Shooter Jennings – Family Man – CD-Review

Nach seinem recht schrägen und kontrovers beurteilten Konzeptalbum „Black Ribbons“ kehrt Shooter Jennings mit dem großartigen „Family Man“ zu eingängigerer Musik zurück und bewegt sich wieder mehr in Sphären seines starken Debütwerkes „Put The ‚O‘ Back In The Country“, wenngleich das neue Werk zuweilen etwas lockerer und mit mehr semi-akustisch ausgerichteter Basis daher kommt.

Doch es hat auch seine rockigen Momente. Shooter, bekannter weise ja Sprößling der berühmten, 2002 verstorbenen Countrygröße Waylon Jennings, hat es bisher wie kaum ein anderer Nachkomme in diesem Business geschafft, sich dem musikalischen Vermächtnis des Vaters, den an ihn herangetragenen Ansprüchen und dem damit verbundenen Druck einerseits zu stellen, sich ihm aber gleichzeitig auch geschickt zu entziehen. Er hat von Anfang an sein eigenes Ding durchgezogen und ist bei allem, was er bis zum heutigen Tage angepackt hat, ungemein authentisch geblieben.

Er ist ein „echter“ Country-Outlaw im Sinne seines Vaters, das hört man auch auf dem neuen Werk deutlich, doch er verbindet diese „Gene“ wunderbar mit seiner eigenen musikalischen Philosophie. Auf seinem aktuellen Silberling „Family Man“ rückt der seit 2009 mit der Schauspielerin Drea de Matteo (The Sopranos) verheiratete 33-jährige mit einem Großteil der Songs das Thema „Familie“ stark in den Vordergrund. Und das äußerst abwechslungsreich und unterhaltsam, mit vielen Ecken und Kanten und auch einer gehörigen Portion Humor und Selbstironie (…“Another Thanksgiving on a rainy day / The whole house smells like a big ashtray / It be loud but that’s our way / We’re a family”…).

Die CD, diesmal mit seiner neuen Begleitband „The Triple Crown“ (Eric Deutsch, Jeff Hill, Chris Masterson, Eleanor Whitmore, Jon Graboff, Tony Leone, Mickey Raphael) eingespielt, beginnt mit dem zunächst in Erzählmanier recht verhalten startenden „The Real Me“ (erinnert in den Strophen ein wenig an Charlie Daniels‘ „Long Haired Country Boy“), das dann aber im Refrain in Zungenbrecher- Manier („…I’m a double-talkin’, chicken-lickin’, meaner-than-the-dickens, sick and wicked, hole-diggin’ son of a gun! …“), mit sehr starkem Gesang von Shooter, richtig Fahrt aufnimmt und mit zunehmender Zeit toll abgeht. Schöne Melodie, starkes Outlaw-Countryrock-Flair!

Klasse hier auch die zündende Steel-/E-Gitarren-Solo-Kombination. Eine tolle Nummer. Mit dem leicht folkig angehauchten (dank schöner Mandoline) und vor allem im lockeren, flockigen, dennoch knackigen Refrain herrlich melodischen „The Long Road Ahead“ und dem fast ein wenig an „Lucille“ angelehnten, dahin schwofenden „The Dead & The Dollar“ (erste Single) geht es dann wunderbar eingängig weiter. Nach einem feinen A capella-Intro lässt Shooter jedoch beim folgenden „Manifesto No. 4″ wieder einmal seiner Southern Rock-Passion freien Lauf. Großartiger, dreckiger, laut,“krawalliger“ Gesang, sägende Fiddle, satte, raue E-Gitarren – Shooter lässt es ordentlich krachen.

Zum Durchatmen darf man sich anschließend in The Marshall Tucker Band-ähnlichem Ambiente bei „Summer Dreams“ entspannt zurücklehnen (klasse die voller Western-Flair weinende Mundharmonika von Mickey Raphael) und in Sonnenuntergangsphantasien schwelgen. Mit „Southern Family Anthem“ gibt es einen weiteren, starken, kräftigeren southern-rockigen Song, der durch aggressiven Gesang und eine leicht psychedelische Note geprägt ist. Amüsant hier wieder die Zeile im Refrain. „… We maybe thrash, but we’re a family…“! „Daddy’s Hands“ ist eine liebenswürdige Hommage an die letzten Lebensjahre seines Vaters Waylon Jennings (und auch des Schwiegervaters), als dieser bereits von seiner Krankheit gezeichnet war („… Come on, Daddy, one more Christmas, it ain’t your time to go…“).

Bei „Black Dog“ kommen unweigerlich Reminiszenzen an Johnny Cash In den Sinn. Ein recht kühl, sparsam mit hervorstechender Akustikgitarre besungener Erzählsong, wie man sie vom Meister aus der Rick Rubin-Zeit kennt. Erzeugt regelrecht Gänsehaut. Mit „Family Tree“ einem honkytonk-getränkten Barroom-Blues (starkes Piano von Erik Deutsch) und dem melodischen „Born Again“ (großartige Backs von Eleanor Whitmore, aber wieder mit psychedelisch anmutenden Instrumentalausklang) beendet Shooter ein in sich wunderbar stimmiges, höchst authentisches, rootsiges Outlaw Country/Americana/Alternate Country/Countryrock-Album, das man mit Fug und Recht als eines seiner besten bezeichnen darf.

„Family Man“ ist prächtig gelungen und dürfte papa Waylon stolz von oben auf seinen Sohnemann herabblicken lassen. Das Album kommt in einem recht aufwendigen Klapp-DigiPak daher, in dem sich auch ein eingestecktes Faltposter befindet. Sehr starke Vorstellung, Shooter Jennings!

Entertainment One (2012)
Stil: Country Rock

01. The Real Me
02. The Long Road Ahead
03. The Deed & The Dollar
04. Manifesto No. 4
05. Summer Dreams (Al’s Song)
06. Southern Family Anthem
07. Daddy’s Hands
08. The Black Dog
09. The Family Tree
10. Born Again

Shooter Jennings
Shooter Jennings bei Facebook
Bärchen Records

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert