Jeff Bates – Leave The Light On – CD-Review

Manche nennen ihn die Reinkarnation des legendären Conway Twitty, andere den Barry White der Countrymusic. Wie dem auch sei, fest steht, dass Jeff Bates sicherlich eine außergewöhnliche, Wärme-ausstrahlende Baritone-Stimme besitzt, deren Wirkung man sich kaum entziehen kann. Rein äußerlich wirkt er eigentlich eher wie einer der jungen Wilden, Marke Blake Shelton, Chris Cagle, Drew Womack etc., die auszogen, um Music City im Sturm zu erobern.

Auch was seine Vergangenheit angeht, glaubt man kaum, was der Bursche schon so alles erlebt, bzw. auf dem Kerbholz hat. Als Kind zur Adoption freigegeben, mit 14 von der Schule geflogen, Militärdienst bei der Navy, Arbeit auf einer Öl-Plattform, erste musikalische Erfahrungen mittels einer Clubanstellung, Ehe, Umzug nach Nashville, erste Songwriteraktivitäten, Scheidung, nächste Ehe, Drogenkonsum, damit verbundene Diebstähle, schließlich Gefängnisaufenthalt. Dass Jeff Bates dennoch die Spur zurück ins Leben fand, verdankt er letztendlich den Herren Gene Watson, Tracy Lawrence und Kenny Beard.

Die beiden erstgenannten Künstler entschlossen sich (mit Erfolg) Songs von Bates in ihr Programm zu nehmen, letztgenannter Produzent hielt ihm als Freund die Treue, vertraute seinem Songwriter-Talent, und verschaffte ihm einen Plattendeal bei RCA. Zur Recht, wie sein Debüt „Rainbow Man“, das sich viele Monate in den Charts hielt, eindrucksvoll bewies. Nach einigem Hin und Her hat es nun endlich auch mit dem Nachfolger „Leave The Light On“ geklappt, wieder eine Ansammlung äußerst gelungener, traditioneller, zeitloser Countrysongs! Anders wie beim Erstling (da hatte Jeff noch alle Stücke mit geschrieben), ist er diesmal nur bei einem Drittel der Songs kompositorisch involviert, wobei der Rest mit viel Fingerspitzengefühl ausgesucht wurde.

Im Bereich der Begleitmusiker wurde das Licht alles andere als auf Sparflamme gehalten, d.h. Bates konnte so richtig aus dem Vollen schöpfen. Hier ist die Creme de là Creme der Nashville-Szene (u. a. Chad Cromwell, Billy Panda, David Grissom, Brent Mason, Joe Spivey, Tony Harrell, Dan Gugmore, Mike Johnson, Eric Darken) vertreten. Die CD startet mit der Singleauskoppelung von „Long Slow Kisses“, das bereits auf dem Vorgänger enthalten war, und diesmal deutlich mehr Gesangsanteile enthält. Die Billy „Crash“ Craddock-Cover-Version von „Rub It In“ macht mit seinen Honkytonk-Anleihen (klasse Piano, schönes Slide-Solo) richtig Laune.

Im weiteren Verlauf gibt es dann einen Mix aus sehr gemäßigtem Midtempo/Balladenanteil und einigen flotteren Nummern. Sämtliche Stücke sind durchweg in traditionellen Country-Bahnen angesiedelt. Sie sind dabei, nicht zuletzt durch Bates individuelle Stimme und die brillante musikalische Umsetzung, als absolut radiotauglich einzustufen, so daß der ein oder andere Hit schon dabei herausspringen sollte. Im Vordergrund immer das gut aufeinander abgestimmte Zusammenwirken von Steel-, E-Gitarre, Fiddle und Piano.

Die ruhigen Sachen wie „No Shame“, „Leave The Light On“, „The Woman He Walked On“, das autobiographische „One Second Chance“, “ I Can’t Write That“ und „Mama Was A Lot Like Jesus“ scheinen wie für Bate’s angerauht-warme Stimme geradezu prädestiniert zu sein und dürften in Conwy Twitty-mäßiger Art viele weibliche Herzen an angelehnter Männerschulter zum Schmelzen bringen. Für’s „starke“ Geschlecht hält Jeff dann Songs wie „Hands On Man“ (Billy Ray Cyrus-Charakter), „That’ll Get You Ten“ (Mischung aus Montgomery Gentry und Trace Adkins mit viel Outlaw-Flair), das zunächst als Single und Albumtitel geplante (und danach wieder verworfene) „Good People“ (schöner Countryheuler mit ausgiebigen Steelpassagen), oder der „Mitgröler“ „What I Know“ (mit eingeblendeten Live-Passagen) bereit, die nicht nur in Bierlaune die Stimmung der Zuhörerschaft heben dürften.

„Leave The Light On“ ist insgesamt wieder ein blitzsauberes, kräftiges, traditionell gehaltenes Werk, das sicherlich seinen Weg in die Charts finden wird. Nicht nur eingefleischten Bates-Fans, sondern eigentlich auch allen Liebhabern traditioneller Country-Komponenten im Allgemeinen ist diese Scheibe wärmstens zu empfehlen. Keine Frage, in Nashville wird das Licht für Jeff Bates weiterhin an bleiben!

RCA, Sony BMG Music (2006)
Stil:  New Country

01. Long Slow Kisses
02. Rub It In
03. No Shame
04. Hands On Man
05. Leave The Light On
06. That’ll Get You Ten
07. The Woman He Walked On
08. One Second Chance
09. Good People
10. I Can’t Write That
11. What I Know
12. Mama Was A Lot Like Jesus

Jeff Bates
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Bonnie Bishop – Soft To The Touch – CD-Review

Kurz vor Ablauf eines an Highlights wirklich nicht armen Musikjahres 2005, darf die große Roots-/Americana-/Countryrock-/Alternate Country-/Roots-Blues-/Texas Singer-Sngwriter-Gemeinde mit Bonnie Bishops neuem Meisterwerk „Soft To The Touch“ noch einmal in begeisterndem Jubel ausbrechen! Schon bei ihrem Debüt „Long Way Home“ wurde die aus Houston/Texas stammende Bonnie von den Kritikern mit Lob überschüttet. Statements wie „eine junge Lucinda Williams“ oder ein „weiblicher Chris Knight“ machten schnell die Runde. Die Single des Albums „Sweet On The Down Low“ schaffte es sogar, über 6 Monate in den Texas Music Charts zu verweilen.

Das bescherte ihr Auftritte in allen angesagten texanischen Musiktempeln, wie z. B. dem Billy Bob’s, mit Größen wie beispielsweise Randy Rogers, Radney Foster, Jack Ingram oder Ray Wylie Hubbard. Mit ihrem neuen, geradezu packenden Werk „Soft To The Touch“ nun dürfte Bonnie noch einen erheblichen Schritt weiter nach vorn machen. Die Szene hat ein neues, höchst talentiertes Gesicht in ihren Reihen!

Beheimatet bei der Smith Music Group (u. a. auch das bisherige Label der Randy Rogers Band, von Stoney LaRue, der Mike McClure Band und vielen anderen aus der Red Dirt-Clique) gelingt ihr ein Album, welches dank ihrer unglaublich starken, kraft- und gefühlvollen Gesangsleistung (viele Stücke sind im übrigen live „eingesungen“), ihrem offenbar im Blut liegenden Gespür für großartiges Songwriting (es gibt mit ihrer grandiosen, gewaltig rockenden u. bluesigen Fassung von Gillian Welchs „Stillhouse“ lediglich eine Fremdkomposiotion), ihrer exzellenten Begleitband (mit Einbindung einiger hochkarätiger texanischer Gäste aus der einschlägigen Texas-Szene, wie u. a. Walt Wilkins – Acoustic Guitar und Harmonies, Harry Stinson – Drums, der legendäre Danny Flowers – E-Gitarre und Slide, und vor allem ex-Joe Ely-, Mellencamp-, Storyville-, Dixie Chicks-Gitarrenzauberer David Grissom) ohne Übertreibung als eine der absoluten musikalischen Genre-„Perlen“ des Jahres 2005 gewertet werden muß!

Der zwölf Songs, mit einer Spielzeit von über 50 Minuten, umfassende Longplayer strotzt geradezu vor wunderbarer Melodik, ist einerseits glasklar und sauber produziert, bewahrt andererseits aber alle authentischen Ecken und Kanten, wirkt erdig und „rough“, völlig unbeschwert und lässt einen die raue, staubige, texanische Luft förmlich „durch die Ohren“ einatmen. Ursache hierfür dürfte sein, dass der Fokus neben der überaus rootsigen Basis zusätzlich auf einem gewissen Blues-Feeling liegt. Dazu lommt einer gesunde Portion Red-Dirt-Atmosphäre, viel Americana-Flair und ein stetiger, dezenter, unterschwelliger Country-Touch!

Egal, ob satt rockend oder etwas zurückhaltender, die Stücke wirken trotz aller Kraft und teilweise ordentlicher Power insgesamt recht relaxt. Bonnie’s Stimme passt sich erstaunlich variabel der Stimmung der jeweiligen Songs an, mal aggressiv, mal kratzig, mal voller Melancholie, mal zart und zerbrechlich. Neben den bereits anfangs erwähnten Vergleichen kommen einem auch die unterschiedlichsten Referenzgrößen in den Sinn, wie z.B. Allison Moorer, in Ansätzen gar eine junge Janis Joplin, Bonnie Raitt und vor allen Dingen auch Tift Merritt! Das macht sie so vielseitig und gleichzeitig so eigenständig! Durchweg sämtliche Nummern begeistern!

Viermal bereichert der bereits genannte David Grissom als Gitarrist Bonnie’s großartige Musik. Auf „Trains“ (ein herrlich flockiger, lässiger, überaus melodischer Countryrocker), dem traumhaften, rootsig, bluesigen. Slide-getränkten „Soft To The Touch“, der starken Roots-/Americana-Rock-Pop-Nummer „Give It To Me“ und bei dem krachenden Rootsrocker „Something The Doctor Didn’t Ordered“ (letzteres von ihm übrigens auch mitgeschrieben und produziert). Herrlich hier das satte Drums-Intro und das fette, satt rockende E-Gitarren-Führungsriff. Mit dieser Mischung aus bluesigem Touch und rockiger Melodie lebt hier für kurze Zeit fast das legendäre Storyville-Feeling wieder auf. Ansonsten jagt vom klasse Opener „Love Never Knows“ (schöner, polternder Fußtrommelrhythmus, tolle Tempovariationen, poppiger, aber sehr angenehmer Refrain), über die voller Herzblut steckenden, in emotionaler Singer/Songwriter-Tradition gebrachten „Brent Rollins“ (erinnert an eine lebhafte Lori McKenna), das lockere „The House That Jack Built“ und „Red Moon“ (großartige Akkordeonbegleitung), bis zu dem starken, schwül groovenden Swamp-Blues-Rocker „He took me to the river“ (herrlich rauchige Stimme von Bonnie, prächtiges Slide-Spiel) ein Höhepunkt den nächsten!

Zum Abschluss hören wir dann mit dem 7.45 Minuten langen „Fallen Angel“ nochmal eine absolute „Killer“-Ballade. Sehr entspannte Atmosphäre, Bonnie haucht ihren Text ganz zart und sehr gefühlvoll, glänzender Instrumentalabschluss durch toll harmonierendes Zusammenspiel von Akustik- und E-Gitarren! Nach dem Ausklingen der letzten Akkorde weiß man, dass mit Bonnie Bishop ein weiteres texanisches Ausnahmetalent auf dem Weg steil nach oben ist! Ihr neues Album “ Soft ToThe Touch“ berührt nicht nur, es fesselt geradezu!  Ein echter „Touchdown“, Bonnie!

Smith Music Group (2005)
Stil: Country Rock

01. Love Never Knows
02. Trains
03. The House That Jack Built
04. Soft To The Touch
05. Something The Doctor Didn’t Ordered
06. Brent Rollins
07. He Took Me To The River
08. I Must Want It Bad
09. Give It Up To Me
10. Red Moon
11. Stillhouse
12. Fallen Angel

Bonnie Bishop
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Brantley Gilbert – Halfway To Heaven – CD-Review

Sehr starkes New Country-Album (sein mittlerweile zweites) des aus Athens, Georgia stammenden Brantley Gilbert, und zwar ein sehr aus dem Rahmen fallendes (oftmals klingt der Bursche wie eine mächtig Dampf ablassende Countryrock-Ausgabe der Southern Rocker von Molly Hatchet, dann wieder bewegt er sich auf dem Terrain eines Keith Urban), was sicher hauptsächlich der Tatsache zu verdanken sein dürfte, dass Gilbert bei einem Indie Label unter Vertrag steht (Average Joes Entertainment Group).

Er kann halt relativ zwanglos zu Werke gehen konnte und so etwas zahlt sich, wie auch hier, künstlerich zumeist aus. Schon der Blick auf das Cover lässt eher vermuten, dass man es mit einer Heavy Metal- oder Biker Rock-Scheibe zu tun haben könnte, als mit einem Werk, das in Nashville Fuß fassen möchte. Lediglich die diversen Co-Songwriter (Gilbert hat alle Stücke mitkomponiert) wie Jeremy Spillman, Dallas Davidson, Ben Haslip oder Rhett Akins, die bereits Lieder für klingende Namen wie Trace Adkins, Jack Ingram, Brooks & Dunn oder Joe Nichols abgeliefert haben, lassen Insider erahnen, wo der Hase lang läuft. Brantley Gilbert hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt und sich mit jedem neuen Auftritt und jedem neu geschriebenen Song ein Stück mehr verbessert.

Auf kompositorischem Gebiet gelang ihm der Durchbruch, als Jason Aldean Gilberts „The Best Of Me“ für sein letztes Album „Wide Open“ auswählte. Das Album, das in produktionstechnischer Zusammenarbeit mit den ebenfalls in Athens ansässigen Atom Brothers und mit vielen aus Georgia kommenden (nicht so bekannten) Musikern entstand (die aber alle frisch, unbekümmert und vor allen Dingen überaus kompetent zu Werke gehen – besonders klasse das deftige Drumming von Gerry Hensen und die filigrane Saiten- und Keyboardarbeit von Country Blues-Rocker Jess Franklin), durchweht demnach eine starke, wohltuende Southern Rock-Brise, die dem Ganzen sehr viel Pepp und Abwechslung verpasst.

Schon der satte Opener „Hell On Wheels“ gibt mit seinen fetten, dominierenden Slide-Riffs mächtig Gummi. Montgomery Gentry, Jeffrey Steele, The Road Hammers,  Trace Adkins oder Van Zant kommen einem da sofort in den Sinn, aber eben auch eine Country-Ausgabe von Molly Hatchet. Ist ein Song, der nicht nur in Truckerkreisen, bei den Countryrockern, den Outlaw-Rockern und der Southern-Fraktion einen Stein im Brett haben dürfte. Die folgenden drei Tracks („Bending The Rules And Breaking The Law“, „Back In The Day“, „My Kind Of Crazy“) zeigen dann die andere Seite des Brantley Gilbert, der sich mit sehr angenehm ins Ohr gehenden, frischen Melodien sich im Stile moderner Interpreten wie Jason Aldean, Keith Urban oder Chris Cagle in seinen ruhigeren Momenten, für Radiopräsenz nahezu aufdrängt.

Die erste Single „Kick It In The Sticks“ ist in seiner Wahl allerdings, wie so vieles auf diesem Album, recht ungewöhnlich und (in Gilberts und im Interesse des Labels) als sehr gewagt zu bezeichnen. Doch es ist eine klasse Nummer. Der mit einem unterschwelligen Redneck-Flair daher stampfende, derartig heftig mit fetten Gitarrenläufen rockende Song dürfte eher der Southern Hard Rock-Fraktion Freudentränen in die Augen treiben, als den kommerziell-orientierten Entscheidern der Radio Airplays. Eine mutige Wahl, wie sie wohl auch nur bei einem Indie-Label möglich ist. Man drückt ganz feste die Daumen, denn der Song ist, wie gesagt, einfach toll. Das Album hat mit seinem Einstieg auf Platz 19 in der Billboard Country Charts immerhin schon mal einen Achtungserfolg erreicht.

So wird vieles vermutlich von der Nachfolge-Single abhängen, aber hier kann Gilbert neben den zu Anfang erwähnten Songs bei „Halfway To Heaven“ (autobiographischer Titelsong, der einen Autocrash Gilberts textlich verarbeitet und ihn zum Umdenken seines Lebenswandels bewog, Bilder seines zerquetschten Pickups im Booklet lassen einen dabei den Atem anhalten), „Saving Amy“ (thematisiert ebenfalls einen Unfall, bei dem der Fahrer allerdings nicht, wie in Gilberts Fall, überlebt – schön mit emotionalen Streicherelementen in Szene gesetzt), „Them Boys“ (schönes Dobro-Spiel, klasse Strat-E-Gitarren-Solo, erinnert ein wenig an Kenny Chesneys „Young“) oder dem pianoträchtigen, balladesken Lovesong „Fall Into Me“ (mit einem Hauch von Lynyrd Skynyrds „Tuesday’s Gone“) aus einem reichhaltigen Fundus schöpfen. Während diese Songs dem Hörer Luft zum Atmen gewähren, wird dann immer wieder ordentlich dazwischen gerummst.

„Country Must Be Country Wide“ oder „Take It Outside“ sind nichts für zart besaitete Gemüter, sondern eher etwas für derbe, raue, rebellische Vertreter. Beides sind klasse, aggressiv gesungene „Auf die Zwölf-Country-/Outlaw-Rocker, wie man sie von Chris Cagle, Travis Tritt, Shooter Jennings oder Jeffrey Steele mit viel Wucht um die Ohren gebrettert bekommt. Am Ende gibt es mit „Dirt Anthem Road (Revisited)“ noch ein „Gimmick“, den Colt Ford (auch bei einigen anderen Tracks als Co-Writer involviert) bereits auf seinem eigenen Album „Ride Through The Country“ vorgestellt hatte.

Hier präsentieren die beiden eine entspannt groovende Version (Brantleys Gesang mit seinem dezent introvertierten Touch erinnert oftmals ein wenig an Eric Heatherly), die von erstaunlich gut passenden Rap-Einlagen Ford’s immer wieder unterbrochen wird. New Country meets Rap, ebenfalls nicht alltäglich, aber ein äußerst gelungenes Finish. Brantley Gilbert hat mit „Halfway To Heaven“ ein äußerst spannendes Album („he’s somewhere between the Rock-N-Roll vibe of the southern country rock scene, the roots-rock oriented flavors of Texas country and the mainstream of Nashville”, so eine weitere, den Stil durchaus korrekt beschreibende Kritikermeinung) abgeliefert, das sich aufgrund des mutigen Konzepts viel Respekt verdient hat.

Ein frisches, modernes, instrumentell hochwertig eingespieltes Werk (kommt auch ohne die arrivierten, omnipräsenten Studiomusiker hervorragend aus), das den relativ festgefahrenen Strukturen Nashvilles gut tun sollte. Tolle, abwechslungsreiche und kurzweilige New Country-Musik, die richtig Laune macht! Viel Erfolg, Brantley Gilbert!

Average Joes Entertainment (2010)
Stil:  New Country

01. Hell On Wheels
02. Bending The Rules And Breaking The Law
03. Back In The Day
04. My Kind Of Crazy
05. Kick It In The Sticks
06. Halfway To Heaven
07. Saving Amy
08. Country Must Be Country Wide
09. Take It Outside
10. Them Boys
11. Fall Into Me
12. Dirt Road Anthem (Revisted)

Brantley Gilbert
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Josh Gracin – We Weren’t Crazy – CD-Review

Vier Jahre sind ins Land gezogen, seitdem Josh Gracin, einer der Finalisten der zweiten American Idol Staffel, sein überaus erfolgreiches, gleichnamiges Debüt veröffentlichte (CD mit Gold Status, drei Top-Five Singles, “Nothin’ To Lose“ sogar Nr. 1). Er war der erste, der damals Countrymusik in den Talentwettbewerb einfließen ließ und mit einer Rascal Flatts-Nummer deren Bassisten Jay DeMarcus so überzeugte, dass dieser dem Ex-Marine und dreifachen Vater einen Plattendeal beim etablierten Lyric Street Label (u.a. Rascal Flatts, SHeDaisy, Trent Tomlinson, Bucky Covington) einen Plattendeal verschaffte.

Nun endlich ist mit „We Weren’t Crazy“ der Nachfolger unter Dach und Fach, der dem Erstling in Nichts nachsteht und aller Voraussicht nach dessen Erfolg noch einmal locker übertrumpfen könnte, da praktisch jeder der elf neuen Songs Hitpotential in sich birgt. Nach dem Motto „Gut Ding hat Weile“ hat Lyric Street Records an nichts gespart und in Gracin’s Talent enorm investiert.

Bei den Stücken wurden wieder absolut prominente Songwriter involviert (den Löwenanteil trug erneut der Fließband-Hitschreiber Brett James bei, der sich diesmal auch neben Marty Williams in der Produktion verantwortlich zeigte), doch Gracin liefert darüber hinaus einen weiteren Beweis seiner persönlichen Weiterentwicklung ab, denn drei Songs hat er selbst komponiert, und zwar auf absolutem Top-Niveau („We Weren’t Crazy“ – momentane, autobiographische Single, zusammen mit Bobby Pinson kreiert, melodischer Midtemposong mit kräftigem Refrain; „Let Me Fall“ – wunderbar entspanntes Lied mit Romantik-Faktor; „Unbelievable (Ann Marie)“ – seiner Ehefrau gewidmeter Lovesong mit schönem Keith Urban-Flair).

Auch bei den Musikern wurde diesmal richtig aufgefahren. So sind alle Instrumente teilweise bis zu dreimal besetzt und fast immer mit hochkarätigen Namen (Lonnie Wilson, Chris McHugh, Larry Beaird, Ilya Toshinsky, Steve Nathan, Mike Rojas, Tom Bukovac, Jerry McPherson, Troy Lancaster, J.T. Corenflos, Mike Brignardello, Dan Dugmore, Jonathan Yudkin, Russ Pahl, Paul Franklin und und und…), was sich dann letztendlich auch in der musikalischen Qualität deutlich spürbar bezahlt macht. Es macht einfach Spaß hier zuzuhören, obwohl die Musiker eigentlich fast immer nur dezent agieren.

Bei den Keyboardern weiß das wunderschön harmonierende Zusammenspiel von Piano und Organ zu gefallen, die glänzenden Gitarristen verstehen es immer wieder mit kurzen, aber auf den Punkt gebrachten Soli zu brillieren, die untermalenden Akustikgitarren ähneln vom feinen Spiel her fast dem Klang einer Mandoline, für den Countrytouch sorgen die sorgfältig eingeflochtenen, aber nie dominierenden Steel- und Fiddle-Einlagen. Der Fokus ist aber diesmal insgesamt stärker auf die eher poppige Variante des New-Country gerichtet worden. Bei vielen Stücken erkennt man deutliche Parallelen zur Erfolgsrezeptur der bereits oben erwähnten Band Rascal Flatts. In den Strophen bewegt sich Gracin im eher zurückhaltendem, melodischem Midtempo, um dann in den Refrains mit enormer Power aus sich herauszugehen.

Seine Gesangsperformance ist dabei „Eins A“ und lässt nichts zu wünschen übrig. Ganz stark beispielsweise der flockige Opener „Found“, der im Refrain mit einem coolen Banjo unterlegt ist (Keith Urban lässt grüßen). „We Weren’t Crazy“,“I Don’t Want To Live“ (tolle Melodie), „Telluride“ (wurde bereits früher schon einmal von Tim McGraw interpretiert, Josh steht ihm hier in nichts nach) und „Livin’ It Up“ (rockiges Flair) stehen dabei für den Gute Laune-Anteil, während „Invisibel“, „Let Me Fall“, „I Keep Coming Back“ (Co-Writer Jeffrey Steele) und „Sweet September“ eher den obligatorischen Power-Balladenbereich abdecken. Lediglich „Favorite State Of Mind“, die bereits vor dem Album veröffentlichte erste Single huldigt dem beim Erstling noch etwas stärker vertretenden Traditions-Country-Feeling. Hier brilliert Josh mit einer unglaublich schnellen, sehr schwierigen Sprechgesangsvorstellung, wie sie einst höchstens von einem Garth Brooks in adäquater Form praktiziert wurde.

Eine furiose Country-Uptempo-Nummer mit flotten Mundharmonika-Einlagen des klasse Harp-Spielers Jim Hoke. Ein echter Feger für Gracins Live-Auftritte. Josh Gracin ist mit seinem neuen Werk ein absolut hitverdächtiges, massenkompatibles, klar auf die Nashville-Charts schielendes, dabei aber überaus niveauvolles, höchst qualitativ und sehr gekonnt in Szene gesetztes New Country-Album gelungen, das seinen Weg in den Hitlisten gehen wird. Wir wären verrückt, das Gegenteil zu behaupten…

Lyric Street Records (2008)
Stil:  New Country

01. Found
02. We weren’t Crazy
03. Invisible
04. Let Me Fall
05. I Don’t Want To Live
06. Favorite State Of Mind
07. Telluride
08. I Keep Coming Back
09. Sweet September
10. Livin’ It Up
11. Unbelievable

Josh Gracin
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Jack Ingram – This Is It – CD-Review

Brandneues, großartiges Studio-Album von Jack Ingram! Seit seinem Wechsel zu Scott Borchettas „Big Machine Records“-Label im Jahre 2005 läuft es bei Jack Ingram „wie der Teufel“. Sein künstlerisches und musikalisches Potential war eigentlich von jeher unbestritten. Den Labels zuvor gelang es aber nicht (aus welchen schleierhaften Gründen auch immer), Ingram einem größeren Publikum transparent zu machen als seiner eher regional orientierten, texanischen Fangemeinde.

Das sollte sich jedoch mit seinem letzten Live-Album und den dort beinhalteten Studio-Tracks „Wherever You Are“ und „Love You“ vehement ändern, denn beide schlugen in Nashville wie eine Bombe ein und katapultierten sich nacheinander auf die Nummer 1 der Billboard Country Singles-Charts! (Übrigens sind diese Nummern auch hier noch einmal enthalten, -eine tolle Sache für alle, die auf das Live-Album verzichtet haben-, zusätzlich sogar auch noch als Videoclips, -das starke „Love You“ mit seiner humorvollen Pointe ist absolut sehenswert!)

So macht „This is it“ prinzipiell genau da weiter, wo die beiden letzten Studiotracks des Live-Albums aufgehört haben. Knackiger, angerockter New Country voller Energie und Biß! Klar, die Tendenz zu etwas Mainstream-haltigeren und Radio-freundlicheren Stücken ist unverkennbar, trotzdem lässt Jack seinen ursprünglichen, trockenen texanischen Charme niemals aussen vor. Zudem baut er einmal mehr auf vorzügliches Songmaterial! So werden „die Fans der ersten Stunde“ mit dem Resultat sicher sehr gut leben können.

Jack Ingram hat den Spagat vom rootsigen Texas-Countryrock zum Mainstream Nashville New Country prima hinbekommen. Die CD legt direkt mit drei „Knallern“ am Stück los: Der von Radney Foster (Jack ist ein großer Fan von ihm) mitkomponierte, melodische, knackig kernige Heartland-Countryrocker „Measure Of A Man“ besticht durch seine klasse Tempobreaks und die schönen, saftigen E-Gitarren in Verbindung mit tollen Manolinen-/Steelguitar- und Orgel-Ergänzungen.

Das ebenfalls recht kraftvolle „Hold On“ bekommt durch die im zweiten Abschnitt von Sheryl Crow eingeflochtenen Harmonies seine prägnante Note, und mit „Lips Of An Angel“ setzt Ingram dem Song der in den Staaten recht angesagten Modern Rock-Truppe „Hinder“ seinen eigenen Stempel auf. Diese fette Power-Ballade ist gleichzeitig die erste Single und schon wieder auf dem Weg Richtung Spitzer der Charts! Toll hier einmal mehr die Steel- und Orgel-Arbeit. Die Fiddle- und Streicherpassagen verleihen dem Song gegen Ende einen angenehmen, aber nicht nerviges, poppiges Ambiente.

In Zusammenarbeit mit Toddd Snider entstand das rootsige, trockene „Easy As 1, 2,3 (part II)“, ein von Akustik-, Steel- und E-Gitarren dominierter Song (Refrain Richtung Tom Petty) mit knackigem Verlauf. „Ava Adele“ ist ein seiner Tochter in recht intimer emotional warmer Art gewidmetes Stück. Weitere Highlights sind das großartige „Make A Wish (Coming Home Again)“ eine würzige New Country-Nummer mit John Mellencamp’schem Heartland-Flair, der furiose an Chris Knight erinnernde Countryrocker „The Great Divide“ (starker Text, das Lied steigert sich kontinuierlich in seiner Ausdruckskraft, klasse das emotionale Break und die vorzügliche Slidegitarrenarbeit), wie auch das in der frechen, unbekümmerten Art der Warren Brothers abgelieferte „Maybe She’ll Get Lonely“ (klasse E-Gitarre, Steel-Fills und schöne Harmonies).

Zum Abschluss präsentiert Ingram mit „All I Can Do“ in „rauchiger“, erdiger Stimmlage noch eine sehr starke, ein dezentes Westcoast-Feeling vermittelnde New Country-/Americana-Nummer mit angenehmen Piano und Akustikgitarre-Klängen, die durch eine plötzlich und recht überraschend integrierte Horn-Section mächtig Volumen gewinnt, um am Ende aber wieder entspannt und locker auszuklingen. Alles in allem ist „This Is It“ ein durch und durch in sich stimmiges, klasse Werk geworden, das der Intention Jack Ingram einem größeren Publikum vorzustellen, voll und ganz gerecht wird. Die Türen in Nashville sind geöffnet! Wir konstatieren deshalb in anerkennender Zustimmung: „Yes Jack, that is it“!

Big Machine Records (2007)
Stil: Country Rock

01. Measure Of A Man
02. Hold On
03. Lips Of An Angel
04. Wherever You Are
05. Love You
06. Easy As 1, 2, 3 (Part II)
07. Ave Adele
08. Make A Wish (Coming Home Again)
09. Great Divide
10. Don’t Want To Hurt
11. Maybe She’ll Get Lonely
12. All I Can Do

Jack Ingram
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Jack Ingram – Live – Wherever You Are – CD-Review

Nächste bärenstarke Live-Scheibe von Jack Ingram, inklusive eines bei der „CMT-Outlaws“-Show 2005 aufgenommenen „Bonus“-Tracks sowie zweier brandneuer Studio-Stücke! Auch für diese Live-Dokumentation wählte Jack wieder einen texanischen, musikgeschichtsträchtigen Ort, die Gruene-Hall in New Braunfels! Während 2003 auf seiner Tour im Billy Bob’s/Texas der Fokus naturgemäß noch auf dem Material des damals aktuellen Albums „Electric“ und der anschließenden Nachschlag-EP „Extra Volts“ lag, konzentriert sich der mittlerweile schon mit Kultstatus bedachte Songwriter diesmal mehr auf Stücke aus seiner 1999iger „Hey You“-Schaffensphase, für manchen Ingram-Fan vielleicht sein bislang bestes Stuodiowerk.

Die hier vorliegende, neue CD beginnt mit einer kurzen, schlicht gesprochenen Einleitung („Hello“), in der Jack kurz das Konzept des neuen Werkes in unnachahmlichem Texas-Slang vorstellt, und schließlich zunächst mit dem ersten, der beiden neuen Studio-Tracks „Wherever you are“! Wunderschön die eingängige, locker ins Ohr fließende Melodie, dazu Ingram’s sanft-kratzige Stimme und das knackige, kraftvolle Arrangement! Der Texaner hat ja auch schon in geraumer Vorzeit immer wieder versucht, Brücken nach Nashville zu schlagen, was bei diesem Stück nicht nur durch den Produktionsort und die beteiligten Musiker untermauert wird und auch hervorragend gelingt.

Dieser absolut radiotaugliche Song überzeugt zudem durch das starke Gitarrenspiel von Troy Lancaster und seine allerdings sehr unauffällig orientalisch anmutenden, Sitar-Untermalungen. Es folgt der zentrale Live-Part des Albums mit 10 Stücken aus der Gruene Hall. Rootsig, ursprünglich, zwanglos, staubig, wunderschön Americana-countryrockig! Und er startet direkt mit einem „Hey-You“-Dreier-Pack „in die Vollen“! Die herrlich melodische Nummer „I Would“, in der Art und Weise, wie auch die Randy Rogers Band ihre Fans immer wieder zu begeistern weiß, gefolgt vom rhythmischen Uptempostück „How Many Days“, sowie das mit gepflegten Steve-Earle-/Buddy Miller-Flair umhaftete „Work This Out“ reißen das Auditorium zu Begeisterungsstürmen hin.

Natürlich hat Jack seine ihn traditionell begleitende „Beat-Up Ford“ Band um sich versammelt, die technisch brillant, druckvoll und sehr harmonisch zu agieren weiß. Man hat zwischendurch immer wieder den Eindruck, dass Gitarrist Jens Pinkernell großen Gefallen an alten Creedence-Clearwater-Revival-E-Riffs zu haben scheint, die er beim einen oder andern Solo immer wieder mal sporadisch in leicht abgewandelter Form einbringt, was hervorragend zum meist erdigen, rauen Soundgewand der Stücke passt. Seiner Vorliebe für Waylon Jennings-Cover zollt Jack dann beim honkytonk-trächtigen „Only Daddy That’ll Walk The Line“ Tribut, inklusive starke „Klimper“-Leistung am Piano von Keyboarder Bukka Allen.

Die balladeske, traumaft schöne Americana-Nummer „Biloxi“, der rockige Footstomper „Mustang Run“ und der fröhliche Country-Gröler „Happy Happy (Country Country)“ sind dann die prächtigen Vorboten für den Kracher des Abends („Barbie Doll“), das selbst so einem Anheizer wie Dan Baird und seinen Georgia Satellites in nichts nachsteht. Starke Vokalleistung von Jack, knackiges Instrumentieren seiner Band (inkl. tollen. Piano- und E-Gitarren-Soli), sowie ein Schlagabtausch mit dem gesangsfesten (und wohl auch trinkfesten) Publikum treiben die Atmosphäre auf den Siedepunkt. „Goodnight Moon“ lässt das stimmungsgeladene Konzert dann lässig ausklingen.

Ein weiteres, bereits zu Anfang angedeutetes Live-Bonbon folgt mit „Never Knocked Me Down“ von der erwähnten, 2005er „CMT-Outlaws“-Show, welches nochmals unterstreicht, dass die Verbindung Ingram-Nashville durchaus, sofern er seine Roots-/Americana-Wurzeln nicht verliert, auch zukünftig als durchaus reizvolle Angelegenheit zu betrachten sein könnte. Atemberaubend hier das Zusammenspiel mit den Nashville Studiomusikergrößen, wie u. a. Paul Franklin, Shannon Forrest und dem furios agierenden Gitarrenhero Brent Mason, die auch live zeigen, wo die obere Messlatte des Instrumental-Könnens zu liegen scheint.

Herrlich mit Jack harmonierend auch Danielle Peck im Background. Auch der abschließende Studiotrack „Love You“ hat es in sich, ja ist nochmal ein richtiger Knüller. Dreckiger, Stones-/Dan Baird-riffiger, ungemein satter, rauer Country-Honkytonk-Rock mit dem kraftvollem Drumming eines Tommy Harden, klasse Fiddle-Fills von Joe Spivey, schönen Steeleinlagen von Mike Johnson, dem feinen „Geklimper“ eines Mike Rojas und dem erneut sehr starken, satten, würzigen E-Gitarren-Spiel von Troy Lancaster.

Das treibt die Vorfreude auf Ingram’s nächsten, hoffentlich bald kommenden Geniestreich im Studio bereits jetzt schon in die Höhe! „Live-Wherever You Are“ ist ein weiteres Paradestück von Jack Ingram in Sachen Alternate-Country/Americana/Roots-/Red-Dirt-/Countryrock, egal wo man sich gerade befindet, ob in New Braunfels, Nashville oder auch im heimischen Wohnzimmer! Ein furioser Jahresauftakt 2006!

Big Machine Records (2006)
Stil: Country Rock

01. Hello
02. Wherever You Are
03. I Would
04. How Many Days
05. Work This Out
06. One Thing
07. Only Daddy That´ll Walk The Line
08. Biloxi
09. Mustang Burn
10. Happy Happy
11. Barbie Doll
12. Goodnight Moon
13. Never Knocked Me Down
14. Love You

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Tim McGraw – Let It Go – CD-Review

Drei Jahre mussten seine Fans warten, jetzt ist es endlich soweit, das neue Album „Let It Go“ von Superstar Tim McGraw ist da! Zu seinen expliziten Stärken gehörte es immer, klug und geschickt die für ihn maßgeschneiderten Songs auszuwählen. Das ist nun mal die bequeme Lage eines Megastars, denn die etablierten Songwriter „bombadieren“ ihn regelrecht mit interessanten Songs. Allerdings sollte auch der hohe Erfolgs-Druck nicht unerwähnt bleiben, denn von einem Tim McGraw erwartet man einfach immer eine starke Leistung. Doch alles kein Problem, das kriegt er auch diesmal wieder bestens hin.

Das Material ist sehr ausgewogen. Viele Balladen, doch eigentlich ist für jeden, der sich in der Countrymusic, welcher Couleur auch immer, heimisch fühlt, etwas dabei. McGraw ist ein Künstler, der immer wieder aufs neue das richtige Gespür für der Geschmack seiner großen Fangemeinde entwickelt, und dies auf höchstem musikalischen Niveau umsetzt. Die Zusammenarbeit mit seiner Liveband, den Dancehall Doctors, hat sich bei den letzten Alben auch im Studio sehr bewährt, was zur Folge hat, daß die Jungs auch diesmal wiede zum Zuge kommen. Man spürt keinerlei Unterschied zu den sonst Nashville-Kreisen involvierten klasse Studio-Musikern. McGraws Band spielt ungemein stark auf.

Lediglich der Langzeit-Weggefährte und Produzent Byron Gallimore, Ehefrau Faith Hill und ein paar arrivierte Backgroundsänger (Wes Hightower, Russell Terrell, Greg Barnhill) bilden dezente Ergänzungen zum exzellent eingespielten Bandgefüge. Die CD startet direkt mit der ersten Single „Last Dollar (Fly Away)“ aus der Feder von Big Kenny (vom ebenfalls angesagten Star-Duo Big & Rich), ein „familienfreundlicher“, melodischer und moderner Midtempo-„Gute Laune-Country-Pop“-Song mit feinem Accapella-Intro und einem lustigen Kinderchor am Schluss, der sich auch schon wieder auf Platz 2 der Billboard Country-Single-Charts positioniert hat und ungeduldig darauf wartet den Thron zu besteigen. „I’m Workin’“ (schöne Komposition vom Singer/Songwriter-Gespann Lori McKenna und Darrell Scott) und der Titelsong „Let It Go“ sind zwei, mit typisch McGraw’scher emotionaler Wärme ausgestattete „Mitfühl“-Songs.

Dass Tim durchaus auch auf traditionellem Countryparkett eine gute Figur abgibt, beweist er bei dem starken „Whiskey And You“ (eine herrliche „Cryin’ in my Beer“-Ballade mit klasse Telecaster-Spiel und hohem Steel-Anteil), „Kristofferson“ (da sagt der Titel eigentlich schon alles – im Stil der großen Country-Ikonen dargeboten) und das abschließende, kräftige „Shotgun Rider“ (sehr interessantes Songwriter-Trio mit Sherrie Austin, Anthony Smith und Jeffrey Steele), bei dem Gattin Faith Hill in bester Dolly Parton-Manier die Harmoniegesänge beisteuert. Hill ist übrigens auch beim „Liebes-Duett“ „I Need You“ in einer Strophe an vorderster Gesangs-Front mit von der Partie.

Interessant auch die nicht so ganz countrytypischen Stücke, wie das soulig, entspannte „Suspicions“ (McGraw singt fast so introvertiert wie einst Robert Palmer, die instrumentelle Note erinnert, wegen des Klasse-E-Spiels am Ende, sogar dezent an Santana) und das folkig angehauchte, großartige „Comin’ Home“, die allerdings trotzdem, vor allem durch die Einbindung von Fiddle und Steelguitar harmonisch im Gesamtbild des Albums ihr Plätzchen finden. Die beiden vielleicht besten Nummern des Albums ergeben sich durch die mittlerweile auch schon obligatorische Zusammenarbeit mit den Warren Brothers.

Zum einen covert McGraw „Between The River And Me“ von deren letztem Werk „Well-Deserved Obscurity“ in ähnlich brillanter, rockiger Form (toll hier die Kombination von Mandoline und satten E-Gitarren-Riffs), zum anderen präsentiert er den voller Outlaw-Flair steckende Country-Southern-Rocksong „Train #10“, den er zusammen mit den beiden Brüdern geschrieben hat. Stark! Fazit:  Tim McGraw (in bestechend guter Gesangsform) und seine prächtig aufspielenden Dancehall Doctors haben mit „Let It Go“ das nächste Hit-Album geschaffen. Garantiert! Qualität und Erfolg stehen hier in einem angemessenen Einklang! Moderne Country-/New Countrymusik der absoluten Spitzenklasse!

Curb Records (2007)
Stil:  New Country

01. Last Dollar (Fly Away)
02. I’m Workin‘
03. Let It Go
04. Whiskey and You
05. Suspicions
06. Kristofferson
07. Put Your Lovin‘ On Me
08. Nothin‘ to Die For
09. Between The River and Me
10. Train #10
11. I Need You (mit Faith Hill)
12. Comin‘ Home
13. Shotgun Rider

Tim McGraw
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Cory Morrow – Ten Years – CD-Review

Cory Morrow, einer der wohl beliebtesten und mit immenser Fanbase ausgestatteten Künstler der texanischen Country-/Alternate Country-/Countryrock-Szene, feiert in 2007 sein „offizielles“ zehn-jähriges „Recording artist“-Jubiläum. Anlässlich dazu gönnt er sich und seinen Anhängern mit “Ten Years“ ein, mit natürlich 10 Titeln bestücktes, prächtiges Album, das sowohl seine Vergangenheit reflektiert (acht ausgewählte Songs vergangener Alben werden in einem vollkommen neu arrangierten, alternativen Gewand präsentiert), als auch sein „aktuelles Doing“ widerspiegelt (mit zwei brandneuen Stücken)! Und diese neuen Arrangements haben es in sich, denn sie weichen stark von den Erstaufnahmen ab. „We had a lot of fun thinking up new ways to play old songs“, sagt Morrow!

Diese neue Art die alten Songs zu spielen, zeigt einen bestens aufgelegten Morrow, der das Material nun in einem noch raueren, kantigeren und rootsigeren Ambiente präsentiert als zuvor, ohne dabei auf einen sehr transparenten, erstklassigen Sound und eine großartige Melodik zu verzichten. Beim klasse 2005er Werk „Nothing Left To Hide“ saß erstmals der großartige Gitarrist (u.a. Dwight Yoakam Band), Songwriter und Produzent Keith Gattis an den Reglerknöpfen. Diese äußerst „fruchtbare“ Zusammenarbeit wurde jetzt auch auf „Ten Years“ weiter fortgesetzt. Alles klingt herrlich erdig, trocken, würzig, unbekümmert, ja manchmal gar rotzig, strahlt viel Energie und ein feines Retro-Feeling aus, lässt dabei aber auch zu keiner Sekunde pfiffige, angesagte und sehr zeitgemäße, intelligente Klangstrukturen vermissen.

Sehr stark beispielsweise das gut abgehende, ordentlich Staub aufwirbelnde, rootsige „Nothing Better“ mit seinem straighten 70iger Retro-Countryrock-Flair (furioses, nach vorn gehendes Drumming, röhrendes Telecaster-Spiel, kreischige Electric-/Slide-Fills), der famose, kraftvoll stampfende Outlaw-Countryrocker „Preacher“ (wieder röhrende E-Gitarre, feiner Storytelling-Gesangstil, sägende Fiddle) die ruhige, entspannte, wunderbar melodische Americana-/Alternate Country-Ballade „Always And Forever“, die bislang lediglich in einer Live-Fassung veröffentlicht wurde (wunderbares Akustikgitarrenspiel, klasse Dobro-Ergänzungen), der knackige, an einen „Tom Petty goes Texas Country“-erinnernde Ohrwurm „Beat Of Your Heart“, der, ein gewisses Bakersfield-feeling versprühende, Roadhouse-/Honky Tonk-Feger ”21 Days” (herrlicher E-Gitarren-/Fiddle-Schlagabtausch), oder die grandiose, von herrlich angerauten Tempo- und Rhythmuswechseln geprägte neue Fassung des von den Fans so heiß geliebten, kultigen Countryrockers „Big City Stripper“, der als eine Art Mischung aus Jack Ingram und Dan Baird dahingroovt (inkl. Mundorgel- und toller, staubtrockener Banjo-Bridge) und die mit stimmungsträchtigen „Handclaps“, Glasklirren und lautem, feucht-fröhlichem Gegröle ausgelassen abgeschlossen wird.

Die beiden tollen, brandneuen Stücke „Spinning Around The Moon“ (dezent bluesig, eigenwillige E-Gitarre, klasse Orgeleinsätze, wechselnde Stimmungen in Strophe und Refrain, sehr melodisch, leicht introvertiert, Marke Radney Foster) und der rasante Countryheuler „I Don’t Want To Get Up“ (wie eine spontane Session, bestehend aus Dwight Yoakam, den Kentucky Headhunters und den Georgia Satellites, herrliches Gibson-/Telecaster-Wechselspiel mit halsbrecherichem Picking von Keith Gattis, unterschwelliges Rockabilly-Flair, klasse Drive zum Mitwippen) zeigen, dass Cory sich momentan wirklich „im vollen Saft“ befindet und weiter unbeirrt seinen Weg geht.

Tolle Standortortbestimmung von Cory Morrow, die seinen bisherigen Fans die alten Erinnerungen auf eine großartige Art und Weise neu auffrischt und aufpeppt, und vielleicht auch so manchem Morrow-Neueinsteigern (Leute, es lohnt sich) als idealer „Schnupperkurs“ dienen könnte. „This album is our way to say ‚Thank you'“, führt Morrow aus! Doch auch wir bedanken uns für Corys tolle Mucke und prosten dem Künstler mit dem ‚lausbubenhaften‘ Charme daher zu seinem gelungenen Jubiläum anerkennend zu. Auf die nächsten zehn Jahre, Cory!

Sustain Records (2007)
Stil: Country Rock

01. Spinning Around the Moon
02. Nothing Better
03. I Don’t Want to Get Up
04. Preacher
05. Always and Forever
06. Beat of Your Heart
07. Drinkin‘ Alone
08. More Than Perfect
09. 21 Days
10. Big City Stripper

Cory Morrow
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Blake Shelton – Blake Shelton’s Barn & Grill – CD-Review

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Dritter Volltreffer des introvertierten „Boy from Oklahoma“ mit dem freundlichen Lächeln! Die großen Akteure des Country-/New Country-Genres leben in der Regel neben ihrer persönlichen Ausstrahlung von ihrer Beständigkeit und dem Gespür für die Sehnsüchte ihres Publikums – und das auf hohem Niveau! Da wird bedingungslos professionell an den eigenen Stärken gefeilt und nicht wie wild herumexperimentiert. Gut so! Für eine solche Arbeit ist Blake Shelton ein Musterbeispiel! Wo Kritiker längst den Einbruch erwarten, wird, oft zur Überraschung vieler, eben noch mal eine Schüppe draufgepackt.

Und so machen das Team um Shooting-Star Blake Shelton und sein Produzent Bobby Braddock mit dem neuen Album „Blake Shelton’s Barn & Grill“ konsequent da weiter, wo sie beim Debütwerk angefangen und dessen Nachfolger „The Dreamer“ aufgehört haben. Sämtliche mit Bedacht ausgewählte Stücke sind Blake wie auf den Leib geschnitten. Er fühlt sich bei deren Performance spürbar wohl. Moderne und Tradition halten mal wieder perfekt die Balance. Während es auf „The Dreamer“ mit „Heavy Liftin’“ noch direkt in die Vollen ging, startet er diesmal mit einem fröhlichen Sommersong mit leicht mexikanischem, bzw. karibischem Flair, der locker dahinrauscht, wie ein relaxter Strandspaziergang, wo einem heiße Senoritas mit langen schwarzen Haaren und kühlen Margheritas entgegen lächeln.

„Some Beach“, so heißt diese Nummer, hat als erste Singleauskoppelung bereits Platz 16 in den Country Billboard Charts erklommen, mit Drang nach oben, und es bedarf keiner prophetischer Eingebungen, dass das Album nicht nur wegen dieses Tracks wohl wieder ein Verkaufsschlager wird. „Nobody But Me“ („The Weight“ von The Band oder „Love Of A Woman“ von Travis Tritt könnten hier Pate gestanden haben), „Love Gets In The Way“ (wunderbare Banjo-Unterlegung), „Goodbye Time“ (mit herrlichem Akustik-Piano) und „When Somebody Knows You Well“ (nette Akustik-Gitarren, dezent Streicher-unterlegt) sind alles kraftvolle Balladen, auf denen Blake in seiner unnachahmlichen Art aus sich herausgehen kann.

Dabei wirkt seine Stimme frischer und kräftiger denn je. Die Musiker wie Brent Rowan, Shannon Forrest, Gordon Mote, Mike Rojas, Paul Franklin oder Jonathan Yudkin, um nur einige zu nennen, leisten Schwerstarbeit, harmonieren aber famos! Für zusätzlichen Pep sorgen die schwungvollen Stücke wie „Good Old Boy, Bad Old Boyfriend“ (der leicht bluesige Country-Rock’N’Roller aus der Feder von Bobby Braddock klingt wie ein Song eines gedopten J. J. Cale) oder „Cotton Pickin’ Time“, einn knackiger, traditioneller Country“rock“-Song mit Slide-Gitarren, tollem Fiddle-Solo, klimperndem Piano und kessen Mundorgel-Einlagen. Da wippt jeder Cowboystiefel unweigerlich mit und jede Country-Kneipe wird zum Tollhaus.

Apropos Country-Kneipe: Die beiden Abschlussstücke „The Bartender“ und „I Drink“ sind echte Barroom-Songs, in denen Blake mit hingebungsvollem Gesang für entsprechende Stimmung sorgt. Zudem zeigt das Booklet ein typisches Lokal dieser Art, wo in neonleuchtender Schrift ein Schild mit der Aufschrift „Blake Shelton’s Barn & Grill“ hinter der Theke zu sehen ist, entsprechend dem Schriftzug auf dem Frontcover. Ob man ihm eventuell zur Neueröffnung seiner eigenen Kneipe beglückwünschen darf, konnte die Recherche nicht klären, doch zu einem weiteren Spitzen-Album kann und muß man es auf jeden Fall! In diesem Sinne: Prost Blake!

Warner Bros. (2004)
Stil: New Country

01. Some Beach
02. Nobody But Me
03. Good Old Boy, Bad Old Boyfriend
04. Love Gets In The Way
05. Goodbye Time
06. Cotton Pickin‘ Time
07. What’s On My Mind
08. When Somebody Knows You That Well
09. On A Good Day
10. The Bartender
11. I Drink

Blake Shelton
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Blake Shelton – The Dreamer – CD-Review

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Blake Shelton macht einem das Leben als Rezensent von „The Dreamer“ aus zwei Gründen nicht gerade einfach: Zum einen setzte er durch sein hervorragendes Debütalbum, mit dem er zweifelsohne in die erste New-Country-Liga aufgestiegen ist, die Erwartungshaltung relativ hoch, zum anderen startet sein Zweitwerk mit dem Auftaktlied „Heavy Liftin'“ derart furios, dass man sich unweigerlich fragt, ob nachfolgend überhaupt noch was annäherndes kommen mag. Temperamentvoller Gesang, rockig stampfender Rhythmus, kreischende Gitarren, dass es einem den Cowboyhut wegfetzt; dieser Song kann nur das Highlight des Jahres werden! Wow! Brent Rowan an den Saiten in Höchstform; der reine Wahnsinn.

Im Sport zeigt sich oft, dass bei vielen Aufsteigern das zweite Jahr das wesentlich Schwierigere darstellt. Nach einer Anfangseuphorie entpuppt sich der Wechsel vom Senkrechtstarter zur Kontinuität meistens als ziemlich problematisch. Auch Blake Shelton tritt nach diesem Anfangsspurt deutlich aufs Bremspedal. Im Laufe der restlichen neun Songs dominiert dann doch der Balladenanteil bis Midtempobereich. Allerdings bewältigt er diese Strecke mit einer unnachahmlichen Art zwischen gesungenem und gefühltem Herzblut („The Baby“, „Asphalt Cowboy“, „The Dreamer“) und einer ganz speziellen Coolness („Georgia In A Jug“, „Playboys Of The Southwestern World“), wie sie auch Dwight Yoakam als Stilmittel öfter anwendet, gemixt mit mexikanischen Elementen, die auch Brooks & Dunn auf ihrem letzten Album schon mal in die Waagschale geworfen haben.

Rockiger wird es dann noch mal bei „My Neck Of The Woods“, auch eine Klassenummer. Insgesamt betrachtet ein recht kurzes, aber gelungenes Werk, bei dem ich jedoch unter Umständen eine etwas andere Reihenfolge der Songs gewählt hätte. Etabliert hat sich Blake Shelton mit einer soliden Leistung im Oberhaus des des Genres damit alle Male. Ich würde sagen: Klassenerhalt sicher geschafft.

Warner Bros. (2003)
Stil: New Country

01. Heavy Liftin‘
02. The Baby
03. Asphalt Cowboy
04. In My Heaven
05. The Dreamer
06. My Neck Of The Woods
07. Underneath The Same Moon
08. Georgia In A Jug
09. Playboys Of The Southwestern World
10. Someday

Blake Shelton
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