Dean Miller – Platinum – CD-Review

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Für Nachkömmlinge berühmter Musikerpersönlichkeiten erweist sich der Weg im gleichen Business unterzukommen, trotz zweifellos günstiger Startbedingungen, oftmals steiniger als erwartet. Ein Beispiel für diese These ist Dean Miller, Sohn der Countrylegende Roger Miller („King Of The Road“)! Rein äußerlich eine Mischung aus einem jungen Johnny Cash und Tom Hanks, schien dieser schon relativ frühzeitig dafür prädestiniert zu sein, sowohl im Musikgenre, als auch im Schauspielfach Fuß fassen zu können. Letztendlich überwogen aber die musikalischen Roots. Seine Ursprungs-Band „The Sarcastic Hillbillies“ hatte keine Lust auf vermeintliches „Stardom“, und so versuchte Dean Anfang der Neunziger, mit ein paar Songs im Gepäck sein Glück in Nashville. Schnell war er aufgrund seines Namens, insbesondere aber seines Talentes, ein gern gesehener Gast bei Songwriting-Sessions.

Mehr sollte aber für längere Zeit nicht herausspringen. 1997 schien dann doch der Durchbruch geschafft zu sein. Sein Debütalbum wurde seitens des Labels mit großem Aufwand produziert und auch gepuscht, der Erfolg stellte sich allerdings, trotz hervorragender Kritiken (die New York Times listete die CD unter den zehn besten Alben des Jahres), nicht ein, und zu mehr als einem intensiven Partyleben sollte es für einige Jahre nicht reichen. Miller musste sich irgendwann mit weltlichen Jobs durchschlagen, die aber laut eigener Aussage seinen Blick für die Realität wiederbelebten, und ihn zu einem besseren Mensch werden ließen. Er begann erneut Songs zu schreiben, und es gab mit Stücken u. a. für Terri Clark, Trace Adkins und George Jones erste Erfolge zu vermelden. Mittlerweile hat sich Koch Records des geläuterten Newcomers von einst angenommen und sein neues, ganz großartiges Album „Platinum“ veröffentlicht.

Elf Stücke alle im 3-Minuten-Single-Format, die zeigen, dass Dean Miller als aktiver Musiker nichts verlernt hat. Im Gegenteil, das Werk hat eigentlich alles, um den lang ersehnten Durchbruch endgültig zu vollziehen. Neun Stücke davon stammen aus Deans eigener Feder (z.T. mit Co-Writern), ein Cover von Fred Eaglesmith „105“, und eine recht eigenständige Version eines Liedes von Vater Roger „I’ve Been A Long Time Leaving“. Kurzweil war wohl das Motto, unter dem das Werk eingespielt wurde. Miller betonte, dass er keine Lust auf Experimente habe, und gab sich selbst ein recht knappes Zeitlimit zur Produktion des Silberlings. Zweifelsohne die richtige Herangehensweise, denn das Songmaterial ist exzellent, ohne auch nur den Ansatz von Hängern, die Texte zum Teil amüsant und voller autobiografischem Anstrich. Dazu kommen absolut überragende Musiker, die an Millers Kompositionen offensichtlich großen Gefallen gefunden haben. Herausragend dabei die starken Gitarristen Kenny Greenberg und Jeff King, Piano-Mann Gordon Mote und Steel-Koryphäe Russ Pahl, die allesamt immer wieder wohl dosierte Glanzpunkte im Rahmen der knapp bemessenen Zeit zu setzen wissen.

Wie bereits erwähnt, schwierig den einen oder anderen Song explizit herauszunehmen, man kann alle elf Stücke lobpreisen. Der Opener „Hard love“ mit seinem satten Dobro-E-Gitarrenintro, zeigt einen stimmlich frischen Dean Miller in Manier eines Johnny Cashs, an der Grenze zum Sprechgesang, dazu kommen tolle Steel- und E-Gitarrenduelle; „Ready For The Rain“, eine Outlaw-Country-Ballade, sehr atmosphärisch mit den berühmt-berüchtigten Telecaster-Fills und „Orgel-Pfeifen“ in Szene gesetzt; zwei weitere starke Balladen „Stronger Than Your Love“ und das bluesige „Coming Back To You”(bärenstarkes Gitarrenspiel von Greenberg und King), die ein wenig texanisches Esprit eines Radney Fosters versprühen; der kraftvolle Southern-Rocker „On A Good Day“ mit den klimpernden Honkytonk-Pianopassagen eines Gordon Mote (Skynyrds Billy Powell lässt grüßen) und klasse Double-Leads erneut vom prächtig harmonierenden Guitar-Duo Greenberg/King! „Right Now“, der einzige Countrysong mit etwas poppigem Charakter, sollte als Single ausgekoppelt werden: Sehr radiotaugliche, schöne Melodie, auch mit ein wenig Phantasie kompatibel auf Acts wie Drew Womack/Sons Of The Desert, Rushlow oder Rascal Flatts – kratzige Akustikgitarre, schöne Orgel-Fills und ein tolles E-Gitarren-Solo inbegriffen. Stark!

Zum Ausklang noch zwei humorige Nummern, „Yes Man“, das zeigt, was Männer so alles für die Liebe zu einer Frau in Kauf nehmen, und eine kleine, spaßige Abrechnung mit Nashvilles Entscheidern bei „Music Executive“ (köstlicher, mitgrölbarer Text: „I’m a music executive, I’m an industry star, ‘Got no time to listen, I’m too late for the bar“…). Dean Miller hat ein starkes, ausgeglichenes und sehr sauber produziertes Werk hingelegt. Er wirkt gereifter denn je und scheint offensichtlich den Spaß am Songwriting und Musizieren wieder gefunden zu haben. Wenn jetzt mit dieser CD nicht der Durchbruch gelingt, wann eigentlich dann? Klasse Musik, sowohl für Traditionalisten, als auch für Verfechter modernerer New Country-Songs!

Koch Records (2005)
Stil: New Country

01. Hard Love
02. 105
03. Ready For The Rain
04. Whiskey Wings
05. Stronger Than Your Love
06. I’ve Been A Long Time Leaving
07. Coming Back To You
08. On A Good Day
09. Right Now
10. Yes Man
11. Music Executive

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