Faith Hill – Fireflies – CD-Review

In Sachen Faith Hill können wir mit zwei Nachrichten aufwarten. Einer Guten und noch einer Guten. Zum einen ist der weibliche Superstar (fünf Mehrfach-Platin-Alben, neun Nr. 1 Hits , mehrfache Grammy Gewinnerin) von ihrem Ausritt in bombastische Pop-Gefilde endlich wieder in heimatliche, „richtige“ (New) Country-Gefilde zurückgekehrt, zum anderen ist ihr nach fast dreijähriger Pause mit ihrem sechsten Silberling „Fireflies“ dabei auch noch eine solch starke Scheibe gelungen (vielleicht ist es sogar ihr bestes Album bis dato überhaupt), die zweifellos jede Menge Fans, die sich erbost von ihr abgewendet hatten, wieder zurück ins Boot holen wird.

Produziert hat Faith einmal mehr mit Dann Huff, mit dabei am Mischpult aber auch der etatmäßige Weggefährte ihres Ehemanns Tim McGraw, Byron Gallimore! Beim Durchblättern des umfangreichen Bookletts (mit allen Texten) fällt sofort auf, dass Faith bei der Auswahl der vielen exzellenten Songschreiber (u. a. The Warren Brothers, Rivers Rutherford, Darrell Scott, Craig Wiseman) diesmal insbesondere auf zwei Komponisten gesetzt hat. Mit John Rich (Part des angesagten und im Moment mega erfolgreichen Duos Big & Rich) und der zierlichen Americana-Singer/Songwriterin Lori McKenna wurden fast die Hälfte der 14 neuen Stücke abgedeckt, die sich trotz ihrer unterschiedlichen Ansätze wunderbar ins Gesamtgefüge des Albums integrieren.

Rich ist naturgemäß mehr für die lockere Gangart der Lieder verantwortlich, während McKenna der textlich anspruchsvolleren Note Genüge tut, aber auch erstaunlich schöne Melodien damit verbindet. Dazu sind sämtlich Songs, ob knackiger New Country oder traditionell verwurzelte, herrlich dahin fließende, entspannte Nummern in wunderbare, reine Arrangements verpackt. Das ist logischerweise nicht zuletzt ein Verdienst der, wie immer, überragend agierenden Musiker. Bis in die kleinsten Ecken, und gleich mehrfach, ist jedes Instrument mit den absoluten Könnern des Genres besetzt worden.

Wenn man sich allein die Liste der Background-Sängerinnen und -Sänger einmal anschaut, wird einem ganz flau im Magen. Vom Vulkan Bekka Bramlett, über Wes Hightower, Rhonda Vincent, Kelly Willis, Bret Warren, Perry Coleman, Lisa Cochran und einigen anderen, bis hin zu ihrem Gatten Tim McGraw reicht die Liste – alles absolute Hochkaräter. Letztgenannter „haucht“ bei der romantischen, aber kraftvollen Ballade „Like We Never Loved Before“ (aus der Feder von John Rich) so unnachahmlich dazwischen, dass dieser Song durchaus die Nachfolge des einst so erfolgreichen Duetts der beiden „It’s Your Love“ antreten könnte.

Als erste Single wurde jedoch „Mississippi Girl“ ausgewählt, auf „Fireflies“ nach dem, wie es der Titel schon verspricht, flockigen Sommersong „Sunshine and Summertime“ (getragen von einem relaxten Banjospiel), der das Werk mit angenehmer Temperatur eröffnet, als zweiter Song platziert. „Mississippi Girl“, ist ein knackiger, flotter Song mit leichtem Southern-Flair, durchsetzt von den schönen, rockigen Gitarrenriffs eines Tom Bukovacs, klasse Mandolinen-Begleitung von Darrell Scott, einem kleinen E- und Steel- Gitarren-Schlagabtausch der Herren Huff und Dugmore, dazu dezente Akkordeon-Untermalung von Tim Lauer! Das Stück hat bereits zurecht Platz vier der Country-Billboard-Charts mit Blick nach oben erklommen.

Wird wohl Faiths nächste Nummer 1 werden! Die allerletzten Zweifel der Countrygemeinde, daß Faith wieder auf die richtigen Pfade zurückgefunden hat, dürfte dann das großartige „Dearly Beloved“ vom Tisch wischen, wo richtig traditionell mit herzerfrischendem Gefiddel die Post abgeht, und so manche Squaredance-Truppe vor eine neue Aufgabe gestellt werden dürfte. Erwähnenswert, wie gesagt, aber auch die drei McKenna-Stücke „Stealing Kisses“, der wunderbare Titeltrack „Fireflies“ (mit toller Akustikgitarren- Mandolinen- und Dobroarbeit), sowie „If you Ask“, die dem Gesamtwerk viel Tiefe vermitteln und Faiths ganze Gesangsklasse offenbaren.

Aufgepeppt wird die Geschichte dann mit tollen Gute-Laune-Nummern wie zum Beispiel „The Lucky One“, geschrieben von den Warren Brothers, allerdings nicht zu verwechseln mit deren Stück „The Lucky“, oder dem von einer kratzigen Mandoline geführten, leicht rootsigen „We’ve Got Nothing But Love To Prove“, das sogar ein kleines überraschend angedeutetes Steel-Reggae-Break enthält, auch ein kleines Indiz für die spürbare Spielfreude der beteiligten Akteure. Auffällig ist, wie mit zunehmender Spieldauer solche den ursprünglichen Country-Traditionen zuzuordnenden, typischen Intrumente wie Mandoline, Dobro, Fiddle, Akkordeon neben den allseits brillant dargebotenen Akustik- und E-Gitarrenparts von Bukovac, Huff, Greenberg und Co. für immer mehr Akzente sorgen.

Die mit gut 57 Minuten Spielzeit recht üppig ausgestatte CD lässt von vorn bis hinten keine Wünsche offen! Der „Back-To-The-Roots-Trip“ der immer noch blendend aussehenden Faith Hill macht richtig Spaß! Das ist die Faith Hill, die die Countryfans hören wollen! Kompliment, Mrs. Hill, und die alten Sünden sind verziehen! Übrigens. Sollte in Europa wieder eine nachträglich poppig eingefärbte Extra-Ausgabe dieses Albums erscheinen, bei uns gibt’s immer die Original US-Country-Ausgabe!

Warner Records (2005)
Stil: New Country

01. Sunshine And Summertime
02. Mississippi Girl
03. Dearly Beloved
04. I Ain’t Gonna Take It Anymore
05. Stealing Kisses
06. Fireflies
07. Like We Never Loved At All
08. I Want You
09. The Lucky One
10. If You Ask
11. We’ve Got Nothing But Love To Prove
12. You Stay With Me
13. Wish For You

Faith Hill
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Tish Hinojosa – A Heart Wide Open – CD-Review

Tish Hinojosa galt über ihre gesamte Karriere hinweg schon immer als Verfechterin einer von multi-kulturellen Einflüssen geprägten, dennoch klar im texanisch/mexikanischen Grenzgebiet verwurzelten, sehr anspruchsvollen Musik zwischen Country, Folk und Americana. Aufgewachsen in San Antonio, begleitet von intensiver Schulung traditioneller mexikanischer Lieder seitens ihrer Eltern, begann sie sich schon frühzeitig auch für Pop, Rock und Folk zu interessieren. Sie landete Ende der Achtziger Jahre in der Texas Musik Szene rund um Austin, und mit der Aufnahme ihres Debütwerkes „Homeland“ fiel 1989 der Startschuss zu einer großartigen Karriere mit Auftritten auf nahezu allen Erdteilen dieser Welt.

Dabei gewann sie sehr schnell, kein Wunder bei ihrer Ausstrahlung, Qualität und diesem künstlerischem Vermögen, eine große und äußerst loyale Fanschar, vor allen Dingen auch in Europa. Selbst das Ehepaar Clinton zählt zu den großen Bewunderern ihrer Kunst und bat zu Präsidentschaftszeiten sogar zu einem Auftritt ins Weiße Haus. Wer kann das schon von sich behaupten? Ihrer Linie, dem Kampf gegen das Schubladendenken, bleibt sie auch mit ihrem das Dutzend voll machenden, neuen Album „A Heart Wide Open“ ohne Wenn und Aber treu.

Der Opener „Never Say Never Love Again“ versprüht bei einem relaxten E-Gitarrenrhythmus, schöner Percussion und Akkordeonklängen, beispielsweise ein herrlich karibisches Reggae-Flair, gepaart mit einem wunderbaren Schuss Texas-Border-Feeling. Nach der flockigen, flotten, von einem schön frischen Sound aus tollen Acoustic- und E-Gitarren geprägten Country-/Americana/-Pop-Nummer „Would You Love Me Back Again“ folgt mit „Whatever Happened To Everyone Wanting To Care“ ein folkiges Stück mit sozialkritischem Touch. „The Kitchen Table“, eine countryinfizierte, Steelguitar betonte Ballade mit bildhaftem Text, wird graziös und passend mit sehr zarter und jugendhafter Stimme dargeboten.

Bei „Blue Eyed Billy“ (witzig: Die doch eher unspektakuläre deutsche Stadt Trier findet neben Weltmetropolen wie Paris und Rom Beachtung und namentliche Erwähnung im Text einer amerikanischen Singer- und Songwriterin !) und „Finding Paris“ kann sich dann Akkordeon-Legende Flaco Jimenez so richtig an seinem Instrument „austoben“. Das gar Kammermusik artige „The Poet The Painter“ eröffnet die zweite Hälfte der CD. „Derechos De El Corazon“ in ausschließlich spanischer Sprache dargeboten, lebt von einem gemütlichen Samba-Rhythmus, wobei man unweigerlich an warme Abende in südamerikanischen, urigen Bars beim genüsslichen Schlürfen von eisgekühltem Caipirosca erinnert wird.

Mit „Lock And Chain“ und vor allem „Shotgun Ridin’“ gibt es wieder zwei herrliche „Countrysteilpässe“ (vor allem letzteres mit seiner wundervollen Mandolinen- und Dobro-Begleitung ist melodischer Texas-Acoustic Country vom Allerfeinsten) für ihre Austin-Veteranen-Band, allen voran der auf dem Album überragend agierende Marvin Dykhuis (spielt so ziemlich alles, was Saiten hat), der die Scheibe auch mit produziert hat. Zwei Folksongs, einmal etwas ruhiger, der andere leicht psychedelischer Art, lassen Tish’s wunderbare, ausdrucksstarke Stimme zum Schluss noch einmal in all ihrem Glanz erscheinen.

Die Botschaft von „A Heart Wide Open“ bewendet sich diesmal ungefähr wie folgt: Trauer nicht den verpassten Möglichkeiten im Leben hinterher, nimm dein Herz in die Hand, öffne dich für neue Dinge und lebe einen Traum! Fazit: Tish Hinojosa ist einmal mehr, sowohl musikalisch als auch textlich, ein außerordentlich starkes, von ihren mexikanischen Roots beeinflusstes Texas Americana-Country-Folk-Album gelungen, das bei ihren Fans wieder reißenden Absatz finden dürfte.

CoraZong Records (2005)
Stil: New Country

01:Never Say Never Love Again
02:Would You Love Me Back Again
03:Whatever Happened To Everyone Wanting To Care
04:The Kitchen Table
05:Blue Eyed Billy
06:Finding Paris
07:The Poet The Painter
08:Derechos De El Corazon
09:Lock And Chain
10:Shotgun Ridin‘
11:Something More Than This
12:A Thousand Shades Of Red And Blue

Tish Hinojosa
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Holman Autry Band – Sweet Southern Wind – CD-Review

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Großartiger Stoff für Southern Rock-Freunde! Die Holman Autry Band, fünf junge Burschen, allesamt in den Mitzwanzigern (der Älteste, Lead-Gitarrist Brodye Brooks, ist gerade mal 27 Jahre alt, dazu kommen Casey King – Lead vocals, Bass, Josh Walker – Guitar, Brandon Myers – Drums und Daniel Sartain – Guitar) aus Madison County in Georgia, legt für ihr bisher erst 3 Jahre währendes Bestehen schon eine mächtige Schlagzahl an musikalischem Treiben an den Tag.

Benannt hat sich das Quintett, bevor man jetzt ins große Grübeln gerät, nicht nach einem alten Südstaaten-General, sondern schlicht nach dem Straßennamen, nämlich der Holman Autry Road in Danielsville, dem Ort, an dem der Probenraum der Band beherbergt ist. „Sweet Southern Wind“ ist bereits das zweite Album der Jungs, die in Athens den „Georgia Battle of The Band“-Kontest gewann und dort auch schon zweimal das geschichtsträchtige Georgia Theatre (dort spielten über viele Dekaden verteilt wahrlich gut bekannte Acts wie u.a. Sea Level, The Police, Widespread Panic, R.E.M.und die Derek Trucks Band, die in dieser Location sogar ein Live-Album aufgenommen hat) bis auf den letzten Platz füllen konnte.

Als Haupteinflüsse nennt der Georgia-Fünfer Kollegen wie Lynyrd Skynyrd, The Allman Brothers Band, Gov’t Mule, Stevie Ray Vaughan, Metallica, Eric Clapton bis hin zur Country-Legende Hank Williams. All das passt auch hervorragend, wobei man stets die Fahnen des puren und klassischen Southern Rocks mit aller musikalischen Würze hoch hält, dabei aber auch immer eine gewisse Lockerheit und Entspanntheit an den Tag legt. Die aktuelle CD wird direkt mit dem großartigen Titelstück „Southern Wind“ eröffnet, das seinem Namen wirklich alle Ehre macht und von einer unwiderstehlichen, warmen Southern Rock-Brise durchweht wird.

Ein etwas kratziges Akustikgitarren-Intro, stampfende E-Gitarren-Riffs mit kraftvollen Drums und eine wunderbar „gurgelnde“ Orgel, die von niemand geringerem als dem legendären Südstaaten-Keyboarder Chuck Leavell (u.a. The Allman Brothers Band, Eric Clapton, The Rolling Stones) gespielt wird, verbreiten sofort eine herrliche Swamp-Atmosphäre. Ein Stück, das im übertragenen Sinn auch prima auf Skynyrd’s starkes „Edge Of Forever“-Album gepasst hätte. Casey Kings Gesang weist vom Stil manchmal durchaus einige Parallelen zu Johnny van Zant auf, doch auch das Timbre eines Gregg Allman ist nicht so sehr weit weg. Das folgende „Hear Me Callin’“ vereint dezente, wenn auch nicht so harte, Molly Hatchet-Anlagen (E-Gitarren-Intro) mit erneutem Lynyrd Skynyrd-Appeal.

Eine jaulende Slide-Gitarre, Kings pumpender Bass und der sehr melodische Refrain mit kurz angedeuteten Harmoniegesängen sind weitere markante Trademarks. „Next Time“ rockt klassisch geradeaus, die E-Gitarren Twin-Passage sorgt für den entscheidenden Southern-Anstrich. Der Knaller des Albums, „Still Loud, Still Proud“, stampft und groovt (wieder klasse Kombination aus E-Gitarren und Orgel), dass es eine wahre Freude ist. Besonders stark der melodische und gefühlvolle Refrain, der am Ende aber wieder den Bogen zur knackig rockigen Strophengestaltung findet. Etablierte Bands wie Skynyrd oder die Allman Brothers, die bei diesem Stück eindeutig Pate gestanden haben, können stolz auf diesen hoffnungsvollen Nachwuchs blicken. Tolle Nummer!

Der „große“ Chuck Leavell setzt dann am Piano bei „In A Little While“ fast die alleinigen Akzente. Der wunderbar melodische Midtempo-Track liegt irgendwo auf einer Linie von Bruce Hornsby, Bob Seger (leichter „Against The Wind“-Touch) und dem Marshall Tucker-Ableger SevenMoore, und wird von Leavells herrlich flüssigen Pianoläufen dominiert. Gleiches gilt für das etwas später folgende „Watch You Go“, bei dem Leavell ein grandioses Klavier-Solo hinlegt. Dieser Song hat zunächst etwas Barroom-Atmosphäre, wirkt dezent soulig und bluesig, endet dann aber mit rollenden Twin-Gitarren wieder im Southern Rock-Gefilde.

Relativ monoton, aber hart, treibend und richtig klasse rockt „Long Nights“ (Mischung aus The Regulators und Lynyrd Skynyrd)! Toll hier das quirlige E-Gitarren-Solo am Ende. „New Breed“ glänzt wieder durch viel Atmosphäre, erzeugt durch ABB-mäßiges E-Gitarren- und Orgel-Zusammenspiel. Darüber hinaus gibt es noch drei Stücke, bei denen durchaus Parallelen zu bereits existierenden Klassikern durchschimmern, die aber natürlich von den Jungs in ein eigenes Gewand verpackt wurden.

„Gypsy“ wippt und groovt in der Tradition von Charlie Daniels‘ altbekanntem Stomper „Trudy“ (Sprechgesang, plus kräftige E-Gitarren- und Orgel-Elemente), das textlich launige „I Ain’t Bitter“ (herrlich surrende Slidepassagen, quirlige Akustikgitarre) könnte als Southern-Antwort zu Steve Millers berühmtem „The Joker“ durchgehen und das abschließende, wunderbare, voller Atmosphäre befindliche, mit filigraner Sirenenfiddle, kratziger Akustikgitarre und trockenem Dobro durchzogene „State Of Peace“ schwebt fast auf gleiche Höhe mit Skynyrds legendärem „All I Can Do Is Write About It“. Ein klasse Abschluß, der keine Wünsche offen lässt.

Mit „Sweet Southern Wind“ ist der Holman Autry Band ein überaus vielversprechendes Werk von konstanter Klasse gelungen. Diese wohlige Südstaaten-Brise lässt man sich gerne um die Ohren wehen. Obwohl Holman Autry natürlich einige Bezugspunkte ihrer arrivierten Vorgänger und Idole aufgreifen, kann man ihren Stil durchaus als eigenständig bezeichnen. Sämtliche Stücke stammen aus der eigenen Feder! Nach Brothers Of The Southland, Rebel Pride, Hogjaw und Blackberry Smoke eine weiterer Hoffnungsträger mit viel Potential für die Zukunft. Das Genre lebt wieder auf!

Eigenproduktion (2009)
Stil: Southern Rock

01. Sweet Southern Wind
02. Hear Me Callin‘
03. The Next Time
04. Still Loud, Still Proud
05. In A Little While
06. Gypsy
07. Long Nights
08. New Breed
09. Watch You Go
10. I Ain’t Bitter
11. State Of Peace

Holman Autry Band
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Scott Holt – Revelator – CD-Review

Über sein fünftes Solo-Album „Revelator“ konstatiert Scott Holt, dass es seiner Meinung nach sein bestes ist. Er geht im Begleittext des Booklets sogar noch einen Schritt weiter. „This Record is the Truth. It comes from the sounds of Nashville, Memphis and Chicago. It’s for people who know Jimi Hendrix and Son House. It’s for people who know Muddy Waters and Hank Williams.” Keine Selbstüberschätzung, kein übertriebenes Eigenmarketing – er hat einfach recht!

Nach dem Durchhören des Albums fällt einem ein zustimmendes und anerkennendes Nicken nicht schwer. Im Prinzip muss es der Mann (mittlerweile mit Cowboyhut bekleidet) ja auch selbst am besten selbst, denn in Sachen Blues hat der großartige Gitarrist aus Tennessee bereits eine glorreiche Vergangenheit hinter sich. Schließlich spielte er zehn Jahre lang in der Band des legendären Buddy Guy (Carlos Santana bezeichnete diese Zeit einmal als Scotts „musikalisches Universitätsstudium“), bis er sich eines Tages nach reiflichen Überlegungen und schweren Herzens dazu entschloss, es auf Solopfaden zu versuchen.

Und der Erfolg gibt ihm Recht. Scott Holt hat sich bei Kennern von Blues, Rock oder Blues-Rock längst etabliert und wird auch mit „Revelator“ seiner Fangemeinde mehr als nur gerecht. Der Mann lebt seine Musik, man spürt selbst beim Hören im heimischen Wohnzimmer, wie die Schweißtropfen an seinem Arbeitsinstrument herabfließen. Hier bekommt man Authentizität und handwerklich ehrliche Arbeit in einem geliefert. Vor allem Abwechslungsreichtum kommt auf seinem neusten Werk nie zu kurz.

Der Opener „Sunday“, unterlegt mit einer an ein Dobro erinnernde Akustik-Slide und von dezent gospelartig eingeworfenen weiblichen Backs durchzogen, startet noch relativ relaxt und traditionell, danach aber geht mit „Computer Baby“ (dreckig, shuffelig, Boogie-mäßig), „Cut You Loose“ (noch eine Spur rauer und „rougher“ rockend) und „Bad Way Baby“ (intensiv, gefühlvoll, soulig) in die Vollen! Jeweils eine sehr rhythmische Gestaltung und Scotts Markenzeichen, die schwere, fette Gitarrenführung, inklusiver glühender, hervorragender Soli, erweisen sich hier als markante Eckpfeiler! Hinzu kommen sauberes, knackiges Drumming und pulsierend pumpende Bassläufe!

Erstgenanntes Stück führt zu unweigerlichen Reminiszenzen Richtung Joe Bonamassa, zweites Stück erinnert aufgrund der eingebrachten texanischen Note an die Frühzeiten von ZZ Top, letzteres versprüht sogar leichtes Southern-Rock-Flair (wieder schöne, weibliche Background-Vocals)! Zum Durchatmen bringt Scott Holt dann auch gerne immer mal wieder eine entspannte Ballade. Ganz stark hier zum Beispiel die Stücke „Power Of Your Love“ (sehr melodisch, mit feinem E-Piano begleitet – und schließlich sticht wie aus dem Nichts so ein richtig fettes E-Gitarren-Solo in den Song hinein) oder das grandiose, über 7 Minuten lange „Civil War“, wieder recht southern-trächtig.

Hat erneut eine tolle Melodie, eine dreckige Basis und begeistert in der Mitte durch ein mitreißendes, explosives, fett glühendes, brodelnd würziges Gitarrensolo! Scott’s klasse, rauchige Gesangsleistung darf hierbei nicht unerwähnt bleiben! Bei „I’ve Been Searching“ und „Bout’ to Make Me Leave Home“ geht es dann auch mal ein wenig funkig und schön groovig zur Sache, während sich „Give Up Drinkin'“ als, großartiger, „spaßiger“ Roadhouse-Party-Boogie-Kracher entpuppt.

Die rein akustische Nummer „Shorty“ lässt das Album schließlich bedächtig ausklingen. Scott Holt offenbart mit „Revelator“, wie schmackhaft man gepflegte Blues-/Bluesrock-Kost durchaus servieren kann, wenn man sich auch an etwas modernere Zutaten herantraut. Der Mann ist aber auch ein Könner! Ein überaus starkes, sehr sympathisches, modernes, kraftvolles, facettereiches Bluesrock-Album, dem sich die Kenner des Genres sowieso nicht entziehen können, das sich vielleicht aber auch für „mutige“ Neueinsteiger eignet, es mal mit bluesigeren Tönen zu versuchen! Ja, wir bestätigen es nochmal gerne. „Revelator“ ist Holts bis dato bestes Werk!

Rockview Records (2005)
Stil: Blues Rock

01. Sunday
02. Computer Baby
03. Cut You Loose
04. Bad Way Baby
05. Power Of Your Love
06. I’ve Been Searching
07. Civil War
08. Give Up Drinkin’
09. Price I Pay
10. Another Rainy Day
11. Bout’ To Make Me Leave Home
12. Ginger Snaps
13. I Know A Little
14. Sunday (Reprise)
15. Shorty

Scott Holt
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Steve Holy – Brand New Girlfriend – CD-Review

Sechs Jahre haben die Anhänger auf den Nachfolger seines umjubelten Debüts „Blue Moon“ warten müssen. Mittlerweile ist es vollbracht. Steve Holy ist mit seinem neuen Album „Brand New Girlfriend“ zurück. Und ähnlich wie bei noch frischen Beziehungen „im richtigen Leben“, bemerkt man hier einen außerordentlich positiven Schub, verbunden mit viel Elan, in diesem Fall natürlich im musikalischen Sinne. Die lange Pause ist Holy scheinbar gut bekommen. Aus einem Fundus von fast vierzig potentiellen Stücken haben es schließlich dreizehn auf den neuen Longplayer geschafft.

Der aus Dallas, Texas stammende Entertainer, der eine immense Fanbasis hinter sich weiß, und dementsprechend ein Major-Label (Curb Records) im Rücken hat, dürfte auch mit seinem neuen Werk wieder voll den Geschmack seiner Fans getroffen haben. Traditioneller Nashville Country/New Country, der seinen Weg in den Charts machen wird! Der Titeltrack (im übrigen schon unter den Top 10 der Billboard Country Singles-Charts platziert), gleich zu Beginn des Albums, entwickelt sich nach einem süffisantem Barroom-Piano-Intro zu einem recht flotten und rockigen, intensiv gesungenem Countryheuler mit allen bekannten Zutaten, inklusive traditioneller Honkytonkelemente.

Im weiteren Verlauf bestimmen eine gesunde Mischung aus schnelleren und balladesken Nummern das Geschehen, wobei die gesamte Stilpalette des Countrygenres (von Retro bis poppig) ausgereizt wird. Im Musikerbereich wurde an nichts gespart. Alle Instrumente wurden gleich mehrfach, und von den Namen her, sehr hochkarätig besetzt. Im Uptempo-Geschehen stechen danach noch vier Nummern heraus. „Hurry Up“, mit Rockabillytouch, dezent jazzig dahin swingend (brillant hier Jonathan Yudkin’s Banjorhythmusspiel), „Men Buy The Drinks (Girls Call The Shot)“, eine gut gelaunte Partynummer mit kreischenden Mädel-Harmonies im Refrain, die ein fester Bestandteil seines künftigen Live-Repertoires werden dürfte (klasse Kombination aus Piano und E-Gitarre, sogar mit southern-typischem Mini-Break), „Wrap Around“, an dem John Rich (Big & Rich) mal wieder kompositorisch beteiligt war, und zeigt, das Steve durchaus zum hippen Countryrocker im Stile des allseits bekannten Duos mutieren kann. Stark auch das cool groovende, an Dwight Yoakam erinnernde „Memory On The Run“ mit herrlichen Pianotupfern und tollem E-Solo.

Der richtige Glanz des Frauentyps Holy erstrahlt natürlich dann, wenn er im Balladen-/gemäßigten Midtempobereich unter Einsatz seiner recht variablen Stimme (bis hin zum Falsetto) punktet. Nicht umsonst wird er immer wieder als der „Roy Orbinson des Country“ zitiert (frappierend hier die Ähnlichkeiten bei „Good Night To Be Lonely“)! „A Cliff In Colorado“(Holy schon fast wie ein Barde), „Lead Me On“ (tolle Melodie, poppig, Rascal Flatts-Flair, eines der absoluten Highlights des Albums), oder „Only The Lonely Talking“ (erinnert sehr stark an Chris Isaak-Nummern) werden die Damenherzen wieder zuhauf dahinschmelzen lassen.

„Brand New Girlfriend“ ist ein insgesamt recht abwechslungsreiches und intelligent zusammengestelltes Werk, das Steve Holy sicherlich neben seiner etatmäßigen Fanschar auch neue Käuferschichten eröffnen wird. Wie schon beim Debüt vor sechs Jahren gilt auch heute. Bestsellerverdächtig!

Curb Records (2006)
Stil: New Country

01. Brand New Girlfriend
02. Come On Rain
03. Hurry Up
04. Baby Don’t Go
05. A Cliff In Colorado
06. Men By The Drinks (Girls Call The Shots)
07. Good Night To Be Lonely
08. Lead Me On
09. Only The Lonely Talking
10. Wrap Around
11. Memory On The Run
12. All For The Love Of Sunshine (Bonustrack)
13. What Could I Do Differnet Tonight (Bonustrack)

Steve Holy
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Honeybrowne – Mile By Mile – CD-Review

Hervorragendes neues Album der Texaner aus Austin, das fünfte und bislang wohl stärkste, die mit ihrem Namen seit nun schon über einem Jahrzehnt für qualitativ hochwertigen, überaus melodischen, flockigen und sehr harmonischen, von einem dezenten „Red Dirt“-Flair durchzogenen Texas Roots-Pop/-Rock/-Countryrock bürgen, der auf angenehmste Art und Weise unsere Ohren umgarnt. Seit ihrem ebenfalls schwer gelobten Vorgänger „Something To Believe In“ aus dem Jahre 2005 hat es leichte personelle Umbesetzungen in der Band gegeben, die sich aber in keinster Weise negativ auswirken. Stephen Bres ersetzt Cody Banks am Schlagzeug und der vielseitige Josh Owen zeigt sich für den Gitarrensound und auch einige Tastenparts verantwortlich.

Produktionstechnisch hat man diesmal auf das in Austin ansässige Multitalent Mark Addison vertraut, der sowohl beim Songwriting, als auch bei der instrumentellen Umsetzung stark involviert ist (Gitarren, Keyboards). Das Grundgerüst bilden aber nach wie vor Bassist Jake „Bass“ Blackwell und natürlich der kreative Kopf der Truppe und Frontmann, Sänger und Gitarrist Fred Andrews, der wiederum allen zehn, auf dem Werk enthaltenen Kompositionen deutlich seinen Stempel aufdrückt. Los geht es mit dem großartigen, lockeren Countryrocker „Help Me Find My Way“, der ganz in der Tradition des typischen Bandsounds gehalten wurde, den Honeybrowne schon seit Beginn ihrer Gründung zelebrieren. Schöne, entspannte Drums-, lockere Akustik- und Bariton E-Gitarren–Untermalung, dezente Orgel-Fills – alles in Verbindung mit einer unaufgeregten, aber wunderschönen Melodie a là Eli Young Band, Little Texas, Wade Bowen und vielleicht einem Hauch von Hootie & The Blowfish. Der leicht genäselte Gesang von Fred Andrews lässt einem unweigerlich Sänger wie Ken Block (Sister Hazel) oder entfernt auch Michael Stipe (R.E.M) in den Sinn kommen.

Auffällig, dass der neue Gitarrist Josh Owen in seinem Spiel sehr viele Bariton-Töne einfließen lässt, die den Songs ein zusätzliches Retroflair verpassen, ohne allerdings dabei je „altbacken“ zu wirken. Bestes Beispiel dafür ist das flockig und sehr harmonisch dahin fließende „Yesterdays News“, das so richtig locker in die Beine geht. Absolut radiotauglich! Der Titelsong „Mile By Mile“ weist in den Strophen balladeske Züge auf (herrliche, Gänsehaut erzeugende Akkordeonuntermalung), wobei er im Refrain mit zunehmender Emotionalität an Tempo zulegt. Ein echter Ohrwurm! Recht traditionell verwurzelten Country/Countryrock in weitest gehender Bakersfield-Tradition bietet „Bowling Green“.

Hier setzen Owen und Addison mit filigranen Steel- bzw. Bouzouki-Einlagen nette Zusatzakzente. Ein kleiner Fehler hat sich in der Trackliste eingeschlichen. Anders als auf dem Backcover abgedruckt, folgt zunächst mit „Trouble’s Got A Thing For Me“ einer der weiteren Höhepunkte des Albums. Feine E-Gitarren-/Slideläufe, sowie Pianospiel mit etwas Honkytonk vermitteln zum lustigen Text ein bluesiges Barroom-Flair. ehe das schöne „Personal Lullaby“ zu hören ist, dem die vor kurzem vollbrachte Vaterschaft von Fred Andrews und Stephen Bres als Inspirationsquelle zu Grunde liegt.

Am Ende wird es dann nochmals etwas countrylastiger. „Line Sinker And Hook“ (auch mit etwas Heartland-Flair) wird durch schöne weibliche „Backs“ von Gastsängerin Alli Russell aufgepeppt und mit „Put That Ring On Your Finger“ gibt es einen launig dahinstampfenden, Gitarren-lastigen, sehr würzig rockigen Rausschmeißer (schönes Tambourine-Rasseln am Anfang und Ende), der sicherlich zu viel Stimmung bei den anstehenden Live-Konzerten beitragen dürfte. Ein klasse Abschluss.

Fazit: Honeybrowne gehen auch mit ihrem 5. Studioalbum „Mile By Mile“ ihren Weg akribisch und konsequent weiter und etablieren sich immer mehr zu einer der beliebtesten Bands des texanischen Music-Circuits. Ein großes Lob an Fred Andrews & Co.! Klasse, lockere, stilvolle „Red Dirt“-flavoured Roots-Pop/-Rock/-Countryrock-Musik mit 100% Wohlfühlfaktor!

Smith Entertainment (2008)
Stil: Red Dirt

01. Help Me Find My Way
02. Yesterday’s News
03. Mile By Mile
04. Love Wanted
05. Left Me A Mess
06. Bowling Green
07. Personal Lullaby
08. Trouble’s Got A Thing For Me
09. Line Sinker And Hook
10. Put That Ring Back On Your Finger

Honeybrowne
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Randy Houser – Anything Goes – CD-Review

Solange es Typen wie Randy Houser gibt, braucht man sich in Nashville keine Sorgen um den New Country-Nachwuchs zu machen. Einmal mehr ein hochkarätiges Debüt, direkt auf einen Major-Label! Houser stammt aus Jackson, Mississippi und ist wie so viele seiner Kollegen musikalisch vorbelastet. Sein bereits verstorbener Vater war ein in dortigen Gefilden bekannter Nachtclub-Musiker. Randy, in recht bescheidenen Verhältnissen lebend, zog es 1993 auf Zuruf eines befreundeten Gitarristen nach Music City.

Nur mit einem Ford Cougar und einer Luftmatratze ausgestattet, war ihm von vorne herein klar, dass er von Beginn an unter einem erheblichen Druck stehen würde. Glücklicherweise hatte er recht frühzeitig, dank seiner Demos, die richtigen Beziehungen und gelangte über die Songwriter Derek George und Fred Knobloch an Cliff Audretch III, der ihn zunächst beim Windswept-Label als Songwriter verpflichtete.

Stücke wie „Back That Thing Up“ für Justin Moore, „If You Ever Went Away“ für John Michael Montgomery, „Coming From You“ für George Canyon und nicht zuletzt das mit seinen Freunden Dallas Davidson und Jamey Johnson für Trace Adkins komponierte „Honky-Tonk Badonkadonk“ deuteten bereits das enorme Potential des Burschen an und sorgten zudem für eine etwas beruhigerndere finanzielle Grundlage. Cliff wiederum, der von Randys charismatischer Stimme auf den frühen Demos schon immer begeistert war, sorgte letztendlich für den Kontakt zum arrivierten Hit-Produzenten Mark Wright, der ihn bei Universal South Records unterbrachte und enorm motivierte („The most soulful singers in history all grew up poor“).

Und das Debüt „Anything Goes“ hat es in sich. Vor allem, weil Randy Houser es fantastisch gelingt, seine enorme Vielseitigkeit offen zulegen. So hat er einen Großteil der Songs mitkreiert, bei der Wahl der wenigen Fremdkompositionen ein wirklich gutes Näschen bewiesen, bedient sporadisch gekonnt die Akustikgitarre, lässt seine Stimme, die an einen Mix aus Ronnie Dunn, Trace Adkins und Blake Shelton erinnert, wunderbar variabel mit dem Flair der Songs verschmelzen und lässt nicht zuletzt auch einen sehr interessanten Mix diversester musikalischer Strömungen in seine Countrymusik einfließen.

Alles passt wunderbar zusammen und lässt ihm auch alle Optionen für weitere Alben offen. Ein klug gewählter Einstieg. Dabei hilft ihm natürlich auch die exzellente instrumentelle Umsetzung der 1a-Garde an Musikern. Lonnie Wilson, James Lowery, Michael Rhodes, Steve Nathan, Paul Franklin, Eric Darken und die sich hervorragend ergänzenden Gitarristen wie JT Corenflos, Rob McNelly und Kenny Greenberg, sind eigentlich für jede New Country-Produkion ein Garant für Qualität. Randy wählte als Album-Einstieg mit „Boots On“ direkt einen sehr vitalen, fast schon dreckig und „rüpelhaft“ dahin polternden Southern Country-Rocker mit coolem, in Adkins’scher Manier vorgetragenem (leicht machohaftem) Gesang und einigen schönen Electric-Slide-Attacken. Klasse Nummer!

Die folgende pianoträchtige Single „Anything goes“, zugleich das Titelstück (schon Platz 17 in den Charts mit steigender Tendenz) „beruhigt“ dann auf den Zuhörer wieder und wird mit viel Pathos im Refrain (dazu sehr schöne, soulige, weibliche Background-Gesänge) vorgetragen. „Wild Wild West“ erinnert in den Strophen an Blake Shelton und kommt im Refrain im lockeren Stil von Big & Rich rüber. Eine regelrechte Powerballade ist „Back To God“. Langsam beginnend, steigert sich der Song zunehmend und entwickelt sich mit herrlichen E-Gitarren-Passagen und im Endteil mit dazu eingeflochtenen Streicherkomponenten regelrecht dramaturgisch. „My Kind Of Country“ (swampiger Southern Country Marke Van Zant, Montgomery Gentry), „Strange“ (erinnert an „Swing“ von Trace Adkins) und „Paycheck Man“ (dezente Allman Brothers-Tupfer, Richtung Montgomery Gentry, schönes E-Gitarren-Solo) lassen dann wieder das „Raubein“ in Houser zum Vorschein kommen.

Sehr entspannend, im Storyteller-Stil, wird das humorvoll getextete „Lie“ präsentiert, einfach nur grandios das mit dezent jazzigem Barrroom-Flair und tollem Hintergrund-Gesang von Vince Gill ausgestattete „How Many Times“, geschrieben vom großartigen Songwriter-Duo Jon Randall und Al Anderson. Gänsehautgarantie! Mit „I’ll Sleep“, einer emotionalen, traditionellen Countryballade (mit viel Dobro, Steel, Fiddle und Piano-Fills) endet ein äußerst abwechslungsreiches und niveauvolles Album eines enorm vielversprechenden Newcomers.

Randy Housers Debütwerk „Anything Goes“ lässt für uns nur ein begeisterndes Fazit zu. Da geht in Zukunft noch einiges! Starker Stoff für Freunde von Leuten wie Blake Shelton, Trace Adkins, Brooks & Dunn, Montgomery Gentry, Jason Aldean, Jake Owen, Brian McComas & Co.

Universal South Records (2008)
Stil: New Country

01. Boots On
02. Anything Goes
03. Wild Wild West
04. Back To God
05. Something Real
06. My Kind Of Country
07. Strange
08. Lie
09. Paycheck Man
10. How Many Times
11. I’ll Sleep

Randy Houser
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Bärchen Records

Rebecca Lynn Howard – No Rules – CD-Review

Was hat dieses Persönchen für eine Wahnsinns-Stimme! Großartiger, eine Menge Energie freisetzender New Country (vor allem durch dieses Organ) mit vielen Rock-, Pop-, Soul-, Gospel- und Blues-Momenten voller Leben und Abwechslung! Fantastisches Songmaterial! Die 29-jährige, im Osten von Kentucky groß gewordene Rebecca Lynn Howard erlernte das Singen schon in frühester Kindheit in einer schwarzen Gospel-Kirche. Bis heute hat sie in ihrer Karriere bereits Beachtliches erreicht. So ist sie immerhin schon 2-fache Grammy-Gewinnerin und gehört zu den etabliertesten Songwriterinnen der modernen Country-Szene.

Ihre ersten beiden Werke waren noch typische Nashville Mainstream-Produktionen, doch das wird den hohen Ansprüchen der vielseitigen Künstlerin schon lange nicht mehr gerecht. Howard, deren Songwriter-Credits über zweihundert selbst geschriebene Stücke beinhalten, darunter für Leute wie Reba McEntire, Patty Loveless oder Trisha Yearwood, wechselte zum neuen „Saguaro Records“-Label und erhielt dort alle nur erdenklichen Freiheiten, ihre ganze Kreativität, künstlerische Vielfalt und vor allem ihr großes Können ohne Zwänge und Grenzen auszuleben, was auch gleich in dem Album-Titel „No rules“ dokumentiert wird.

Spielend leicht und traumwandlerisch sicher bewegt sie sich mit ihren 14 neuen Songs (inkl. dreier Fremdkompositionen) in Soul-, Gospel-, Blues-, R&B-, Rock-, Pop- und Country-Gefilden hin und her, wobei sie die Grenzen äußerst geschickt ineinander fließen läßt und dabei niemals das Gefühl vermittelt, von einem Genre abrupt ins andere „geschubst“ zu werden. Das Album startet mit einer bärenstarken, soulig-bluesrockigen Interpretation des alten Temptations-Klassikers „Skakey Ground“! Fette Drums, ein pulsierender Bass, heulende Orgel-Klänge des auch im weiteren Verlauf der CD überragend agierenden Keyboarders Gordon Mote, tolle Wah Wah E-Gitarren-Begleitung (George Marinelli, u.a. Bonnie Riatt, Bruce Hornsby), soulige Harmoniegesänge, sowie die freche „Power-Röhre“ der Protagonistin hauchen dieser alten Nummer fulminantes, neues Leben ein.

Da dürfen sich eine Bonnie Raitt und Susan Tedeschi schon mal ehrfurchtsvoll verneigen. Ganz große Klasse! Fast noch eine Schüppe drauf legt sie dann beim folgenden „New Twist on An Old Groove“. Der Song prescht klasse los, Rebeccas Gesang ist noch eine Spur „rotziger“ und angriffslustiger, dazu wird noch eine bluesige Harp integriert. Herrlich! Bei der folgenden Coverversion von Aretha Franklin’s „Do Right Woman- Do Right Man“ darf jeder selbst entscheiden, ob sie der „Queen Of Soul“ das Wasser reichen kann. Wir meinen, dass Mrs. Howard sich mit dieser Fassung wahrlich nicht zu verstecken braucht.

In die gleiche Kerbe wie „New Twist On An Old Groove“ schlägt das voller Southern-Soul steckende „Soul Sisters“. Hier erhält Rebecca sogar noch weitere vokale Unterstützung von der genauso furios röhrenden Gastsängerin Angela Hacker. Nachdem die ersten vier Stücke ganz im Zeichen des Soul und Blues stehen, bringt die junge Dame dann peu à peu die bereits o.a. Musikstile behutsam mit in ihr Repertoire ein, wobei immer wieder auf eine abwechslungsreiche Tempogestaltung der einzelnen Lieder wert gelegt wurde.

Weitere Highlights in einem durchgehend starken Werk ohne Schwächen sind beispielsweise noch das temperamentvolle „Just Let It Burn“ (ein rootsiger, abgehender New Country Roadhouse-Feger), das sicher auch einer Wynonna sehr gut zu Gesicht stehen würde, der zusammen mit Radney Foster komponierte, von trockenen, satten Stones-like Gitarrenriffs geprägte Countryrocker „Sing ‚’Cause I Love To“ (schöne Fiddle-Einlagen), die wunderschöne, lockere, ein wenig an Trisha Yearwood erinnernde Countrynummer „The Life Of A Dollar“, oder das als eine Art fulminanter „Rausschmeißer“ im Country-/Roots-/Roadhouse-Rock-Still fungierende, dynamische „Throw It Down“, bei dem mit viel Electric-Slide, heulender Orgel und klimperndem Honkytonk-Piano noch mal so richtig Dampf abgelassen wird.

Am Ende verneigt man sich dann innerlich vor den tollen Musikerleistungen, der knackigen Produktion und der grandiosen Gesangsleistung dieser jungen Dame. Rebecca Lynn Howard hat mit „No Rules“ eindrucksvoll bewiesen, dass es fatal wäre, sie in ein musikalisches Korsett zu pressen. Sie hat viel zu viel Talent, um als Nashville-Beauty der Majors aufgerieben zu werden. Sie ist Vollblut-Musikerin durch und durch, hat sich alles „von der Pike auf“ erarbeitet. Eine großartige Künstlerin, die weiß, was sie will und ihren musikalischen Willen mit Hilfe ihres neuen Labels auf „No Rules“ eindrucksvoll durchsetzt. Mutig, beherzt, ungeheuer sympathisch und mit großem Können! Klasse!

Time Life Entertainment (2008)
Stil: New Country

01. Shakey Ground
02. New Twist On An Old Groove
03. Do Right Woman, Do Right Man
04. Soul Sisters
05. What Dying Feels Like
06. Better Someday
07. Just Let It Burn
08. As One As Two Can Be
09. Sing ‚Cause I Love To
10. Real Love
11. I’m Over You
12. The Life Of A Dollar
13. We’re In This Love Together
14. Throw It Down

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Bärchen Records

Jedd Hughes – Transcontinental – CD-Review

Ein weiterer junger Australier, der sich nach Keith Urban anschickt, Nashville aufzumischen,  heißt Jedd Hughes. Rein äußerlich ebenso mit Mädchenschwarmambitionen, musikalisch genauso vielseitig und talentiert (Sänger, Songwriter, starker Gitarrist), steht er seinem in der Szene mittlerweile arrivierten Landsmann in nichts nach. Das beweist er eindrucksvoll mit seinem Debütalbum „Transcontinental“. Jedd wurde schon sehr frühzeitig von seinem Vater an die Musik herangeführt.

Er gewann im Alter von acht Jahren seinen ersten Talentwettbewerb, besaß mit zehn seine erste Gitarre und repräsentierte bereits mit zwölf Lenzen sein Land Australien bei einem mehrwöchigen internationalen Musikjugendvergleich in Europa. Auf einem seiner Trips in die Staaten lernte er während eines Workshops Terry McBride (von McBride & The Ride) kennen, der so begeistert von ihm war, dass er spontan eine Zusammenarbeit anbot, wann immer Jedd wieder in Nashville auftauchen würde. Dieser ließ sich nicht lange bitten, und die beiden begannen Demobänder aufzunehmen.

Außerdem wird er von Patty Loveless als Bandgitarrist angeheuert. Die Lieder seines Erstlings sind eine eher traditionell ausgerichtete Mixtur aus Country-, New Country-, Bluegrass- Westcoast- und Neo-Countryelementen, wirken aber dank der frischen Produktion von Terry McBride und unaufdringlich eingefügter Pop-Rockpassagen nie “old-fashioned”. Sensibel und gefühlvoll vorgetragene Balladen wie „I’ll Keep Movin’“ (mit Jackson Browne-Flair), „Soldier For The Lonely“ (herrliches Zusammenwirken des Trios Jedd, Vocals, Akustik- und E-Gitarre, Russ Pahl an der Steelgitarre und Patty Loveless, Hamony Vocals) oder „The Only Girl In Town“ (Alison Krauss, Harmony Vocals) sind einfach nur entspannend und schön.

„Snake In The Grass“ wird mit der Coolness eines Dwight Yoakam zum besten gebracht, dagegen sind „All Mixed Up“ und „Damn! You Feel Good“ wieder recht eingängig im Pop-Rockbereich anzusiedeln. Countryshuffleartige Spielfreude, wie man sie häufig bei Vince Gill antrifft, machen Songs wie „High Lonesome“ oder „Luxury Liner“ (einzige Fremdkomposition, geschrieben von Gram Parsons) zu fröhlichen Uptemponummern. Auffällig auch die knackigen Drums, die ausschließlich von Chris McHugh eingespielt wurden, sowie die filigran und dezent eingestreuten Gitarrenparts des Hauptakteurs.
Der „Aussie“ Jedd Hughes ist zweifelsohne eine große Bereicherung für die Musikhauptstadt von Amerika.

MCA Nashville (2004)
Stil: New Country

01. I’m Your Man
02. I’ll Keep Movin’
03. Snake In The Grass
04. Time To Say Goodnight (Sweet Dreams Baby)
05. I Don’t Have A Clue
06. Soldier For The Lonely
07. High Lonesome
08. All Mixed Up
09. The Only Girl In Town
10. Damn! You Feel Good
11. Luxury Liner

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Bärchen Records

Ingram Hill – Same – CD-Review

Bestes Album des Trios bisher! Die aus Memphis, Tennessee stammende Band Ingram Hill ist seit 2000 im Musikgeschäft tätig, hat es aber trotz qualitativ hochwertiger und sehr radiotauglicher Alben sowie intensiven Tourens bisher nie über den Insiderstatus hinaus geschafft. Ob es an der vielleicht etwas zu braven Ausstrahlung ihres hoch talentierten Frontmannes Justin Moore (nicht der „New Country“-Justin Moore) liegt, der rein äußerlich so ein bisschen wie der allzu nette, intelligente Junge von nebenan wirkt, an einem unglücklichen Management oder woran auch immer – es ist längst Zeit für den großen Durchbruch dieser Burschen!

Mit ihrem neuen, selbstbetitelten Werk, dem dritten hintereinander beim Rock Ridge Music-Label, stehen die Chancen nicht schlecht, endlich zu wesentlich größerer Popularität zu gelangen. Wieder liefern Justin Moore , Phil Bogard und Zach Kirk ein durchgehend starkes Werk ab (alle Stücke sind aus eigener Feder, zum Teil mit einigen Co-Writern, dazu haben sie das Werk sehr transparent selbst produziert), das elf Stücke beinhaltet und das nicht, wie so oft vorher, überwiegend im Rock/Pop verankert ist, sondern diesmal sehr viel mehr in Richtung des in den Staaten so populären New Country tendiert.

Des weiteren kommt bei sehr vielen Songs mehr und mehr der Ursprung, die Roots und die Herkunft der Jungs durch. Sie sind, wie gesagt, aus Memphis/TN, das heisst, sie sind Südstaatler – und so weht durch ihre wunderbaren, satten, melodischen Lieder fast permanent ein herrlicher „Southern-Duft“, meist unterstützt durch die knackige Gitarrenarbeit. All das tut dem Trio spürbar gut. Die Hinzunahme von Gastmusiker Louis Meyers, der hier mit Steel und Banjo außerordentliche Akzente setzt, erweist sich als absolut richtige Entscheidung. Der hat schon direkt beim flotten Opener „Behind My Guitar“ mit rollenden Banjo-Einlagen, wie man sie auch von Keith Urban kennt, einen markanten Auftritt.

Das umgehend folgende „Oh My“ strotzt mit seinen heulenden Slidepassagen nur so vor Energie, klasse! Das Zeug zum Hit in den Billboard-Country-Charts haben nahezu alle Tracks, besonders aber das southern-affine „Good Ol‘ Dixie“. Herrliche Melodie, Moore singt mit viel Pathos, starke Akustik- und E-Gitarren, Meyers glänzt hier an der Steelgitarre – der Song geht runter wie Öl. Würde beispielsweise auch bestens in das Repertoire der mittlerweile so erfolgreichen Eli Young Band passen. Das von rockigen Gitarrenriffs geprägte, wieder umwerfend melodische „Mailine Train“ kommt erneut mit schönem Banjo-Break, das mit feinen Rhythmusvariationen versehene „From Afar“ (eindeutiger Sister Hazel-Touch) und das in weiblichen Kreisen sicherlich gut ankommende „Those Three Words“ (klasse Baritone E-Gitarre) gehen alle wunderbar eingängig ins Ohr.

Als erste Single wurde „Broken Hearted In Birmingham“ ausgewählt, ein Stück, das von einem markanten, sehr eigenwillig klingenden Mandolinen-Riff geführt wird und auch mit geschickten Tempowechseln versehen wurde. Moore versprüht hier, zumindest vom Gesang, die Aura eines Rob Thomas von Matchbox 20. Dem bärenstarken, mit einem fetzigen Drums- und Slide-Rhythmus, sehr dynamisch abgehenden, dabei aber wieder hoch melodischen, satten „Yellow House“ (hat dazu noch ein richtig southern klingendes, zündendes E-Gitarren-Solo) folgt mit „Stuck At The Bottom“ das nächste Highlight des Albums.

Toll hier wieder die wunderbare New Country-Note (schöne, dezente Orgel, klasse Gitarren) und erneut ein wenig Southern-Feeling durch wunderbare weibliche Harmoniegesänge von Manda Pickens und Melia Adams. Da fragt man sich spontan, warum,die beiden nur für dieses eine Stück eingebunden wurden. Das Lied würde auch zu einem Will Hoge gut passen. Ganz stark! „Saturday Girl“ und „Who Needs A Sunny Day“ (toll das retro-behaftete Steelspiel von Meyers) bieten nochmal starken New Country, der es locker mit den angesagten Interpreten der Zunft aufnehmen kann.

Insgesamt ein Album, das richtig gute Laune verbreitet und mit jeder Menge toller Hooks und Melodien punktet. Eine wunderbare Symbiose aus pop-rockigen Elementen der Marke Sister Hazel, Bart Crow oder Will Hoge, und schönen New Country-Zutaten solch angesagter Leute wie Keith Urban und der Eli Young Band. Da müssten die Nashville-Manager doch langsam mal die Ohren spitzen. Mit diesem immensen Potential müsste aus Ingram Hill doch deutlich mehr herauszuholen sein, als der bisherige Insiderstatus. Keine Frage, hier schlummert nach wie vor ein funkelnder Roh-Diamant! Also Augen und Ohren auf in Sachen Ingram Hill! Absolute Top-Leistung des Tennessee-Dreiers!

Rock Ridge Music (2012)
Stil: New Country

01. Behind My Guitar
02. Oh My
03. Good Ol‘ Dixie
04. Mainline Train
05. From Afar
06. Those Three Words
07. Broken Hearted In Birmingham
08. Yellow House
09. Stuck At The Bottom
10. Saturday Girl
11. Who Needs A Sunny Day

Ingram Hill
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