leaving Behind“ dar, das atmosphärisch mit Streichern im Stile der Corrs in Szene gesetzt ist und klasse E-Gitarrenparts enthält. Relativ relaxt kommt das Duett mit der kauzigen Country-Legende Willie Nelson daher, das auch auf seiner von mir bereits beleuchteten CD „The Great Divide“ zu finden ist. Stammt übrigens aus der Feder von Elton John-Spezi Bernie Taupin.

Nicht zu vergessen natürlich die beiden neuen Songs unter der Regie von Tim McGraw-Producer Byron Gallimore. Super knackig aufgenommen, toll instrumentiert und voller Energie. Man merkt, dass dieser Wechsel die hübsche bodenständige Künstlerin, die den Balanceakt zwischen Familienmutter (zwei Töchter, verheiratet mit Produzent Frank Liddell) und Superstar so schwerelos zu meistern scheint, noch einmal beflügelt.

Ob ihr nächstes Album auf diesem Niveau durchgehend präsentiert werden kann, dürfte die spannende Frage der nächsten Zeit sein. Wenn ja, kann Lee Ann Womack schon mal damit beginnen, sich über die Garderobe für die dann anstehenden Awards Gedanken zu machen…

MCA Nashville (2004)
Stil: New Country

01. Never Again, Again
02. You’ve Got To Talk To Me
03. The Fool
04. A Little Past Little Rock
05. (Now You See Me) Now You Don’t
06. I’ll Think Of A Reason Later
07. I Hope You Dance
08. Ashes By Now
09. Why They Called It Falling
10. Something Worth Leaving Behind
11. Mendocino County Line
12. Does My Ring Burn Your Finger
13. The Wrong Girl
14. Time For Me To Go

Lee Ann Womack
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Bärchen Records

Wynonna – What The World Needs Now Is Love – CD-Review

Wynonna

Wynonna is back! Und wie! Nach drei Jahren Abstinenz meldet sich die rothaarige Diva mit einem furiosen Album namens „What The World Needs Now Is Love“ und in absoluter Bestform zurück.

Trotz unzähliger Erfolge (über zwanzig Millionen verkaufter Tonträger mit ihrer Mutter Naomi als Duo The Judds, dutzende Auszeichnungen und Preise, mit über fünf Millionen verkauften Exemplaren ihres gleichnamigen Debüt-Soloalbums, Rekordhalterin für eine weibliche Künstlerin der Szene, weitere Gold- und Platinalben, etc.) scheint ihr Hunger immer noch nicht gestillt zu sein. Gott sei Dank!

Die CD startet sofort mit einem Killerhit. „What The World Needs“ ist für mich einer der unglaublichsten und perfektesten Rockpop-New-Countrysongs, den ich bisher gehört habe, seitdem ich mich für dieses Genre zu interessieren begonnen habe. Guter Text, Wynonnas klare, frische und angriffslustige Stimme, John Willis glänzend relaxtes Akustik- und Banjospiel, Yonathan Yudkins temperamentvolle Fiddleeinsätze, Paul Franklins dezente Steelgitarre, geile Gitarreneinlagen von Tom Bukovac und Gordon Kennedy, sowie herrliche Tempiwechsel und energiegeladene Backgrounds, machen diesen Titel zu einem Sahneteil. Einfach toll. Hier stimmt wirklich alles.

Nach der stark streicherunterlegten Bombastballade „Heaven Help Me“ schielt Wynonna dann mal kurz bei „It All Comes Down To Love“ zu Kollegin Shania Twain rüber. Ein starker Country-Popsong mit knackigen Drums, tollem Gitarrensolo und leicht karibischem Einschlag; da kriegt man wieder richtig Lust auf Sonne, Strand und kühle Cocktails, ne Gute-Laune-Nummer.

Bei Stück Vier gibt es eine kleine Judds-Reunion, danach schon der nächste Knaller. Das Fundament von „I Will Be“ bildet ein funkig relaxt dahin groovender, halbakustischer Rhythmus, der durch Wynonnas unnachahmliche Stimme, begleitet von klirrenden E-Gitarren beim Refrain vulkanausbruchartig abgelöst wird. Dazu gibt es noch ein Traum-Leadsolo von Dann Huff.

Und wenn sich die exzentrische Lady an echte Rockklassiker wagt, kann man absolut sicher sein, dass da was ganz besonderes herauskommt. Schon auf dem „Skynyrd Frynds“-Sampler bewies sie, wie man so ein mittlerweile angestaubtes Stück wie „Free Bird“ modern aufpeppen kann. Damals sorgte ein bravourös aufspielender Dann Huff für den Farbtupfer im angenehm verkürzten Soloteil des Liedes. Diesmal holte sie sich für Foreigners Welthit „I Want To Know What Love Is“ die britische Gitarrenlegende Jeff Beck mit ins Boot. Auch diese Version stellt das Original um Längen in den Schatten, es klingt einfach frischer und zeitgemäßer. Stark gemacht und mit Gänsehautgarantie!

Ein stampfender Rockrhythmus begleitet „It’s Only Love“, die Halbballade „Sometimes I Feel Like Elvis“ beinhaltet tolle Gitarren- und Steelelemente. Im Eric Clapton-Unplugged-Stil rauscht bedächtig die Nummer „Who Am I Supposed To Love“ an einem vorbei. Ins Schwärmen gerate ich dann wieder beim flockigen Midtempostück „Your Day Will Come“. Herrlich akustische Gitarren, schöne Mandolinenklänge, Super-E-Solo und eine wunderbare Melodie, bei der Wynonnas Stimme wie ein klarer Gebirgsbach in malerischer Umgebung wirkt.

Im Roadhouse-Rockstil einer Eve Selis lässt es die Protagonistin dann noch mal richtig abgehen, bevor zwei ruhigere Lieder ein phantastisches Album ausklingen lassen. Für mich persönlich das Highlight des Jahres!
Dazu gibt es noch ein poppig gestaltetes, umfangreiches Cover mit allen Texten und vielen Bildern der Künstlerin.

Man kann nur hoffen, dass die Gute auch in Zukunft noch weitere Asse dieser Art aus dem Ärmel zaubern wird. Die Welt mag vielleicht mehr Liebe brauchen, die New-Countrymusik braucht Wynonna!

Curb Records (2003)
Stil: New Country

01. What The World Needs
02. Heaven Help Me
03. It All Comes Down To Love
04. Flies On The Butter (You Can’t Go Home Again)
05. I Will Be
06. I Want To Know What Love Is
07. It’s Only Love
08. Sometimes I Feel Like Elvis
09. Burnin‘ Love
10. Who Am I Supposed
11. Your Day Will Come To Love
12. (No One’s Gonna) Break Me Down
13. You Are
14. Rescue Me

Wynonna
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Bärchen Records

Rascal Flatts – Me And My Gang – CD-Review

4. Studio-Album des mega-erfolgreichen Trios! Ihr Vorgänger hat eigentlich schon alle Erfolgs-Superlative gebrochen (3x Platin) und hat auch jetzt noch, zwei Jahre nach Erscheinen, ein Dauer-Abonnement in der Country-Chart-Spitze gebucht, allerdings mit mittlerweile langsam schleichender Tendenz nach unten. Das hat das erfolgverwöhnte Label der Jungs natürlich längst erkannt. Also ein recht günstiger Zeitpunkt, um jetzt mit neuer Kraft den nächsten Chartbreaker der Band zu etablieren. Und so hat die vorgezogene Single-Askoppelung „What Hurts The Most“ bereits schnurstracks wieder den obersten Tabellenplatz der Billboard-Singles Country-Charts erklommen. Hellseherische Fähigkeiten braucht man nicht zu besitzen, auch ihr neues Album „Me And The Gang“ wird in den nächsten Wochen mit Sicherheit die Top 3 angreifen, denn es besitzt wiederum zweifellos alles, was den Vorgänger so stark machte. Ja, man kann sogar sagen, dass man im Prinzip, wen verwundert es, der eingeschlagenen Linie treu geblieben ist. Lediglich der Produzentenstab Mark Bright und Marty Williams wurde ausgetauscht und durch Dann Huff neu besetzt.

Songwriter, Musiker, und die Art der Zusammenstellung der Stücke sind im Großen und Ganzen nahezu identisch geblieben und perfekt auf das Trio abgestimmt worden. Das Image der einst belächelten Boygroup ist längst Schnee von gestern. Nicht zuletzt ein Verdienst von Sänger Gary Levox, dessen vokale Leistung sich mittlerweile zu einer echten, unverwechselbaren Charakterstimme gemausert hat. Auch seine Partner Jay Demarcus (Bass) und Joe Don Rooney (Gitarre) haben sich zu ernstgenommen Songwritern und Musikern entwickelt. Nicht von ungefähr sind sie kompositorisch und instrumentell erheblich involviert worden, was angesichts der klingenden, beteiligten Namen (Jeffrey Steele, Neil Thrasher, Jason Sellers, Michael Dulaney etc. / Dann Huff, Tom Bukovac) in diesem Zusammenhang von Qualität zeugen muss. Auch die Stückzahl von 13 Liedern mit einer Spielzeit von über 50 Minuten läst nichts zu wünschen übrig.

„Stand“ und die bereits erwähnte Single „What Hurts Most“ beeindrucken sofort wieder durch ihre tolle Melodik, der starken, emotionalen Gesangsperformance von Levox und den traumwandlerisch sicheren Instrumentaleinlagen der Nashville-Star-Musiker. Beide mit gewohntem dynamisch kraftvollem Pop-Einfluss, wobei countrytypische Instrumentalfills (Fiddle/Banjo/Steel/Mandoline) nebst schönen E-Gitarren-Soli stets präsent bleiben. Diese Songstrukturen erleben wir dann mit kleinen Ausnahmen (die es allerdings in sich haben) im Wechsel zwischen balladesk und Midtempo, kombiniert mit satten Power-Refrains, inklusive sauberer, ausgefeilter Harmoniegesänge, im kompletten Verlauf des Werkes immer wieder. Kommen wir zu den Ausnahmen: „Backwards“ beispielsweise startet mit einem starken, gospelmäßigen, Piano-unterlegten Gesangs-Intro Levox’s der Sorte „We Shall Be Free“ vom einstigen „Marktführer“ der Gilde, Garth Brooks, um anschließend in einen furiosen traditionellen, temporeichen Countryabräumer der Marke „Power-Entertainment pur“ zu mutieren. Fetziger Sprech-Speed-Gesang und die typische Art von Song, mit dem der Megastar einst ganze, ausverkaufte Stadien in Wallung brachte. Klasse!

Pläne für den nächsten Karibik-Urlaub darf man bei „Yes I Do“ schmieden. Ein herrlich relaxter, riffiger E-Gitarren-Reggae-Rhythmus harmoniert prächtig mit countryadäquaten, unaufdringlichen Steel- und Fiddle-Fills. Die Krönung ist ein sonniges E-Gitarren-Solo von Dann Huff. Der Titelsong „Me And My Gang“ schwimmt dann ein wenig mit auf der Erfolgswelle von Big & Rich: Leicht angerappter Strophen-Sprechgesang, gefolgt von einem country-rockigem Refrain und „Hey Jude“- mäßigen „Nanana“- Harmonies. Auch hier wird eindrucksvoll bewiesen, wie unterschiedliche Musikstile durchaus perfekt harmonieren können. Die beiden Endnummern „Elsworth“ und „He Ain’t The Leavin’ Kind“ bestechen durch nachdenkliche Texte und dazu passende, emotional zurückhaltende, musikalische Improvisation. Wer den Vorgänger „Feels Like Today“ mochte, wird um dessen Nachfoger „Me And My Gang“ erst recht nicht herum kommen. In keinster Weise! Das ist, ähnlich wie bei Keith Urban, immer reifer wirkender Mainstream-New-Country-Pop(-Rock) der feinsten Sorte einer der Top-Chart-Acts in Nashville’s! Garantiert der nächste Platin-Erfolg!

Lyric Street Records (2006)
Stil: New Country

01. Stand
02. What Hurts The Most
03. Backwards
04. I Feel Bad
05. My Wish
06. Pieces
07. Yes I Do
08. To Make Her Love Me
09. Words I Couldn’t Say
10. Me And My Gang
11. Cool Thing
12. Ellsworth
13. He Ain’t The Leavin‘ Kind
14. Life Is A Highway

Rascal Flatts
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Jon Randall – Walking Among The Living – CD-Review

Jon

Endlich hat es geklappt, wenn auch mal wieder mit deutlicher Verzögerung, infolge ständiger Verschiebungen des Veröffentlichungstermins seitens der Plattenfirma: Jon Randalls drittes Werk „Walking Among The Living“ ist ab sofort lieferbar! Ein wunderbares Teil! Ein herrlicher Erguß relaxt dahinfließender, sehr melodischer, traditionell verwurzelter Countyrmusic mit dezenten, zeitgemäßen, leicht rootsigen Americana-Bezügen, umhüllt von großartigen, lockeren semi-akustisch/-elektrischen Arrangements! Jon bekam sein musikalisches Talent praktisch mit in die Wiege gelegt. Beide Elternteile waren begeisterte Bluegrass-Musiker. So kam es, dass dem Sohnemann bereits mit 6 Jahren die erste Gitarre in die Hand gedrückt wurde.

Nach dem High School-Abschluss zog Jon von Dallas nach Nashville und gründete zunächst die recht kurzlebige Band „Prairie Dogs“, bevor er als Gitarrist von Holly Dunn angeheuert wurde. Kurze Zeit später wurde eine gewisse Emmylou Harris auf seine außergewöhnlichen Fähigkeiten als Gitarrist und Sänger aufmerksam, die ihn kurzerhand für ihre damalige, wahrhaft hochkarätig besetzten Band, die „Nash Ramblers“ engagierte, u. a. zusammen mit Sam Bush (Fiddle und Mandoline), der jetzt heuer wieder bei „Walk Among The Living“ mit an Bord ist. 1995 erhielt er dann schließlich seinen ersten Plattenvertrag als Solo-Interpret! Randalls vollständiger Name (richtig Jon Randall Stewart) wurde aber seitens des Labels gekappt, da zur gleichen Zeit diverse Stewarts (Larry, Lisa, Gary und Marty) ebenfalls Veröffentlichungen auf den Markt brachten. Sein Debüt „What Don’t You Know“ erschien noch im gleichen Jahr, enthielt jedoch trotz seiner Songwriter-Ambitionen nur einen eigenen Track. Danach sollte es dann erst mal nicht so gut laufen.

Randall spielte mit der attraktiven Lorrie Morgan, ein Duett für sein geplantes Nachfolgewerk „Great Day To Be Alive“ ein , das aber vom Label gecancelt wurde (der Song wurde dann ein Hit für Travis Tritt). Auch die anschließende Ehe mit Lorrie hielt nur zwei Jahre! Sein nächstes, geplantes Album „Cold Coffee Morning“ fiel dann sogar der Finanzschwäche seines damaligen Labels zum Opfer und ist bis heute nie veröffentlicht worden. Doch 1999 klappte es dann wieder mit einer neuen CD, und zwar mit dem von der Kritikergilde hoch gelobten Album „Willin’“ – trotz seiner beachtlichen Klasse jedoch leider wieder ohne nennenswerten kommerziellen Erfolg. Jon schloss sich anschließend einem seiner „Heroes“ an, dem bereits erwähnten Sam Bush, dessen ehemalige Newgrass-/Bluegrass-Truppe, die legendären „New Grass Revival“ (sehr erfolgreich in den späteren Achtzigern – dort spielten auch die Banjo-Ikone Bela Fleck und John Cowan am Bass – und auch die tauchen bei diesem Album wieder auf), Randall als einen seiner größten musikalischen Einflüsse bezeichnet. Es folgten noch einige Duette mit Patty Loveless, u. a. ein Song auf dem Louvin-Brothers-Tribute-Album, der sogar einen Grammy einheimste zusammen, im Jahre 2003 eine Tour mit Earl Scruggs, u.s.w.!

Er konzentrierte sich wieder verstärkt auf das Songwriting, fand ein neues Label-Zuhause, und schließlich war mit „Walking Among The Living“ endlich mal wieder ein neues Album fertig! Und, um es vorweg zu nehmen, das Warten hat sich richtig gelohnt! Randell ist ein bärenstarkes, recht ruhig und traditionell gehaltenes Werk gelungen, das sowohl akustisches, dem Bluegrass nahestehendes Material enthält, als auch jede Menge durch elektrische Instrumente ergänzte, flockige Countrysongs. Von Langeweile keine Spur! Dafür sorgen recht flott abgehende Nummern wie die Single „Baby Won’t You Come Home“, das leicht bluesige, mit schöner Harp verzierte „Austin“, der rhythmische Countryrocker „Coming Back For More“ (klasse E-Gitarre und Akustik-Slide-Einlage), oder das fröhliche „My Life“ am Ende der Scheibe, wo im Stil der Del McCoury Band beim abschließenden Instrumentalteil ein kleines Bluegrass-Feuerwerk aus Akustikgitarren, Fiddle, Banjo und Mandoline gezündet wird. Tolle Uptempo-Nummer!

Auch das Titelstück macht richtig Laune. Hier stoßen Bluegrass-Power und so etwas wie ein unterschwelliges U2-Flair aufeinander. Hervorragend auch die entspannteren Lieder wie „Long Way Down“ (sehr Vince Gill ähnelnd), „Whiskey Lullaby“ (war ja schon von Brad Paisley ein toller Song, doch Jon Randall hat ihn zusammen mit Bill Anderson geschrieben), “ Lonely For Awhile“, oder „No Southern Comfort“ (Allison Krauss: Background Vocals), wo man einfach nur Randalls ungemein angenehme Tenor-Stimme, sowie die tollen Musikerleistungen genüsslich auf sich einwirken lassen sollte. Großartig! Bei manchen seiner Texte (im umfangreichen Booklet beigefügt) hat man im übrigen irgendwie den Eindruck, dass Jon an der Geschichte mit Lorrie Morgan noch immer ein wenig zu knacken hat. Wie dem auch sei: Er hat sich mit einem saustarken Album eindrucksvoll zurückgemeldet! Wundervolle Countrymusic zum Genießen!

Epic Records (2003)
Stil: New Country

01. Baby Won’t You Come Home
02. In The Country
03. North Carolina Moon
04. Somebody Else
05. Long Way Down
06. Whiskey Lullaby
07. Austin
08. I Shouldn’t Do This
09. Reprise For Somebody Else
10. Coming Back For More
11. Lonely For Awhile
12. Walking Among The Living
13. No Southern Comfort
14. My Life

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