Mark McGuinn – One Man’s Crazy – CD-Review

Zweiter Streich des Mannes mit dem Country-untypischen Outfit, der statt Stetson eine Vorliebe für Barette und Pepita-Hüte zu besitzen scheint. Sein Debütalbum schlug vor 5 Jahren mit über 135.000 erkauften Einheiten und der Hit-Single „Mrs. Steven Rudy“ ein wie eine Bombe. Zurecht. Denn der einst ambitionierte Soccer-Spieler brachte mit seinen interessant erzählten Stories und der musikalisch recht eigenwilligen Mischung aus kauziger Stimme, modernem Drumsound in Kombination mit Country-tradionalistischen Steel- und Banjotönen, eine recht ungewöhnliche, aber trotzdem äußerst radiofreundliche Mixtur in das Geschehen rund um Music City ein.

Mittlerweile hat McGuinn mit Jim Foster sein eigenes Label „Blue Flamingo Records“ gegründet und legt jetzt mit „One Man’s Crazy“ sein nächstes Studiowerk vor. Als ‚Popkorn mit Sauce Hollandaise’ charakterisiert er seinen Stil und irgendwie behält er damit recht. Auch sein neues Werk kann man nicht so leicht in irgendeine musikalische Schublade packen. Das eröffnende Titelstück „One Man’s Crazy“ knüpft zunächst wieder nahtlos an das Debüt an. Kräftiges Drumming, ein trockene Banjountermalung, nette E-Gitarren-Fills und ein schönes Gitarrensolo – letztlich aber vereint in einer angenehmen, etwas poppig anmutenden Melodie mit einem zur Toleranz appellierenden, guten Text.

„115Lbs“ hat dank einer brillant gespielten E-Piano-Untermalung ein bisher ungewohnt bluesiges Flair. Im weiteren Verlauf dominieren eine ganze Reihe von radiofreundlichen Stücken („Bring ‚Em Back“, „Turtle“, „Trampoline“, „Big Girl“), die manchmal, aufgrund stimmlicher Ähnlichkeiten, im weitesten Sinne einen entfernten Bezug zu den Rascal Flatts aufweisen, aber irgendwie auch etwas von James Taylor zu haben scheinen. Richtig Country-traditionell wird es dann plötzlich im Mittelteil bei „Better A Painful Ending“, wo Mark ein Duett mit der Tammy Wynette/George Jones-Tochter Georgette Jones zum Besten gibt. Völlig „durchgeknallt“, aber sehr stark, geht es dann wieder bei „Y“ zur Sache (enthält ein brillantes, wieselflinkes, ungemein virtuoses Gitarrensolo), wo er sich beim philosophisch anmutenden Sprechgesangs-Text quasi förmlich überschlägt.

Zwischendurch werden dann immer wieder recht entspannte Balladen eingestreut („Everest“, „Wide Open“, „More Beautiful Today“), die sich durch eine recht klare Instrumentierung mittels Akustikgitarre und Piano auszeichnen. Letztgenanntes Lied verarbeitet noch mal die Ereignisse rund um den 11. September! Beim abschließenden „Hidden Track“, einem akustischen, angejazzten Barroom-Blues mit integriertem Trompeten-Solo, tritt dann noch mal Marks jazziger Background in den Vordergrund. Fazit. 15 prima Stücke mit einer Spielzeit von fast einer Stunde im glasklarem Sound produziert, geschrieben wieder ausnahmslos von Mark mit einigen arrivierten Co-Komponisten wie Don Pfrimmer, erneut textlich unterhaltsam erzählt und kauzig besungen, instrumental (auch dank der starken Musiker) noch variabler als der Vorgänger.

Ein künstlerisch Cartoon-mäßiges Titelbild (Mark mit Dobro und Regenschirm in US-Farben auf dem Drahtseil, von dem Musiknoten herabregnen), sowie ein Klappbooklet mit allen Texten und Infos runden ein nicht ganz alltägliches New-Country-Werk ab. Schon wirklich ein bisschen verrückt dieser Mark McGuinn, aber eine echte Bereicherung der Szene in Nashville!

Blue Flamingo (2006)
Stil: New Country

01. One Man’s Crazy
02. 115LBS
03. Deep
04. Bring ‘Em Back
05. Turtle
06. One Man’s Crazy
07. Trampoline
08. Centerville
09. Mona Lisa
10. Everest
11. Y
12. Wide Open
13. Big Girl
14. One Man’s Crazy

Mark McGuinn
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Lori McKenna – Unglamorous – CD-Review

Fünftes Album von Lori McKenna, zum ersten mal unter einer „Major-Flagge“ und produziert von Tim McGraw und Byron Gallimore! Wundervoller, höchst anspruchsvoller, von Loris grandioser Songwriter-Kunst, Melodik und vorzüglicher Stimme getragener, genauso rootsig veranlagter, wie modern und radiotauglicher Americana-/New Country-Rock-Pop, der sie endgültig in der „ersten Liga“ etablieren dürfte. Die sehr gefragte, geschätzte und äußerst beliebte Singer/Songwriterin hatte ja in den letzten Jahren schon des Öfteren mit dem Faith Hill-/Tim McGraw-Clan zusammengearbeitet.

So schrieb sie beispielsweise einige sehr erfolgreiche Songs für deren letzte Alben und partizipierte auch an der diesjährigen U.S.-Tour der beiden. Unter diesen Vorzeichen dürfte eine Polarisierung nicht nur der McGraw-/Hill-Klientel, sondern der gesamten New Country-Szene vorprogrammiert sein. Recht so, denn Lori hat eine Menge zu bieten, auch abseits des Nashville-Mainstreams! Diverse Kritiker werden sicher nun „aufschreien“, dass die 36-jährige fünffache Mutter möglicherweise ihre bisher bewahrte Zwanglosigkeit der „heilen Independent-Welt“ zugunsten eines Nashville Major-Deals aufgeben könnte, doch die Sorgen sind völlig unbegründet. Zudem hat sie es absolut verdient, irgendwann einmal die Früchte einer kontinuierlich guten Arbeit zu ernten.

McGraw und Gallimore halten sich angenehm zurück und lassen der Künstlerin wirklich genug Freiheit und Spielraum , ihre eigenen Ideen und Intensionen umzusetzen. Die Songs klingen vielleicht nicht mehr ganz so „rough“ und unbehandelt wie früher, sind zum Teil etwas moderner und „mainstreamiger“ gehalten, doch das kommt richtig gut, denn Lori bewahrt zu jeder Sekunde des Albums ihre rootsigen Wurzeln und findet somit die nahezu perfekte Synthese zwischen rootsiger Americana-/Alternate Country-Musik und sehr melodischem, Nashville-kompatiblen Top 40 New Country-Rock-/Pop! Als prallten die Philosophien von Lucinda Williams, Linda Ronstadt, Faith Hill und Sheryl Crow aufeinander!

Klasse! Natürlich hilft auch die große Schar erfahrener 1A-Musiker wie Shannon Forrest, Bryan Sutton, Glenn Worf, Dan Dugmore, Tom Bukovac, Tony Harrell, Stuart Duncan etc. in beeindruckender Selbstverständlichkeit diesen Balanceakt zu bewältigen, sich nicht zu sehr von McKennas Ursprünglichkeit wegzubewegen. Dazu kommt noch jede Menge Background-Gesangs-Prominenz wie von Hill, McGraw und Gallimore persönlich, aber auch von Greg Barnhill, Bekka Bramlett, Kelly Willis und Buddy Miller, die alle ebenfalls mit vornehmer Zurückhaltung, jedoch wunderbar harmonisch ihren Beitrag leisten. Loris Stimme klingt frisch und variabel. Es scheint ihr sichtlich Freude zu bereiten ihre bewährten kleinen Alltagsgeschichten zu präsentieren.

Der großartige Eröffnungstrack „I Know You“ beispielsweise, beginnend mit einem schönen kurzen Baritone E-Gitarren-Intro, entwickelt sich mit vielen integrierten Tempowechseln zu einem interessant und peppig gestalteten Roots-Pop-Rock-Song, bei dem eine klasse Akustik-, E-Gitarren- und Mandolinenarbeit hervorstechen. Phantastisch auch das anschließende Titelstück „Unglamorous“, eine flotte, dynamische, von einem tollen Bass-Groove angetriebene, herrlich melodische, Americana-angehauchte New Country-Pop-Nummer! Einige Gänge runtergeschaltet wird dann bei „Your Next Lover“, wobei das melancholische Country-Flair des Songs durch dezente, in keinster Weise störende Streicherpassagen hervorgehoben wird. „I’m Not Crazy“ bewältigt McKenna danach in lockerer Sheryl Crow-Manier. Bei „Falter“ einem wundervollen, introvertiertem Kleinod, ist sie dagegen wieder ganz sie selbst.

Etwas poppiger wird es dann wieder bei dem schönen „Witness For Your Life“, besonders im Refrain. Das Lied erinnert ein wenig an die Sachen von Stevie Nicks. Schön hier die Mandolinen-Fills und das herrliche E-Gitarren-Solo von Tom Bukovac. Eine tolle „Cryin’ In My Beer“-Countryballade der etwas anderen Art gibt’s dann mit dem starken „Drinkin’ Problem“ (klasse Mandolinen-/Gitarren-Begleitung). Hier wird nicht voller Selbstmitleid vor sich hingesäuselt, sondern sich in bester McKenna’scher Art unverblümter den Tatsachen gestellt. Stark die von Tim McGraw auf den Punkt eingestreuten Harmony-Parts. Ebenfalls mit feiner Countrynote (Fiddle, Steel) werden bei „How To Survive“ in humorvoller Weise die Probleme einer Alltags-Beziehung reflektiert.

Das für Loris Verhältnisse recht aggressiv vorgetragene „Written Permission“ überrascht dann mit einem leicht psychedelisch angehauchten, Roots-poppigen Ambiente. Der forsch dahinpreschende Rhythmus hat viel pep! Bei den beiden großartigen Schlussnummern „Confetti“ (in der Art einer Nanci Griffith oder Mindy Smith) und dem autobiographischen „Leaving This Life“ (hier wird der Tod ihrer Mutter behandelt, als Lori gerade mal sechs Jahre alt war) findet McKenna dann wieder zu ihrer ursprünglichen, nachdenkliche Singer-/Songwriter-Mentalität zurück.

Fazit: Trotz der durchaus etwas moderneren musikalischen Gangart hat Lori McKenna mit „Unglamorous“ in keinster Weise „ihre Seele verkauft“. Im Gegenteil, ihre Songs klingen glaubwürdig wie eh und je. Toller, manchmal zurückhaltender, nachdenklicher, dann aber auch wieder sehr peppiger, würziger und flotter Roots-, Country-,-Rock-, Pop-, Singer-/Songwriter-Stoff einer Interpretin, die auch unter der „Major-Regie“ eine Menge zu sagen hat. „Unglamarous“ und überaus beeindruckend! Daumen senkrecht nach oben für Lori McKenna!

Warner Records (2007)
Stil: New Country / Singer/Songwriter

01. I Know You
02. Unglamorous
03. Your Next Lover
04. I’m Not Crazy
05. Falter
06. Witness to Your Life
07. Drinkin’ Problem
08. How To Survive
09. Written Permission
10. Confetti
11. Leaving This Life

Lori McKenna
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Jo Dee Messina – Delicious Surprise – CD-Review

Jod

Curb Records ist in der New Country-Szene eines der Label, die den meisten Aufwand für ihre unter Vertrag stehenden Performer betreibt. Um in den Genuss dieser Vergünstigungen zu kommen, muss in der Regel allerdings seitens des Künstlers im Vorfeld beständige und erfolgreiche Arbeit geleistet worden sein. Diese Attribute kann Jo Dee Messina mit gutem Gewissen für sich beanspruchen. Nach ihrem 2003 erschienen „Greatest-Hits“-Album, das sich monatelang, auch aufgrund vier toller neuer Bonustracks, in den Charts hielt, hat die Wartezeit nun ein Ende. Mit „Delicious Surprise“ präsentiert der 34-jährige Rotschopf sein fünftes Werk. Und das ist wieder mal hervorragend gelungen! Sämtliche Songs sind der temperamentvollen, Energie geladenen Sängerin regelrecht auf den Leib geschrieben, wobei sie zu einem Drittel der Kompositionen selbst beigetragen hat.

Wie anfangs erwähnt hat Curb Records frei nach dem Motto „Hier wird nicht gekleckert, hier wird geklotzt“ ein sicher außergewöhnliches Budget für diese Produktion angesetzt. Die Reglerknöpfe übernahmen neben Jo Dee, wie sich bereits früher andeutete, klingende Namen wie Byron Gallimore, Tim McGraw und Mark Bright. Bei den Songwritern kann man sich an den allseits bekannten Hitgaranten wie u. a. Chris Farren, George Teren, Tom Shapiro, Joe Diffie, Anthony Smith, Mark Selby, Katrina Elam, Hillary Lindsey, Troy Verges oder Brett James erfreuen, in Sachen Musiker ist die lange Liste der erstklassigen Leute noch erheblich länger. Jede Position ist an den genretypischen Instrumenten mindestens zweifach besetzt.

Zudem wurde noch ein aufwendiges, sehr professionelles Fotoshooting integriert, wobei das Faltplan-artige, neunseitige Cover, dass zudem alle wichtigen Infos enthält, auf der Rückseite zu einem Poster (Jo Dee in einer Flicken-Lederhose mit E-Gitarre, ein wirklich tolles Bild) aufgeklappt werden kann. Die männliche Klientel darf sich sogar freuen, Jo Dee auch mal bauchfrei betrachten (Backcover) zu können. Achja, und das wichtigste, die Musik passt natürlich auch. Knackig, satter, moderner New Country-Pop, der voll im Saft steht! Jo Dee, wie man sie kennt und liebt!

Schon der Opener „Not Going Down“, eine äußerst frische, Energie geladene Nummer mit knackigen Drums, schönen Backgrounds und dezenten Orgeltönen, präsentiert die Messina wie eh und je. Man spürt förmlich, wie „heiß“ sie auf dieses Album war – übrigens ihr „Ehrlichstes“ laut eigener Aussage in den Credits. „Delicious Surprise (I Believe It)“ hat, wie auch die erste Single „My Give A Damn’s Busted“ versprüht sogar leichtes Southern-Flair. Beide Nummern rocken richtig klasse, mit kratzigen Fiddels, klasse Dobro-Passagen und dezentem, aber gutem E-Gitarrenspiel. Die genannte erste Single erinnert in Auszügen, bei zum Teil eingefügten Sprechpassagen, etwas an eine Shania Twain. Das Stück hat in den Billboard-Charts bereits Platz 5 erklommen, mit Pfeil nach oben, und das Album wird, da muss man kein Prophet sein, in Kürze nachziehen.

Sehr schön auch die aus Jo Dees alleiniger Feder stammende, kraftvolle Ballade „It Gets Better“, fernab jeden Kitsches, dank toller Instrumentierung mit Mandoline, Dobro und Steel-Gitarre. Überhaupt sind diese ganzen erlesenen Instrumentaldarbietungen der Könner wie Brent Mason, Tom Bukovac, Bryan Sutton, Dan Dugmore, Faul Franklin oder Russ Pahl, u.s.w. neben dem temperamentvollen Gesang der Hauptakteurin das Salz in der Suppe. Die Produktion, sowie der Sound sind als überaus knackig und klar zu bewerten. Jo Dee Messina hat sich mit „Delicious Surprise“ eindrucksvoll in Nashville zurückgemeldet.

Curb Records (2005)
Stil: New Country

01. Not Going Down
02. Someone Else’s Life
03. Delicious Surprise (I Believe It)
04. It Gets Better
05. Who’s Crying Now
06. My Give A Damn’s Busted
07. It’s Too Late To Worry
08. Life Is Good
09. Love Is Not Enough
10. Where Were You
11. I Wear My Life
12. You Were Just Here

Jo Dee Messina
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Dean Miller – Platinum – CD-Review

Dea

Für Nachkömmlinge berühmter Musikerpersönlichkeiten erweist sich der Weg im gleichen Business unterzukommen, trotz zweifellos günstiger Startbedingungen, oftmals steiniger als erwartet. Ein Beispiel für diese These ist Dean Miller, Sohn der Countrylegende Roger Miller („King Of The Road“)! Rein äußerlich eine Mischung aus einem jungen Johnny Cash und Tom Hanks, schien dieser schon relativ frühzeitig dafür prädestiniert zu sein, sowohl im Musikgenre, als auch im Schauspielfach Fuß fassen zu können. Letztendlich überwogen aber die musikalischen Roots. Seine Ursprungs-Band „The Sarcastic Hillbillies“ hatte keine Lust auf vermeintliches „Stardom“, und so versuchte Dean Anfang der Neunziger, mit ein paar Songs im Gepäck sein Glück in Nashville. Schnell war er aufgrund seines Namens, insbesondere aber seines Talentes, ein gern gesehener Gast bei Songwriting-Sessions.

Mehr sollte aber für längere Zeit nicht herausspringen. 1997 schien dann doch der Durchbruch geschafft zu sein. Sein Debütalbum wurde seitens des Labels mit großem Aufwand produziert und auch gepuscht, der Erfolg stellte sich allerdings, trotz hervorragender Kritiken (die New York Times listete die CD unter den zehn besten Alben des Jahres), nicht ein, und zu mehr als einem intensiven Partyleben sollte es für einige Jahre nicht reichen. Miller musste sich irgendwann mit weltlichen Jobs durchschlagen, die aber laut eigener Aussage seinen Blick für die Realität wiederbelebten, und ihn zu einem besseren Mensch werden ließen. Er begann erneut Songs zu schreiben, und es gab mit Stücken u. a. für Terri Clark, Trace Adkins und George Jones erste Erfolge zu vermelden. Mittlerweile hat sich Koch Records des geläuterten Newcomers von einst angenommen und sein neues, ganz großartiges Album „Platinum“ veröffentlicht.

Elf Stücke alle im 3-Minuten-Single-Format, die zeigen, dass Dean Miller als aktiver Musiker nichts verlernt hat. Im Gegenteil, das Werk hat eigentlich alles, um den lang ersehnten Durchbruch endgültig zu vollziehen. Neun Stücke davon stammen aus Deans eigener Feder (z.T. mit Co-Writern), ein Cover von Fred Eaglesmith „105“, und eine recht eigenständige Version eines Liedes von Vater Roger „I’ve Been A Long Time Leaving“. Kurzweil war wohl das Motto, unter dem das Werk eingespielt wurde. Miller betonte, dass er keine Lust auf Experimente habe, und gab sich selbst ein recht knappes Zeitlimit zur Produktion des Silberlings. Zweifelsohne die richtige Herangehensweise, denn das Songmaterial ist exzellent, ohne auch nur den Ansatz von Hängern, die Texte zum Teil amüsant und voller autobiografischem Anstrich. Dazu kommen absolut überragende Musiker, die an Millers Kompositionen offensichtlich großen Gefallen gefunden haben. Herausragend dabei die starken Gitarristen Kenny Greenberg und Jeff King, Piano-Mann Gordon Mote und Steel-Koryphäe Russ Pahl, die allesamt immer wieder wohl dosierte Glanzpunkte im Rahmen der knapp bemessenen Zeit zu setzen wissen.

Wie bereits erwähnt, schwierig den einen oder anderen Song explizit herauszunehmen, man kann alle elf Stücke lobpreisen. Der Opener „Hard love“ mit seinem satten Dobro-E-Gitarrenintro, zeigt einen stimmlich frischen Dean Miller in Manier eines Johnny Cashs, an der Grenze zum Sprechgesang, dazu kommen tolle Steel- und E-Gitarrenduelle; „Ready For The Rain“, eine Outlaw-Country-Ballade, sehr atmosphärisch mit den berühmt-berüchtigten Telecaster-Fills und „Orgel-Pfeifen“ in Szene gesetzt; zwei weitere starke Balladen „Stronger Than Your Love“ und das bluesige „Coming Back To You”(bärenstarkes Gitarrenspiel von Greenberg und King), die ein wenig texanisches Esprit eines Radney Fosters versprühen; der kraftvolle Southern-Rocker „On A Good Day“ mit den klimpernden Honkytonk-Pianopassagen eines Gordon Mote (Skynyrds Billy Powell lässt grüßen) und klasse Double-Leads erneut vom prächtig harmonierenden Guitar-Duo Greenberg/King! „Right Now“, der einzige Countrysong mit etwas poppigem Charakter, sollte als Single ausgekoppelt werden: Sehr radiotaugliche, schöne Melodie, auch mit ein wenig Phantasie kompatibel auf Acts wie Drew Womack/Sons Of The Desert, Rushlow oder Rascal Flatts – kratzige Akustikgitarre, schöne Orgel-Fills und ein tolles E-Gitarren-Solo inbegriffen. Stark!

Zum Ausklang noch zwei humorige Nummern, „Yes Man“, das zeigt, was Männer so alles für die Liebe zu einer Frau in Kauf nehmen, und eine kleine, spaßige Abrechnung mit Nashvilles Entscheidern bei „Music Executive“ (köstlicher, mitgrölbarer Text: „I’m a music executive, I’m an industry star, ‘Got no time to listen, I’m too late for the bar“…). Dean Miller hat ein starkes, ausgeglichenes und sehr sauber produziertes Werk hingelegt. Er wirkt gereifter denn je und scheint offensichtlich den Spaß am Songwriting und Musizieren wieder gefunden zu haben. Wenn jetzt mit dieser CD nicht der Durchbruch gelingt, wann eigentlich dann? Klasse Musik, sowohl für Traditionalisten, als auch für Verfechter modernerer New Country-Songs!

Koch Records (2005)
Stil: New Country

01. Hard Love
02. 105
03. Ready For The Rain
04. Whiskey Wings
05. Stronger Than Your Love
06. I’ve Been A Long Time Leaving
07. Coming Back To You
08. On A Good Day
09. Right Now
10. Yes Man
11. Music Executive

Dean Miller
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Bärchen Records

Morrison-Williams – Same – CD-Review

Mor

Hinter dem Duo Morrison-Williams verbergen sich zwei Musiker namens Shane Morrison und Clint Williams, mit deren Namen Musikinsider eine seinerzeit durchaus beliebte New Country-Band namens Perfect Stranger (Shane Morrison, Richard Raines, Steve Murray gefolgt in der Endphase von Clint Williams) in Verbindung bringen werden, die 1995 einen Major-Label-Vertrag besaßen und auch eine recht erfolgreiches Werk namens „You Have The Right To Remain Silent“ herausbrachten, mit dem sie sich immerhin fast vierzig Wochen in den Billboard Country-Charts behaupten konnten.

Shane, damals Zeit Bassist in o.a. Band und Clint lernten sich in einem Plattenladen in Texas kennen und begannen Songs für weitere Perfect Stranger-Produktionen zu komponieren, die jedoch nie auf einen Silberling landeten. Doch Gott sei Dank konnten sie nun auf Umwegen bei diesem Projekt verwirklicht werden konnten. Das kleine Indie-Label Palo Duro Records spielte hier das Zünglein an der Waage und sicherte sich die Dienste zweier enorm talentierter Musiker und Songwriter. Eine mehr als gute Wahl!

Und die Burschen bedanken sich mit zwölf radiofreundlichen, oft balladenhaften, aber dennoch knackigen Songs, die sich durchgehend auf einem anspruchsvollen Niveau bewegen. Fast jedes Stück hat Single-Charakter! Ihren Musikstil zu klassifizieren, ist dennoch nicht allzu einfach, auch wenn die Produktion in Nashville getätigt wurde. „Progressive Country mit Texas Spirit“ umschreibt das Ganze vielleicht am besten.

Hier wird (New-) Country mit Pop-, Rock-, ja zum Teil AOR/Melodic-Rock-, Southern- und Texas-Roots-Elementen wunderbar in Einklang gebracht, wobei äußerst melodische Songstrukturen immer das Grundgerüst darstellen. Dank der tollen Harmoniegesänge werden manchmal gar Erinnerungen an Restless Heart wach! Circa dreiviertel der Stücke bohren sich bereits nach dem ersten Hörgang in das Langzeitgedächtnis und laden zum Nachsingen der Refrains ein.

Die erste Single heißt „My Girl Friday“ und eröffnet den Reigen der folgenden Klassenummern. Ein lockeres, flüssiges, sehr melodisches, von sanften, kaum spürbaren B3-Tönen und einen flotten Akustikgitarrenrhythmus unterlegtes, „leichtes“ Lied mit recht trockenen E-Gitarren-Fills, das allerdings eine recht ernste Message verbreitet. Thematisch ein sogenannter „Cheatin’-Song“: Ein Mann beginnt eine Affaire mit einer Frau, die seitens ihres Ehemanns misshandelt wurde. Will sagen, behandele deine Frau gut, dann hat sie keinen Grund dich zu verlassen!

„Good Day To Die (The Alamo Song)“ war ein weiterer Auslöser, die Kooperation Morrison-Williams in Eigenregie fortzuführen. Das Stück war für den Soundtrack zum Film „The Alamo“ aus dem Jahr 2004 geplant, wurde jedoch von den Produzenten zugunsten eines rein instrumentalen Werkes gekappt. Dabei steckt dieses großartige Stück voller texanischem, atmosphärischem Country-Western-Outlaw-Flair, inklusiv fantastischer kratziger Mandoline, Banjountermalung, Dobroeinlagen und einem krachenden E-Gitarren-Solo. Ohne Zweifel ein Highlight dieses Albums!

Die folgende Ballade „Beautiful Regret“ würde ohne seine Steeleinlagen problemlos ins Hit-Repertoire eines Bryan Adams passen. Das folgende „Take Me As I Am“ erinnert ein wenig an den Stil der Warren Brothers; ein kraftvoll gesungener Refrain, sowie locker miteinender harmonierende Akustik- und E-Gitarren, und als Bonbon eine tolles Southern-E-Solo Marke Allman Brothers, mit kurzzeitigen Double-Leads!

Zwei Stücke, die ein wenig aus der Art schlagen, was allerdings überhaupt nicht negativ gemeint ist, sind „Preacher Michael“ und „Lovin’ You Is Tough“. Beim Erstgenannten variiert Williams seine Stimme gar ein wenig in Richtung eines country-infizierten Chris Thompson (Manfred Mann’s Earth Band), in Kombination mit Eagles-ähnlichen Harmonien, beim zweites gibt es schon fast Tendenzen in die AOR-Sparte.

Den Abschluss bildet ein starkes Remake von Dr. Hooks Riesen-Hit „Cover Of The Rolling Stones“, was auf eine Kindheitserinnerung von Clint Williams zurückzuführen ist. Laut eigener Aussage trällerte er dieses Stück schon in jüngsten Jahren lauthals nach, wann immer es in seines Daddy’s Truck im Radio lief. Alles in allem ein wunderbar in sich stimmiges, harmonisches, leicht AOR-orientiertes, New Country-Pop/-Rock-Werk, das durch seine kraftvolle Präsentation und eine hervorragende Melodik besticht. Morrison-Williams lassen die einstigen Perfect Stranger-Tage locker in Vergessenheit geraten. Fortsetzung erwünscht!

Palo Duro Records (2007)
Stil: New Country

01. My Girl Friday
02. Fighting For Love
03. Good Day to Die (The Alamo Song)
04. Beautiful Regret
05. Take Me As I Am
06. Lookin‘ At The Sun
07. Me Again
08. Preacher Michael
09. Lovin‘ You Is Tough
10. I Still Talk To You
11. Wonderful
12. Cover Of The Rolling Stone

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Heidi Newfield – What Am I Waiting For – CD-Review

Heidi Newfield is back! Sie war der tragende Teil des beliebten und sehr erfolgreichen Trios Trick Pony, das zuvor drei richtig gute Alben hingelegt hatte. Trotzdem entschloss sich Heidi Newfield neue Pfade zu betreten und eine Solo-Karriere in Angriff zu nehmen. Nachdem der Vertrag bei Curb Records unter Dach und Fach war und Heidi mit dem alt gedienten Tony Brown (George Strait, Reba McEntire, Brooks & Dunn) auch noch den passenden Produzenten gefunden hatte, ging die Dame mit der explosiven Charakterstimme voller Elan an die Arbeit und fortan sprudelten die Ideen. Mit ihrem Solo-Debut „What Am I Waiting For“ dürfen wir uns nun am endgültigen Resultat erfreuen. Und um es vorwegzunehmen, es ist ein Prachtteil geworden.

Auch die Trick Pony-Fans können aufatmen. Während der verbleibende Rest mit Ira Dean und Keith Burns einfach keinen adäquaten Ersatz zu finden scheint (und sich scheinbar auch endgültig getrennt hat), geht Heidi den einst zu dritt beschrittenen Weg mit sehr viel Geschick weiter, ohne dabei allerdings ihre vielseitigen musikalischen Wurzeln zu vergessen, was dem neuen Werk damit naturgemäß aber eine viel persönlichere Note verleiht. Die Tücher zu ihren einstigen Weggefährten sind offenbar nicht vollends zerschnitten, wie die Tatsache, dass beide beim Titeltrack, sowie Ira Dean bei einen weiteren Song, kompositorisch beteiligt sind, untermauert. Das Album wird mit einer bärenstarken, höchst interessanten und sehr mutig ausgewählten Nummer eröffnet, die sogleich Heidis große Vielseitigkeit und ihr großes Talent belegt.

„Can’t Let Go“ ist ein nach vorne preschender rockiger Countrysong, geschrieben von Randy Weeks, den einst Alternate Country-/Americana-Göttin Lucinda Williams auf ihrem berühmten „Car wheels on a gravel road“-Album bekannt machte. Heidi Newfield trägt ihn mit ihrer typischen, rotzige Röhre vor, untermalt mit einer kratzigen Akustikgitarre (klasse Ilya Toshinsky), begleitet mit einer bluesigen Harp (kann Heidi ja auch fantastisch spielen) und toller E-Gitarrenarbeit von dem großartigen Kenny Greenberg. Hat ein rootsiges Americana-Feeling, durchaus aber auch den „Pep“, der bei der Trick Pony-Gemeinde ankommt. Deren „Pour Me“ oder auch „Big River“ kommen da direkt wieder in Erinnerung.. Das anschließende „When Tears Fall Down“ beinhaltet eine weitere Überraschung. Ein schöner, melodischer New Country-Song (mit Steel-Einlagen), bei dem aber auch dezent poppige Elemente eingebaut wurden.

Heidis Gesang hat einen schönen Drive und erinnert gar ein wenig an Stevie Nicks. Center-Song des Werkes ist „Johnny And June“, das vorab auch schon als Single veröffentlicht wurde. Ein Stück voller Zitate über das Cash-Ehepaar, garniert mit Heidis emotionaler Gesangsperformance im Refrain. Da kann eigentlich nur ein Hit bei rauskommen. Beim Titelsong und dem folgenden „Love Her And Lose Me“ wird dann wieder mehr auf ruhigere Töne gesetzt. Hier kann man sich wunderbar an den hervorragenden Musikerleistungen und dem exzellenten Gesang der Protagonistin erfreuen. Das wunderschöne, herrlich erfrischende, sonnige, flockige „Cry Cry (‚Til The Sun Shines)“ pendelt genüsslich zwischen einem lässigem Groove in den Strophen und rhythmischem Temperament mit purer Lebensfreude im Refrain hin und her.

Filigrane E-Gitarren-Arbeit von Kenny Greenberg und die Piano-/Orgel-Klänge von Steve Nathan und Reese Wynans geben dem Song einen wunderbaren Rahmen. Ein echter „Sommer-Hit!“. Aus der Feder von Lori McKenna stammt die schöne, ohne jeden Kitsch dahin gleitende Countryballade „Wreck You“. Heidis Stimme lässt Assoziationen an eine Julie Roberts aufkommen. Richtig aggressiv und sogar ein wenig psychedelisch geht es bei „Nothin’ Burns Like A Memory“ zur Sache. Heidi schreit ihre im Text formulierte Wut förmlich heraus und verleiht dem Stück somit ein sehr authentisches Flair. Bei „All I Wanna Do“ kann man sich vom Vorgänger wieder erholen. Mrs. Newfield agiert bei dieser Slow-Country-Nummer ganz im Stile der großen Diven der Zunft. Hier zeigt sich, dass sich Heidi auch locker mit Kolleginnen wie Reba McEntire oder Martina McBride messen kann.

Den Abschluss bildet mit „Knocked Up“ dann wieder ein Stück, das auch auf jedem Trick Pony-Album seine Berechtigung gehabt hätte. Die Nummer ist ein toller, frecher New County-Song mit Redneck-Touch, bei dem Heidi nochmals mit dreckiger Röhre und ihrem starken Harpspiel zu glänzen vermag. Die Refrainzeile „Knocked up, shame, shame, I’m gonna ruin my family name“, bietet sich regelrecht dazu an, aus vielen Kehlen mitgegrölt zu werden. Ein starkes Finish!

Fazit: Heidi Newfield hat mit „What Am I Waiting For“ alles richtig gemacht. Zum einen hat sie ihre ganze Vielseitigkeit wesentlich deutlicher ins Licht gesetzt als je zuvor und zum anderen ihre sicherlich immer noch reichhaltig vorhandenen Trick Pony-Anhängerschaft mit im Boot belassen und in keinster Weise „vergrault“. Im Gegenteil! Die Trick Pony-Gemeinde werden dieses Werk lieben und Heidi wird darüber hinaus viele neue Fans hinzugewinnen. Eine klasse Leistung! So warten wir schon jetzt gespannt und mit Freude auf ihre weiteren Werke. „Rock on“, Heidi!

Curb Records (2008)
Stil: New Country

01. Can’t Let Go
02. When Tears Fall Down
03. Johnny And June
04. What Am I Waiting For
05. Love Her And Lose Me
06. Cry Cry (Til The Sun Shines)
07. Wreck You
08. Nothin‘ Burns Like A Memory
09. All I Wanna Do
10. Knocked Up

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Jill King – Jillbilly – CD-Review

Jill

Das Wortspiel, das Jill King für den Titel ihrer ersten CD gewählt hat, also ihr Vorname in Kombination mit der Country-verwandten Stilrichtung Hillbilly, ist äußerst passend. Denn ihr Name steht ohne Zweifel für traditionelle Countrymusik.

Die aus Arab, Alabama stammende Dame hat den für viele Künstler des Genres üblichen Weg hinter sich. Als Kind schon im Gospelchor der Kirche auf Pfaden des Großvaters, mit zehn schon die ersten Songs geschrieben, später erste Erfahrungen auf Stadtfesten und kleineren Musikfestivals gesammelt. 1992 Gang nach Nashville und Konzentration zunächst aufs Songwriting mit über 200 Stücken. 2002 dann der Durchbruch. Ein Jahresengagement im historischen Club Tootsie’s und der Plattendeal mit Blue Diamond Records.

Herausgekommen ist eine Zusammenstellung sowohl eigener Lieder, als auch Stücke von Songwritern, denen Jill King im Laufe der Zeit immer schon große Bewunderung gezollt hat. Und die Liste kann sich sehen lassen. Craig Wiseman, Gary Nicholson, Leslie Satcher, Tony Martin oder Mark Nessler sind längst arrivierte Namen, die aus der Szene nicht mehr wegzudenken sind und von vielen Darstellern in Anspruch genommen werden. Aber auch mit ihren eigenen Kompositionen braucht sie sich nicht zu verstecken. Die Songs hören sich allesamt an, als wären sie live eingespielt, also kaum Overdubs, was das Werk an sich schon sympathisch macht.

Hier ein paar Highlights:
– „It’s Me Again“ mit schönem Piano-Intro, viel Western-Flair, herrlicher Akustikgitarre im Duell mit Steelgitarre und Fiddle, sehr druckvoll gespielt.
– „One Mississippi“, die erste Singleauskoppelung, das an einen Mix aus Mary Chapin Carpenters „Shut Up And Kiss Me“ und Wynonnas „Old Enough To Know Better“ erinnert.
– Das swingende „After All“ mit herrlichem Pianogeklimper und tollem Leadsolo. Beide letztgenannten Lieder könnte man problemlos auf die, für die in den USA beliebte Rennsportserie NASCAR produzierten Musiksampler packen. Die haben wirklich mächtig Drive.
– „Hand Me Down Heartache“ ist dann doch ein Stück , das relativ modern und peppig aufgemacht ist, würde auch Faith Hill gut zu Gesicht stehen.

Richtig bluesig wird es dann bei „Makes Perfect Sense To Me“. Jill King meets Eric Clapton, so könnte man diesen schönen Titel umschreiben. Die angenehme Ballade „Down The Fields To Hay“ lässt knappe vierzig Minuten guter Unterhaltung ausklingen.

Zwei oder drei Heuler möchte ich dennoch nicht verschweigen, nämlich wenn Jill im Stile von Reba McEntire bestimmte Wörter und Refrains mit dünner Stimme in Länge und Höhe zieht. Augenblicke, in denen meine Frau mir unweigerlich die rote Karte fürs Hören im Wohnzimmer zückt…
Trotzdem unterm Strich ein nettes Album, dass auch Verfechter moderner Töne wie mich überzeugt hat und für Traditionalisten ohnehin ein Muss ist.

Blue Diamaond Records (2003)
Stil: New Country

01. 98,6 Degrees And Fallin‘
02. It’s Me Again
03. One Mississippi
04. Not Knowing Anymore
05. Down’N’Out
06. Three Month, Two Weeks, One Day
07. After All
08. Hand Me Down Heartache
09. The Part I Don’t Understand
10. Makes Perfect Sense To Me
11. Down The Fields To Hay

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Jana Kramer – Same – CD-Review

Die aus Detroit, Michigan, stammende Jana Kramer ist bis jetzt in erster Linie als Schauspielerin in Erscheinung getreten. Die Liste ihrer (Neben-) Rollen ist lang und führt von Serien wie ‚CSI‘ über ‚Grey’s Anatomy‘ bis hin zu ‚One Tree Hill‘, in der sie mittlerweile zu den Hauptdarstellern zählt. Dass Schauspielerei und Countrymucke ganz gut funktionieren können, haben u. a. Tim McGraw, John Corbett oder Christian Kane bereits bewiesen und auch die 28-jährige, hübsche Brünette zeigt bei ihrem Debüt, dass sie auf musikalischem Parkett durchaus ihre Reize zu bieten hat.

Angesichts des hohen Vermarktungspotenzials (nebenbei sorgte auch noch ihre nur einen Monat währende Ehe mit Schauspiel- und Serienkollege Jonathan Schaech für Gesprächsstoff) war mit Warner Music Nashville schnell ein gut situiertes und hier auch perfekt passendes Label zur Stelle, das mittels Department-Chef und Producer Scott Hendricks (Blake Shelton, Brooks & Dunn, Alan Jackson, Trace Adkins) für die perfekten Rahmenbedingungen eines erfolgreichen Albums sorgte.

Ihr Debüt kletterte dann auch ganz schnell auf Platz 5 der Billboard Countrycharts und ist das erste seit sehr langer Zeit, das es von einer Nicht-Blondine in die Top-Ten geschafft hat. Auch ihre Single „Why Ya Wanna“ (eine Powerballade mit etwas Rascal Flatts-Flair) hält sich momentan konstant unter den ersten Zwanzig.

Die elf Songs (zwei darunter von Jana mitkomponiert) bieten eigentlich alles, was das (New-) Countryherz begehrt, was im Prinzip, angesichts der arrivierten Songwriter (u.a. Jessi Alexander, Jim Beavers, Rachel Proctor, Katrina Elam, Troy Verges, Dean Maher, Jennifer Hanson) und der ganzen hochkarätigen Musikerschar wie Troy Lancaster, Tom Bukovac, Ilya Toshinsky, Bryan Sutton, Jimmie Sloas, Glenn Worf, Paul Franklin, Dan Dugmore, Shannon Forrest, Aubrey Haynie, Charlie Judge, Eric Darken, Gordon Mote & Co. (die sich spürbar für Jana ins Zeug legten), keine Überraschung ist.

Da gibt es einige richtig fröhlich abgehende Stücke, die dank ihrer noch sehr unverbraucht und jung klingenden Stimme absolut gute Laune verbreiten und auch immer mit einem gewissen Flirt-Faktor aufwarten („Good Time Comin‘ On“ – das Führungsriff erinnert ein wenig an „Listen To The Music“ von den Doobie Brothers; „I Hope It Rains“ – herrliches Mandolinengezirpe von Haynie; „Goodbye California“ – rhythmische Claps, Ooo-Ooh-Ooh-Gesänge Marke SHeDAISY; „One Of The Boys“ – mit Foot-Stompin‘-Refrain; „What I Love About Your Love“ – cooler Rhythmus, Fiddlefills) oder auch mal den einen oder anderen Seitenhieb in Richtung des Ex bei der Liederauswahl vermuten lassen („King Of Apology“).

Dass Jana es auch im langsamen Bereich drauf hat, offenbart sie bei emotional aufgemachten Tracks wie „Whiskey“ (Fiddle, Mandoline, weinende Steel, E-Fills, Harmoniegesänge), „Over You By Now“ (kammermusikartig mit Cello und Steel), „When You’re Lonely“ (atmosphärisch mit toller Bariton-E-Gitarre) und der entspannten Schlussnummer „Good As You Were Bad“ (steel-betont, Steel-Solo). Hier braucht sie sich bei Leibe nicht vor den bekannten Diven der Szene zu verstecken.

Das Debüt der hübschen Newcomerin Jana Kramer bietet somit über die gesamte Spieldauer angenehme Unterhaltung mit viel positiver Ausstrahlung und hat das Herz des (New-) Country-erfahrenen Rezensenten direkt gewonnen. Muntert bei unserem trüben Wetter dieser Tage richtig auf. Diese hübsche junge Dame ist nicht nur ein optischer Blickfang (sehr schöne Fotos im Booklet), sondern auch durchaus eine musikalisch ernstzunehmende Konkurrenz für Swift, Underwood, Pickler & Co. Keep it up, Jana!

Warner Music Nashville (2012)
Stil: New Country

01. Good Time Comin‘ On
02. I Hope It Rains
03. Why Ya Wanna
04. Goodbye California
05. Whiskey
06. Over You By Now
07. One Of The Boys
08. What I Love About Your Love
09. When You’re Lonely
10. King Of Apology
11. Good As You Were Bad

Jana Kramer
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James Otto – Sunset Man – CD-Review

Bärenstarker Nachfolger des weitgereisten und vielseitigen Musikers/Songwriters/Schauspielers, nachdem er bereits schon 2004 mit seinem sehr guten Debüt „Days Of Our Lives“ auf sich aufmerksam machte. James Otto, mittlerweile Mitglied der Country Kreativ-Schmiede „Muzik-Mafia“ (u.a. Big & Rich, Gretchen Wilson, Kid Rock), war allerdings mit seinem Major-Erstwerk nicht so richtig glücklich, da ihm zu viele unterschiedliche Leute einen Stempel aufdrücken wollten. Die Songs wurden ihm seinerzeit teilweise vorgeschrieben und auch die Vermarktungsstrategie erwies sich als nicht allzu glücklich.

So war der Wechsel des passionierten Bob Seger-Fans zum Warner Brothers Nashville Unter-Label „Raybaw“ eigentlich nur konsequent und die Produktion durch John Rich von Big & Rich aus o.a. Gründen naheliegend. Drei Tracks auf seinem brandaktuellen Album „Sunset Man“ wurden dazu noch von Rascal Flatts-Bassist Jay DeMarcus betreut („For You“, „You Don’t Act Like My Woman“ und“The Man That I Am“). Die ganze, neu gewonnene Energie entläd sich direkt beim modernen, muskelstrotzenden, stampfenden Opener „Ain’t Gonna Stop“, der ibn allerbester, satter „Big & Rich“- Manier aus den Boxen „rockt“.

Kein Wunder, denn der Song ist eine Komposition von James und den beiden, wobei John Rich und Big Kenny ihre unverwechselbaren Background Gesänge mit einbrachten. Mit „Just Got Started Lovin’ You“ (bereits in den Top-5 der Billboard Country-Singles-Charts mit Pfeil nach oben) )bekommt man dann erstmalig den typischen James Otto geboten: Eine herrlich flockig, relaxt dahin groovende traditionell verwurzelte (New) Countrynummer mit einer frischen, unbefangenen, leicht souligen Note. „For You“, eine der zwei Fremdkompositionen (der gesamte Rest stammt aus der Feder von Otto mit diversen hochkarätigen Co-Autoren wie Monty Powell, John Rich, Big Kenny, Jay DeMarcus, Shannon Lawson, Monty Criswell) ist eine wunderschöne Ballade, bei der man den Einfluss von DeMarcus zwar spürt, die aber dann doch ohne den poppigen Bombast seiner Hausband Rascal Flatts auskommt.

Ein weiterer Höhepunkt einer tollen CD ohne jede Schwächen ist das ebenfalls dezent soulige, locker dahinwippende „These Are The Good Ole Days“, bei der Otto mit seiner warmen, dezent raspeligen Stimme sich ganz in seinen Element zu befinden scheint. Ganz toll auch das recht traurige „Where Angels Hang Around“, das in seiner Gestaltung wie ein countryintonierte Version des Marc Cohn-Klassikers „Walking In Memphis“ rüber kommt (tolle Pianobebleitung). Der prächtige, melodische, lockere Titelsong „Sunset Man“ steckt textlich voller witziger Selbstironie und gewinnt durch die flockige Instrumentierung mit einer herrlichen Baritone-E-Guitar (Troy Lancester), Mandoline (glänzend Jonathan Yudkin), Steel (Mike Johnson) und dem schönem Piano (Mike Rojas) eine unwiderstehliche, leicht Westcoast eingefärbte New Country-Frische.

Selbstredend wurde das Werk natürlich ausnahmslos von Klasse-Musikern aus der ersten Garde Nashvilles eingespielt (u.a. Tom Bukovac, Tommy Harden, GlennWorf, Russ Pahl, Tony Harrell, Eric Darken, Dan Dugmore). „You Don’t Act Like My Woman“ (dezentes Southern-Flair, klasse Bukovac-E-Gitarren-Solo), „When A Woman’s Not Watching“ (emotional, heulende Fiddle, leiernde Steel Gitarre) und „Damn Right“ (atmosphärisches Southern-Flair, soulig) sind weitere angenehme, höchst melodische Balladen, während bei „Drink & Dial“ noch mal launiges Big & Rich-Feuer (Refrain zum Mitsingen) entfacht wird. Mit dem Country-bluesigem „The Man That I Am“ gelingt James Otto dann am Ende noch einmal ein grandios instrumentierter Abschluss (besonders der psychedelisch-angehauchte Ausklang, genial dabei Bukovac an der E-Gitarre).

Das neue Werk von James Otto ist vergleichbar mit der Schönheit und Stimmung eines malerischen Sonnenuntergangs, kommt karrieretechnisch wohl aber eher einem Sonnenaufgang gleich. Dieser Musiker ist auf dem richtigen Weg ein ganz Großer seiner Zunft zu werden. So muss knackiger, auf den Punkt gebrachter Nashville-New Country heute klingen. Dicke Konkurrenz für Stars wie Tim McGraw, Travis Tritt, Montgomery Gentry, Big & Rich & Co. Von daher unser unumstößliches Urteil: (James) Otto – finden wir gut!

Warner Bros (2008)
Stil: New Country

01. Ain’t Gonna Stop
02. Just Got Started Lovin‘ You
03. For You
04. These Are The Good Ole Days
05. Where Angels Hang Around
06. Sunset Man
07. You Don’t Act Like My Woman
08. When A Woman’s Not Watching
09. Drink & Dial
10. Damn Right
11. The Man That I Am

James Otto
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Tracy Lawrence – Strong – CD-Review

Law

Tracy Lawrence hat schon etliche CDs veröffentlicht und muss sicherlich mit zu den Urgesteinen der New-Country-Szene gezählt werden. Jede Menge Anerkennung hat er sich damit ohne Zweifel erarbeitet, zum Superstarstatus eines Garth Brooks oder Tim McGraw hat es bisher aber nicht gereicht.
Ein wichtigen Schritt in diese Richtung dürfte er allerdings jetzt mit seinem neuen Album „Strong“ gemacht haben. Das Werk hat kaum Aussetzer, dafür aber jede Menge hitverdächtige Songs. So hat sich auch die erste Singleauskoppelung „Paint Me A Birmingham“ bereits in den Country-Billboard-Charts (Platz 4) eingenistet.

Insgesamt gesehen drängt sich mir ein Vergleich mit Chris Cagles letzter Scheibe förmlich auf, auch wenn Tracy bei „Strong“ den Fokus komplett auf Fremdkompositionen gesetzt hat, dies aber mit sehr viel Bedacht. Ähnlich wie bei Cagle präsentiert er seinen Mix aus knackigen Mid- und Uptempo-Nummern und kraftvollen Balladen mit viel Herzblut und man spürt, wie er mit Leib und Seele bei der Sache ist.

Und so brennt dann auch direkt bei den beiden Eröffnungsstücken der Lawrence. „It’s All How You Look At It“ und „Strong“ haben alles, was ein guter New-Country-Song braucht: Rockiger Rhythmus, sparsame Fiddle-, Steel- und Pianoeinlagen, dezente Backgrounds und klasse E-Gitarren.
Die druckvollen Sachen wie „Everywhere But Hollywood“ und „What The Flames Feel Like“ (erinnert an „It’s All In Your Head“ von Diamond Rio) zählen zu meinen weiteren Favoriten. Toll auch die Hillbilly-Honkytonk-Tanznummer „Sawdust On Her Halo“, das mit seinen Steel-Passagen ein wenig Pirates Of The Mississippi-Charakter aufweist.

Nach dem locker flockigen „Think Of Me“ glaubt man sich schon bei der abschließenden Ballade „The Questionnaire“ in aller Ruhe entspannt zurücklehnen zu können, da durchrüttelt einen gegen Ende ein plötzlich einsetzender Schlagzeugwirbel und ein gigantisches Gitarrensolo, das im Genre seines Gleichen suchen dürfte.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Als Rezensent eines Musikmagazins und der damit verbundenen inflationären Hörtätigkeit von CDs ist man mangels Zeit zum Teil der Gefahr einer oberflächlichen Bewertung ausgesetzt (gerade im New-Country-Bereich), allerdings bemühe ich mich, dies in der Regel zu vermeiden. Deshalb erscheinen mir gerade die Anfangs- und Endstücke eines Werkes in kommerzieller Hinsicht die wichtigsten zu sein, weil diese doch am meisten im Ohr hängen bleiben. Und auch in diesem Punkt hat Mr. Lawrence somit alles richtig gemacht, das Spannungsbarometer erstreckt sich jedoch, wie bereits anfangs erwähnt, über die gesamte Spieldauer.

Eine tolle Scheibe, die ganz sicher zu den Highlights des Jahres 2004 zählen wird, oder wie der Amerikaner es einfach sagen würde: „Strong“!

DreamWorks Records Nashville (2004)
Stil: New Country

01. It’s All How You Look At It
02. Strong
03. Stones
04. Paint Me A Birmingham
05. Everywhere But Hollywood
06. A Far Cry From You
07. Bobby Darwin’s Daughter
08. What The Flames Feel Like
09. Sawdust On Her Halo
10. When Daddy Was A Strong Man
11. Think Of Me
12. The Questionnaire

Tracy Lawrence
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