Josh Gracin – We Weren’t Crazy – CD-Review

Vier Jahre sind ins Land gezogen, seitdem Josh Gracin, einer der Finalisten der zweiten American Idol Staffel, sein überaus erfolgreiches, gleichnamiges Debüt veröffentlichte (CD mit Gold Status, drei Top-Five Singles, “Nothin’ To Lose“ sogar Nr. 1). Er war der erste, der damals Countrymusik in den Talentwettbewerb einfließen ließ und mit einer Rascal Flatts-Nummer deren Bassisten Jay DeMarcus so überzeugte, dass dieser dem Ex-Marine und dreifachen Vater einen Plattendeal beim etablierten Lyric Street Label (u.a. Rascal Flatts, SHeDaisy, Trent Tomlinson, Bucky Covington) einen Plattendeal verschaffte.

Nun endlich ist mit „We Weren’t Crazy“ der Nachfolger unter Dach und Fach, der dem Erstling in Nichts nachsteht und aller Voraussicht nach dessen Erfolg noch einmal locker übertrumpfen könnte, da praktisch jeder der elf neuen Songs Hitpotential in sich birgt. Nach dem Motto „Gut Ding hat Weile“ hat Lyric Street Records an nichts gespart und in Gracin’s Talent enorm investiert.

Bei den Stücken wurden wieder absolut prominente Songwriter involviert (den Löwenanteil trug erneut der Fließband-Hitschreiber Brett James bei, der sich diesmal auch neben Marty Williams in der Produktion verantwortlich zeigte), doch Gracin liefert darüber hinaus einen weiteren Beweis seiner persönlichen Weiterentwicklung ab, denn drei Songs hat er selbst komponiert, und zwar auf absolutem Top-Niveau („We Weren’t Crazy“ – momentane, autobiographische Single, zusammen mit Bobby Pinson kreiert, melodischer Midtemposong mit kräftigem Refrain; „Let Me Fall“ – wunderbar entspanntes Lied mit Romantik-Faktor; „Unbelievable (Ann Marie)“ – seiner Ehefrau gewidmeter Lovesong mit schönem Keith Urban-Flair).

Auch bei den Musikern wurde diesmal richtig aufgefahren. So sind alle Instrumente teilweise bis zu dreimal besetzt und fast immer mit hochkarätigen Namen (Lonnie Wilson, Chris McHugh, Larry Beaird, Ilya Toshinsky, Steve Nathan, Mike Rojas, Tom Bukovac, Jerry McPherson, Troy Lancaster, J.T. Corenflos, Mike Brignardello, Dan Dugmore, Jonathan Yudkin, Russ Pahl, Paul Franklin und und und…), was sich dann letztendlich auch in der musikalischen Qualität deutlich spürbar bezahlt macht. Es macht einfach Spaß hier zuzuhören, obwohl die Musiker eigentlich fast immer nur dezent agieren.

Bei den Keyboardern weiß das wunderschön harmonierende Zusammenspiel von Piano und Organ zu gefallen, die glänzenden Gitarristen verstehen es immer wieder mit kurzen, aber auf den Punkt gebrachten Soli zu brillieren, die untermalenden Akustikgitarren ähneln vom feinen Spiel her fast dem Klang einer Mandoline, für den Countrytouch sorgen die sorgfältig eingeflochtenen, aber nie dominierenden Steel- und Fiddle-Einlagen. Der Fokus ist aber diesmal insgesamt stärker auf die eher poppige Variante des New-Country gerichtet worden. Bei vielen Stücken erkennt man deutliche Parallelen zur Erfolgsrezeptur der bereits oben erwähnten Band Rascal Flatts. In den Strophen bewegt sich Gracin im eher zurückhaltendem, melodischem Midtempo, um dann in den Refrains mit enormer Power aus sich herauszugehen.

Seine Gesangsperformance ist dabei „Eins A“ und lässt nichts zu wünschen übrig. Ganz stark beispielsweise der flockige Opener „Found“, der im Refrain mit einem coolen Banjo unterlegt ist (Keith Urban lässt grüßen). „We Weren’t Crazy“,“I Don’t Want To Live“ (tolle Melodie), „Telluride“ (wurde bereits früher schon einmal von Tim McGraw interpretiert, Josh steht ihm hier in nichts nach) und „Livin’ It Up“ (rockiges Flair) stehen dabei für den Gute Laune-Anteil, während „Invisibel“, „Let Me Fall“, „I Keep Coming Back“ (Co-Writer Jeffrey Steele) und „Sweet September“ eher den obligatorischen Power-Balladenbereich abdecken. Lediglich „Favorite State Of Mind“, die bereits vor dem Album veröffentlichte erste Single huldigt dem beim Erstling noch etwas stärker vertretenden Traditions-Country-Feeling. Hier brilliert Josh mit einer unglaublich schnellen, sehr schwierigen Sprechgesangsvorstellung, wie sie einst höchstens von einem Garth Brooks in adäquater Form praktiziert wurde.

Eine furiose Country-Uptempo-Nummer mit flotten Mundharmonika-Einlagen des klasse Harp-Spielers Jim Hoke. Ein echter Feger für Gracins Live-Auftritte. Josh Gracin ist mit seinem neuen Werk ein absolut hitverdächtiges, massenkompatibles, klar auf die Nashville-Charts schielendes, dabei aber überaus niveauvolles, höchst qualitativ und sehr gekonnt in Szene gesetztes New Country-Album gelungen, das seinen Weg in den Hitlisten gehen wird. Wir wären verrückt, das Gegenteil zu behaupten…

Lyric Street Records (2008)
Stil:  New Country

01. Found
02. We weren’t Crazy
03. Invisible
04. Let Me Fall
05. I Don’t Want To Live
06. Favorite State Of Mind
07. Telluride
08. I Keep Coming Back
09. Sweet September
10. Livin’ It Up
11. Unbelievable

Josh Gracin
Josh Gracin bei Facebook
Bärchen Records