Atua Blues – Two Roots – CD-Review

Review: Hans-Joachim Kästle

Manchmal flattern CDs ins Haus, da kann man sich schon mal fragen: Wer ist das? Schlimmer allerdings wäre es, wenn dann auch noch die Frage aufkäme: Was bitteschön ist das? Um es vorwegzunehmen: Diese hat sich nicht gestellt, wobei wir gleich mal beim Prädikat „Durchaus hörenswert“ sind.

Kommen wir zum Anfang zurück: Atua Blues besteht aus Grant Haua, einem Maori-Bluesgitarristen und Sänger aus Neuseeland, und David Noel, dem als Feelgood Dave bekannten Leadsänger der in Frankreich beheimateten SuperSoul Brothers.

Apropos Neuseeland: Hatten wir nicht erst neulich etwas aus diesem Pazifikstaat? Klar: BB & The Bullets, deren Debüt-CD „High Tide“ es beim amerikanischen Roots Music Report – der aus Radio-Airplay-Daten zusammengestellt wird – sowohl in der Sparte Blues als auch Blues Rock auf Platz eins geschafft hat. Wenn das mal kein gutes Omen für das Erstlingswerk von Atua Blues ist…

Haua, Noel und ihre Begleitmusiker beginnen die CD mit „Amazing Grace“, einem über 250 Jahre alt Gospelsong, der schon unzählige Male gecovert worden ist. David Noel erklärt die Beweggründe: „Die Wahl dieses Titels kam in unseren Gesprächen sofort zur Sprache, da Gospelmusik unserem Leben Rhythmus verleiht.“

Mit ihrer entspannt-rhythmischen Interpretation schafft es die neuseeländisch-französische Kombination aber, dass der Uraltsong in einem luftigen Gewand daherkommt, was auch für den Nummer-eins-Hit von George Harrison, „My Sweet Lord“, gilt. Hier gibt es Textpassagen aus Maori und Okzitanisch. „River Blues“ ist leicht Country-angehaucht, „I Get The Blues“ ein Slow Blues, „Hard Lovin‘ Woman“ geht Richtung klassischer Blues Rock – stilistische Vielfalt ist somit auch gewährleistet.

Dixiefrog Records (2025)
Stil: Blues, Soul, Gospel

Tracks:
01. Amazing Grace
02. Fisherman
03. Hard Lovin‘ Woman
04. I Get The Blues
05. My Sweet Lord
06. No Competition
07. River Blues
08. Rose
09. Suck It Up
10. What Have We Done
11. Who’s Gonna Save My Soul

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Tedeschi Trucks Band and Leon Russell – Mad Dogs & Englishmen Revisited Live at Lockn‘ – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Das Locknʼ Festival in Arrington, Virginia, zählte fast 10 Jahre zu den namhaften Konzertveranstaltungen. Es war insbesondere bekannt für die vielen, großartigen Kollaborationen aus der Southern-, Country-, Americana-, Blues-, Soul-Szene, die in Jam Sessions und einmaligen Gastauftritten Seltenheitswert erlangten und immer wieder spannende Raritäten hervorbrachten. Zu diesen ausschließlich für Locknʼ konzipierten Performances zählte 2015 die Neu-Inszenierung von “Mad Dogs & Englishmen”, dem 1970er Joe Cocker US-Tournee-Album.

Die Tedeschi Trucks Band brachte für das sogenannte “Revisited”-Konzert eine Reihe prominenter Gäste, wie u. a. Warren Haynes (Gov’t Mule), Chris Robinson (The Black Crowes), Anders Osborne (North Mississippi Allstars) auf die Bühne. Von den ursprünglichen 70er Tournee-Akteuren waren z. B. Chris Stainton, Rita Coolidge und natürlich Altmeister Leon Russell – damals Bandleader, Arrangeur, Songwriter und Multiinstrumentalist – mit dabei. Die Konzertaufnahme “Mad Dogs & Englishmen Revisited Live at Locknʼ” ist nun über Fantasy Records offiziell erhältlich, wobei sich die Auswahl der neu interpretierten Titel nicht nur auf das 70er Album erstreckt, sondern auch Songs der 2005er Deluxe Edition einbezieht. Cockers Klassiker “The Letter” startet den umwerfenden Big Band Rausch mit Susan Tedeschi als Soul-Diva. Der geniale Lovin’ Spoonful Hit “Darling Be Home Soon” endlich in außergewöhnlicher 6-Minuten Version: Tedeschis Vocals und Doyle Bramhalls Solo-Saiten, ein weiteres Highlight gleich zum Auftakt der Setlist.

Bob Dylans “Girl From The North Country” war damals wie heute einer der Höhepunkte der Aufnahmen – jeweils unter phänomenaler Beteiligung von Soulsängerin Claudia Lennear, die bei “The Weight”, wie im Original, wieder zusammen mit Rita Coolidge und zusätzlich Susan Tedeschi im großen Bandgefüge zur grandiosen Werkschau beiträgt. Auch hier verkraftet der alte The Band Titel das umfangreiche, “orchestrale” Arrangement vom klassischen Americana-Rock zum Gospel-Soul-Schwergewicht. Joe Cockers Tournee-Marathon durch über 40 US-Städte – mit 20 köpfiger Band – brachte den Longplayer bis auf Platz 2 der US-Charts und dem englischen Sänger mit den leidenschaftlichen Bühnen-Gesten den Ruf ein, Teil der 2. britischen Rock- Invasion zu sein, die Ende der 60er die US-Hitparaden überrollte.

Auf seiner Tour-Setlist markierten immerhin drei Beatles-Songs, ein Stones-Titel und das unverwüstliche „Feelin‘ Alright“ (in Lockn‘ gesungen vom Songwriter Dave Mason himself) den UK-Schwerpunkt. Beim “Revisited”-Konzert gehören die Lennon/McCartney Klassiker “She Came Through The Bathroom Window” (ft. Warren Hayes) und “With A Little Help From My Friends” (ft. u.a. Chris Robinson) wieder zu den herausragenden Interpretationen, die ihren zeitlosen Charme im Mega-Sound von rund 20 Akteuren ausbreiten. Hierbei leistet der leider ein Jahr später verstorbene Leon Russell nochmal inspirationale Klanggestaltung und instrumentale Choreographie, um mit seiner Schlußballade von “Mad Dogs & Englishmen” die “Wiedergeburt” des Rock-geschichtlichen Vorbilds gebührend zu feiern.

Mit der einmaligen/legendären Produktion “Mad Dogs & Englishmen Revisited Live at Locknʼ” haben die Tedeschi Trucks Band und Leon Russell ein musikhistorisches Live-Album wieder in Erinnerung gerufen. Entstanden ist eine magisch-lebhafte Hommage an ein legendäres Konzert-Ereignis, dessen einzigartige Verbindung aus Blues, Rock, Jazz, R&B und Soul anhand von ikonischen Musikstücken – auch für eine neue Generation – kongenial konzipiert wurde.

Fantasy Records (2025)
Stil: Blues, Rock, Soul

Tracks:
01. The Letter ft. Susan Tedeschi
02. Darling Be Home Soon ft. Susan Tedeschi & Doyle Bramhall II
03. Dixie Lullaby ft. Doyle Bramhall II
04. Sticks And Stones ft. Chris Robinson
05. Girl From The North Country ft. Claudia Lennear
06. Let’s Go Get Stoned ft. Susan Tedeschi
07. Feelin‘ Alright ft. Dave Mason & Anders Osborne
08. She Came In Through the Bathroom Window ft. Warren Haynes
09. Bird On The Wire ft. Rita Coolidge & Doyle Bramhall II
10. The Weight
11. Delta Lady ft. John Bell
12. Space Captain ft. Susan Tedeschi & Chris Robinson
13. With A Little Help From My Friends ft. Chris Robinson, Susan Tedeschi
14. The Ballad Of Mad Dogs And Englishmen

Tedeschi Trucks Band
Leon Russell
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The Boneshakers – Live To Be This – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Wenn Soul auf R&B trifft, Detroit Rock sich mit Funk verbindet und der Blues das Ganze abrundet, dann stehen The Boneshakers aus Saint Louis auf der Bühne. Ihr aktuelles Werk ”Live To Be This” ist immerhin bereits das 11.Studioalbum und umfasst eigene Songs sowie handverlesene Covertitel.

Los geht’s rasant mit “I’ll Kick A Brick (For My Man)”, einer 71er Hot Sauce Glanz-Nr., die Soul-Funk im Tina Turner Style als mitreißende Performance wiederbelebt. Nahtlos passend schließt sich “They Say I’m Different” an den Opener. Die Betty Davis Blues-Funk-Hymne (Original 1974) würdigt intensiv die Blues- und Rock-Größen der Anfangsjahre in ebenso glanzvoll funkiger Tradition und verdient es einfach, wieder aus der Vergessenheit geholt zu werden. Gleiches gilt für den Bobby Patterson Titel “How Do You Spell Love” aus 1972, der im stampfenden Blues Dance beim Mitmachen schnell die Schweißperlen treibt. The Boneshakers liefern hochklassige Versionen früher Klassiker voll auf den Punkt. So auch beim Iggy Pop Track “I Need Somebody” (1977), bravouröser Blues-Funk-Rock steht mit dem bekannten Original auf Augenhöhe.

Doch wer sind The Boneshakers überhaupt? Den bewegungsfreudigen Bandnamen erfand US-Ikone Bonnie Raitt kurzerhand 1996, als sie von der Studioband mehr als begeistert war. Die eigentliche Boneshakin‘ Story begann dann ein Jahr später und mit der Zusammenarbeit des ehemaligen Was (Not Was) Multigitarristen Randy Jacobs mit Sänger “Sweetpea” Atkinson (verst. 2020) und wechselnden Besetzungen. Produzent John Wooler holte mit der jungen Bluessängerin Jesse Langer schließlich die neue, hochkarätige Stimme für die Aufnahmen von “One Foot In The Groove” (2022) mit ins Boot. Das Album erreichte jeweils Nr.1 der UK-Blues und der US-Soul-Blues Charts.

Für die aktuelle Scheibe hat das Produzententeam (u.a. Wooler, Mike Zito, Oliver Overton) ein bemerkenswertes All-Star Line-up in das Studio geholt. Neben Blues-Legende Bobby Rush, sind u.a. Harp-Player Charlie Musselwhite, Gitarrist Coco Montoya (John Mayall Band), auch Don Was und Saxophonist Jimmy Carpenter mit dabei. Entsprechend sind auch die weiteren Titel eine exzellente Darbietung vielfach unterschätzter Originalkompositionen, wie u.a. “Here I Am” (von Eddie Hinton), „Don’t Deny Me” (von Jerry Lynn Williams) oder “Tears Of The World” (Willie Hale). Hinzu kommen gleichwertige, eigene Songs, wie z. B. “Evil No More” – mit unverkennbarem Harp-Solo, sowie „Ain’t Good Enough For Me”, selbst fast bereits ein Klassiker. Jesse Langers Vocals belohnen allemal, ob im Duett mit Bobby Rush auf dem überragenden “Salty”, oder auf den gleich zwei Akustik-Aufnahmen von “Dobro Jones” (Delta bzw. Country Mix) und genialer Slide-Begleitung von Randy Jacobs. Selbst die schöne Bonus Zugabe “Cake And The Candle” setzt dem “Sahnehäubchen” eine kleine, liebevolle Krone auf.

Mit “Live To Be This” präsentieren The Boneshakers erneut eine beachtliche Trackliste: 15 Songs, die den breiten Rahmen ihrer Stilrichtung kontinuierlich erweitern. Ein Sound, der mitreißt und bewegt – musikalisch wie emotional. Die Boneshakers setzen hier ihren hohen Wiedererkennungswert als gelebtes Motto um und liefern ein Album voller Intensität und Ausdruckskraft.

Gulf Coast Records (2025)
Stil: Blues, Soul, Funk, Rhythm & Blues

Tracks:
01. I’ll Kick A Brick (For My Man)
02. They Say I’m Different
03. How Do You Spell Love
04. I Need Somebody
05. Dobro Jones (Delta Mix)
06. Evil No More feat. Charlie Musselwhite
07. I Am The Cool feat. Don Was
08. Here I Am
09. Salty feat. Bobby Rush
10. Don’t Deny Me feat. Jimmy Carpenter and Coco Montoya
11. Took A Trip
12. Tears Of The World
13. Ain’t Good Enough For Me
14. Dobro Jones (Low Country Mix)
15. The Cake And The Candle

The Boneshakers
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Little Feat – Strike Up The Band – CD-Review

Mit Little Feat verbinden Menschen meiner Generation sicherlich zunächst mal den Auftritt bei der legendären Premiere der Rockpalast-Nächte in der Essener Grugahalle, wo die Band den Mittelteil bildete, nachdem zuvor Rory Gallagher den bunten Reigen eröffnet hatte.

Reichhaltig bestückt mit charismatischen Musikern wie u. a. Lowell George, Bill Payne, Paul Barrere oder dem energiegeladenen Drummer Richie Hayward begeisterten sie mit einer Rockshow, die auf einem reichhaltigen Fundament diverser hier hervorragend ineinander greifender Stile wie Country, Americana, Jazz, Soul, Funk, Blues, Southern Rock und Boogie basierte.

Ihr kurze Zeit später veröffentlichtes Live Doppelalbum „Waiting For Columbus“ erreichte Platin-Status und gehörte damals zum Standard jeder gut sortierter Plattensammlung. Auch der Tod diverser Bandmates wurde bis zum heutigen Tage immer wieder kompensiert, mittlerweile zieht Gründungsmitglied Bill Payne die Fäden und hält den musikalischen Spirit des Ensembles weiter aufrecht.

In kreativer Hinsicht war es längere Zeit ruhig, nun gibt es „Strike Up The Band“ nach dreizehn Jahren wieder ein neues Studioalbum, das in der Besetzung Billy Payne (Keys), Fred Tackett an (guitars, voc), Kenny Gradney am Bass und Sam Clayton (percussion, voc) samt der jüngeren Mitglieder wie Scott Sharrard als Lead-Gitarrist und Sänger sowie Tony Leone (drums, voc) eingespielt wurde.

Dreizehn neue Stücke, die auch wieder für die anfangs beschriebene Diversität der Truppe stehen und nur so vor Spielfreude und Energie strotzen. Allein schon der Opener „4 Days of Heaven 3 Days of Work“ das slide-trächtige, swampige „Bayou Mama“ und auch die vorab ausgekoppelte flippig-launige Single „Too High To Cut My Hair“ vermitteln sofort den unwiderstehlichen Groove, für den der Name Little Feat seit je her bekannt ist. Souligen Southern Rock bietet das tolle „Midnight Flight“ – an dem Stück hätte Gregg Allman sicher auch seine helle Freude gehabt.

Der genau in der Mitte, quasi als Centersong platzierte Titelsong „Strike Up The Band“  wartet mit einer Gastpräsenz des angesagten Duos Larkin Poe auf, das wunderschöne weibliche Harmoniegesänge beisteuert. Hier kommen auch Band Of Heathens-Fans auf ihre Kosten, die sicherlich von weiteren Tracks wie „Shipwrecks“ und dem melodischen und wohl eingängigsten Track „Disappearing Ink“ begeistert sein werden.

Tex-Mex-Liebhaber kommen bei den variantenreich gestalteten „Bluegrass Pines“ (feat. Molly Tuttle, Larry Campbell & Teresa Williams) und dem fröhlich-beschwingten „Dance A Little“ auf ihre Kosten, delta-bluesig geht es auf „Running Out Of Time With the Blues“ zu.

Und wem das alles noch nicht genug ist, der bekommt am Ende noch ein typisches New Orleans-Feeling, pendelnd zwischen Trauer und unbändiger Freude, auf „New Orleans Cries When She Sings“ vermittelt.

Fazit: Bill Payne hat auf „Strike Up The Band„ weiterhin eine schlagkräftige Truppe um sich versammelt, die spielend leicht den bewährten erfinderischen Little Feat-Sound in die aktuelle Zeit transportiert. Little Feat hinterlassen hier ein großen musikalischen Fußabdruck und sind ein heißer Kandidat für das Album des Jahres! Dicke Kaufempfehlung!

Hot Tomato Productions, Proper / Bertus (2025)
Stil: Blues Rock and more

Tracks:
01. 4 Days of Heaven 3 Days of Work
02. Bayou Mama
03. Shipwrecks
04. Midnight Flight
05. Too High To Cut My Hair
06. When Hearts Fall
07. Strike Up The Band
08. Bluegrass Pines
09. Disappearing Ink
10. Love and Life (Never Fear)
11. Dance A Little
12. Running Out Of Time With the Blues
13. New Orleans Cries When She Sings

Little Feat
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Greg Nagy – The Real You – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Greg Nagy ist ein vielseitiger Musiker, dessen Songwriting, Gesang und Gitarrenspiel zu einem erfrischend ehrlichen Sound zusammenfinden, wobei er Elemente aus Soul, R&B, Rock und Gospel miteinander mischt. So auch auf seiner Debütveröffentlichung „Walk That Fine Thin Line“, dem Nachfolgealbum „Fell Toward None“ und seinem dritten Werk „Stranded“. Bemerkenswert ist, dass Nagy seine Messlatte von Album zu Album immer etwas höher gehängt hat und diese nun in seinem neuesten Oevre „The Real You“ bereits verdammt hoch hängt. Es ist ein 11 Stücke umfassendes, sehr abwechslungsreiches Album, das man so schnell nicht leid wird. Vielen Songs gemein ist, dass sie mit präzisen und teils nostalgisch wirkenden Bläsersätzen aufwarten, gleichwohl aber auch Gitarrenlicks im Chicaostyle-Blues einbinden.

Nagy eröffnet sein Werk mit einem gefälligen, souligen Popsong namens „The Real You“, in dem bereits hier leicht nostalgische Bläsersätze ein tragendes Gerüst bilden. Mit dem Folgestück „Mississippi Blues“ setzt er sodann einen starken Kontrapunkt in Form eines gefühlvollen Deltablues mit Akustikgitarre und Mundharmonika. Ruhig fließt auch der Song „Crazy“ dahin, ein verträumter, balladesker Slowblues mit 70ger Jahre-Charme. Kangvolle Keyboardteppiche wabern durch den Chicagoblues „Never Mine“. Mit „Come To Poppa“ folgt ein recht heavy-rockiger Blues, dessen Stil von kräftigem Gebläse mit jaulender Gitarrenuntermalung geprägt ist. Dann wieder ruhige Töne: der Beatles-Klassiker „Something“ in neuem Gewand, hier als Duett mit der Sängerin Thornetta Davis.

„Cornell Ala King“, ein flotter, eingängiger Instrumental-Shuffle, weckt anschließend den dahingeschmolzener Zuhörer wieder auf, um ihn dann in den balladesken Midtempoblues „Baby, What Took Your Love Away From Me“ zu entlassen. Das für mich interessanteste Stück auf der Scheibe ist aber der Titel „Where Do We“, das mit analogem Vinylgeknister beginnt und zu dem sich der verkratzte Sound einer Akustikgitarre gesellt. All das geht schließlich in einen schönen Southernblues mit viel Charme über. Das Album endet hernach mit zwei Slowbluesnummern. In „All I Need (Is You)“ bespielt Nagy seine Akustikgitarre im Fingerpickingstyle und mit „The Joke“ klingt die CD, getragen von Pianoklängen und dezenter Percussionuntermalung, aus.

Greg Nagy dürfte hierzulande wohl noch nicht so bekannt sein, aber mit „The Real You“ wird sich das sicherlich schnell ändern. Der Longplayer ist stilistisch und musikalisch sehr abwechslungsreich und macht beim Hören so richtig Spaß, ohne auf die Dauer langweilig zu werden. Greg Nagy dürfte hierzulande noch ein Geheimtipp sein, nichtsdestotrotz gibt es von mir für seinen Silberling eine dringende Kaufempfehlung.

Eigenproduktion (2024)
Stil: (Soul) Blues

Tracks:
01. The Real You
02. Mississippi Blues
03. Crazy
04. Never Mine
05. Come To Poppa
06. Something
07. Cornell Ala King
08. Baby, What Took Your Love Away From Me
09. Where Do We
10. All I Need (Is You)
11. The Joke

Greg Nagy
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Beth Hart – You Still Got Me – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Das inzwischen schon fast als Klassiker eingestufte Vorgängeralbum “A Tribute To Led Zeppelin” (2022) hat die Wartezeit etwas verkürzt: Nun hat Beth Hart ihr insgesamt 11. Studiowerk “You Still Got Me” vorgelegt; eine leidenschaftlich emotionale Produktion, gefüllt mit überstarken Songs, die unter die Haut gehen. Die hochtalentierte, Grammy-nominierte, US-Singer/Songwriterin (u. a. mit 3 European Blues Awards) veröffentlicht seit 1993 eigene Solo-Scheiben und hat insbesondere durch die Zusammenarbeit mit Joe Bonamassa (u. a. “Black Coffee”) zurecht jede Menge weitere Fans erreicht. Jetzt vertiefen die Storytelling-Tracks und kraftvollen Kompositionen diese Verbindung.

Maßgeblich beteiligt war wieder Kevin Shirley, der bereits die Longplayer mit Bonamassa und das Solo-Album “Bang Bang Boom Boom” (2012) produzierte. Los geht die Scheibe mit “Savior With A Razor”, einem rockigen Opener, angeführt von Slashs Guns N’ Roses-Gitarre, während Beths Stimme die mitreißende Hymne vorwärts treibt. “Sie (Beth) ist eine unglaubliche Sängerin und Texterin…und eine echte Freundin. Sie ist unglaublich”, lobt Slash die Zusammenarbeit, die sich ebenso auf sein neues Studioalbum “Orgy Of The Damned” erstreckt. Dieses Teamplayer-Format schätzt auch Blues-Gitarrist Eric Gales, der auf dem zweiten Stück “Sugar N My Bowl” die elektrische Saitenzauberei übernahm. Das neben diesen groovigen Funk-Soul Tracks selbstverständlich Platz ist für bluesige und jazzige Chansons, z. B. “Drunk On Valentine”, ist typisch Hart; Etta James und Ella Fitzgerald sind dabei durchaus in Reichweite.

Überraschend findet sich jedoch ebenfalls ein moderner Old School Country-Rock in der Tracklist und bringt eine dicke Danksagung an den Man In Black (“Wanna Be Big Bad Johnny Cash”). Der Sprung in die folgende Klavierballade “Wonderful World” ist für Beth Hart nur ein kleiner und ein zusätzliches, unbedingtes Meisterstück des Albums, welches die Interpretin als überragende, soulige Stilistin feiert. Permanent im Gedächtnis bleibt der post break-up Song “Little Heartbreak Girl” und erhebt nicht zuletzt durch den einfallsreichen Klavier Tempo-Wechsel den berechtigten Anspruch, in die erste Reihe der Rock-Balladen aufzusteigen: Lyrisch eine Empowerment-Hymne, die einen Hauch von Traurigkeit, aber einen Sturm von Optimismus versprüht.

Kein Weg vorbei führt eindeutig am Titelsong. “I Still Got You” ist ein Masterpiece Love Story Track, eine Heart and Soul Ballade, die vielleicht nur Beth Hart in dieser charismatisch intensiven Weise singt und damit an Janis Joplin ebenso erinnert. Die filmreife Interpretation und die puren Emotionen des Gesangs heben den powervollen Epos in die obere “Etage” essentieller Musikstücke, eine Naturgewalt an Substanz und Inspiration, jedoch leider wegen der Länge von 6 Minuten kaum radiotauglich. Dabei ist es durchaus der Mut zu den überlangen Balladen, der dem Album “I Still Got You” insgesamt die persönliche Signatur, die berührende Authentizität und die seltene Magie verleiht, die Beth Hart als unbändige Sängerin und Musikerin erfolgreich ausstrahlt. Erleben kann man sie mit dem neuen Album auch auf Deutschland-Tournee, z. B. im November in Köln, Hamburg oder Berlin.

Mascot Label Group (2024)
Stil: Blues Rock, Soul

Tracks:
01. Savior With A Razor (feat. Slash)
02. Suga N My Bowl (feat. Eric Gales)
03. Never Underestimate A Gal
04. Drunk On Valentine
05. Wanna Be Big Bad Johnny Cash
06. Wonderful World
07. Little Heartbreak Girl
08. Don’t Call The Police
09. You Still Got Me
10. Pimp Like That
11. Machine Gun Vibrato

Beth Hart
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Jade MacRae – In My Veins – Digital-CD-Review

Wer als Backgroundsängerin in Joe Bonamassas Band über Jahre hinweg erfolgreich partizipiert, ist, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, für deutlich mehr prädestiniert, als nur ein paar schöne laszive Aahs, Oohs oder Uuhs. Jade MacRae, die wir jetzt auch schon sehr oft live erlebt haben, zeigt als Fronterin auf ihrem neuen, nur digital veröffentlichen Studio-Album „In My Veins“, dass sie Gesangsblut in ihren Adern mitgegeben bekommen hat.

Nebenbei sei bemerkt, dass die Protagonistin übrigens auch einen Universitätsabschluss als Pianistin und Violinistin vom Sydney Conservatorium Of Music hat.

Die 10 Tracks hatten ihren Ursprung während der Pandemie-Zeit, wo sich jede Menge  innerlicher Frust angestaut hatte und wurden später mit Leuten wie Kirk Fletcher (Gitarre, u. a. Ex-Fabulous Thunderbirds, Eros Ramazotti) , Lachy Doley (Voc, Hammond u. a. Jimmy Barnes, Glenn Hughes), Mahalia Barnes (Voc, u. a. Joe Bonamassa Band, Tochter von Aussie-Rocklegende Jimmy Barnes), Karen Lee Andrews (australische Sängerin(Ms Murphy)) und Jades Eltern, der renommierten Jazz-Sängerin Joy Yates und Fusion/Modern Jazz-Pianist Dave MacRae,und auch von Joe Bonamassa weiterentwickelt.

Der Gitarrenmeister himself liefert dabei auf dem sicherlich stärksten Stück des Werkes, dem slow-bluesigen „Early In The Morning“ eine packendes E-Solo, dass der ohnehin schon fesselnden Atmosphäre im Verlauf noch weitere dramatische Tiefe vermittelt.

Weitere Anspieltipps meinerseits sind der lässig groovende Opener „Out Of Sight“, das heftig und aggressiv  dahingeschossene Soulfeuer in „Shots Fired“, aber natürlich auch die ruhigeren Sachen wie „Reckoning“, das anprangernde „How Can We Live“, in denen Jade ihre ganze emotionale Verzweiflung der Pandemiezeit stimmlich in ihre Songs einbringt sowie auch das finale famose „Better This Time“ mit dem fast improvisiert wirkenden Instrumentalteil im Endbereich des Tracks.

Joe Bonamassa beschreibt sie als eine der talentiertesten Musikerinnen, die er je getroffen habe und in dieser Kombination von Seelenfülle und technischer Gewandtheit nur sehr selten vorkommt. Jade MacRaes neues Album „In My Veins“ untermauert dieses Statement mit tollen, spannenden und abwechslungsreichen Songs, handelnd von von Selbstliebe, positivem Denken in einer Zeit generationen-übergreifender Panik, Optimismus und dem Triumph über das Grauen. Und das mit einer Stimme, die im Blues-Soul-Bereich ihresgleichen sucht.

Eigenproduktion (2024)
Stil: Blues, Soul & More

01. Out Of Sight
02. Rose Coloured Glasses
03.  Little Joy
04. Early In The Morning
05. Eyes To The Sky
06. Shots Fired
07. Reckoning
08. How  Can We Live
09. In My Veins
10. Better This Time

Jade MacRae
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Bruce Katz Band – Back In Boston Live – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Mit 100 Sitzplätzen ist The Fallout Shelter, Norwood bei Boston, MA., eine bemerkenswerte Venue. Zugleich Broadcast und Recording Studio mit High-End-Audio und Videoproduktion, sowie Live Streams auf Youtube, wird die legendäre Institution getragen von der gemeinnützigen Grassroots Cultural Organisation. Neben vielen anderen haben z. B. auch Larkin Poe vor fast 10 Jahren die “Extended Play Sessions” im Fallout Shelter als Promotion-Chance genutzt.

Und so haben wohl die Erlebnisse seiner Studienzeit am Berkeley College of Music und seine dortige Professur (1995 – 2010) eine Rolle gespielt und den genialen Piano, Organ-Keyboarder (und Bassisten) Bruce Katz nun wieder in seine ehemalige Heimatstadt gezogen, um die neue Scheibe “Back In Bosten Live” im Fallout Shelter einzuspielen. Die mit neun Eigenkompositionen und zwei Cover-Stücken vollgepackte Konzertaufnahme lässt an der Live-Power der exzellenten Band von Beginn an nicht den geringsten Zweifel, wobei es sich überwiegend um Instrumentals handelt, die in ihrer Intensität den Gesang leicht entbehren können.

Ein Highlight des Longplayers ist die fast 10-minütige Version des Allman Brothers/Dickie Betts Titels “In Memory of Elizabeth Reed”, inklusive eines outstanding Drum-Solo-Parts und Keyboard/Guitar Variationen. Zwei 9-Minuten-Tracks (“Get Your Groove” und “Gray’s Jam”) gehören zu den weiteren Konzerthöhepunkten. Die nicht nur vom Titel her groovenden und jammenden Rhythmen treibt Bruce Katz zusammen mit Gitarrist Aaron Lieberman, Gastmusiker Jesse Williams (u. a. North Mississippi Allstars) am Bass, und Schlagzeuger Livio Pop, durch grandiose Solo-Einlagen furios in ausgiebig breite Klangsphären.

Die pure Begeisterung beim Publikum steigert den Eindruck der kraftvollen Live-Performance. Aaron Lieberman, der auch die Gesangsparts übernimmt, hat mit dem 1934er Leroy Carr-Klassiker “Blues Before Sunrise” seine absolut herausragende Vocal-Nummer, deren krönende Piano-Passagen des mittlerweile 72-jährigen Bandleaders den seinerzeit sehr populären Blues-Interpreten Carr auszeichnen.

Auch der Boogie-Woogie und Rock’n’Roll “Don’t Feel So Good Today” (Jerry Lee Lewis hätte seine pure Freude!) rückt den Oldie-Charakter in den Vordergrund der Aufnahme. Chuck Leavell selbst Pianist und Keyboarder (in den 70ern u.a. Allman Brothers und inzwischen Musical Director der Rolling Stones) bringt es treffend auf den Punkt: “Bruce Katz …has fingers full of fire…whether on piano or hammond…”.

Die phänomenale Klangwelt aus Blues, Jazz, Soul und Jam-Band-Rock von Bruce Katz und seiner Band ist auf “Back In Boston Live” jederzeit präsent und steigert sich zu einer mehr als elektrisierenden Performance. Der Stellenwert dieser hochgradig gelungenen Produktion einer weitverzweigten American Roots Music Experience ist jedoch ebenso geprägt durch die unmittelbar hautnahe Atmosphäre im Fallout Shelter. Natürlich findet die CD-Release-Party dort am 13.09.2024 ebenfalls statt.

Dancing Rooster Records (2024)
Stil: Blues, Jazz, Soul

Tracks:
01. The Czar
02. Blues Before Sunrise
03. In Memory Of Elizabeth Reed
04. Don’t Feel So Good Today
05. Get Your Groove
06. Gary’s Jam
07. Dreams Of Yesterday
08. Take The Green Line
09. BK’s Broiler
10. Just An Expression
11. For Brother Ray

Bruce Katz Band
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Sierra Green & The Giants – Here We Are – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Sierra Green wurde seit ihrer Kindheit, sie hat bereits im Alter von acht Jahren in einem Kirchenchor gesungen, musikalisch in New Orleans sozialisiert. Inzwischen wird sie als „Queen of Frenchmen Street“, dem legendären Künstlerstadtviertel der Stadt, verehrt.

Hier hat Sierra Green auch ihre erstklassige Begleitband „The Giants“ rekrutiert und zusammen in Nashville mit dem renommierten Gitarristen und Produzenten JD Simo ihr Debütalbum „Here We Are“ aufgenommen und produziert. Das Album enthält zehn legendäre, neu interpretierte Songs bekannter Soulmusiker, von denen James Browns „This Is A Man‘s World“ sicherlich der bekannteste sein dürfte. Und mit „Same Old Blues“ ist sogar ein Stück mit Anleihen des Chicagoblues dabei.

In allen Tracks besticht Sierra Green durch ihre unverwechselbare Alt-Stimme, unterstützt von einer starken Bläsersektion und mitreißenden Basslinien. Eine Reminiszenz an die Soulmusik aus Detroit und Memphis. Unter dem Strich ist „Here We Are“, nicht nur für Freunde der klassischen Soulmusik, ein gelungenes und inspirierendes Album voller gefühlvoller Melodien und emotionaler Tiefe.

Allerdings fordert es nicht unbedingt zum Tanzen auf, viele der Songs bewegen sich eher im Midtempobereich. Aber es in Ruhe genießen und dabei in Erinnerungen an vergangene Zeiten schwelgen, das geht mit dem Album hervorragend. Auf weitere Werke von Sierra Green und ihren Giants dürfen wir also gespannt sein.

Big Radio Records (2024)
Stil: Soul

Tracks:
01. Can You Get To That
02. Come To Mama Bläser Soul
03. Girls Can‘t Do What Guys Do
04. Break In The Road
05. Dreams
06. This Is A Mans World
07. He Called Me Baby
08. Get Low Down
09. Promised Land
10. Same Old Blues

Sierra Green & The Giants
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Sugaray Rayford – Human Decency – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Zwei Jahre nach seinem Award-gekrönten Album “In Too Deep” hat der US-amerikanische Soul-Blues-Sänger und Songschreiber Sugaray Rayford (B.B. King, Entertainer of the Year 2020) bereits seinen neuen Longplayer “Human Decency” am Start. Die Scheibe wurde, wie die drei erfolgreichen Vorgänger, von Songwriter Eric Corne (u. a. John Mayall, Lucinda Williams, Walter Trout) produziert und listet neun eigene Kompositionen.

Als Lead-off Single gibt “Run For Cover” sogleich Volldampf und pusht Sugarays außergewöhnliche Stimmkraft zum Sound der Bläsersection – ein echter Powersong. Die stampfende Soul-Rock Speed-Nr. “Ain’t That A Man” belebt die gute alte Sam & Dave Memphis-Soul-Time, und zusätzlich wird klassischer Soul im Stile von Solomon Burke in “Strawberry Hill” frisch aufgelegt. Country-Sänger Sam Morrow darf sich im Duett von “Stuck Between” als funkiger Soul-Blues-Interpret beweisen und auch hier leistet die Bläsertruppe, getragen von Joe Sublett, am Saxophon (u. a. Taj Mahal, Stevie Ray Vaughan, B.B. King Band) und Mark Pender, Trompete, (Ex E-Street Band) mehr als ganze Arbeit.

Dementsprechend ist auch der Titelsong “Human Decency” ein auffallend groovender R&B-Track und wird seinen Platz in Radio-Playlists sicher schnell finden. Autobiographische Texte sind im letzten Song (“Aha”) ein Teil Sugarays persönlicher Erinnerungen und bringen dazu noch einmal typischen Soul-Blues-Sound aus der frühen Blütezeit der 60er Jahre.

Sugaray Rayford, der leidenschaftlich in den Lyrics menschliche Probleme und Alltagssorgen sozialkritisch aufgreift, hat ein neues Kapitel der traditionsreichen US-Soul-Music aufgeschlagen. Sein aktuelles Album “Human Decency” verbindet die Elemente aus klassischen und modernen Soul-Blues-Melodien mit rauen und funkigen R&B Vibes – eine Award-verdächtige Mischung und auf jeden Fall durch und durch eine echte “Soulman” Produktion.

Forty Below (2024)
Stil: Soul, Rhythm ’n’ Blues, Blues

Tracks:
01. Failing Upwards
02. Human Decency
03. Stuck Between
04. Strawberry Hill
05. Run For Cover
06. Dirty Rat
07. Ain’t That A Man
08. Hanky Panky Time
09. Aha

Sugaray Rayford
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