Gov’t Mule – Bring On The Music – Live At The Capitol Theatre- CD/DVD-Review

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Review: Gernot Mangold

Zum 25-jährigen Bestehen der Southern Rocker um Mastermind Warren Haynes, beschenkt die Mascot Label Group Maultier-Fans mit einem ganz besonderen Leckerbissen. Am 27. und 28. April des letzten Jahres spielte das Quartett an zwei aufeinander folgenden Tagen im Capitol Theater in Port Cester.

Im Gegensatz zu vielen Livealben anderer Künstler entschloss man sich lobenswerter Weise nicht dazu, die am besten aufgenommenen Songs zweier Konzerte zu mixen und als Beilage ein nahezu identisches Material als Konzertfilm auf DVD dazu zu packen.

Wie auf ihren vielen Touren üblich, spielten Gov’t Mule an diesen zwei Abenden zwei stark voneinander abweichende Programme, was sie auch von anderen Bands des Genres unterscheidet, die seit Jahrzehnten nahezu identische Setlisten abspulen. Diese Kreativität spiegelt sich auch im Konzept der Box mit je zwei CDs und DVDs wider. Auf den CDs befinden sich die Songs des ersten Tages, die DVDs zeigen den Mitschnitt des zweiten Tags und den Fans werden jeweils etwa zweieinhalb Stunden Livemusik der Extraklasse geboten.

Auf die einzelnen Songs einzugehen würde absolut den Rahmen sprengen. Die fast fünf Stunden Musik beinhalten Songs aller Schaffensphasen und von fast allen Studioalben vom 1995er Debüt bis zum 2017 erschienenen letzten Werk „Revolution Come, Revolution Go“ mit dem gleichnamigen Titelsong.

Warren Haynes an der Gitarre/Gesang, Matt Abts am Schlagzeug, Danny Louis an den Keyboards/Gitarre und Gesang sowie Jorgen Carlsson am Bass präsentieren sich dabei in absoluter Hochform und zeigen, dass die Band noch lange nicht als altes Eisen gesehen werden kann, sondern eher auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angelangt zu sein scheint.

Haynes glänzt, wie nicht anders zu erwarten, mit fulminantem, abwechslungsreichen Gitarrenspiel, Er zählt nicht umsonst zu den Besten des Southern- und Blues Rock-Fachs. Auch stimmlich hat er in den Jahrzehnten seiner Karriere nichts von seiner Dynamik und Klarheit eingebüßt.

Danny Louis ergänzt das Soundvolumen entweder als zweiter Gitarrist oder zaubert an den Keyboards Klangteppiche oder sorgt mit fulminanten Soli für einen zum Teil auch psychedelischen Touch der Songs, ohne dabei den Southern Rock aus den Augen zu verlieren. Das Rhythmus-Duo Abts mit zum Teil treibendem Spiel, aber auch gefühlvoll akzentuierten Einsatz der Drumsticks und Basser Jorgen Carlsson legt die grandiose Basis, auf dem sich Haynes an der Gitarre nach Belieben in mehreren jammenden Sequenzen austoben kann.

Neben der Qualität der Band ist aber auch die Aufnahmequalität des Sounds beachtlich, dass es eine Freude ist, sich der Liveathmosphäre hinzugeben, die perfekt widergespiegelt wird. Als Anspieltipp sei insbesondere eine phantastische Version von „Endless Parade“ auf CD 2 empfohlen, wobei auch jeder andere Track gewählt werden könnte, um diese Box schmackhaft zu machen.

Interessant ist auch die DVD, die zunächst mit Warren Haynes beginnt, wie er in einem Backstage-Bereich an seiner halbakustischen Gibson zupfend über Musik philosophiert, um dann nach kurzer Zeit, wie in alten Musikfilmen zunächst wild, psychedelisch anmutend, kurze Sequenzen von Gov’t Mule einzublenden. Danach folgt ein Konzertmitschnitt, der durch viele verschiedene Kameraeinstellungen, dieses Konzert auf besonders beeindruckende Weise einfängt.

Mit diesem Livealbum ist es Gov’t Mule gelungen, einen Meilenstein der Southern-Rock-Musik hinzulegen, der ihren Ruf als vermutlich zur Zeit kreativste Genretruppe untermauert, was aber nicht die Leistung anderer, insbesondere jüngerer Bands schmälern soll. Das, was hier geboten wird, ist einfach Extraklasse und wird nicht nur eingefleischte Fans der Gattung begeistern.

Diese Box macht auf jedem Fall auch neugierig, was Haynes und Kumpanen als nächstes im Studio bringen, aber auch auf die nächsten Live-Auftritte, wobei man da nie vor meist positiven Überraschungen gefeit ist. In diesem Zusammenhang sei das vor Jahren erschienene „The Darkside Of The Mule“ genannt, wo die Band ganz stark alte Pink Floyd-Sachen auf die Bühne brachte.

Anmerkung Red.:
Die Doppel-CD und Doppel-LP werden, wie geplant, am 28. Juni erscheinen, alle weiteren Versionen sind auf den 19. Juli verschoben, siehe dazu in unsere Musiknachrichten.

Provogue (Mascot Label Group) (2019)
Stil: Southern Jam Rock

Disk 1
01. Hammer & Nails
02. Thorazine Shuffle
03. Larger Than Life
04. Forsaken Savior
05. Broke Down On The Brazos
06. Endless Parade
07. Lola Leave Your Light On
08. Blind Man In The Dark
09. Raven Black Night

Disk 2
01. Traveling Tune (alternate version)
02. Stone Cold Rage
03. Whisper In Your Soul
04. Little Toy Brain
05. Trane > Eternity’s Breath > St. Stephen (jam)
06. Pressure Under Fire
07. Fool’s Moon
08. Revolution Come, Revolution Go (alternate version)
09. Bring On The Music

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Rocknight – Leverkusener Jazztage – 07.11.2017, Leverkusen, Forum – Festivalbericht

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Im Rahmen der Leverkusener Rocktage gelang es den Veranstaltern für die Rocknacht, die auch im Rahmen des Rockpalasts vom WDR aufgenommen wurde, mit Albert Lee, The Brew und Gov’t Mule, drei Bands zu gewinnen, welche alle für sich als Top Act gesehen werden können. Es wurde dabei eine große musikalische Bandbreite abgedeckt, die dafür sorgen sollte, dass es eine sehr kurzweilige abwechslungsreiche Veranstaltung war, bei der die Zuschauer/Zuhörer im, für einen Dienstagabend sehr gut gefüllten Leverkusener Forum, voll auf ihre Kosten kamen. Eine hohen Anteil daran hatte auch die sehr gute Organisation der Veranstalter. Dadurch, dass die Umbaupausen, welche oft bei Festivals regelrechte Einschnitte in den Abend darstellen, sehr kurz gehalten waren, hatte man immer genug Zeit, sich noch am Merchandisestand mit Erinnerungsstücken einzudecken, an den Theken, sich das eine oder andere Erfrischungsgetränk zu genehmigen oder einfach mit anderen Besuchern fachzusimpeln.

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Sehr pünktlich gegen 19:00 Uhr begann die Rocknacht mit Albert Lee, der die Zuschauer gekonnt mit Blues Rock, immer wieder gespickt mit Countryeinflüssen, begeistern konnte. Die Qualität eines Albert Lee spiegelt auch seine Vergangenheit wieder, wo er unter anderem auf Claptons Liveperle „Just One Night“ zu hören ist. Zudem spielte er auch bei Joe Cocker und Emmylou Harris, was neben dem Blues, seine Nähe auch zu Country und Folk wiederspiegelt. Nach zwei Soloscheiben Ende der 80er Jahre hat Lee in diesem Jahrtausend wieder seine Soloader entdeckt und tourt vermehrt mit seiner Band. Sein Keyboarder, JT Thomas, der im Verlauf des Gov’t Mule-Konzerts noch einen Gastauftritt hatte, sorgte mit virtuosem, im Tempo vielfach wechselnden Keyboardspiel, für einen runden vollen Sound. Die kraftvolle Grundlage für den Rhythmus legten die beiden Youngster der Band, Will MacGregor am Bass und Ollie Sears, die sich meist visuell im Hintergrund hielten. Highlights waren für mich das Country-lastige „Countryboy“ und die Ballade „Highwayman“, bei der Lee auch am Piano und mit schön samtigen Gesang glänzen konnte. Für einen Opener, wenn man in diesem Fall überhaupt davon sprechen kann, ein ganz starkes Konzert, welches die Messlatte für die folgenden Acts hoch anlegte. Es sei vorweggenommen: Alle Bands an diesem Abend spielten auf absolut hohem Niveau, wobei ich nicht beurteilen will und kann, welcher Interpret der beste war, da alle in ihrer Verschiedenheit, einfach Klasse waren und es unfair wäre, hier selektiv zu vergleichen, was leider in der heutigen Zeit in vielen Bereichen verstärkt gemacht wird.

Line-up Albert Lee:
Albert Lee – guitar, vocals, piano
JT Thomas – keyboards
Will MacGregor – bass
Ollie Sears – drums

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Nach einer kurzen Umbaupause begann ein absolutes Kontrastprogramm zu Albert Lee. The Brew ließen es fast brachial mit Blues Rock der absolut harten Gangart krachen. Die Mannen um Frontmann Jason Barwick an der Gitarre und den Lead Vocals, Tim Smith am Bass und Kurtis Smith an den Drums legten mit „Repeat“ vom 2014er Album „Control“ los wie die Feuerwehr, fast so, als wenn es kein Morgen mehr geben würde. Wenn man den Titel des aktuellen Albums „Shake The Tree“ heranzieht, schüttelten sie so lange am Baum, bis eine bunte Mischung von Songs aus den letzten 3 Veröffentlichungen auf das Publikum herabfiel. Einer der Höhepunkte war dabei „Name On A Bullet“, wobei Barwick einen Geigenbogen a la Jimmy Page über die Seiten seiner Gibson gleiten ließ und der eine oder andere Besucher sich auch vom Stile des Songs in alte Led Zeppelin zurückgesetzt fühlte (vereinzelte Jimmy Rufe waren zu hören). Höhrens- und sehenswert war auch das Drumsolo von Kurtis Smith, der dabei nach einer Zeit die Drumsticks wegschmiss und mit den Händen sein Arbeitsgerät bearbeitete. Manchem Zuschauer taten dabei nur vom Zusehen die Hände weh. Insgesamt ein ganz starker Gig des Trios, wobei die Rhythmussektion um den sehr vitalen Tim Smith mit variantenreiche Bassläufen und dem zuvor erwähnten ‚Tier‘ Kurtis Smith an den Drums, wie es sich für Brüder gehört, gemeinsam die Basis der Songs legten und damit Jason Barwick den Freiraum gaben, sich immer wieder mit rasanten Soli hervorzuheben. Leider gab es keine Zugaben, was aber nicht an der Spielfreude der Truppe lag, sondern am straffen Programm der Rocknacht. Dieser Auftritt wird auf jedem Fall dazu beigetragen haben, die Fangemeinde zu vergrößern und den nächsten Auftritten als Einzel-/Topact entgegenzufiebern.

Line-up The Brew:
Jason Barwick – Guitar, Vocals
Tim Smith – Bass, Vocals
Kurtis Smith – Drums

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Gegen 21:30 Uhr war es dann soweit, Gov’t Mule, die Mannen um den Ausnahmegitarristen Warren Haynes, langjähriges Mitglied der Allman Brothers, betraten die Bühne für eine über zwei Stunden dauernde Session. Im Mittelpunkt standen dabei die Songs des jüngst erschienen Albums „Revolution Come, Revolution Go“, was dazu beitrug, dass es sich um einen für die Besucher einmaligen Liveact handelt, und die Band sich nicht auf alten Lorbeeren ausruht, wie manch andere Band, die über Jahre fast identische Programme abliefern und dabei fast zur eigenen Coverband mutieren. Neben den Songs des neuen Albums, welche etwa die Hälfte der Show einnahmen spielen Haynes und Co. Stücke aus fast allen Schaffensphasen der Band und somit ein sehr abwechslungsreiches Programm. Neben „Kind Of Bird“, einem Allman Brothers-Song (da war Haynes noch etatmäßiges Mitglied), coverten The Mule noch den Jeff Beck-Klassiker „Freeway Jam“ und Blind Willie Johnsons „Dark Was The Night, Cold Was The Ground“. Der Titel des Beck-Songs sagte einiges über den Auftritt der Mule aus. Immer wieder ergaben sich in den Songs stark jammende, psychedelisch angehauchte Sequenzen, die sich auch bei der Stimmung des einen oder anderen Besuchers im Mittanzen wiederspiegelte. Der Rest der Zuschauer war eher gebannt von der Spielkunst und Spielfreude der Band. Den Beginn machte Haynes mit „Railroad Boy“ vom 2009er Album „By A Thread“ auf einer zwölfseitigen Gibson. Schon hier war die southerrocklastige Gangart der Band und Haynes Vergangenheit bei den Allman Brothers erkennbar. Darauf folgte mit „Mule“ der älteste eigene Song vom ersten Werk, welcher eine Pflichtnummer darstellt. Mit „Presure Under Fire“ begann dann die Vorstellung der neuen Tracks von „Revolution Come, Revolution Go“, die alle vom Publikum begeistert angenommen wurden. Eines der Highlights war dabei der gleichnamige Titelsong, bei dem Keyboarder Danny Lois mit prägnantem Keyboardspiel aufwartete. Dieser glänzte bei „Thorns Of Life“ dann auch an der Posaune. Letztgenanntes ist durchaus als psychedelischer Jam-Höhepunkt des Konzertes zu sehen. Aber auch die bisher nicht genannten Musiker, der Bassist Jorgen Carlson und Drummer Matt Abts, glänzen mit einer souveränen und spielfreudigen Rhythmusgrundlage, ohne die sich die Vielfalt und die psychedelischen Aspekte nicht hätten entfalten können. Insgesamt war der Auftritt von Gov’t Mule absolut stark, ohne jegliche Längen, trotz der Dauer von über zwei Stunden. Eine kurzweiliger Head-Act, der die Erwartungen der Besucher sichtbar erfüllte, wenn nicht sogar übertraf.

Line-up Gov’t Mule:
Warren Haynes – Gitarre, Vocals
Jorgen Carlsson – Bass
Danny Louis – Keys, Vocals
Matt Abts – Drums

Fazit: Den Veranstaltern darf man gratulieren, dass sie im Rahmen der Leverkusener Jazztage, eine solche Rocknacht auf die Beine gestellt haben, was aber auch ein Spiegel dieser ambitionierten Reihe von Konzerten in den letzten Jahren ist. Denen, die die Konzerte nicht besuchen konnten, sei nahegelegt, dass der WDR mit dem Rockpalast-Team alle drei Auftritte mitgeschnitten hat. Vielleicht eine gute Gelegenheit, diesen Abend in höchster Qualität entspannt im Wohnzimmer, vielleicht im Rahmen einer kleinen Fete mit Freunden, zu genießen. Auf dem Weg möchte ich mich auch noch einmal beim Team der Jazztage, insbesondere bei Fabian Stiens und Heike (ich kenne leider nur deinen Vornamen) bedanken, die auf die Nachfrage einer Akkreditierung schnell und freundlich geantwortet haben. Auch das spiegelt das ganze Ambiente wider, welches die Besucher im Leverkusener Forum erfahren durften. Sie waren zu Gast und das betraf alle Mitarbeiter, die ich während des langen Abends angetroffen habe, vom Helfer im Parkhaus, bis zu den Kontrolleuren am Eingang, den Verantwortlichen im Veranstaltungsbüro, den Akteuren im Merchandise-Bereich und den Erfrischungsständen sowie den Kameraleuten vom Rockpalast, die den Fotografen die Möglichkeit gaben, auch in unmittelbarer Bühnennähe, Konzertvisionen festzuhalten. Es hat einfach Spaß gemacht. Gerne nächstes Jahr wieder.

Bilder und Bericht: Gernot Mangold

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Leverkusener Jazztage

Gov’t Mule – The Tel-Star Sessions – CD-Review

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Ich war, ehrlich gesagt, nie der große Jam Rock-Fan, auch nicht von psychedelisch behafteter Musik. Es liegt vermutlich daran, dass ich kein Kind der 68er-Generation bin, sondern das bewusste Musikhören erst ab Mitte der Siebziger angefangen habe. Für die Jazz-Präferenzen meines Vaters (Louis Armstrong & Co.) konnte ich mich nicht erwärmen, der Southern Rock hatte mich schnell im Griff. Natürlich waren da auch die Allman Brothers involviert, deren „Brothers & Sisters“-Werk war z. B. meine aller erste gekaufte LP. Für lange Frickelorgien fehlte mir immer die adäquate Umgebung, mit bewusstseinserweiternden Mittelchen hatte ich als erfolgreich heranwachsender Leistungssportler auch nie Berührungspunkte.

Da ich zum heutigen Zeitpunkt, leider kein einsames schönes Haus an einem See oder einem spirituell-umwehten Ort besitze und finanziell, wie die meisten, nicht unabhängig bin, sondern ein Stadtmensch in enger Umgebung, der sich immer wieder von Neuem, im Hamsterrad unserer schnelllebigen Konsumgesellschaft, seine Penunzen verdienen muss, habe ich am Ende des Tages, recht wenig Muße und Nerven für ausgiebig gestaltete Musik-Kreationen. Von daher bin ich eigentlich eher ein Hörer, der (gut gemachte) Stücke im 3-5-Minuten-Bereich bevorzugt.

Das heißt im Prinzip nicht, dass ich Musikern o. a. Gattungen, nicht Respekt zollen würde. Ihr handwerkliches Können, ist natürlich registriert und in gewissen Situationen/Stimmungen durchaus sporadisch willkommen. Die eine oder andere Scheibe aus diesem Bereich ist naturgemäß auch in meinem reichhaltigen Sammel-Fundus präsent.

Gov’t Mule sind so ein Fall. Warren Haynes und seine Mannen, genießen bei mir absolute Hochachtung, ihr „Endless Parade“ zählt zu meinen Alltime-Lieblingsstücken. Ich höre die kultumwobene Band allerdings so gut wie nie. Jetzt habe ich ihre „The Tel Star Sessions“ unverhofft ins Haus bekommen und stelle mich einfach mal der Herausforderung! Die Aufnahmen passierten im Vorfeld zu ihrem Debütalbum, von denen es einige Stücke dann auch auf dieses geschafft hatten. Diese Session-Stücke wurden jetzt nochmal ausgegraben, nachbearbeitet und stehen als digitaler Tonträger zur Veröffentlichung, Anfang August, bereit. Lediglich das progessiv angehauchte „World Of Difference“ (in zwei Versionen präsent) ist einmal auch in der ursprünglichen Rohfassung am Ende der CD zu hören.

Es ist insgesamt für mich dann auch die erwartet anstrengende Kost. Die Stücke, alle fast in Acht-Minuten-Gefilden, sind relativ ähnlich strukturiert. Knatternde, knarzende und surrende E-Gitarrenintros, Haynes Gesang klingt wie gewohnt (manchmal ist er durch eine Voicebox modifiziert), Allen Woodys Bass pumpt höllisch, Abts Drums poltern kräftig und irgendwann kommt ein langer Solo-Part, wo das Trio in Probenraum-artige Improvisationsausflüge mündet. Für echte Musiker und Jam-Fetischisten sicherlich eine klasse Sache. Für mich persönlich sind diese Niedeleien auf die Dauer sehr ermüdend.

Und so spielen sich Haynes, Woody und Abts für ihre anvisierte Klientel höchst anspruchsvoll durch Allman- („Rocking Horse“, „The Same Thing“), Hendrix-, Cream-, Bad Co.- („Mr. Big“) oder ZZ Top– („Monkey Hill“, „Mother Earth“, „Just Got Paid“-Cover) infiziertes Material, das im weiteren Verlauf, die Basis und den Auftakt für ihre anschließende Gov’t Mule-Karriere bildete.

Ich persönlich bevorzuge dann doch eher Haynes‘ Solo-Scheiben oder, wie vor kurzem im Rahmen seiner „Ashes & Dust“-Tour gesehen, wenn er mal ins Country Rock-Geschehen abdriftet. Die „Tel Star Sessions“-Scheibe wird vermutlich zunächst im Nirvana meiner großen Sammlung bis auf Weiteres verschwinden.

Aber wer weiß, sollte ich aus irgendeinem Zufall heraus, nach Beendigung meines Arbeitslebens, doch noch irgendwann mal, zur oben erwähnten Immobilie kommen, könnte es natürlich sein, dass ich abends diese Scheibe wieder aus dem Regal zücke und bei einem gemütlichen Joint auf der Veranda, ihre Wirkung auf mich ganz neu entfalten lasse…

Provogue (Mascot Label Group) (2016)
Stil: Southern Jam Rock

01. Blind Man In The Dark
02. Rocket Horse
03. Monkey Hill
04. Mr. Big
05. The Same Thing
06. Mother Earth
07. Just Got Paid
08. Left Coast Groovies
09. World Of Difference
10. World Of Difference (Alternate Version – Bonus Track)

Gov’t Mule
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Warren Haynes and The Ashes & Dust Band – 16.07.2016, Kantine, Köln – Konzertbericht

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Was soll man bezüglich dieses großartigen Musikers noch sagen, über seine Jahrzehnte lange Präsenz bei Größen wie Dickey Betts, den Allman Brothers und in seinen Projekten Gov’t Mule, The Dead oder solo, haben Musikjournalisten sich in Hülle und Fülle ausgelassen und das zurecht fast zu 100% immer positiv. Dieser Mann lebt seine Passion und das, trotz seines Könnens und Bekanntheitsgrades, ohne jegliche Allüren und Arroganz. Einfach ein sympathischer und bodenständig gebliebener Typ und das strahlt er auch auf der Bühne aus.

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich in meiner Zeit als Musikschreiber, bisher nie die Gelegenheit fand, über ihn mal zu berichten, besitze natürlich aber auch einiges an Tonträgern aus seinem Fundus. Live hatte ich ihn zuvor nur einmal spielen sehen und das ist Urzeiten her, damals im Kölner E-Werk, als er gerade bei den Allman Brothers eingestiegen war.

Aber das soll sich jetzt ändern. Zum Einen ist mir vor kurzem die Anfang August erscheinende „Tel Star Sessions“-CD mit Stücken aus der ganz frühen Gov’t Mule-Phase ins Haus geflattert, die natürlich demnächst hier reviewt wird, zum anderen ergab sich jetzt die Gelegenheit, über sein Konzert im Rahmen der „Ashes And Dust“-Tour in der Kölner Kantine zu berichten.

Die Kantine war an diesem lauen Sommerabend sehr gut gefüllt, ohne dass aber ein allzu großes Gedränge herrschte. Um 20:00 Uhr betraten Warren und seine Mitstreiter Jeff Sipe (drums), Sterling Masat (guitars, banjo, mandolin) und die drei weiteren Instrumentalisten Matt Manefee (banjo, mandolin), Royal Masat (bass, upright bass) und Ross Holmes (violin), die auch unter dem Bandnamen ChessBoxer eine eigene Band führen, die, mit einer Vielzahl an verschiedenen Saiteninstrumenten, geschmückte Bühne.

Das Sextett begann, dem Album konform, mit dem folkig atmosphärischen „It’s Me Or You“. Für mich als großem Countryfan, war die Kombination aus den Genre-typischen Klängen in Kombination mit Haynes‘ großartigem Gesang und seinen E-Gitarren-Künsten natürlich ein regelrechtes Wonnebad. Schade, dass mein Hoffotograf Gernot Mangold nicht konnte und ich als Schreiber und Fotograf in Personalunion, demnach für entspannten Genuss, nur begrenzten Spielraum hatte. Über Songs wie das Dylan-Stück „Tough Mama“ und „Beat Down The Dusk“ wurde mit dem Little Feat-Cover „Skin It Back“ mit anschließendem „Soulshine“ und der Allman-Nummer „Blue Sky“ eine erste Hochphase eingeläutet.

Gerade letztgenannter Track, war mit den integrierten Banjo- und Violinensoli und Warrens E-Gitarren-Einlagen eine herrliche Alternativ-Version. Vor „Company Man“ wurde die Band vorgestellt, mit dem rhythmischen countryesken, grandios vom ganzen Kollektiv gespielten „Coal Tattoo“, gab es meinen persönlichen Favorit des Abends. Haynes‘ E-Gitarre und Holmes‘ Violine erzeugten Gänsehaut.

„Stranded In Self-Pity“, der atmosphärische Grateful Dead-Klassiker „Loser“, „Lucy In The Sky With Diamonds“ hießen die nächsten Stationen. Der, wie der Titel es schon andeutet, Instrumentaltrack „Instrumental Illness“ (plus Drum-Solo), gewährte dem Ensemble ausreichend Freiraum für ausgiebiges Jammen. Das von Haynes zusammen mit Phil Lesh kreierte „Spots Of Time“ beendete um 22:10 Uhr einen abwechslungsreichen und hochklassig performten Hauptteil.

Haynes und seine Mannen erhörten die lautstarken Zugabe-Forderungen und legten, ähnlich wie bei „Blue Sky“, mit „Jessica“ einen weiteren Allman-Hit nach, wieder unter Einbindung von Banjo, Mandoline und Violine, einfach nur herrlich! Als zweite Zugabe, wurde für das bluesige, mal von Garth Brooks adaptierte, „Two Of A Kind Workin‘ On A Full House“, in typischer Weise mit Harpeinbindung, als krönender Abschluss geboten. Nach über zweieinhalb Stunden famoser Spielkunst verabschiedeten sich Haynes und Co. dann endgültig von ihrer begeisterten Audienz. Ein Klasse-Konzert, das nichts zu wünschen übrig ließ. Der Sound war bis lediglich kurz zu Anfang auch sehr transparent gelungen. Ein wahnsinnig toller Abend!

Warren Haynes
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