Drake Milligan – Jukebox Songs – EP-Review

Mit dem aus Arlington, Texas, stammenden Drake Milligan funktc seit geraumer Zeit in der Country-Neo-Traditionalisten-Szene Nashvilles ein weiterer interessanter Akteur dazwischen. Milligan, der bis dato mit Elvis Presley-Verkörperungen (in der CMT-Serie „Sun Records“) und im Film „Nobody“ Bekanntheitsgrad erlangt hat, konnte sich trotz bescheidener Erfolge in Kontests wie „American Idol“ und „America’s Got Talent“, immerhin einen Plattenvertrag bei Stoney Creek Records, dem beliebten Unterlabel der BBR Music Group, für sich verbuchen.

Nach seinem Debüt-Album „Dallas/Forth Worth“ schickt man ihn jetzt wieder mit einer Kurz-EP „Jukebox Songs“ ins Rennen, die vier Stücke umfasst und gerade mal gute 12 Minuten dauert. Wie Künstler dieses Stils es so an sich haben, erhält man hier den bewährten, zwischen Charisma und Pathos pendelnden angenehmen (Bariton-) Gesang und die typisch traditionell basierte Instrumentalisierung, die sich auf schönen Gitarren (Akustik- und E-), Fiddle, Steel und Keys aufbaut.

Der herrlich fluffige und melodische Opener „What I Couldn’t Forget“ wirkt dabei sofort als Eisbrecher und mündet über den etwas flachen Schunkler „I Got A Problem“ und das atmosphärische „Don’t Leave Me Loving You“ am Ende in einen launigen Barsong in „Friends in Low Places“-Manier, der so einfach wie treffend die Intention eines Kneipenbesuchs charakterisiert: „The Reason we’re all here, Jukebox Songs and Barstool Beers„!

Nach nicht einmal einer Viertelstunde ist der nette Quickie mit Drake Milligan schon wieder vorbei. Ein ausbaufähiges Talent hat der Bursche ohne Zweifel. Stoff für Freunde von Blake Shelton, Garth Brooks, George Strait & Co. Nicht umsonst hat der diesem Countrytypus nahe stehende Trent Willmon produziert.

Stoney Creek Records (2024)
Stil: New Country

Tracklist:
01. What I Couldn’t Forget
02. I Got A Problem
03. Don’t Leave Me Loving You
04. Jukebox Songs and Barstool Beers

Drake Milligan
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Lime Tree Music

Vanja Sky – 03.02.2023 – Gasoline Blues Club, Geldern – Konzertnachlese

Vanja Sky setzt mit ihrer Band die „Reborn“-Tour am linken Niederrhein im Gasoline Blues Club in Geldern fort. Die Setlist hat keine Überraschungen, es ist aber festzustellen, dass die Band sich weiter gefestigt und weiterentwickelt hat. Vanja Sky und Guenther Haas harmonieren bestens mit ihrem Gitarrenspiel und Bassist Werner Kolb und Sebastian Harder an den Drums sorgen für eine starke Rhythmusgrundlage.

So entsteht im mit etwa 200 Besuchern gut gefüllten Club schnell die entsprechende Stimmung, die sichtbar von der Band genossen wird. So legt eine bestens aufgelegte Sky ein entfesseltes Konzert hin, bei dem sie ständig den Kontakt mit den Fans sucht und findet und sich auch nach dem knapp zweistündigen Konzert geduldig Zeit für die Fans am Merchandising-Stand nimmt.

Ein Blick auf die Seite vom CulturKreis Gelderland ist durchaus lohnenswert, da dieser im Gasoline Blues Club in regelmäßigen Abständen attraktive Blues-Musiker nach Geldern holt, wie Veronique Gayot am 20.04.2024.

Line-up:
Vanja Sky – lead vocals, guitars
Guenther Haas – guitars, backing vocals
Werner Kolb– bass
Sebastian Harder – drums

Text und Bilder: Gernot Mangold

Vanja Sky
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CulturKreis Gelderland

Leaving Spirit – Guide To The Spirit World – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Die Würzburger Band Leaving Spirit veröffentlicht mit “Guide To The Spirit World” innerhalb von 5 Jahren bereits ihr drittes Album. Der gesamte Produktionsprozess des Longplayers, einschließlich Songwriting, Mastering, Cover-Design und Promotion, ist komplett in Eigenregie abgelaufen.

Mit “Freak Show” beginnt die intensive Spurensuche auf dem Weg zur “Spirit World”, die, wie sie es ausdrücken, “durch staubige Wüsten, Kakteenlandschaften und unendliche Horizonte” führt. Die Ballade “Holy Mountain Man” – im Stile sehr früher Deep Purple oder Julie Driscoll Einflüsse – inklusive schöner Guitar/Organ-Soli und mit Frontfrau Paula Frecot an den Vocals wird so zu einem Favoriten des Longplayers.

Mit southern-soundigen Klängen erweitert “Bad Dream” die abwechslungsreiche Tracklist durch angenehm, warme, bluesige Stimmungsbilder. Die Song-Palette umfasst auch temporeiche, hard-rockin’ Tracks, auf denen (u. a. “I Don’t Care” und “Ol’ Frina”), die Keyboard-Sounds herausragen. Zum guten Schluss bietet “Old Austin” einen Ohrwurm Refrain, der seinen feinen Vorbildern im Südstaaten-Blues Rock gewachsen ist und zur Live-Hymne ausgebaut werden kann.

Nach den Alben “Things Change” (2019) und “100% Leaving Spirit” (2022) haben Leaving Spirit eine Scheibe eingespielt, die musikalische Identität und Verbundenheit mit dem Blues- und Roots Rock-Genre erkennen lässt. Auf der upcoming Tour, die insgesamt 40 Konzerttermine (davon 28 in Deutschland) umfasst, sollte jeder unbedingt die Live-Möglichkeit für den Southern Rock – Made in Germany – ergreifen.

Eigenproduktion (2024)
Stil: Blues Rock, Roots Rock, Southern Rock

Tracks:
01. Freak Show
02. Golden
03. Holy Mountain Man
04. Bad Dream
05. Ride A Wild Horse
06. I Don’t Care
07. Ol‘ Frina
08. Night Of Justice
09. Old Austin

Leaving Spirit
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Corb Lund – El Viejo – CD-Review

Review: Michael Segets

Das stylische Cover der Scheibe – weißer Sattel auf schwarzem Grund – weckt schon eine gewisse Erwartungshaltung, was die musikalische Ausrichtung angeht. Diese erfüllt Corb Lund auf „El Viejo“ auch. In seiner kanadischen Heimat ist Lund bereits eine Institution im Bereich des Country. Während seiner fast dreißigjährigen Karriere gewann Lund zahlreiche Preise in diesem Genre und wurde unter anderem mit einem JUNO-Award ausgezeichnet.

Die Produktion hebt sich vom Nashville-Mainstream ab. Mit seinem semi-akustischen Sound wirkt das Album erdig und ohne großen Firlefanz durchgespielt. Die Songs bewegen sich meist im gemäßigten Tempo, sind dabei jedoch abwechslungsreich,. Der Longplayer startet mit dem Bluegrass „The Cardplayer“, aber schon im folgenden Track kommt ein Schlagzeug zum Einsatz. „I Had It All“ erhält durch die Mundharmonika einen leicht bluesigen Einschlag.

Im weiteren Verlauf finden sich auf der Setlist einige pure Country-Nummern. „Was Fort Worth Worth It“ gehört ebenso wie „Stratocaster“ in die Gruppe von gut gemachten, klassisch aufgebauten Songs. In die Richtung geht auch die Single „Old Drunken Familar Feeling“ und das Titelstück „El Viejo“, welches in der Übersetzung „Der alte Mann“ bedeutet. Die etwas schwülstige Anmutung der beiden Beiträge wird durch ein gelegentliches Augenzwinkern in den Texten aufgebrochen.

Lund gibt neben dem Country auch anderen Stilrichtungen Raum – beziehungsweise lässt sie in seine Kompositionen einfließen. Die Kombination von Reggae und Banjo bei „It Takes Practice“ ist originell und funktioniert. Zwischen Folk und lateinamerikanischen Rhythmen bewegt sich das insgesamt schwere „Insh’allah“. Lockerer, gemäßigt jazzig, geht es bei „The Game Gets Hot“ zu, das sicherlich zu den auffälligsten Tracks der CD gehört. Rundum überzeugt „Out On A Win“ – ein klasse Song mit akzentuiertem Rhythmus und eingängig Chorus. Ebenso stark ist „Redneck Rehab“ mit treibenden Banjo. Besonders der Einstieg erinnert entfernt an „Jesus Set Me Free“ von Derek Davis, auch wenn das Stück nicht so aufgekratzt weitergeht.

Corb Lund liefert auf „El Viejo“ handgemachten Country und experimentiert mit anderen Musikrichtungen, was das Album belebt. Vor allem die Integration von Reggae-Rhythmen auf einem Track macht Spaß. Die Anspieltipps „Out On A Win“ und „Redneck Rehab“ erklären, warum Lund in seiner Heimat Kanada einen hervorragenden Ruf genießt. Hierzulande dürfte sich sein Bekanntheitsgrad in Grenzen halten, was sich möglicherweise mit seiner Europatour ab Mai ändert. Bei einigen Konzerten supportet er The Dead South.

New West Records (2024)
Stil: Alternative Country

Tracks:
01. The Cardplayer
02. I Had It All
03. Was Fort Worth Worth It
04. Out On A Win
05. Redneck Rahab
06. El Viejo
07. The Game Gets Hot
08. Stratocaster
09. It Takes Practice
10. Insh’allah
11. Old Familiar Drunken Feeling

Corb Lund
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New West Records
Lime Tree Music

Dirty Honey – 15.02.2024, Luxor, Köln – Konzertbericht

Donnerstag Abend in der Domstadt, ausverkauftes Luxor, die amerikanischen Rock-Shooting-Stars Dirty Honey hatten sich angesagt.

Als Vorband durfte das Frankfurter Quartett Bird’s View ihre Musik innerhalb von 35 Minuten präsentieren. Dem jüngeren Publikum schien das aggressive Gedresche und Gebrülle einigermaßen zu gefallen, mir persönlich sagte das handwerklich bescheidene und ohne jeden Wiedererkennungswert daher kommende Songkonglomerat überhaupt nicht zu. Ich nenne eine Vorband dieses Kalibers innerhalb der Woche immer ‚Feind des arbeitenden Menschen‘, da sie mich inklusive der damit verbundenen Umbaubauarbeiten für den Hauptact um gut eine Stunde Nachtruhe gebracht hat.

Dafür entschädigten Dirty Honey, um es vorwegzunehmen,  mit einem ganz starken und engagierten Auftritt, der ihnen zurecht überaus großen Zuspruch in Form einer tollen Stimmung einbrachte, was letztendlich in drei Zugaben münzte.

Ich bin mir garnicht sicher, welcher ihrer Tonträger in meiner stetig anwachsenden Sammlung irgendwo verborgen ist, ich meine allerdings, es wäre ihre Debüt-EP gewesen, die mir sehr gut gefallen hatte und auch schließlich den Auslöser dieses Besuchs abgab.

Allein schon mit dem Titelsong ihres aktuellen Albums und Namensgeber der Tour, „Can’t Find The Brakes“, der hier als Opener gewählt wurde, machte das Quartett um Fronter Marc LaBelle eine klare Ansage, dass es an diesem Abend das Luxor abrocken wird. Nicht nur am Aussehen von LaBelle konnte man den wohl größten Einfluss der Band ausmachen, die Spuren der Black Crowes zogen sich wie ein roter Faden durch den gesamten Gig. Auch AC/DC-Reminiszenzen waren in der Rhythmusgabe des Öfteren unverkennbar.

Dass es nicht nur immer heftig zugehen muss, bewies das Kollektiv im gelungenen Akustik-Intermezzo bei „Coming Home (Ballad of the Shire)“ (John Notto hier mit schönem Slidespiel) und der herrlich countryesken Fassung von „Honky Tonk Women“, aber auch bei melodischen Rock-Balladen der Mark Black Crowes, Cinderella, Manic Eden & Co. wie u. a. „Another Last Time“ oder „You Make It Alright“.

Eines der Highlights war sicher auch die shufflige Umsetzung von Aerosmiths „Last Child“.

Mit den insgesamt drei tollen Zugaben „Won’t Take Me Alive“, „You Make It Alright“ und dem launigen Abschluss „Rolling 7’s“, wo Marc  seine Kumpels vorstellte und diese jeweils in ihren Soli ihr gekonntes Handwerk nochmals explizit offerierten, gaben die vier Burschen  eindrucksvoll ihre Freude an diesem Abend preis.

Ihre Mischung aus klassischem-, Sleaze- und Hard Rock sowie ein wenig Country, scheint nicht nur den Nerv der Zeit und der anwesenden ‚Dirty Honies‘, sondern auch der vom Alter her gut gemischten Rest-Audienz exakt getroffen zu haben. Ich denke, es war somit auch schon zugleich die Visitenkarte für größere Locations in Köln (ähnlich wie bei Blackberry Smoke)  bei folgenden Touren hier in Deutschland. Ein klasse Abend mit Dirty Honey!

Setlist:
Can’t Find The Brakes
California Dreamin‘
Satisfied
Scars
Dirty Mind
Tied Up
Coming Home (Ballad of the Shire)
Honky Tonk Women (The Rolling Stones cover)
Don’t Put Out The Fire
Last Child (Aerosmith Cover)
The Wire
Another Last Time
When I’m Gone
Zugaben:
Won’t Take Me Alive
You Make It Alright
Rolling 7’s

Line-up:
Marc LaBelle (lead vocals)
John Notto (guitars)
Jaydon Bean (drums)
Justin Smolian (bass, acoustic guitar)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Dirty Honey
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Prime Entertainment
Luxor Köln

Blackberry Smoke – Be Right Here – CD-Review

Nachdem die einstigen Aushängeschilder des Southern Rocks in kreativer Hinsicht mittlerweile das Handtuch endgültig geworfen zu scheinen haben, lassen die aktuellen Platzhirsche Blackberry Smoke mit ihrem 8. Studiowerk „Be Right Here“ (VÖ 16.02.2024) erneut aufhorchen. Leader Charlie Starr zieht wieder alle Register in Sachen tollem Southern Rock-Songwriting (u. a. humorvolle Texte, klasse Instrumentierung und Gesang, HT-Piano,  weibliche Backs, herrliche E-Soli).

Das Album wurde im historischen RCA Studio A in Nashville und in Cobbs Georgia Mae in Savannah aufgenommen. Neben der Band – Charlie Starr (Gesang, Gitarre), Richard Turner (Bass, Gesang), Brit Turner (Schlagzeug), Paul Jackson (Gitarre, Gesang) und Brandon Still (Keyboards) – sind Preston Holcomb (Schlagzeug) und Benji Shanks (Gitarre) sowie The Black Bettys als Gastmusiker mit von der Partie.

Wenn man sich direkt mit dem stampfenden Opener „Dig A Hole“  in Sphären eines Klassikers wie „Restless“ bewegt, erzeugt man sofort viel Freude, aber auch natürlich auch eine hohe Erwartungshaltung, was den Rest der Stücke betrifft. Diesem werden Starr & Co. im weiteren Verlauf spielend leicht gerecht.

Allein schon das launig anschließende „Hammer And The Nail“, startend mit einer fluffigen Akustik-Hook, in einen herrlichen Southern Boogie mit tollen E-Soli übergehend, lässt die Euphorie unweigerlich steigen. Starr singt hier im Refrain nach dem Motto ‚der Apfel fällt nicht weit vom Stamm‘ voller Selbstironie:

„Sometimes you’re the hammersometimes you’re the nailLike my Daddy before meThis is where the apple fellBeatin the odds and comin up rosesAin’t my story to tellThe whole world swings the hammerAnd I’m the nail“

Gerade in diesem Track als auch bei weiteren Southern Boogies wie „Like It Was Yesterday“, „Don’t Mind If I Do“ und „Little Bit Crazy“ (mit famoser Beteiligung der Black Betties im Acapella-Intro und den Backing Vocals) schimmert der imaginäre Einfluss der Georgia Satellites diesmal besonders durch.

Aber auch bei Lieder wie dem beatlesken „Be So Lucky“ oder dem JJ Cale-umwehten „Watchu Know Good“ (grandioser Song) lässt Starr die ganze Variabilität seines Songwritings aufleuchten.

Allman-Fans kommen beim country-folkigen „Azalea“ und dem großartigen „Other Side Of The Light“ auf ihre Kosten, wo in Duane Allman-Manier wild geslidet wird, Mit einem atmosphärischen Progressiv-Midtempo-Stück Marke „The Whippoorwill“ mit leichtem Country-Touch  (gospelige weibliche Backs) und heulenden Twins, beenden Blackberry Smoke ein echtes Meisterwerk.

Über den Aufnahmeprozess sagt Starr: „Wir nehmen immer live zusammen auf, aber dieses Mal hatten wir alle unsere Verstärker und Schlagzeuge und alles im selben Raum. Es ist einfach so natürlich und so echt wie möglich. Das letzte Album war auch sehr roh, aber bei diesem Album erinnere ich mich an verschiedene Momente, in denen ich sagte: ‚Ich denke, wir sollten das neu machen‘, und Dave meinte: ‚Nein, lass es so. Auf diese Weise ist es magisch.’“ Womit Cobb aus meiner Sicht absolut Recht hatte.

Bei Ihrem letzten Besuch bei uns in Deutschland hatte die Band auch in Live-Hinsicht mit der Hinzunahme von Preston Holcomb und Benji Shanks  ins Line-up, trotz des schon vorhandenen hohen Niveaus bewiesen, dass durchaus noch Steigerungspotential vorhanden ist. Die Einbindung zusätzlicher weiblicher Backgroundsängerinnen wie den Black Betties, wäre vielleicht jetzt zur neuen Tour eine weitere überlegenswerte Option. 

Wer auf hochklassigen Southern Rock vom Branchenführer steht, ist bei dem neuen Album „Be Right Here“ von Blackberry Smoke genau an der richtigen Stelle.

Live auf Tour im September:

18.09.2024 Hannover, Capitol
24.09.2024 Berlin, Columbiahalle
25.09.2024 A-Wien, Gasometer
26.09.2024 München, Tonhalle
29.09.2024 Köln, E-Werk
30.09.2024 CH-Zürich, Kauflauten

3 Legged Records (2024)
Stil: Southern Rock

01. Dig A Hole
02. Hammer And The Nail
03. Like It Was Yesterday
04. Be So Lucky
05. Azalea
06. Don’t Mind If I Do
07. Watchu Know Good
08. Other Side Of The Light
09. Little Bit Crazy
10. Barefoot Angel

Blackberry Smoke
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Oktober Promotion

The Dead South – Chains & Stakes – CD-Review

Review: Michael Segets

The Dead South mauserte sich in den letzten Jahren zu dem Referenzpunkt in Sachen Bluegrass. Vor allem durch den experimentellen Umgang mit Genre-Klischees sowie durch ihre Affinität zum Rock nehmen sie in diesem oftmals durch einen konventionellen Sound geprägten Genre eine Ausnahmestellung ein. Die Tendenz zum nervigen Gefiedel und Gezupfe, das im Bluegrass manchmal anzutreffen ist, umschiffen die Kanadier Nathaniel Hilts, Scott Pringle, Colton Crawford und Danny Kenyon auch diesmal.

Sieht man von den drei kurzen – meines Erachtens verzichtbaren – Instrumentals („Where Has The Time Gone“, „ Clemency“, Yore“) ab, bietet „Chains & Stakes“ zehn für die Band typische Tracks. Insgesamt gibt sich The Dead South etwas weniger experimentierfreudig als beispielsweise auf ihren Coverprojekten „Easy Listening For Jerks“ (2022). Eine Ausnahme bildet das expressive Zwischenspiel mit kraftvollen Backgroundrufen bei „Tiny Wooden Box“, dem zunächst auffälligsten Stück des Albums. Der Song wurde zu Recht als erste Single mit Video vorab herausgegeben.

Die Rock-Attitüde, die die Band gelegentlich an den Tag legt, blitzt zwar lediglich bei „Completely, Sweetly“ auf, dennoch haben es die Songs in sich. Wie üblich spielen The Dead South mit Rhythmus- und Tempowechseln wie beim Opener „Blood On The Mind“, das nach bluesigem Anfang Fahrt aufnimmt. „A Little Devil“, die zweite Auskopplung, unterbricht den Galopp im Zwischenspiel, um dann wieder loszulegen. Das Banjo von Colton Crawford treibt die Tracks voran – so auch auf „20 Miles Jump“ sowie „The Cured Contessa“. Beim letztgenannten Song zeugt die Idee, eine Obsession für Frühstücksspeck in den thematischen Fokus eines Textes zu stellen, schon von einer gewissen Originalität und Humor.

Die Lyrics zu verfolgen, macht bei The Dead South sowieso Sinn. So bieten auch „Son Of Ambrose“ oder „Father John“ feines Storytelling. Beide Titel sind Country-Nummern – „Son Of Ambrose“ eher hufeisenschwingend, „Father John“ in einer balladesken Ausprägung. Mit „A Place I Hardly Know“ findet sich noch eine getragene, tief gesungene Ballade, die neben den bereits angesprochenen Instrumentalstücken etwas Tempo aus dem Longplayer nimmt.

„Yours To Keep“ zeugt erneut von der Qualität des Quartetts, das gekonnt ausgefeilte Rhythmusarbeit, mit melodischen Schlänkern und einprägsamen Chorus verbindet. Diese Stärke spielt The Dead South auf vielen Tracks des neuen Albums aus, das dem prämierten „Sugar & Joy” (2019) in nichts nachsteht. Die Band bestätigt mit „Chains & Stakes”, dass der Hauptsitz des modernisierten Bluegrass‘ zurzeit nördlich der Vereinigten Staaten von Amerika liegt. Im Mai und Juni ist The Dead South in Deutschland unterwegs und wird bei einigen Auftritten von Corb Lund, einem kanadischen Landsmann, supportet.

DevilDuck Records/Indigo (2024)
Stil: Bluegrass

Tracks:
01. Blood On The Mind
02. Yours To Keep
03. 20 Miles Jump
04. Where Has The Time Gone
05. A Little Devil
06. Son Of Ambrose
07. Clemency
08. Completely, Sweetly
09. A Place I Hardly Know
10. The Cured Contessa
11. Tiny Wooden Box
12. Yore
13. Father John

The Dead South
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DevilDuck Records
Oktober Promotion

GeminiiDRAGON – 3 – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Im Mai 2022 hatten wir das ambitionierte Solo-Debut von Sängerin GeminiiDRAGON (Jessica Harper) “Fighting Fire With Fire” besprochen und uns gefreut, die Scheibe könnte vielleicht der hoffnungsvolle Beginn einer jungen Erfolgsstory werden. Heute, keine 2 Jahre später, bestätigt die US-Künstlerin unseren ersten Eindruck. Das neue Album mit dem Titel “3” ist wieder ein sehr vielseitiges Studiowerk, das von ihrem Gitarristen und Partner Christian Simeon produziert wurde. Jessica Harper und Christian Simeon haben zudem sämtliche Songs gemeinsam geschrieben und damit die Scheibe unverkennbar auf die hochtalentierte Stimme von GeminiiDRAGON zugeschnitten.

Mit gekonnt heiseren Blues-Vocals wird der erste Titel “I Wanna Know” so zum rauen Rock-Track und gibt die Richtung des Longplayers als Kombination von Soul, Rock und Blues unterschiedlicher Richtungen dynamisch vor. Vom melodischen Storytelling (“Desert Heart”), geht es über Led Zeppelin behaftete Einflüsse, die jedoch von einer Frontfrau bestimmt werden in “Clowns”, bis hin zu ebenso ausdrucksstarken, bluesigen Mid-Tempo-Nummern, wie “Wasted Time” oder “Great Day”.

Der eindrucksvolle Texas-Blues “You Ain’t Up To No Good” wurde unter starker Beteiligung des jungen Gitarristen TJ Wong und des Harmonica-Players Chad Rupp zum ausgesprochenen Top-Titel, eine Mixtur aus ZZ Top und Stevie Ray Vaughan. Mit “A Fool For You” erlebt der 70er Blues sein Comeback und die kraftvollen Vocals von GeminiiDRAGON meistern den rockigen “Klassiker” aus eigener Handschrift auch hier mit bestechenden, virtuosen Fähigkeiten. Eine einprägsame Nummer liefert die Scheibe im modernen Memphis Soul-Blues-Gewand ab. “Last Train To Thibodaux”, eine Hommage an ihre Heimatstadt wird zur smoothigen Herzenssache des Albums. Dieses beendet mit einer Reprise aus dem 2. Longplayer “Equinox” die Tracklist. “The Ballad Of Willie Mae & George” erscheint als traditioneller Roots-Blues in modifizierter Version.

Die aus dem Louisiana Bayou stammende Sängerin GeminiiDRAGON hat mit dem aktuellen Longplayer “3” ihre Liebe zum Blues und Rock der 60er und 70er Jahre leidenschaftlich interpretiert. Als neues, talentiertes Gesicht der US-Blues-Szene hat sie in kurzer Zeit einen Sprung auch auf UK-Festival-Bühnen geschafft und wird hoffentlich auch bei uns bald live zu erleben sein.

Nepotism Recordings/Lightning In A Bottle Records (2024)
Stil: Blues, Blues-Rock

Tracks:
01. I Wanna Know
02. Desert Heart
03. Clowns
04. Wasted Time
05. Great Day
06. You Ain’t Up To No Good
07. Cherokee
08. A Fool For You
09. Caught Up In Your Love
10. Last Train To Thibodaux
11. Ballad Of Willie Mae & George (The Reprise)

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Taylor McCall – Mellow War – CD-Review

Review: Michael Segets

Knapp drei Jahre nach seinem Album-Debüt „Black Powder Soul” legt Taylor McCall nun „Mellow War“ nach. Auf dem neuen Werk verschreibt sich McCall konsequent dem Americana. Man mag bedauern, dass er die rockigen Töne, die auf seinem ersten Longplayer zu hören waren, aktuell nicht weiter verfolgt. Allerdings gewinnt „Mellow War“ demgegenüber an Homogenität. Das Konzeptalbum wird Kritiker begeistern.

Eine prägende Rolle in McCalls Biographie spielte sein Großvater, der ihn letztlich auch zur Musik brachte. Bereits auf „Black Powder Soul“ verewigte McCall seinen Vorfahren und dessen Stimme bei „Old Ship Of Zion“. Ein Foto seines Großvaters als jungen G. I. in Vietnam ziert das Cover der neuen Scheibe. Der Titelsong, der nach dem kurzen Intro „Sinking Sand“, den Longplayer eröffnet, ist ihm gewidmet. Das Video zeigt historisches Filmmaterial aus dem Krieg. Nach Aussage McCalls hätten die einzelnen Beiträge des Albums aus der Feldpost stammen können. So gedenkt McCall mit „Rest On Easy“ einem verstorbenen Freund. Die zwei Stücke sind würdige Reminiszenzen, die neben der ruhigen, dezent instrumentalisierten Ballade „Rolling Stoned Again“ zu den herausragenden Tracks gehören.

Die angeraute und leicht kratzige Stimme von McCall kommt bei „Tide Of Love“ besonders zur Geltung. Der Backgroundgesang gibt dem Track eine gosplige Note. Diese schwang bereits gelegentlich auf seinem Erstling mit und bei „Star Of The Morning“ sowie „Angel Falling Down“ greift er sie erneut auf. Wie bei mehreren Stücken liegt der Schwerpunkt der Begleitung auch beim letztgenannten Beitrag auf der akustischen Gitarre. Hier mischt sich zudem ein wimmender Slide mit hinein.

Opulenter und mit synthetischen Effekten angereichert ist „Hard To Love You“. Der Sound erinnert stellenweise an das letzte Werk von Justin Townes Earle „The Saint Of Lost Causes“. Ähnliche, am Blues orientierte Elemente finden sich auch auf „Wiskey Costs Less“, bei dem Keys eine tragende Rolle spielen. Reduzierter geht es das folkige „I Want You Still“ an, bei dem McCall ebenso wir bei dem lockereren, die sechs Minuten-Marke knackenden „Born Again“ auf mehrstimmigen Gesang setzt. Eine Kombination von sanften Streichern und akustischer Gitarre bietet „You To Blame“ schließlich als Abgesang des Albums.

Auch wenn die erste Hälfte des Longplayers die stärksten Stücke verzeichnet, bleibt die Qualität des Songwritings durchgängig hoch. Die Variationen im Sound führen nicht zu einem Bruch, sodass von einem konzeptionell geschlossenen und stimmigen Werk gesprochen werden kann. Vor allem im hinteren Teil finden sich zwar kaum Tracks, bei denen der Griff zur Repeat-Taste spontan erfolgt, die Songs wachsen jedoch mit der Anzahl der Durchläufe. McCall setzt auf Tiefe, die zu erforschen ihre Zeit braucht.

Am zweiten Album beweist sich ein Musiker – so sagt man. Taylor McCall meistert die Herausforderung. „Mellow War“ zeigt ihn als ernstzunehmenden Songwriter, der das Potential hat, einer der ganz Großen am Firmament zu werden.

Black Powder Soul Music – Thirty Tigers/Membran (2024)
Stil: Americana

Tracks:
01. Sinking Sand
02. Mellow War
03. Rest On Easy
04. Tide Of Love
05. Rolling Stoned Again
06. Whiskey Costs Less
07. Star Of The Morning
08. Angel Falling Down
09. Hard To Love You
10. I Want You Still
11. Born Again
12. You To Blame

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Thirty Tigers
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Jennifer Porter – Yes, I Do! – CD-Review

Review: Michael Segets

Nach ihrem Debüt im Jahr 1998 wurde es erst einmal still um Jennifer Porter. Mit dem Soundtrack zu dem preisgekrönten Film „40 West“, bei dem sie mitspielte und zudem das Drehbuch verfasste, meldete sie sich 2012 zurück. Danach veröffentlichte das Multitalent aus Massachusetts zunächst Jazz-Alben und einen weiteren Soundtrack („Mr. Barrington“). Für SoS-Leser dürften vor allem ihre beiden letzten Longplayer „These Years“ (2018) sowie „Sun Come And Shine“ (2022) interessant sein, auf denen sie sich dem Americana und Blues zuwendet. „Yes, I Do!“ stellt nun den neunten musikalischen Output von Jennifer Porter dar.

Mit „Don’t Worry No More“ sowie den beiden Covern „How Long“ und „Good Ol‘ Wagon“ widmet sich Porter auf ihrem aktuellen Werk erneut dem Blues. Das von ihr geschriebene Stück steht den beiden Klassikern aus den 1920er Jahren – von Stuart Balcom und Bessie Smith beziehungsweise von Leroy Carr stammend – in nichts nach. Besonders die Gitarre von George Naha (Wilson Pickett, Aretha Franklin) kommt hier zur Geltung. Fast alle Songs haben einen Retro-Flair. Dieser scheint bei dem traditionell gehaltenen Swing „Lucky Dust (Shining Through)” oder dem an die Frühzeit des Rock ’n Roll erinnernden „All I Needed Was You“ besonders deutlich durch.

Porter kann ihrer Stimme einen warmen Klang mitgeben. Ihr Sopran trägt aber auch in den höheren Passagen. Die von ihr gespielten Tasteninstrumente Piano, Wurlitzer und Hammond B3 sind auf den Stücken stets präsent. Die heimlichen Stars sind aber häufig die Horns. Für die Bläsersektion konnte sie Steve Jankowski (Chicago), Doug DeHays (Southside Johnny) sowie Randy Andros (The O’Jays) gewinnen. Sie geben beispielsweise dem Opener „Before We Call It A Day“ zusätzlich Drive. Außerdem sind sie für den souligen Einschlag des Titeltracks mitverantwortlich. Das entspannte „Yes, I Do“ besticht ebenso wie das sehr ruhige „Over You“ durch seinen eingängigen Refrain. Die beiden Songs stellen für mich die besten Beiträge des Longplayers dar, was sicherlich daran liegt, dass sie in Richtung Americana gehen.

Das Album wurde von Porters Ehemann Dana Packard produziert, der auch am Schlagzeug sitzt. Die Gäste Cindy Cashdollar (Pedal Steel) und C. J. Chenier (Akkordeon), die bereits auf der vorangegangenen Veröffentlichung mit von der Partie waren, integrieren sich in den Sound der ohnehin relativ großen Band ohne Probleme. Die einzelnen Musiker bekommen ihre Parts auch mal mit kurzen Soli, insgesamt bieten die Songs aber wenig überraschende Momente. Entsprechend dem Konzept des Albums wird die konventionell gehaltene Linie durchgehalten. Obwohl Jennifer Porter einige Musikstile aufgreift, gibt es keinen Bruch auf „Yes, I Do!“. Die Verbindung schafft Porter einerseits durch ihre Präsenz am Mikro, andererseits erscheinen die Songs zeitlich entrückt oder – wenn man so will – zeitlos.

Cougar Moon Music (2023/2024)
Stil: Blues and more

Tracks:
01. Before We Call It A Day
02. Yes, I Do
03. Over You
04. All I Needed Was You
05. Don’t Worry No More
06. How Long
07. Lucky Dust (Shining Through)
08. Good Ol’ Wagon

Jennifer Porter
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JohThema Promotions