Eli Young Band – Life At Best – CD-Review

Die Eli Young Band hat sich mit ihrem vierten Studio-Album „Life At Best“ endgültig auch in Nashville fest etabliert. Mit einem Einstieg direkt auf Platz 3 der Billboard Coutry Album-Charts, hat das aus Denton/Texas stammende Quartett, bestehend aus Mike Eli (voc, guitars), James Young (guitars, harmonica), Chris Thompson (drums) und Jon Jones (bass) nahezu einen Traumstart hingelegt. Auch die herrlich melodische Single „Crazy Girl“ (wunderbare Gitarrenuntermalung, atmosphärische Steel, klasse Slidearbeit gegen Ende) klettert immer weiter nach oben. Im Prinzip hat man diesmal gegenüber „Jet Black & Jealous“ nur nuanciell etwas geändert.

Mike Wrucke und Frank Lidell haben erneut das Werk begleitet (produziert), von den Gastmusikern, den Co-Writern bis zu den Autoren der Fremdkompositionen wurde nur vereinzelt, aber sehr gezielt variiert. Insgesamt wirkt „Life At Best“ in der Breite noch ausgeglichener und somit noch homogener als der Vorgänger. Zum Auftakt gibt es mit „Even If It Breaks Your Heart“ gleich eine faustdicke Überraschung. Der Song von Will Hoge aus seinem großartigem Album „The Wreckage“ ist ja noch gar nicht mal so alt. Auch der Eli Young Band scheint dieses tolle Lied in Stile von Tom Petty zu seiner absoluten Höchstzeit (verströmt so ein wenig „Into The Great Wide Open“-Flair) auf dem Leib geschnitten zu sein.

Klasse Umsetzung! Nach der bereits erwähnten Single (co-komponiert übrigens vom ebenfalls richtig guten Nashville-Künstler Lee Brice, der vor geraumer Zeit auch ein klasse Debüt abgeliefert hat) folgt mit „Every Other Memory“ ein angenehmer New Country-Song, wie man ihn beispielsweise von Tim McGraw des öfteren geboten bekommt. Ganz hervorragend auch „On My Way“. Was für ein unterschwelliger Groove. Herrlich das Zusammenspiel von Steel- und E-Gitarre! Überhaupt sticht die recht häufige, aber trotzdem nicht überdosierte Einbindung der Steelgitarre (gespielt durch Mike Wrucke, Russ Pahl und Greg Leisz) diesmal als eine der Hauptinnovationen des Werkes heraus.

Auf dem fluffigen „Skeletons“ beweist Co-Leader James Young seine Fähigkeiten als Harpspieler, und auch die eingebundene Mandoline als rhythmusunterstützendes Instrument zu den Gitarren macht hier großen Spaß. Die nicht ganz so im Rampenlicht des Quartetts stehenden Jon Jones und Chris Thompson zeigen bei „I Love You“ (eine wunderschöne, völlig kitschfreie Liebesballade mit einem langgezogenen Refrain, bestehend nur aus diesen drei Worten, ganz klasse gesungen von Mike Eli) auch ihr Songwritertalent (unter Assistenz des bereits erwähnten Lee Brice und Kyle Jacobs).

Eine weitere kleine, gelungene Neuerung, die das Bandgefüge noch weiter zusammenschweißen wird. Und so reichen sich temporeichere Stücke wie „The Fight“ (mit einem Hauch von Roy Orbinson), „Recover“ (poppiger Refrain), „The Falling“ (komponiert von Mike Eli mit einem weiteren gern gesehen Künstler, Ryan James; schönes, poltriges Drumming von Chris Thompson) und „How Quickly You Forget“ (mit Ruf- und Antwortgesang, schön swampige Note mittels Orgel und starker E-Gitarre) mit eher ruhigen, sehr atmosphärisch gespielten Geschichten wie „My Old Man’s Son“ (feine Bariton E-Gitarren-Klänge), „War On A Desperate Man“ (Steel-betonte Countryballade), „Say Goodnight“ (ein Gute-Nacht-Song der sehr angenehmen Art, involviert als Co-Writerin Katrina Elam) die Klinke in die Hand.

Das abschließende Titelstück „Life At Best“ wurde dann zur Chefsache erklärt. Mike Eli und James Young kreierten am Ende noch mal einen richtig gut abgehenden „Red Dirt“-Rocker (kräftige Drums, Orgel, Mandoline, starkes E-Gitarren-Solo), der mit abrupten Schluss dem Hörer nochmal einen unerwarteten, kleinen Kick beschert. Die Band knüpft mit „Life At Best“ somit nahtlos an ihr großartiges Vorgängeralbum an. Traumhaft melodischer, lockerer New Country, Countryrock, Country-Roots-Pop mit einem Hauch von „Red Dirt“. Eine Formel, die den Texanern mittlerweile den erwähnten großen Erfolg nicht nur in Texas, sondern auch in Nashville beschert.

Der Vierer erinnert im übrigen immer mal wieder an eine Country-orientiertere Ausgabe von Sister Hazel, zumal auch Mike Eli’s fantastischer Gesang dem von Ken Block recht ähnlich ist. Was sind das für wunderbare Ohrwürmer! Die Eli Young Band auf dem Weg ganz nach oben. Auf die einfache Formel gebracht. Life at best = Eli Young Band at (it’s) best! Mit diesen starken Songs im Köcher dürfen sich die Fans in den USA natürlich auch auf ihr kommendes Live-Programm freuen (in unserem Lande wird man die Truppe wohl kaum bewundern können). Eine längst überfällige Live-DVD als nächster Schritt käme da als folgerichtige Konsequenz gerade richtig. Vielleicht wird’s ja was! Jetzt erst einmal begeistern wir uns an dieser Traum-CD! Herrlich!

Universal South Records (2011)
Stil:  Red Dirt

01. Even If It Breaks Your Heart
02. Crazy Girl [Single Version]
03. Every Other Memory
04. On My Way
05. Skeletons
06. I Love You
07. The Fight
08. My Old Man’s Son
09. Recover
10. The Falling
11. War On A Desperate Man
12. Say Goodnight
13. How Quickly You Forget
14. Life At Best

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Eli Young Band – Live At The Jelly Fox – CD-Review

Die Eli Young Band-ist für ihre umtriebige Live-Tätigkeit mit bis zu fünf Gigs pro Woche bekannt. Ein wunderbares Zeugnis dessen liefern sie jetzt mit ihrer neuen CD „Live At The Jolly Fox“ ab, mit der sie all die überaus positiven Eindrücke, die ihre Studioalben hinterlassen und die man über ihre Live-Auftritte hört, eindrucksvoll bestätigen. Ein sehr aktuelles Konzert, denn der hier mitgeschnittene Gig im „Jolly Fox“-Club von Huntsville/Texas ist gerade mal ein halbes Jahr her (4. Mai 2006).

Frei nach dem Motto „Viel Training macht den Meister“ erleben wir eine äußerst reife, homogene, blind eingespielte Band, mit Blu Sanders (Acoustic guitar/Background Vocals) und Allen Huff (Hammond B3 Organ/Keyboards) ergänzt um die zwei harmonisch eingebundene Gast-Musiker, die von der ersten bis zur letzten Minute ihrer zweiten Zugabe einen bärenstarken Eindruck hinterlässt. Dargeboten wurde quasi ein „Best-Of“-Potpourri ihrer beiden bisher relevanten Alben mit insgesamt 16 Stücken. Einfach herrlich, diesen höchst melodischen Songs, bestehend aus einer unwiderstehlichen Mixtur von würzigen Rootsrock-/-pop, Countryrock-, „Red-Dirt“-, Heartland-Rock und hitverdächtigen American Mainstream Rock-Elementen, beiwohnen zu dürfen.

Ja man kann schon fast sagen, dass hier so etwas wie Neid aufkommt, solche hochtalentierten Bands nicht einmal in unseren Breitengraden in natura begrüßen zu dürfen – diese Chance geht sicher stark gegen Null. Es erscheint fast unfair aus dem Repertoire der hier dargebotenen Songs explizit einzelne herauszuheben, denn jedes Stück weiß für sich, auf seine Art und Weise zu glänzen. Mike Elis Stimme hat diese sanft kratzige, leicht durch die Nase gesungene, angenehme Ausstrahlung (erinnert zuweilen etwas an Sister Hazels Ken Block), Basser Jon Jones und Drummer Chris Thompson sorgen für einen satten, kräftigen Rhythmus-Background, während es Lead-Gitarrist James Young und Keyboarder Allen Huff mit ihrem filigranen, auf den Punkt gebrachten Spiel vorbehalten bleibt, für die endgültige Veredelung der Stücke zu sorgen.

„When You Come Down My Way“ (Drum-Intro, rootsiges E-Gitarren-Riff, sehr melodisch, ausgedehntes E-Gitarren-Solo, dezente Orgel), „Level“ (überaus kraftvoller, etwas psychedelischanmutender Rootsrock mit rauen E-Gitarren Verzerrungen wie es einst Peter Frampton praktizierte, toller Rhythmuswechsel), „So Close Now“ (ein absoluter Ohrwurm der Marke Sister Hazel), „Highways And Broken Hearts“ (viel kräftiger als in der Studioversion, herrlich „schmalzige“ Country-/Americana-Ballade mit „Feuerzeuge anzünden“-Garantie, tolles southern-mäßiges E-Gitarren-Solo am Ende), das über sieben Minuten währende, fantastische „Small Town Kid“ (inklusive Bandvorstellung, Publikum singt begeistert mit), oder das abschließende „Here’s To You“ (rockiger Beginn, klasse Tempowechsel zwischen Strophen und Refrain, tolle E-Gitarren-Passagen) sind alleine schon „die halbe Miete“ für diese großartige Live-Performance, finden aber mit sämtlichen Restsongs absolut adäquate Begleiter in einem hervorragend aufeinander abgestimmten Programm.

Diese Band wird sicherlich in Zukunft zu den ganz Großen im texanischen Music-Circuit zählen. Mit Interpreten wie Cross Canadian Ragweed (auch wenn die Eli Young Band längst nicht so dreckig agiert) oder der Randy Rogers Band liegt man mittlerweile durchaus auf Augenhöhe. Also scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis ein Major-Label auch an die Tür der Eli Young Band klopfen wird. Mitproduziert (satter, sehr klarer Sound) hat übrigens, wie auch schon bei ihrer letzten CD „Level“, Eric Herbst! Als Vorgeschmack auf das nächste Studiowerk gibt es zum Abschluß der Scheibe noch einen brandneuen Studio-Track. „Lonely All The Time“ aus der Feder von Reckless Kellys Willy Braun, was dem Song naturgemäß unweigerlich einen gewissen RK-Countryrock-Touch auferlegt. Pumpender Bass zu Beginn, heulende Orgel, stampfendes Gitarrenspiel, tolle Tempobreaks, glänzende E-Gitarren-Läufe treiben die Vorfreude auf den nächsten Studio-Streich der Truppe in erwartungsvolle Höhen.

Fazit. Eine tolle, über 73-minütige Live-CD (schade, das es nicht gleichzeitig auch noch eine DVD davon gibt), die in jeder Sammlung texanisch infizierter Rootsrock-/-pop-/Countryrock-Liebhaber ihren Platz finden sollte. Wie gesagt, diese Eli Young Band hat sicher eine große Zukunft vor sich! Großartig!

Universal Republic (2009)
Stil:  Red Dirt

01. That’s The Way
02. Drive Away
03. Girl In Red
04. When You Come Down My Way
05. Level
06. So Close Now
07. Highways And Broken Hearts
08. Bottom Line
09. When It Rains
10. Show You How To Love Again
11. Everything Is You
12. When We Were Innocent
13. Guardian Angel
14. Small Town Kid
15. I Call The Tune
16. Here’s To You
17. Lonely All The Time (Studio Track)

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Will Hoge – Never Give In – CD-Review

Will Hoge erneut in bestechender Form! Der in Nashville beheimatete Singer/Songwriter scheint sich in kreativer Hinsicht auf einem absoluten Höhenflug zu befinden. Verweilte er noch vor nicht allzu langer Zeit mit seiner EP „Modern American Protest Music“ mit eigens konzipierten Protestsongs auf den Spuren von einem seiner großen Vorbilder, Bob Dylan, holt er jetzt mit seinem neuen, fantastischen Album „Never Give In“ zu einem weiteren ganz großen Wurf aus.

Der Titel, wie auch das damit verbundene Titelstück (tolle Melodie, klasse Gitarrenarbeit inkl. würzigem Slide/ E-Solo), stehen auch so ein bisschen für Hoges Stehauf-Mentalität (er hat ja schon so einiges in Sachen Band-/Labelwechsel bis hin zu seinem furchtbaren Unfall, bei dem er schwer verletzt nur hauchdünn am Tod vorbeigeschrammt ist, mitgemacht), ein Mann der nie auf-/nachgegeben hat und sich heute musikalisch stärker denn je präsentiert.

„It encompasses a lot of things. The song is really based on a relationship between a man and a woman that has weathered hard times and fought to grow. There’s some truth in that with my wife which I really appreciate. On a larger note, it’s about the mentality of this whole organization. The roller coaster ride I’ve been through musically, emotionally, professionally, and physically with labels and without labels changing bands and managers, we’re here. We started our own label and we’re having more success than ever. That’s all due to the fact we’ve never stopped and we never give in.“ so Will selbst in einem Interview zum zentralen Thema/Lied seines neuen Werkes.

Und In der Tat, läuft es für Hoge in letzter Zeit wie am „Schnürchen“. Hatte vor geraumer Zeit die Eli Young Band mit dem von ihm gecoverten „Even If It Breaks Your Heart“ einen Nr. 1-Hit erzielt (auch das hier enthaltene, herrlich melodische „Goodbye Ain’t Always Gone“ wäre wieder wie für sie prädestiniert), so dürfte Will auch mit der abschließenden starken, voller Pathos steckenden Americana-/Countryhymne „Strong“ (wie der Titel es schon andeutet), der als Begleitmusik für die Chevrolet Silverado Truck-Werbung ausgewählt wurde, weitere enorme nationale Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Auch der Rest der Scheibe bietet typischen Hoge-Stoff (variabel, sehr melodisch, zwischen Country- und knackigem, zuweilen zünftigem, erdigem Roots-/Americana-Rock pendelnd, garniert mit einigen kraftvollen Heartland-RockEinlagen, in allen Tempi, mit intelligenten, immer ein wenig nach innen gekehrten Texten) auf absolutem Spitzenniveau.

Selbstredend, dass hier natürlich auch Topmusiker wie Kenny Greenberg, Tom Bukovac (beide wieder mit exzellenter Saitenarbeit), Tony Harrell, Adam Beard, Nick Buda, John Deaderick, und einige starke Backsinger wie die wunderbare Ashley Monroe, Jon Randall, Jessi Alexander, Maureen Murphy, oder Harmonie Reddick zur Einspielung mit von der Partie waren. Die beiden letztgenannten Sängerinnen liefern beispielsweise furiose Backs beim flotten Opener, dem knackigen, zündenden, schön angerauten Rootsrocker „A Different Man“. Der Silberling enthält natürlich auch wieder viele Querverweise zu musikalischen Größen, deren Glanz aber im Vergleich mit Will mittlerweile fast schon zu verblassen droht.

Das bereits erwähnte Titelstück mit seinem frappierenden „Into The Great Wide Open“-Flair, erinnert unweigerlich an Tom Pettys Parade-Zeiten, die grandios bluesig/dezent gospelig gesungene Ballade „This Time Around“ lässt sogar fast einen Otis Redding wieder aufleben. Ein Hammersong! Das schön gewählte Wortspiel bei dem famosen „Home Is Where The Heart Breaks“ ist der Aufhänger für ein herrlich rockendes Stück in der Tradition von Bob Seger (hat ein wenig was von „Rock’n‘ Roll Never Forgets“), „Pale September“ macht John Mellencamp alle Ehre und das ebenfalls straight rockende „Bad Old Days“ beinhaltet einige Reminiszenzen in die Zeit, als Will noch mit seinem alten Kumpel Dan Baird musizierte (durchaus auch Georgia Satellites-tauglich). Kurz vor Ende begibt sich Hoge in seiner eigenwilligen Art mit dem schön erzählten „Damn Spotlight (Julias Song)“ samt eines Hauchs von „The Boxer“ sogar in Simon & Garfunkel-ähnliche Gefilde (allerdings gänzlich ohne deren Schmachtfaktor), bevor der bereits oben angeführte Track „Strong“ (als Bonustrack) den glänzenden Abschluss eines immens starken Longplayers abgibt.

„I never really saw a dividing line between rock and country“ teilte Hoge kürzlich in einem Statement mit, und genaus das präsentiert er hier eindrucksvoll. Es gibt keine Trennung zwischen Rock und Country, sondern eine geradezu untrennbare Verbindung in seiner wunderbaren Musik. In einem U.S.-Review heisst es dazu treffend. Hoges music is a compelling mix of classic rock riffs, a Springsteen-styled way with charismatic storytelling and some rowdy roadhouse country twang“. Perfekt ausgedrückt, zusätzlich zu erwähnen sind eben nur noch diese hinreissenden Melodien.

Will Hoge präsentiert sich mit „Never Give In“ abermals in absolut blendender (auch stimmlich) Verfassung. Er zählt mittlerweile zu den wohl maßgebendsten Singer/Songwritern des Country-/Americana-/Rootsrock-Genres der Neuzeit. Die starken Texte zu seinen Tracks sind natürlich im eingesteckten Booklet des DigiPaks nachzulesen. Was für ein Pracht-Album! Wir werden nicht nachgeben, diesen begabten Songwriter/Musiker zu lieben und anzupreisen! Er hat es definitiv verdient! Einfach klasse dieser Mann!

Cumberland Recordings (2013)
Stil:  Country- / Roots Rock

01. A Different Man
02. Goodbye Ain’t Always Gone
03. Never Give In
04. This Time Around
05. Still Got You On My Mind
06. Home Is Where The Heart Breaks
07. Daddy Was A Gambling Man
08. Pale September
09. Bad Old Days
10. Damn Spotlight (Julia’s Song)
11. Strong

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Will Hoge – Number Seven – CD-Review

Der Singer/Songwriter aus Nashville mit einem meisterhaften, neuen Album. Will Hoge, der ja bei den Aufnahmen zu seinem letzten Werk „The Wreckage“ nochmal so gerade „dem Tod von der Schüppe gesprungen“ war (er wurde auf seinem Roller von einem Van angefahren und schwer verletzt) ist mittlerweile gesundheitlich wieder voll genesen und steht auch musikalisch „voll im Saft“. Mit seinem schlicht „Numer Seven“ betitelten, neuen Longplayer präsentiert er sich in blendender Verfassung, ja, man kann fast behaupten, auf dem Höhepunkt seiner musikalischen Schaffensphase.

Erneut versteht er es wie kaum ein anderer Musiker der heutigen Zeit, unbequeme Wahrheiten in seine anspruchsvollen Texte einzubringen und mit der dazu passenden Musik stilvoll in Einklang zu bringen. Fast eine Art Bob Dylan der Neuzeit, nur mit einer anderen Stimme und seinen wunderbar melodischen Americana-Songs. Das Album beginnt in der Tradition seiner letzten Werke. „Fools Gonna Fly“, ein Stück, in dem er dem guten Lyriker Shakespeare den Sinn für die Realität recht humorvoll abspricht, kommt in einer gediegenen Mischung aus Tom Petty- und Bob Seger-Einflüssen daher, wobei Hoge die beiden in kreativer Hinsicht längst ein- bzw. überholt hat. Klasse hier die Mundharmonika-, Slidegitarrenkombination (Hoge/Pat Buchanan) im Soloteil.

„Too Old To Die Young“ wurde mit dem dem Titel entsprechenden Elan kraftvoll umgesetzt. Klasse hier die surrenden Slidegitarren. Am stärksten erscheint Hoge auf diesem Longplayer, wenn er seinem Zorn über das heutige Amerika in Songs wie „Goddam California“ (toller Steelguitar-getränkter Alternate Country, herrlich wie er im Refrain „…Goddam California, oh I miss my Tennessee…“ förmlich herausfleht), „American Dream“ (schonungslose Abrechnung mit den Zuständen seines Landes, dazu passend eine wunderbar traurig gespielte Steelgitarre) oder „The Illegal Line“ (die Geschichte eines illegalen Einwanderes im Grenzgebiet Mexiko/Texas wird plakativ aufgearbeitet, stark hier die eine gewisse Dramatik einbringenden psychedlischen E-Gitarrenparts im Stile von Neil Young’s Crazy Horse) seinen freien Lauf lässt.

Grandios „Silver Chain“ . Hier grummelt Hoge zunächst akustisch begleitet in grimmiger Dylan-Erzähl-Manier, schreit dann seine Gefühle in einem kräftigen Refrain regelrecht heraus (tolle E-Gitarrenarbeit von Kenny Vaughan). Roots Rock in Perfektion! Für die fröhlicheren Momente des Albums sorgen komischerweise Songs wie „Gone“ oder „Nothing To Lose“, obwohl sie thematisch (es geht um das Ende von Beziehungen) ebenfalls nicht gerade auf Frohsinn gepolt sind.

Mit „No Man’s Land“ haut Hoge dann sogar einen echten Mitgröl-Country-Gassenhauer raus, der am Ende passend mit ausgelassenen „Crowd“-Gesängen begleitet wird. Zum Schluss gibt es dann nochmals zwei Tracks zum „Zungeschnalzen“. Zunächst die herrlich einfühlsame, pianounterlegte Ballade „Trying To Be A Man“, die von Gastmusiker Vince Gill immer wieder mit filligraner Akustikgitarre ergänzt wird. Und ganz am Ende die voller Otis Redding-Flair befindliche, bluesig-soulige Nummer „When I Get My Wings“ (zugleich auch erste Single). Toll hier die Bläsereinsätze in bester Memphis-Tradition und ein unwiederstehliches E-Gitarren-Solo von Kenny Greenberg, einem der Star-Gitarristen der Nashville-Szene.

Musikalisch assistieren Hoge auf dieser von ihm selbst produzierten Scheibe seine Tourmusiker Adam Beard, Sigdur Birkis und Adam Ollendorf, aber auch Wegefährten früherer Tage wie Devin Mallone oder Ken Coomer und eine ganze Reihe von edlen Gitarristen wie die bereits genannten Pat Buchanan, Kenny Vaughan, Vince Gill, Kenny Greenberg, sowie Tom Bukovac oder der exzellente Keith Gatis. Dazu kommt ein wunderbar geschmackvoll schlicht in Rot, Weiß und Schwarz gestaltetes Digipack, dessen eingestecktes Booklett alle (lesenswerten) Texte beeinhaltet. Will Hoges „Number Seven“ ist somit erneut ein absoluter Garant für allerfeinsten Roots-/Heartland-/Alternate Country-/Americana-Rock geworden, zuweilen mit einem Hauch von Southern-Feeling! Bestnote dafür von uns!

Rykodisc Records (2011)
Stil:  Country-/Roots Rock

01. Fool’s Gonna Fly
02. Too Old To Die Young
03. Goddam California
04. American Dream
05. Gone
06. The Illegal Line
07. Silver Chain
08. Nothing To Lose
09. No Man’s Land
10. Trying To Be A Man
11. When I Get My Wings

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Brandon Jenkins – Under The Sun – CD-Review

Kleines Jubileum für Brandon Jenkins. 10. Album des eigenwilligen Texaners – und ein ganz starkes. Nach seinem überragenden Vorläufer „Brothers Of The Dirt“, bei dem Jenkins ja von einem wahren „Heer“ an Red Dirt-Größen wie u. a. Randy Rogers, Cody Canada, Mike McClure, vor allem auch gesangstechnisch, unterstützt wurde, durfte man gespannt sein, wie er die Rückkehr in den „Normalität“, als wieder vornehmlich selbst im Mittelpunkt stehender Künstler bewältigen würde.

Wie es jedoch von einem Vollblutmusiker seines Kalibers nicht anders zu erwarten, löst er diese schwierige Aufgabe mit „Under The Sun“ (übrigens mit toll anzusehendem Coverbild, auf dem der von der Sonne angestrahlte, barbarisch anmutende Glatzenträger mit rotem Rauschebart seine volltätowierten Arme wie um Eingebung flehend gen Himmel streckt) voller Bravour. Prinzipiell muss man diese Musik als erdigen, Red Dirt-beeinflussten, großartigen, texanischen Rootsrock bezeichnen. Differenziert betrachtet präsentiert Jenkins diesmal jedoch eine ungemein gut harmonierende Mischung aus erstklassigem texanisch geprägtem Blues Rock, schnörkellosem Alternate Country und dezenten Southern-/Roots-Zutaten.

Auch auf dieser CD befinden sich natürlich wieder hervorragende Mitmusiker wie Jon Cearly, Dean Cote, David Perceful, Kim Deschamps, Brad Absher, Jared Tyler, Jenkins-Spezi Cody Canada und die tolle Background-Sängerin Amanda Brown (sehr stark involviert). Der eröffnende Titeltrack „Under The Sun“ entpuppt sich sofort als Granate. Hier bluesrockt, funkt und groovt es direkt, was das Zeug hält. Jenkins’ markantes Gibson E-Gitarrenspiel rifft herrlich lässig und cool mit seinem leicht spröden Gesang um die Wette, wobei David Percful immer wieder Gregg Allman-typische Hammond-Aufheuler dazwischen wirft. Auch Jenkins’ Gitarrensolo ist vom Feinsten. Ein toller Auftakt.

Die folgende Single des Albums „Too Big To Fall“, die sich schon seit einiger Zeit in den Texas-Music Charts tummelt, besticht dagegen durch ein lockeres, leicht Southern-infiziertes Countryambiente (Orgeltupfer, schöne Steel-Fills von Kim Deschamps, der sich auch auf einigen anderen Tracks recht prägnant einbringt), wie es die Marshall Tucker Band immer so glänzend praktizierte. In eine ähnliche Kerbe schlägt das entfernt an deren „Fire On The Mountain“ erinnernde „No Word From You“ (mit schöner dezenter Akkordeon-Untermalung). Jenkins präsentiert sich auf „Under The Sun“ auch durchaus experimentierfreudig. So feiern beim von ihm mit Stoney LaRue komponierten „Lookin’ Out For #1“, einem weiteren groovigen Blues Rocker, deftige Bläser-Einlagen ihre Premiere.

Eine wunderbare Mundharmonika auf „Crazy Moon“ (im Stile der großen 70er-Singer/Songwriter ala Neil Young) und Dobro-Zutaten bei „Heaven Sent“ (sehr ländlich anmutender Country) sind weitere Indizien für Brandons beeindruckende instrumentelle Vielseitigkeit. Garth Brooks „The Thunder Rolls“ könnte gar Pate für „No More“ gestanden haben. Klasse hier die im Hintergrund wimmernde Steelgitarre von Deschamps. Das Album lebt aber vor allem dann auf, wenn Jenkins sich auf seine rockigeren Wurzeln beruft. Klasse diesbezüglich zum Beispiel das witzig getextete, einer zankhaften Hündin gewidmete „Charlene (Runnin’ With The Devil)“ , das mit mechanisch kühl klingender E-Gitarre sehr variabel verschachtelte „Perfect Slave“ und das unter Assistenz von Cody Canada entstandene rhythmisch rockende „Drag“, das wie eine Mischung aus Atlanta Rhythm Section (mit deren typischem southern-mässigen, lässigen E-Gitarren-Spiel, inkl. baumstarkem Solo) und Cross Canadian Ragweed daherkommt (klasse Harmonies von Amanda Brown).

Mit dem kleinen feinen „Life Goes On“ (wieder mit Countrynote) lässt Jenkins sein neues Werk schließlich behutsam ausklingen. Angenehm wie auch schon oft zuvor, dass Jenkins auch hier wieder in diversen Texten seiner Stücke kein Blatt vor den Mund nimmt und in ihnen auch sozialkritische Botschaften transportiert. Mit seinem 10. Album „Under The Sun“ hat Brandon Jenkins die schwere Hürde des Vorgängers glänzend gemeistert und eine weitere, großartige Arbeit abgeliefert. Er ist so eine Art Künstler, deren Outputs man mit einer Art Qualitätsgarantie nahezu blind vertrauen kann. Mittlerweile eine echte Konstante in der texanischen Roots-Rock-/Red Dirt-Szene. Gratulation, Brandon zu diesem prächtigen Jubileumswerk!

Smith Entertainment (2011)
Stil:  Red Dirt

01. Under The Sun
02. Too Big To Fail
03. Looking Out For #1
04. Crazy Moon
05. Heaven Sent
06. Anymore
07. Charlene
08. No Word From You
09. Perfect Slave
10. No More
11. Drag
12. Life Goes On

Brandon Jenkins
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Will Hoge – The Wreckage – CD-Review

Baumstarkes, neues Album von Will Hoge! Roots-/Heartland-/Americana-Rock „with a southern croon“ vom Allerfeinsten! Der in Nashville lebende, amerikanische Songwriter hatte ja bereits mit dem Vorgängerwerk „Draw The Curtains„, wie auch mit seinen übrigen Veröffentlichungen schon ganz exzellente Kost serviert und ist von uns und den Kritikerscharen zurecht mit Lobeshymnen überschüttet worden. Also beste Vorraussetzungen, um sich mit einem weiteren Silberling in der ganz oberen Riege seiner amerikanischen Kollegen zu etablieren.

Doch leider sollte zunächst ein persönlicher Schicksalsschlag Hoge übel mitspielen. Während der Aufnahmen zu seinem neuen Album fuhr Hoge nach getaner Arbeit abends mit seinem Roller nach Hause und wurde von einem Van, der seine Bahn kreuzte, „volle Kanne“ erfasst. Schwer blutend, mit mehreren Knochenbrüchen und zeitweise erblindet musste sich Hoge einem mehrmonatigem Krankenhausaufenthalt unterziehen. Die Rehamaßnahmen dauern bis zum heutigen Tage an. Damit hatte es sich mit „The Wreckage“ (der Titel entstand in Anlehnung an seinen Unfall) erst einmal erledigt. Die Arbeiten waren zu diesem Zeitpunkt gerade zur Hälfte abgeschlossen.

Dieses Ereignes bescherte Hoge, laut eigener Aussage, eine vllkommen veränderte Lebenseinstellung. Es setzte ein regelrechter Lernprozess ein. Für ihn, der eigentlich in achtzehn Jahren keinen Tag ohne Musik verbracht hatte, lag jetzt der Fokus komplett auf der persönlichen Genesung und dem Wohlbefinden seiner Familie. Acht Monate nach dem Unfall jedoch ging es dann, mental gestärkt, endlich zurück ins Studio, um das begonnene Werk zu vollenden. Und es ist ein absoluter Knaller geworden. Im Vergleich zum erfolgreichen Vorgänger wurde zwar personell nur marginal geändert (Ken Croomer und Charlie Brosco, die auch das kürzlich erschienene, klasse Album der Southern Rocker SwamDaWamp produzierten, sassen erneut an den Reglern; die meisten Musiker, wie u.a. Pat Buchanan, Ban Baird, Ken Croomer, Tim Marks, sind abermals mit von der Partie), das Ergebnis aber gestaltet sich noch einen Tick stärker als zuletzt und dank Hoges, aus besagten Gründen sehr emotionaler Hingabe, um ein Vielfaches intensiver.

Das ist schon eine Pracht-Leistung, die er hier abliefert. Tolles Songmaterial, mit saftigen, Gitarren-orientierten Arrangements, zumeist voller Kraft und mit gutem Drive, unterbrochen von der ein oder anderen Ballade, alles ungemein melodisch. Das Album startet mit dem flockig, aber knackig instrumentierten „Hard To Love“, ein Stück in bester Bob Seger-Tradition im gehobenen Midtempo, mit einer klasse Pianountermalung, toller Melodieführung und einem starken Bariton-E-Gitarren-Solo. Weiter geht es in deftiger John Mellencamp-Manier mit dem schroffen, geradlinigen, einen tollen Drive aufbauenden, gnadenlos starken Roots-Rocker „Long Gone“ (fettes Drumming, kreischiges E-Gitarren-Solo), der einmal mehr die ungeheure Vielseitigkeit Hoge’s beweist. Hier geht’s richtig zur Sache!

Im Titelsong „The Wreckage“ entladen sich dann alle erlebten Geschehnisse auf beeindruckende Weise, ohne dabei textlich auf das Vorgefallene einzugehen. Selten hat man Hoge so intensiv, introvertiert, emotional und doch voller kühler Melancholie singen gehört (ein wenig an Radney Foster und Kevn Kinney erinnernd), wie bei diesem Track. Eine dumpfe Akustikgitarre, ein dezentes Piano und eine kalt hallende Steelgitarre erzeugen eine ganz besondere, regelrecht mitfühlende Atmosphäre. Das ist große und bewegend performte Musik.

Mit „Favorite Waste Of Time“, „Even If It Brakes Your Heart“ (mit dezentem Petty’schen „Into The Great Wide Open“-Flair) und „Highway Wings“ bewegt sich Will in luftig instrumentierten, genauso knackigen, wie melodischen, rootsigen Mellencamp-/Chris Knight-Gefilden. Das atmosphärische „What Could I Do“ steckt wieder voller eigenwilliger Melancholie, die von Jen Gunderman beigesteuerten Mellotron-Töne erzeugen Gänsehaut.

Zusammen mit der bezaubernden Ashley Monroe (singt im Stile einer jungen Dolly Parton) präsentiert Hoge im Duett bei der wundervollen Ballade „Goodnight / Goodbye“ entspannte, sehr melodische, großartige (Alternate)Countrymusic. Sein alter Weggefährte Dan Baird zupft hier die High String Guitar. Diese etwas besinnlichere Phase wird dann mittels „Just Like Me“, einem forschen Rootsrocker an der Schnittstelle zwischen Neil Young und John Mellencamp, wieder abgelöst.

Klasse hier das psychedelisch angehauchte, raue E-Gitarren-Solo von Pat Buchanan. Nach dem entspannten, wunderschönen „Where Do We Go From Now“, kommt das wieder voller Atmosphäre steckende, balladeske „Too Late Too Soon“, eindrucksvoll mit Gitarren (Southern Rock-kompatibles E-Gitarren-Solo), dumpfen Cello- und Bläsertönen in Szene gesetzt, sogar mit ein wenig Black Crowes-Flair rüber. Ein hervorragendes Album-Finale! Eigentlich ist Will Hoges neues Werk angesichts der Vorgeschichte als reinstes Wunder zu bezeichnen.

Woher dieser Musiker, der scheinbar wirklich am Rande des Ablebens taumelte, innerhalb so kurzer Zeit wieder die Kraft und Ideen zu solch einem starken Album schöpfte, verdient höchste Anerkennung und uneingeschränkten Respekt. Will Hoge hat sich mit diesem Werk endgültig in die Regionen der hier beschriebenen Bezugsgrößen katapultiert. Dieser Singer/Songwriter kann dem Vergleich mit den Mellencamps, Pettys, Chris Knights, Bob Segers, Dan Bairds & Co. locker standhalten.

Wir ziehen den Hut vor dieser Leistung und wünschen Will Hoge, auch wenn es sich im Fall von „The Wreckage“ (das Wrack) schon fast makaber anhört, für seine zukünftige Entwicklung musikalisch weiterhin „Hals- und Beinbruch“. Aber es wird schwer, dieses Werk zu toppen. Die Messlatte liegt verdammt hoch. Exzellenter Rootsrock-/Heartland-Rock-/rockin‘ Americana-Stoff (roadside Americana with the glory of Rock’n Roll“, wie es ein U.S.-Kritiker nennt) zum Genießen, aufgemacht im feinen Digipack inkl. eingelegtem Faltblatt mit allen Texten und Infos! Brillant!

Rykodisc Records (2009)
Stil:  Country-/Roots Rock

01. Hard To Love
02. Long Gone
03. The Wreckage
04. Favorite Waste Of Time
05. Even If It Breaks Your Heart
06. What Could I Do
07. Goodnight/Goodbye
08. Just Like Me
09. Highway Wings
10. Where Do We Go from Down
11. Too Late Too Soon

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Brandon Jenkins – VII – CD-Review

Der aus Tulsa, Oklahoma stammende, aber mittlerweile in Austin, Texas lebende Brandon Jenkins wirkt mit seiner bulligen Statur, dem kahl geschorenem Schädel sowie seinen vielen Tattoos eher wie ein hartgesottener Vertreter der Wrestling- oder Heavy Metal-Szene. Weit gefehlt, denn in Wirklichkeit zählt der großartige Singer/Songwriter zu den ganz ambitionierten Vertretern des Texas/Oklahoma „Red Dirt“-/Roots-/Americana- und Progesssive-/Alternate Country-Movements.

Der Bursche genießt in seiner Heimat ein immens hohes Standing! Sein starkes neues, mittlerweile siebtes Album, im schönen Digi-Pack, mit allen Texten versehen, hat er schlicht „VII“ benannt. Was wir geboten bekommen ist erstklassiger, schön trocken, ursprünglich und völlig zwanglos gespielter „Red Dirt“-/Rootsrock voller Outlaw Countryrock-Tendenzen, bluesiger Momente, Heartland-Rock-Flair und kerniger Southern-Würze! Sämtliche zehn Stücke stammen aus Jenkins‘ eigener Feder, bei zweien assistierte ihm der auf der Scheibe immer wieder furios aufspielende Gitarrist (auch präsent an Dobro und Mandoline), der sich „SoupBone“ nennt (wer immer sich dahinter verbirgt). Produziert hat Brandon selbst!

Zumeist geht es auf dem Album recht rockig und „rough“ zu Werke, lediglich zum Schluß des Albums gibt’s drei ruhige, in einem wunderbaren semi-akustischen Gewand verpackte Nummern. Das gesamte Material bleibt prächtig hängen! Mit „Why Did We Ever Say Goodbye“ erleben wir direkt zum Einstieg einen herrlich melodischen, knackigen, flockig flotten Rootsrocker, der von einer entspannten Akustikgitarre und recht angenehm eingestreuten E-Gitarren dominiert wird. Akzente setzt hier Brandon’s Tour-Gitarrist Chris B. Ware, der in der Vergangenheit schon mit so bekannten Leuten wie Rob Thomas, Keith Urban, den Arc Angels oder auch Storyville zusammengearbeitet hat.

Pulsierende, nach vorn treibende Drums, raue, klasse E-Gitarren-Riffs, inklusive eines bärenstarken, glühenden Solos (da kommt einem gar The Marshall Tucker Band in den Sinn) bringen dann bei „Call Of The Road“ Red-Dirt-/Southern-Feeling pur. Ein ganz starker Song! Das Album enthält eine ganze Anzahl von Stücken, die sich, trotz des „angerockten“ Ambientes im Balladen-, bzw. Midtempo-Bereich bewegen (beispielsweise die prächtige Alternate Country-Ballade „All I Ever Wanted“, die mit ihrem exquisiten Gitarrensound gar ein wenig an Buddy Miller erinnert), wobei Jenkins‘ warme, angenehme Bariton-Stimme und sein ausgezeichnetes Akustikgitarrenspiel in echter Singer/Songwriter-Manier im Vordergrund stehen.

Durch die Zugabe der vielen, feurigen E-Gitarrenparts, aber auch mal eines Dobros, einer Mandoline oder sparsam gehaltener weiblichen Background Gesänge wirkt die Sache allerdings nie langweilig, zumal die Geschichte zwischendurch immer wieder mit temperamentvollen Hochkarätern wie „Saturday Night“ (herrlich rhythmischer Countryrocker, klasse Slide-Spiel) oder dem famosen, rauen Psychedelic-Blues-Roots-Gitarren-Rocker „Livin’ Down On The Line” (erinnert schon fast an “Stranglehold” von Ted Nugent – mächtig dreckige, satte Lead Gitarren-Läufe) aufgelockert wird.

Ein besonderes Highlight der CD ist darüber hinaus das exzellente, sehr entspannte, ruhige „Painted On Smile“, bei dem Jenkins‘ rootsiger Gesang fast sieben Minuten lang vom großartigen Wechselspiel seiner klaren Akustikgitarre und SoupBone’s filgiraner E-Gitarre (bewegt seine Finger fast in lockerer Toy Caldwell-Manier über die Saiten) begleitet wird. Das ist schon große Klasse! Angenehmer, ehrlicher und sehr authentischer Roots-/Americana-/Alternate Country-„Red Dirt“-Stoff eines großartigen Künstlers, der es wahrlich verdient hat, auch über die Grenzen Texas‘ und Oklahoma’s hinaus die Aufmerksamkeit zu erlangen, die ihm zusteht. Sein neues Album „VII“ ist dazu der ideale Einstieg! Stark!

Smith Entertainment (2006)
Stil:  Red Dirt

01. Saturday Night
02. Call Of The Road
03. Why Did We Ever Say Goodbye
04. All I Ever Wanted
05. When I Look In Your Eyes
06. Stay Here With Me
07. Livin Down On The Line
08. The Ghost
09. I Still Think Of You
10. Painted On Smile

Brandon Jenkins
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Bärchen Records

Jason Michael Carroll – What Color Is Your Sky – CD-Review

Der Mann aus North Carolina, der uns vor 4 Jahren mit seinem Riesenhit „Alyssa Lies“ begeisterte und der danach noch einige weitere Top 20-Hits folgen ließ, kommt mit einem wunderbaren, neuen Album. „What Color Is Your Sky“ lautet der Titel und beinhaltet 15 brandneue Tracks, wobei die letzten drei Stücke „Here With Me“, „Painting Pictures“ und „Waste Their Life“ (als Demo Version), allesamt in melodischem Midtempo gehalten, eigentlich nur für sein Live-Programm gedacht sind auf Wunsch seiner Fangemeinde noch als Bonus auf diesem Album mitberücksichtigt wurden. Eine schöne Geste.

Carroll eröffnet sein mit recht schmalem Budget ausgestattetes und selbst produziertes Werk (er hat ja mittlerweile nur noch ein Independant-Label im Rücken, was sich aber absolut positiv auf seine Leistung ausgewirkt hat) mit dem herrlich flockigen, von Cowboylagerfeuerromantik umwehten „All I’m Drinking ‚Bout“, das man aufgrund des eingängigen Refrains und den folkig anmutenden ‘Whistles‘ (man ertappt sich nach einer gewissen Zeit förmlich beim Mitpfeifen) kaum noch aus dem Kopf bekommt. Ganz klasse hier auch, neben der schönen Fill-Arbeit mit Bariton-E-Gitarre, Piano- und Orgeltupfern, die plötzlich unvermittelt einsetzende E-Gitarrenpassage. Ein großartiger Auftakt.

Die folgende Single „God Only Knows“ erinnert vom Stil an Sachen von Jason Aldean, Brantley Gilbert & Co., ebenso wie auch später das heftig rockende „‚Til The Speakers Blow“ (ähnelt „My Kinda Party“) und die Powerballade „We Ride“, wobei immer wieder die tolle E-Gitarrenarbeit (inkl. starker Soli) zu überzeugen weiß. Das atmosphärische Titellied „What Color Is Your Sky“ lässt ein wenig den New Country der 90er Jahre aufleben: ruhiger melodischer Strophengesang, der dann in einen harmoniegesungenen Refrain à la Diamond Rio oder Little Texas mündet. Auffallend auch, dass Jason Michael seine Vocals, die auf seinem letzten Silberling „Numbers“ noch eher kräftiger/dominanter in Richtung Blake Shelton ausgelegt waren, ein wenig ‘weicher‘ in Sphären eines Tracy Lawrence und Konsorten ausgesteuert hat.

Weitere Nummern mit 90er-Flair „Love Like July“ (stadiontaugliches E-Gitarren-Solo) und „Civil War“ (markante Pianountermalung). Ganz großes Kino ist das bestens zum Feiern geeignete, in „Take It Easy“-Manier fröhlich beschwingt dahinschunkelnde „Here‘s To“, eine herrlich sympathische, zum Mitsingen geeignete Hommage an die angenehmen Sachen des Lebens wie das Biertrinken , schöne Frauen etc., die den anstrengenden Alltag mal für eine gewisse Zeit vergessen lassen. Schön authentisch hier die kurz simulierte ‘Crowd‘-Harmoniegesangs-Passage, die schon mal andeutet, wie es bei dem Song live zugehen wird. Ein echtes Stimmungshighlight und toller Ohrwurm zugleich!

Das Schöne an der möglichen Eigenständigkeit im Independant-Bereich sind dann auch die Überraschungen und Freiheiten, die ein Künstler sich dann zwischendurch auch mal gönnen darf. So hätte es die tollen Knopfler-typischen Dire Straits Stratocaster-Einlagen bei „Does He Know“ wie auch das fast schon im Southern Melodic Rock verwurzelte „Urgency“ (Billy Crain-mäßiges Strat-Solo) auf einem Majorwerk wohl kaum gegeben. Die schöne Ballade „Blown Away“ (dezenter „Free Bird“-Unterton bei den Keyboards) und das bardenhaft vorgetragene countryeske „Close Enough“ (schön klare Akustikgitarre, Steel, Fiddle) runden ein äußerst unterhaltsames und abwechslungsreiches Werk ab, (Texte zu diesen 12 Liedern sind im Booklet enthalten), bevor die eingangs erwähnten Zusatztracks einsetzen.

Auch wenn er seinen Major-Vertrag los ist, seine lockere Country-/New Country-Musik ist über jeden Zweifel erhaben und „better than ever“. Herrliche, flockige Songs mit tollen Melodien, großartige Stimme und „not one bad song or any filler on this album“, wie es ein begeisterter U.S.-Fan ausdrückt. Keine Ahnung, warum die Bosse der großen Labels diesen Burschen nicht mehr unter Vertrag haben, aber vielleicht ist das auch gut so. So kann er zwanglos spielen, was er will – und das macht sich auf positivste Art und Weise bemerkbar. Sehr starke Vorstellung!

Malaco Records (2015)
Stil: New Country

01. All I’m Drinking ‚Bout
02. God Only Knows
03. What Color Is Your Sky
04. Here’s To
05. Love Like July
06. Does He Know
07. Til the Speakers Blow
08. Civil War
09. Urgency
10. Blown Away
11. We Ride
12. Close Enough
13. Here With Me
14. Painting Pictures
15. Waste Their Life (Demo Version)

Jason Michael Carroll
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Bärchen Records

Billy Currington – Same – CD-Review

Ein weiterer vielversprechender Künstler, der auf dem Endlos-Highway des New Country aufgetaucht ist, heißt Billy Currington. Der aus Rincon, Georgia stammende, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Billy, entdeckte durch seinen alkoholsüchtigen Stiefvater seine Liebe zur Countrymusik. Namen wie Alabama, Keith Withley oder George Strait ermunterten ihn schon frühzeitig, sich auch mit dem Songwriting zu beschäftigen.

Der irgendwann fällige Umzug nach Nashville gestaltete sich karrieretechnisch zunächst etwas behäbig, der entscheidende Impuls kam dann aber über Mark Wills, der einen Song von Currington für sich haben wollte, und den Kontakt zu Produzent Carson Chaimberlain herstellte. Dieser wiederum machte dann den Deal mit Mercury Records perfekt.

Ein lohnenswertes Arrangement für beide Seiten, denke ich. Denn Billys Debüt erscheint massenkompatibel (sämtliche Songs eigenen sich zur Singleauskopplung), und ist dank hervorragender Musiker auch äußerst anspruchsvoll eingespielt. Was die Achse Mason-Franklin-Duncan-Bayers-Willis so aus dem Armel zaubert, ist schon erste Sahne.

Die Nummern sind zwar kurz und kompakt, bieten aber allesamt Improvisationsspielraum für ihre Live-Darbietung. Lieder wie „Off My Rocker“, „Where The Girls Are“ oder „Growin‘ Up Down There“ leben von ihrem flotten Rhythmus und den kurzweiligen Instrumentalduellen (meist Steel/Fiddle/E-Gitarre) der Nashville-Profis, die sichtlich Spaß zu haben scheinen.

Aber auch Ohrwürmer wie „I Got A Feelin'“ (davon gab es in der letzten Ausgabe von „Country-Roads“ einen Clip mit einer recht nett anzuschauenden Blondine, die den guten Billy gehörig ins Schwitzen bringt), „Close To Me“ (Richtung Lonestar) oder das abschließende „Ain’t What It Used To Be“ (Marke Blake Shelton) machen richtig Laune.

Natürlich gibt es auch drei vier Balladen, die recht unspektakulär, aber auch nicht großartig störend im Gesamtbild präsent sind.
Aufgrund der Leichtigkeit des Werkes mein Tipp für den kommenden Sommer. Grill anschmeißen, ’ne Currywurst auf den Tisch und Currington auf den (Platten-)Teller!

Mercury Nashville (2003)
Stil:  New Country

01. I Got A Feelin‘
02. That’s Just Me
03. Hangin‘ Around
04. Off My Rocker
05. Walk A Little Straighter
06. Where The Girls Are
07. Time With You
08. When She Gets Close To Me
09. Growin‘ Up Down There
10. Next Time
11. Ain’t What It Used To Be

Billy Currington
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Bärchen Records

Billy Ray Cyrus – Time Flies – CD-Review

„Time Flies“ ist von den vier CDs, die ich von Billy Ray Cyrus mittlerweile kenne, eindeutig die beste. 15 Songs innerhalb einer knappen Stunde fliegen an einem regelrecht vorüber, ohne dass man merkt, wie die Zeit vergangen ist. Es liegt an der Vielseitigkeit der Lieder und einem Sänger, der unheimlich frisch und kämpferisch wirkt. Ein Grund dafür wahrscheinlich die Querelen im Vorfeld der Veröffentlichung, auf die ich noch am Ende zu sprechen kommen werde.

Das Werk, im Konsens gesehen, ist eigentlich gar nicht new-country-typisch. Ich würde es eher als äußerst variables Rockalbum einstufen, das sich harmonisch der einen oder anderen Strömung bedient, aber nie Gefahr läuft, seine Linie zu verlieren.

So ist das Titelstück eine wunderschön relaxte Westcoastballade, getragen von einer lockeren Akustikgitarre, herrlichem Slidespiel und dezent eingebrachten E-Gitarren im Hintergrund. Poco hätte das nicht besser bringen können. In die gleiche Kerbe schlägt „Tell Me“. Man könnte meinen, Glenn Frey und Don Henley hätten mal wieder einen Schlichtungsversuch für ein Eagles-Comeback hinter sich.

Da gibt es zwei so unwiderstehliche Honkytonkrocknummern wie „I Luv Ya“ (über Frauen, die jeder mag, aber die soviel Herzschmerz verursachen; Cindy Crawford und Julia Roberts werden als Lehrbeispiele angeführt) und „Hard To Leave“, der vielleicht legitime Nachfolger seines größten Hits. Klingt wie eine Mischung aus „Achy Breaky Heart“ und der Chuck Berry-Nummer „C’est la vie“. Ein toller Rocker, der sich zur Endlos-Abfeier-Live-Nummer bestens eignet, mit herrlichem Pianogeklimper a là Billy Powell im Mittelteil.

Wer Southern Rock nicht unbedingt mit Gitarren-Soli-Orgien verbindet, wird auch bei einigen Liedern auf seine Kosten kommen. Eine ganze Reihe von Songs bieten genretypische Stilelemente, allerdings immer relativ wohl dosiert. In manchen ‚weich‘ gesungenen Strophen ist Billy Rays Stimme mit der von Johnny Van Zant vergleichbar, zahlreiche Slide- und E-Gitarrenparts sind unverkennbar Südstaaten-Rock-orientiert („Bread Alone“, „The Way It Is“, „I Still Believe“ – sehr 38 Special-ähnlich vom Grundmuster her).

Dazu gesellen sich natürlich auch die eine oder andere Ballade, mal stärker („What Else Is There“ und die Akustikversion von „Some Gave All“, das dank frischer Stimme – es wird nicht so rumgeknödelt wie beim Original – und kraftvoller Akustikgitarre irgendwie moderner und peppiger rüber kommt), mal etwas schwächer, weil ein wenig schmalzig („Nobody“/“Without You“).

Zwei richtige straighte Rocker lassen gegen Ende erneut die Lucie richtig abgehen. „Close To Gone“ könnte die Bottle Rockets und The Beatfarmers als Inspirationsquelle gehabt haben; „Stand Still“ erinnert mit seinen treibenden Pianopassagen an „The Fire Inside“ von Bob Seger.

Ach ja, wo bleiben eigentlich die Country-Elemente? Am ehesten noch beim Auftaktstück „What Else Is There“ die dezenten Steeleinlagen oder die Fiddelbegleitung bei „Back To Memphis“, eine Art Heartlandballade, keltisch angehaucht, Gesang wieder JVZ-ähnlich, „Tomorrow’s Goodbye“ von Skynyrds „Edge Of Forever“ Album kommt mir dabei melodiemäßig in den Sinn.

Insgesamt ein tolles Album, das jedoch auch wieder einmal die Schattenseiten des Business offenbart. BRC ist für mich neben Garth Brooks nach wie vor einer der Initialzünder eines mittlerweile millionenschweren Musikindustriezweiges, vergleichbar eventuell mit einem Boris Becker im Tennissport. Und dass ein Künstler, der eigentlich bis jetzt immer durch solide Arbeit geglänzt hat, von Sony auf ein No-Name-Label verbannt wurde, ja sogar um die Veröffentlichung lange Zeit zittern musste, ist schon der blanke Hohn.

Der Gipfel von allem ist das lieblose Ein-Blatt-Cover, mit Angabe der Songtitel als einziger Info. So was hat ein Billy Ray Cyrus ganz sicher nicht verdient. Aber Kopf hoch. Leistung hat sich im Groben und Ganzen immer am Ende durchgesetzt und es gibt ohne Zweifel auch andere Firmen, die einen längeren Atem besitzen, und nicht nur auf den schnellen Dollar fixiert sind…

Sony Music, Madacy Label Group (2003)
Stil:  New Country

01. What Else Is There
02. Bread Alone
03. The Way It IS
04. She Don’t Love Me
05. Time Flies
06. I Luv Ya
07. I Still Believe
08. Without You
09. Hard To Leave
10. Nobody
11. Tell Me
12. Close To Gone
13. Stand Still
14. Back To Memphis
15. Some Gave All (Acoustic version)

Billy RayCyrus
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