Dean Miller – Platinum – CD-Review

Dea

Für Nachkömmlinge berühmter Musikerpersönlichkeiten erweist sich der Weg im gleichen Business unterzukommen, trotz zweifellos günstiger Startbedingungen, oftmals steiniger als erwartet. Ein Beispiel für diese These ist Dean Miller, Sohn der Countrylegende Roger Miller („King Of The Road“)! Rein äußerlich eine Mischung aus einem jungen Johnny Cash und Tom Hanks, schien dieser schon relativ frühzeitig dafür prädestiniert zu sein, sowohl im Musikgenre, als auch im Schauspielfach Fuß fassen zu können. Letztendlich überwogen aber die musikalischen Roots. Seine Ursprungs-Band „The Sarcastic Hillbillies“ hatte keine Lust auf vermeintliches „Stardom“, und so versuchte Dean Anfang der Neunziger, mit ein paar Songs im Gepäck sein Glück in Nashville. Schnell war er aufgrund seines Namens, insbesondere aber seines Talentes, ein gern gesehener Gast bei Songwriting-Sessions.

Mehr sollte aber für längere Zeit nicht herausspringen. 1997 schien dann doch der Durchbruch geschafft zu sein. Sein Debütalbum wurde seitens des Labels mit großem Aufwand produziert und auch gepuscht, der Erfolg stellte sich allerdings, trotz hervorragender Kritiken (die New York Times listete die CD unter den zehn besten Alben des Jahres), nicht ein, und zu mehr als einem intensiven Partyleben sollte es für einige Jahre nicht reichen. Miller musste sich irgendwann mit weltlichen Jobs durchschlagen, die aber laut eigener Aussage seinen Blick für die Realität wiederbelebten, und ihn zu einem besseren Mensch werden ließen. Er begann erneut Songs zu schreiben, und es gab mit Stücken u. a. für Terri Clark, Trace Adkins und George Jones erste Erfolge zu vermelden. Mittlerweile hat sich Koch Records des geläuterten Newcomers von einst angenommen und sein neues, ganz großartiges Album „Platinum“ veröffentlicht.

Elf Stücke alle im 3-Minuten-Single-Format, die zeigen, dass Dean Miller als aktiver Musiker nichts verlernt hat. Im Gegenteil, das Werk hat eigentlich alles, um den lang ersehnten Durchbruch endgültig zu vollziehen. Neun Stücke davon stammen aus Deans eigener Feder (z.T. mit Co-Writern), ein Cover von Fred Eaglesmith „105“, und eine recht eigenständige Version eines Liedes von Vater Roger „I’ve Been A Long Time Leaving“. Kurzweil war wohl das Motto, unter dem das Werk eingespielt wurde. Miller betonte, dass er keine Lust auf Experimente habe, und gab sich selbst ein recht knappes Zeitlimit zur Produktion des Silberlings. Zweifelsohne die richtige Herangehensweise, denn das Songmaterial ist exzellent, ohne auch nur den Ansatz von Hängern, die Texte zum Teil amüsant und voller autobiografischem Anstrich. Dazu kommen absolut überragende Musiker, die an Millers Kompositionen offensichtlich großen Gefallen gefunden haben. Herausragend dabei die starken Gitarristen Kenny Greenberg und Jeff King, Piano-Mann Gordon Mote und Steel-Koryphäe Russ Pahl, die allesamt immer wieder wohl dosierte Glanzpunkte im Rahmen der knapp bemessenen Zeit zu setzen wissen.

Wie bereits erwähnt, schwierig den einen oder anderen Song explizit herauszunehmen, man kann alle elf Stücke lobpreisen. Der Opener „Hard love“ mit seinem satten Dobro-E-Gitarrenintro, zeigt einen stimmlich frischen Dean Miller in Manier eines Johnny Cashs, an der Grenze zum Sprechgesang, dazu kommen tolle Steel- und E-Gitarrenduelle; „Ready For The Rain“, eine Outlaw-Country-Ballade, sehr atmosphärisch mit den berühmt-berüchtigten Telecaster-Fills und „Orgel-Pfeifen“ in Szene gesetzt; zwei weitere starke Balladen „Stronger Than Your Love“ und das bluesige „Coming Back To You”(bärenstarkes Gitarrenspiel von Greenberg und King), die ein wenig texanisches Esprit eines Radney Fosters versprühen; der kraftvolle Southern-Rocker „On A Good Day“ mit den klimpernden Honkytonk-Pianopassagen eines Gordon Mote (Skynyrds Billy Powell lässt grüßen) und klasse Double-Leads erneut vom prächtig harmonierenden Guitar-Duo Greenberg/King! „Right Now“, der einzige Countrysong mit etwas poppigem Charakter, sollte als Single ausgekoppelt werden: Sehr radiotaugliche, schöne Melodie, auch mit ein wenig Phantasie kompatibel auf Acts wie Drew Womack/Sons Of The Desert, Rushlow oder Rascal Flatts – kratzige Akustikgitarre, schöne Orgel-Fills und ein tolles E-Gitarren-Solo inbegriffen. Stark!

Zum Ausklang noch zwei humorige Nummern, „Yes Man“, das zeigt, was Männer so alles für die Liebe zu einer Frau in Kauf nehmen, und eine kleine, spaßige Abrechnung mit Nashvilles Entscheidern bei „Music Executive“ (köstlicher, mitgrölbarer Text: „I’m a music executive, I’m an industry star, ‘Got no time to listen, I’m too late for the bar“…). Dean Miller hat ein starkes, ausgeglichenes und sehr sauber produziertes Werk hingelegt. Er wirkt gereifter denn je und scheint offensichtlich den Spaß am Songwriting und Musizieren wieder gefunden zu haben. Wenn jetzt mit dieser CD nicht der Durchbruch gelingt, wann eigentlich dann? Klasse Musik, sowohl für Traditionalisten, als auch für Verfechter modernerer New Country-Songs!

Koch Records (2005)
Stil: New Country

01. Hard Love
02. 105
03. Ready For The Rain
04. Whiskey Wings
05. Stronger Than Your Love
06. I’ve Been A Long Time Leaving
07. Coming Back To You
08. On A Good Day
09. Right Now
10. Yes Man
11. Music Executive

Dean Miller
Dean Miller bei Facebook
Bärchen Records

Scott Miller & The Commonwealth – Reconstruction – Live – CD-Review

Mill

Ich hatte im April 2006 im Rahmen des mittlerweile außerordentlich renommierten Americana/Roots-Festivals „Blue Highways“ im niederländischen Utrecht das für Europa seltene, dafür aber um so genussvollere Vergnügen, Scott Miller and The Commonwealth einmal live erleben zu dürfen. Dort mussten der Ex-Frontmann der legendären Rootsrock-Formation „The V-Roys“ und seine Truppe als „Opening-Act“ ran und brachten uns und das Publikum mit einem dynamischen und musikalisch über jeden Zweifel erhabenen, prächtigen Set sofort auf die richtige „Betriebstemperatur“. Großartig, dass deren tolle Live-Mucke nun auch auf einem entsprechenden Live-Album der aktuellen „Citation“-Tour festgehalten wurde!

Mitgeschnitten an drei Tagen (7. – 9. Dezember 2006) im Down Home in Johnson City/Tennessee, ist das Werk mit 19 Tracks/gut 67 Minuten Spielzeit (plus einem kurzen Spaß-Intro) randvoll gepackt und liefert einen prima Querschnitt der bisherigen drei Studioalben „Thus Always To Tyrants“ von 2001 („I Made A Mess Of This Town“, „Dear Sarah“ „Goddamn The Sun“, „Is There Any Room To Cross“), „Upside Downside“ von 2003 („Amtrak Cresent“, „Angels Dwell“, „It Didn’t Take Too Long“, „For Jack Tymon“) und dem bereits erwähnten „Citation“ von 2006: Letztgenanntes ist natürlich auf diesem Silberling schwerpunktmäßig vertreten mit tollen Live-Fassungen von „Jody“, „Eight Miles Per Gallon“, „Only Everthing“, „Freedom’s A Stranger“, „Still People Are Moving“, „On A Roll“ und „Wild Things“!

Mit „Spike“ (Tom Petty) und „Hawks And Doves“ (Neil Young ) gibt es dazu zwei klasse Coverversionen, wobei der Young-Klassiker auch bereits auf „Citation“ vertreten war, hier jetzt allerdings noch etwas rauer und authentischer. Man meint fast, Miller hätte sich für den Song Crazy Horse als Backing-Band ausgeliehen. Überhaupt bieten die Jungs eine herrlich raue, erdige, trockene, rootsige und unbeschwerte Performance voller Spielfreude und Energie in einer spürbar unbeschwerten, recht intimen Club-Atmosphäre. Staubiger Rootsrock, großartiger Alternate Country-Twang und knackiger Americana-Rock – kurzweilig, abwechslungsreich, kompetent! Miller’s Truppe Commonwealth, bestehend aus Shawn McWilliams (Drums), Eric Fritsch (Keyboards, Guitar) und Jeremy Pennebaker (Bass), wie auch der Bandchef persönlich, zeigen sich in blendender Verfassung.

Scott, auch gesangstechnisch sehr überzeugend, mit seinem vorzüglichen E-Gitarren-Spiel und die beeindruckende Rhythmusfraktion in seinem Rücken wirken, vor allem auch bei den vielen Tempovariationen innerhalb der Songs, überaus eingespielt. Trotz Millers unbestrittenem, eigenständigem Stil schimmern immer wieder vermeintliche Einflussquellen durch, die von Neil Young, Chris Knight, Ryan Adams, John Mellencamp, Bruce Springsteen und Steve Earle bis hin zu Dan Baird oder den Bottle Rockets reichen.

Besonders erwähnenswert in einem sich auf durchgehend hohem Niveau bewegenden Programm sind beispielsweise flotte und satt rockende Sachen wie „It Didn’t Take Too Long“, ein fulminanter Roadhouse Rocker in bester Chuck Berry-/Dan Baird-Manier und das Slide-wütige „Eight Miles Per Gallon“, aber auch countryorientiertere, entspanntere Songs wie das lockere, staubige „Angels Dwell“ (schöne Akustikgitarrenarbeit), „Arianne“ (klasse Harmonies, einfühlsames E-Gitarren-Solo), das semi-akustische „On A Roll“ (schön trocken, wieder tolles E-Gitarren-Solo) und das rhythmische, knackige, rootsige „For Jack Tymon“ mit seinen tollen E-Breaks. Und wenn dann mit „Drunk All Around This Town“ und „Is There Room On The Cross?“ die Menge zum feuchtfröhlichem Mitgrölen animiert wird, und dies auch mit Freude und tosendem Beifall tut, dürfte auch dem Letzten klar werden, dass die Leute in Johnson City mit Scott Miller & The Commonwealth eine prächtige, drei Tage währende Roots-/Alternate Country-/Americana-Fete feierten. Feiern wir mit! Einfach klasse, diese Burschen!

Sugar Hill Records (2007)
Stil: Country Rock

01. I Made A Mess of This Town
02. Amtrak Cresent
03. Angels Dwell
04. Jody
05. Eight Miles Per Gallon
06. Arianne
07. It Didn’t Take Too Long
08. Only Everything
09. Dear Sarah
10. Freedom’s A Stranger
11. Still People Are Moving
12. On A Roll
13. Wild Things
14. Intro
15. For Jack Tymon
16. Drunk All Around This Town
17. Spike
18. Hawks And Doves
19. Goddamn The Sun
20. Is There Room On The Cross?

Scott Miller & The Commonwealth
Scott Miller & The Commonwealth bei Facebook
Bärchen Records

Morrison-Williams – Same – CD-Review

Mor

Hinter dem Duo Morrison-Williams verbergen sich zwei Musiker namens Shane Morrison und Clint Williams, mit deren Namen Musikinsider eine seinerzeit durchaus beliebte New Country-Band namens Perfect Stranger (Shane Morrison, Richard Raines, Steve Murray gefolgt in der Endphase von Clint Williams) in Verbindung bringen werden, die 1995 einen Major-Label-Vertrag besaßen und auch eine recht erfolgreiches Werk namens „You Have The Right To Remain Silent“ herausbrachten, mit dem sie sich immerhin fast vierzig Wochen in den Billboard Country-Charts behaupten konnten.

Shane, damals Zeit Bassist in o.a. Band und Clint lernten sich in einem Plattenladen in Texas kennen und begannen Songs für weitere Perfect Stranger-Produktionen zu komponieren, die jedoch nie auf einen Silberling landeten. Doch Gott sei Dank konnten sie nun auf Umwegen bei diesem Projekt verwirklicht werden konnten. Das kleine Indie-Label Palo Duro Records spielte hier das Zünglein an der Waage und sicherte sich die Dienste zweier enorm talentierter Musiker und Songwriter. Eine mehr als gute Wahl!

Und die Burschen bedanken sich mit zwölf radiofreundlichen, oft balladenhaften, aber dennoch knackigen Songs, die sich durchgehend auf einem anspruchsvollen Niveau bewegen. Fast jedes Stück hat Single-Charakter! Ihren Musikstil zu klassifizieren, ist dennoch nicht allzu einfach, auch wenn die Produktion in Nashville getätigt wurde. „Progressive Country mit Texas Spirit“ umschreibt das Ganze vielleicht am besten.

Hier wird (New-) Country mit Pop-, Rock-, ja zum Teil AOR/Melodic-Rock-, Southern- und Texas-Roots-Elementen wunderbar in Einklang gebracht, wobei äußerst melodische Songstrukturen immer das Grundgerüst darstellen. Dank der tollen Harmoniegesänge werden manchmal gar Erinnerungen an Restless Heart wach! Circa dreiviertel der Stücke bohren sich bereits nach dem ersten Hörgang in das Langzeitgedächtnis und laden zum Nachsingen der Refrains ein.

Die erste Single heißt „My Girl Friday“ und eröffnet den Reigen der folgenden Klassenummern. Ein lockeres, flüssiges, sehr melodisches, von sanften, kaum spürbaren B3-Tönen und einen flotten Akustikgitarrenrhythmus unterlegtes, „leichtes“ Lied mit recht trockenen E-Gitarren-Fills, das allerdings eine recht ernste Message verbreitet. Thematisch ein sogenannter „Cheatin’-Song“: Ein Mann beginnt eine Affaire mit einer Frau, die seitens ihres Ehemanns misshandelt wurde. Will sagen, behandele deine Frau gut, dann hat sie keinen Grund dich zu verlassen!

„Good Day To Die (The Alamo Song)“ war ein weiterer Auslöser, die Kooperation Morrison-Williams in Eigenregie fortzuführen. Das Stück war für den Soundtrack zum Film „The Alamo“ aus dem Jahr 2004 geplant, wurde jedoch von den Produzenten zugunsten eines rein instrumentalen Werkes gekappt. Dabei steckt dieses großartige Stück voller texanischem, atmosphärischem Country-Western-Outlaw-Flair, inklusiv fantastischer kratziger Mandoline, Banjountermalung, Dobroeinlagen und einem krachenden E-Gitarren-Solo. Ohne Zweifel ein Highlight dieses Albums!

Die folgende Ballade „Beautiful Regret“ würde ohne seine Steeleinlagen problemlos ins Hit-Repertoire eines Bryan Adams passen. Das folgende „Take Me As I Am“ erinnert ein wenig an den Stil der Warren Brothers; ein kraftvoll gesungener Refrain, sowie locker miteinender harmonierende Akustik- und E-Gitarren, und als Bonbon eine tolles Southern-E-Solo Marke Allman Brothers, mit kurzzeitigen Double-Leads!

Zwei Stücke, die ein wenig aus der Art schlagen, was allerdings überhaupt nicht negativ gemeint ist, sind „Preacher Michael“ und „Lovin’ You Is Tough“. Beim Erstgenannten variiert Williams seine Stimme gar ein wenig in Richtung eines country-infizierten Chris Thompson (Manfred Mann’s Earth Band), in Kombination mit Eagles-ähnlichen Harmonien, beim zweites gibt es schon fast Tendenzen in die AOR-Sparte.

Den Abschluss bildet ein starkes Remake von Dr. Hooks Riesen-Hit „Cover Of The Rolling Stones“, was auf eine Kindheitserinnerung von Clint Williams zurückzuführen ist. Laut eigener Aussage trällerte er dieses Stück schon in jüngsten Jahren lauthals nach, wann immer es in seines Daddy’s Truck im Radio lief. Alles in allem ein wunderbar in sich stimmiges, harmonisches, leicht AOR-orientiertes, New Country-Pop/-Rock-Werk, das durch seine kraftvolle Präsentation und eine hervorragende Melodik besticht. Morrison-Williams lassen die einstigen Perfect Stranger-Tage locker in Vergessenheit geraten. Fortsetzung erwünscht!

Palo Duro Records (2007)
Stil: New Country

01. My Girl Friday
02. Fighting For Love
03. Good Day to Die (The Alamo Song)
04. Beautiful Regret
05. Take Me As I Am
06. Lookin‘ At The Sun
07. Me Again
08. Preacher Michael
09. Lovin‘ You Is Tough
10. I Still Talk To You
11. Wonderful
12. Cover Of The Rolling Stone

Bärchen Records

Heidi Newfield – What Am I Waiting For – CD-Review

Heidi Newfield is back! Sie war der tragende Teil des beliebten und sehr erfolgreichen Trios Trick Pony, das zuvor drei richtig gute Alben hingelegt hatte. Trotzdem entschloss sich Heidi Newfield neue Pfade zu betreten und eine Solo-Karriere in Angriff zu nehmen. Nachdem der Vertrag bei Curb Records unter Dach und Fach war und Heidi mit dem alt gedienten Tony Brown (George Strait, Reba McEntire, Brooks & Dunn) auch noch den passenden Produzenten gefunden hatte, ging die Dame mit der explosiven Charakterstimme voller Elan an die Arbeit und fortan sprudelten die Ideen. Mit ihrem Solo-Debut „What Am I Waiting For“ dürfen wir uns nun am endgültigen Resultat erfreuen. Und um es vorwegzunehmen, es ist ein Prachtteil geworden.

Auch die Trick Pony-Fans können aufatmen. Während der verbleibende Rest mit Ira Dean und Keith Burns einfach keinen adäquaten Ersatz zu finden scheint (und sich scheinbar auch endgültig getrennt hat), geht Heidi den einst zu dritt beschrittenen Weg mit sehr viel Geschick weiter, ohne dabei allerdings ihre vielseitigen musikalischen Wurzeln zu vergessen, was dem neuen Werk damit naturgemäß aber eine viel persönlichere Note verleiht. Die Tücher zu ihren einstigen Weggefährten sind offenbar nicht vollends zerschnitten, wie die Tatsache, dass beide beim Titeltrack, sowie Ira Dean bei einen weiteren Song, kompositorisch beteiligt sind, untermauert. Das Album wird mit einer bärenstarken, höchst interessanten und sehr mutig ausgewählten Nummer eröffnet, die sogleich Heidis große Vielseitigkeit und ihr großes Talent belegt.

„Can’t Let Go“ ist ein nach vorne preschender rockiger Countrysong, geschrieben von Randy Weeks, den einst Alternate Country-/Americana-Göttin Lucinda Williams auf ihrem berühmten „Car wheels on a gravel road“-Album bekannt machte. Heidi Newfield trägt ihn mit ihrer typischen, rotzige Röhre vor, untermalt mit einer kratzigen Akustikgitarre (klasse Ilya Toshinsky), begleitet mit einer bluesigen Harp (kann Heidi ja auch fantastisch spielen) und toller E-Gitarrenarbeit von dem großartigen Kenny Greenberg. Hat ein rootsiges Americana-Feeling, durchaus aber auch den „Pep“, der bei der Trick Pony-Gemeinde ankommt. Deren „Pour Me“ oder auch „Big River“ kommen da direkt wieder in Erinnerung.. Das anschließende „When Tears Fall Down“ beinhaltet eine weitere Überraschung. Ein schöner, melodischer New Country-Song (mit Steel-Einlagen), bei dem aber auch dezent poppige Elemente eingebaut wurden.

Heidis Gesang hat einen schönen Drive und erinnert gar ein wenig an Stevie Nicks. Center-Song des Werkes ist „Johnny And June“, das vorab auch schon als Single veröffentlicht wurde. Ein Stück voller Zitate über das Cash-Ehepaar, garniert mit Heidis emotionaler Gesangsperformance im Refrain. Da kann eigentlich nur ein Hit bei rauskommen. Beim Titelsong und dem folgenden „Love Her And Lose Me“ wird dann wieder mehr auf ruhigere Töne gesetzt. Hier kann man sich wunderbar an den hervorragenden Musikerleistungen und dem exzellenten Gesang der Protagonistin erfreuen. Das wunderschöne, herrlich erfrischende, sonnige, flockige „Cry Cry (‚Til The Sun Shines)“ pendelt genüsslich zwischen einem lässigem Groove in den Strophen und rhythmischem Temperament mit purer Lebensfreude im Refrain hin und her.

Filigrane E-Gitarren-Arbeit von Kenny Greenberg und die Piano-/Orgel-Klänge von Steve Nathan und Reese Wynans geben dem Song einen wunderbaren Rahmen. Ein echter „Sommer-Hit!“. Aus der Feder von Lori McKenna stammt die schöne, ohne jeden Kitsch dahin gleitende Countryballade „Wreck You“. Heidis Stimme lässt Assoziationen an eine Julie Roberts aufkommen. Richtig aggressiv und sogar ein wenig psychedelisch geht es bei „Nothin’ Burns Like A Memory“ zur Sache. Heidi schreit ihre im Text formulierte Wut förmlich heraus und verleiht dem Stück somit ein sehr authentisches Flair. Bei „All I Wanna Do“ kann man sich vom Vorgänger wieder erholen. Mrs. Newfield agiert bei dieser Slow-Country-Nummer ganz im Stile der großen Diven der Zunft. Hier zeigt sich, dass sich Heidi auch locker mit Kolleginnen wie Reba McEntire oder Martina McBride messen kann.

Den Abschluss bildet mit „Knocked Up“ dann wieder ein Stück, das auch auf jedem Trick Pony-Album seine Berechtigung gehabt hätte. Die Nummer ist ein toller, frecher New County-Song mit Redneck-Touch, bei dem Heidi nochmals mit dreckiger Röhre und ihrem starken Harpspiel zu glänzen vermag. Die Refrainzeile „Knocked up, shame, shame, I’m gonna ruin my family name“, bietet sich regelrecht dazu an, aus vielen Kehlen mitgegrölt zu werden. Ein starkes Finish!

Fazit: Heidi Newfield hat mit „What Am I Waiting For“ alles richtig gemacht. Zum einen hat sie ihre ganze Vielseitigkeit wesentlich deutlicher ins Licht gesetzt als je zuvor und zum anderen ihre sicherlich immer noch reichhaltig vorhandenen Trick Pony-Anhängerschaft mit im Boot belassen und in keinster Weise „vergrault“. Im Gegenteil! Die Trick Pony-Gemeinde werden dieses Werk lieben und Heidi wird darüber hinaus viele neue Fans hinzugewinnen. Eine klasse Leistung! So warten wir schon jetzt gespannt und mit Freude auf ihre weiteren Werke. „Rock on“, Heidi!

Curb Records (2008)
Stil: New Country

01. Can’t Let Go
02. When Tears Fall Down
03. Johnny And June
04. What Am I Waiting For
05. Love Her And Lose Me
06. Cry Cry (Til The Sun Shines)
07. Wreck You
08. Nothin‘ Burns Like A Memory
09. All I Wanna Do
10. Knocked Up

Heidi Newfield
Heidi Newfield bei Facebook
Bärchen Records

Kid Rock – Born Free – CD-Review

Kid_300

Meine Berührungspunkte mit dem in der Nähe von Detroit geborenen Robert James Ritchie, der sich selbst den Künstlernamen Kid Rock auferlegte, konnte ich bisher an einer Hand abzählen. In negativer Hinsicht, als er damals zur Verschandelung des Skynyrd-Klassikers „Gimme Back My Bullets“ seinen, nicht unwesentlichen Beitrag leistete, zum anderen durch seine regelmäßig durch die Medien gegangenen Proll-Attacken. Auch das letztendlich dann doch ziemlich nervende „All Summer Long“ ging an einem, ohne, dass man sich dagegen wehren konnte, nicht spurlos vorüber.

Positiv blieb im Hinterstübchen, dass er ‚frauentechnisch‘ mit mir auf einer Wellenlänge zu schweben scheint (ich bin, zumindest rein optisch, ebenfalls – möge sie sein, wie sie wolle – bekennender Pamela Anderson-Fan…) und sein starkes Duett mit Willie Nelson auf dessen „The Great Divide-Scheibe, als er die Country-Ikone bei „Last Stand In Open Country“ förmlich an die Wand sang. Da bewies er in jedem Fall schon sein großes Gesangstalent.

Nachdem ich das fluffige, groovige „Care“ (herrlich begleitendes Orgel-Spiel, grandiose Gesangsunterstützung von Mary J Blige – wow, was für eine Röhre! Das Stück gibt es übrigens auch noch in einer zweiten, hier nicht vertretenden Version mit Country-Diva Martina McBride als Duettpartnerin; selbst die kurze Einlage von Rapper I.T. ist erträglich und wird deshalb verziehen) im Radio gehört hatte und die nachträgliche Recherche ihn (Kid Rock) als ausführenden Künstler outete, klickte ich bei Amazon mal in die Soundschnipsel des dazu gehörenden Albums „Born Free“ rein. Die machten allesamt einen vielversprechenden Eindruck und auch die Tatsache, dass so namhafte und für Qualität bürgende Künstler wie u.a. Bob Seger, Sheryl Crow, Zac Brown, Trace Adkins, Los Lobos-Chef Dave Hidalgo, Red Hot Chilli Peppers-Drummer Chad Smith, Chavez-Gitarrist Matt Sweeney und Heartbreaker-Klimperer Benmont Tench mit an Bord waren, ließ eine Kaufentscheidung in unmittelbar greifbare Nähe rücken.

Als der bald in Rheinberg, meiner Heimatstadt, ansässige Konzern (die bauen dort zur Zeit ein riesiges Logistikcenter), den Preis für den Download auf 4,23 Euro runtergesetzt hatte (mittlerweile wieder auf 9,94 hochgestuft), griff ich zu und habe es nicht bereut. Eine wahre Sternstunde des Mainstreamrocks, die ich diesem Kid Rock nie und nimmer zugetraut hätte. Ein Ohrwurm reiht sich an den nächsten, kein Hänger über die gesamte Spielzeit.

Klaro, viele werden die Scheibe mit rümpfender Nase als Anbiederung ans gemeine, oberflächliche und konsumorientierte Musikvolk abtun. Ich sehe es, als jemand mit nicht gerade kleinem Horizont in dieser Hinsicht, der immer mal wieder durchaus auch den Blick über den Tellerrand wirft, aber etwas anders. Wenn ein Interpret eine erstklassige Leistung abliefert und hier stimmt von Rocks Songwriting, seinem grandiosen Gesang, den eingebundenen, songdienlich spielenden und mitsingenden Musikern bis hin zur knackigen Produktion, von keinem geringeren als Rick Rubin betreut, einfach alles, sollte man das auch honorieren. Lediglich für die unverbesserliche, Ami-typische zur Schau-Stellung der Knarren auf dem ansonsten lässigen Titelfoto gibt es marginale Abzüge.

Die Stücke sind allesamt abwechslungsreich gestaltet (gut abgestimmte Songanordnung), von der Slow- (das wunderbare „Collide“ mit Bob Seger am Piano; das bluesige „Rock On“), über die Midtempo- („Care“; die beiden mit unterschwelliger Countrynote versehenen „When It Rains“ Richtung Eli Young Band und „Flyin‘ High“ im Duett mit Zac Brown; die melancholisch anmutende Detroit-Hommage „Times Like These“ im Bereich zwischen Bob Seger, den Eagles und Poco und das abschließende „For The First Time In A Long Time“ in Quireboys-Manier) bis hin zur launigen Uptempo-Variante (der heartlandträchtige, stadiontaugliche Titeltrack mit tollen Slidepassagen, der furiose Southern Rocker „Slow My Roll“, mit herrlichen weiblichen Backs und starker E-Gitarrenuntermalung plus Solo, das fröhliche „Purple Sky“, das treibende, nicht nur für Rednecks konzipierte, mitgröhlbare „God Bless Saturday“ im Black Crowes-Stil oder das shufflige, fußwippende, honkytonkeske „Rock Bottom Blues“) ist alles vertreten.

Kid Rock hat mit „Born Free“ zweifellos eine Meisterleistung hingelegt. Eine Art Karrierealbum, das in Zukunft nur schwer zu toppen sein wird. Trotz seiner simplen, eingängigen und radiokompatiblen Strukturen, eine klare Bereicherung meiner Musiksammlung, gerade zu den jetzt wieder steigenden Temperaturen. Irgendein vertracktes musikalisches Konstrukt hinzubekommen, mag für den einen oder anderen zwar spannender und anspruchsvoller sein, der kann dann ja bei Bedarf auch gerne zu den reichhaltigen Alternativen greifen. Mal ehrlich. Wer an meiner Stelle würde zu dieser Jahreszeit (oder auch generell) nicht tausend Mal eher ein, von einem flotten Feger Marke Pamela Anderson serviertes, banales kaltes Bier und ein erstklassig gegrilltes Nackensteak, einem filigranen, von Johann Lafer kredenzten 3-Sterne- Salatteller mit raffiniert begleitendem Früchtecocktail vorziehen? Und wenn es noch so ungesund sein und primitiv erscheinen sollte…!

Atlantic Records (2010)
Stil: Rock

01. Born Free
02. Slow My Roll
03. Care
04. Purple Sky
05. When It Rains
06. God Bless Saturday
07. Collide
08. Flyin‘ High
09. Times Like These
10. Rock On
11. Rock Bottom Blues
12. For The First Time (In A Long Time)

Kid Rock
Kid Rock bei Facebook

Kid Rock – Rebel Soul – CD-Review

»Not the greatest record ever made, but it’s pretty f****** good in my humble opinion« – ein nahezu voll vornehmer Zurückhaltung anmutendes Statement für die Verhältnisse eines Robert James Ritchie alias Kid Rock (von dem man ja normalerwiese gewohnt ist, dass er ganz gerne auf dicke Hose macht), das da als Aufkleber sein neues Werk „Rebel Soul“ ziert!

Ritchie hatte mit seinem Silberling davor, „Born Free„, in Zusammenarbeit mit Kultproduzent Rick Rubin so was wie ein Karriere-Album hingelegt, das nun als immens hohe Messlatte zurückblieb. Viele Künstler würden vermutlich versuchen, erst einmal das erfolgreiche Konzept mit marginalen Änderungen weiter fortzuführen, um auf der sicheren Seite zu bleiben. Das trifft in diesem Fall nicht so ganz zu.

In Nashville z. B. gestaltet sich für viele der führenden Interpreten mit Major-Vertrag die Sache relativ leicht, denn da werden die Songs dann von arrivierten Songschreibern maßgeschneidert ausgesucht und eingekauft. Robert James Ritchie stellt in der Regel aber weitestgehend den Anspruch an sich, seine Stücke selbst zu schreiben und ist dadurch in kreativer Hinsicht deutlich höher gefordert. Solch starke Tracks am Fließband wie auf „Born Free“ muss man erst einmal wieder hinbekommen.

Was die Quantität angeht, ließ er sich erneut nicht lumpen und präsentiert auf „Rebel Soul“ satte 14 neue Lieder. Ritchie hielt zwar den Kontakt zu Rubin (hier nur noch in beratender Funktion), produzierte aber das Werk diesmal in Eigenregie und griff zur Einspielung, statt wie zuvor auf Allstar-Studiomusiker und prominente Gäste, auf seine Tourbegleiter The Twisted Brown Trucker Band (Marlon Young, Jason Krause, Stefanie Eulinberg, Jimmie Bones, Freddie ‚Paradime‘ Beauregard, Jessica Wagner-Cowan, Dave McMurry, Shannon Curfman, Aaron Julison und Larry Fratangelo) zurück.

Die Qualität der Tracks kann mit dem Vorgänger allerdings nicht ganz auf diesem absolut hohen Niveau mithalten, es sind jedoch zu Genüge kleiner Songperlen vorhanden. Von daher liegt alles durchaus immer noch mehr als im grünen Bereich. Dass Ritchie, der ja aus Michigan stammt, sich mit der bröckelnden, einstigen Autometropole der Staaten, Detroit stark verbunden fühlt, hatte er ja bereits auf „Times Like These“ verkündet, hier mittels „Detroit Michigan“, und auch noch öfter in Texten von anderen Tracks („God Save Rock N Roll“, „Midnight Ferry“). Danke, Herr Ritchie, wir haben es jetzt verstanden!

Der eine oder andere Song lehnt sich auch wieder an das Bewährte in Form von leicht countryinfizierten / Memphis Soul-beeinflussten (Southern-) Rocknummern Richtung Stones, Quireboys, Bob Seger, Crowes etc. an (u. a. „Let’s Ride“, „Catt Boogie“, „Mr. Rock N Roll“, „Redneck Paradise“ – mit teilweise herrlichen weiblichen Backs), im Großen und Ganzen fährt Kid Rock aber wieder mehr die unstrukturiertere Linie der Anfangstage.

Da geht es auf „Chickens in The Pen“ und „Celebrate“ in der Manier eines Lenny Kravitz etwas frecher zugange und auf „Gucci Galore“ wird auch wieder rüpelhafter und härter gerappt. Der Titeltrack „Rebel Soul“ versucht in den Strophen noch ganz vereinzelt an die „All Summer Long“-Erfolgstage anzuknüpfen. Mit „Happy New Year“ gibt es dazu einen richtig launigen Song für die anstehende Silvester-Party zu verzeichnen. „The Mirror“ entpuppt sich dafür als atmosphärische Ballade mit toller Slide-/E-Gitarrenarbeit.

Insgesamt ist „Rebel Soul“ ein absolut hörenswertes Album mit satter Spielzeit geworden, das man sich unbedenklich zulegen kann. Der einstige Pamela Anderson-Gatte hat in kreativer Hinsicht erneut alles gegeben, Kompliment dafür. Aufgrund der etwas höheren Homogenität und der insgesamt besseren Songs bleibt „Born Free“ aus meiner Sicht allerdings zunächst einmal das Maß aller Dinge. So lautet mein bescheidenes Abschlussfazit in Richtung Kid Rock. »Not your greatest record ever made, but it’s pretty f****** good!«

Top Dog Records (Atlantic) (2012)
Stil: Rock

01. Chickens In The Pen
02. Let’s Ride
03. Catt Boogie
04. Detroit, Michigan
05. Rebel Soul
06. God Save Rock N Roll
07. Happy New Year
08. Celebrate
09. The Mirror
10. Mr. Rock N Roll
11. Cucci Galore
12. Redneck Paradise
13. Cocaine And Gin
14. Midnight Ferry

Kid Rock
Kid Rock bei Facebook

Jill King – Jillbilly – CD-Review

Jill

Das Wortspiel, das Jill King für den Titel ihrer ersten CD gewählt hat, also ihr Vorname in Kombination mit der Country-verwandten Stilrichtung Hillbilly, ist äußerst passend. Denn ihr Name steht ohne Zweifel für traditionelle Countrymusik.

Die aus Arab, Alabama stammende Dame hat den für viele Künstler des Genres üblichen Weg hinter sich. Als Kind schon im Gospelchor der Kirche auf Pfaden des Großvaters, mit zehn schon die ersten Songs geschrieben, später erste Erfahrungen auf Stadtfesten und kleineren Musikfestivals gesammelt. 1992 Gang nach Nashville und Konzentration zunächst aufs Songwriting mit über 200 Stücken. 2002 dann der Durchbruch. Ein Jahresengagement im historischen Club Tootsie’s und der Plattendeal mit Blue Diamond Records.

Herausgekommen ist eine Zusammenstellung sowohl eigener Lieder, als auch Stücke von Songwritern, denen Jill King im Laufe der Zeit immer schon große Bewunderung gezollt hat. Und die Liste kann sich sehen lassen. Craig Wiseman, Gary Nicholson, Leslie Satcher, Tony Martin oder Mark Nessler sind längst arrivierte Namen, die aus der Szene nicht mehr wegzudenken sind und von vielen Darstellern in Anspruch genommen werden. Aber auch mit ihren eigenen Kompositionen braucht sie sich nicht zu verstecken. Die Songs hören sich allesamt an, als wären sie live eingespielt, also kaum Overdubs, was das Werk an sich schon sympathisch macht.

Hier ein paar Highlights:
– „It’s Me Again“ mit schönem Piano-Intro, viel Western-Flair, herrlicher Akustikgitarre im Duell mit Steelgitarre und Fiddle, sehr druckvoll gespielt.
– „One Mississippi“, die erste Singleauskoppelung, das an einen Mix aus Mary Chapin Carpenters „Shut Up And Kiss Me“ und Wynonnas „Old Enough To Know Better“ erinnert.
– Das swingende „After All“ mit herrlichem Pianogeklimper und tollem Leadsolo. Beide letztgenannten Lieder könnte man problemlos auf die, für die in den USA beliebte Rennsportserie NASCAR produzierten Musiksampler packen. Die haben wirklich mächtig Drive.
– „Hand Me Down Heartache“ ist dann doch ein Stück , das relativ modern und peppig aufgemacht ist, würde auch Faith Hill gut zu Gesicht stehen.

Richtig bluesig wird es dann bei „Makes Perfect Sense To Me“. Jill King meets Eric Clapton, so könnte man diesen schönen Titel umschreiben. Die angenehme Ballade „Down The Fields To Hay“ lässt knappe vierzig Minuten guter Unterhaltung ausklingen.

Zwei oder drei Heuler möchte ich dennoch nicht verschweigen, nämlich wenn Jill im Stile von Reba McEntire bestimmte Wörter und Refrains mit dünner Stimme in Länge und Höhe zieht. Augenblicke, in denen meine Frau mir unweigerlich die rote Karte fürs Hören im Wohnzimmer zückt…
Trotzdem unterm Strich ein nettes Album, dass auch Verfechter moderner Töne wie mich überzeugt hat und für Traditionalisten ohnehin ein Muss ist.

Blue Diamaond Records (2003)
Stil: New Country

01. 98,6 Degrees And Fallin‘
02. It’s Me Again
03. One Mississippi
04. Not Knowing Anymore
05. Down’N’Out
06. Three Month, Two Weeks, One Day
07. After All
08. Hand Me Down Heartache
09. The Part I Don’t Understand
10. Makes Perfect Sense To Me
11. Down The Fields To Hay

Jill King
Jill King bei Facebook
Bärchen Records

Jana Kramer – Same – CD-Review

Die aus Detroit, Michigan, stammende Jana Kramer ist bis jetzt in erster Linie als Schauspielerin in Erscheinung getreten. Die Liste ihrer (Neben-) Rollen ist lang und führt von Serien wie ‚CSI‘ über ‚Grey’s Anatomy‘ bis hin zu ‚One Tree Hill‘, in der sie mittlerweile zu den Hauptdarstellern zählt. Dass Schauspielerei und Countrymucke ganz gut funktionieren können, haben u. a. Tim McGraw, John Corbett oder Christian Kane bereits bewiesen und auch die 28-jährige, hübsche Brünette zeigt bei ihrem Debüt, dass sie auf musikalischem Parkett durchaus ihre Reize zu bieten hat.

Angesichts des hohen Vermarktungspotenzials (nebenbei sorgte auch noch ihre nur einen Monat währende Ehe mit Schauspiel- und Serienkollege Jonathan Schaech für Gesprächsstoff) war mit Warner Music Nashville schnell ein gut situiertes und hier auch perfekt passendes Label zur Stelle, das mittels Department-Chef und Producer Scott Hendricks (Blake Shelton, Brooks & Dunn, Alan Jackson, Trace Adkins) für die perfekten Rahmenbedingungen eines erfolgreichen Albums sorgte.

Ihr Debüt kletterte dann auch ganz schnell auf Platz 5 der Billboard Countrycharts und ist das erste seit sehr langer Zeit, das es von einer Nicht-Blondine in die Top-Ten geschafft hat. Auch ihre Single „Why Ya Wanna“ (eine Powerballade mit etwas Rascal Flatts-Flair) hält sich momentan konstant unter den ersten Zwanzig.

Die elf Songs (zwei darunter von Jana mitkomponiert) bieten eigentlich alles, was das (New-) Countryherz begehrt, was im Prinzip, angesichts der arrivierten Songwriter (u.a. Jessi Alexander, Jim Beavers, Rachel Proctor, Katrina Elam, Troy Verges, Dean Maher, Jennifer Hanson) und der ganzen hochkarätigen Musikerschar wie Troy Lancaster, Tom Bukovac, Ilya Toshinsky, Bryan Sutton, Jimmie Sloas, Glenn Worf, Paul Franklin, Dan Dugmore, Shannon Forrest, Aubrey Haynie, Charlie Judge, Eric Darken, Gordon Mote & Co. (die sich spürbar für Jana ins Zeug legten), keine Überraschung ist.

Da gibt es einige richtig fröhlich abgehende Stücke, die dank ihrer noch sehr unverbraucht und jung klingenden Stimme absolut gute Laune verbreiten und auch immer mit einem gewissen Flirt-Faktor aufwarten („Good Time Comin‘ On“ – das Führungsriff erinnert ein wenig an „Listen To The Music“ von den Doobie Brothers; „I Hope It Rains“ – herrliches Mandolinengezirpe von Haynie; „Goodbye California“ – rhythmische Claps, Ooo-Ooh-Ooh-Gesänge Marke SHeDAISY; „One Of The Boys“ – mit Foot-Stompin‘-Refrain; „What I Love About Your Love“ – cooler Rhythmus, Fiddlefills) oder auch mal den einen oder anderen Seitenhieb in Richtung des Ex bei der Liederauswahl vermuten lassen („King Of Apology“).

Dass Jana es auch im langsamen Bereich drauf hat, offenbart sie bei emotional aufgemachten Tracks wie „Whiskey“ (Fiddle, Mandoline, weinende Steel, E-Fills, Harmoniegesänge), „Over You By Now“ (kammermusikartig mit Cello und Steel), „When You’re Lonely“ (atmosphärisch mit toller Bariton-E-Gitarre) und der entspannten Schlussnummer „Good As You Were Bad“ (steel-betont, Steel-Solo). Hier braucht sie sich bei Leibe nicht vor den bekannten Diven der Szene zu verstecken.

Das Debüt der hübschen Newcomerin Jana Kramer bietet somit über die gesamte Spieldauer angenehme Unterhaltung mit viel positiver Ausstrahlung und hat das Herz des (New-) Country-erfahrenen Rezensenten direkt gewonnen. Muntert bei unserem trüben Wetter dieser Tage richtig auf. Diese hübsche junge Dame ist nicht nur ein optischer Blickfang (sehr schöne Fotos im Booklet), sondern auch durchaus eine musikalisch ernstzunehmende Konkurrenz für Swift, Underwood, Pickler & Co. Keep it up, Jana!

Warner Music Nashville (2012)
Stil: New Country

01. Good Time Comin‘ On
02. I Hope It Rains
03. Why Ya Wanna
04. Goodbye California
05. Whiskey
06. Over You By Now
07. One Of The Boys
08. What I Love About Your Love
09. When You’re Lonely
10. King Of Apology
11. Good As You Were Bad

Jana Kramer
Jana Kramer bei Facebook
Bärchen Records

James Otto – Sunset Man – CD-Review

Bärenstarker Nachfolger des weitgereisten und vielseitigen Musikers/Songwriters/Schauspielers, nachdem er bereits schon 2004 mit seinem sehr guten Debüt „Days Of Our Lives“ auf sich aufmerksam machte. James Otto, mittlerweile Mitglied der Country Kreativ-Schmiede „Muzik-Mafia“ (u.a. Big & Rich, Gretchen Wilson, Kid Rock), war allerdings mit seinem Major-Erstwerk nicht so richtig glücklich, da ihm zu viele unterschiedliche Leute einen Stempel aufdrücken wollten. Die Songs wurden ihm seinerzeit teilweise vorgeschrieben und auch die Vermarktungsstrategie erwies sich als nicht allzu glücklich.

So war der Wechsel des passionierten Bob Seger-Fans zum Warner Brothers Nashville Unter-Label „Raybaw“ eigentlich nur konsequent und die Produktion durch John Rich von Big & Rich aus o.a. Gründen naheliegend. Drei Tracks auf seinem brandaktuellen Album „Sunset Man“ wurden dazu noch von Rascal Flatts-Bassist Jay DeMarcus betreut („For You“, „You Don’t Act Like My Woman“ und“The Man That I Am“). Die ganze, neu gewonnene Energie entläd sich direkt beim modernen, muskelstrotzenden, stampfenden Opener „Ain’t Gonna Stop“, der ibn allerbester, satter „Big & Rich“- Manier aus den Boxen „rockt“.

Kein Wunder, denn der Song ist eine Komposition von James und den beiden, wobei John Rich und Big Kenny ihre unverwechselbaren Background Gesänge mit einbrachten. Mit „Just Got Started Lovin’ You“ (bereits in den Top-5 der Billboard Country-Singles-Charts mit Pfeil nach oben) )bekommt man dann erstmalig den typischen James Otto geboten: Eine herrlich flockig, relaxt dahin groovende traditionell verwurzelte (New) Countrynummer mit einer frischen, unbefangenen, leicht souligen Note. „For You“, eine der zwei Fremdkompositionen (der gesamte Rest stammt aus der Feder von Otto mit diversen hochkarätigen Co-Autoren wie Monty Powell, John Rich, Big Kenny, Jay DeMarcus, Shannon Lawson, Monty Criswell) ist eine wunderschöne Ballade, bei der man den Einfluss von DeMarcus zwar spürt, die aber dann doch ohne den poppigen Bombast seiner Hausband Rascal Flatts auskommt.

Ein weiterer Höhepunkt einer tollen CD ohne jede Schwächen ist das ebenfalls dezent soulige, locker dahinwippende „These Are The Good Ole Days“, bei der Otto mit seiner warmen, dezent raspeligen Stimme sich ganz in seinen Element zu befinden scheint. Ganz toll auch das recht traurige „Where Angels Hang Around“, das in seiner Gestaltung wie ein countryintonierte Version des Marc Cohn-Klassikers „Walking In Memphis“ rüber kommt (tolle Pianobebleitung). Der prächtige, melodische, lockere Titelsong „Sunset Man“ steckt textlich voller witziger Selbstironie und gewinnt durch die flockige Instrumentierung mit einer herrlichen Baritone-E-Guitar (Troy Lancester), Mandoline (glänzend Jonathan Yudkin), Steel (Mike Johnson) und dem schönem Piano (Mike Rojas) eine unwiderstehliche, leicht Westcoast eingefärbte New Country-Frische.

Selbstredend wurde das Werk natürlich ausnahmslos von Klasse-Musikern aus der ersten Garde Nashvilles eingespielt (u.a. Tom Bukovac, Tommy Harden, GlennWorf, Russ Pahl, Tony Harrell, Eric Darken, Dan Dugmore). „You Don’t Act Like My Woman“ (dezentes Southern-Flair, klasse Bukovac-E-Gitarren-Solo), „When A Woman’s Not Watching“ (emotional, heulende Fiddle, leiernde Steel Gitarre) und „Damn Right“ (atmosphärisches Southern-Flair, soulig) sind weitere angenehme, höchst melodische Balladen, während bei „Drink & Dial“ noch mal launiges Big & Rich-Feuer (Refrain zum Mitsingen) entfacht wird. Mit dem Country-bluesigem „The Man That I Am“ gelingt James Otto dann am Ende noch einmal ein grandios instrumentierter Abschluss (besonders der psychedelisch-angehauchte Ausklang, genial dabei Bukovac an der E-Gitarre).

Das neue Werk von James Otto ist vergleichbar mit der Schönheit und Stimmung eines malerischen Sonnenuntergangs, kommt karrieretechnisch wohl aber eher einem Sonnenaufgang gleich. Dieser Musiker ist auf dem richtigen Weg ein ganz Großer seiner Zunft zu werden. So muss knackiger, auf den Punkt gebrachter Nashville-New Country heute klingen. Dicke Konkurrenz für Stars wie Tim McGraw, Travis Tritt, Montgomery Gentry, Big & Rich & Co. Von daher unser unumstößliches Urteil: (James) Otto – finden wir gut!

Warner Bros (2008)
Stil: New Country

01. Ain’t Gonna Stop
02. Just Got Started Lovin‘ You
03. For You
04. These Are The Good Ole Days
05. Where Angels Hang Around
06. Sunset Man
07. You Don’t Act Like My Woman
08. When A Woman’s Not Watching
09. Drink & Dial
10. Damn Right
11. The Man That I Am

James Otto
James Otto bei Facebook
Bärchen Records

Laidlaw – Same – CD-Review

Laid

Gute und schlechte Nachricht für Southern-Rock-Freunde. Die Gute: Nach ihrem schon tollem Debütwerk „First Big Picnic“ ist auch der zweite Ausflug von Laidlaw mit ihrem gleichnamig betitulierten Album in Südstaatengefilde wieder überaus gelungen.
Die Schlechte: Damit dürfte der Höhepunkt des Jahres schon erreicht sein, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendeine andere Band in 2004 dieses Schmuckstück toppen können wird.

Endlich mal wieder eine Truppe mit A-Qualitäten also, die sich selbstbewusst anschickt, in die Phalanx der ewig etablierten Bands des Genres einzubrechen, ja ihnen sogar den Rang abzulaufen. Wenn man das in letzter Zeit häufig gebrauchte Wort New-Southern-Rock in den Mund nimmt, kann im gleichen Atemzug eigentlich nur Laidlaw gebracht werden. Schade, dass sie wohl, trotz ihrer Klasse, nicht die große Kohle machen werden, da sind sie einfach zwanzig Jahre zu spät dran. Das Herz der Fan-Gemeinde dieser Stilart werden sie mit dieser CD aber im Sturm erobern, da bin ich mir relativ sicher.

Die raue Gangart des Vorgängers ist zwar ein wenig auf der Strecke geblieben, aber das gesunde Maß an Härte haben sich Joe Pantera, Craig DeFalco und Co. natürlich bewahrt. So haben sie diesmal gleich bei drei Stücken („Everything’s Gonna be Alright“, „Bag Full Of Pills“, „This Must Be Love“) versucht, Country- und Südstaatenrock harmonisch ineinander zu verschachteln, was meiner Ansicht nach auch bestens geklappt hat. Gerade erstgenanntes Lied zählt für mich schon jetzt zu den Top-Balladen des Jahres. Wunderbare Melodie, unaufdringliche Steelelemente, starke Akustik-, Slide- und E-Gitarren, hervorragender Gesang. Ein Song zum Dahinschmelzen.

Der Unterschied zu den ganzen B-Truppen. Die Lieder wirken leicht, haben Charakter und Wiedererkennungswert; ihre Liebe zum Genre ist in jeder Phase des Albums spürbar und nicht aufgesetzt. „5 Knuckle Shuffle“ und „Brings My Baby Down“, beide aus der Feder von Slide-Gitarrist Buzzy James, lassen keine Zweifel an seiner Sympathie für ZZ Top. Unnachahmlich, wie die Herren diesen cool-schwülen Slow-Boogies mit unerhörter Spielfreude Tribut zollen.

Auch vor Lynyrd Skynyrd wird sich nachhaltig verbeugt. Zum einen mit dem als Südstaaten-Blues gebrachten „Ode To Ronnie“. Lustigerweise setzt sich die erste Strophe ausnahmslos aus Titeln ihrer Heroes zusammen. Auch der Refrain ‚He was a simple man, they called him The Breeze, free as a bird, he made me believe‘ braucht wohl nicht weiter kommentiert werden.

Zum anderen wurde, ähnlich wie bei 38 Special damals auf „Rockin‘ Into The Night“ Dale Krantz, diesmal Skynyrd-Background-Dame Carol Chase im Duett bei „Never Been Any Reason“ die Chance gelassen, sich als Frontfrau darzustellen, was ihr auch prächtig gelingt. Alles in allem ein Werk, bei dem sich eine Perle an die andere reiht und das bei glasklarem und knackigem Sound. Also, Southern-Fans: Schnell zugreifen, solange diese CD noch vorrätig ist! Für mich stellt sich allerdings zum Schluss noch eine Frage. Jungs, wann taucht ihr eigentlich endlich mal in Deutschland auf?

Yessir Records(2003)
Stil: Southern Rock

01. Intro
02. Are You Living Your Dream
03. 5 Knuckle Shuffle
04. Everything’s Gonna Be Alright
05. Something To Say
06. Never Been Any Reason
07. Bag Full Of Pills
08. Fly Away
09. Ode To Ronnie (Lynyrd Skynyrd Tribute)
10. Brings My Baby Down
11. This Must Be Love

Bärchen Records