Eric Bibb – Dear America – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Nachdem Eric Bibb auf seinem 2017‘er Album „Migration Blues“ die großen Themen Migration bzw. Einwanderung aufgriff, widmet er sich nach „Global Griot“ (2018) auf seinem neuen Werk „Dear America“ dem Rassismus und den gesellschaftlichen Problemen in den USA der vergangenen Dekaden und der Gegenwart. Sein soziales Engagement, geprägt von der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, an die ihn bereits sein Vater Leon Bibb, der bereits gemeinsam mit Martin Luther King auf die Straßen gegangen war, herangeführt hatte, kommt hier textgewaltig und verpackt in eingängige, teilweise auch melancholische Melodien zum Ausdruck.

Von Bibb mit warmer, ruhiger Stimme auf einer Akustikgitarre im Fingerpicking-Stil vorgetragen, regen sie zum Nachdenken und Reflektieren an, wobei zahlreiche Gastmusiker (u. a. sind Eric Gales, Ladonna Gales, Ron Carter, Steve Jordan und Big Daddy Wilson zu hören), für instrumentelle und gesangliche Abwechslung sorgen.

Eric Bibb spannt den narrativen Bogen über Gewalt gegen Frauen („Born Of A Woman“ – mit schönen Gesangseinlagen von Shaneeka Simon), Depressionen („Whole World‘s Got The Blues“ – mit einem klasse Gitarrensolo von Eric Gales im Mittelteil), Rassentrennung und Diskriminierung („Dear America“, ein eher traditioneller Blues mit Big Daddy Wilson als Hintergrundsänger), Rassenunruhen in Chigaco („Different Picture“ – auch wieder mit toller gesanglicher Unterstützung von Shaneeka Simon) bis hin zu dem Lynchmord an Emmett Till, einem schwarzen Bürgerrechtler (Emmett‘s Ghost“), ein Song der durch den Tod von George Floyd eine neue Aktualität erhält.

Auch Vorurteile gegen Schwarze werden von Eric Bibb in dem Slowblues „White & Black“ thematisiert, genauso wie die Eisenbahn als amerikanisches Symbol der Freiheit, Hoffnung und Sehnsucht („Talkin‘ Bout A Train, Part 1 & Part 2).
Allerdings startet das Album zunächst mit einem melodiösen Roots-Stück („Whole Lotta Lovin‘“), gespielt im Fingerpicking- und Singer-Songwriter-Stil.

Das positive Feeling spiegelt sich auch in „Tell Yourself“ (ein Slowblues über den Glauben an eine bessere Welt) und in „Along The Way“ wider, einem Song, der dazu anregt, sich Zeit zu nehmen, um sich auf die wesentlichen Dinge zu besinnen. Schließlich endet „Dear America“ mit zwei optimistisch stimmenden Liedern über die Kraft der Liebe („Love‘s Kingdom“) und „One-Ness Of Love“, einem gospelig anmutenden Lovesong.

„Dear America“ ist sicherlich ein Album, das man nicht nur so nebenbei hören sollte, da es nicht nur musikalisch, durch ehrliche Arrangements ohne Schnickschnack, oft im Singer-Songwriter-Stil, und Bibbs einfühlsame Stimme besticht. Mindestens genauso beeindruckend sind seine wortgewaltigen Lyrics, mit denen man sich unbedingt auseinandersetzen sollte. Erst so entfaltet das Werk seine volle Kraft. Sehr hilfreich ist dabei, dass alle Songtexte dem Album in einem kleinen Booklet beiliegen.

Label: Provogue (2021)
Stil: Blues

Tracks:
01. Wohle Lotta Lovin‘
02. Born Of A Woman
03. Whole World‘s Got The Blues
04. Dear America
05. Different Picture
06. Tell Yourself
07. Emmett‘s Ghost
08. White & Black
09. Along The Way
10. Talkin‘ ‚Bout A Train, Part 1
11. Talkin‘ ‚Bout A Train, Part 2
12. Love‘s Kingdom
13. One-Ness Of Love

Eric Bibb
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Samantha Fish – Faster – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Manchmal ist das Streben nach musikalischer Vielseitigkeit eine Verlockung, um die künstlerischen Möglichkeiten bis an die Grenzen des Genres auszudehnen. Diesen Eindruck vermittelt die US-amerikanische Blues-Rockerin Samantha Fish auf ihrem neuen Album „Faster“. Nachdem sie für ihr Debüt „Runaway“ (2012) mit dem Blues-Music Award ausgezeichnet wurde, hat die Musikerin aus Kansas City in den letzten 10 Jahren eine Reihe abwechslungsreicher Longplayer vorgelegt. Die Bandbreite der wesentlich im Blues und Rock’n’Roll beheimateten 32-jährigen Gitarristin, Sängerin und Songschreiberin reichte dabei vom Rhythm and Blues, über Soul, Delta-Country bis zum Blues, wie u. a. auf dem letzten Album aus „Kill Or Be Kind“ (2019).

Die Fortsetzung der Blues-Rock Ambitionen wird auf der neuen Scheibe durch den Titelsong „Faster“ gleich zu Beginn kräftig vorangetrieben. Ein Gitarren-Stück mit groovendem Beat – ein strammer Opener, der anschließend mit „All Ice, No Whiskey“ ohne Abstriche ein funkiges Pendant bekommt. Die in diesem Zuge gleichermaßen bluesrockig nachfolgende Single „Twested Ambition“ reiht sich hervorragend in diesen Abschnitt der LP ein. Überhaupt hat die erstmalige Zusammenarbeit von Samantha Fish und Starproduzent Martin Kierszenbaum (u.a. Lady Gaga, Sting) tiefgreifende Pop-Spuren hinterlassen.

Nach diesem heftigen Einstieg in den Longplayer wird jedoch mit dem vierten Song „Hypnotic“ die weitere Erwartungshaltung arg strapaziert. Dieses funk-orientierte Sound-Experiment markiert offen einen Bruch der bisherigen Stilrichtung, auch getrieben von Samanthas angelehnten Vocals, erinnert an frühere Prince-Klassiker im Pop-Bereich. Die temporeichen Songs „Forever Together“, „Crowd Control“ und „Imaginary War“ können jedoch trotz der stimmlichen Ausdrucksstärke von Samantha Fish und der Guitar-Energie, nur bedingt die Erwartungen erfüllen, die das Vorgänger-Album ausgelöst hat.

Samanthas selbstbewusste Kommentierung „I try to do something different with every album“ wird nicht zuletzt in Form der Guest-Performance von Rapper Tech N9ne beim folgenden Song „Loud“ deutlich. Einer Komposition, die als großartige Mischung von Keyboards und Guitar plus Rapp-Einlage gewertet werden kann. Die reife Blues Rock-Nummer „Better Be Lonely“ und der starke Rock’n’Roll „So Called Lover“ versöhnen Blues-Fans zum Ende hin. Die als Final-Track und Kontrastpunkt zum Albumtitel abschließende Ballade „All The Words“ ist symbolträchtig und grenzüberschreitend: nur Gitarre, Bass und Klavier begleiten Samanthas tiefgründige Interpretation.

Samantha Fish hat in ihrer bisher sehr erfolgreichen Karriere häufig neue Elemente aus Jazz, Country, Soul und Blues in ihre Musik aufgenommen. Sie bewegt sich mit ihrem neuen Longplayer „Faster“ neben altbekannten Stilmotiven aus Blues und Rock teilweise auf dem Terrain von Funk, Dance und Pop ohne ihre eigentliche Herkunft hinter sich zu lassen. „Faster“ ist ein Album, das Intuition, Spielfreude und Vielfalt anzubieten hat und über einen reinen Pop-Entertainment-Charakter weit hinaus geht.

Concord Records (2021)
Stil: Blues Rock and more

Tracks:
01. Faster
02. All Ice No Whiskey
03. Twisted Ambition
04. Hypnotic
05. Forever Together
06. Crowd Control
07. Imaginary War
08. Loud (featuring Tech N9ne)
09. Better Be Lonely
10. So Called Lover
11. Like A Classic
12. All The Words

Samantha Fish
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Lea McIntosh – Blood Cash – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Lea McIntosh wuchs in schwierigen Verhältnissen mit Drogen, Gewalt und kriminellem Chaos auf. Diese Erfahrungen thematisiert sie zwar nicht auf ihrem ersten Blues-Album „Blood Cash“, welches in den nächsten Tagen in den Handel kommt, einen leicht düsteren Einfluss scheinen sie teilweise aber dennoch zu haben. Insgesamt umfasst die Scheibe sieben feine Originalsongs, die sie zusammen mit ihrem Gitarristen Travis Cruse komponiert und geschrieben hat. Unterstützt werden die beiden von Myron Dove (Bass), Deszon Claiborne (Schlagzeug), Eamann Flynn (Keyboards) und Andy Just (Mundharmonika).

Der Titelsong „Blood Cash“ besticht einerseits durch Leas raue und zugleich warme Alt-Stimme, aber ebenso auch durch Travis Cruses rotziges Gitarrenspiel auf der Akustikgitarre. Zusammen mit der frech gespielten Mundharmonika ergibt dies einen schnörkellosen, dreckigen Old-School-Blues-Sound. Ganz anders der folgende, über fünf Minuten lange und Soul beeinflusste Track „Blue Stoned Heart“ der einen tollen, leicht jazzigen Gitarrenpart im Mittelteil enthält.

Bei „Tennessee Hurricane“ handelt es sich um eine melodische, balladeske Bluesnummer, angereichert mit sphärischen, psychedelischen Gitarrenklängen. Auch in „Fantasy Woman“ schimmern soulige Elemente durch, wobei Lea McIntoshs warme Stimme mitunter, besonders am Ende des Songs, einen recht lasziven Eindruck vermittelt, wenn sie nahezu beschwörend den Songtitel refrainartig wiederholt. Der flotte Groove von „Purple Suede Boots“ geht unmittelbar in die Beine, nicht zuletzt auch wegen der von Andy Just furios und treibend gespielten Mundharmonika.

Mit „Soul Stripper“ gibt es dann den einzigen Slowblues auf der Scheibe, sehr melodiös und einmal mehr getragen von Leas kräftiger, aber einfühlsamen Stimme. Das spritzig-funkige „The Fire Is Coming“ beendet schließlich das überaus abwechslungsreiche Debütalbum der aus der Gegend von San Francisco stammenden Sängerin.

Für ein Erstlingswerk ist das Album verdammt gut geraten. Alle Kompositionen überzeugen durch Leas authentische, kräftige und zugleich warme Stimme, aber auch durch das kongeniale Gitarrenspiel von Travis Cruse. Schade nur, dass lediglich sieben Songs den Weg auf die Scheibe gefunden haben. Gerne würde man mehr von ihr hören. Aber da geht in Zukunft bestimmt noch so einiges. Wir dürfen also sehr gespannt sein und freuen uns schon jetzt auf das Nachfolgealbum.

Label: Shark Park Records
Stil: Soul, Blues

Tracks:
01. Blood Cash
02. Blue Stoned Heart
03. Tennessee Hurricane
04. Fantasy Women
05. Purple Suede Boots
06. Soul Stripper
07. The Fire Is Coming

Lea McIntosh
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Kai Strauss & The Electric Blues All Stars – 02.08.2021, Schlachtgarten, Krefeld – Konzertbericht

Nachholtermin des am 04. Juli ausgefallenen Konzerts. Als wenn die Veranstalter und Clubbesitzer durch die Pandemie nicht schon genug gebeutelt wären, musste der für den Termin geplante Kai Strauss & The Electric Blues All Stars-Gig dann auch noch wegen massiver Wasserschäden in Folge der sintflutartigen Regenfälle dieser Tage abgesagt werden.

Dazu fällt mir spontan der nahezu philosophisch tiefgründig anmutende Spruch von Rot-Weiss Essen-Mittelstürmer-Legende Jürgen ‚Kobra‘ Wegmann ein: „Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu…“

Mittlerweile ist der Schlachtgarten dank großen Engagements der Betreiber und Helfer in die bekannt heimelige Location zurück verwandelt, erste Konzerte haben schon wieder stattgefunden und auch der Kai Strauss-Auftritt sollte an diesem Abend jetzt realisiert werden. Immerhin spielte diesmal wenigstens das Wetter mit (auch wenn für einen Abend Anfang August recht kühl).

Zu Beginn betraten nach der Ansage von Mitveranstalter Markus ‚Pille‘ Peerlings zunächst die schick in Schwarz gekleideten Electric Blues All Stars die Bühne und spielten sich mittels eines Instrumentals in ihren Rhythmus. Hier ließ Mit-‚Alpha‘-Musiker Tommy Schneller, der sich aber im weiteren Verlauf ganz uneigennützig in den Dienst des Gesamtensembles stellte, ein erstes starkes Saxofon-Solo ab. Zum Ausklang stieß dann der Protagonist mit seiner blitzeblanken silber-weißen Stratocaster und einem End-Solo mit in den Gig ein.

Was mir direkt gut gefiel, war, dass Strauss sich insgesamt sehr kommunikativ gab und fast vor allen Stücken kleine kurze (bluestypische…) Anekdoten zum Besten gab. Das trug neben der engagierten musikalischen Gesamtleistung auch zur guten Stimmung erheblich bei.

Während seine Rhythmus-Fraktion, bestehend aus dem ultra-cool zupfenden Kevin DuVernay am Bass und Alex Lex am Schlagzeug sich konzentriert der Taktgebung widmete, hatten die drei restlichen Musiker Jens Buschenlange an der Trompete, Keyboarder Nico Dreier (bekannt auch für seine Mitwirkung bei den Bluesanovas – überwiegend mit Orgel- und punktuell mit Piano-Einlagen) und Schneller viele Gelegenheiten, ihre Solo-Künste feil zu bieten. Strauss, sich hier dann aber doch ganz als Platzhirsch zeigend, konterte im direkten Anschluss, so gut wie immer mit seinen quirligen Soli an seinem Paradegerät.

Das Kollektiv spielte im Verlauf ein zweiteiliges Set, inklusiv Tracks aus Kais eigener Feder (mit Hauptaugenmerk auf seinem aktuellen Album „In My Prime“) und diversen Stücken bekannter Blues-Ikonen, zu denen der mit fünf gewonnenen German Blues Awards dekorierte Westfale im Laufe seiner 30-jährigen Karriere eine besondere Beziehung entwickelt hat. Auch wenn sich Strauss als bekennender Fan des Texas Blues outete, und seine Stimme der von Devon Allman sehr ähnelte, stand der Haupt-Fokus doch eher auf den Bläser- und traditionell-ausgelegten Spielarten des Genres (Chicago- und Rhythm And Blues) , die man eher in den etwas nördlicheren und östlicheren Teilen der Staaten präferiert.

Die gute Stimmung im Publikum erreichte dann ihren Höhepunkt, als Strauss beim wahnsinnig starken Slowblues „Hard Life“ für’s ausgedehnte Solo ins Kiesbett vor der Bühne des Schlachtgartens wanderte, im Willie Dixon-Klassiker zu Ehren von Buddy Guys 85. Geburtstag „Let Me Love You Baby“ ein Solo mit der Gitarre hinter seinem Hintern als Showeinlage darbot und beim finalen, furios den Hauptteil abschließenden „Got To Be Some Changes Made“ (aus der Feder von Albert King), auch noch claptoneske Talente offenbarte.

Klar, dass diese letzte Klasse-Nummer den Wunsch im Publikum auslöste, lautstark nach einem Nachschlag zu verlangen. Da ließ sich das Sextett natürlich nicht lange bitten und erfüllte diesen mit einem schönen schunkeligen Instrumental , bei dem sich alle vier nochmals an ihren Instrumenten in eigener Sache ‚zeigen‘ konnten.

Insgesamt somit ein unterhaltsamer und kurzweiliger Abend im Krefelder Schlachtgarten, der eindeutig untermauerte, warum Kai Strauss in der nationalen und internationalen Bluesszene großes Renommee genießt. Ein tolle, mitnehmende und sehr sympathische Werbung für den Blues und den Schlachtgarten als erlebenswerte Live-Open-Air-Location! Vielen Dank an die Organisatoren Kolja und Pille samt Helferschaft, wobei auch der tolle Sound und die hervorragende Bühnenbeleuchtung nicht unerwähnt bleiben sollten.

Line-up:
Kai Strauss – lead vocals, electric guitar
Tommy Schneller – saxophone
Nico Dreier – keys
Jens Buschenlange – trumpet
Kevin DuVernay – bass
Alex Lex – drums

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Kai Strauss & The Electric Blues All Stars
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Schlachtgarten Krefeld
Kulturrampe Krefeld

Paul Thorn – Never Too Late To Call – CD-Review

Review: Michael Segets

1997 veröffentlichte A&M Records Paul Thorns ersten Longplayer. Thorn verabschiedete sich danach von dem Major-Label und bringt seine Musik seitdem in Eigenregie heraus, wobei ihm sein langjähriger Freund Billy Maddox durchgängig zur Seite steht. „Never Too Late To Call“ reiht sich so nahtlos in das bisherige Werk von Thorn ein – soweit ich sie überblicke. In meinem Regal befinden sich seine drei erfolgreichsten Alben, die es in den US-Charts in die Top 100 geschafft hatten: „Pimps And Preachers“ (2010), „What The Hell Is Going On?“ (2012) sowie „Too Blessed To Be Stressed“ (2014).

2018 folgte noch ein Album mit Gospel-Covern, bei dem u. a. Bonnie Bishop mitwirkte. Auf dem nun vorliegenden „Never Too Late To Call“ sind nun wieder Eigenkompositionen versammelt, an denen Thorn die letzten sieben Jahre arbeitete. Thorn, der für seine persönlichen Texte bekannt ist, greift glückliche Beziehungen auf, die trotz ihrer Schwierigkeiten Bestand haben. Seine neue CD wirkt daher vielleicht eine Nuance gesetzter und zahmer als seine bisherigen.

Folglich finden sich einige ruhige Stücke auf der Scheibe, die mit dem akustisch gehaltenen Folk „Two Tears Of Joy“ beginnt. „What I Could Do“ und „Goodbye Is The Last Word“ sind konventionell gehaltene Balladen mit dezenter Begleitung. Ambivalent stellt sich „Apple Pie Moonshine“ dar. Gut gefällt dort der etwas rau-kratzige Gesang, Abstriche ergeben sich aus den langgezogenen Uh-Hu’s im Refrain. Ähnliche lautmalerische Ausflüge unternimmt Thorn ebenso bei „Sapalo“. Der vom Blues infiltrierte Track sorgt mit seinem akzentuierten Rhythmus zwischen den Balladen am Anfang des Albums allerdings für Abwechslung.

Die thematische Ausrichtung des Longplayers und die situierte Lebensphase Thorns kommen im Duett mit seiner Frau Heather („Breaking Up For Good Again“) sowie in „Sapphire Dream“, das er gemeinsam mit seiner Tochter Kitty Jones singt und geschrieben hat, zum Ausdruck. Seiner verstorbenen Schwester, die rund um die Uhr für ihn erreichbar war, ist „It’s Never Too Late To Call“ gewidmet,. Der sensible, dem Album seinen Namen gebende Song hat etwas von Steve Earle. Unabhängig davon, ob man diese Verbindung wahrnehmen möchte, stellt das Stück das Highlight unter den Balladen dar.

In der zweiten Hälfte des Albums zieht Thorn das Tempo mit einigen Tracks an. Der gradlinige Heartland-Rocker „Here We Go“ liegt ziemlich genau auf meiner Linie. Bei „You Mess Around Get A Buzz“ kommt mal eine kräftige elektrische Gitarre zum Zuge, womit Thorn beweist, dass er nicht weichgespült ist. Der Abschluss „Holy Hotty Toddy“ verpackt eine Prise Humor in einen lockeren Rocker mit rundem Refrain.

Thorn trat als Support für einige Größen des Musikgeschäfts auf, so für John Prine, Robert Cray, Bonnie Riatt oder Toby Keith. Für die Produktion seines Longplayers gewann er Matt Ross-Spang (Jason Isbell, Will Hoge, Lucero, Arlo McKinley). Wie sein aktuelles Werk einschlägt, bleibt abzuwarten. Verdient hätte Thorn, dass es an die Erfolge vom Beginn der letzten Dekade anknüpft.

Auf „Never Too Late To Call” von Paul Thorn dominieren die ruhigeren Töne. Unter den Balladen entwickeln der Titeltrack sowie die Duette mit Frau und Tochter den größten Reiz. Zusammen mit den eingestreuten Rockstücken gelingt ihm so ein Album, das zu weiten Teilen überzeugt.

Tracklist:
01. Two Tears Of Joy
02. It’s Never Too Late To Call
03. Sapalo
04. Breaking Up For Good Again
05. What I Could Do
06. Here We Go
07. Apple Pie Moonshine
08. Sapphire Dream
09. You Mess Around & Get A Buzz
10. Goodbye Is The Last Word
11. Holy Hottie Toddy

Paul Thorn
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Oktober Promotion

Lauren Anderson – Love On The Rocks – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Die Chicagoerin Lauren Anderson durfte mit ihrem ausdrucksstarken Gesang bereits Konzerte von Beth Hart, Samantha Fish, Walter Trout und Mike Zito, der auch auf ihrem Album in einem Song als Gastgitarrist zu hören ist, eröffnen. Zudem wurde sie bereits 2015 von den Midwest Music Awards zur Sängerin des Jahres gekürt.

Ihr zweites Album „Love On The Rocks“, das nun am 06. August erscheint, hat Lauren Anderson in Eigenregie produziert und veröffentlicht. Es enthält neun feine, zumeist ruhige, Songs. Immer getragen von ihrer kraftvollen, warmen Altstimme.

Gleich zu Beginn stellt sie in dem leicht gospelig anmutenden A-Capella-Stück „Keep On“ ihre stimmlichen Qualitäten unter Beweis, lediglich unterstützt durch den Takt vorgebendes Klatschen und harmonische Background Vocals, während in dem Titelsong „Love On The Rocks“ die verletzliche Seite ihre Stimme zum Ausdruck kommt. Ähnlich auch das folgende „Back To Chicago“ mit Mike Zito als Gastgitarrist und einem schönen Gitarrensolo im letzten Drittel des Titels. „The Way I Want“ ist eine eingängige Midtempo-Nummer mit lakonisch wirkendem Gesang von Anderson.

Das ebenfalls ruhige „Holdin‘ Me Down“ überrascht mit einem orientalisch klingenden Intro, welches sich wiederkehrend durch den gesamten Song zieht. Lediglich die Titel „Just F***ing Begun“ und „I‘m Done“ sind beiden einzigen Stücke, die etwas härter zur Sache gehen. Der erstgenannte Song ist sehr rhythmisch, untermalt mit kompromisslos treibenden Drums. Im Gegensatz dazu steht „I‘m Done“ mit seinen funkigen Gitarreneinlagen und einem abrupten Ende.

Das Album endet dann mit zwei etwas längeren, ruhigen Songs: „Stand Still“ eher balladesk, nachdenklich und „Your Turn“ ist ein melodiöser, schöner Slowblues mit Geigen und Pianobegleitung.

Auf ihrem Album vereint Lauren Anderson gekonnt Elemente von Blues, Rock und Soul und findet damit ihren eigenen Stil. Insbesondere als Sängerin hinterlässt sie einen bleibenden Eindruck. Nicht ganz so rau und whiskygeschwängert wie Janis Joplin, dennoch ausdrucksstärker als Joss Stone und mitunter auch an Layla Zoe erinnernd, immer gefühlvoll und verführerisch. Wir dürfen auf mehr gespannt sein.

Label: Independent
Stil: Blues/Americana

Tracks:
01. Keep On
02. Love On The Rocks
03. Back To Chicago
04. The Way I Want
05. Holdin‘ Me Down
06. Just F***ing Begun
07. I‘m Done
08. Stand Still
09. Your Turn

Lauren Anderson
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Paulie Cerra Band – 23.07.2021, Schlachtgarten, Krefeld – Konzertbericht

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An einem schönen Sommerabend stand Paulie Cerra mit seiner Band auf der Bühne des Krefelder Schlachtgartens. Nachdem der Vorverkauf bis eine Woche vor dem Konzert eher träge verlief, entschlossen sich doch einige Fans der gepflegten Bluesmusik kurzfristig zu erscheinen, sodass der Schlachtgarten dann letztlich mit etwa 110 Besuchern recht gut besucht war.

Nach einer kurzen Bandankündigung durch Pille Peerlings bahnte sich das Quartett unter dem Applaus der Fans den Weg mitten zwischen den Tischreihen, was ein bisschen an einen Einzug von Gladiatoren erinnerte.

Hier handelte es sich aber eher um einen Einmarsch von Spitzenköchen der Bluesmusik, die in den folgenden etwa 140 Minuten Spielzeit etwas ganz besonderes präsentierten. Blues gespickt mit einer Prise Soul und einigen Spitzen von Funk. Da aber auch das Auge den Geschmack indirekt beeinflusst, zauberte der Lichttechniker des Schlachtgartens ein Bühnenlicht, was für so eine kleine Location schon beeindruckend ist. Damit sorgte er dafür, dass das bereitete musikalische Menü von der Bühne auch visuell bei den Gästen bestens ankam.

Cerra, vielen auch bekannt als Saxophonist von Joe Bonamassa (da haben wir ihn auch schon in Köln und Düsseldorf erlebt), zeigte seine spielerischen Qualitäten auch an den Keyboards und glänzte mit einer beeindruckenden Stimmbreite. Neben seinem spielerischen Können war er ein toller als Entertainer zwischen den Songs, wobei er auch stets darauf bedacht war, seine Band ins rechte Licht zu stellen.

An erster Stelle stand dabei Billy Haynes, der Bassist, der Tina Turner in den Anfangsjahren ihrer Solokarriere begleitete. Dass Haynes den Bass sitzend spielte tat der Qualität keinen Abbruch und die spielerische Leichtigkeit und die positive Stimmung, die er auf die Bühne brachte, waren schon beeindruckend. Neben dem Bass unterstützte er Cerra auch noch in einigen Songs als Backgroundsänger.

Aber auch Drummer Alvino Bennett wurde mehrfach hervorgehoben. Er flog zuweilen mit einer Leichtigkeit über die Drums, konnte aber auch, wenn es gewollt war, energisch hervorpreschen.

Last but not least Ben Forrester an der Gitarre. Der jüngste aus der Band, mit Cowboyhut und Feder, zeigte an seiner Gibson Les Paul, warum ihn Cerra für die Tour mit ins Boot genommen hatte. Ob fingerpickend, slidend oder in bester Blues-, zuweilen auch in Southern-Manier, zelebrierte der Könner seine E-Gitarren-Soli regelrecht.

Das Arrangement des ganzen Konzertes mit Songs, zumeist aus der Feder Cerras stammend, wobei das letzte Album „Hell & High Water“ größtenteils durchgespielt wurde, sorgte auch im Publikum für eine Stimmung, wie ich sie bei einem Konzert im Schlachtgarten bisher noch nicht erlebt habe. Von verträumt, bis hin zu enthusiastisch mitgehend waren alle Parameter vertreten. Besonders die letzten Songs wurden vom Publikum stehend mit Szenenapplaus begeistert abgefeiert.

Nachdem die Band nach dem letzten Song gebührend verabschiedet wurde und sich wieder den Gang durchs Publikum gebahnt hatte, kam Cerra nochmals auf die Bühne, um sich solo am Piano noch einmal zu verabschieden.

Nachdem dann Ceras endgültig die Bühne verlassen hatte, zog Kolja Amend vom Schlachtgarten noch einmal ein kurzes Resümee, in dem er seine Gefühle zu dem Konzert zum Ausdruck brachte. Ein Satz sagt dabei alles: „Ich habe immer noch eine Gänsehaut“.

Wer Paulie Cerra mit seiner Band auf der Tour noch erleben will, muss sich sputen, da sie sich zum Ende neigt. Es lohnt sich absolut, solch musikalische Hochkaräter, auch wenn sie bei Topstars ’nur‘ in der ‚zweiten Reihe‘ spielen, als eigenständigen Topact zu erleben.

Line-up:
Paulie Cerra – lead vocals, keys, saxophone
Ben Forrester – guitar
Billy Haynes – bass
Alvino Bennett – drums

Text und Bilder: Gernot Mangold

Paulie Cerra
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Schlachtgarten Krefeld
Kulturrampe Krefeld

Tedeschi Trucks Band featuring Trey Anastasio – Layla Revisited (Live At Lockn‘) – CD-Review

cover Tedeschi Trucks Band 300

Review: Stephan Skolarski

Das arrivierte US-Lockn‘ Festival in Arrington, Virginia, war am 24. August 2019 Schauplatz einer einmaligen Blues Rock-Performance. Angekündigt war der Auftritt der Tedeschi Trucks Band (TTB) und nur wenige waren eingeweiht, dass dieser spezielle Gig einem Meisterwerk der Musikgeschichte gewidmet war.

Für die Live-Inszenierung des Blues-Rock-Studiowerks „Layla And Other Assorted Love Songs“ von Derek And The Dominos aus dem Jahre 1970 hatten sich Susan Tedeschi und Derek Trucks zu ihrer ‚Big Band‘ Verstärkung durch Phish-Gitarrist Trey Anastasio und „Allrounder“ Doyle Bramhall II geholt. Letzterer hatte schon an verschiedenen Clapton-Produktionen und auch bei der TTB „Made Up Mind“ LP (2013) mitgewirkt.

Der exklusive Festival-Mitschnitt wird nun als „Layla Revisited“ veröffentlicht und zeigt die Band auf einem leidenschaftlichen Höhepunkt ihrer Karriere. Die Songs bewegen sich stilistisch nah an den berühmten Vorbildern, besitzen aber durch die unterschiedlichen Vocals, den breiten Bühnensound und die zum Teil erheblich längeren Spielzeiten eine bemerkenswerte Eigendynamik. Bereits mit dem Opener „I Looked Away“ und dem intensiven „Bell Bottom Blues“ wird eine energiegeladene Konzertstimmung vermittelt.

Danach entwickelt die 12-Minuten-Version von „Keep On Growing“ (Original 6 Minuten) ehrgeizige Blues- und Southern-Rock Vitalität, eine in Richtung Allman Brothers ausschweifende Performance. Der ehemalige Leadgitarrist der Allman Brothers Band, Duane Allmann, war an 11 Stücken der „Assorted Love Songs“ Produktion beteiligt; und so lässt Derek Trucks, seinesgleichen einer der weltbesten Slide-Gitarristen, seine Vorliebe für die prägende Spielweise von Duane immer wieder zum Vorschein kommen

Ihre individuelle Beziehung zum „Layla-Album“ haben Susan Tedeschi, die am Tag der Erstveröffentlichung 1970 geboren wurde, und Derek Trucks, dessen Vorname an Claptons Synonym erinnert als Band-Projekt über die Zeit bewahrt. So entstand eine persönlich inspirierte Live-Aufnahme der berühmten Einzeltitel, welche durch die vier erstklassigen Lead-Gitarristen zeitgemäß aufbereitet wurden – Susans Vocal-Power z.B. bei „Nobody Nows You When You’re Down And Out“ nicht zu vergessen.

Immer wieder sind es durchweg die ausgiebigen Song-Fassungen, wie „Anyday“ (13 Minuten lang) und die vier folgenden 8 Minuten-Tracks („Key To The Highway“, „Tell The Truth“, „Why Does Love Got To Be So Sad“ und „Have You Ever Loved A Woman?“), die Ausstrahlung und Energie einer hochkonzentrierten Band großartig einfangen. Die extravaganten Zuckerstücke „Little Wing“ von Jimi Hendrix und natürlich das Clapton/Gordon Meisterstück „Layla“ werden in brillanten Versionen zelebriert.

Der von Susan Tedeschi gesungene, populäre Titelsong mit dem legendären Gitarrenriff ist die finale Glanzperformance eines Abends, der vielen noch lange in Erinnerung bleiben wird. “Layla Revisited“ endet mit einer Studioversion von „Thorn Tree In The Garden“, die Tedeschi und Trucks zu zweit aufgenommen haben, da der Live-Track als gekürztes Outro verwendet wurde.

Insgesamt hat die Tedeschi Trucks Band featuring Trey Anastasio mit „Layla Revisited (Live at Lockn‘)“ eine moderne Konzertedition des zeitlosen Rockalbums geschaffen. Eine geniale und komplexe Alternative, nachträglich zur 50. Anniversary-Ausgabe des insoweit etwas in die Jahre gekommenen Originals, aber mit einer ebenso erfrischenden und begeisternden Performance, die den musikalisch ansteckenden Vibe der damaligen Zeit in jeder Hinsicht fortsetzt.

Fantasy Records (2021)
Stil: Blues Rock

Tracks:
01. I Looked Away
02. Bell Bottom Blues
03. Keep On Growing
04. Nobody Knows You When You’re Down and Out
05. I Am Yours
06. Anyday
07. Key To The Highway
08. Tell The Truth
09. Why Does Love Got To Be So Sad?
10. Have You Ever Loved A Woman?
11. Little Wing
12. It’s Too Late
13. Layla
14. Thorn Tree In The Garden (studio)

Tedeschi Trucks Band
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Oktober Promotion

Sean Chambers – That’s What I’m Talkin About – CD-Review

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Review: Gernot Mangold

In den letzten Jahren neigen viele Musiker dazu, alte Blues oder Rock-Klassiker, die zum Teil ihren Musikstil beeinflusst haben, auf einem Album einzuspielen. Auf den ersten Blick oder beim ersten Hören könnte man dies beim Werk von Sean Chambers auch vermuten.

Hier ist die Sache aber anders. Es ist ein Tributalbum für seinen Mentor Hubert Sumlin, der lange als Gitarrist für Howlin‘ Wolf arbeitete, bevor er eine Solokarriere startete. Nachdem Chambers sein erstes Album herausbrachte, wurde Sumlin auf seine Band aufmerksam und machte sie ab 1998 für etwa vier Jahre zu seiner Begleitband. Dass diese Phase prägend für Chambers war, zeigt auch der Titel des Albums, der einen Satz abgibt, der von Sumlin oft benutzt wurde.

Die auf „That’s What I’m Talkin About“ vertretenen Songs spielte Chambers in dieser Phase als Gitarrist für Hubert Sumlin ein, sodass es mehr als ein normales Coveralbum ist. Chambers gelingt es mit seiner Begleitband, Bluesklassiker, die schon Howlin‘ Wolf oder Hubert Sumlin zu Größen der Bluesmusik machten, neues Leben einzuhauchen.

Die Songs wirken dabei energiegeladener als die Originale, was auch daran liegt, dass Chambers stark vom Stil eines Stevie Ray Vaughan geprägt ist. Seine spielerische Vielfalt zeigt er auch bei „Do The Do“, wo er beweist, dass er das Sliden grandios versteht. Die Grundlage, auf der sich Chambers mit gekonnten virtuosen aber auch teils brachialen Soli austoben kann, legt seine starke Rhythmusfraktion mit Todd Cook am Bass und Andrei Koribanics an den Drums.

Ein besonderes Highlight ist das rockige, furiose „Hubert Song“, eine Homage an seinen Mentor, in dem stilistisch Anlehnungen an Bluesgrößen von Rory Gallagher bis zu Jimmy Hendrix wie im Zeitraffer vorbeirauschen.

Mit „Louise“ einem der bekanntesten Songs von Howlin‘ Wolf findet das Album einen würdigen Abschluss, bei dem neben Chambers, auch Rick Curran am Piano starke Akzente setzt.

Sean Chambers ist ein starkes Tributalbum gelungen, in dem jeder Song seine Berechtigung hat und das durch die Nähe zu Hubert Sumlin fast den Charakter eines ‚Greatest Hits‘-Albums hat und in der Form auch jedem Bluesfan empfohlen werden kann.

Eine weitere, allerdings eher traurige Besonderheit ist, dass das Werk das letzte war, welches Ben Elliott, bei dem sich viele Größen des Blues Rocks die Klinke in die Hand gaben und der mit Sicherheit auch seinen Anteil an dem stark produzierten Album hat, kurz vor seinem Tod begleitete.

Sean Chambers – guitar/vocals
Todd Cook – bass
Andrei Koribanics – drums
Rick Curran – Hammond B3/keyboards

Quarto Valley Records
Stil: Blues

Tracklist:
01. Chunky
02. Do The Do
03. Rockin Daddy
04. Goin Down Slow
05. Hidden Charms
06. Fourty Four
07. Tail Dragger
08. Hubert Song
09. Sittin On The Top Of The World
10. Howlin For My Darlin
11. Louise

Sean Chambers
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V2 Records

Eddie 9V – Little Black Flies – CD-Review

E9V_300

Review: Jörg Schneider

Fast genau ein Jahr nach Veröffentlichung seines letzten Live-Albums „Way Down The Alley“ hat Eddie 9V nun seinen neuen Longplayer „Little Black Flies“ herausgebracht. Nach eigenen Aussagen ist es wohl recht spontan im Studio entstanden. Da viele Musiker der Südstaatenszene coronabedingt keine Gigs mehr hatten, hat Eddie einfach ein paar von ihnen angerufen und zu einer Aufnahmesession in das Echo Deco Studio in Atlanta eingeladen.

So kam für das Recording ein Who-is-Who der besten Musiker ihres Fachs, einschließlich Brandon Boone, dem Bassisten der Tedeschi Trucks Band zustande. Eingespielt wurden zwölf Titel inklusive drei Coversongs („Travelin’ Man“ – Albert King, „Miss James“ – Stanley J. Lewis & Sonny Thompson, „You Don‘t Have To Go“ – J. M. Reed). Alles live und ohne Overdubs, um so den Sound der alten Blueslegenden zu erhalten.

Und tatsächlich fühlt man sich bei den Songs klanglich um Jahre zurückversetzt. Dieser Mood überfällt den Hörer sofort bei dem etwas souligen und mit nostalgischen Bläsersätzen angereicherten Titelsong „Little Black Flies“. Leicht soulig angehaucht präsentieren sich auch „3am In Chicago“ mit sozialkritischem Text und klagenden Gitarrenriffs sowie „Puttin‘ The Kids To Bed“, einem Song über die schönste Nebensache der Welt.

Daneben gibt es noch wunderschöne traditionelle R&B-Nummern zu hören, mit schrammelnder Slide-Gitarre und Bluesharp („She Got Some Money“) oder „Travelling Man“ und „You Don“t Have To Go“ zum Abschluss des Longplayers.

Natürlich haben Eddie 9V und seine Mannen auch reine Blues-Stücke aufgezeichnet: „Dog Me Around“ mit klagender Bluesharp und „Miss James“ mit fetzigem Trommelwirbel als Einstieg. Typische Slowblues-Titel sind hingegen „Don’t Come Around This House“ (starke Gitarrenriffs, dezente Bläser), „Back On My Feet“ (vom Arrangement her an John Lee Hooker erinnernd) und „Columbus Zoo Blues“.

Die Scheibe zieht einen unweigerlich in seinen Bann, klanglich etwas old-school, was ja, wie gesagt, beabsichtigt war, mit souligen Bläsern, heulenden Slide-Gitarren, tollen Gitarrenriffs und der markanten Stimme des Bandleaders. Es ist eine Hommage an die alten Größen des Blues wie z. B. Otis Rush, Mike Bloomfeld oder Albert King, frisch und neu interpretiert. „Little Black Flies“ kann sicherlich als gelungener Versuch gesehen werden, die etwas angestaubte Roots-Szene des Südens wieder neu zu beleben.

Label: Ruf Records
Stil: Blues

Tracks:
01. Little Black Flies
02. She Got Some Money
03. Dog Me Around
04. Don‘t Come Around This House
05. Travelin‘ Man
06. 3am In Chicago
07. Reach Into Your Heart
08. Miss James
09. Back On My Feet
10. Puttin‘ The Kids To Bed
11. Columbus Zoo Blues
12. You Don‘t Have To Go

Eddie 9V
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