Carol Chase (Lynyrd Skynyrd) – Interview

Sounds Of South: Carol, lass mich mit deiner CD beginnen. Wie läuft der Verkauf?
Carol: Hallo und danke, dass ihr meine Platte besprochen habt. Ich möchte sagen, dass die Verkäufe hier in den USA und auch in euerer Gegend gut vorangehen. Ich vermarkte meine Platte über meine Website carolchase.com in den USA selbst, aber in Europa hab ich einen Vertriebsdeal mit Halycon Music und die Dinge laufen sehr gut.
Sounds Of South: Wie waren die Kritiken in den USA?
Carol: Die Kritiken waren sehr positiv. Durch meine Verbindung zu Lynyrd Skynyrd hatte ich Zugang zu vielen Leuten im Business die ich andernfalls nicht hätte erreichen können. Momentan arbeite ich daran, meine Musik ins Satellitenradio zu bekommen, da dieser Markt wirklich wächst und sie spielen Künstler die nicht bei großen Labels unter Vertrag stehen, so wie ich.
Sounds Of South: Wie haben die Mitglieder von Lynyrd Skynyrd auf „Blue Highway“ reagiert?
Carol: Meine ‚Kameraden‘ von L.S. wollten unbedingt hören, was ich hier in Nashville selbst eingespielt hatte. Ich hab meine CD auf einer der langen Busfahrten gespielt und sie alle unterstützten die Musik. Es scheint als hätten wir alle Seitenprojekte laufen. Es gibt soviel Talent in der Band und wenn wir frei haben kann keiner von uns länger stillhalten.
Sounds Of South: Möchtest du damit auf Tour gehen? Vielleicht als Skynyrd Support? Eventuell sogar in Deutschland?
Carol: Ich würde meine CD gerne durch touren unterstützen. Als Opener für Skynyrd – ich weiß nicht, weil das ein höchst konkurrenzträchtiger Platz ist. Eines Tages werden wir vielleicht mal eine Nacht haben in der jeder mit seinen eigenen Songs glänzen kann. Das wären dann Blackfoot, die Outlaws, Dale Rossington, Van Zant usw. Ich würde gerne in Europa spielen wenn die Zeit dazu reif ist. Ich vermute mal, dass ich die Dinge nehme wie sie kommen und lass sich alles natürlich ereignen.
Sounds Of South: Wie kam es zum Deal mit Halycon?
Carol: Mein Deal mit Halycon kam zustande, nachdem ich ein Telefoninterview mit einer Station in Frankreich gemacht hatte. Die hatten mich kontaktiert, weil sie mit einer der Skynyrd ‚Honkettes‘ sprechen wollten. Zu dem Zeitpunkt erzählte ich ihnen von meiner eigenen CD und schickte ihnen ein Exemplar. Es hat ihnen gefallen und sie haben eine Bestellung aufgegeben, die sich sehr gut verkauft hatte. Ich glaube, Michael Knippschild von Halycon hat davon durch einen seiner Freunde erfahren, der ebenfalls mit meiner CD handelte. Alles fiel an den richtigen Platz obwohl ich mich dem gesamten Deal ‚unterwegs‘ widmen musste. Das kann eine frustrierende Erfahrung sein, aber irgendwie hab ich es geschafft den Stichtag einzuhalten.
Sounds Of South: Welches ist dein Lieblingssong auf dem Album, und warum?
Carol: Wie du dir vorstellen kannst haben alle Songs meiner CD eine besondere Bedeutung für mich. Ich erinnere mich daran was ich dachte, die Stimmung in der ich war und den Austausch mit den verschiedenen Co-Autoren, als die Songs geschrieben wurden. Ich kann wirklich keinen Lieblingssong raussuchen, aber als Fan von Chris Isaac sag ich, dass mir „Blue Highway“ sehr gefällt. Es erinnert mich an einen seiner Songs. Ich liebe „I’m the Blues“, weil ich das auf der Gitarre ziemlich gut spielen kann, zumal gerade eine Beziehung zu Bruch ging als ich es schrieb. Es hat meinen Herzschmerz gelindert. „In your Life“ – das macht wirklich Spaß zu singen. Ich kann wirklich keinen besonders rauspicken, hoffe aber dass die Zuhörer einen oder mehrere finden die ihnen wirklich zusagen.
Sounds Of South: Du arbeitest ja viel in Nashville und so hab ich eher ein New-Country Album erwartet. Warum hast du ein Blues-Roots-Rock Album gemacht?
Carol: Ich hab mich nie in eine musikalische Kategorie gezwängt und diese CD ist repräsentativ für die Art Musik, die ganz natürlich aus mir kommt. Nashville ging durch eine Menge Veränderungen in Bezug auf die Musik, die von dort stammt, und ich denke, dass ein Künstler seinem eigenem Stil treu bleiben muss. Andernfalls ertappt man sich dabei dem gegenwärtigen Trend hinterherzulaufen ohne was Eigenes auf die Beine zu stellen.
Sounds Of South: Was hältst du vom New-Country Genre?
Carol: Ich denke, dass New-Country dem sozioökonomischen Trend des Landes folgt. Traditionelles Country war nicht annähernd so poliert und auf ‚Pop‘ getrimmt wie es die neue Musik ist. Mir gefällt die gegenwärtige Musik, obwohl viele der Künstler nicht ihre eigene Musik schreiben oder das Leben leben, von dem sie singen. Hier in Nashville einen großen Plattenvertrag zu bekommen hat damit zu tun, wie du aussiehst und klingst und das verwehrt vielen wirklichen Künstlern, jemals einen Vertrag unterschreiben zu können. Dieses Phänomen hat eine Menge mit der Macht zu tun, die Musikvideos haben.
Sounds Of South: Dieses Genre erfreut sich wachsender Beliebtheit in Deutschland, aber die Künstler treten hier fast nie auf. Hast du eine Ahnung warum das so ist?
Carol: Ich weiß nicht warum populäre Country-Künstler nicht öfter in Europa auftreten. Ich vermute sie haben ein komfortables Leben in den USA und sie reisen einfach nicht so oft nach Übersee, es sei denn, dass es sich finanziell für sie lohnt. Jeder den ich kenne kommt gerne nach Deutschland und andere europäische Länder, weil die Konzertbesucher dort sehr wohlwollend und enthusiastisch sind.
Sounds Of South: Du hast ein wunderschönes Duett auf „Never been any Reason“ von der neusten LaidlawPlatte gehabt. Wie war die Zusammenarbeit mit der Band?
Carol: Ich habe es genossen mit den Leuten von Laidlaw zu arbeiten. Sie waren die Opener für eine Menge Skynyrd-Konzerte und wir sind alle gute Freunde geworden. Als sie dann dieses bestimmte Album machten, haben sie in Nashville aufgenommen und alles hat großartig geklappt. Die sind wirklich talentiert und so engagiert mit dem, was sie machen.
Sounds Of South: Du bist hauptsächlich als eine der Skynyrd-Honkettes bekannt. Wie können wir es uns als Nicht-Musiker vorstellen, wie sich Background Vocals entwickeln? Schreibt das der Songwriter genau vor oder kommt das aus dem Bauch heraus?
Carol: Ich denke, nachdem die Jahre vorbeiziehen erkenne ich mehr und mehr das Faktum an, ein Teil der Southern Rock Ära von Lynyrd Skynyrd zu sein. Ich habe mit 5 oder 6 Jahren mit 3-stufigem Harmoniegesang angefangen. Ich hatte zwei Schwestern die ebenfalls sangen und wir sind immer für den ‚Music-Club‘ meiner Mutter aufgetreten. Meinen Part konnte ich immer heraushören und ich kann mich nicht erinnern, je Schwierigkeiten damit gehabt zu haben, meinen Harmonieteil auch zu halten. Ich wollte die Melodie singen… natürlich lauter als meine Schwestern, aber mit der Zeit hab ich rausgefunden, dass der Mischgesang…na ja, das Geheimnis liegt in einer guten Harmoniegruppe. Keiner sonst in meiner Familie hat das Musikgeschäft weiter verfolgt.
Sounds Of South: Wie ist deine Arbeitsbeziehung mit Dale Rossington?
Carol: Ich war total begeistert die Chance zu bekommen mit Dale zu arbeiten. Ich meine, letzten Endes war sie die Lead-Sängerin der Rossington-Collins Band. Ich hörte sie damals schon und hab auch ihre Songs in meiner Show in Anaheim, California gesungen. Sie ist ein echtes ‚Rock and Roll‘-Mädel und immer professionell. Jeden Abend, wenn wir mit L.S. auf die Bühne gehen, sagt sie: ’sing es als wär’s von dir‘! Oh ja, Dale ist großartig.
Sounds Of South: Von wenigen Ausnahmen abgesehen spielt Skynyrd immer altes Material, obwohl die neue Band mittlerweile eine eigene Identität hat. Könntest du dir vorstellen, in einem überarbeiteten Bühnenkonzept einige deiner Songs zu bringen, mit Skynynrd als Bandunterstützung?
Carol: Ich würde die Chance sofort beim Schopf fassen, das Skynyrd line-up bei einem oder zwei meiner Songs als back-up zu haben. Ich hab schon mit Hughie Thomasson (The Outlaws, und jetzt Teil von Skynyrd) darüber gesprochen, mir bei meiner nächsten Produktion zu helfen. Ich denke, am Ende werden wir im Kontext von Skynyrd alle glänzen können. Es ist nur eine Frage der Zeit.
Sounds Of South: Ich habe irgendwo gelesen, dass Melissa Etheridge und Sheryl Crow zu deinen Vorbildern gehören. Ist das wahr und wenn, warum?
Carol: Ich hab nicht notwendigerweise ein oder zwei Vorbilder zu denen ich aufsehe, aber ich bewundere all die Mädels wirklich, die sich im Rock ihren eigenen Weg geebnet haben. Es ist ja sicherlich eine Männerwelt und ich denke es ist wichtig, Klasse und Stil zu haben um oben dabeizubleiben. Ich glaube, dass sowohl Sheryl Crow als auch Melissa Etheridge das geschafft haben, zusammen mit Bonnie Raitt, die auch eine meiner Lieblingsinterpretinnen ist.
Sounds Of South: Welchen Wert haben unabhängige Online-Magazine für die zeitgenössige Musikszene deiner Meinung nach?
Carol: Das Musikgeschäft hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert und das ist gut so. Es gibt so viele Künstler die ein Transportmittel für ihre Musik brauchten. Nicht jeder bekommt einen großen Plattenvertrag oder will überhaupt einen. Unabhängige Online Musik-Magazine sind leicht erreichbar und berichten über Dinge die ihnen wichtig sind. Sie geben sehr vielen von denen eine Stimme die andernfalls ungehört blieben.
Sounds Of South: Wie oft warst du schon in Deutschland und was hat dich beeindruckt?
Carol: Ich war etwa 4 mal in Deutschland und ich hab es einfach jedes Mal geliebt. Meine Vorfahren von beiden Seiten meiner Familie stammen von dort, deswegen spürte ich eine gewisse Anziehung. Mir gefallen die sauberen Strassen, der großartige Kaffee und das gute Essen, die Architektur und die freundlichen Menschen sehr gut. Ich freue mich darauf wiederzukommen, so dass ich etwas länger bleiben und mir das Land genauer ansehen kann. Als wir früher dort waren, war ich immer auf Tour mit der Band und konnte mir die Sehenswürdigkeiten nie so ansehen, wie ich es gerne tun würde. Es ist eine wunderbare und historische Gegend.
Sounds Of South: War es schwer für dich als alleinerziehende Mutter, im Musikgeschäft Fuß zu fassen? Bekamst du Unterstützung wenn du sie brauchtest?
Carol: Ich habe mich im Musikgeschäft immer selbst um mich gekümmert. Ich hab einen College-Abschluss in Psychologie, aber selbst während des College hab ich gesungen und für mich selbst gesorgt. Ich hatte einen Plattenvertrag mit einem großen Label als ich erstmals in L.A. lebte, aber meine Tochter war sehr klein, 4 Jahre alt, und ich war allein. Nachdem ich ein paar Wochen von ihr weg und unterwegs war, um meine Platte zu promoten, wurde mir klar, dass ich dies nicht durchhalten konnte…den ganzen Deal usw. Also hab ich begonnen in Clubs zu singen, mich mit Werbung über Wasser gehalten und hatte verschiedene Sachen laufen die mich im Geschäft hielten. Ich hab auf zahlreichen Alben Background Vocals gesungen, Songs geschrieben und hatte das Glück, damit einige grössere Country Sachen gelandet zu haben. Erst als meine Tochter älter war hab ich dann damit begonnen, richtig zu touren und diesen Teil des Geschäfts zu absolvieren. Ich hab im Musik Business großartige Freundschaften knüpfen können und mir ist aufgefallen, dass wir alle viele Opfer bringen mussten, um da zu sein wo wir sind. Deswegen unterstützen wir uns gegenseitig auch so stark.
Sounds Of South: Du bist in den Dakotas aufgewachsen, in wunderschöner Landschaft mit allerdings wirklich rauen Wintern. Lebst du noch dort?
Carol: Ich wuchs im nordwestlichen Teil North Dakotas auf und besuchte die University von North Dakota in Grand Forks. Mit etwa 21 bin ich dann an die Westküste gezogen. Meine Eltern sowie meine 3 Geschwister leben noch in Dakota – in Stanley – wo ich groß geworden bin. Nach dem College lebte ich ungefähr 8 Jahre in L.A., aber nun bin ich in Nashville, Tennessee und ich genieße es. Es ist äußerst kalt im Winter in North Dakota, aber ich hab gelesen, dass es dort in den nächsten 10 Jahren höhere Temperaturen als normal geben wird. Das wäre gut. Es ist ein schönes Fleckchen Erde und meine Mutter nennt es „den hintersten Zipfel“. Sie könnte recht haben.
Sounds Of South: Vielen Dank für das informative Interview.

LeAnn Rimes – Lady & Gentlemen – CD-Review

Eigentlich sind alte ‚Countryschinken‘ und auch Cover-Alben bzw. -Konzerte gar nicht so mein Ding. Letztgenannte boykottiere ich aus Solidarität den vielen kreativen, selbst kreierte Songs spielenden Bands gegenüber, die sich immer wieder vor einigen, wenigen Zuschauern den Allerwertesten aufreißen müssen, schon seit Jahren aus Prinzip. Bei LeAnn Rimes und ihrem aktuellen Werk „Lady & Gentlemen“ sieht die Sache ein wenig anders aus, denn hier gibt es für mich persönlich einige interessante Gründe, doch so ein wenig zum ‚Umfaller‘ zu mutieren.

Zum einen ist LeAnn eine grandiose Sängerin, wie auch dieser Silberling deutlich unterstreicht. Zweitens ist sie in unserem Künstlerindex noch nicht vertreten, drittens erscheint das Wagnis, sich als Frau ausnahmslos an, von männlichen Vertretern geschriebene und performte Stücke heranzuwagen, als ziemlich mutig, viertens verspricht die unter heutigen, modernen Gesichtspunkten mögliche Umsetzung einiges an Spannung. Dazu kommt noch, dass mit Vince Gill (Produktion/instrumentell stark involviert), Darrell Brown, John Hobbs und Justin Niebank (alle Produktion) Könner ihres Fachs ins Boot geholt worden sind, die eigentlich als Garanten für ein Qualitätsprodukt stehen.

Nebensächlich interessiert natürlich auch, ob Rimes ihre zum Teil öffentlich ausgetragenen privaten Probleme (Scheidung) verkraften und musikalisch kompensieren konnte. Aufgrund der zwei neuen Bonustracks gibt sie on top noch einen Ausblick auf das nächste eigenständige Album. So genug lamentiert über das ‚Wieso-Weshalb-Warum‘ – kommen wir zur Bewertung.

„Lady & Gentlemen“ hat mich absolut begeistert, mit ganz kleinen subjektiven Abstrichen. Rimes zeigt sich über das gesamte Werk hinweg in einer überragenden vokalen Verfassung, sie zählt eindeutig zum Besten, was Nashville an Sängerinnen zur Zeit zu bieten hat. Wie sie hier zu jedem Tempo, jedem Stil (es beschränkt sich bei weitem nicht alles auf puren Country) ihr Organ voller Emotion, Kraft oder Sensibilität je nach Lage einbringt ist, absolute Weltklasse.

Eine Arbeitskollegin von mir (ein großer Reba McEntire-Fan), der ich kurz mal die Songs (natürlich in der Mittagspause…, LOL) angespielt habe, sah man nach wenigen Momenten schon die Entzückung ins Gesicht geschrieben. Ihr kurzer und knapper Kommentar. »Ist das schön, die muss ich mir sofort kaufen!« Vom grandiosen Opener „Swingin'“ (hier swingt wirklich alles; herrlich das rhythmische Fingerpicking -E-Gitarrenspiel von Vince Gill im Stile von Eric Clapton/Albert Lee – die kennen sich ja auch alle bestens von den Crossroads-Festivals) bis zum, den Coverteil abschließenden Haggard-Klassiker „The Bottle Let Me Down“ (tolle, ruhig gehaltene Mischung aus typischen Outlaw- und ‚Cryin‘ In My Beer‘-Elementen), gibt es jede Menge Feinheiten zu entdecken.

Da ‚weint‘ sie bei einigen Tracks (saustark „Wasted Days & Wasted Nights“ mit sogar spanischem Gesang am Ende; „I Can’t Be Myself“, „Help Me Make It Through The Night“, „Rose Colered Glasses“, „He Stopped Loving Her Today“) in der typischen Manier der großen weiblichen Country-Ikonen, raunzt inbrünstig in Diven-Manier einer Wynonna bei „The Only Mama That’ll Walk The Line“ und haucht der Jennings-/Willie Nelson -Uralt-Version von „A Good Hearted Woman“ (großartige E- Gitarren-/Steel-Solo-Kombi) richtig neues Leben ein.

Zu den Überraschungen zählen „16 Tons“ (im Big Band-Gewand, dazu mit dezentem Stray Cats-Flair – soll das eine Bewerbung als Titelsängerin für einen kommenden „James Bond“-Film sein? ) und der geniale Slow Blues „When I Call Your Name“ (ein Song von Vince Gill, der hier im Soloteil jetzt E-Gitarre statt Piano aufweist) und ihr Großer Hit „Blue“, der mit der Allstar-Band The Time Jumpers neu eingespielt wurde, der Vince auch angehört.

Klasse immer wieder auch die starke Instrumentierung, getragen von Gills variablen/filigranen Gitarrenkünsten und der oft dazwischen jammernden Steelgitarre. Je nach Bedarf sind Drums und Bass, sowie Zutaten aus Piano, Orgel, Fiddle und Mandoline perfekt dazu geschaltet. Auch die beiden (neuen) Bonustracks am Ende wissen zu überzeugen. Das country-bluesige „Crazy Woman“ geht gut ab (Bläsereinsätze, claptonesker E-Rhythmus), der etwas theatralische Schmachtfetzen „Give“ gehört nun mal zum guten Ton der New Country-Major-Alben einfach dazu und hätte in jedem Blockbuster als musikalische Untermalung seine Berechtigung.

Damit wären wir auch bei meinen kleinen Einschränkungen. Mir wäre ein konstantes Verbleiben auf dieser CD bei reinen Countrystücken eigentlich lieber gewesen, ich hätte hier nur gerne dann ein paar flottere Nummern mehr dabei gehabt. Das Variieren zu anderen Musikstilen und auch die neuen, modernen Tracks stören ein wenig die Gesamtharmonie des Albums, bieten aber halt dafür mehr Abwechslung. Aus taktischen Gesichtspunkten sind die Bonusstücke natürlich absolut nachvollziehbar. Leider fehlt auch die Nennung der involvierten Musiker, die es hier sicher verdient hätten, im Booklet aufgeführt zu werden.

Insgesamt gesehen, meldet sich LeAnn Rimes mit „Lady & Gentlemen“ in Bestform zurück. Es ist eine Freude, dieser jungen Dame beim Singen zuzuhören und sich von ihr betören zu lassen. Dieses Cover-Experiment ist eindrucksvoll gelungen!

Curb Records (2011)
Stil: Country & More

01. Swingin‘
02. Wasted Days And Wasted Nights
03. The Only Mama That’ll Walk The Line
04. I Can’t Be Myself
05. 16 Tons
06. Help Me Make It Through The Night
07. Rose Colored Glasses
08. A Good Hearted Woman
09. When I Call Your Name
10. He Stopped Loving Her Today
11. Blue (mit The Time Jumpers)
12. The Bottle Let Me Down

Bonus Tracks:
13. Crazy Women
14. Give

LeAnn Rimes
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Bärchen Records

Julie Roberts – Same – CD-Review

Sie ist zweifellos, rein optisch betrachtet, eine ‚Pretty Woman‘ und auch ihr Einstieg ins Musikbiz in Nashville hört sich zunächst einmal wie aus einem Film an. Die Rede ist von Julie Roberts, weder verwandt noch bekannt mit ihrer berühmten Nachnamensvetterin aus Hollywood. Hier die Kurzversion des Drehbuchs. die schon immer musikbegeisterte Studentin aus South Carolina wechselt an die ‚Belmont Universität‘ in Nashville, wo sie mit einigen Kollegen auch bald eine Band formt, und versucht in der hiesigen Clubszene Fuß zu fassen.

Sie nimmt parallel ein paar Demobänder auf. Nach ihrer Promovierung erhält sie eine Anstellung als Empfangsassistentin bei ‚Mercury Records‘. Über einen Freund gelangen die Aufnahmen zu einem der Stargitarristen der Studiomusikergilde. Brent Rowan. Der wiederum nimmt einige weitere Sachen mit Julie auf, und spielt das Geleistete dem Präsidenten der ‚Universal Music Group Nashville’‚ Luke Lewis vor, der zum Zeitpunkt an der Verpflichtung einiger neuer Künstler interessiert war.

Dieser ist sofort hellauf begeistert und erklärt Rowan, dass er Julie unbedingt kennen lernen möchte. Der erwidert trocken, dass er sich nur eine Etage tiefer bewegen müsse, denn die Gute arbeite bereits für ihn… Kommen wir aber zu ihrem Werk, das bereits aus 2004 stammt.

Julie Roberts präsentiert auf ihrem Debüt elf Stücke, die größtenteils im Balladen- und Midtempobereich anzusiedeln sind, fernab der schnelllebigen und kommerziell orientierten Mainstream-Schiene, die doch größtenteils in Nashville marktbeherrschend vorzufinden ist.

Jeder Song erzählt seine kleine Geschichte und lebt von der Atmosphäre, die einerseits durch Julie’s rauchig ausdrucksvolle Stimme sowie die exzellente Leistung eines relativ eng bestückten, aber qualitativ auf unglaublich hohem Niveau agierenden Musikerkreis, erzeugt wird.
Hier gilt es sich Zeit zu nehmen, man schnappt sich am besten einen Kopfhörer, lässt sich mit einem Gläschen Wein in einen gemütlichen Sessel bei gedämpften Licht herabsinken, und von den liebevoll, aber sehr kraftvoll durch Produzent Brent Rowan abgemischten Details verwöhnen.

Auffällig trotz des gemäßigten Tempos der meisten Stücke, eine sehr knackige Drum- und Percussionarbeit (Shannon Forrest und Eric Darken), sehr klares Akustikgitarrenspiel durch Bryan Sutton, dezente, aber immer zum richtigen Zeitpunkt einsetzendes Piano eines meiner Lieblingskeyboarder Gordon Mote, und natürlich die erdigen E-Fills oder auf den Punkt gebrachten Soli von Brent Rowan.

Für den Steelbereich zeichnet sich Legende Al Perkins verantwortlich und im Background stellten keine geringeren als Vince Gill und Delbert McClinton ihre charismatischen Stimmen für den einen oder anderen Song zur Verfügung. Zu den Earcatchern dieser durchgängig guten CD ohne Lückenbüßer sind die beiden erfolgreichen Singles „Break Down Here“ und „Wake Up Older“ zu zählen, „Pot Of Gold“ ein durch Akkordeon (Tim Lauer) dominiertes peppiges Midtempostück, das leicht karibisch anmutende „Just ‚Cause We Can“ und ein fetziger Countryrocker mit Southern-Feeling „No Way Out“, von Julie mit dreckiger Stimme im Stile Bonnie Raitts vorgetragen, veredelt mit schönen Akustikslides, Honkytonkpiano und rockiger E-Gitarre, die in Form eines kleinen Schlagabtausches weitere Akzente zu setzen wissen.

Das in rot/braunen Tönen gehaltene, umfangreich und schön gestaltete Cover, enthält jede Menge Bilder der hübschen Julie, sowie reichhaltige Infos und natürlich alle Texte. Bewiesen hat Julie mit ihrem Erstwerk allerdings eines ganz sicher. wie sang Shania Twain doch noch vor kurzem so treffend auf ihrer letzten CD. „She’s Not Just A Pretty Woman“ oder so ähnlich…? Vielleicht verdreht Julie Euch ja auch mit ihrer tollen Stimme den Kopf.

Mercury Records (2004)
Stil: New Country

01. You Ain’t Down Home
02. Break Down Here
03. Pot Of Gold
04. Unlove Me
05. Just ‚Cause We Can
06. Wake Up Older
07. If You Had Called Yesterday
08. No Way Out
09. I Can’t Get Over You
10. Rain On A Tin Roof
11. The Chance

Julie Roberts
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Bärchen Records

Gary Rossington – That’s Me – CD-Review

Manchmal gibt es Dinge, die selbst einen hartgesottenen Musikliebhaber wie mich noch umhauen. Ich habe ja im Leben schon mit so einigem gerechnet, aber, dass Gary Rossington mal ein echtes Soloalbum herausbringen würde und darauf auch noch großartig singen würde, hätte ich, ehrlich gesagt, dem ansonsten immer so grimmig, wortkarg und abwesend wirkenden Musiker nie zugetraut.

Aber das am 04.12.1951 in Jacksonville geborene, einzige noch lebende Gründungsmitglied der legendären Southern Rock-Band Lynyrd Skynyrd scheint ein wahres Stehaufmännchen zu sein. Was hat der Mann nicht schon alles mitgemacht? Drogenprobleme, Autounfälle (GR ist ja quasi der Protagonist von „That Smell“), der unsägliche Flugzeugabsturz im Jahr 1977 (bei dem er sich Arme und Beine, nebst schwerster anderer Verletzungen, gebrochen hatte – mit Folgen bis in die heutige Zeit reichend), der Verlust unzähliger Bandkumpanen und Freunde, eine Operation am Herzen – und doch war es immer wieder Gary Rossington, der wie ein harter Fels in der Southern Rock-Brandung stehen blieb. Ein äußerst zäher Bursche, wie es scheint.

Im vorliegenden Falle wird Gary sich gedacht haben, was die beiden Van Zant-Brüder können, müsste ich doch eigentlich auch hinkriegen. Pat Buchanan, Ausnahmegitarrist in der Nashville-Studiomusikerzunft, Songwriter und auch Produzent, der Rossington (krankheitsbedingt) 2007 schon mal bei Skynyrd sporadisch für einige Gigs ersetzte, hatte wohl den Anstoß gegeben, es doch mal mit einer New Country-Platte zu versuchen.

Pat ließ seine Beziehungen spielen und brachte Gary mit einigen namhaften Songschreibern wie u.a. Hillary Lindsey, Rivers Rutherford, Brett James, Bobby Pinson und David Lee Murphy zusammen. Dazu stellte er ihm einen exklusiven Kreis von Instrumentalisten (Greg Morrow, Mike Brignardello, Gordon Mote, Tom Bukovac, Ilya Toshinsky, Jerry Douglas, Bryan Sutton, Dan Dugmore, Paul Franklin, Hillary Lindsey, Jon Randall) zur Verfügung und recht zügig war das Teil fertig. Buchanan zeigt sich natürlich mit Gary auch für die außerordentlich knackige Produktion verantwortlich.

Und selbst für ein Duett mit Megastar Taylor Swift reichte das von SRN üppig veranschlagte Budget. Klasse, wie das Mädel hier bei „Monday’s Gone“ unter Beweis stellt, dass sie auch gestandenen Rockgrößen Paroli bieten kann. Ein weiteres Duett liefert sich Gary auf dem aus der Rossington Collins Band-Zeiten bekannten „Misery Loves Company“ mit Ehefrau Dale Krantz (auch bei vielen Backgesängen involviert), welches diesmal sehr Steel- und Fiddle-betont (klasse Soli von Dugmore und Franklin) auf Country getrimmt wurde. Schön auch das flotte „Jacksonville Jaguars“, das Gary seinem Lieblings-Football-Club gewidmet hat. Erste Single ist das flotte und eingängige „Love Your Wife“ (gurgelnde Orgel, HT-Piano, tolle E-Soli von Gary und Tom Bukovac), dank des markanten Refrains mit sehr guten Chancen, in die Top-20 der Billboard Country Charts zu gelangen.

Das Highlight ist natürlich das sich (wie gewohnt) am Ende befindende „Free Bird“. Der Skynyrd-Klassiker wurde diesmal jedoch in eine mitreißende Bluegrass-Version verwandelt Das berühmte E-Gitarren-Finish wurde hierbei durch eine ebenso faszinierende Solopassage ersetzt, bei der sich Ilya Toshinsky am Banjo, Jerry Douglas (auch bekannt durch Alison Krauss & Union Station) an der Dobro, Bryan Sutton an der Mandoline und Buchanan an der Akustikgitarre in filigranster Weise die Finger wundspielen. Das ist Musik auf allerhöchstem Niveau. Herrlich!

Aber die wohl größte Überraschung des Albums ist der Lead-Gesang von Gary Rossington. Was hat der Typ für ein markantes Organ! Irgendwo zwischen Eddie Montgomery (Montgomery Gentry), Bill McCorvey (Pirates Of The Mississippi) und Hank Williams jr. liegend, besticht Gary immer wieder mit äußerst einfühlsamen, songdienlichen, aber vor allem auch sehr kräftigen und ausdrucksstarken Vocals. Keine Ahnung, warum man ihn nie vorher am Mikro hat singen gehört. Ich komme teilweise immer noch nicht aus dem Staunen heraus. Soviel Authentizität kann man nicht am PC nacherzeugt haben. Würde ich den Silberling nicht tatsächlich in der Hand halten, könnte man glatt meinen, es handele sich hier um einen Scherz! Der helle Wahnsinn!

Mit „That’s Me“ hat Gary Rossington ohne Zweifel wohl eine der größten Überraschungen des Jahres 2012 abgeliefert. Das Album, das am 1. April in den Handel kommen wird, verbindet modernen New Country glänzend mit auch durchaus traditionellen Klängen, ein gewisses Southern Rock-Ambiente ist ebenfalls omnipräsent. Neben seinen allseits bekannten Fähigkeiten als Gitarrist fördert es auch einen Gary Rossington als richtig guten Sänger zu Tage. Dazu ist es noch eine schöne Überbrückung bis zum nächsten Skynyrd Album und, wer weiß, vielleicht gibt es dort ja dann sogar ein Duett mit Gary und Johnny…

South Records Nashville (2012)
Stil:New Country & More

01. One Bad Man
02. Love Your Wife
03. Monday’s Gone
04. Honky Tonk Night Time Girl
05. Are You Loving Me
06. Still Alive
07. Jacksonville Jaguars
08. Misery Loves Company
09. Country’s Where The Heart Is
10. No More Time
11. Free Bird

Gary Rossington
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Rockie Lynne – Same – CD-Review

Einer der in Nashville ganz heiß gehandelten Newcomer ist Rockie Lynne, der nun, und das direkt auf einem Major-Label, sein Debüt abgeliefert hat. Lynne wuchs, streng religiös erzogen, in North Carolina auf. Erste musikalische Erfahrungen erwarb er in einem Jazz-Ensemble auf der Highschool. Danach begann er in verschiedenen Bands zu spielen. Nach dem Militärdienst folgte eine fundierte Gitarrenausbildung an einer Akademie in Los Angeles. Es folgt die Bekanntschaft mit dem Entertainer Mike Shane, der Rockie für diverse Aufnahmen mit nach Nashville begleitet.

Lynne nimmt einige Engagements in Country Touring-Bands an und verbleibt einige Jahre in Music-City. Mitte der Neunziger Jahre beginnt er sich auf seine Solo-Aktivitäten zu konzentrieren und geht aufgrund der zentralen geografischen Lage nach Minnesota, wo er sich mit ein paar in Eigenregie erstellten CDs und zahlreichen Live-Auftritten eine große Anhängerschaft aufbaut. Eines Abends wird er bei einem Gig vom Warner Brothers Marketing Mitarbeiter Bruce Larson begutachtet, der sofort eine CD an den Präsidenten von Universal Records schickte.

Die Vertragsunterzeichnung war dann nur noch Formsache. Für seinen Erstling wurden zwölf Stücke ausgewählt, die Rockie bereits zwischen 2002 und 2005 in Kooperation mit diversen Songwritern oder alleine komponiert hatte. Wie für ein Major-Label üblich, wurde ihm natürlich ein exzellentes Musikerpotential, wie u. a. Billy Panda, John Willis, JT Corenflos, Chris Leuzinger, Steve Nathan, Paul Franklin, Greg Morrow, Aubrey Haynie, zur Seite gestellt. Rein äußerlich einer Mischung aus Keith Urban und Jon Bon Jovi ähnelnd, könnte man vielleicht eine recht wilde, country-pop-rockige musikalische Gangart vermuten. Aber weit gefehlt, Rockie Lynne fühlt sich, zumindest auf seinem Debüt, in mehr traditionellen Country-Bahnen mit gemäßigtem Tempo zuhause, wobei er aber durchaus geschickt auch mal den ein oder anderen rockigeren Song einzustreuen weiß.

Mit der Single „Lipstick“, die sich durch eine klare Instrumentierung aus Akustik-, E-, und Steelgitarren (schönes E-Gitarren-Solo von JT Corenflos), ergänzt durch feine Piano- und Orgel-Tupfer, sowie Rockies kraftvolle, angenehme Baritone-Stimme auszeichnet, beginnt der Reigen dreier im Midtempo anzusiedelnder Songs. Erstmalig wird die Gangart bei „Super Country Cowboy“ etwas „rockiger“, einer knackigen, flotten Country-Rock-Nummer mit satten E-Gitarren-Riffs, Steel-Untermalung und dezentem Southern-Flair.

Im Strophenbereich entdeckt man sogar leicht angerappten, schnellen, funkigen Sprechgesang, wie man ihn auch schon mal bei Chris Cagles Paradestücken der Sorte „Country By The Grace Of God“ vorfindet. Stark, das ein wenig an Garth Brooks erinnernde „Do We Still“, das im Midtempobereich beginnt, sich aber im Verlauf des Songs bei guter Gitarrenarbeit sehr kraftvoll entwickelt. Gar ein wenig John Mellencamp-Atmosphäre vermittelt der Country-Heartland-Rock-Song „Big Time In A Small Town“. Knackige Drums, das typische Orgel-Pfeifen und wiederum tolle Gitarren (Skynyrd-mäßiges Riff) bestechen auf diesem Highlight des Werkes.

Ein weiterer Höhepunkt ist sicher auch das mit Fiddeln und Harmonika (stark hier Terry McMillan) durchzogene „Every Man’s Got A Mountain“, wobei auch die eingefügten Background-Vocals von Harry Stinson prächtig mit Rockies Gesang harmonieren. Überhaupt wird auf diesem Album meist in den Refrains mit großartigen „Backs“ vieler namhafter, meist weiblicher Akteure gearbeitet. Das sonnig relaxt dahin groovende „Holding Back The Ocean“ glänzt in toller Country-Goodtime-Manier (schöne Mandolinen-Fills), während das abschließende „Red, White And Blue“ balladeskes, patriotisch angehauchtes‚typisch amerikanisches „Country-Gefühlskino“ bietet.

Das Debüt von Rockie Lynne beeindruckt durch seine angenehme, ausgeglichene, instrumentell hochwertige Aufbereitung und gutes Songwriting, wobei hier zunächst der Fokus auf die sichere Etablierung des Künstlers in die Szenerie Nashvilles gerichtet gewesen sein dürfte. Prima, sehr solider, guter Stoff für Freunde von Billy Dean, Brian McComas, Tracy Byrd, Buddy Jewell, Tracy Lawrence, Garth Brooks & Co.!

Universal Records (2006)
Stil: New Country

01. Lipstick
02. The Only Reason
03. More
04.Super Country Cowboy
05. That’s Where Songs Come From
06. Do We Still
07. Big Time In A Small Town
08. Don’t Make This Easy On Me
09. Love Me Like You’re Gonna Loose Me
10. Every Man’s Got A Mountain
11. Holding Back The Ocean
12. Red, White And Blue

Rockie Lynne
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SHeDAISY – Sweet Right Here – CD-Review

She

Eine feste Größe im New-Country-Business zu werden, schicken sich die drei, wie immer super hübsch anzuschauenden, Osborn-Schwestern Krystin, Kelsi und Kassidy an, gleichzusetzen mit SHeDAISY (ein Begriff aus der Sprache der American Natives, bedeutet soviel wie My Sisters).

Nach ihrem überaus erfolgreichen Debüt „The Whole SheBang“ mit über einer Million verkaufter Tonträger, strafte das New-Country-Publikum ihren Nachfolger „Knock On The Sky“ aufgrund geänderter Strategie zu mehr Pop und technischen Spielereien mit knapp unter 100.000 Stück rigoros ab.
Ich persönlich empfand die Geschichte nicht ganz so dramatisch, enthält es doch auch einige sehr schöne Stücke und mit „Man Goin‘ Down“ sogar einen echten Knaller. SHeDAISY stehen nun mal eher für New-Country-Light. Aber die Fakten sprachen für sich, und so reagierte Profi-Produzent Dann Huff natürlich und knüpft jetzt wieder mit „Sweet Right Here“ an Bewährtem an.

Die Songs stammen wie immer aus Krystins Feder unter Zuhilfenahme diverser Co-Writer, die auch schon in der Vergangenheit ihren Beitrag geleistet hatten. Kassidies Stimme klingt klarer denn je, ja sogar zum Teil mit sehr erotischer Ausstrahlung. Die Harmoniegesänge sind traumhaft sicher und zuckersüß anzuhören. Gebaut auf einem soliden Fundament von Klasse-Musikern, diesmal allen voran der überragende Multiinstrumentalist Yonathan Yudkin, dürfte diesmal eigentlich nichts anbrennen.

Platz sieben in den Billboard-Album-Charts erscheint als logische Konsequenz. Überrascht hat mich ein wenig die Auswahl der ersten Single mit dem leicht orientalisch angehauchten „Passenger Seat“. Ist zwar ein ganz passables Stück, aber ich hätte da gleich vier flottere Nummern im Angebot. Das dahinrockende „5432 Run“ mit seiner flippigen Mundorgelbegleitung; „360° Of You“ für mich der Sommerhit schlechthin und legitimer Nachfolger von Shanias „That Don’t Impress Me Much“ mit kratzigem Akustikgitarrenrhythmus und seinem fröhlichen, einfach nachzusingendem Oooo-Refrain; die temporeiche Country-Tanznummer „Good Together (Bucket And Chicken)“ oder das bumpige „Don’t Worry ‚Bout A Thing“ mit toller Harmonika und schöner Banjountermalung, wie häufig bei Keith Urban eingesetzt.

Der alles überragende Song ist jedoch das atmosphärische „Love Goes On“. Wer kann stimmlich einem Verflossenem hingebungsvoller nachtrauern als es hier die gute Kassidy tut? Starke Melodie, tolle Instrumente, klasse Breaks, wunderbare Harmonies und ein markantes E-Solo runden dieses perfekte Lied ab.

Ansonsten kein Ausfall, dazu gibt es ein umfangreiches und schön zu betrachtendes Booklet mit allen Texten. Mein Fazit. Die Osborn-Sisters reifer geworden, und somit sind SHeDAISY wieder in der Spur. Gut gemacht, Mädels!

Lyric Street Records (2004)
Stil: New Country

01. Passenger Seat
02. 5432 Run
03. 360° Of You
04. Love Goes On
05. I Dare You
06. Good Together (Bucket And Chicken)
07. Come Home Soon
08. Don’t Worry ‚Bout A Thing
09. Without A Sound
10. Borrowed Home
11. A Woman’s Work
12. He’s A Hero

SHeDAISY
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Bärchen Records

Anthony Smith – If That Ain’t Country – CD-Review

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Wenn man beim Betrachten des Covers in das pausbackige und jugendlich wirkende Gesicht von Anthony Smith schaut, glaubt man gar nicht, welch außergewöhnliche Röhre diesem Burschen in die Wiege gelegt wurde.

Und spätestens nach dem ersten Refrain des Auftaktstückes „Who Invented The Wheel“ wird man das Gefühl nicht los, dass der in Tennessee geborene Sänger und Songwriter (bekannte Größen wie Trace Adkins, Lonestar oder George Strait u.a. nahmen seine Dienste bereits in Anspruch) an sein Debütwerk mit dem Ziel gegangen zu sein scheint, die gesamte New-Country-Konkurrenz an die Wand singen zu wollen.

Danach direkt der Knaller des Albums! Das hippe rhythmisch-funkig-flapsig dahingroovende Honky-Tonk-getränkte Titelstück mit seinem dezenten Voodootouch lässt einem die schwül-heiße Luft der Südstaaten förmlich durch den Körper strömen. Irre starkes Lied in Zusammenarbeit mit Jeffrey Steele, einem weiteren namhaften Songwriter der Szene. Wirklich große (New-) Countrymusik!

Die noch folgenden zehn Lieder werden zwar von einer gewissen Gemütlichkeit getragen, aber die Breaks und Refrains, die Anthony voller Inbrunst daherbölkt, lassen jede Gefahr von eventueller Lethargie verpuffen. Weitere prächtige Beispiele: Das ruhige „John J. Blanchard“, das mich vom Feeling an Skynyrds „Ballad Of Curtis Loew“ erinnert, das relaxte Midtempostück und zweite Singleauskopplung „Half A Man“ oder „Airborn“, mit dem von Charlie Daniels oftmals angewendeten rauchigen Sprechgesang.

Die starke Instrumentierung mit vielen E-, Slide-Gitarren- und Pianoeinlagen, für die Multitalent und Mitproduzent Bobby Terry größten Teils verantwortlich ist, dient dabei als Grundlage einer Scheibe jenseits jeden Kommerzes. Ich meine, eine gute Gelegenheit, um die Wartezeit bis zu den nächsten Alben von Montgomery Gentry, Travis Tritt oder Russell Smith zu überbrücken, wobei dieses grandiose Werk sicherlich nicht als Lückenbüßer missverstanden werden sollte.

Auch der eine oder andere Mensch der Americana-Fraktion hat hier sicherlich seine Freude, ich denke da zum Beispiel an John Hiatt-Fans.
Beinhaltet das Statement „If That Ain’t Country“ so etwas wie einen gewissen suggestiven Charakter, so kann ich letztendlich doch relativ unbeeinflusst und frei von der Seele Anthony Smith meinen klaren Kommentar dazu geben: ‚Yeah, that’s country!‘

Mercury Nashville (2002)
Stil: New Country

01. Who Invented The Wheel
02. If That Ain’t Country
03. John J. Blanchard
04. Impossible To Do
05. Half A Man
06. Metropolis
07. Up To The Depth
08. Airborn
09. What Brothers Do
10. Hell Of A Question
11. Venus
12. Infinity

Anthony Smith
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Jeffrey Steele – Hell On Wheels – CD-Review

Jeffrey Steele zählt zu den großen Hitlieferanten in Nashville. Jeder, der sich etwas intensiver mit CDs aus dem New Country-Genre beschäftigt, stößt mit 100%iger Garantie irgendwann, mit großer Wahrscheinlichkeit sogar mehrfach auf seinen Namen, bei dem, was meist in der Klammer hinter dem Song steht. So ernteten bereits klingende Interpreten wie Montgomery Gentry, Tim McGraw, Faith Hill, Lonestar, Trace Adkins, Diamond Rio und viele andere die Lorbeeren seiner kompositorischen Inspirationen.

Als Musiker dürfte Steele, der übrigens eine auffallende äußerliche Ähnlichkeit mit Rot-Weiss Essen-Ex-Sturmführer Alex Löbe besitzt, und von daher eh schon sympathisch erscheint, Insidern als Bassist und Sänger der Gruppe Boy Howdy vielleicht noch bekannt sein, die Anfang bis Mitte der Neunziger Jahre ihren Zenit hatten. Wehe aber, wenn der gute Jeffrey mal nicht ans tantiementrächtige Geldverdienen denkt, sondern sich seinem eigenen Solo-Projekt, unabhängig vom Nashville-Mainstream, widmet. Was er so drauf hat, bewies er eigentlich schon vor zwei Jahren auf seinem überragenden Album „Outlaw“, einer Mischung aus schönem, melodisch modernem, angerocktem Country und einer ordentlichen Portion Southern-Rock. Mittlerweile hat Jeffrey erneut Lust verspürt, sich selbst ein paar Stücke auf den Leib zu schreiben und herausgekommen ist mit „Hell On Wheels“ eine weitere Sternstunde (im wahrsten Sinne des Wortes, die Spielzeit beträgt knapp 58 Minuten!), die zeitgenössische Countryfreunde und Südstaaten Rocker zugleich begeistern wird.

Es geht gleich deftig los mit einem harpgetränktem, bluesigen Countrystomper „Your Tears Are Comin'“ mit recht amüsantem Text, den Steele mit dem bei Insidern ebenfalls recht beliebten Musiker Tom Hambridge komponiert hat (wie auch noch drei weitere Nummern). Ebenfalls aus der Feder der beiden „Sweet Salvation Of Southern Rock And Roll“, eine famose, emotional aufgeladene Southern-Rock-Hymne, die alles, was dieses Genre ausmacht, beinhaltet. Satter Drive in den Strophen, wunderbare E-Gitarren (inkl. ruhigem, warmen Slide-Bridge), Akustik-Piano und freche weibliche Backgrounds von Crystal Taliefero und K. K. Faulkner. Dazu gibt es, wie auch beim folgenden Mix aus Southern-Blues und dezentem Rockabilly, „Itchin'“, eine simulierte Live-Atmosphäre, die beide Songs noch peppiger erscheinen lässt. Überhaupt glänzen diesmal vor allem die fetzigeren Sachen, die Steele mit gewohnt rotziger Röhre vokal begleitet.

Weitere Highlights sind Sachen wie „Hollywood Girl“, ein swingender Southern-Boogie mit Bakersfield-Sound-Anleihen (lustiger Text, herrlich wie Background-Röhre Bekka Bramlett einmal „I love Jim Morrison“ dazwischenbölkt), „Georgia Boy“, eine Hommage an den guten Charlie Daniels (bei dem dessen eigene Stilmittel wie Sprechgesang und wieselflinken, filigranen E-Führungsriffs integriert wurden), oder „Down Here“ (mit tollem Banjo, bluesiger E-Gitarre, funkigen Breaks, Ooh-Ooh- Backs). Dazwischen immer mal wieder ein paar Balladen, die ohne jeden Schmalz auskommen und von Steele wunderschön, mal rauchig entspannt oder kratzig introvertiert, dargeboten werden. „Tryin‘ To Find It“ fand davon als Cover auf das neue Album vom in Nashville im Moment wieder stark auftrumpfenden Texas-Musiker Pat Green. Ebenfalls recht humorvoll dargeboten, wird hier das an John Mellencamp erinnernde „Drunk Girl“. Ein kurzes jazziges Boogie-Piano-Intermezzo ist dann noch meinem Nashville-Lieblings-Keyboarder Gordon Mote bei „Hit It Gordon“ vergönnt.

Mit „Hell On Wheels“ hat Jeffrey Steele wirklich nahtlos an sein ebenfalls sehr zu empfehlendes Vorgänger-Album „Outlaw“ angeknüpft, vielleicht sogar noch ein Schüppchen draufgelegt. Southern-Rocker, die immer noch leichte Berührungsängste haben, sollten sich jetzt wirklich einen Ruck geben. Die ganzen Klassemusiker, die auch diesmal wieder im Großen und Ganzen dabei sind (u. a. Pat Buchanan, Tom Bukovac, Greg Morrow, Tony Harrell, Gordon Mote, Russ Pahl), finden sich auch auf diesem Parkett spielend zurecht. Also, wenn nicht bei diesem Werk, wann dann? Lasst Euch musikalisch von Jeffrey Steele mit qualmenden Reifen durch die Southern-/Countryhölle fahren! Echt heiß!

Eigenproduktion (2006)
Stil: New Country

01. Your Tears Are Comin‘
02. Suite Natural Girl
03. Sweet Salvation Of Southern Rock And Roll
04. Itchin‘
05. Not That Cruel
06. Tryin‘ To Find It
07. Hit It Gordon
08. Hollywood Girl
09. Helldorado
10. Drunk Girl
11. Georgia Boy
12. Sad Situation
13. Down Here
14. Hey God

Jeffrey Steele
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Sugarland – Twice The Speed Of Life – CD-Review

Das Debüt von Sugarland ist zwar von Oktober letzten Jahres, trotzdem denke ich, dass die Scheibe es angesichts ihrer Klasse verdient hat, in Sounds of South vorgestellt zu werden. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sowohl das komplette Album als auch ihre sensationelle Single „Baby Girl“ monatelang bis zum aktuellen Tage in den Country Billboard Charts vertreten sind (Platz15, bzw. Platz 4, Stand 02.04.2005).

Aber wer sind Sugarland überhaupt? Dahinter verbirgt sich ein Trio von Musikern, die sich nicht nur bei Insidern in der Szene um Atlanta herum bereits zu früheren Zeitpunkten einen Namen gemacht haben.

Kristen Hall (Akustikgitarre, Background Vocals), eine Singer und Songwriterin, die bereits zwei Solowerke herausgebracht hat und Kristian Bush (Mandoline, Background Vocals), Part des Duos Billy Pilgrim (immerhin Inhaber eines Major Record Deals), waren an einem Punkt in ihrer Karriere angelangt, wo der Spaß an ihrem Treiben in Richtung Nullpunkt gesunken war. Nach einem intensiven Gespräch, beschloss man gemeinsam Stücke zu schreiben, spürte aber von Anfang an, dass man, um die entstandenen Synergien optimal ausnutzen zu können, eine zu ihnen passende Sängerin brauchte.

Die fand man in Jennifer Nettles, die bereits mit Soul Miners Daughter und der Jennifer Nettles Band den Atlanta-Club-Circuit aufgemischt hatte.
Eine exzellente Wahl, wie ihr Album „Twice The Speed Of Life“ eindrucksvoll beweist. Denn hier passt wirklich alles punktgenau zusammen, nicht auch zuletzt ein Verdienst vom erfahrenen Produzenten Garth Fundis an den Reglerknöpfen (Trisha Yearwood, Alabama, Collin Raye), der sämtliche Songs herrlich knackig abgemischt hat.

Kirstens flockiges Akustikgitarrenspiel, Kristians wunderbare Mandolinendarbietungen, ergänzt durch Klasseinstrumentalisten wie Tom Bukovac an der E-Gitarre, Glenn Worf am Bass, Greg Morrow an den Drums, Bob Hajacos an der Fiddle und Dan Dugmore, Steel Gitarre und Dobro, bilden den Nährboden für Jennifers angriffslustigen, mit grandiosem Temperament ausgestatten Gesang, mit echtem southerntypischem Twang. Mein Gott geht das Mädel ab, dabei sieht die unschuldig aus wie ein Engelchen!

Sämtliche Songs sind ein Genuss, eine Schwachstelle sucht man in der knappen Dreiviertelstunde vergebens. Vom knackigen New-Country, ohne auch traditionelle Elemente des Genres aus den Augen zu lassen, Pop, Rock, bis zu Westcoasteinflüssen ist hier alles in einem gesunden Verhältnis mit viel Power zusammengefügt worden.

Herausragend die beiden fetzigen Opener „Something More“ und „Baby Girl“; „Tennessee“ mit diesen leichten, an Fleetwood Mac erinnernden, Harmoniegesängen; „Just Might (Make Me Believe)“, eine wunderbare Countryballade ohne jeden Schmalz, dafür mit phantastisch eingestreuten Gitarrenparts von Tom Bukovac, oder das schweißtreibende, mit Rockabilly-Flair umgarnte Uptempostück „Down In Mississippi (Up To No Good)“. Wahnsinnig hier Jennifers dreckiger Speed-Sprechgesang und ein tolles Fiddle-Steel-Duell.

Fazit. Sugarland haben sich gesucht und gefunden. Ich habe selten so einen frischen Einstieg ins Haifischbecken Nashville erlebt. Ich bin mir sicher, dass das Trio, auch wenn die Messlatte für ihr Nachfolgewerk sehr hoch gelegt wurde, bei dem vorhandenen kreativen Potential, es zu mehr als einem One-Night-Stand bringen wird. Ein von vorn bis hinten wirklich gelungener flotter Dreier…!

Mercury Records, (2004)
Stil: New Country

01. Something More
02. Baby Girl
03. Hello
04. Tennessee
05. Just Might (Make Me Believe)
06. Down In Mississippi (Up To No Good)
07. Fly Away
08. Speed Of Life
09. Small Town Jericho
10. Time, Time, Time
11. Stand Back Up

Sugarland
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Bärchen Records

The Warren Brothers – Portrait

Eine weitere Band, die sich, ähnlich wie die Sons Of The Desert, in angenehmer Weise vom alten Countryklischee „Meine Frau hat mich verlassen und mein Hund wurde von einem Truck überfahren“ abhebt, sind die aus Tampa, Florida, stammenden Warren-Brüder.

Aufgewachsen in „Amish-People ähnlicher Art“ – so gab es bis zum 17. Lebensjahr kein Fernsehen – in der Realität einer modernen Großstadt, schöpften Brett Warren (lead vocals, acoustic guitars, keyboards, harmonica, mandolin) – äußerlich ein wenig dem jungen Elvis ähnelnd, und Brad Warren (electric-/acoustic guitars, harmony vocals), ein wenig sensibler und intellektueller wirkend, schon frühzeitig viel ihres zwiespältigen Humors, der heute größtenteils in ihren Songs reflektiert wird.

Nach dem Motto „die Rolling Stones oder Missionare werden“, beginnen sie ihr Leben nach dem High School-Abschluss als Full Time-Musiker. Es folgten um die 300 Gigs jährlich, meist in den Beach Clubs Floridas Küste entlang, bis beide eines Tages zur Einsicht gelangten, dass dies nicht die geeignte Atmosphäre für echte Songwriter ist.

Sie beschließen, nach Nashville zu gehen, um Platten zu verkaufen mit dem Anspruch, nicht zu sein, wie die meisten anderen. Man wird ansässig in einem Vorstadt-Club, namens „The Bunganut Pig“ und lernt den Songwriter Tom Douglas kennen, über den Kontakte zu „RCA“-Frau Renee Bell und „RLG-Nashville“-Chef Joe Galante geknüpft werden.

Die beiden letztgenannten sind nach einem ihrer Konzerte von der enthusiastischen Atmosphäre so angetan, dass sie schon einen Tag später einen Plattendeal mit beiden unter dem „RCA“-Schwester-Label „BNA“ abschließen. Und so entsteht 1998 ihr Debutalbum „Beautiful Day In The Cold Cruel World“, unter der Regie von Deanna Carter-Produzent Chris Farren.

Beautiful Day In The Cold Cruel World Die CD startet direkt mit dem funkigen Hammerstück „Guilty“ und bietet zwölf abwechslungsreiche Songs, allesamt aus der eigenen Feder. Die Scheibe ist sehr von Eeagles-Einflüssen geprägt, allerdings ohne damit die eigene Note zu sehr zu übertünchen. Höhepunkte sind für mich, neben dem erstgenannten Stück, das nachdenkliche „Better Man“, das selbstironische und für ihren Humor typische Gute-Laune-Stück „Just Another Sad Song“, dass alles andere als traurig rüberkommt, übrigens das einzige Stück über und aus ihrer Beach Club-Zeit und der Abschlussknüller „Nowhere Fast“, das ein wenig an John Mellencamp erinnert und in echter Manier der großen Songwriter geschrieben ist.

Die CD besticht durch ihren klaren Sound, die schöne Instrumentierung sowie die unglaublich angenehm ins Ohr gehende Stimme von Brett Warren, bei der immer wieder die Assoziation mit Don Henley in meinem Kopf herumschwirrt. Die Resonanz auf dieses tolle Werk lässt nicht lange auf sich warten: Es gibt jeweils eine Nominierung für das „Vocal Duo Of The Year“ von der „Country Music Association“ als auch für das ‚Top New Vocal Duo/Group‘ von der „Academy Of Country Music“.
Der Verkauf wird durch große Touren mit dem Faith Hill/Tim McGraw-Clan und den Dixie Chicks nachhaltig gepuscht.

Eine weitere positive Synergie ist die professionelle Einstellung, die beide mit ihrer Band, laut eigener Aussage, aus diesen „Majoracts“ für sich und ihre Entwicklung mitnahmen. Darin liegt für mich auch einer der Gründe, warum es beiden gelingt, mit ihrem zweiten Album, „King Of Nothing“, die Qualität ihres Erstlingswerkes noch zu toppen.

King Of Nothing Produziert wieder von Chris Farren, diesmal coproduziert von Brett und Brad, neun von elf Songs wieder selbst geschrieben, mit Beteiligung namhafter Leute, wie Bob DiPiero, Danny Wylde (The Rembrandts) und Benmont Tench (Tom Petty & The Heartbreakers). Alles klingt noch einen Tick moderner, rauer und rockiger. Bei den zwei Honky-Tonk-Stücken „Strange“ und „It Ain’t Me“ kommt ihre Liebe zu Lynyrd Skynyrd-Songs deutlich zum Tragen. Gerade bei „It Ain’t Me“ glänzt Keyboarder Rob Stoney in Billy Powell-typischer Art und im Break nach dem zweiten Refrain könnte man meinen, Johnny Van Zant persönlich wäre hinters Mikro geschritten.

Bei einigen Liedern wie z.B. „Do Ya“, „Superstar“, „That’s The Beat Of My Heart“, aus dem Soundtrack zum Film „Where The Heart Is“ und der größte Singleerfolg bisher, oder dem starken Titelstück „King Of Nothing“ drängt sich komischerweise immer wieder der Vergleich ,Bryan Adams plays New-Country“ in mein Hinterstübchen.

Ein weiterer Höhepunkt: die Killerballade „Waiting For The Light To Change“, bei der Brad Warren eine Kostprobe seines vorzüglichen Gitarrenspiels abliefert.
Alles in allem ein toll gelungenes, sehr abwechslungsreiches Werk mit wunderbaren Gitarrenpassagen und herrlichen Melodien. Auch Brett Warrens wandlungsfähige Stimme verleiht der CD ihren besonderen Touch und den erneuten kleinen Kick nach vorne. Man darf schon jetzt auf ihre nächste Scheibe gespannt sein, die Messlatte liegt jedenfalls ungeheuer hoch.

Die beiden haben, nach Meinung vieler Experten, bisher dem Anspruch, frischen Wind nach Nashville zu bringen, in allen Bereichen Genüge getan und der New Country Musik der heutigen Zeit, gerade auch was ihre Live Shows angeht, die Richtung vorgegeben.

Typisch Brett Warrens Statement in einem Interview dazu, was ihre Art, Musik zu machen bewirken sollte: „Tanzende, singende und trinkende Leute sowie gutaussehende Girls überall, Cowboys, die sich fragen ‚Was geht denn hier ab?‘, wenn wir plötzlich Songs von Jimi Hendrix, Stevie Ray Vaughan oder Lynyrd Skynyrd am Ende der Show auspacken, das ist, was wir wollen!“

The Warren Brothers: Brüder, die ernste Songs schreiben wollen, für die das Leben aber zu kurz ist, um ernst zu sein. Engel und Bengel gleichzeitig. Möge uns ihre flapsig-zwiespältige, selbstironische Art und ihre tolle Musik noch lange auf diesem hohen Niveau erhalten bleiben. Von mir aus bis in alle Ewigkeit!

P.S.
Die beiden brachten 2004 eine weitere starke CD „Well-Deserved Obscurity“ heraus (dazu 2005 auch noch eine ‚Best Of‘), die in diesem Magazin separat beleuchtet ist.

„Beautiful Day in The Cold Cruel World“

RCA Country (Sony Music) (1998)
Stil: New Country

01. Guilty
02. Surviving Emily
03. Better Man
04. Greyhound Bus
05. The Enemy
06. Loneliest Girl In The World
07. Cold Cruel World
08. She Wants To Rock
09. I Tried
10. The One I Can’t Live Without
11. Just Another Sad Song
12. Nowhere Fast

„King Of Nothing“

BNA Records (2000)
Stil: New Country

01. Strange
02. Waiting For The Light To Change
03. Where Does It Hurt
04. Superstar
05. Move On
06. No Place To Go
07. Do-Ya
08. What We Can’t Have
09. King Of Nothing
10. It Ain’t Me
11. That’s The Beat Of A Heart

The Warren Brothers
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