Luke Winslow-King – 03.09.2018, Krefeld, Kulturrampe – Konzertbericht

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Der mir lange Zeit unbekannte, aber von allen Seiten mit viel Vorschuss-Lorbeeren bedachte Luke Winslow-King, wurde durch den werten Kollegen Michael Segets mit dem Magazin in Berührung gebracht, als er mich bat, doch seine neue CD „Blue Mesa“ mal zum Besprechen anzufordern. Gesagt, getan und schon hatte ich mit dem Verantwortlichen des Labels eine Riesendiskussion bezüglich der Südstaaten-Flagge in unserem Logo, an der Backe.

Reaktionär, Imageschaden für den Künstler, etc., was ich da alles an Befürchtungen zur Kenntnis nehmen durfte. Nachdem ich ihn bat, mir auch nur irgendeine einzige Stelle in diesem Magazin zu benennen, die diese Thesen belegen würde und ihm (und allen etwaigen Zweiflern – hier auch nochmals zum Mitschreiben…), versicherte, dass dieses Symbol, rein für die Musik steht, die wir lieben (und sonst nichts) und der Kollege noch ein klasse Review abgeliefert hatte, wurde er aber ganz handzahm und bedankte sich nachher nochmals herzlich. Die Plattenfirma heißt übrigens Bloodshot Records…

Aber gut, Exkurs beendet. Am Ende war ja alles ok. Beim Gig an gleicher Stelle von The Broadcast verabredeten wir uns schließlich für das, am arbeitnehmer-unfreundlichen Montag (vor allem das gefürchtete frühe Aufstehen am nächsten wieder anstehenden Werktag nicht zu vergessen), um Luke mit seiner Band auch mal live unter die Lupe zu nehmen.

Und keine Frage, der Besuch hat sich gelohnt. Nach der Ansage von Rampenchef ‚Pille‘ Peerlings entpuppte sich der Protagonist vom eingängigen Opener „Chicken Dinner“ an, als angenehmer, souveräner und auch durchaus mitreißender Performer.

Verlassen konnte er sich dabei auf eine tolle Begleittruppe, mit der Rhythmusfraktion Chris Davis und Christian Carpenter, sowie seinem kongenialen Mit- und Zuspieler Benneto Luti, die seine melodischen, dank viel Slidespiel, immer mit einem Hauch von Louisiana umwehten Rocksongs, bestens in Szene setzten.

Dabei wurde stets eine schöne Balance zwischen Schwofern („Blue Mesa“), Midtempo-Schunklern („On My Way“, „You’ve Got Mine“) und rockigen Sachen („Born To Roam“, „The Leaves Turn Browne“) gewahrt. Überragend für mich im überaus langen ersten Set (90 Minuten!), das fantastische „Leghorn Women“ mit famosen Soli besonders von Luti.

Im Prinzip, hätte es die zwei furiosen Zugaben vom (wirklichen) Ende da noch on top drauf gegeben, wäre ich glücklich und total geflescht nach Hause gefahren. Für jemanden, der aber seit 4:15 Uhr auf den Beinen war und am nächsten Morgen zur gleichen Zeit wieder raus musste, zog sich der wahrlich auch gute zweite und deutlich lebhaftere Set, dann aber doch in die Länge, zumal sich angesichts der Bandkonstellation kaum spürbare Variationen ergaben.

Wie dem auch sei – die ca. 50 Besucher hatten einen Megaspaß und gingen bei den Interaktionen mit Klatschen und Gesang mit vollem Herzen mit. Eine der tanzfreudigen Stammbesucherinnen der Rampe bewies einmal mehr, zu welchen Energieleistungen Pädagogen (abseits des schulischen Alltags) im Stande sind…

Luke und seine Mitstreiter wurden natürlich am Ende des Hauptteils längst nicht von der Bühne gelassen und gaben mit “Domino Sugar“ und „Thought I Heard You“ (er und Roberto Rücken an Rücken bei ihren fulminanten Wechsel-Soli) nochmals Gas bis zum Anschlag. Am Ende ging es auch dank des heftig pumpenden Bass-Spielers Christian Carpenter  und des agil trommelnden Chris Davis, fast schon brachial zur Sache.

Man braucht kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, dass der charismatische Luke Winslow-King bei seinem nächsten Termin in Krefeld (hoffentlich dann an einem Wochenende) eine rappelvolle Rampe vorfinden wird. Kurzfazit: Klasse Songs, starker Typ mit tollen Musikern an seiner Seite!

Line-up:
Luke Winslow-King – (lead vocals, electric & slide guitar)
Roberto Luti – (electric & slide guitar)
Christian Carpenter – (bass, vocals)
Chris Davis – (drums)

Bilder: Michael Segets
Text: Daniel Daus

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Kulturrampe Krefeld

Luke Winslow-King – Blue Mesa – CD-Review

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Review: Michael Segets

Luke Winslow-King hat sich schon in früher Kindheit mit Musik beschäftigt und ist dieser auch in seinem schulischen und universitären Werdegang treu geblieben. Er genoss eine Ausbildung an der Jazz-Gitarre und besuchte ein Konservatorium für klassische Musik. Zwischenzeitlich arbeitete er als Musiktherapeut und als Musiklehrer an einer Schule für Blinde. Der stilistische Grenzgänger bewegt sich auf seinen Alben vor allem zwischen Blues, Folk, Country und Rock ’n‘ Roll – so auch auf seiner sechsten Veröffentlichung „Blue Mesa“.

Herzstück des Longplayers sind die langsamen Songs. Mit warmer, leicht angekratzter Stimme eröffnet Winslow-King auf „You Got Mine“ seine CD. Dezente Harmonien ergänzen seinen Gesang sehr stimmungsvoll, während die Bluesgitarre für die nötigen Akzente sorgt. Winslow-King hat den Titel zusammen mit der kürzlich verstorbenen „Washboard“ Lissa Driscoll geschrieben. Driscoll war eine lokale Blues-Größe in New Orleans, der Wahlheimat von Winslow-King.

Neben dem starken Einstieg zieht auch das zunächst einfach wirkende „Break Down The Walls“ direkt in den Bann. Gleiches gilt für „After The Rain“, das mit Slide und sanften Harmonien einen leichten Country-Touch bekommt. Hervorragend ist zudem der Abschlusstrack „Farewell Blues“, den Winslow-King für seinen an Krebs erkrankten Vater geschrieben hat. Sehr gefühlvoll sind hier Geige und klagende Gitarre. Zum Träumen laden „Blue Mesa“ und „Better For Knowing You“ ein. Ebenfalls zwei schöne Balladen mit ausgearbeiteter Gitarrenbegleitung, die mich aber nicht so packen wie die vorher genannten.

Zwischen die langsameren Stücke streut Winslow-King auch ein paar Nummern ein, die einen Zahn zulegen. Die erste Auskopplung „Leghorn Women“ ist eine davon. Der Swamp-Boogie kommt mit treibendem Schlagzeug und vollem Klangteppich daher, für den auch Mike Lynch (Bob Seger) an der Orgel sorgt. Im Gegensatz zu dem leidenschaftlichen und dynamischen Gitarrenspiel wirkt der Gesang von Winslow-King stellenweise vielleicht etwas distanziert oder unterkühlt. Bei dem lockeren Rock ’n‘ Roll von „Born To Roam“ passt hingegen schon beim ersten Hören alles perfekt zusammen.

Mit „Thought I Heard You“ liefert Luke Winslow-King eine solide Blues-Rock-Nummer ab. Soul versprüht „Chicken Dinner”, bei dem eine Abteilung Bläser für einen neuen Sound auf der CD sorgt.

Insgesamt legt Winslow-King ein abwechslungsreiches Album vor. Er greift Einflüsse unterschiedlicher Musikrichtungen auf, wobei es ihm gelingt, diese so zu verschmelzen, dass sein Album dennoch ausgewogen und homogen wirkt. Auflegen werde ich die Scheibe vor allem wegen der berührenden Balladen. Eine breite musikalische Ausbildung und umfangreiche kompositorische Kenntnisse können auch hinderlich sein, wenn es darum geht, Atmosphäre zu zaubern. Winslow-King schafft jedoch die Konzentration auf das Wesentliche und bringt seine Songs auf den Punkt, ohne sich in experimentellen Spielereien zu verlieren.

Bloodshot Records (2018)
Stil: Blues, Folk and more

01. You Got Mine
02. Leghorn Women
03. Blue Mesa
04. Born To Roam
05. Better For Knowing You
06. Thought I Heard You
07. Break Down The Walls
08. Chicken Dinner
09. After The Rain
10. Farewell Blues

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