Rebecca Lynn Howard – No Rules – CD-Review

Was hat dieses Persönchen für eine Wahnsinns-Stimme! Großartiger, eine Menge Energie freisetzender New Country (vor allem durch dieses Organ) mit vielen Rock-, Pop-, Soul-, Gospel- und Blues-Momenten voller Leben und Abwechslung! Fantastisches Songmaterial! Die 29-jährige, im Osten von Kentucky groß gewordene Rebecca Lynn Howard erlernte das Singen schon in frühester Kindheit in einer schwarzen Gospel-Kirche. Bis heute hat sie in ihrer Karriere bereits Beachtliches erreicht. So ist sie immerhin schon 2-fache Grammy-Gewinnerin und gehört zu den etabliertesten Songwriterinnen der modernen Country-Szene.

Ihre ersten beiden Werke waren noch typische Nashville Mainstream-Produktionen, doch das wird den hohen Ansprüchen der vielseitigen Künstlerin schon lange nicht mehr gerecht. Howard, deren Songwriter-Credits über zweihundert selbst geschriebene Stücke beinhalten, darunter für Leute wie Reba McEntire, Patty Loveless oder Trisha Yearwood, wechselte zum neuen „Saguaro Records“-Label und erhielt dort alle nur erdenklichen Freiheiten, ihre ganze Kreativität, künstlerische Vielfalt und vor allem ihr großes Können ohne Zwänge und Grenzen auszuleben, was auch gleich in dem Album-Titel „No rules“ dokumentiert wird.

Spielend leicht und traumwandlerisch sicher bewegt sie sich mit ihren 14 neuen Songs (inkl. dreier Fremdkompositionen) in Soul-, Gospel-, Blues-, R&B-, Rock-, Pop- und Country-Gefilden hin und her, wobei sie die Grenzen äußerst geschickt ineinander fließen läßt und dabei niemals das Gefühl vermittelt, von einem Genre abrupt ins andere „geschubst“ zu werden. Das Album startet mit einer bärenstarken, soulig-bluesrockigen Interpretation des alten Temptations-Klassikers „Skakey Ground“! Fette Drums, ein pulsierender Bass, heulende Orgel-Klänge des auch im weiteren Verlauf der CD überragend agierenden Keyboarders Gordon Mote, tolle Wah Wah E-Gitarren-Begleitung (George Marinelli, u.a. Bonnie Riatt, Bruce Hornsby), soulige Harmoniegesänge, sowie die freche „Power-Röhre“ der Protagonistin hauchen dieser alten Nummer fulminantes, neues Leben ein.

Da dürfen sich eine Bonnie Raitt und Susan Tedeschi schon mal ehrfurchtsvoll verneigen. Ganz große Klasse! Fast noch eine Schüppe drauf legt sie dann beim folgenden „New Twist on An Old Groove“. Der Song prescht klasse los, Rebeccas Gesang ist noch eine Spur „rotziger“ und angriffslustiger, dazu wird noch eine bluesige Harp integriert. Herrlich! Bei der folgenden Coverversion von Aretha Franklin’s „Do Right Woman- Do Right Man“ darf jeder selbst entscheiden, ob sie der „Queen Of Soul“ das Wasser reichen kann. Wir meinen, dass Mrs. Howard sich mit dieser Fassung wahrlich nicht zu verstecken braucht.

In die gleiche Kerbe wie „New Twist On An Old Groove“ schlägt das voller Southern-Soul steckende „Soul Sisters“. Hier erhält Rebecca sogar noch weitere vokale Unterstützung von der genauso furios röhrenden Gastsängerin Angela Hacker. Nachdem die ersten vier Stücke ganz im Zeichen des Soul und Blues stehen, bringt die junge Dame dann peu à peu die bereits o.a. Musikstile behutsam mit in ihr Repertoire ein, wobei immer wieder auf eine abwechslungsreiche Tempogestaltung der einzelnen Lieder wert gelegt wurde.

Weitere Highlights in einem durchgehend starken Werk ohne Schwächen sind beispielsweise noch das temperamentvolle „Just Let It Burn“ (ein rootsiger, abgehender New Country Roadhouse-Feger), das sicher auch einer Wynonna sehr gut zu Gesicht stehen würde, der zusammen mit Radney Foster komponierte, von trockenen, satten Stones-like Gitarrenriffs geprägte Countryrocker „Sing ‚’Cause I Love To“ (schöne Fiddle-Einlagen), die wunderschöne, lockere, ein wenig an Trisha Yearwood erinnernde Countrynummer „The Life Of A Dollar“, oder das als eine Art fulminanter „Rausschmeißer“ im Country-/Roots-/Roadhouse-Rock-Still fungierende, dynamische „Throw It Down“, bei dem mit viel Electric-Slide, heulender Orgel und klimperndem Honkytonk-Piano noch mal so richtig Dampf abgelassen wird.

Am Ende verneigt man sich dann innerlich vor den tollen Musikerleistungen, der knackigen Produktion und der grandiosen Gesangsleistung dieser jungen Dame. Rebecca Lynn Howard hat mit „No Rules“ eindrucksvoll bewiesen, dass es fatal wäre, sie in ein musikalisches Korsett zu pressen. Sie hat viel zu viel Talent, um als Nashville-Beauty der Majors aufgerieben zu werden. Sie ist Vollblut-Musikerin durch und durch, hat sich alles „von der Pike auf“ erarbeitet. Eine großartige Künstlerin, die weiß, was sie will und ihren musikalischen Willen mit Hilfe ihres neuen Labels auf „No Rules“ eindrucksvoll durchsetzt. Mutig, beherzt, ungeheuer sympathisch und mit großem Können! Klasse!

Time Life Entertainment (2008)
Stil: New Country

01. Shakey Ground
02. New Twist On An Old Groove
03. Do Right Woman, Do Right Man
04. Soul Sisters
05. What Dying Feels Like
06. Better Someday
07. Just Let It Burn
08. As One As Two Can Be
09. Sing ‚Cause I Love To
10. Real Love
11. I’m Over You
12. The Life Of A Dollar
13. We’re In This Love Together
14. Throw It Down

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Bärchen Records