Jeff Allen – Raised On Gettin’ By – CD-Review

Stark! Dynamischer, ungemein knackiger, ja schon fetziger, noch von jeglicher „Nashville-Politur“ befreiter, herrlich zwangloser, Energie geladener, rockin‘ Country/New Country voller „Schmackes“, der sowohl die Traditionalisten, als auch die „jungen Wilden“ des Genres vollends begeistern wird! Und wo kommt so ein Kerl her? Natürlich aus Texas! Jeff Allen stammt aus einer musikbegeisterten Familie, aus Canton/TX. Mit 15 Jahren brachte er sich das Gitarre spielen selbst bei. Von dort an verfolgte er stetig sein Ziel, einmal als Musiker auf der Bühne zu stehen und die Leute zu begeistern.

„In ten years, I’d love to still be on tour full-time and have a few songs on the radio. I just want to make a living writing and playing the music I love“, war seine damalige Intension. Der Erfolg gibt ihm recht. Bereits ohne Album gelang es ihm, im Vorprogramm von solch klangvollen Namen wie u.a. Emerson Drive, Reba McEntire, Randy Travis, Vince Gill, Little Big Town und Big & Rich aufzutreten. Mit seinem nun vorliegenden, prächtigen, bei dem kleinen Independent Label Savvy Recordings erschienenen Debüt „Raised On Gettin’ By“, das er zur Zeit in ganz Texas promoted, dürfte er seinem Lebenstraum nun ein ganzes Stück näher gekommen sein.

Ein tolles Teil , das noch voller spürbarem Idealismus und Elan steckt, und frei von allen Zwängen, munter und ungeschliffen drauflos rockt, dabei aber zu keiner Zeit die „real Country“-Pfade verlässt.. Die musikalische Performance ist einfach klasse. Allen hat eine tolle Country-Stimme, die aber auch hervorragend für rockige Sachen geeignet ist. Er und die hervorragenden Musiker sind prächtig aufeinander abgestimmt. Manchmal köännte man meinen, Allen spielt einen wunderbar „rotzigen“ Mix aus den Elementen solcher Leute wie Brooks & Dunn, Eric Church, Jake Owen, aber auch Gary Allan und Brad Paisley, vermischt mit dem Texas-Flair solcher „Lonestar“-Ikonen wie Pat Green und Jack Ingram, und seinen eigenen Ideen. Und alles passt klasse zusammen!

Allen hat acht von zwölf Stücken selbst komponiert und präsentiert sich als ein mit bereits allen (New Country-)Wassern gewaschener, aber gleichzeitig noch sehr hungriger, junger Musiker. Die Songs (produziert von Kevin Savigar und Brian Kolb), zumwiest umgeben von einem Gewand aus satten Gitarren, überzeugen auf ganzer Linie. Bereits das zum Einstieg gebrachte, sehr traditionell fundamentierte, großartige „Watching You“, mit herrlich lässigem Gesang Allens, quietschender Fiddle und exzellenter Gitarrenarbeit, rockt in allerbester Brooks & Dunn-Manier, ebenso wie das baumstarke, kraftvolle und dynamische Titelstück „Raised On Getting By“ (krachende, rhythmische Drums, schön integrierte Orgel-Klänge, „saftige“ E-Gitarren, tolle Melodie)! Ein echter Knaller!

Bei den balladeskeren, immer och ungemein kraftvollen Stücken, wie zum Beispiel der Killer-Nummer „Can’t Trust Myself“ (fetziges, zündendes E-Gitarren-Solo, großartige Steelguitar-Unterstützung, wundervolle Melodie) und solch klasse Nummern wie „Anyway“, „You’ve Gotta Stop This“ und „Still Gonna Wait For You“, bewegt sich Allen in geschmackvollen Sphären zwischen Gary Allan, Brian McComas und dem jungen Keith Urban zu seiner weniger Mainstream-orientierten The Ranch-Zeit. Das mächtig rockende, riffige, kernige „Mighty Mississippi“ und auch „Hurt Me“ werden dann mit einem ordentlichen Schuß Southern Rock-Groove serviert. Für den Gute Laune-Pegel seiner Live-Konzerte dürften „Drive Me To Drink“ und „Honkytonk Saturday Night“ (mit fettem E-Gitarren-Solo und großartigem, hintergründigem Saloon Piano-Geklimper) das richtige Elixier sein. Hier geht mächtig die (traditionelle) Post ab, und auch die Besucher der texanischen Roadhouses und Honky Tonks landauf, landab, dürften hier ausgelassen in Stimmung kommen.

Gleiches gilt ebenfalls für das abschließende, etwas spirituelle „Me And Jesus“, ein alter Tom T. Hall-Song, den Jeff seinem verstorbenen Großvater widmet. Kommt in einer tollen, lockeren, dennoch durchaus knackigen, grassig angehauchten, traditionellen Version mit klasse Fiddle-, Mandolinen- und Banjo-Klängen, sowie fulminantem, quick lebendigem E-Gitarren-Picking..Ein wenig schade, dass die wirklich stark aufspielenden Musiker, die einen tollen Job erledigen, im recht spärlichen 1-Blatt-„Booklet“ nicht aufgeführt wurden. Dies bleibt allerdings der einzige, kleine Wermutstropfen und muß bei der Klasse dieses Albums einfach in den Hintergrund geschoben werden.

„Raised On Gettin’ By“ zeigt mit Jeff Allen einen jungen, bislang nahezu unbekannten (New)Country-Musiker, in dem eine Menge beeindruckendes Potential zu stecken scheint. Dieses Debut ist jedenfalls ein „Hit“! Die Urbans, Brooks & Dunns und Paisleys dieser Welt haben auch irgendwann mal „klein“ angefangen, um eines Tages den verdienten Ruhm zu ernten. Jeff Allen hat ohne Zweifel das Zeug dazu, es ihnen nachzumachen. Der erste Schritt ist getan! Eine ganz starke Vorstellung des jungen Texaners!

Savvy Recordings (2009)
Stil:  New Country

01. Watching You
02. Can’t Trust Myself
03. Raised On Getting By
04. Anyway
05. Drive Me To Drink
06. You’ve Gotta Stop This
07. Mighty Mississippi
08. Still Gonna Wait For You
09. Running Out Of Ways
10. Honkytonk Saturday Night
11. Hurt Me
12. Me And Jesus

Jeff Allen
Jeff Allen bei Facebook
Bärchen Records

Rodney Atkins – It’s America – CD-Review

„If You’re Going Through Hell“, Rodney Atkins‘ Vorgänger-Album, war für den Mann aus Knoxville/Tennessee alles andere als ein „Gang durch die Hölle“. Im Gegenteil. es war sein großer Durchbruch – mit insgesamt 4 aufeinander folgenden „Number One-Singles“ in den Billboard Country Singles-Charts. Was für ein Erfolg! Nun liegt der Nachfolger vor, und er knüpft nahtlos an den großartigen Vorgänger an. Atkins’ große Stärke liegt darin, die von ihm und seinen Songwriter-Kollegen kreierten Songs sehr „alltagstauglich“ zu präsentieren. Das führt zu einen enorm hohen Identifikationsgrad.

Vor allem der sich in vielen Songs befindende, gesunde Positivismus überträgt sich unaufdringlich, nicht zu massiv, aber effektiv auf den Hörer. Auf „It’s America“ präsentiert Atkins elf absolut traditionell verwurzelte, dennoch durchaus moderne, energiegeladene Stücke, die dank seiner kräftigen Vokalperformance (frappierend übrigens die Stimmähnlichkeit zu Tim McGraw) und den prächtigen Musikerleistungen (u.a. Lonnie Wilson, Larry Paxton, Bryan Sutton, Ted Hewitt – zusammen mit Atkins auch Produzent -, Troy Lancaster, Gordon Mote, Mike Johnson, Jonathan Yudkin, Larry Franklin) genauso negenemhm wie kompetent rüberkommen. Das hat zum Teil richtig Biss!

Nach dem Ausklingen der letzten Fiddletöne beim wunderbar emotional dargebotenen Schlusslied des Albums, „The River Just Knows“ (heulende Steel, schöne Piano-Tupfer, klasse Harmonies von Angela Hurt), verspürt man unweigerlich den Wunsch, diesen Burschen mal live zu erleben. Hauptursache dafür sind die große Anzahl von eingängigen St+cken, die geradezu zum Mitsingen animieren. Großartig beispielsweise das ein wenig an an Garth BrooksGassenhauer „Friends In Low Places“ erinnernde „15 Minutes“ (toller Refrain mit den herrlichen Textzeilen. „I gave up smokin’, women, drinkin’ last night, these were the worst fiveteen minutes of my life“), das sicher während seiner Konzerten aus tausenden von biergeschwängerten Kehlen herausgegrölt werden wird.

Weitere Beispiele dieser Art. Das prächtig tanzbare „Chasin’ Girls“ (polternde Drums, wilde E-Gitarren-Fills, Fiddle, Orgel), das honkytonk-trächtige „Best Things“ (surrende Fiddle, schöner Aufzählgesang, klasse E-Gitarre, prima Honky Tonk Pianogeklimper), „Friends With Tractors“ (fröhlich musizierender, etwas grassig angehauchter Country ( schönes Banjo, Steel, Fiddle, starke Akustikgitarrenarbeit, toller Instrumentalausklang), „Simple Things“ (rockig, in stadiontauglicher Brooks & Dunn-/Garth Brooks-Manier, cooler Gesang, klasse Steel-Fills)! Center-Song des Albums ist aber eindeutig das von den Hitlieferanten Angelo Petraglia und Brett James komponierte Titelstück „It’s America“, das in einer Art „Bruce Springsteen goes Country“ (der „Boss“ wird auch textlich erwähnt), recht patriotisch angehaucht, von Amerikanern bevorzugte Alltags-Lebensweisen und für positiv befundene Dinge gesanglich anpreist.

Der rhythmisch dahinpreschende, sehr motivierend wirkende Track zeichnet sich vor allem durch die vorzüglich gespielten Saiteninstrumente aus (klasse Electric-Slide-Riff, feines Banjo, knackige Akustikgitarrenarbeit, starkes E-Gitarren-Solo). Der Song befindet sich, wie wir meinen, vollkommen zu Recht, bereits im Anmarsch auf die Spitzenposition der Billboard County Singles-Charts. Aber auch sämtliche anderen Stücke, das sei klar betont, weisen durchgehend Hitambitionen auf (die spannende Frage dabei ist, ob der Vorgänger quantitativ hin Sachen Number-One-Hits noch mal getoppt werden kann).

Wem ein Tim McGraw mittlerweile allzu sehr von seinen Roots in Richtung poppigere Gefilde abgerückt ist, der hat mit dem deutlich traditioneller verankerten, wesentlich agiler und „hungriger“ wirkenden Rodney Atkins hier eine blendende Alternative. Aber nicht nur die – nein, Atkins ist eine Bereicherung für jeden Fan knackiger, echter, moderner Countrymusic. „It’s America“ wird ganz sicher einer der Renner diese Jahres werden und bei den zu verteilenden Awards eine gewichtige Rolle mitsprechen. Prächtiger, knackiger, kraftvoller, überaus erfrischend in Szene gesetzter, sehr traditionell verwurzelter Country/New Country „at it’s very best“, der manchmal wie eine exzellente Mischung aus Tim McGraw, Travis Tritt, Trace Adkins, Garth Brooks, Toby Keith und Brooks & Dunn wirkt. Rodney Atkins ist in der Riege der Großen endgültig angekommen! Respekt!

Curb Records (2009)
Stil:  New Country

01. Tell A Country Boy
02. Chasin‘ Girls
03. Got It Good
04. Best Things
05. Friends With Tractors
06. 15 Minutes
07. Simple Things
08. It’s America
09. Rockin‘ Of The Cradle
10. When It’s My Time
11. The River Just Knows

Rodney Atkins
Rodney Atkins bei Facebook
Bärchen Records

Big Kenny – The Quiet Times Of A Rock And Roll Farm Boy – CD-Review

Zweites, prächtig gelungenes Solo-Album von Big Kenny, der einen Hälfte des megaerfolgreichen Duos Big & Rich. Der Weg von William Kenneth Alphin, alias Big Kenny, geboren in Culpeper, Virginia zu einer der schillerndsten Persönlichkeiten in Nashville’s New Country-Szene war zunächst von einigen Tiefschlägen geprägt. Eine Firmenpleite in seinem bis dato bürgerlichen Leben (er hatte eine Konstruktionsfirma) ergab erst die Initialzündung für seine spätere Karriere. Alphin verließ fluchtartig seine Umgebung und zog nach Nashville, wo er kurze Zeit später einen Job bei einer Musikfirma ergatterte.

1999 schien er am Ziel seiner musikalischen Träume angelangt zu sein. Mittlerweile in Big Kenny „umgetauft“, unterzeichnete er bei Hollywood Records einen Vertrag für sein erstes Album, das aber nach der Fertigstellung gecancelt wurde und für Jahre in den Archiven verschwand. Kenny gründete danach die Band „LuvjOi“, die ihn mit dem ungemein talentierten Gitarrsisten Adam Shoenveld zusammenbrachte, dem man aufgrund seiner glänzenden Saitenarbeit einen nicht unerheblichen Anteil am Erfolg von Big & Rich bescheinigen kann und der darüber hinaus mittlerweile zu den gefragtesten Studiogitarristen der nashville New Country-Szene zählt.

LuvjOi kamen trotz zweier Alben und guten Liveauftritten aber nicht über den Status einer von Insidern geschätzten Band hinaus. Den entscheidenden Durchbruch erlangte Big Kenny erst durch die Bekanntschaft mit John Rich, dem damaligen Bassisten und Zweitsänger von Lonestar. Man tat sich zu dem großartigen. leicht „extravaganten Duo Big & Rich zusammen, deren Erfolgsgeschichte im Rahmen ihrer drei veröffentlichten Alben und einer Live-DVD hinlänglich bekannt ist. Nicht zu vergessen auch ihre kompositorischen Tätigkeit für andere Künstler wie Gretchen Wilson, Jason Aldean, Martina McBride oder Tim McGraw, sowie die Gründung der „MuzikMafia“, einem Zusammenschluss diverser Country-Künstler wie u.a. Jon Nicholson, Gretchen Wilson, Cowboy Troy und James Otto.

Im Fahrwasser des kommerziellen Big & Rich-Erfolges wurde dann auch Kennys Solo-Debüt 2005 nachveröffentlicht. Die scheinbar nicht versiegende Quelle an Ideen beider Protagonisten und die sie verbindende Harmonie gestattete ihnen genug Raum für weitere Solo-Ausflüge. Auch Rich legte im Mai dieses Jahres mit „Son Of A Preacher Man“ ein baumstarkes Album hin. Big Kenny, der sich laut eigener Aussage schon wieder aus einem Fundus von über 50 Stücken bedienen konnte, zieht nun mit seinem neuen Werk „The Quiet Times Of A Rock And Roll Farmboy“ in ebenso starker Manier nach. Er, der schon immer den extrovertierteren Part des Duos Big & Rich abgab, liefert auch hier ein buntes, farbenfrohes, unglaublich viel positive Energie ausstrahlendes, kurzweiliges, sehr abwechslungsreiches New Country-Album ab, das trotz aller „Extravaganz“ (im positiven Sinne), vor guten Songs, großartigen Arrangements und klasse Melodien nur so strotzt.

Schon die eingebundenen, echten indianischen Chorgesänge beim von Kenny mit Jon Nicholson und „3 Doors Down“-Bandmate Brad Arnold komponierten, dezent keltisch anmutenden Opener „Wake Up“, bieten einen ersten, tollen Vorgeschmack auf den weiteren bunten Verlauf dieses Werkes. Das sehr melodische, von einer verspielten, wunderbaren E-Gitarre Shoenvelds begleitete, dabei durchaus knackige „Long After I’m Gone“ ist als erste Single ausgekoppelt und bewegt sich momentan in den oberen Dreissig der Billboard-Charts. Was folgt, ist das reinste musikalischeWechselbad, bei dem Alphin aber niemals den roten Faden verliert. Mit „Be Back Home“ beispielsweise gibt es plötzlich grassigen „Rural“-Country (mit Banjo, Steel, Fiddle, humorvoller Text), gefolgt vom sich fast in U2-Sphären bewegenden, von Cello- und E-Gitarrenklängen dominierten, überaus atmosphärischen „Less Than Whole“ (Kenny singt in großartiger Bono-Manier). Klasse!

Zeit zum Durchatmen gewähren die balladeskeren „Go Your Own Way“ (Pianotupfer, klassische Streicher, weibliche Harmony-Haucher) und das entspannte „To Find A Heart“ (klasse Steelguitar-Solo), beide allerdings mit einem sich stets dynamisch steigernden Verlauf. Gute Laune pur ist Trumpf bei, wie der Titel es schon ausdrückt, „Happy People“. Rhythmische Drums, Handclaps, Fiddle Banjo, eine integrierte Hip Hop-Passage knüpfen an die bewährte Big & Rich-Erfolgsrezeptur an. Grandios das anschließende „Drifter“. Hier erzeugen Dobro, Banjo und Slidegitarren eine swampig-Delta-bluesige Stimmung, die am Ende in ein psychedelisches Finish der Marke Led Zeppelin (der klasse Gesang Kenny’s in Kombination mit Shoenvelds E-Gitarre erinnert an die Art von von Page und Plant) mündet.

Das retro-soulige „Free Like Me“ und der flockige Countrypopsong „Share The Love“ (in Anlehnung an eine von Kenny immer wieder kommunizierte Lebensphilosophie) liessen dann ein extrem abwechslungsreiches, aber trotzdem immer in sich stimmiges Werk ausklingen, käme da nicht wieder mal eine von Big Kennys verrückten Ideen zum Tragen. Unter dem Titel „The Whole Experience“ folgt dann das komplette Album noch einmal als komplett durchgehender Track.

Ein weiteres, lustiges Schmankerl sind die der CD in einer Papphülle beigelegten Blumensamen (mit integrierter Anleitung), nach dem Motto. „Let the music grow“! Abgefahren! So ist erhalt, dieser Big Kenny Alphin! Mit „The Quiet Times Of A Rock And Roll Farmboy“ jedenfalls ist dem stimmlich sehr variabel agierenden Burschen ein wunderbar frisches, farbenfrohes New Country-Album gelungen, das auf ganzer Linie überzeugt. Wesentlich mehr, als nur eine willkommene Überbrückung bis zum nächsten Big & Rich-Streich! Dieser „Rock And Roll Farm Boy“ hat einfach Klasse!

Warner Bros. Records (2009)
Stil:  New Country

01. Wake Up
02. Long After I’m Gone
03. Be Back Home
04. Less Than Whole
05. Go Your Own Way
06. To Find a Heart
07. Happy People
08. Drifter
09. Free Like Me
10. Share the Love
11. The Whole Experience

Big Kenny
Big Kenny bei Facebook
Bärchen Records

Jeff Bates – Leave The Light On – CD-Review

Manche nennen ihn die Reinkarnation des legendären Conway Twitty, andere den Barry White der Countrymusic. Wie dem auch sei, fest steht, dass Jeff Bates sicherlich eine außergewöhnliche, Wärme-ausstrahlende Baritone-Stimme besitzt, deren Wirkung man sich kaum entziehen kann. Rein äußerlich wirkt er eigentlich eher wie einer der jungen Wilden, Marke Blake Shelton, Chris Cagle, Drew Womack etc., die auszogen, um Music City im Sturm zu erobern.

Auch was seine Vergangenheit angeht, glaubt man kaum, was der Bursche schon so alles erlebt, bzw. auf dem Kerbholz hat. Als Kind zur Adoption freigegeben, mit 14 von der Schule geflogen, Militärdienst bei der Navy, Arbeit auf einer Öl-Plattform, erste musikalische Erfahrungen mittels einer Clubanstellung, Ehe, Umzug nach Nashville, erste Songwriteraktivitäten, Scheidung, nächste Ehe, Drogenkonsum, damit verbundene Diebstähle, schließlich Gefängnisaufenthalt. Dass Jeff Bates dennoch die Spur zurück ins Leben fand, verdankt er letztendlich den Herren Gene Watson, Tracy Lawrence und Kenny Beard.

Die beiden erstgenannten Künstler entschlossen sich (mit Erfolg) Songs von Bates in ihr Programm zu nehmen, letztgenannter Produzent hielt ihm als Freund die Treue, vertraute seinem Songwriter-Talent, und verschaffte ihm einen Plattendeal bei RCA. Zur Recht, wie sein Debüt „Rainbow Man“, das sich viele Monate in den Charts hielt, eindrucksvoll bewies. Nach einigem Hin und Her hat es nun endlich auch mit dem Nachfolger „Leave The Light On“ geklappt, wieder eine Ansammlung äußerst gelungener, traditioneller, zeitloser Countrysongs! Anders wie beim Erstling (da hatte Jeff noch alle Stücke mit geschrieben), ist er diesmal nur bei einem Drittel der Songs kompositorisch involviert, wobei der Rest mit viel Fingerspitzengefühl ausgesucht wurde.

Im Bereich der Begleitmusiker wurde das Licht alles andere als auf Sparflamme gehalten, d.h. Bates konnte so richtig aus dem Vollen schöpfen. Hier ist die Creme de là Creme der Nashville-Szene (u. a. Chad Cromwell, Billy Panda, David Grissom, Brent Mason, Joe Spivey, Tony Harrell, Dan Gugmore, Mike Johnson, Eric Darken) vertreten. Die CD startet mit der Singleauskoppelung von „Long Slow Kisses“, das bereits auf dem Vorgänger enthalten war, und diesmal deutlich mehr Gesangsanteile enthält. Die Billy „Crash“ Craddock-Cover-Version von „Rub It In“ macht mit seinen Honkytonk-Anleihen (klasse Piano, schönes Slide-Solo) richtig Laune.

Im weiteren Verlauf gibt es dann einen Mix aus sehr gemäßigtem Midtempo/Balladenanteil und einigen flotteren Nummern. Sämtliche Stücke sind durchweg in traditionellen Country-Bahnen angesiedelt. Sie sind dabei, nicht zuletzt durch Bates individuelle Stimme und die brillante musikalische Umsetzung, als absolut radiotauglich einzustufen, so daß der ein oder andere Hit schon dabei herausspringen sollte. Im Vordergrund immer das gut aufeinander abgestimmte Zusammenwirken von Steel-, E-Gitarre, Fiddle und Piano.

Die ruhigen Sachen wie „No Shame“, „Leave The Light On“, „The Woman He Walked On“, das autobiographische „One Second Chance“, “ I Can’t Write That“ und „Mama Was A Lot Like Jesus“ scheinen wie für Bate’s angerauht-warme Stimme geradezu prädestiniert zu sein und dürften in Conwy Twitty-mäßiger Art viele weibliche Herzen an angelehnter Männerschulter zum Schmelzen bringen. Für’s „starke“ Geschlecht hält Jeff dann Songs wie „Hands On Man“ (Billy Ray Cyrus-Charakter), „That’ll Get You Ten“ (Mischung aus Montgomery Gentry und Trace Adkins mit viel Outlaw-Flair), das zunächst als Single und Albumtitel geplante (und danach wieder verworfene) „Good People“ (schöner Countryheuler mit ausgiebigen Steelpassagen), oder der „Mitgröler“ „What I Know“ (mit eingeblendeten Live-Passagen) bereit, die nicht nur in Bierlaune die Stimmung der Zuhörerschaft heben dürften.

„Leave The Light On“ ist insgesamt wieder ein blitzsauberes, kräftiges, traditionell gehaltenes Werk, das sicherlich seinen Weg in die Charts finden wird. Nicht nur eingefleischten Bates-Fans, sondern eigentlich auch allen Liebhabern traditioneller Country-Komponenten im Allgemeinen ist diese Scheibe wärmstens zu empfehlen. Keine Frage, in Nashville wird das Licht für Jeff Bates weiterhin an bleiben!

RCA, Sony BMG Music (2006)
Stil:  New Country

01. Long Slow Kisses
02. Rub It In
03. No Shame
04. Hands On Man
05. Leave The Light On
06. That’ll Get You Ten
07. The Woman He Walked On
08. One Second Chance
09. Good People
10. I Can’t Write That
11. What I Know
12. Mama Was A Lot Like Jesus

Jeff Bates
Jeff Bates bei Facebook
Bärchen Records

Bishop Black – Same – CD-Review

Mit großer Freude erleben wir im Moment so etwas wie eine kleine Renaissance des Southern Rocks. Und es sind nicht die großen und arrivierten Bands des Genres, die sich dabei hervortun, sondern eher Formationen, die bisher aufgrund ihrer noch jungen Vergangenheit eher weniger in Erscheinung traten (Rebel Pride, Blackberry Smoke), mittlerweile dank bärenstarker Veröffentlichungen dafür umso gewaltiger, oder aber richtige Newcomer wie zuletzt beispielsweise The Last Straw, die Holman Autry Band, Silver Travis und Preacher Stone, die unmittelbar mit furiosen Debütalben von sich Reden machen.

Zu letztgenannter Sorte ist auch das junge, aus Alabama stammende, seit 2007 bestehende, hervorragende Quintett Bishop Black (benannt nach der schwarzen Schachfigur) zu zählen, deren prächtiges, gleichnamiges erstes Album ebenfalls als überaus eindrucksvolles Indiz für die wunderbare neue Frische und das neue Leben der Southern Rock-Szene gewertet werden muß. Ist das herrlich, wenn sich solch hoch talentierte junge Bands dieser Musik verschreiben und darin ihre Roots ausleben. Keine Frage, die Rockmusik des Südens lebt. Bishop Black spielen einen sehr gefällgen, schön „saftigen“ Southern Rock mit einem Hauch von Countryrock und Blues, kraftvoll, mit Biss, aber auch voller toller, sich unwiderstehlich in die Gehörgänge grabender Melodien (geht teilweise runter wie Öl), eingebettet in einen klasse Gitarrensound.

Nicht nur die Southern Rock-Freunde werden ihre helle Freude haben, auch die „Red Dirt“-Gemeinde kann jubeln. Denn zwischen Lynyrd Skynyrd, Blackberry Smoke und Cross Canadian Ragweed tummelt sich genüsslich die Musik von Bishop Black, wie gesagt, auch mal mit einem leichten Blues-, Soul,- und/oder Funk-Touch. Das Teil ist sehr knackig und fett produziert worden von Steve Lowery, und zwar in den Birdland Studios von Muscle Shoals, Alabama (da klingelt’s doch direkt in den Ohren eines jeden Southern-Fans). Und kein geringeres Blatt als das legendäre „Rolling Stone Magazine“ resümierte schlicht und ergreifend über das erste Album. „Bishop Black is the return of of the Muscle Shoals Sound“. Na wenn das mal nicht gewaltige Vorschusslorbeeren sind!

Und in der Tat knüpfen Bishop Black (bestehend aus Jeremy Braswell – Vocals, Harmonica; Preston Grammer – Guitar, Vocals; Pat Sowell – Guitar, Bass, Vocals; Cory Sowell – Bass und Steve White – Drums) da an, wo Lynyrd Skynyrd einst den Grundstein für ihre spätere Popularität legten. Der saustarke Opener „Long Road To Bama“ enthält somit auch deutliche Bezüge und musikalische Parallelen zu Skynyrds größtem Hit „Sweet Home Alabama“, ist aber längst nicht so trivial abgekupfert, wie es Kid Rock vor kurzem mit seinem „All Summer Long“ (allerdings mit großem Erfolg) praktizierte. Nein, dieser Song steckt darüber hinaus voller frischem Wind und eigenenr Identität. Er groovt melodisch, fett und swampig, mit einem leicht differenzierten Ableger des legendären Ed-King-Riff und einer zusätzlichen, glühenden Slidegitarre (inkl. Solo), unterlegt von feinen Orgelklängen. Für die zeigt sich (ähnlich wie Chuck Leavell bei der Holman Autry Band) Tastenlegende Clayton Ivey (u.a. Wilson Pickett, Diana Ross, Rod Stewart, Bob Seger, Lionel Ritchie, Brooks & Dunn, Aretha Franklin, Roy Orbison) als einziger Gastmusiker verantwortlich, der sich mittels Piano, B3-Organ und Wurlitzer immer wieder gekonnt einbringt.

Das folgende „Lawyers, Guns & Money“ (Warren Zevon) ist eine von zwei Coverversionen (dazu kommt noch das funkig-bluesig stampfende „Mississippi“ – mit schön quäkiger Bluesharp, aus der Feder von Mofro-Kopf JJ Grey – einer Soul/Funk/R&B/Blues/Southern Rock Band aus Florida). welche als ein ungemein frisches, fettes, modernes Update des alten Zevon-Origimals daher kommt, mit einen sehr viel Rhythmik und Dynamik. Einfach großartig! Bei dem starken „Long Way“ geht es ebenfalls mit viel Southern-Drive nach vorn. Lynyrd Skynyrd meets The Black Crowes zu ihren „Shake Your Moneymaker“-Tagen. Rockige Gitarren, aggressiver Gesang, Harp-Fills, Orgel-„Gurgeln“, satter Groove, klasse E-Gitarren-Solo, Herz was willst du mehr? Überhaupt ist bei Bishop Black gerade die Rhythmusfraktion ein echtes Highlight, die immer wieder für eine fett groovende Untermalung sorgt, besonders Steve White erzeugt mit seinen deftig polternden Schlagzeugeinlagen sehr viel musikalisches Volumen.

Ganz besonders atmosphärisch gelungen ist das von Preston Grammer besungene „Shine On“, das ganz dezent an „Green Grass & High Tides“ von den Outlaws erinnert, allerdings etwas bluesiger dargeboten und ohne die schnellen Passagen und die abschliessende Gitarrenschlacht. Allerdings gibt’s auch hier sehr wohl ein exzellentes E-Gitarren-Solo voller meoldischem Southern-Spirit. „Run To Tennesse“ (herrliches Tucker-mäßiges Twinspiel am Ende) und „Southern Hospitality“ (mit einem Hauch von „Red Dirt“, Richtung Cross Canadian Ragweed) bestechen vor allem durch die geschickten Tempovariationen zwischen Strophen und Refrain, wobei auch die Harmoniegesänge von Braswell, Grammer und Pat Sowell nicht von schlechten Eltern sind.

Beide Stücke sind southern-typisch gitarrenbetont, bekommen aber durch Braswells filigrane Harpeinlagen ein weiteres Markenzeichen. Balladesk und sehr melodisch geht es bei „Down Again“ zu, stark hier das tolle Les Paul-E-Gitarren-Solo. Bei „Brother Locklayer“ bieten Bishop Black nochmal deftige Kost im Stile der Allman Brothers oder, zumindestens in Ansätzen, Gov’t Mule. Wieder stehen ein fetter Groove, klasse Gitarren, Orgel und Harp im Mittelpunkt, dazu kommt ein swampig,bluesig, funkiger Touch. Das abschließende „Time“ fällt etwas aus dem Rahmen, was aber keineswegs negativ gemeint ist. Vornehmlich mit einer Akustikgitarre begleitet, erinnert es ein wenig an „The Seasons“ vom einst erst nach dem Skynyrd-Flugzeugabsturz veröffentlichten Erstwerk „The First… And The Last“. Wenn jetzt an dieser Stelle noch eine Gitarrenhymne käme,… nicht auszudenken!

Insgesamt ist Bishop Black mit ihrem Debüt ein großartiger Einstieg in die Southern-Szene gelungen. Diese junge Band verfügt offensichtlich über ein beachtliches, kreatives und musikalisches Potential. Damit wird man sich verdientermassen viel Respekt und Anerkennung in der Szene holen. Gratulation zu einer tollen Leistung! Wir freuen uns jetzt schon auf die weitere Entwicklung der Jungs…

Slc Records (2009)
Stil:  Southern Rock

01. Long Road To Bama
02. Lawyers, Guns & Money
03. Long Way
04. Shine On
05. Run To Tennessee
06. Southern Hospitality
07. Down Again
08. Mississippi
09. Brother Locklayer
10. Time

Bärchen Records

Bonnie Bishop – Soft To The Touch – CD-Review

Kurz vor Ablauf eines an Highlights wirklich nicht armen Musikjahres 2005, darf die große Roots-/Americana-/Countryrock-/Alternate Country-/Roots-Blues-/Texas Singer-Sngwriter-Gemeinde mit Bonnie Bishops neuem Meisterwerk „Soft To The Touch“ noch einmal in begeisterndem Jubel ausbrechen! Schon bei ihrem Debüt „Long Way Home“ wurde die aus Houston/Texas stammende Bonnie von den Kritikern mit Lob überschüttet. Statements wie „eine junge Lucinda Williams“ oder ein „weiblicher Chris Knight“ machten schnell die Runde. Die Single des Albums „Sweet On The Down Low“ schaffte es sogar, über 6 Monate in den Texas Music Charts zu verweilen.

Das bescherte ihr Auftritte in allen angesagten texanischen Musiktempeln, wie z. B. dem Billy Bob’s, mit Größen wie beispielsweise Randy Rogers, Radney Foster, Jack Ingram oder Ray Wylie Hubbard. Mit ihrem neuen, geradezu packenden Werk „Soft To The Touch“ nun dürfte Bonnie noch einen erheblichen Schritt weiter nach vorn machen. Die Szene hat ein neues, höchst talentiertes Gesicht in ihren Reihen!

Beheimatet bei der Smith Music Group (u. a. auch das bisherige Label der Randy Rogers Band, von Stoney LaRue, der Mike McClure Band und vielen anderen aus der Red Dirt-Clique) gelingt ihr ein Album, welches dank ihrer unglaublich starken, kraft- und gefühlvollen Gesangsleistung (viele Stücke sind im übrigen live „eingesungen“), ihrem offenbar im Blut liegenden Gespür für großartiges Songwriting (es gibt mit ihrer grandiosen, gewaltig rockenden u. bluesigen Fassung von Gillian Welchs „Stillhouse“ lediglich eine Fremdkomposiotion), ihrer exzellenten Begleitband (mit Einbindung einiger hochkarätiger texanischer Gäste aus der einschlägigen Texas-Szene, wie u. a. Walt Wilkins – Acoustic Guitar und Harmonies, Harry Stinson – Drums, der legendäre Danny Flowers – E-Gitarre und Slide, und vor allem ex-Joe Ely-, Mellencamp-, Storyville-, Dixie Chicks-Gitarrenzauberer David Grissom) ohne Übertreibung als eine der absoluten musikalischen Genre-„Perlen“ des Jahres 2005 gewertet werden muß!

Der zwölf Songs, mit einer Spielzeit von über 50 Minuten, umfassende Longplayer strotzt geradezu vor wunderbarer Melodik, ist einerseits glasklar und sauber produziert, bewahrt andererseits aber alle authentischen Ecken und Kanten, wirkt erdig und „rough“, völlig unbeschwert und lässt einen die raue, staubige, texanische Luft förmlich „durch die Ohren“ einatmen. Ursache hierfür dürfte sein, dass der Fokus neben der überaus rootsigen Basis zusätzlich auf einem gewissen Blues-Feeling liegt. Dazu lommt einer gesunde Portion Red-Dirt-Atmosphäre, viel Americana-Flair und ein stetiger, dezenter, unterschwelliger Country-Touch!

Egal, ob satt rockend oder etwas zurückhaltender, die Stücke wirken trotz aller Kraft und teilweise ordentlicher Power insgesamt recht relaxt. Bonnie’s Stimme passt sich erstaunlich variabel der Stimmung der jeweiligen Songs an, mal aggressiv, mal kratzig, mal voller Melancholie, mal zart und zerbrechlich. Neben den bereits anfangs erwähnten Vergleichen kommen einem auch die unterschiedlichsten Referenzgrößen in den Sinn, wie z.B. Allison Moorer, in Ansätzen gar eine junge Janis Joplin, Bonnie Raitt und vor allen Dingen auch Tift Merritt! Das macht sie so vielseitig und gleichzeitig so eigenständig! Durchweg sämtliche Nummern begeistern!

Viermal bereichert der bereits genannte David Grissom als Gitarrist Bonnie’s großartige Musik. Auf „Trains“ (ein herrlich flockiger, lässiger, überaus melodischer Countryrocker), dem traumhaften, rootsig, bluesigen. Slide-getränkten „Soft To The Touch“, der starken Roots-/Americana-Rock-Pop-Nummer „Give It To Me“ und bei dem krachenden Rootsrocker „Something The Doctor Didn’t Ordered“ (letzteres von ihm übrigens auch mitgeschrieben und produziert). Herrlich hier das satte Drums-Intro und das fette, satt rockende E-Gitarren-Führungsriff. Mit dieser Mischung aus bluesigem Touch und rockiger Melodie lebt hier für kurze Zeit fast das legendäre Storyville-Feeling wieder auf. Ansonsten jagt vom klasse Opener „Love Never Knows“ (schöner, polternder Fußtrommelrhythmus, tolle Tempovariationen, poppiger, aber sehr angenehmer Refrain), über die voller Herzblut steckenden, in emotionaler Singer/Songwriter-Tradition gebrachten „Brent Rollins“ (erinnert an eine lebhafte Lori McKenna), das lockere „The House That Jack Built“ und „Red Moon“ (großartige Akkordeonbegleitung), bis zu dem starken, schwül groovenden Swamp-Blues-Rocker „He took me to the river“ (herrlich rauchige Stimme von Bonnie, prächtiges Slide-Spiel) ein Höhepunkt den nächsten!

Zum Abschluss hören wir dann mit dem 7.45 Minuten langen „Fallen Angel“ nochmal eine absolute „Killer“-Ballade. Sehr entspannte Atmosphäre, Bonnie haucht ihren Text ganz zart und sehr gefühlvoll, glänzender Instrumentalabschluss durch toll harmonierendes Zusammenspiel von Akustik- und E-Gitarren! Nach dem Ausklingen der letzten Akkorde weiß man, dass mit Bonnie Bishop ein weiteres texanisches Ausnahmetalent auf dem Weg steil nach oben ist! Ihr neues Album “ Soft ToThe Touch“ berührt nicht nur, es fesselt geradezu!  Ein echter „Touchdown“, Bonnie!

Smith Music Group (2005)
Stil: Country Rock

01. Love Never Knows
02. Trains
03. The House That Jack Built
04. Soft To The Touch
05. Something The Doctor Didn’t Ordered
06. Brent Rollins
07. He Took Me To The River
08. I Must Want It Bad
09. Give It Up To Me
10. Red Moon
11. Stillhouse
12. Fallen Angel

Bonnie Bishop
Bonnie Bishop bei Facebook
Bärchen Records

Blue Dogs – Live At Workplay – CD-Review

Wem die großartige Live-DVD der Blue Dogs, eingespielt im House of Blues (übrigens im Vorprogramm von Edwin McCain), doch ein wenig zu kurz geraten war, der (und natürlich auch alle anderen) darf und wird sich nun mit der neuen, fantastischen Live-Scheibe über reichhaltigen Nachschlag von der aktuellen „Halos and good buys“-Tour freuen.

Wunderbares Konzert der Truppe aus Charleston/South Carolina, bestehend aus den Gründungsmitgliedern Bobby Houck (Lead Vocals, Acoustic guitar) und Hank Futch (Bass, lead vocals, acoustic guitar), sowie den ebenfalls schon recht lange zum Line-Up zählenden Greg Walker (Drums, percussion) und David Stewart (Electric Guitar), aufgenommen am 21. Januar 2005 im Workplay Theatre von Birmingham/Alabama, die die Genre-Fans mit ihrem exzellenten, spieltechnisch brillanten, dabei genauso knackig wie entspannt und locker rüberkommenden, herrlichen Rootsrock-/Americana-Rock/Countryrock-Auftritt wieder einmal vollends begeistern. Unglaublich gut produzierter, trockener, sauberer Sound!

Eindrucksvoll erbringen sie wieder einmal den Beweis, zu welch herausragenden Leistungen sie auch auf der Bühne in der Lage sind. Siebzehn, durchweg großartige Songs (über 70 Minuten Spielzeit), wobei die Zeit wie im Fluge zu vergehen scheint! Den Auftakt bilden die beiden auch schon auf der DVD vertretenden Nummern „Cosmic Cowboy“ (schöner Countryrock-Twang-Song mit dezentem Southern-Flair, erinnert zuweilen gar etwas an die frühen Outlwas) und „The Way Back! (rhythmisches Sprechgesangstück mit Endloscharakter).

Einen Hauch texanischer Note versprüht im Anschluss das starke „Sister“ (irgendwo zwischen Django Walker und Pat Green). Danach wird eine wunderbar melodischer Rootsrock-(Pop)-Abschnitt eingeläutet (herausragend, wie die Blue Dogs in der Lage sind radiofreundliche Melodienbögen und erdioge Rootsrock-Ursprünglichkeit zu vereinen), wobei mit dem flotten, flockigen, countryrockigen „Missed It By A Mile“ (klasse Akusik-/E-Gitarren-Schlagabtausch) und „I’m All About You“ zwei bisher unveröffentlichte Stücke Einzug erhalten. Ab dem wunderschönen „Half Of My Mistakes“ (geschrieben von Bobby Houck zusammen mit Radney Foster; Bobby tritt nicht nur hier, neben seinen immensen Fähigkeiten als Songwriter und Sänger, den Beweis an, welch starker Akustikgitarrist er ist), vom grandiosen „Halos And Good Buys“-Album, folgt eine vier Songs umfassende, akustische Solo-Einlage der beiden Gründungsmitglieder, wobei Hank Futch mit drei recht traditionell anmutenden, textlich amüsanten Country-Liedern den Schwerpunkt bildet.

Auch danach jagt weiterhin ein Knaller den anderen. Das countryfizierte Paradestück der Band „Make Your Mama Proud“ mit seinen wunderbaren, melodischen Tempobreaks (tolle Gesangsleistung von Bobby), das grandiose Lyle-Lovett-Cover „LA County“ von dessen legendärem 88iger „Pontiac“-Album (wieder herrliches Texas-Flair“), „Isabelle“ (bärenstarke Duo-Vorstellung der Gitarristen Houck und Stewart), das leicht poppige „Sweet Love“, und zu guter Letzt eine gut fünf-minütige, saustarke, knackige Version der von Cary Hudson und Laurie Stirratt gechriebenen Blue-Mountain-Nummer „Blue Canoe“, die zudem den Hang der Blue Dogs zum Southern Rock, wen wundert dies bei ihrer Herkunft, eindrucksvoll demonstriert (traumhafte Mischung aus countryorientierterem Allman Brother-mäßigem und flottem Marshall-Tucker-inspiriertem Sound, mit furiosem Gitarrenfinish)!

Bobby Houcks Stimme klingt stark wie nie, die restlichen Bandmitglieder harmonieren gewohnt mit blindem Verständnis. David Stewart’s auf den Punkt gebrachten Stratocaster-Demonstrationen suchen ihresgleichen. Dreckiger, kraftvoller, aber immer wundervoll melodischer Rootsrock, dezentes Southern- und Texas-Flair, sowie schöne Country-Songs werden zu einer abwechslungsreichen und äußerst hingebungsvollen, sympathischen Performance vereint.

Ein tolles, überaus niveauvolles, handwerklich perfektes Live-Album mit allen Finessen, Genre-übergreifend, für die Fans ein Muß und darüber hinaus kompatibel für jeden, der sich einmal an die beschriebenen Stilarten herantrauen möchte. Die Blue Dogs in Bestform! Die Vorfreude auf einen hoffentlich bald folgendes Studio-Meisterwerk steigt immens. Kommt im Digi-Pack mit eingelegtem, vierseitigem Booklet, das alle wichtigen Infos enthält!

Black River Records (2006)
Stil:  Country Rock

01. Cosmic Cowboy
02. The Way Back
03. Sister
04. Missed It By A Mile
05. My Forever You
06. I’m All About You
07. Always As We Know It
08. Bill Bill
09. Half Of My Mistakes
10. Children Go Where I Send Thee
11. Conversation With A Mule
12. Baby’s Coming Home
13. Make Your Mama Proud
14. La County
15. Isabelle
16. Your Sweet Love
17. Blue Canoe

Blue Dogs
Bärchen Records

Joe Bonamassa – A New Day Yesterday – Live – CD-Review

Joes grandioses Abschlusskonzert einer 60 Gigs umfassenden Tour in Ft. Wayne, Indiana vom 21.12. 2001 jetzt auf CD! Gab es auch schon mal als Bonus-DVD zu der mittlerweile nicht mehr erhältlichen, limitierten Ausgabe seines zweiten Albums „So, It’s Like That“!

Nicht nur in den Staaten, sondern auch dank fleißigen Studioschaffens und regelmäßiger Präsenz in Europa, hat sich Joe Bonamassa mit seinen Spielgefährten Kenny Kramme (Drums) und Eric Czar (Bass) zu einem überaus beliebten Act in der globalen Blues-Rock-Szene gemausert. Kräfteraubende Shows für Band und Zuschauer auf technisch allerhöchstem Niveau sind dabei das Erfolgsrezept.

Ein wohl dosierter Mix aus traditionellen Coverversionen, die aber oftmals dank fetter, groovender, jamartig ausgedehnter Gitarrenarrangements kaum wiederzuerkennen sind, und modern gehaltener Eigenkompositionen, lässt sowohl das Herz altgedienter Bluesfreunde, als auch das des hinterher rückenden Nachwuchses höher schlagen. Bonamassa und Co. betreiben Akkordarbeit im wahrsten Sinne des Wortes.

Dieses Werk transportiert die völlig unverkrampfte, nicht von Starallüren geprägte Atmosphäre bestens herüber. Vom Intro, einer slidegetränkten Gitarrenorgie, geht es über Interpretationen von Rory Gallagher („Cradle Rock“), Clapton („Steppin’ Out“), Jeff Beck („Rice Pudding“), Jethro Tull („A New Day Yesterday“) und Free („Walk In My Shadow“) bis zum abschließenden „Don’t Burn Down That Bridge“ (mit dezentem Cream-Charakter) richtig zur Sache. Die Hütte kocht!

Joes strapaziöses Behandeln von Plektron und Saiten seines Arbeitsgerätes, Kennys Trommelwirbel im Hintergrund und Eric’s knackig pulsierender Bass setzen Maßstäbe in Sachen Blues-Rock-Trio. Selbst bei ezwas ruhigeren Nummern wie „Miss You, Hate You, „Colour & Shape“ oder dem leicht an „Stormy Monday Blues“ erinnernden „If Heartaches Were Nickels“, hat das Publikum aufgrund eingepasster, intensiver Instrumentalpassagen, kaum Zeit zum Durchatmen.

Begeisterte „Joe-Joe-Joe“-Rufe des enthusiastischen Publikums sind der verdiente Lohn für ein beispielloses Blues-Rock-Spektakel, gespickt mit filigranster Gitarrenkunst. „A New Day Yesterday Live“ heißt knappe 72 Minuten Mitfiebern bei „Smokin’ Joe“, wie er leibt und lebt.

Mascot Label Group (2004)
Stil: Blues Rock

01. Jam Intro
02. Cradle Rock
03. Steppin Out/Rice Pudding
04. A New Day Yesterday
05. Miss You/Hate You
06. Walk in my Shadows
07. I Know Where I Belong
08. Colour & Shape
09. Trouble Waiting
10. If Heartaches Were Nickles
11. Don’t Burn Down That Bridge

Joe Bonamassa
Joe Bonamassa bei Facebook
Bärchen Records

Brantley Gilbert – Halfway To Heaven – CD-Review

Sehr starkes New Country-Album (sein mittlerweile zweites) des aus Athens, Georgia stammenden Brantley Gilbert, und zwar ein sehr aus dem Rahmen fallendes (oftmals klingt der Bursche wie eine mächtig Dampf ablassende Countryrock-Ausgabe der Southern Rocker von Molly Hatchet, dann wieder bewegt er sich auf dem Terrain eines Keith Urban), was sicher hauptsächlich der Tatsache zu verdanken sein dürfte, dass Gilbert bei einem Indie Label unter Vertrag steht (Average Joes Entertainment Group).

Er kann halt relativ zwanglos zu Werke gehen konnte und so etwas zahlt sich, wie auch hier, künstlerich zumeist aus. Schon der Blick auf das Cover lässt eher vermuten, dass man es mit einer Heavy Metal- oder Biker Rock-Scheibe zu tun haben könnte, als mit einem Werk, das in Nashville Fuß fassen möchte. Lediglich die diversen Co-Songwriter (Gilbert hat alle Stücke mitkomponiert) wie Jeremy Spillman, Dallas Davidson, Ben Haslip oder Rhett Akins, die bereits Lieder für klingende Namen wie Trace Adkins, Jack Ingram, Brooks & Dunn oder Joe Nichols abgeliefert haben, lassen Insider erahnen, wo der Hase lang läuft. Brantley Gilbert hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt und sich mit jedem neuen Auftritt und jedem neu geschriebenen Song ein Stück mehr verbessert.

Auf kompositorischem Gebiet gelang ihm der Durchbruch, als Jason Aldean Gilberts „The Best Of Me“ für sein letztes Album „Wide Open“ auswählte. Das Album, das in produktionstechnischer Zusammenarbeit mit den ebenfalls in Athens ansässigen Atom Brothers und mit vielen aus Georgia kommenden (nicht so bekannten) Musikern entstand (die aber alle frisch, unbekümmert und vor allen Dingen überaus kompetent zu Werke gehen – besonders klasse das deftige Drumming von Gerry Hensen und die filigrane Saiten- und Keyboardarbeit von Country Blues-Rocker Jess Franklin), durchweht demnach eine starke, wohltuende Southern Rock-Brise, die dem Ganzen sehr viel Pepp und Abwechslung verpasst.

Schon der satte Opener „Hell On Wheels“ gibt mit seinen fetten, dominierenden Slide-Riffs mächtig Gummi. Montgomery Gentry, Jeffrey Steele, The Road Hammers,  Trace Adkins oder Van Zant kommen einem da sofort in den Sinn, aber eben auch eine Country-Ausgabe von Molly Hatchet. Ist ein Song, der nicht nur in Truckerkreisen, bei den Countryrockern, den Outlaw-Rockern und der Southern-Fraktion einen Stein im Brett haben dürfte. Die folgenden drei Tracks („Bending The Rules And Breaking The Law“, „Back In The Day“, „My Kind Of Crazy“) zeigen dann die andere Seite des Brantley Gilbert, der sich mit sehr angenehm ins Ohr gehenden, frischen Melodien sich im Stile moderner Interpreten wie Jason Aldean, Keith Urban oder Chris Cagle in seinen ruhigeren Momenten, für Radiopräsenz nahezu aufdrängt.

Die erste Single „Kick It In The Sticks“ ist in seiner Wahl allerdings, wie so vieles auf diesem Album, recht ungewöhnlich und (in Gilberts und im Interesse des Labels) als sehr gewagt zu bezeichnen. Doch es ist eine klasse Nummer. Der mit einem unterschwelligen Redneck-Flair daher stampfende, derartig heftig mit fetten Gitarrenläufen rockende Song dürfte eher der Southern Hard Rock-Fraktion Freudentränen in die Augen treiben, als den kommerziell-orientierten Entscheidern der Radio Airplays. Eine mutige Wahl, wie sie wohl auch nur bei einem Indie-Label möglich ist. Man drückt ganz feste die Daumen, denn der Song ist, wie gesagt, einfach toll. Das Album hat mit seinem Einstieg auf Platz 19 in der Billboard Country Charts immerhin schon mal einen Achtungserfolg erreicht.

So wird vieles vermutlich von der Nachfolge-Single abhängen, aber hier kann Gilbert neben den zu Anfang erwähnten Songs bei „Halfway To Heaven“ (autobiographischer Titelsong, der einen Autocrash Gilberts textlich verarbeitet und ihn zum Umdenken seines Lebenswandels bewog, Bilder seines zerquetschten Pickups im Booklet lassen einen dabei den Atem anhalten), „Saving Amy“ (thematisiert ebenfalls einen Unfall, bei dem der Fahrer allerdings nicht, wie in Gilberts Fall, überlebt – schön mit emotionalen Streicherelementen in Szene gesetzt), „Them Boys“ (schönes Dobro-Spiel, klasse Strat-E-Gitarren-Solo, erinnert ein wenig an Kenny Chesneys „Young“) oder dem pianoträchtigen, balladesken Lovesong „Fall Into Me“ (mit einem Hauch von Lynyrd Skynyrds „Tuesday’s Gone“) aus einem reichhaltigen Fundus schöpfen. Während diese Songs dem Hörer Luft zum Atmen gewähren, wird dann immer wieder ordentlich dazwischen gerummst.

„Country Must Be Country Wide“ oder „Take It Outside“ sind nichts für zart besaitete Gemüter, sondern eher etwas für derbe, raue, rebellische Vertreter. Beides sind klasse, aggressiv gesungene „Auf die Zwölf-Country-/Outlaw-Rocker, wie man sie von Chris Cagle, Travis Tritt, Shooter Jennings oder Jeffrey Steele mit viel Wucht um die Ohren gebrettert bekommt. Am Ende gibt es mit „Dirt Anthem Road (Revisited)“ noch ein „Gimmick“, den Colt Ford (auch bei einigen anderen Tracks als Co-Writer involviert) bereits auf seinem eigenen Album „Ride Through The Country“ vorgestellt hatte.

Hier präsentieren die beiden eine entspannt groovende Version (Brantleys Gesang mit seinem dezent introvertierten Touch erinnert oftmals ein wenig an Eric Heatherly), die von erstaunlich gut passenden Rap-Einlagen Ford’s immer wieder unterbrochen wird. New Country meets Rap, ebenfalls nicht alltäglich, aber ein äußerst gelungenes Finish. Brantley Gilbert hat mit „Halfway To Heaven“ ein äußerst spannendes Album („he’s somewhere between the Rock-N-Roll vibe of the southern country rock scene, the roots-rock oriented flavors of Texas country and the mainstream of Nashville”, so eine weitere, den Stil durchaus korrekt beschreibende Kritikermeinung) abgeliefert, das sich aufgrund des mutigen Konzepts viel Respekt verdient hat.

Ein frisches, modernes, instrumentell hochwertig eingespieltes Werk (kommt auch ohne die arrivierten, omnipräsenten Studiomusiker hervorragend aus), das den relativ festgefahrenen Strukturen Nashvilles gut tun sollte. Tolle, abwechslungsreiche und kurzweilige New Country-Musik, die richtig Laune macht! Viel Erfolg, Brantley Gilbert!

Average Joes Entertainment (2010)
Stil:  New Country

01. Hell On Wheels
02. Bending The Rules And Breaking The Law
03. Back In The Day
04. My Kind Of Crazy
05. Kick It In The Sticks
06. Halfway To Heaven
07. Saving Amy
08. Country Must Be Country Wide
09. Take It Outside
10. Them Boys
11. Fall Into Me
12. Dirt Road Anthem (Revisted)

Brantley Gilbert
Brantley Gilbert bei Facebook
Bärchen Records

Bleu Edmondson – The Future Ain’t What It Used To Be – CD-Review

Viertes Studioalbum des aus Dallas stammenden Texaners. Es war klar, dass, nachdem Bleu Edmondson 2007 mit „Lost Boy“ das Paradewerk seiner bisherigen Karriere hingelegt hatte, der Nachfolger vor einer recht hohen Messlatte stehen würde. Taktisch klug wurde von Bleu zunächst die Live-CD/DVD im legendären Billy Bob’s Texas hinterhergelegt, die zum einen den Beweis erbrachte, dass er auch einen glänzenden Bühnen-Performer abgibt und ihm auf der anderen Seite noch ein wenig mehr Zeit offerierte, sich intensiv auf die schwere Aufgabe, erneut Ebenbürtiges im Studio abzuliefern, vorzubereiten.

Aber, wie wir es so oft in der Red Dirt-Szene bei diesen jungen Burschen erleben. Immer dann, wenn der Druck am höchsten erscheint, belehren sie uns eines Besseren. So auch in diesem Fall. Mit „The Future Ain’t What It Used To Be“ ist Edmondson jetzt eine Platte gelungen, die sich so etwas von auf Augenhöhe mit „Lost Boy“ befindet – einfach genial. Bärenstarker, leicht Red Dirt-behafteter, sehr emotionaler, kraftvoller, würziger, von klasse Melodien durchzogener Roots-/Heartland-Rock, eines grandiosen Singer-/Songwriters.

Und dieser wunderbar raue, heisere, ausdrucksstarke Gesang – klasse! Nachdem beim Vorgänger noch hochkarätige Namen wie Wade Bowen, Brandon Jenkins und Ikone Ray Wylie Hubbard beim Songwriting involviert und mit die Erfolgsgaranten für das Gelingen der CD waren, hat Bleu die aktuelle Scheibe zur höchstpersönlichen Angelegenheit deklariert und sämtliche Songs in Eigenregie geschrieben. Assistieren durfte ihm sporadisch wieder Dwight Baker, der sich, wie schon bei „Lost Boy„, auch für die Produktion verantwortlich zeigt und lediglich noch ein paar Backgroundgesänge beisteuerte.

Ort des Geschehens waren erneut die Matchbox Studios in Austin, die Musikermannschaft wurde jedoch komplett ausgewechselt, wobei diesmal Kevin Lovejoy am Piano und den Keyboards sowie Rafael Gayol mit seiner variablen und sehr markanten Drumarbeit die vordergründigen Akzente setzen. Auch das in diesen Sphären eher seltene Saxophon kommt bei zwei Tracks wieder zum Tragen und wird von Carlos Soza meisterhaft bedient (besonders stark beim mit schweren E-Bariton-Tönen getragenen, leicht episch angehauchten „Life On The Outside“, wo sein Spiel nahtlos an Bleu’s E-Gitarrensolo anknüpft, sodass man den Instrumentenwechsel erst einige Momente später realisiert).

Die CD beginnt (wie auch schon bei „Lost Boy“ mit „American Saint“) mit dem treibenden, sehr rhythmischen Rocker „Blood Red Lincoln“ (mit viel, aber unaufdringlichem, sehr schönem Pianospiel), der Bleu’s Verehrung von Leuten wie Bruce Springsteen, im weiteren Verlauf auch Bob Seger (bei „I’m Still Here“ mit starkem E-Gitarren-Solo) oder John Mellencamp (bei „Riot Night“ – kräftiger Refrain mit markanter E-Gitarrenlinie) offen darlegt. Die erste Single „No Room For Mercy“, sehr melodisch, wartet mit einer unterschwelligen Dramatik auf (wie schon bei seinem Hit „Finger On The Trigger“, diesmal geht es aber um das Ende einer Beziehung, die sowohl emotional wie materiell gescheitert ist), wobei sein Text am Ende (wie auch bei einigen anderen Stücken) viel Spielraum für Fantasie lässt.

Das ist, vor allem textlich, keine „Friede-Freude-Eierkuchen“-Musik und dürfte trotzdem wieder überaus chartkompatibel sein (sofern sich die Radio-Stationen trauen – aber die vielen unabhängigen in Texas werden diese Nummern sicher durch den Äther jagen). Aus unserer Sicht ein überaus gelungener Balanceakt! Auch der Titeltrack „The Future Ain’t What It Used To Be“ unterstreicht mit dunklen Moll-Pianoklängen, dass Edmondson nicht unbedingt ein Kind musikalischer Fröhlichkeit ist, aber sich auch in der Lage befindet, die Zuhörer regelrecht in den Bann seiner Gefühle zu ziehen. Zumal alle Songs von hinreißenden Melodien begleitet werden. Soulig und recht retrobehaftet geht es beim lässigen „Not Afraid To Be Alone“ zu (erneut Saxophon-lastig), bevor Bleu einen mit der wunderschön relaxten Ballade „I Got My Yesterdays“ (Akustikuntermalung mit ständigen Piano- und E-Gitarren-Fills, klasse Instrumentalausklang) musikalisch bildhaft in den Sonnenuntergang entlässt.

Ein toller Abschluss. Bleu Edmondson hat es mit dem Schachzug, sein neues Album auf eine sehr persönliche Ebene zu hieven, sehr geschickt verstanden, einerseits der hohen Hypothek des Vorgängers Genüge zu tragen und sich gleichzeitig wieder etwas mehr Luft und Spielraum für zukünftige Werke zu verschaffen. Respekt! Das hat ganz große Klasse! Um seine musikalische Zukunft braucht er sich angesichts dieses Niveaus jedenfalls keine Sorgen zu machen. Chapeau Bleu Edmondson!

American Saint (2010)
Stil: Red Dirt

01. Blood Red Lincoln
02. No Room For Mercy
03. Riot Night
04. Believe In Me
05. Life On The Outside
06. Black And White
07. The Future Ain’t What It Used To Be
08. I’m Still Here
09. Not Afraid To Be Alone
10. I Got My Yesterdays

Bleu Edmondson
Bleu Edmondson bei Facebook
Bärchen Records