Shooter Jennings – Family Man – CD-Review

Nach seinem recht schrägen und kontrovers beurteilten Konzeptalbum „Black Ribbons“ kehrt Shooter Jennings mit dem großartigen „Family Man“ zu eingängigerer Musik zurück und bewegt sich wieder mehr in Sphären seines starken Debütwerkes „Put The ‚O‘ Back In The Country“, wenngleich das neue Werk zuweilen etwas lockerer und mit mehr semi-akustisch ausgerichteter Basis daher kommt.

Doch es hat auch seine rockigen Momente. Shooter, bekannter weise ja Sprößling der berühmten, 2002 verstorbenen Countrygröße Waylon Jennings, hat es bisher wie kaum ein anderer Nachkomme in diesem Business geschafft, sich dem musikalischen Vermächtnis des Vaters, den an ihn herangetragenen Ansprüchen und dem damit verbundenen Druck einerseits zu stellen, sich ihm aber gleichzeitig auch geschickt zu entziehen. Er hat von Anfang an sein eigenes Ding durchgezogen und ist bei allem, was er bis zum heutigen Tage angepackt hat, ungemein authentisch geblieben.

Er ist ein „echter“ Country-Outlaw im Sinne seines Vaters, das hört man auch auf dem neuen Werk deutlich, doch er verbindet diese „Gene“ wunderbar mit seiner eigenen musikalischen Philosophie. Auf seinem aktuellen Silberling „Family Man“ rückt der seit 2009 mit der Schauspielerin Drea de Matteo (The Sopranos) verheiratete 33-jährige mit einem Großteil der Songs das Thema „Familie“ stark in den Vordergrund. Und das äußerst abwechslungsreich und unterhaltsam, mit vielen Ecken und Kanten und auch einer gehörigen Portion Humor und Selbstironie (…“Another Thanksgiving on a rainy day / The whole house smells like a big ashtray / It be loud but that’s our way / We’re a family”…).

Die CD, diesmal mit seiner neuen Begleitband „The Triple Crown“ (Eric Deutsch, Jeff Hill, Chris Masterson, Eleanor Whitmore, Jon Graboff, Tony Leone, Mickey Raphael) eingespielt, beginnt mit dem zunächst in Erzählmanier recht verhalten startenden „The Real Me“ (erinnert in den Strophen ein wenig an Charlie Daniels‘ „Long Haired Country Boy“), das dann aber im Refrain in Zungenbrecher- Manier („…I’m a double-talkin’, chicken-lickin’, meaner-than-the-dickens, sick and wicked, hole-diggin’ son of a gun! …“), mit sehr starkem Gesang von Shooter, richtig Fahrt aufnimmt und mit zunehmender Zeit toll abgeht. Schöne Melodie, starkes Outlaw-Countryrock-Flair!

Klasse hier auch die zündende Steel-/E-Gitarren-Solo-Kombination. Eine tolle Nummer. Mit dem leicht folkig angehauchten (dank schöner Mandoline) und vor allem im lockeren, flockigen, dennoch knackigen Refrain herrlich melodischen „The Long Road Ahead“ und dem fast ein wenig an „Lucille“ angelehnten, dahin schwofenden „The Dead & The Dollar“ (erste Single) geht es dann wunderbar eingängig weiter. Nach einem feinen A capella-Intro lässt Shooter jedoch beim folgenden „Manifesto No. 4″ wieder einmal seiner Southern Rock-Passion freien Lauf. Großartiger, dreckiger, laut,“krawalliger“ Gesang, sägende Fiddle, satte, raue E-Gitarren – Shooter lässt es ordentlich krachen.

Zum Durchatmen darf man sich anschließend in The Marshall Tucker Band-ähnlichem Ambiente bei „Summer Dreams“ entspannt zurücklehnen (klasse die voller Western-Flair weinende Mundharmonika von Mickey Raphael) und in Sonnenuntergangsphantasien schwelgen. Mit „Southern Family Anthem“ gibt es einen weiteren, starken, kräftigeren southern-rockigen Song, der durch aggressiven Gesang und eine leicht psychedelische Note geprägt ist. Amüsant hier wieder die Zeile im Refrain. „… We maybe thrash, but we’re a family…“! „Daddy’s Hands“ ist eine liebenswürdige Hommage an die letzten Lebensjahre seines Vaters Waylon Jennings (und auch des Schwiegervaters), als dieser bereits von seiner Krankheit gezeichnet war („… Come on, Daddy, one more Christmas, it ain’t your time to go…“).

Bei „Black Dog“ kommen unweigerlich Reminiszenzen an Johnny Cash In den Sinn. Ein recht kühl, sparsam mit hervorstechender Akustikgitarre besungener Erzählsong, wie man sie vom Meister aus der Rick Rubin-Zeit kennt. Erzeugt regelrecht Gänsehaut. Mit „Family Tree“ einem honkytonk-getränkten Barroom-Blues (starkes Piano von Erik Deutsch) und dem melodischen „Born Again“ (großartige Backs von Eleanor Whitmore, aber wieder mit psychedelisch anmutenden Instrumentalausklang) beendet Shooter ein in sich wunderbar stimmiges, höchst authentisches, rootsiges Outlaw Country/Americana/Alternate Country/Countryrock-Album, das man mit Fug und Recht als eines seiner besten bezeichnen darf.

„Family Man“ ist prächtig gelungen und dürfte papa Waylon stolz von oben auf seinen Sohnemann herabblicken lassen. Das Album kommt in einem recht aufwendigen Klapp-DigiPak daher, in dem sich auch ein eingestecktes Faltposter befindet. Sehr starke Vorstellung, Shooter Jennings!

Entertainment One (2012)
Stil: Country Rock

01. The Real Me
02. The Long Road Ahead
03. The Deed & The Dollar
04. Manifesto No. 4
05. Summer Dreams (Al’s Song)
06. Southern Family Anthem
07. Daddy’s Hands
08. The Black Dog
09. The Family Tree
10. Born Again

Shooter Jennings
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Hot Apple Pie – Same – CD-Review

Hot Apple Pie sind ein neu gegründetes, erstklassiges New Country-Quartett um den Ex-Little Texas-Keyboarder Brady Seals! Der hatte, ähnlich wie der zweite „Kopf“ dieser einst sehr erfolgreichen Truppe, Tim Rushlow, in den letzten Jahren auf Solopfaden geweilt und auch diverse, weniger erfolgreiche Werke (u. a. „The Truth“ und „Thompson Street“) eingespielt, die aber eher der Rock-/Pop-Sparte zugeordnet werden müssen. Umso erfreulicher, daß sich Seals jetzt mit seiner neuen Band doch wieder, wie auch Rushlow, „reumütig“ in ein Kollektiv zurückkehrt, das sich wieder eindeutig der Country-Schiene zuwendet. Gut so!

Denn bei Hot Apple Pie, mit ihrer tollen, immer knackigen, frischen, sehr peppigen, exakt die Balance zwischen traditionellen Roots und modernem Countryrock-Sound treffenden Mixtur, stimmt das Konzept von vorn bis hinten. Zum einen die Band. Mit Mark „Sparky“ Matejka (spielte schon für Charlie Daniels, The Kinleys, Sons Of The Desert – mittlerweile festes Mitglied bei Lynyrd Skynyrd) an den Gitarren und Banjo, sowie Drummer Trey Landry sind zwei hochgradig begabte Musiker an Bord, die Brady auch schon zu Solo-Zeiten unterstützten, hinzu stieß mit Keith Horne (Bass und Akustik Gitarre) ein weiterer, etablierter Könner (tourte u. a. mit Tanya Tucker, Waylon Jennings, Peter Frampton, Ricky Van Shelton, Trisha Yearwood und Lonestar), was natürlich die hohe musikalische Kompetenz schon erahnen läßt.

Zudem fungieren als Gäste die Steel-Koryphäen Paul Franklin und Dan Dugmore, sowie als Duett-Partner Willie Nelson bei dem astreinen Barroom-Heuler „Slowin’ Down To Fall“. Zweitens die Songwriter. Seals stammt ja aus einem richtigen Musiker-Clan (Country-Star Dan Seals, Pop-Ikone Jimmy Seals von Seals & Crofts, die Komponisten Troy und Chuck und sogar Cousin T. J., alias Kizzy Plush)! Von letzterem erhielt er kompositorisch hier auch tatkräftige Unterstützung, ebenso wie von solch klangvollen Namen wie Rodney Crowell, Jeffrey Steele, Al Anderson oder Mike Reid! Drittens die Zusammenstellung des Songmaterials. Es gelang 13 wunderbar abwechslungsreiche, sehr melodische und im richtigen Rhythmus aufeinander abgestimmte Songs zu kreieren, auf dem die Band ihr versiertes Können vielfältig einbringen konnte.

Viertens der Musikstil. Es wurde wieder auf die Karte New Country/Country-Rock gesetzt, eine Sparte in der sich alle Beteiligten spürbar wohl fühlen. Nicht selten wird man wieder an Little Texas erinnert, wie auch an knackige Restless Heart, zuweilen mit einem feinen Schuß Moderne ala Big & Rich! Macht einfach riesig Spaß den Jungs zuzuhören. Die CD startet gleich mit dem großartigen „Fun“-Stück „Hillbillies“, wo in spaßiger Weise die Neigungen dieser Spezies besungen werden. Tolle, groovend funkige Note, nicht zuletzt durch einen klasse Upright Bass, southern-lastige Slide-Läufe, feine Twin-Einsätze und eine klasse „Hey-Hillbilly“-Mitgrölpassage am Ende. Wird sicherlich ein Live-Kracher!

Nach der peppigen, mit tollen Gitarren und prächtuger Steel ausgestatteten, gut tanzbaren, melodischen New-Country-Uptemponummer „We’re Makin’ Up“, ein wenig an Little-Texas-Zeiten erinnernd, folgt mit „California King“ ein balladesker, autobiographisch zu sehender Song, der Seals‘ Solo-Jahre in Los Angeles beleuchtet („I packed my guitar and hopped a train and made my escape, and I took only good memories with me.., this small town boy’s goin’ back to Tennessee, California king… just ain’t me“). Tolles Akustik-Intro, herrliche E-Gitarren-, Akkordeon- und Organ-Fills – ein packender Vortrag! Im Prinzip jagt ein Highlight das nächste!

Sehr stark auch die mitreißende, schnell gespielte Coverversion von The Bands/Robbie Robertsons 35 Jahre altem „The Shape I’m In“ im traditionellen, grassig rockigen Outlaw-Flair und mit herrlichen Instrumental-Gitarren-Schlagabtauschen (besonders imponierend das Akustik-Solo von Keith Horne), sowie einem bluesig integriertem Harmonika-untermalten Break. Ein southern-swampiger Rocker der Marke Jeffrey Steele/Anthony Smith mit knackigem Gitarrensound und schwülen Organ-Tupfern ist „Redneck Revolution“.

Die wunderbare Ballade „Annabelle (Arkansas Is Callin’ You)“, aus der Feder von Brady und Rodney Crowell lädt dann mal zum Relaxen ein – eine sehr entspannte Nummer! Nach zwei weiteren, herrlich eingängigen New Country-Stücken bildet mit „All Together Now“ nochmal ein echter Hit den Abschluss, der wieder jede Menge Leckerbissen enthält. Schönes Piano-Intro, dezentes Southern-Flair, tolle Harmoniegesänge, heulende Orgel, starkes E-Gitarren-Solo, inbrünstig gesungener Refrain mit Southern/Country-typischem Langziehen der Endsilben einer Zeile und ein Accapella-Break und Beatles-ähnlichem, „Hey Jude“-mäßigem „Na-Na-Na“-Finale! Ein Song mit Langzeitwirkung, genau richtig positioniert! Brady Seals Rückkehr zu seinen Wurzeln dürfte die richtige Entscheidung gewesen sein.

Von Hot Apple Pie wird man vermutlich wohl in Zukunft in dieser Konstellation noch einiges geboten bekommen. Fest steht: Das ist sicher die heißeste Apfeltorte, die bisher in Amerika produziert wurde. Starke CD!

Dreamworks Records (2005)
Stil: New Country

01. Hillbillies
02. We’re Makin‘ Up
03. California King
04. Easy Does It
05. The Good Life
06. Why Can’t I Get To You
07. The Shape I’m In
08. Slowin‘ Down The Fall
09. Redneck Revolution
10. Annabelle (Arkansas Is Callin‘ You)
11. Everybody Wants To Dance With My Baby
12. I Should Have Seen Her Leavin‘ Comin‘
13. All Together Now

Montgomery Gentry
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Ryan James – Back To The Wind – CD-Review

Ein weiterer, hell leuchtender Stern am von scheinbar unendlich vielen, wunderbaren musikalischen Lichtquellen übersääten Firnament von Texas! „Back To The Wind“ heißt das großartige Debutalbum des hoch talentierten Ryan James – und es ist eine erstklassige Darbietung bester, erfrischender, flüssiger Texas-Roots-/Americana-/Alternate Country-/Countryrock-Musik, ausgestattet mit einem dezenten „Red Dirt“-Flair und jeder Menge emotionalem Singer-/Songwriter-Feeling! Der aus Rosenberg in der Nähe von Houston stammende Texaner verfügt nicht nur über eine instrumentaltechnisch bestens fundierte Grundlage und eine überaus angenehme und variable Stimme, sondern beweist auf seinem Erstwerk auch hervorragende Songwriterqualitäten (hat 10 von 12 Tracks selbst komponiert).

Trotz seiner starken Heimatverbundenheit (er ließ sich sogar eine texanische Flagge auf seine linke Schulter tätowieren) gelingt es ihm glaubwürdig, seine sicherlich vorrangig bestimmenden texanischen, recht traditionell gehaltenen Roots mit einem durchaus Nashville-kompatiblen Sound zu kombinieren (kein Wunder, die Scheibe wurde auch dort produziert), wie es selbst Jack Ingram in letzter Zeit vorzüglich praktiziert hat. Dabei setzt er nicht einmal auf die üblichen mainstream- und radiotaugliche Elemente, sondern lässt alleine die wunderbaren Melodien und starke Instrumentierung seiner Mitspieler für sich sprechen.

Sicherlich auch ein Verdienst der beiden in Szenekreisen voller Anerkennung als „Wizards“ (Hexenmeister) „verschrieenen“ Produzenten Walt Wilkins und Tim Lorsch, die einen glasklaren, ungemein zeitgemäßen Sound aus den Songs herauskitzelten. Los geht’s mit dem möglicherweise autobiografisch zu sehenden, starken „Goodbye Carolina“, in Anspielung an seine in North Carolina verbrachten Jahre, die wohl von starkem Heimweh geprägt waren. Trotzdem erscheint der Blick nicht zurück im Zorn, denn der Song, dominiert von fröhlichen Mandolinenklängen und herzhaftem Gefiddel, dazu sehr schönen Harmonies von Tira Mitchell Wilkins, versprüht eine sehr frische und gelöste Atmosphäre. Musikalische Lagerfeuerromantik, -das meinen wir absolut positiv-, mit allen damit verbundenen Textklischees, verspürt man bei dem herrlich schwungvollen, mit toleer Baritone-Gitarre durchzogenen Countrysong „Home On The Range“!

Die erste Single mit bereits großem Erfolg in den Texas Music Charts, vielleicht der überragende Song des Albums, heißt „Don’t Go“, eine typisch texanisch trockene Ballade, unterlegt mit kratzigen Gitarren, schönen Mandolinen-Fills und klasse Steel- und E-Gitarrenparts im Stile der Eli Young Band oder der einstmaligen Sons Of The Desert. Apropos Steel-Parts. Fast jeder Song trägt hier die Handschrift des überragend agierenden Pedal Steelers Steve Ebe, der mit seinem träumerischen Einlagen an das Spiel von Pat Severs (Pirates Of The Mississippi) erinnert. Im weiteren Verlauf bedient einen Ryan James mit einer jederzeit relaxt gehaltenen Mischung aus balladesken Songs („Stay Me Awhile“, „A Broken Heart“ oder „Barely Holding On“) und locker dahinfließenden Countrynummern („Home To Texas“, „How Long“ (ein toller, recht traditioneller Dancehall-/Honky Tonk-Feger), „Take Your Time“), ausgestattet mit dem rauen, holprigen Charme eines Jack Ingram, Chris Knight oder gar Travis Tritt (beim Cover von „I’m A Rambling Man“).

Wunderbar gelungen auch die traumhafte Coverversion des wohl größten Hits von Dan Seals „Everything That Glitters (Is Not Gold“)! Den Abschluss, wie auch bei all seinen Live-Auftritten, bildet das Stück „I Pray For You My Friend“, das noch mal sämtliche instrumentale Finessen bietet, das der texanische Roots- und Countrybereich so bietet. Leicht mit zu singender Text, mit viel Spielraum für Soloeinlagen, der auch besonders am Ende ausgiebig im Bluegrass-Stil mit integrierten Duellen genutzt wird. Dem Texaner ist mit „Back To The Wind“ ein durch und durch angenehmes, nie langweiliges, ja richtig starkes Einsteigerwerk gelungen! Ryan James, ein Name den man sich unbedingt merken sollte… – man wird sicher noch jede Menge von ihm hören!

Hightail Records (2005)
Stil: Red Dirt

01. Goodbye Carolina
02. Home On The Range
03. Don’t Go
04. Home To Texas
05. Stay With Me Awhile
06. How Long
07. A Broken Heart
08. Take Your Time
09. Barely Holding On
10. (I’m A) Rambling Man
11. Everything That Glitters (Is Not Gold)
12. I Pray For You My Friend

Ryan James
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Ryan James – Directed – CD-Review

Bei seinem hervorragenden Erstlingswerk „Back To The Wind“ aus dem Jahre 2005 mutmaßten wir bereits, dass von Ryan James noch weitere vielversprechende Alben folgen werden. Nun liegt mit „Directed“ der oftmals so schwierige Nachfolger zu einem starken Debüt vor – und er bestätigt unsere Prognose überaus eindrucksvoll! Einmal mehr liefert Ryan James einen Reigen großartiger Songs (13 an der Zahl) ab, deren prächtige Dosierung aus rauen, würzigen, „gritty“ Texas-Rootsrock-.Knallern, großartigen Americana-/Singer-Songwriter-Balladen, auch mal einer Alternate Country-Nummer mit dezentem Roots-Pop-Anstrich und kernigen „Red Dirt“-Countryrockern jederzeit für eine äußerst angenehme und spannungserhaltende Abwechslung sorgt.

Die musikalische Begleitung ist erstklassig! Am technischen und logistischen Grundkonzept wurde eigentlich nichts Wesentliches geändert. Erneut wurde das Curb Records Studio in Nashville als Aufnahmeort ausgewählt und die arrivierten Texaner Walt Wilkins (Walt Wilkins & the Mystiqueros) und Tim Lorsch (hat produziert) zeichnen für das musikalische „Drumherum“ verantwortlich. Nur geringfügige Veränderungen gab es auch bei den Begleitmusikern und Backgroundsängerinnen.

Das bewährte Grundgerüst aus Steve Ebe (Drums), Doug Kahan (Bass), Mike Daly (Steel guitar), Tina Mitchell Wilkins (Harmony vocals), Lorsch (Fiddle) und Wilkins (Acoustic guitar) blieb bestehen. Neu dabei an den E-Gitarren sind dagegen jetzt so hochkarätige Namen wie Jeff King, Keith Gattis, James Pennebaker und John Carroll! Die großartige Singer-Songwriterin Marcia Ramirez, die einen erheblichen Teil der wieder reichlich vertretenen, weiblichen Harmoniegesänge (zumeist in den Refrains) übernommen hat, ist ebenfalls neu an Bord!

Nach dem Hören fällt einem sofort auf, dass im Vergleich zum Vorgänger der Steelgitarrenanteil deutlich zugunsten eines erdigeren „Texas-Roots-Red Dirt-E-Gitarren“-Sounds zurückgenommen wurde, wobei die Countrynote bei Stücken wie „I Give All My Love To You“ und dem grassig swingenden Bonustrack „I’ll Get It Right“, sowie durch Lorschs immer wieder eingestreute filigrane Fiddlearbeit durchaus erhalten bleibt. James hat natürlich auch mit neun von dreizehn Kompositionen einen nicht unerheblichen Teil des Songwritings beigetragen.

Nicht nur rein äußerlich (Ryan wirkt durch das Abrasieren seines Kinnbarts jetzt viel jünger), sondern auch musikalisch hat das Gesamtwerk deutlich an Frische und Unbekümmertheit gewonnen. Ryan James scheint mit den glänzenden Kritiken, den Vorschusslorbeeren, den hohen Erwartungen und dem damit verbundenen Druck locker umgehen zu können. Das Werk wird mit dem knackigen, flotten „I Should’ve Broke Your Heart“ gleich erstklassig eröffnet. Der Song ist einee wunderbare Mischung aus New Country-Einflüssen und dieser typische texanischen, lockeren Rootsrock-Melodik. Erinnert vom Flair her an Stücke vom letzten Randy Rogers Band-Album oder auch an Radney Foster.

Gitarren-„Wizzard“ Keith Gattis mit markanten, starken Electric Slide-Riffs setzt hier ein paar auffällige Akzente. Sehr ähnlich dem Opener ist auch das im späteren Verlauf folgende „Make It Go Away“! Überaus dreckig rockend (man kann schon fast von einem Kentucky Headhunters-ähnlichen Bikertouch sprechen) geht es beim fetzigen „She’s Always Leavin’“ zu, wobei pumpende Bässe, pulsierendes Drumming und eine starke Gitarrenarbeit (inkl. tollem Solo am Ende) so richtig auf die Tube drücken. Das gleiche gilt für den furiosen Roadhouse-Kracher „Buckle Down“ (ein saustarker Jeff King an der E-Gitarre sorgt für mächtig Dampf)!

Zu den wenigen Fremdkompositionen gehören „Are You With Me“, aus der Feder von Billy Maddox und dem Bluesrocker Paul Thorn (wird von Bryan James in der humorigen Manier eines Jack Ingram interpretiert und läd mit seiner leicht einprägbaren Refrainzeile spontan zum Mitsingen ein), sowie der wunderbare, melodische, flott, locker, würzig und knackig aus den Lautsprechern fließende Countryrocker „Just keep driving“ (Autor. Walt Wilkins)! Etwas nachdenklicher gestaltet sich „What Am I Doing Here“. James agiert hier im entspannten Stile eines Radney Foster.

Natürlich klar, dass auch ein neues Ryan James-Album nicht ohne Balladen auskommt. Der Titelsong „Directed“, die wunderschöne Americana-Nummer „Waves“ und „Matagorda“ sind exzellente Beispiele dafür, wie durch intelligente Texte und eine herrliche Instrumentierung (besonders stark Walt Wilkins an der Akustikgitarre) eine tolle, unter die Haut gehende Atmosphäre erzeugt werden kann.

Insgesamt ist Ryan James mit „Directed“ ein prächtiges, sehr abwechslungsreiches Album gelungen, bei dem der junge Texaner noch mal ein gute „Schippe“ zum bereits starken Debüt draufgelegt hat. Alle Achtung, wenn das so weitergeht, werden die großen Label sicher bald auch an seiner Tür anklopfen. Wir werden mit Spannung Bryan James’ weitere Entwicklung verfolgen. Klasse, dieser Bursche, wir drücken ihm die Daumen! „Directed“ jedenfalls zeigt James in vorzüglicher Verfassung!

Hightail Records (2007)
Stil: Red Dirt

01. I Should’ve Broke Your Heart
02. She’s Always Leavin’
03. Directed
04. Are You With Me
05. What Am I Doing Here?
06. Waves
07. Just Keep Driving
08. Make It Go Away
09. Get Busy Living
10. I Give All My Love To You
11. Buckle Down
12. Matagorda

Ryan James
Bärchen Records

Buddy Jewell – Times Like These – CD-Review

Endlich ist es da, das von vielen Countryfreunden heiß ersehnte Nachfolgewerk von Buddy Jewell, nachdem das Vorgängeralbum des „Nashville-Star“-Gewinners von 2003 ja von allen Seiten glänzende Kritiken erfahren hatte und zum Platinerfolg wurde. Auch mit „Times Like These“ hat der in Arkansas aufgewachsene Entertainer einen weiteren großen Schritt nach vorne gemacht. Es ist schon erstaunlich, dass ein Künstler seines Kalibers, ausgestattet mit solch einer wunderbaren Stimme und entsprechendem Charisma, erst im Alter von 43 Jahren den ihm gebührenden Zuspruch erhält.

Nach erfolgreichen Veröffentlichungen, bietet es sich in der Regel an, nicht großartig vom eingeschlagenen Weg abzuweichen, um der damit verbundenen Erwartungshaltung der Käuferschaft ohne großes Risiko gerecht zu werden. Nicht so Buddy Jewell! Er holte diesmal wesentlich mehr Musiker ins Boot, wobei einige klingende Namen wie Brent Mason, Stuart Duncan, Paul und Larry Franklin natürlich auch diesmal ihr Können einbringen durften. Am Mischpult musste Clint Black seinen Platz zugunsten von Garth Fundis räumen, der ja für
seine knackigen, modernen, aber dennoch immer traditionsbewussten Produktionen bekannt ist.

Und so startet die CD auch mit einem herrlich kraftvollen und melodischen Midtempo-Song („Me lovin‘ you“) auf Basis einer peppigen Banjounterlegung, variiert mit Steel-, Fiddle und Dobroeinsätzen, sowie klug arrangierten E-Gitarren-Fills, die einen Hauch von Southern-Feeling erzeugen. Die nachfolgende Single „If She Were Any Other Woman“ ist eine großartige Ballade, die von der dezent druckvollen, aber doch so einfühlsamen Performance her, starke Assoziationen mit Trace Adkins hervorruft. Piano, feines Telecaster-Spiel, Orgel-Tupfer, ein von Steelgitarren begleiteter Refrain, sowie die „zuckersüßen“ Harmoniegesänge von keiner geringeren Person als Vince Gill, dürften dieses traumhaft melodische Lied zum Chartstürmer avancieren lassen.

Eine gelungene Mischung aus Country- und Southern-Elementen wird bei „So Gone“ dargeboten, wie es ähnlich, und mit viel Erfolg von Montgomery Gentry praktiziert wird, wenn auch hier etwas entspannter und traditioneller. Nach dem locker flockigen „You Ain’t Doin’ It Right“ beginnt dann eine Fünf-Stücke-Phase, in der Buddy Jewell bei vier Nummern im Songwriting involviert ist.

„Addicted To Rain“ ist eine erneute Ballade im Stile seines langjährigen Bekannten Trace Adkins , „Dyess Arkansas“, ist ein unaufdringlicher Countrysong mit leichtem 70er-Flair, schöner Harmonika, Fiddle, Steel, unterhaltsamer Percussion und nettem Akustikgitarrensolo (lässt auch dank Jewells variabel gestalteter Vocals Reminiszenzen an Charlie Daniels zu seiner „Simple-Man“-Phase aufkommen), „Glad I’m Gone“ besticht durch eine richtig rhythmisches, aber immer wieder mit interessanten Breaks durchzogenes, tanzbares Gute Laune-Feeling (wer hier nicht mit dem Fuß wippt, leidet eindeutig an Durchblutungsstörungen), das Titelstück „Times Like These“ überzeugt durch knackige Drums und flotte Pianoführung, wobei auch Steel, Fiddle und E-Gitarren eingebunden sind, das relativ ruhige „Run Away Home“ schließlich beendet ein sehr kurzweiliges und eingängiges Album, auf dem Buddy Jewell erneut seine große Klasse als Sänger eindrucksvoll beweist. Dieser Mann hat in Nashville auch mit 43 Jahren noch eine große Zukunft vor sich!

Columbia Records (2005)
Stil: New Country

01. Me Lovin‘ You
02. If She Were Any Other Woman
03. Back To You
04. So Gone
05. You Ain’t Doin‘ It Right
06. Addicted to the Rain
07. I’d Run
08. Dyess Arkansas
09. Glad I’m Gone
10. Times Like These
11. Run Away Home

Buddy Jewell
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Erika Jo – Same – CD-Review

Debütalbum der Gewinnerin der dritten „Nashville Star“-Staffel! Erika Jo Heriges (so der vollständige Name) ist die erste weibliche Siegerin des Contests (zuvor gewannen Buddy Jewell und George Canyon), doch als reiner Zufall kann dieser Erfolg der gerade mal 18 Lenze zählenden jungen Texanerin wohl kaum abgetan werden, wie ihre erste CD auch eindeutig beweist.

Das Mädel war schon Jahre zuvor mit ihrem Vater und seiner Country Cover Band durch den Süden, Mittelwesten und den Osten der Staaten gereist und hatte fortwährend Gesangspraxis gesammelt. Die damit verbundene Lockerheit und Live-Erfahrung, aber auch eine gewisse Bodenständigkeit (sie wohnt auch nach dem grandiosen Erfolg weiter bei ihren Eltern), ein gewisses Maß an Vernunft („Schule war immer Plan A, Musik Plan B“), und natürlich ihre kräftige, klare Stimme dürften den Ausschlag für die ihr entgegengebrachte Sympathie ihrer amerikanischen Mitbürger gegeben haben.

Neben dem Gewinn eines Chevy Silverado Pickups hat Erika nun auch den von Kindheit an erträumten Platten-Deal (und zwar mit „Universal South“) in der Tasche. Um den optimalen „Erika-Jo-Effekt“ zu erzielen, tischte das Label erst mal dick auf und stellten der jungen Künstlerin folgrichtig bei ihrem Einstieg ein klangvolles und erfahrenes Team an Produzenten (Tim DuBois, Rick Giles, Steve Mandile und Tony Brown), Musikern (u. a. Eddie Bayers, Brent Mason, Paul Franklin, Steve Nathan, Aubrey Haynie) und Songwritern (u. a. Monty Criswell, Aimee Mayo, Tony Martin, Tom Shapiro, Mark Nesler, Katrina Elam) zur Seite.

Auffällig, wie zurückhaltend sich gerade die Instrumentalisten im Hintergrund bewegen, trotz Einstreuung vieler kleiner New Country-typischer Feinheiten. Man bietet dem Nashville-Sternchen die optimale Entfaltungsmöglichkeit für ihre vokale Stärke. Die Stücke sind ein bunter Mix aus flotteren Nummern und traditionelleren Sachen, sowie einigen balladesken Heartbreak-Songs. Die erste Single „I Break Things“ ist eine Fiddle-getränkte Uptempo-Nummer mit knackiger Drum-Unterlegung und dezentem Honkytonk, sowie klasse E-Gitarren-Solo von Brent Mason.

„Who You Are“, „Strong Tonight“ oder „Going ‘Til You’re Gone“ haben alle poppig-rhythmischen Charakter und wurden mit gut aufeinander abgestimmten Harmony-Vocals aufgepeppt. Schön auch das mit einem bluesigem Piano, Mandolinen-Fills, Slide-Guitar-Solo und zarten Orgel-Tupfern bestückte „Good Day For Goodbye“. „There Are No Accidents“, „Go“, „They Say Love Is Blind“ oder das abschließende 70er-Stück „I’m Not Lisa“ aus der Feder von Jessi Colter sind ganz auf Erika’s kräftigen Gesang zugeschnitten, die dann auch voluminös in den Refrains aus sich herausgeht.

Alles in allem ein äußerst gelungener Start für so ein junges Mädchen wie Erika Jo, das sowohl Country-Ikonen wie Reba McEntire (übrigens ihr großes Vorbild) oder Dolly Parton, als auch modernen Interpretinnen wie Jo Dee Messina oder Jessica Andrews ihren Tribut zollt. Hier könnte durchaus eine zweite LeAnn Rimes heranwachsen!

Universal South Records (2005)
Stil: New Country

01. I Break Things
02. Who You Are
03. There Are No Accidents
04. Go
05. Strong Tonight
06. Good Day For Goodbye
07. Wish You Back To Me
08. They Say Love Is Blind
09. Going ‘Til Your’re Gone
10. Love Is
11. I’m Not Lisa

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Brad Johner – Free – CD-Review

Das auch aus Kanada viel gute Musik kommt, ist längst kein wohl behütetes Geheimnis mehr. Brad Johner dürfte hierzulande allerdings den Wenigsten ein Begriff sein. In seiner Heimat dagegen zählt er zu den großen Sympathieträgern des New Country-Genres, nicht zuletzt auch ein Resultat seines Harmonierens mit Bruder Ken, mit dem er als Duo „The Johner Brothers“ immerhin vier CDs einspielte und damit regelmäßig zahlreiche Nominierungen sowie Auszeichnungen bei den Awards der Szene abräumte.

Mittlerweile weilt Brad auf Solopfaden und veröffentlicht jetzt sein Debüt mit dem Titel „Free“! Hut ab! Er präsentiert zwölf schnörkellose, moderne New Country-Songs (zehn davon selbst komponiert), die sich zweifellos locker mit den aktuellen Nashville-Produktionen messen können.

Der mit Banjo und Akustik-Piano unterlegte, höchst melodische Titelsong „Free“ sollte sich eigentlich als Single mühelos zum Chartbreaker entwickeln. Der Großteil der Lieder geht locker, flockig flott und sehr eingängig ins Ohr, ist zum Teil etwas poppig geraten, wirkt dabei aber jederzeit überaus angenehm und produktionstechnisch nie überzogen, und ist immer wieder mit feinen instrumentalen Leckerbissen bestückt.

Hierbei überragt vor allem Mit-Produzent Bart McKay an den Keyboards. Restless Heart-Sänger Larry Stewart zu Solozeiten (dank einiger Harmonie-Gesänge), Chris Cagle (bei „She Moved“), Rushlow, Tommy Shane Steiner oder Brian McComas (aufgrund der frischen Darbietung) fallen spontan als Bezugsgrößen ein. Johner kann aber auch anders. „The Farmer’s Back“ ist ein mitreißender Countryrocker der Marke Jeffrey Steele, Anthony Smith, vom Gesang her ein wenig Glenn Frey ähnelnd. Harmonika-getränkt, mit knackigen Drums und tollen Dobroeinlagen, erinnert der Song an eine aggressive Abwandlung von „Love In The 21th Century“ der Eagles-Ikone.

„Hello“ ist ein Country-Boogie, wie ihn Garth Brooks früher benutze, um seinem Publikum ordentlich einzuheizen. Das abschließende „Head Over Heals“ mit einem Hauch von Rockabilly, tollem Piano- und Gitarrenduell dürfte auf Konzerten so manches Tanzbein zum Schwingen bringen. Brad Johners Motto lautet. „Take care of the music, and the music will take care of you.“ Und so wird er sicherlich mit einer solch starken Leistung wie „Free“ die Aufmerksamkeit vieler Fans, auch außerhalb Kanadas, dazu gewinnen.

Aspirion Records (2004)
Stil: New Country

01. Free
02. Still in Love With You
03. Maybe She’ll Change Her Mind
04. My Brother and Me
05. See Jane Run
06. The Farmer’s Back
07. Different
08. She Moved
09. When Heaven Opens Up
10. Hello
11. She Looks a Lot Like You
12. Head Over Heels

Brad Johner
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Robert Earl Keen – What I Really Mean – CD-Review

Der aus Houston, Texas stammende Troubadour mit seinem elften Album! Robert Earl Keen ist seit 1984 mit seinem Debüt „No Kinda Dancer“, damals noch mit 4.500 Dollar eigenfinanziert, im Geschäft, und steht seitdem mit seinem Namen in regelmäßigen Abständen für qualitativ hochwertige Ware im texanischen Alternativ-Country/Roots-Rock-/Singer-Songwriter-Bereich.

Mittlerweile bei Koch Records Nashville ansässig, liefert er mit „What I Really Mean“ sein bislang vielleicht bestes und ausgeglichenstes Album ab. Zur Seite als Produzent stand ihm einer der vielleicht am meisten unterschätzten Gitarristen, Rich Brotherton, der natürlich auch maßgeblich mit in die Saiten griff. Die CD startet mit dem starken Opener „For Love“, ein locker dahin fließender, mit schönen Akustik-, Steel- und E-Gitarren unterlegter Midtempo-Country(rock)-Song, der zudem ein klasse E-Solo beinhaltet.

Das folgende, Fabel-artige „Mr.Wolf And Mamabear“, mit leichtem Tex-Mex-Flair, überzeugt durch seine Rhythmik, das wunderbare Titelstück „What I Really Mean“ glänzt mit knackigen Akustikgitarren, tollem Banjo, wobei die dezenten Saxophon-Tupfer dem Song sogar ein leichtes Van Morrison-Flair verleihen. Über eine „Barroom-Talk“-artige Hank-Williams-Persiflage („The Great Hank“) , der eingängigen, Steel-dominierten Uptempo-Nummer „The Wild Ones“, gelangt man zu zwei weiteren, absoluten Höhepunkten des Werkes. „Long Chain“, beginnend mit einem glänzenden Akustikgitarren-Mandolinen-Intro, entwickelt sich mit einsetzender Banjo-Dominanz zu einer atmosphärischen, mitreißenden Western-Bluegrass-Nummer, wobei großartiger, weiblicher Background-Gesang und satte E-Gitarren das Vergnügen komplettieren. Sehr stark!

Ebenfalls reichhaltig Banjo zu genießen gibt es bei „Broken End Of Love“, ein wunderbar melodischer Roots-Song der Marke John Hiatt/Pat Green, knackiges E-Gitarren-Solo inklusive. Bei „A Border Tragedy“ verschachtelt Keen einen eigens komponierten Song mit diversem mexikanischen Traditions-Liedgut, wobei die Honky Tonk-Legende Ray Price in einer Strophe mit dem Lead Gesang betraut wurde.

Der schöne, relaxte Countrysong „Ride“ mit klarer Akustikgitarre, heulenden Fiddels, sowie netten Dobrofills lässt noch einmal Roberts warme, weiche Stimme voll zur Entfaltung kommen und beschließt ein geschmackvoll zusammengestelltes, interessantes Gesamtwerk mit klasse Texten eines echten Storytellers, das von vorne bis hinten fasziniert. 48 Minuten „Robert Earl Keen at his best“!

Koch Records (2005)
Stil: Country Rock

01. For Love
02. Mr. Wolf And Mamabear
03. What I Really Mean
04. The Great Hank
05. The Wild Ones
06. Long Chain
07. Broken End Of Love
08. The Dark Side Of The World
09. The Traveling Storm
10. A Border Tale
11. Ride

Robert Earl Keen
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Bärchen Records

Krystal Keith – Whiskey & Lace – CD-Review

Richtig tolles Debüt der Tochter von Toby Keith. „Der Apfel fällt nicht weit vom Birnbaum“ – oder so ähnlich lautet ein alt bekanntes Sprichwort, welches es in diesem Fall voll und ganz auf den Punkt trifft. Die 1985 geborene, zweite Tochter von Toby Keith weiß mit ihrem Erstling auf musikalischem Sektor voll zu überzeugen. Meist ist es ja Segen und Fluch zugleich als Nachkömmling im gleichen Business in die Fußstapfen eines mega-berühmten Elternteils zu treten. Die Vorteile liegen in diesem Fall natürlich klar auf der Hand.

Geld spielt wohl keine Rolle und musikalische Beziehungen ebenso wenig. Toby Keith, multifach ausgezeichneter Musiker, dazu noch Mitbesitzer eines eigenen Labels (Show Dog), ist im Genre mit allen Wassern gewaschen und weiß, wo der Hase im Countrygeschäft lang läuft, so dass erstmal alles an besten Voraussetzungen (Produzenten, Musiker, Songwriter, darunter er selbst natürlich auch schwerpunktmäßig) geschaffen wurde, um der Tochter einen Einstand nach Maß zu ermöglichen. Aber wer Toby Keith kennt, weiß auch, dass damit gewisse Erfolgserwartungen verbunden sind.

So ist es kein Wunder, dass der Vater erstmal ein abgeschlossenes Studium verlangte (was Krystal auch anstandslos bewerkstelligte), bevor der Gang in Musiksphären realisiert werden durfte. Also ein entsprechender Druck ist also auch da, wenn man den Namen Keith trägt. Aber schon der Blick auf das Coverbild, lässt erahnen, dass man es bei Krystal Keith mit einer Frau zu tun hat, die eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein in sich trägt und anspruchsvolle Aufgaben energisch angeht. So überrascht es letztendlich auch nicht, dass sie mit ihrem Debüt eine richtig starke Leistung abliefert.

Ein wunderbar vielseitiges Album, mit astreinem, knackigem Country/Redneck Country/New Country mit einem Hauch von Southern-Feeling, das nur ganz selten in Richtung Charts schielt, aber trotzdem jede Menge radiofreundlicher Songs beinhaltet. Die CD beginnt mit dem flockigen Sommersong („Doin’ It“), der mit seiner positiven Energie richtig gute Laune verbreitet. Ein erstes Highlight folgt mit dem teils gesellschaftskritisch, aber auch ironisch humorvoll getexteten „Can’t Buy You Money“ (… „all the happiness in the world can’t buy you money“… heißt es im Refrain), ein bluesrockiger Abstecher auf Countryterrain. Großartig wie Ms. Keith hier schon im Stile einer Wynonna zu keifen versteht.

Absolut erste Sahne auch das fantastische E-Gitarrenspiel von Kenny Greenberg auf diesem Werk (neben Krystal der heimliche Star des Silberlings), das sich wie ein roter Faden durch den gesamten Verlauf zieht. Radiotauglich, mit ein wenig Shania-Flair, geht es mit „What Did You Think I’d Do“ weiter. Mit dem romantisch anmuteten „Daddy Dance With Me“ überraschte sie den Vater auf ihrer diesjährigen Hochzeit. Das wunderbar relaxt dahingleitende „Cabo San Lucas“, spiegelt, wie der Titel es schon vermuten lässt, dann Toby Keiths des öfteren anzutreffende Vorliebe für mexikanisch und karibisch angehauchte Countrysongs wieder.

Die Nummer kennt man ja auch schon vom Vater, aber Krystal gibt ihr einen ganz eigenen Touch. Klasse hier die filigrane spanische Akustikgitarrenuntermalung von Ilya Toshinsky. „Him And This Tattoo“ rockt wieder, dass, Greenberg sei Dank, die Schwarte kracht. Abermals tolle Vokalleistung von Krystal! Ganz großes „Balladenkino“ liefert sie dann bei „Beautiful Weakness“ ab, ein potentieller Titel für etwaige Liebes-Blockbuster. Hier singt sie schon in Oktavensphären der großen Diven Faith Hill, Martina McBride, Trisha Yearwood oder Celine Dion. Beeindruckend! Das famos in Memphis-Blues-Manier (klasse Hornsection-Begleitung, gospelige weibliche Backs) rockende und stampfende „Down Into The Muddy Water“ fegt sämtliche Gefühlsduselei von zuvor komplett wieder vom Tisch.

Der einzige Track, der nicht von Toby Keith und Mark Wright produziert wurde ist „Get Your Redneck On“. Hier erweist sich Nathan Chapman als alleiniger Mit-Tonangeber (Komposition zusammen mit Krystal, bis auf den Gesang alle Instrumente und Produktion durch ihn). Ein mit Hitavancen lässig und rhythmisch groovender, Banjo-dominierter Country-Popsong im Stile von Keith Urban oder Little Big Town. Der Titelsong zum Schluss zeigt, dass das Mädel selbst vor Southern Rock-kompatiblem Country keine Scheu trägt.

Das Stück, das von einer Frau handelt, die in einer Bar tanzen muss, um ihr Essen auf dem Teller zu haben (dazu verät der Text ihre Vorliebe für „Can’t You See“ von The Marshall Tucker Band, das sie gerne im Auto auf dem Weg zur Arbeit laufen lässt), dürfte selbst eingefleischte Fans der Südstaaten-Gemeinde überraschen. Herrlich das fette E-Gitarren-Solo von Greenberg, atmosphärisch die Steelzutaten von Russ Pahl. Schöne „Backs“ (auch bei den meisten anderen Nummern) durch Mica Roberts, die auch beim einen oder anderen Lied kompositorisch involviert war. Ein großartiger Abschluss! Krystal Keith beweist auf „Whiskey & Lace“, dass die musikalischen Gene des Vaters in positiver Weise auf sie übergetreten sind.

Ein kurzweiliges Album, auf dem sie alle Facetten des modernen (aber auch durchaus traditionell gehaltenen) New Country mit Bravour bewältigt. Sie hat eine großartige Stimme, kompostorische Fähigkeiten (immerhin an drei Tracks beteiligt) und sieht zudem blendend aus. Gute Voraussetzungen also für die zukünftige Karriere. Daddy Toby kann zu Recht sehr stolz auf’s Töchterchen sein!

Show Dog Universal Music (2013)
Stil: New Country

01. Doin‘ It
02. Can’t Buy You Money
03. What Did You Think I’d Do
04. Daddy Dance With Me (Single Version)
05. Cabo San Lucas
06. Him And This Tattoo
07. Beautiful Weakness
08. Down Into Muddy Water
09. Get Your Redneck On
10. Whiskey And Lace

Krystal Keith
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Jeannie Kendall – All The Girls I Am – CD-Review

Zweites Solo-Projekt von Jeannie Kendall, den meisten Country-Experten sicher noch ein Begriff als Part des Vater/Tochter-Duos „The Kendalls“, das mit „Heaven’s Just A Sin Away“ wohl seinen größten Hit erzielte; ein Lied, das immerhin unter den 100 wohl besten, jemals geschriebenen Country-Songs gelistet wird. Nach dem tragischen Tod ihres Vaters Royce im Alter von nur 63 Jahren, brachte Jeannie ihr Debüt 2003 im Country-Bluegrass-Stil als reines Akustik-Album heraus und erntete dafür verdientermaßen hervorragende Kritiken von allen Seiten.

Jeannie und ihre Produzenten Brian Fisher und Mike Stults entschieden sich beim jetzt vorliegenden, wieder sehr gelungenen Nachfolger „All The Girls I Am“ allerdings für eine recht vielseitige Scheibe mit allem „Drum und Dran“. Wobei man dem Independant Label „CbuJ Entertainment“ eine erstaunliche Bereitschaft attestieren muss, in Sachen Personal, Technik und Gestaltung zu investieren. Unglaublich, welcher Aufwand hier betrieben wurde. Sehr interessant vor allem die im Booklet von Stults detailgetreue Wiedergabe der Entstehung dieser CD aus Sicht eines Co-Produzenten, wo zum Teil ziemlich aus dem Nähkästchen geplaudert wird. Nett gemacht!

Ziel der neuen Scheibe war es allerdings auch, einmal phasenweise aus den traditionellen Bahnen auszubrechen, und die eine oder andere nicht unbedingt countrytypische Note einzuflechten, ohne insgesamt die Countryroots aufzugeben. So hat das eröffnende Titelstück durch ein hier als „Penny Whistle“ bezeichnetes (Flöten-)Instrument, gespielt von Harmonika-Koryphäe Jim Hoke (laut Liner Notes rannte er, als er das Demo zu hören bekam, mal eben zwei Blocks nach Hause, holte die Flöte, und fügte nach Rückkehr ins Studio seine Ideen in den Song ein, und alle waren restlos begeistert) ein wunderbar keltisches Flair.

Ein sehr atmosphärisches Stück, wobei sich Jeannies dünne, helle Stimme irgendwo zwischen Dolly Parton und Cyndi Lauper einzupendeln scheint. Komponiert übrigens von der australischen Opern Sängerin Amanda Colliver, die auch den Harmonie-Gesang beisteuerte. Oder „Keep Us Warm“, das unter dem Motto „Country meets Melodic Pop-Rock“ stehen könnte. Geschrieben und eingespielt von einem schwedischen Trio (Malmberg/Johansson/Axelsson), wobei Jeannies Gesang in Nashville aufgenommen und beifügt wurde. Die Bänder wanderten einige Male zwischen den Staaten und Europa hin und her. Stults bezifferte allein den Aufwand für die Abmischerei mit 80 Stunden Arbeit.

Ein toller, moderner Song mit leichtem Stevie-Nicks-Flair und feinen E-Gitarren. „(Somewhere Between) Heaven & Mexiko“, eigentlich für Interpreten wie Bobby Bare oder Mark Chesnutt gedacht, hatte laut Meinung der Macher, dann doch eher „Girl-Charakter“, und gab Jeannie Gelegenheit sich mit einer zum Titel passenden spanischen Horn-Section auseinander zu setzen. Herausgekommen ist eine großartige, lupenreine, locker flockige und melosische Countrynummer voller herrlichem Tex-Mex-Feeling! Dann die wunderbare, entspannte und flüssige Country-Ballade „Wild Honey“ im semi-akustischen Gewand mit schönen Dobro-, Fiddle,- und Steel-Klängen! Also jede Menge „Spielereien“, dennoch immer in sich geschlossen wirkend, ein toller, klarer Sound… – das heißt. Experiment eindrucksvoll gelungen!

Die traditionelle Seite wurde aber, wie gesagt, nicht wirklich vernachlässigt. Dazu konnten sich jede Menge erstklassiger Instrumentalisten auf dem Werk austoben, wobei Sonny Garrish am Steel und Larry Beaird an der Akustik-Gitarre, Mandoline und Banjo zu den auffälligsten Akteuren zählen. Ein Genuss auch immer wieder den brillanten Brent Mason an der E-Gitarre zu hören, der bei Stücken, wie „Just A Memory“ (eine Nummer vom Debütalbum, diesmal als „Electric Version“) oder „It Always Rains“ einmal mehr beweist, warum er in Nashville zu den absoluten „Giganten“ der Gitarrenspieler gezählt wird. Sehr schön auch die Neueinspielung des Kendalls-Stückes „Make A Dance“, bei dem die Harmonievocals ihres verstorbenen Vaters mit eingebracht wurden.

Insgesamt ein tolles Jeannie Kendall-Album, das wunderbar den Bogen vom traditionellen Country zum modernen Country-Pop spannt, und sicher für Verfechter beider Ausrichtungen bestens geeignet sein dürfte. Und bei allen Mädels, die Jeannie laut Titel in sich vereint, ist eines sicher:  Sie ist ein klasse singendes Girl!

CbuJ Entertainment (2005)
Stil: New Country

01. All The Girls (I Am) – The Penny Whistle Song
02. You Just Don’t Get Me – Do You?
03. (Somewhere Between) Heaven & Mexico
04. Wild Honey
05. Keep Us Warm
06. Just A Memory
07. Your Picture, Your Pillow & Me
08. Out Of Loneliness
09. Make A Dance
10. It Always Rains
11. Shouldn’t Still Shake Me (Like You Do)
12. Worn Around The Edges

Jeannie Kendall
Bärchen Records