Sister Hazel – Lighter In The Dark – CD-Review

Hazel_300

Absolut stark – Sister Hazel auf Nashville-Pfaden! Aber nicht auf den ‚üblichen‘, oft so überproduzierten Mainstream Country-Pfaden, sondern vielmehr mit einer hinreißenden, klassischen Countryrock-Vorstellung, bei einigen Stücken frappierend an die Großtaten der Eagles erinnernd. Nach einer für Sister Hazel-Verhältnisse ungewöhnlich langen Kreativpause ist das Quintett aus Florida jetzt mit „Lighter In The Dark“ nach knapp fünf Jahren endlich wieder mit einer brandneuen CD am Start. Und nach den beiden eher unspektakuläreren Vorgängern „Release“ und „Heartland Highway“ (obwohl auch die immer noch sehr gut gelungen waren), kehren sie jetzt stärker denn je zurück.

„Lighter In The Dark“ ist ein absolutes Klasse-Album geworden. Die tollen Melodien, samt der starken Gesangsleistungen und flockigen Gitarrenläufe sprudeln wieder nur so aus ihnen heraus. Im Hinblick, dass der Begriff ‚Konstanz‘ das wohl am besten passende Attribut zur Umschreibung des Bandfünfers, der jetzt mittlerweile seit 1993 mit Ken Block, Drew Copeland, Ryan Newell, Jett Beres und Mark Trojanowski in unveränderter Formation besteht, ist, erscheint der bewusste Schwenk zum Countryrock zunächst doch ein wenig überraschend. Auffällig dabei die gute Planung: Es wurden einige der erfahrenen und erfolgreichen Songwriter aus Nashville, wie u.a. Ashley Gorley, Chris de Stefano, Tom Douglas, Hillary Lindsay, Gordie Sampson angeheuert und mit dem Steel-Virtuosen Steve Hinson, Barry Dean, Darius Rucker, Jillian Jaqueline Nashville-erprobte Musikerkollegen mit eingebunden.

Bandmitglied und Multiinstrumentalist Ryan Newell (Lead guitar, acoustic guitar, banjo, mandolin, dobro) hat eh alle spielerischen Voraussetzungen und die Stimmen von Ken Block und Drew Copeland (auffällig: mittlerweile sind sie fast gleichberechtigt singend) sind als Allrounder in nahezu allen Genres höchst ansprechend einsetzbar. Somit konnte eigentlich kaum etwas schief gehen. Selbstredend, dass sich natürlich auch die gewohnten Westcoast-, Southern Rock-, Pop-, Folk- und Rootsrock-Elemente in den Songs partiell immer wieder finden. Die Gesamtmischung passt einfach ideal. Produzent Chip Matthews hat darüber hinaus mit den Musikern ein äußerst angenehmes, warmes Soundambiente geschaffen. Mit 14 neuen Liedern wurde zudem auch nicht auf Sparflamme gefahren. Schon der herrlich, mit wundervoller, surrender Slide durchzogene Opener „Fall Off The Map“ lässt es dem etatmäßigen Sister Hazel-Fan richtig warm ums Herz werden. Was für eine knackige, traumhaft melodische Hammer Countryrock-Nummer. Da sind wieder Blocks markante Stimme, die tollen Harmoniegesänge im Zusammenschluss mit einer herrlich flockigen Instrumentierung und diesem unwiderstehlichen Ohrwurm-Charakter.

Auch das folgende, von Drew Copeland und Ken zusammen vorgetragene „That Kind Of Beautiful“ (mit zwei starken E-Gitarren-Soli) steht dem Vorgänger in nichts nach. Richtig hitverdächtig ist der „Karaoke Song“, bei dem Darius Rucker (einstiger Frontmann der Sister Hazel durchaus verwandten Band Hootie & The Blowfish, mittlerweile solo selbst ein Star der Szene) und Ken Block ein Duett der Extra-Klasse abliefern. Ein eingängiger, fröhlicher „Sing-A-Long“-Track, der gerade im Sommer auf keiner Party (ob mit oder ohne Karaoke-Darbietungen) fehlen sollte. So richtig countrylastig wird es bei „Kiss Me Without Whikey“. Block kannf sich mit launigem Sprechgesang zu flotten, Retro-beschwingten E-Gitarren und klimperndem Piano so ein wenig in Bakersfield-Sphären beweisen. Drew Copeland darf sein Faible für Piano-Herz/Schmerz- Balladen auf „Almost Broken“ ausleben. Unterstützung erhält er dabei von der bezaubernd singenden Jillian Jaqueline. Das waltzartige „Take It With Me“ hat ein wenig Ähnlichkeit mit Blackberry Smokes schönem Countryschwofer „One Horse Town“.

Die erste Single „We Got It All Tonight“ (komponiert vom Nashville-Erfolgsautorentrio Chris DeStefano, Ashley Gorley und Rodney Clawson) ist dagegen ein wenig auf die Bedürfnisse der Charts zugeschnitten, aber richtig klasse. Vermutlich ein erster Test, wie Sister Hazel vom Nashville-Markt angenommen werden. „Danger Is Real“ wird von einer großartigen Mandoline untermalt, mit „Prettiest Girl At The Dance“ folgt ein grandioser Ohrwurm in allerbester Eagles-Manier, und zwar zu deren besten Zeiten, zudem auch an der Schnittstelle zur Marshall Tucker Band und den Outlaws zu „Hurry Sundown„-Zeiten gelegen. Toll!! Ein wenig früheres Poco-Flair verbreitet das mit Mandoline und Dobro versehene „Thoroughbread Heart“, das wieder ganz in Zeichen Newells instrumentellen Könnens steht, während das mit großartigem Banjo unterlegte „Run Highway Run“ als so etwas wie der legitime Nachfolger des einstigen Eagles-Klassikers „Already Gone“ durchgeht. Herrlich!

„Back To Me“, von einer markanten E-Gitarren-Hook sowie Hinsons weinender Steel umgarnt, bietet dann zu Blocks einzigartiger Stimme typisches Sister Hazel-„Wellness-Programm“. Am Ende überzeugt das dezent keltisch gewürzte, von einer sirenenartigen Fiddle angeführte „Ten Candle Days“ aus der Feder von Jett Beres schließlich in Sachen „Team-Spirit“. Die Country-typischen Saiteninstrumenten musizieren und es hört sich so an, als wenn hier auch Newell und Beres gesangstechnisch mit eingebunden wären. Typischer Front Porch- oder lagerfeuertauglicher, schön traditionell gehaltener Country.

Insgesamt ein ganz exzellentes Album von Sister Hazel. Man wünscht dem Quintett von ganzem Herzen, dass „Lighter In The Dark“ auch von entsprechendem kommerziellen Erfolg gekrönt sein wird. Das hätten sie wirklich verdient. Ein äußerst geschmackvolles Cover-Artwork mit allen Texten rundet dieses einfach wunderschöne Werk in passendem Rahmen ab. Gratulation Sister Hazel! Ein echter Lichtstreifen an Nashvilles Counttryrock-Horizont!

Rock Ridge Music/Croakin‘ Poet Records (2016)
Stil: New Country

01. Fall Off The Map
02. That Kind Of Beautiful
03. Karaoke Song (feat. Darius Rucker)
04. Something To Believe In
05. Kiss Me Without Whiskey
06. Almost Broken (feat. Jillian Jacqueline)
07. Take It With Me
08. We Got It All Tonight
09. Danger Is Real
10. Prettiest Girl At The Dance
11. Thoroughbred Heart
12. Run Highway Run
13. Back To Me
14. Ten Candle Days

Sister Hazel
Sister Hazel bei Facebook
Bärchen Records

Sister Hazel – Release – CD-Review

Es ist immerhin knappe drei Jahre her, seit Sister Hazel ihr letztes Studio-Werk mitt neuem Material, „Absolutely“ veröffentlichten. Trotzdem wurde alles andere getan, als die Hände in den Schoß zu legen. Die sympathischen Musiker um Bandleader Ken Block gönnten sich den Luxus, eine großartige Scheibe mit B-Seiten und Outtakes früherer Alben herauszubringen, deren Qualität nur erahnen lässt, was sich noch so alles in den Archiven der Truppe tummelt. Dann schoben sie mal eben eine Weihnachts-CD hinterher und bewiesen danach auf dem Unplugged-Sektor ihr großes Können mit ihrer unwiderstehlichen Live-Scheibe „Before The Amplifiers…“, bei der sie handwerklich perfekt ihre größten Hits in akustischem Gewand präsentierten.

Als wenn das nicht genug wäre, brachte Frontmann Ken Block auch noch ein hervorragendes Solo-Werk, „Drift“ heraus, das den bisherigen Veröffentlichungen der Band in nichts nachstand. Und da Stillstand eben ein Fremdwort im musikalischen Treiben des aus Gainesville/Florida stammenden Quintetts zu sein scheint, folgt jetzt ihr neues Werk „Release“, das sich, wie nicht anders zu erwarten, qualitativ am oberen Limit ihres bisherigen Outputs einsortiert. Auffällig ist, dass mittlerweile nicht mehr nur Ken Block allein so dominant an allen Ecken präsent ist, wie zuvor, diesmal ist das komplette Team der Star.

So wurde das Songwriting wie auch die Produktion der Stücke relativ gleichmäßig auf alle fünf Köpfe der Band verteilt (jeder einzelne Musiker hatte dabei sein Team mit festen Co-Autoren), selbst die beiden bisher eher im Hintergrund agierenden Jett Beres (Bass) und Mark Trojanowski (Drums) beweisen mit erstaunlich guten Kompositionen, dass dem Kreativpotential der Band offenbar keine Grenzen gesetzt ist..Grandios hier vor allem das von Beret zum Abschluss des Silberlings geschriebene, von einem klasse Reggae-Rhythmus geprägte „Ghost In The Crowd“, das zunächst von einem kristallklaren Piano, gewohnt melodisch geführt wird, aber im Mittelteil durch eine für Sister Hazel-Verhältnisse ungemein rockig stampfende und relativ ausgedehnte, fast schon aggressiv anmutende E-Gitarrenpassage jäh unterbrochen wird. Ein starker Song!

Drew Copeland durfte (entgegen seinen bisherigen eher sporadischen Einsätzen) gleich zweimal ans Mikro. „Run For These Hills“ (mit ein wenig Flower-Power Retro-Touch) und „One Life“ (tolles Westcoast-Flair mit klasse Harmoniegesängen, Drew singt hier fast wie Don Henley) fügen sich nahtlos in die ansonsten von Block besungene Setlist ein (dass Copeland ein guter Frontmann ist, hat er ja auch bereits mit seinem Solo-Album gezeigt). Die Stücke mit dem größten „Hitpotential“ sind vermutlich der aus Ryan Newells Feder stammende, wunderbar flockig ins Ohr gehende Titelsong „Release“ (schöne Banjo-Untermalung, atmosphärische Note durch einen dezenten Countryrock-Touch) und das von Block kreierte „See Me Beautiful“ (hoher Widererkennungswert durch eine sehr markante Titelzeile, leichtes U2-Flair, schönes E-Gitarren-Solo), die natürlich vor allem von diesem warmen, hingebungsvollen, unwiderstehlichen Gesangsstil von Ken leben.

Ganz stark auch das richtig satt groovende „Vacation Rain“ (mit toller Percussionarbeit), das einfach den Körper zum automatischen Mitwippen animiert. Klasse! Man spürt einfach, dass die Chemie, musikalisch wie auch menschlich, bei diesem Quintett immer noch bestens zu funktioniert, was nicht nur durch die herzhaft lachenden Musiker auf dem Foto des Backcovers (die komplette Optik wurde diesmal in schwarz/weiß gehalten, alle Texte sind im Klappbooklet beigefügt) dokumentiert wird.

Fazit: 12 wunderbare, neue Stücke in bewährter, qualitätiv hochwertiger Sister Hazel-Tradition – locker, flockig und mit herrlichen Melodien. Die Band präsentiert sich abermals in prächtiger Verfassung – allen voran Sänger Ken Block mit seiner zu jeder Minute faszinierenden Stimme. Die Burschen sind und bleiben eine Bank.

Rock Ridge Music (2009)
Stil: Rock

01. Release
02. Take A Bow
03. I Believe In You
04. Run For The Hills
05. Better Way
06. Walls And Cannonballs
07. Vacation Rain
08. See Me Beautiful
09. One Life
10. Take It Back
11. Fade
12. Ghost In The Crowd

Sister Hazel
Sister Hazel bei Facebook
Bärchen Records

JJ Grey & Mofro – Ol‘ Glory – CD-Review

Wenn ich JJ Grey ein Attribut zuschreiben müsste, das ihm wohl am nächsten käme, würde ich spontan vermutlich das Wort ‚Verlässlichkeit‘ ausloben. Menschen, auf die man sich verlassen kann, hatten bei mir immer schon einen hohen Stellenwert, eine Charaktereigenschaft, die ich mir selbst, ohne in ein gewisses Eigenlob zu verfallen, ebenfalls attestieren würde.

Wenn man dann JJ Grey auch mal leibhaftig auf der Bühne zu sehen bekommen hat, kommen noch weitere positive Eigenschaften wie sympathisch, bodenständig aber auch temperamentvoll hinzu. Ein Typ, mit dem man, ohne ihn wirklich zu kennen, sofort ‚warm‘ wird. Übrigens, das Konzert, was ich vor einigen Monaten im Dortmunder Piano zu sehen bekam, war eines der mitreißendsten, die ich im Laufe der letzten Jahre erlebt habe.

Was seine Studio-Alben betrifft, knüpft er samt seiner Mofro-Leute im Prinzip mit „Ol‘ Glory“ nahtlos an seine Vorgänger Georgia Warhorse und The River an. Es gibt wieder ein buntes Potpourri aus soulig (dezent südstaatlich) angehauchtem Rock, kombiniert mit Blues-, Pop-, Country- und Gospel-Zutaten, bei dem ein gewisser Retro-Faktor immer mitschwenkt.

Im Mittelpunkt stehen JJs , für sein schmächtiges Erscheinungsbild, doch beträchtliches Stimmorgan, das sich gegen ein kräftiges Rhythmus-Fundament, Gitarren, variable Keyboards und vor allem eine stark eingebundene und pulsierende Horn Section behaupten muss. Markante Gastauftritte gibt es von Derek Trucks mit schöner Slide auf „Every Minute“ und Luther Dickinson mit starker Dobro-Performance auf dem, passend zum Titel, relaxt zelebrierten „The Island“. Recht ähnlich ist auch das abschließende ruhige „The Hurricane“, wo man vielleicht noch mal ein heftiges Stück erwartet hätte.

Mit „Light A Candle“ (dezentes Van Morrison-Flair) und „Home In The Sky“ serviert die Truppe zwei völlig schmalzfreie, sehr abwechslungsreich konstruierte Balladen, Sachen, wie der tolle Opener „Everything Is A Song“, „Turn Loose“ (ungemein funky), „Brave Lil‘ Fighter“ (psychedelische 70ies-Note) und „Hold On Tight“ sind mit ihrem rhythmischen Drive und den fulminanten Bläsereinlagen fürs kommende Live-Programm nahezu prädestiniert. „Tic Tac Toe“ (fängt ruhig an, steigert sich allmählich und mündet in ein ungemein kraftvolles Ende) hatte die Band bereits im Piano, da noch gerade frisch komponiert, vorgestellt.

Wenn es mal eine Fortsetzung des berühmten Blues Brothers-Films geben sollte, wären „A Night To Remember“ und der sich furios entwickelnde Titelsong „Ol‘ Glory“ sicherlich heiße Kandidaten für den Soundtrack. Mit der Musik im Hintergrund könnte man sicherlich spielend wieder eine heiße Autoverfolgungsjagd mit dem obligatorisch hohen Sachschaden kreieren. Mitproduziert hat, wie gewohnt, Dan Prothero und auch das Cover-Artwork (denke ich) hat der Meister selbst gestaltet.

Fazit:  Auf JJ Grey und seine Mofro-Kumpanen ist, wie nicht anders zu erwarten, absoluter Verlass! Mit „Ol‘ Glory“ setzten die Musiker aus dem Sunshine State, fernab aller modischen Trends, ihren Weg unbeirrt fort. Übrigens ist das Ensemble vom 21. – 26. März wieder bei uns live zu sehen (mit Marc Broussard als Support – auch ein toller Musiker), da kommt diese Musik noch mal einen gewaltigen Tacken besser zur Geltung (siehe dazu auch unsere Tourtermine). Wer die Gelegenheit hat, sollte diese unbedingt wahrnehmen!

Mascot Music (2015)
Stil:  Southern Soul

01. Everything Is A Song
02. The Island
03. Every Minute
04. A Night To Remember
05. Light A Candle
06. Turn Loose
07. Brave Lil‘ Fighter
08. Home Is The Sky
09. Hold On Tight
10. Tic Tac Toe
11. Ol‘ Glory
12. The Hurricane

JJ Grey & Mofro
JJ Grey & Mofro bei Facebook
Mascot Label Group

Outlaws – Hurry Sundown – CD-Review

OutHurr_300

Wir schreiben das Jahr 1977. Ein Jahr, das jeden Southern Rock-Liebhaber bis zum heutigen Tage erschaudern lässt. Ich erinnere mich noch genau, wie ich als 14-jähriger Bursche gerade das „Street Survivors“-Album in einer Nachbarstadt (Rheinberg hatte keinen Plattenladen) käuflich erworben hatte und auf der Rückfahrt auf dem Beifahrersitz des DS-Citröens meines Vaters (die Platte auf den Oberschenkeln liegend neugierig studierend) im Radio die Hiobsbotschaft von Skynyrds Flugzeugabsturz auf dem momentanen Zenit ihrer Karriere zur Kenntnis nehmen musste. Es war wie ein Schock.

Noch heute stellt sich mir, wie vielen anderen Southern Rock-Fans vermutlich auch, die hypothetische Frage, wie sich das Genre weiterentwickelt hätte, wäre ein Ronnie Van Zant am Leben geblieben. Wir werden es leider nie erfahren. Kommen wir aber zu einem erfreulichen Ereignis dieses Jahres 1977. Die Outlaws, die durch besagten Ronnie Van Zant einen Plattenvertrag bei Arista Records vermittelt bekommen hatten, befanden sich nach zwei starken Alben in ihrer wohl besten Besetzung aller Zeiten (Hughie Thomasson, Henry Paul, Billy Jones, Harvey Dalton Arnold, Monte Yoho) ebenfalls im Höhenflug und sollten mit „Hurry Sundown“ ihr in Kritikerkreisen meist gelobtes Werk veröffentlichen.

Der zu dieser Zeit schon renommierte Producer Bill Szymczyk (u.a. Eagles, B.B. King, Michael Stanley, J. Geils Band, Elvin Bishop) hatte die von ihm später selbst betitulierte ‚Florida Guitar Army‘ erstmalig unter seine Fittiche genommen. Dank der gesammelten Eagles-Erfahrungen gelang es ihm vor allem in beeindruckender Weise, die vier völlig unterschiedlichen Gesangscharaktere mittels brillant eingestreuter Harmonies zu kollektivieren. Auch das filigrane E-Gitarrenzusammenspiel vom wie aufgedreht wirkenden Stratocaster-Artisten Thomassen in Kombination mit Billy Jones‘ einfühlsamen Les Paul-Künsten, dazu mit Pauls glänzender Akustikklampfenuntermalung, wurde nie wieder besser zur Geltung gebracht. Nicht zu vergessen der knochentrockene Bass von Arnold und Yohos effektives und sehr variables Schlagzeugspiel (herrlich z.B. die tippelnden Becken in der E-Solopassage von „Gunsmoke“).

Das Werk bietet insgesamt eine tolle Mischung aus agilem Southern Rock und gut dazu harmonierenden Country- und Westcoast-Ingredienzen. Höhepunkte. Die gitarrenlastigen „Gunsmoke“ und „Hurry Sundown“, der Countryfeger „So Afraid“ (klasse Banjoarbeit hier von Thomasson), das flotte, treibende „Holiday“ und der schon fast progressiv wirkende Waltz „The Man Of The Hour“ (mit dezenten Steel- und Synthie-Einlagen).

Genau wie Skynyrd sollten danach auch die Outlaws bis zum heutigen Tage nie wieder zur Ruhe kommen. Die fortwährende Hassliebe zwischen Henry Paul und Hughie Thomasson brachte nach „Hurry Sundown“ die erste daraus resultierende, länger währende Trennung (Paul gründete dann die Henry Paul Band). Das folgende Live-Album und das Anfang der achtziger Jahre kommerziell recht erfolgreiche „Ghost Riders In The Sky“ ließen nochmals aufhorchen. Spätestens ab da aber dümpelte die Band in unterschiedlichen Besetzungen vor sich hin. Auf „Soldiers Of Fortune“ taten sich Thomasson und Paul 1986 nochmals zusammen, trennten sich danach aber sofort wieder. Mit dem recht guten „Diablo Canyon“ gab es den letzten kreativen, aber weitestgehend unbeachteten Output dieser Band.

Wie vielen bekannt sein dürfte, nahm sich Billy Jones 1995, von Depressionen und Alkoholsucht gezeichnet, im Alter von 44 Jahren das Leben (das hier auf dem Album befindliche von ihm geschriebene „Night Wines“ wirkt im Nachhinein schon bald wie eine Art Prophezeiung) und auch Bandleader Hughie Thomasson erlag nach vielen Jahren seiner zwischenzeitlichen Skynyrd-Mitgliedschaft überraschend (oder auch weniger) einem Herzinfarkt, als er sich gerade wieder dem Outlaws-Projekt vollständig widmen wollte. Das Erbe der Band wird seitdem wieder von Henry Paul mittels kontinuierlicher Live-Auftritte weitergepflegt (aktuelle Mitglieder. Paul, Chris Anderson, Billy Crain, Jon Coleman, Brett Cartwright und Monte Yoho), ein angekündigtes neues Outlaws-Studioalbum lässt bereits seit längerer Zeit auf sich warten.

Arista Records (1977)
Stil. Southern Rock

01. Gunsmoke
02. Hearin‘ My Heart Talkin‘
03. So Afraid
04. Holiday
05. Hurry Sundown
06. Cold & Lonesome
07. Night Wines
08. Heavenly Blues
09. Man Of The Hour

Outlaws
Outlaws bei Facebook

Outlaws – Demos – CD-Review

demos_300

Mit den einstigen Aushängeschildern der Southern Rock-Szene ist das ja so eine Sache. Viele Bands haben es zwar von den siebziger Jahren bis in die heutige Zeit geschafft durchzuhalten und veröffentlichen dann auch alle Jubeljahre mal eine neue CD (die nach wie vor von der hiesigen Fangemeinde gekauft und anschließend kontrovers diskutiert wird), aber die große Euphorie und das frühere Kribbeln im Bauch ist längst Schnee von gestern. Das liegt natürlich vorwiegend an der überdimensional hohen Sterblichkeitsrate im Genre und dem damit verbundenen Verlust vieler charismatischer Identifikationsfiguren. Und der Zahn der Zeit und der Lebenswandel haben natürlich auch ihre Spuren hinterlassen (aber bei wem eigentlich nicht?).

Viele unserer einstigen Lieblingsgruppen bestehen heute meist noch aus ein bis zwei Personen ihrer Hochphase bzw. Ursprungszeit. So auch die heutigen Outlaws. Die Quote von Zwei aus Fünf in persona von Henry Paul und Monte Yoho liegt da zwar gar nicht mal so schlecht, aber das Problem hier ist, dass man mit dieser Band eigentlich hauptsächlich den Namen Hughie Thomasson verbindet und dieser ist ja leider 2007 verstorben ist (zwei Jahre zuvor die beiden anderen Gründungsmitglieder Frank O’Keefe und Billy Jones).

Kein Geheimnis ist auch die Hassliebe, die Thomasson und Paul über die gesamte gemeinsame musikalische Lebenszeit verband und zu diversen Trennungen und Wiedervereinigungen beitrug. Seit Thomassons Tod hört man von Henry Paul zwar recht reservierte aber doch insgesamt versöhnliche Statements. Letztgenannter hat mittlerweile die absolute Führungsrolle inne und mit Chris Anderson, seinem alten Weggefährten aus der Henry Paul Band-Zeit, Billy Crain, Randy Threet, Monte Yoho und Jon Coleman die neuen Outlaws formiert und gibt mit diesen auch kontinuierlich Konzerte.

Lange stand die Ankündigung einer neuen CD im Raume, aber es verging soviel Zeit, dass man so richtig schon nicht mehr dran glauben mochte (eigentlich guter Stoff für einen unserer berühmten April-Scherze…), zumal Paul ja auch weiter mit dem für ihn sicherlich finanziell interessanteren Blackhawk-Projekt beschäftigt ist. Aber zu meiner eigenen Überraschung haben sie es jetzt geschafft, ein Werk namens „Demos“ herauszubringen, das man über die Outlaws-Homepage für stolze 25 Dollar (+ ca. 10 für den Versand) erwerben kann.

Demos? Aus meiner Sicht ein recht unpassender Titel! Nach Demos klingen die zwölf neuen Tracks nun wirklich nicht, mir ist schleierhaft, was man bei diesen Stücken noch ausfeilen bzw. besser machen könnte. Eine gute Scheibe und auch Produktion insgesamt, die vor allen Dingen deutlich bemüht ist, den Spirit der einstigen Outlaws phasenweise in akzeptabler Form wieder aufleben zu lassen. Zum einen gibt es mit dem Opener „Flame“ (damaliger Spitzname von Hughie Thomasson) eine persönliche Widmung »… the spirit in our songs’s still alive, out of the ashes we ride, a flame never dies…« und beim einen oder anderen Track wurden diverse filigrane Hughie -Gedächtnis-Strat-Soli mit eingeflochten („Nothin‘ Main About Main St.“, „Trouble Rides A Fast Horse“, „Can’t Break Me Up“).

Wie in alten Zeiten bekommt man dazu melodische Lieder zwischen Country- und Southern Rock in Hülle und Fülle, Double Leads-Passagen en masse, tolle E-Soli, Pauls typisch genäselten Gesang (immer noch gut in Form), sein prägnantes Akustikrhythmusgitarrenspiel und jede Menge hochqualitative Harmoniegesänge. Lediglich die Lead vocals von Randy Threet und Chris Anderson auf „Alex’s Song“ bzw. „Train“ wirken im gewohnten Outlaws-Kontext noch etwas befremdlich. Last but not least gelingt mit „It’s About Pride“ eine echte Southern-Hymne mit dem dazugehörigen emotionalen Text und E-Gitarren-Finish. Es gefallen die Pianogeklimper-Reminiszenzen an Billy Powell und, wie bereits erwähnt, eine erneute typische Thomasson-Solo-Passage. Hier wurde aus allen starken Paul-Klassikern wie „Cold Harbour“, „Brothers Of The Southland“, „Grey Ghost“ und „Dixie Highway“ etwas neues zusammenkreiert wurde. Ein grandioser Abschluss.

„Demos“ gehört somit in die Sammlung eines jeden Southern Rock-Fans. Eine durchaus lohnenswerte Anschaffung. Mit die beste Veröffentlichung seit langem im Vergleich mit den alten Urgesteinen der Szene (vielleicht seit „Edge Of Forever“ von Skynyrd). Die Outlaws-Flamme lodert dank Paul & Co. also auch im neuen Jahrtausend weiter!

Eigenproduktion (2010)
Stil: Southern Rock

01. Flame
02. Hidin‘ Out In Tennessee
03. Last Ghost Town
04. Alex’s Song
05. Nothin‘ Main About Main St.
06. Tomorrow’s Another Day
07. Trouble Rides A Fast Horse
08. Never Too Late For Love
09. Train
10. The Good Old Days
11. Can’t Break Me
12. It’s About Pride

Outlaws
Outlaws bei Facebook

Michael Ray – Same – CD-Review

Ray

Neuer, talentierter „Jungspund“ am Major-Countryhimmel! Michael Ray, aus dem kleinen Nest Eustin in Florida stammend, kommt wie es so oft ist, aus einer musikalischen Familie. Ein Garth Brooks-Konzert in Orlando war schließlich der berühmte Auslöser, der Michael zum Start einer Karriere als Countrymusiker bewegte. Nachdem er und seine Band sich zunächst mit unzähligen Konzerten in Florida eine heimatliche Fanbasis erspielt hatten, folgte konsequenterweise der Schritt nach Nashville. Auch hier war der Weg zunächst nicht auf Rosen gebettet. Erst ein von Big & Rich initiierter Kontest, den Michael gewann, brachte schließlich den Durchbruch und letztendlich den Deal mit Warner Bros. Nashville.

Ray wurde von Produzentenikone Scott Hendricks (u. a. Blake Shelton, Brooks & Dunn, Alan Jackson) unter die Fittiche genommen und der ist gleich voll des Lobes: „Michael, he’s got it all. He sings well. He’s a really seasoned entertainer. Girls find him not hard to look at. He’s got the drive, the motivation, the work ethic, the right attitude going into this thing. He’s been great to work with in the studio, just getting better and better every time we’re recording. He takes it seriously, and we do have really high hopes for him.“

Der Bursche mit der Vorliebe für aufwendige Arm-Tattoos (wie man es auf den Bildern der CD gut entnehmen kann), startet sein Debüt mit der ersten Single „Kiss You In The Morning“, ein schmissiges, positive Energie verströmendes Lied, das, nicht nur der Stimmenähnlichkeit wegen, Parallelen zu Blake Shelton aufweist. Ist direkt unter den TOP-10 der Billboard-Country-Single-Charts eingeschlagen.

Weiter geht es in Jason Aldean-Manier mit „Another Girl“, ein Stück mit schön rockig treibendem Southern Groove. Ein Fan-Favorit ist bereits „Real Man Loves Jesus“ – wen wundert’s – aus der Feder der Pastoren-Söhne Brad und Brett Warren. Tollen satten Country Rock bietet „Livin‘ It Up“, Insider kennen das Stück vielleicht noch von Emerson Drives „Believe“.

Der großartige Big & Rich-Track „Run Away With You“ wurde von Michael und John Rich neu aufgemöbelt. ‚Kiss a little more‘ heißt die einfache Botschaft auf dem ruhigen „Think A Little Less“, gefolgt von der Piano-geladenen Ballade „I Wish I Was Here“. Das von einem markanten E-Bariton-Gitarrenriff geführte „This Love“ erweist sich als tanz- und radiotaugliche Nummer.

Auch das melodische „Drivin‘ All Night“ empfiehlt sich nicht nur fürs Nachtradio. Mit „Everything In Between“ folgt eine weitere, tolle, sehr atmosphärische Ballade. Klasse hier die etwas düster anmutenden Steeltupfer von Russ Pahl, die dem Lied eine gewisse Tiefe verleihen. Überhaupt muss man hier wieder die Klassemusiker aus der Eliteliga Nashvilles (u.a. Nir Z, Adam Shoenveld, Troy Lancaster Charlie Judge, Michael Rojas, Perry Coleman) erwähnen, die sich für den Debütanten sichtlich ins Zeug legen.

Besonders Dany Radar mit seinem glasklaren, variablen Akustikgitarrenspiel (allein schon das Banjo-ähnliche Wirken auf „Kiss You In The Morning“ ist bärenstark) und die E-Gitarristen setzten ihr großartiges Können immer wieder in Szene. Am Ende huldigt Michael auf „Somewhere South“ seinen Südstaaten-Wurzeln, dazu gibt’s zum Abschluss passender Weise eine kurze Mini-E-Gitarren Twin-Einlage.

Michael Ray eröffnet sein Nashville-Stell-Dich-Ein mit der frischen Energie eines unverbrauchten Major-Neulings auf Höhe von Kollegen wie dem bereits erwähnten Blake Shelton, Justin Moore, Chris Young, Jake Owen, Dustin Lynch & Co. Das erstaunlich reif wirkende Debüt des typischen Mädchenschwarms wird neben „Kiss You In The Morning“ sicherlich noch jede Menge weiterer Hits abwerfen. Ein wirklich vielversprechender Karrierestart mit einem klasse Album!

Warner Bros. Nashville (2015)
Stil: New Country

01. Kiss You In The Morning
02. Another Girl
03. Look Like This
04. Real Men Love Jesus
05. Livin‘ It Up
06. Run Away With You
07. Think A Little Less
08. Wish I Was Here
09. This Love
10. Drivin‘ All Night
11. Everything In Between
12. Somewhere South

Michael Ray
Michael Ray bei Facebook
Bärchen Records