Gov’t Mule – Bring On The Music – Live At The Capitol Theatre- CD/DVD-Review

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Review: Gernot Mangold

Zum 25-jährigen Bestehen der Southern Rocker um Mastermind Warren Haynes, beschenkt die Mascot Label Group Maultier-Fans mit einem ganz besonderen Leckerbissen. Am 27. und 28. April des letzten Jahres spielte das Quartett an zwei aufeinander folgenden Tagen im Capitol Theater in Port Cester.

Im Gegensatz zu vielen Livealben anderer Künstler entschloss man sich lobenswerter Weise nicht dazu, die am besten aufgenommenen Songs zweier Konzerte zu mixen und als Beilage ein nahezu identisches Material als Konzertfilm auf DVD dazu zu packen.

Wie auf ihren vielen Touren üblich, spielten Gov’t Mule an diesen zwei Abenden zwei stark voneinander abweichende Programme, was sie auch von anderen Bands des Genres unterscheidet, die seit Jahrzehnten nahezu identische Setlisten abspulen. Diese Kreativität spiegelt sich auch im Konzept der Box mit je zwei CDs und DVDs wider. Auf den CDs befinden sich die Songs des ersten Tages, die DVDs zeigen den Mitschnitt des zweiten Tags und den Fans werden jeweils etwa zweieinhalb Stunden Livemusik der Extraklasse geboten.

Auf die einzelnen Songs einzugehen würde absolut den Rahmen sprengen. Die fast fünf Stunden Musik beinhalten Songs aller Schaffensphasen und von fast allen Studioalben vom 1995er Debüt bis zum 2017 erschienenen letzten Werk „Revolution Come, Revolution Go“ mit dem gleichnamigen Titelsong.

Warren Haynes an der Gitarre/Gesang, Matt Abts am Schlagzeug, Danny Louis an den Keyboards/Gitarre und Gesang sowie Jorgen Carlsson am Bass präsentieren sich dabei in absoluter Hochform und zeigen, dass die Band noch lange nicht als altes Eisen gesehen werden kann, sondern eher auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angelangt zu sein scheint.

Haynes glänzt, wie nicht anders zu erwarten, mit fulminantem, abwechslungsreichen Gitarrenspiel, Er zählt nicht umsonst zu den Besten des Southern- und Blues Rock-Fachs. Auch stimmlich hat er in den Jahrzehnten seiner Karriere nichts von seiner Dynamik und Klarheit eingebüßt.

Danny Louis ergänzt das Soundvolumen entweder als zweiter Gitarrist oder zaubert an den Keyboards Klangteppiche oder sorgt mit fulminanten Soli für einen zum Teil auch psychedelischen Touch der Songs, ohne dabei den Southern Rock aus den Augen zu verlieren. Das Rhythmus-Duo Abts mit zum Teil treibendem Spiel, aber auch gefühlvoll akzentuierten Einsatz der Drumsticks und Basser Jorgen Carlsson legt die grandiose Basis, auf dem sich Haynes an der Gitarre nach Belieben in mehreren jammenden Sequenzen austoben kann.

Neben der Qualität der Band ist aber auch die Aufnahmequalität des Sounds beachtlich, dass es eine Freude ist, sich der Liveathmosphäre hinzugeben, die perfekt widergespiegelt wird. Als Anspieltipp sei insbesondere eine phantastische Version von „Endless Parade“ auf CD 2 empfohlen, wobei auch jeder andere Track gewählt werden könnte, um diese Box schmackhaft zu machen.

Interessant ist auch die DVD, die zunächst mit Warren Haynes beginnt, wie er in einem Backstage-Bereich an seiner halbakustischen Gibson zupfend über Musik philosophiert, um dann nach kurzer Zeit, wie in alten Musikfilmen zunächst wild, psychedelisch anmutend, kurze Sequenzen von Gov’t Mule einzublenden. Danach folgt ein Konzertmitschnitt, der durch viele verschiedene Kameraeinstellungen, dieses Konzert auf besonders beeindruckende Weise einfängt.

Mit diesem Livealbum ist es Gov’t Mule gelungen, einen Meilenstein der Southern-Rock-Musik hinzulegen, der ihren Ruf als vermutlich zur Zeit kreativste Genretruppe untermauert, was aber nicht die Leistung anderer, insbesondere jüngerer Bands schmälern soll. Das, was hier geboten wird, ist einfach Extraklasse und wird nicht nur eingefleischte Fans der Gattung begeistern.

Diese Box macht auf jedem Fall auch neugierig, was Haynes und Kumpanen als nächstes im Studio bringen, aber auch auf die nächsten Live-Auftritte, wobei man da nie vor meist positiven Überraschungen gefeit ist. In diesem Zusammenhang sei das vor Jahren erschienene „The Darkside Of The Mule“ genannt, wo die Band ganz stark alte Pink Floyd-Sachen auf die Bühne brachte.

Anmerkung Red.:
Die Doppel-CD und Doppel-LP werden, wie geplant, am 28. Juni erscheinen, alle weiteren Versionen sind auf den 19. Juli verschoben, siehe dazu in unsere Musiknachrichten.

Provogue (Mascot Label Group) (2019)
Stil: Southern Jam Rock

Disk 1
01. Hammer & Nails
02. Thorazine Shuffle
03. Larger Than Life
04. Forsaken Savior
05. Broke Down On The Brazos
06. Endless Parade
07. Lola Leave Your Light On
08. Blind Man In The Dark
09. Raven Black Night

Disk 2
01. Traveling Tune (alternate version)
02. Stone Cold Rage
03. Whisper In Your Soul
04. Little Toy Brain
05. Trane > Eternity’s Breath > St. Stephen (jam)
06. Pressure Under Fire
07. Fool’s Moon
08. Revolution Come, Revolution Go (alternate version)
09. Bring On The Music

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Gov’t Mule – The Tel-Star Sessions – CD-Review

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Ich war, ehrlich gesagt, nie der große Jam Rock-Fan, auch nicht von psychedelisch behafteter Musik. Es liegt vermutlich daran, dass ich kein Kind der 68er-Generation bin, sondern das bewusste Musikhören erst ab Mitte der Siebziger angefangen habe. Für die Jazz-Präferenzen meines Vaters (Louis Armstrong & Co.) konnte ich mich nicht erwärmen, der Southern Rock hatte mich schnell im Griff. Natürlich waren da auch die Allman Brothers involviert, deren „Brothers & Sisters“-Werk war z. B. meine aller erste gekaufte LP. Für lange Frickelorgien fehlte mir immer die adäquate Umgebung, mit bewusstseinserweiternden Mittelchen hatte ich als erfolgreich heranwachsender Leistungssportler auch nie Berührungspunkte.

Da ich zum heutigen Zeitpunkt, leider kein einsames schönes Haus an einem See oder einem spirituell-umwehten Ort besitze und finanziell, wie die meisten, nicht unabhängig bin, sondern ein Stadtmensch in enger Umgebung, der sich immer wieder von Neuem, im Hamsterrad unserer schnelllebigen Konsumgesellschaft, seine Penunzen verdienen muss, habe ich am Ende des Tages, recht wenig Muße und Nerven für ausgiebig gestaltete Musik-Kreationen. Von daher bin ich eigentlich eher ein Hörer, der (gut gemachte) Stücke im 3-5-Minuten-Bereich bevorzugt.

Das heißt im Prinzip nicht, dass ich Musikern o. a. Gattungen, nicht Respekt zollen würde. Ihr handwerkliches Können, ist natürlich registriert und in gewissen Situationen/Stimmungen durchaus sporadisch willkommen. Die eine oder andere Scheibe aus diesem Bereich ist naturgemäß auch in meinem reichhaltigen Sammel-Fundus präsent.

Gov’t Mule sind so ein Fall. Warren Haynes und seine Mannen, genießen bei mir absolute Hochachtung, ihr „Endless Parade“ zählt zu meinen Alltime-Lieblingsstücken. Ich höre die kultumwobene Band allerdings so gut wie nie. Jetzt habe ich ihre „The Tel Star Sessions“ unverhofft ins Haus bekommen und stelle mich einfach mal der Herausforderung! Die Aufnahmen passierten im Vorfeld zu ihrem Debütalbum, von denen es einige Stücke dann auch auf dieses geschafft hatten. Diese Session-Stücke wurden jetzt nochmal ausgegraben, nachbearbeitet und stehen als digitaler Tonträger zur Veröffentlichung, Anfang August, bereit. Lediglich das progessiv angehauchte „World Of Difference“ (in zwei Versionen präsent) ist einmal auch in der ursprünglichen Rohfassung am Ende der CD zu hören.

Es ist insgesamt für mich dann auch die erwartet anstrengende Kost. Die Stücke, alle fast in Acht-Minuten-Gefilden, sind relativ ähnlich strukturiert. Knatternde, knarzende und surrende E-Gitarrenintros, Haynes Gesang klingt wie gewohnt (manchmal ist er durch eine Voicebox modifiziert), Allen Woodys Bass pumpt höllisch, Abts Drums poltern kräftig und irgendwann kommt ein langer Solo-Part, wo das Trio in Probenraum-artige Improvisationsausflüge mündet. Für echte Musiker und Jam-Fetischisten sicherlich eine klasse Sache. Für mich persönlich sind diese Niedeleien auf die Dauer sehr ermüdend.

Und so spielen sich Haynes, Woody und Abts für ihre anvisierte Klientel höchst anspruchsvoll durch Allman- („Rocking Horse“, „The Same Thing“), Hendrix-, Cream-, Bad Co.- („Mr. Big“) oder ZZ Top– („Monkey Hill“, „Mother Earth“, „Just Got Paid“-Cover) infiziertes Material, das im weiteren Verlauf, die Basis und den Auftakt für ihre anschließende Gov’t Mule-Karriere bildete.

Ich persönlich bevorzuge dann doch eher Haynes‘ Solo-Scheiben oder, wie vor kurzem im Rahmen seiner „Ashes & Dust“-Tour gesehen, wenn er mal ins Country Rock-Geschehen abdriftet. Die „Tel Star Sessions“-Scheibe wird vermutlich zunächst im Nirvana meiner großen Sammlung bis auf Weiteres verschwinden.

Aber wer weiß, sollte ich aus irgendeinem Zufall heraus, nach Beendigung meines Arbeitslebens, doch noch irgendwann mal, zur oben erwähnten Immobilie kommen, könnte es natürlich sein, dass ich abends diese Scheibe wieder aus dem Regal zücke und bei einem gemütlichen Joint auf der Veranda, ihre Wirkung auf mich ganz neu entfalten lasse…

Provogue (Mascot Label Group) (2016)
Stil: Southern Jam Rock

01. Blind Man In The Dark
02. Rocket Horse
03. Monkey Hill
04. Mr. Big
05. The Same Thing
06. Mother Earth
07. Just Got Paid
08. Left Coast Groovies
09. World Of Difference
10. World Of Difference (Alternate Version – Bonus Track)

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