Blake Shelton – Bringing Back The Sunshine – CD-Review

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9. Studioalbum des beliebten New Country-Stars. Der aus Oklahoma stammende Blake Shelton hat sich, wie mittlerweile bekannt, in den Staaten über seine Musik hinaus einen Namen gemacht. So ist er sowohl als Coach der beliebten Casting-Show „The Voice“ als auch als Co-Moderator der ACM-Awards (zusammen mit Luke Bryan) in der amerikanischen Medienlandschaft längst eine feste Größe geworden. Nun kehrt er mit „Bringing Back The Sunshine“ wieder zu seinem Kerngeschäft zurück und hat dabei eine hohe Hypothek zu tragen. Der mega-erfolgreiche Vorgänger „Based On A True Story…“ war bereits sein drittes No.1-Country-Album und ist unglaublicherweise jetzt immer noch in den Top-10 der Charts vertreten. Aber wie so oft in diesem Genre bringen die arrivierten Leute der Szene die besten Resultate, wenn der Druck am Größten erscheint.

Und auch Shelton zeigt sich auf dem neuen, zwölf Stücke umfassenden Werk unter der Regie von Scott Hendricks relativ unbeeindruckt von dem ganzen „Tamtam“ und ruft eine der bisher stärksten Leistungen seiner musikalischen Karriere ab. Er kehrt dabei so ein wenig zu seinen anfänglichen Roots zurück, als er damals mit seinem Single-Hit „Austin“ den Grundstein für seine weitere Entwicklung legte. Der Auftakt-Song und Namensgeber zugleich „Bringing Back The Sunshine“ bietet, wie der Titel es schon vermuten lässt, nach einem herrlichen Orgelintro, schließlich cabrio-tauglichen, flockigen Gute-Laune-New Country-Rock. Geht mit seiner tollen Melodie runter wie Öl.

Das von einer Banjo-mäßig „blechern“ klingenden Gitarre und herrlich eingestreuten Southern E-Gitarren-Riffs geführte, richtig lässig vor sich hin groovende Stück „Neon Light“ hat als erste Single bereits Platz 6 der Billboard-Charts erreicht. Blakes typischer, von dezenter Introvertiertheit gekennzeichneter Gesang harmoniert herrlich zu dem Klangbild. Großen Balladenstoff gibt es beim folgenden „Lonely Tonight“, bei dem Pistol Annies-Bandkollegin von Ehefrau Miranda Lambert, Ashley Monroe, traumhaft schönen Harmoniegesang beisteuert. Ein äußerst hitverdächtiges Duett. Weitere ruhige Momente gibt es mit dem romantisch anmutenden „A Girl“, „I Need My Girl“ (typische Powerballade mit kräftigem Refrain) oder dem mit einer wunderbaren Akustikgitarre ummantelten „Just South Of Heaven“.

Letztgenanntes Lied wirkt ein wenig wie eine Country-Ausgabe von Claptons berühmten „Tears Of Heaven“. Sehr atmosphärisch auch der besungene, dem Alkohol geschuldete One-Night-Stand auf „Sangria“. Dem modernen Zeitgeist des Genres huldigen dann Stücke wie „Gonna“ (wieder mit sehr markanter Gitarrenarbeit, aber auch HipHop-Flair und Crowd-Hamonie-Gesängen), und das cool gebrachte und gespielte (wieder glänzende Gitarrenarbeit von Musikern wie Tom Bukovac, Troy Lancaster, Mike Henderson, Derek Wells oder Bryan Sutton), swampige „Buzzin’“ (unter tatkräftiger Mithilfe von Voice-Teilnehmerin Rae Lynn). Freunde des traditionellen Country werden mit der pathosgeladenen Hommage an das Genre bei dem „Good Country Song“ bestens versorgt. Hier drücken Aubrey Haynie mit aufheulender Fiddle und Russ Pahl mit wimmernder Pedal Steel sowie Blake samt belegter Stimme mächtig auf das Gefühlsinnenleben des Zuhörers. Diese Nummer hat wirklich, dem Titel getreu, alle Zutaten, die man mit solch einem Stück assoziiert.

Der Rausschmeißer „Just Gettin’ Started“ , eine zünftige, flott abgehende Countryrock-Uptempo-Nummer (klasse Bariton-E-Gitarren-Solo), beendet ein durchweg abwechslungsreich und kurzweilig gestaltetes Album, das wie im Fluge vergeht. Dazu gibt es ein sehr schön bebildertes Cover-Artwork (mit z. T. toll fotografierten, vom Verfall gekennzeichneten Gebäuden) mit allen Texten und Infos. Blake Shelton lässt mit „Bringing Back The Sunshine“ noch mal ein wenig musikalischen Sonnenschein in den sich gerade dem Ende entgegen neigenden Country-Sommer strömen. Eine sehr starke Leistung, die mit Sicherheit wieder den einen oder anderen Hit abwerfen wird. Toll gemacht Mr. Shelton!

Warner Bros. (2014)
Stil: New Country

01. Bringing Back The Sunshine
02. Neon Light
03. Lonely Tonight (Feat. Ashley Monroe)
04. Gonna
05. A Girl
06. Sangria
07. Buzzin‘ (Feat. RaeLynn)
08. Just South Of Heaven
09. I Need My Girl
10. Good Country Song
11. Anyone Else
12. Just Gettin‘ Started

Blake Shelton
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Steve Schuffert – Destination Anywhere – CD-Review

Der aus Nashville stammende Steve Schuffert ist durch und durch ein Vollblutmusiker. Mit seiner Steve Schuffert Band hat er sieben CDs eingespielt und sich in Europa, natürlich auch bei uns in Deutschland, mit hunderten von Konzerten in die Herzen der Rock- und Blues Rock-Liebhaber gespielt. Bei seinen Shows, die fast nie unter 2 ½ Stunden (meist darüber) ablaufen, gibt er immer alles. Ein echter Malocher und Sympathieträger zugleich. Mittlerweile hat er seine Band auf Eis gelegt und weilt jetzt auf Solopfaden (es deutet sich aber bereits mit einer geplanten Tour ein erneuter „Rücktritt vom Rücktritt“ an). Sein neues Werk „Destination Anywhere“ hat er jedefalls (fast) im Alleingang abgewickelt. Lediglich Background-Sängerin Chris Daniecx und Grammy Gewinner Ray Kennedy (Mixing) halfen etwas aus.

Steve spielt alle Instrumente (Electric & Acoustic Guitars, Bass, Mandolin, Lap Steel, Keyboards, Drums & Percussion) selbst und zeigt sich auch für den gesamten Rest (bis auf die o.a. Punkte) allein verantwortlich. Selbst die sehenswerten Bilder des Digipacks (Steve in Anlehnung an Stevie Ray Vaughan auf seinem „Step Two“-Album mit einer Martyn-Akustik-Gitarre auf einem Bahngleis in einem Waldstück während des Indian Summer) wurden von ihm mit Selbstauslöser geschossen. Nach ausgiebigem Hören des Werkes und unter der Berücksichtigung aller genannten Dinge bleibt nur eine Schlussfolgerung: Schuffert befindet sich auf dem Höhepunkt seines kreativen Schaffens! Das Album ist ein wahrer Genuss! Feinster, eingängiger, knackiger, geradeaus gespielter Gitarren-Rootsrock mit viel Southern-, Blues- und Countryrock-Esprit, der einfach prächtig hängen bleibt.

Die dreizehn Stücke strotzen nur so vor Spielfreude, starker Melodik, Variabilität und einem Schuffert, der sichtlich Spaß an seinen Kompositionen hat. Los geht es gleich mit dem fetzigen Rocker „A Good Time All The Time“ (schöner Titel), der durch Daniecx’s Hintergrund-Gesang und Schuffert’s zündendes E-Gitarren-Spiel (vor allem das Skynyrd-ähnliche Solo) viel Southern Rock-Flair verbreitet. Ein rasanter Auftakt. Schön Roots-poppig geht’s mit dem viel positive Stimmung verströmenden „Old Love New“ weiter. „When Love Comes Around“ hat etwas swampiges, mit seinen klasse Akkordeon-artigen Keyboards in Kombination mit rockigem E-Gitarrenspiel. Erzeugt einen interessanten Sound zwischen Rock, Cajun und Heartland. Klasse!

Das mit Daniecx zusammengeschriebene „Runnin’ Away“ erfreut mit einem peppigen Mandolinen-/E-Gitarrenrhythmus (kurze Twin-Passage), ebefalls als fröhlicher Gute Laune-Song. Die folgenden zwei Stücke zeigen Schuffert als glänzenden Akustikgitarristen. Herrlich klar sein Spiel beim baumstarken Johnny Cash-Tribute „Johnny’s Going To Jail“. Exzellent wie Steve hier Cash’s Gesang und Spielweise mit seinen eigenen Ideen kombiniert und dabei einen großartigen Spannungsbogen zwischen Country und Rock aufbaut, inklusive eines feurigen Slide-Solos inmitten des ansonsten akustischen Rahmens. Sehr erdig und rootsig, einfach toll gemacht! „Back On The Road Again“, „That Ain’t Love“ und der fulminante Titeltrack „Destination Anywhere“ zeigen dann wieder den typischen Steve Schuffert, wie man ihn von seinen unzähligen Live-Auftritten her kennt: Herrlich treibender, riffender, dabei immer melodischer Blues Rock mit vielen filigranen und würzigen E-Gitarrenparts. „Destination Anwhere“ rockt wie die Hölle (ZZ Top-mäßiges E-Gitaren-Solo), die dreckigen Backs von Chris Daniecx sind eine Wucht.

Die danach „nötige Ruhepause“ gewährt das wieder sehr melodische, leicht Country-und Southern-infizierte „Caroline“, das einen leichten Touch von dem Outlaws-Hit „There Goes Another Love Song“ abbekommen zu haben scheint. Natürlich darf auch der beühmte Schuffert’sche Slow Blues nicht fehlen. „Riding On Rims“, der mit 5 ½ Minuten längste Track des Albums (fast alle anderen bewegen sich im kompakten 3 ½-Minuten-Bereich), bietet eine tolle Melodie, klaren Gesang und Steve’s filigrane, sich abwechselnde Akustik- und Strat-Arbeit in Perfektion. Ein weiterer Killersong! „Lost And Found“ bietet danach melodischen, entspannten Countryrock-Stoff. Nett hier die recht untypischen, aber den Song auflockernden Synthie-Tupfer im Refrain. Am Ende (passend zur Coveratmosphäre mit den Gleisen) hört man bei „Depature“ das typische Bimmeln zur Ankündigung eines Güterzuges, was man aus unzähligen Western kennt, kurz danach das Pfeifen der eintreffenden Dampflok, Schuffert greift kurz in Delta Blues-Manier zur Akusitikgitarre, der Zug pfeift erneut und rauscht dann leise davon.

Steve Schuffert hat mit „Destination Anywhere“ sein Meisterstück hingelegt. Dieses famose Werk aus Country-, Roots-, Pop-, Rock- Southern- und Blues Rock-Zutaten zeigt den Musiker eindeutig auf dem Gipfel seiner Kreativität und seines spielerischen Könnens. Die Entscheidung zu einem Soloalbum war ein absolut gelungener Schritt in die richtige Richtung! Zu wünschen wäre ihm dafür auch mal eine dementsprechende kommerzielle Würdigung. Unsere vollste Annerkennung ist ihm jedenfalls sicher. Gratulation Steve, zu dieser exzellenten Leistung!

Eigenproduktion (2010)
Stil: Blues Rock & More

01. A Good Time All The Time
02. Old Love New
03. When Love Comes Around
04. Runnin‘ Away
05. Straight Down The Line
06. Johnny’s Going To Jail
07. Back On The Road Again
8. That Ain’t Love
09. Destination Anywhere
10. Caroline
11. Riding On Rims
12. Lost And Found
13. Departure

Steve Schuffert
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Deana Carter – The Story Of My Life – CD-Review

Der berühmte Chicago Tribune charakterisiert Deana Carter wie folgt: „She is noted for her singular voice, which manages to be strong, soft and sultry at the same time“. Welch wahre Worte! Denn auch nach ihrer Babypause, diversen privaten und beruflichen Turbulenzen (Scheidung und zwei Labelwechsel), hat die 39-jährige Tochter von Fred Carter jr., einem namhaften Session-Gitarristen, der mit berühmten Persönlichkeiten wie Elvis Presley, Simon & Garfunkel oder Roy Orbinson zusammenarbeitete, nichts von ihrer musikalischen Faszination verloren.

Nein, im Gegenteil! Der Wechsel zu ihrem neuen Label hat ihr scheinbar ungeheure Motivation verliehen. Denn diesmal gibt es auf ihrem neuen Album „The Story Of My Life“ fast eine „One-(Wo)Man-Deana-Carter-Show“ vom Allerfeinsten. Sie hat sämtliche Songs geschrieben, singt, spielt diverse Instrumente und hat das Werk auch noch eigenständig produziert. Dazu hat sie ein paar wenige, auserwählte, mit ihr wunderbar harmonierende, Instrumentalisten (überragend Lead-Gitarrist Jeff Carter) mit ins Boot genommen.

Was hat sich nun gegenüber ihrer Vorgänger-CD „I’m Just A Girl“ von 2003 geändert, die trotz sehr ansprechender Leistung (sh. auch unter „Stöbern“) mit nur 82.500 abgesetzten Exemplaren, nicht mehr an die Traum-Zahlen ihrer zwei ersten Alben anknüpfen konnte, obwohl ihr Debüt natürlich mit über drei Millionen verkaufter CDs einen nicht erwarteten, grandiosen (wahrscheinlich auch nicht zu wiederholenden) Erfolg gebracht hatte? Zum einen zeigt schon das Cover, dass Deana das äußerliche Image eines modelartigen
„Sunny-Girls“ abgelegt hat. Vielmehr wirkt sie viel fraulicher und introvertierter, ja fast verträumt, wobei sicherlich auch die Geburt ihrer Tochter dabei eine wesentliche Rolle spielen dürfte.

Auch ihre Musik kommt dementsprechend gereifter daher. Die Gute-Laune-Nummern und auch der Countrygehalt reduzieren sich auf die Single „One Day At A Time“, ein locker, flockig ins Ohr gehender Midtempo-Song und „Getting Over You“, ein rhythmischer Akustikpiano-getränkter Popsong mit leichtem Southern-Flair, auch dank Deanas vorzüglich eingebrachtem Stratocaster-Spiel. So spielt sich das Ganze also weitgehend im nur noch dezent Country- und leicht Americana-infizierten, modernen Singer/Songwriter-Pop-Rock-Bereich ab (zuweilen liegt auch ein Vergleich zu Sheryl Crow nahe), das allerdings auf einem Top-Niveau mit tollen Songs, prima Melodien und viel musikalischer Kompetenz. So richtig die Post geht beim Opener „The Girl You Left Me For“ ab, ein leocht psychedelisch angehauchtes Pop-Rock-Knaller, wo leichte Reminiszenzen in Richtung Avril Lavigne unweigerlich aufflackern.

Der Rest sind relativ ruhig gehaltene, dennoch oft durchaus knackige, sich meist mit Beziehungsstress auseinandersetzende, nachdenkliche Nummern, die aber wunderschön instrumental in Szene gesetzt wurden und durch Deanas zarte, fast verletzlich klingende Stimme voll zur Entfaltung kommen. Excellent dabei „Ordinary“ (herrliche Hammondbegleitung, tolle Breaks, klasse Gitarre) und das bluesartige „Sunny Day“ (schöne E-Fills, Solo und Abschlusspart durch Gitarrist Jeff Carter, im Stile von Peter Green). Insgesamt ein schönes, in sich schlüssiges Gesamtwerk, mit geschmackvoller Covergestaltung, die natürlich alle Texte beinhaltet.

Deana Carter zeigt mit ihrem neuen Album einmal mehr, dass mit ihrem Namen weiterhin große Qualität verbunden ist, weshalb wohl auch eine, für ein Independent-Label ungewöhnliche, fast Major-mäßig, groß angelegte Promotionkampagne in den USA gestartet wurde. Ob sie verkaufstechnisch damit wieder an alte Erfolgstage anknüpft, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Aus unserer Sicht spricht absolut nichts dagegen! Qualitätsmäßig jedenfalls präsentiert sie sich in blendender Verfassung! Und das ist das Wichtigste!

Vanguard Records (2005)
Stil:  New Country

01. The Girl You Left Me For
02. One Day At A Time
03. Ordinary
04. In A Heartbeat
05. Katie
06. Atlanta & Birmingham
07. She’s Good for You
08. Not Another Love Song
09. Sunny Day
10. Getting Over You
11. The Story of My Life

Deana Carter
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Deana Carter – I’m Just A Girl – CD-Review

1996 schlug Deana Carter mit ihrem Riesenhit „Strawberry Wine“ und ihrem Debutalbum „Did I Shave My Legs For This“, wie eine Bombe in die Mainstream Country-Szene ein. 5 Jahre nach ihrem zweiten Album (sieht man mal von der Weihnachts-CD ab), einige heftige private und musikalische Turbulenzen hinter sich (Trennung vom Ehemann, Trennung vom bisherigen Label), steht sie mit „I’m Just A Girl“ wieder im Rampenlicht – und ist besser denn je! Ein großartiges Album, mit dem sie sich musikalisch gewaltig weiterentwickelt hat.

Weit weg von den üblichen Pfaden des Nashville-Mainstream-Country, aber dennoch ungemein radiotauglich, präsentiert sie uns eine Parade-Demonstration für sehr modernen, aber dennoch zeitlosen, handgemachten, höchst niveauvollen und kompetenten Country-Rockpop für’s 21. Jahrhundert, ohne jeglichen elektronischen Firlefanz. Hier dominieren eindeutig die Gitarren. Welch eine Frische steckt in den Songs! Das ist nichts für Country-Puristen, aber ein Fest für Anhänger anspruchsvoller Country-Pop und -Rock-Nummern, die runtergehen, wie Öl!

Ihre Musik klingt dabei deutlich mehr nach unberschwertem California-Westcoast-Sound, als nach Nashville. Da werden Erinnerungen an die besten Tage der großen Linda Ronstadt wach. Beschwingter, sonniger Westcoast-Countryrock-Pop-Sound in seiner besten Tradition. Wie eine wunderbare musikalische Mischung aus der bereits zitierten Linda Ronstadt, Karla Bonoff, Stevie Nicks, Sheryl Crow, Martina McBride, eines weiblichen Jackson Browne, Tom Petty und manchmal auch der Eagles! Die Songs sind sehr abwechslungsreich und stecken voller Substanz. Sie sind flockig, locker, zumeist recht lebhaft und schwungvoll, stecken gleichzeitig voller Energie und Rhythmus, und sind herrlich knackig, satt und zum Teil schön rockig in Szene gesetzt. Und diese Melodien – traumhaft!

Praktisch jeder Song hat nachhaltigen Ohrwurm-Chatrakter – und damit auch das Zeug zum Hit! Doch trotz dieser wunderbaren, eingängigen Melodienbögen ist in den Liedern ein beeindruckendes textliches und musiklaisches Potential. Und es dominieren die kanckig, satten E-Gitarren! So auch gleich bei dem dynamischen, flotten, herrlich frischen Opener, dem Titelstück „I’m Just A Girl“! Welch eine Melodie! Toller Gesang, wunderbare Harmoniern, ein quirliges E-Gitarrensolo in der Mitte und viel Schwung scheinen den Frühling und den Sommer in eure Herzen einziehen zu lassen, und verführen euch zum Träumen von einer luftigen Cabriofahrt entlang der Strände Californiens.

Diese Gefühle kommen allerdings bei etlichen weiteren Titeln ebenfalls auf. Herrlich auch das rockige, mit tollen Gitarrenriffs ausgestattete, äußerst knackige, satte, wieder mit einer fantastischen Melodie ausgestattete „There’s No Limit“, das bereits die Country-Single-Charts hochklettert. Wieder hören wir einen breiten Gitarrenteppich mit einem großartigen E-Gitarrensolo. Es folgt der wunderbare, leichte Laidback-Track „You And Tequila“, danach das grenzenlose Freiheit vermittelnde herrliche „Me And The Radio“. „I’ve got my Mustang pointed west, I’m going where the sun don’t set. I’m on a roll, just me and the radio, playing „Refugee“ and „Born to run“ and all those Allman Brothers songs. The wheels turn slow while I ride this road“, heißt es da im Text. Herrlich!

Toll auch der knackige Midtempo-Countryrocker „Cover Of A Magazine“, der wie eine Kombination aus Linda Ronstadt, Sheryl Crow und Tom Petty wirkt, das überragende „Eddie“, eine prächtige Countryrock-Nummer mit fulminanten E-Gitarren, „Goodbye Train“ mit einem an Tom Petty’s „Free Fallin'“ erinnernden Intro, und das rasante, melodische, aber total abgehende, schnelle, punkige „Girl’s Night“. Ebenfalls ein Höhepunkt. Eine fantastische Duett-Nummer mit Dwight Yoakam! „Waiting“ heißt dieser von einem satten Gitarrenarrangement begleitete Countryrock-Titel. Yoakam’s Stimme und die von Deana ergänzen sich wunderbar!

Deana hat alle Songs, zumeist mit anderen Songwriter-Größen, wie Wendy Waldman, Randy Scruggs, Dwight Yoakam oder Matraca Berg mitkomponiert. Unter den Musikern. Dan Huff, Dan Dugmore, Glenn Worf, Ricky Fataar, Steve Nathan…usw.! Ein Album ohne Schwächen, absolut keine Ausfälle bei den Songs! Hochkarätiger Country-Pop/Country-Rock mit viel sonnigem Westcoast-Flair in seiner ganzen Herrlichkeit. Ganz große Leistung, Mrs Carter!

Arista Records (2003)
Stil:  New Country

01. I’m Just A Girl
02. There’s No Limit
03. You And Tequila
04. Me And The Radio
05. Cover of a Magazine
06. Wildflower
07. Twice As Worth It
08. Eddie
09. Waiting (feat. Dwight Yoakam)
10. Liar
11. Goodbye Train
12. Girls‘ Night

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Darius Rucker – Southern Style – CD-Review

Großartig! Darius Rucker mit seinem bislang mit Abstand stärksten Album. „Southern Style“, ein Werk, bei dem der Name auch wirklich Programm ist. Dreizehn wunderbare, neue Tracks, durchströmt von einem herrlich relaxten omnipräsenten „Southern Flavor“, einfach nur zum Genießen! Der ehemalige aus Charleston, South Carolina stammende Frontmann der Rockband Hootie & The Blowfish hat mit seinem Schwenk als Solo-Interpret ins Countrygenre alles richtig gemacht. Als dunkelhäutiger Künstler kann er hier sogar fast so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal für sich verbuchen.

Alle seine bisherigen Alben, wie auch die auserkorenen Singles waren überaus erfolgreich. Auch „Southern Style“ hat sofort, und das vollkommen zu Recht, die Spitze der Billboard Country-Album Charts erklommen. Rucker beginnt sein Werk mit dem launigen, Popcorn-trächtigen „Homegrown Honey“, das unter Mithilfe von Nathan Chapman und Lady Antebellum-Frontmann Charles Kelley entstanden ist. Eine flockige, hippe E-Gitarrenlinie inkl. eines Southern-mäßigen Solos, ein spaßiger Text über ein flottes Southern Girl in New York hievten den Opener, zugleich erste Single de Albums, sofort unter die Top Ten. Apropos Songwriter: Auch bei den restlichen Tracks assistierten Darius mit Leuten wie Mark Nesler, Rivers Rutherford, Ashley Gorley, Rhett Akins, Troy Verges, Blair Daily, Hillary Lindsey, Monty Criswell etc. – das „Who-Is-Who“ der Szene. Ein zusätzlicher Beweis dafür, dass der Mann zur Zeit absolut gefragt ist.

Auch was die Musiker angeht, hat Capitol Records natürlich groß aufgefahren: Leute wie u. a. Shannon Forrest, Greg Morrow, Jt Corenflos, Brent Mason, Michael Rhodes, Danny Rader, Gordon Mote usw. sind da absolute Qualitätsgaranten, denen man auch hörbar den Spaß am guten Songmaterial anmerkt. „Good For A Good Time“ hält den Stimmungspegel zunächst weiter hoch, allerdings diesmal auf deutlich countrylastigerem Terrain. Dobro, Honky Tonk-Piano, Fiddle und Telecaster geben bei diesem Saloonfeger den Ton an. Erst mit „Baby I’m Right“ driftet Rucker in deutlich ruhigere Gefilde ab.

Ein grandioses melodisches Duett mit der famos (mit) singenden Mallary Hope (im Stile von Lee Ann Womack, Chely Wright), das so ein wenig an frühere Kollaborationen von Josh Abbott (Josh Abott Band) und Kacey Musgraves erinnert. Klasse hier die von Andy Leftwich gespielte zirpende Mandoline. Das Titelstück „Southern Style“ ist eine herrliche Hommage an das Lebensgefühl des Südens mit all seinen Klischees („…she loves Lil Wayne and Lynyrd Skynyrd, keeps her tan lines in the winter…“), musikalisch natürlich mit typischer Slide-Gitarre (Pat Buchanan und Rich Robinson) in Szene gesetzt. Das mit Josh Thompson und Jessi Alexander geschriebene „High On Life“ bietet ebenso wie das fröhliche „You, Me And My Guitar“ (beide wieder mit toller Mandoline) beschwingten Southern Country Rock, während der Lovesong „Perfect“, sowie das klasse instrumentierte „Low Country“ (Slide und Manoline, Orgel) eher balladeskere, melancholischere Töne anstimmen.

Hier kommt Darius‘ markanter Gesang (übrigen wieder eine Glanzleistung von ihm) natürlich besonders gut zur Geltung. „Need You More“ mit synthetischen Streicherarrangements und Harmoniegesängen im Power-Refrain ist der Blockbuster-taugliche Song für Ruckers kommende Stadion-Auftritte. Schönen ruralen Country mit positiver Aura serviert Rucker auf „Half Full Dixie Cup“. Das herrliche Zusammenwirken von Aubrey Haynies Fiddle und Mike Johnsons Dobro machen diesen musikalischen Becher halbvoll und nicht halb leer.

‚Lighter Up“ stampft unter der Führung von Bobby Terrys Banjo und knackigen E-Gitarren in Southern Rock-Manier, bevor Darius mit den Abschlusstracks „You Can Have Charleston“ (in seiner Heimatstadt wurde übrigens jetzt zu seinen Ehren eine Straße in den Darius-Rucker-Boulevard umbenannt) und „So I Sang“ in deutlich nachdenklicheres, teilweise autobiografisches Material driftet. Zwei Stücke voller Intensität, die nochmal seine einzigartige Stimme in den Vordergrund rücken. Produziert haben die beiden Urgesteine Frank Rogers (acht Songs) und Keith Stegall (fünf Songs) in einem angenehm klingenden Soundspektrum.

Darius Rucker fügt der Liste seiner bisherigen, hervorragenden Alben mit „Southern Style“ ein weiteres, ganz wundervolles Werk hinzu. Die Lieder fließen in ihrer Lockerheit und mit ihren herrlichen Melodien nur so in unsere Ohren. Klare, durchaus traditionell fundamentierte, natürliche, wunderschöne, dabei auch absolut den Nerv der Zeit treffende Countrymusic vom Allerfeinsten!

Capitol Records NASHVILLE (2015)
Stil: New Country

01. Homegrown Honey
02. Good For A Good Time
03. Baby I’m Right (feat. Mallary Hope)
04. Southern Style
05. High On Life
06. Perfect
07. You, Me And My Guitar
08. Low Country
09. Need You More
10. Half Full Dixie Cup
11. Lighter Up
12. You Can Have Charleston
13. So I Sang

Capitol Records Nashville (2015)
Stil: New Country

SONY NASHVILLE/ COLUMBIA (2013)
Stil: New Country

Darius Rucker
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Bärchen Records

Tyler Farr – Suffer In Peace – CD-Review

Zweites Werk von einem der neuen, jungen, wilden Shooting-Stars aus Nashville. Nachdem Tyler Farr mit seinem Debüt „Redneck Crazy“ (sowohl mit dem Album als auch der gleichnamigen Single) die absolute Spitze der Country-Billboard-Charts nur hauchdünn verfehlt hatte (beide jeweils Platz 2, zweitgenannte konnte sich immerhin 20 Wochen halten!), legt er jetzt mit dem Nachfolger „Suffer In Peace“ (direkter Einstieg auf Platz 2) erneut einen Traumstart hin. Auch die Single „A Guy Walks Into A Bar“, ein wunderbar melodisches Midtempostück mit Powerrefrain und starken E-Gitarren (inkl. heulendem Solo), klettert bereits schnurstracks in den Top 10 nach oben.

Vom Türsteher zum Country-Star! Der ursprünglich aus Missouri stammende Sohn eines Tour-Gitarristen von George Jones legt schon ein beeindruckendes Tempo in Sachen Karriere vor und verkörpert in dieser Hinsicht auch ein wenig so was wie den berühmten ‚American Dream‘. Kein Wunder also, dass Farr sich auch auf einigen Tracks äußerst heimatverbunden gibt und gerade im patriotisch und religiös veranlagten Lager der New Country-Szene reichhaltig punkten wird. Schon der southern angerockte Opener „C.O.U.N.T.R.Y.“ (klasse direkt das Intro mit einer kratzigen Dobro-Linie, polternden Drums und flotten E-Gitarren) behandelt die Stereotypen des Genres (nette Zeile: „Old Charlie Daniels calls the devil a son of a bitch“) auf allseits bekannte Weise.

„Raised To Pray“ (mitgeschrieben von den Warren Brothers) und auch das abschließende „Why We Live Here“ sind pathos-getränkte Hommages an die Werte des amerikanischen Südens. Klasse Tylers Duett mit Jason Aldean auf „Damn Good Friends“, eine Hymne an die echte oder wahre Freundschaft mit Leuten, die man im Leben meist nur an einer Hand abzählen kann. Sicherlich im Vorfeld der kommenden Jason Aldean-Tour, wo Tyler supporten wird, ein klug kalkulierter Live-Earcatcher. Das textlich humorvolle „Better in Boots“ mit unterschwelligem Reggae-Flair, macht im Stile von Leuten wie Luke Bryan, Billy Currington oder Kip Moore Laune auf den Sommer.

Seine stärksten Momente hat Farr allerdings bei Stücken, wo eine dezent düster emotionale Ebene ins Spiel kommt. Großartig vor allem das atmosphärische „Withdrawals“ und das schon fast depressiv angehauchte „I Don’t Even Want This Beer“, wo die vorzügliche E-Gitarrenarbeit von Musikern wie Troy Lancaster, Adam Shoenveld und Derek Wells, ähnlich wie bei Brantley Gilbert auf seinem letzten Silberling, eine fast dramatische Note zu Tylers emotionalem Gesangsvortrag in die Songstruktur einbringen.

Produziert haben in einem sehr klaren und kräftigen Sound Julian King (Grammy-Gewinner für Faith Hills „Breathe“-Album) und Sony A&R Vize-Präsident Jim Catino. Insgesamt besticht Tyler Farrs „Suffer In Peace“ mit sattem, fettem, rockigem und ungemein kraftvollem New Country auf der Schiene solcher Seelenverwandter wie Jason Aldean, Eric Church, Justin Moore, Brantley Gilbert und Konsorten. Hier werden auf jeden Fall noch weitere Hits abfallen. Und vielleicht klappt es ja diesmal auch noch mit der anvisierten Nummer Eins!

SONY NASHVILLE/ COLUMBIA (2015)
Stil: New Country

01. C.O.U.N.T.R.Y
02. A Guy Walks Into A Bar
03. Withdrawals
04. Damn Good Friends (Duet with Jason Aldean)
05. Suffer In Peace
06. Raised To Pray
07. Criminal
08. Better In Boots
09. Poor Boy
10. I Don’t Even Want This Beer
11. Why We Live Here

Tyler Farr
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Deana Carter – The Chain – CD-Review

Deana Carter, Tochter des berühmten Gitarristen Jeff Carter jr., die nach einigen privaten und beruflichen Turbolenzen mittlerweile bei Vanguard Records eine feste Heimat gefunden hat, beglückt uns mit einem neuen Album, das aus reinen Covernummern besteht, die es aber nicht nur aufgrund einer äußerst prominenten Besetzung allesamt in sich haben. Das Werk ist ihrem Vater gewidmet, der ja in seiner langen Karriere mit fast allen Größen des amerikanischen Country (u.a. Willie Nelson, Dolly Parton, Kris Kristofferson, Waylon Jennings), Rock- und Pop-Business (Roy Orbison, Dr. Hook, Bob Dylan, Neil Young etc.) zusammengearbeitet hat.

Das interessante an der Geschichte ist, das es Deana gelungen ist, für die ausgewählten Klassiker (an denen ihr Vater damals im Original beteiligt war) viele der alten Recken oder zum Teil schon deren Nachfahren für ihre neuen Interpretationen zu gewinnen, wobei ihr Daddy natürlich bei der Gitarrenarbeit ebenfalls stark eingebunden wurde. Zum anderen wurden die Stücke durch eine eigenwillige, moderne Einspielung (zum Teil mit einigen wohl dosierten technischen Effekten) und eine sehr knackige Produktion aufgepeppt, und erhalten obendrein durch Deana’s nicht alltägliche Stimme einen besonderen Reiz.

So stechen neben einigen Songs, die von Deana allein am Mikro mit einigen auserwählten Musikern (Kyle Woodring, Glenn Worf, Jeff Carter, Andrea Zonn und die exzellenten Randy Leago und Dan Dugmore) performt werden (u.a. „Crying“ von Roy Orbison, „Lay Lady Lay“ von Bob Dylan, „TheWeight“ von The Band oder „Old Man“ von Neil Young) besonders eine ganze Reihe von Duetten hervor. Mit Jessi Colter („I’m Not Lisa“) und Dolly Parton („Love Is Like A Butterfly“) wird sich schon fast in elfenartiger Manier harmonisch ineinandergreifend durch die Lieder gesungen.

Bei Sachen, die sie mit gestandenen Ikonen der Countryszene, wie Kris Kristofferson („Help Me Make It Through The Night“), Willie Nelson („On The Road Again“) und George Jones („He Thinks I Still Care“) vorträgt, bildet ihr hell klingendes Stimmorgan ein interessanten Counterpart. Klasse auch die von John Anderson stammende und zusammen mit ihm gesungene Fassung von „Swinging“, die bluesig in Verbindung mit countrytypischen Honkytonkpiano und starken Harmonies cool und rhythmisch abrockt. Bei „Good Hearted Woman“ springt Shooter Jennings für seinen verschiedenen Vater Waylon in fast ebenbürtiger Art in die Bresche.

Das wohl markanteste Stück des Albums ist der Simon & Garfunkel-Welthit „The Boxer“, bei dem einst Vater Jeff gitarrentechnisch mitwirkte. Paul Simon spielte nun den Ball zurück, zupfte diesmal hier die Akustik-Gitarre und brachte direkt Sohnemann Harper mit ins Boot, der sowohl die E-Gitarre übernimmt, wie auch mit fast heiser wirkender Stimme ein interessantes Doppel mit Deana bildet. Eine schöne Akkordeon-ähnliche Synthie-Einlage und feine Steelguitar-Parts von Dan Dugmore verleihen dem Stück zusätzliches Flair.

Insgesamt hat Deana Carter mit „The Chain“ eine Kette von unvergessenen, großen Klassikern in einem sehr gelungenen „Modern Country-Pop“-Gewand aneinander gereiht, denen, auch Dank der starken Musiker und dem wunderbar knackig produzierten Sound (die Produktion hat Deana höchst selbst übernommen), auf angenehme Weise neues Leben eingehaucht wird! Prima Idee, prima umgesetzt!

Vanguard Records (2007)
Stil: New Country

01. Crying
02. Help Me Make It Through The Night
03. Love Is Like A Butterfly
04. The Boxer
05. Lay Lady Lay
06. The Weight
07. I’m Not Lisa
08. Swingin’
09. On The Road Again
10. Good Hearted Woman
11. He Still Thinks I Care
12. Old Man

Deana Carter
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The Whiskey Sisters – Same – CD-Review

Großartiges, weibliches Power-Duo aus Austin, Texas! Genauer gesagt: „The Whiskey Sisters are a Powerhouse, harmony-driven, Rocking Country, six piece Badass band from Austin Texas, with 2 chicks“ – so jedenfalls steht es in der offiziellen Produktinfo zum vorliegenden Debutalbum – und diese Aussage trifft es ziemlich genau. Diese Mädels, ihre Band und ihr tolles Debut sind mit ihrem durchaus traditionsbehafteten, herrlich unbeschwerten, zwanglosen, schön erdigen, rootsigen Texas-Countryrock und Americana, gepaart mit einem Schuß Roadhouse-, Outlaw-, Honky Tonk-, Southern- und Red Dirt-Feeling eine wahre Freude für die vielen Genre-Liebhaber. Teal Collins, einstige Sängerin der Mother Truckers und Barbara Nesbitt, die Bandmitglied bei dem legendären kalifornischen Musiker und Baseballspieler/-Coach Tim Flannery (& The Lunatic Fringe) gewesen ist, beschlossen bei einem Gig befreundeter Musiker in Austin fortan gemeinsam ihren Weg zu gehen, nachdem man bei zwei zusammen gesungenen Stücken eine vielversprechende Basis gefunden zu haben schien.

Zur Recht! Die beiden haben dann mit ihren energiegeladenen Stimmen auch sehr schnell in ganz Texas für Furore gesorgt. Collins brachte von den Mother Truckers Ehemann Josh Zee (guitars) direkt mit, dazu gesellten sich hochkarätige weitere Musiker wie Lonnie Trevino jr. (The South Austin Moonlighters) am Bass, Cari Hutson-Keyboarder Michael Davids und der Drummer von Monte Montgomery, Phil Bass. Binnen weniger Monate begeisterte das Sextett derartig , dass es im legendären Continental Club in Austin einen Vertrag für regelmäßige Auftritte, quasi als Hausclub, ergatterte. In ebenso kurzer Zeit war dann auch das Material für ihr Debütalbum zusammengestellt, dass wir, auch wenn es schon im Jahre 2012 erschienen ist, jetz in unser Programm aufnehmen mussten. Da kamen wir aufgrund seiner Klasse und Qualität einfach nicht drum herum.

Was für eine erfrischende „Americana/Countryrock-„Mugge“! Es hagelte umgehend zahlreiche Nominierungen bei den berühmten Austin Music Awards, wofür Nesbitt mit trockenem Humor die logische Erklärung ablieferte. „Wir hatten Sex mit dem Ausschuss“! Locker, schrill, frech, spontan, kraftvoll und angriffslustig sind dann auch die Attribute, die man für ihre Art, Musik zu performen, hinzufügt. Das 12 Stücke umfassende Werk sprudelt nur so vor Energie und kommt quasi genau so „bunt“ wie das knallige Coverartwork rüber. Teal Collins, die den Hauptanteil der Lead vocals inne hat, liegt von der Bandbreite irgendwo zwischen Sheryl Crow und Heart-Fronterin Ann Wilson (manchmal, wenn sie richtig keift sogar ein bischen Janis Joplin), während Barbara Nesbitt den etwas gemäßigteren Part im Stile einer Bonnie Bishop belegt. Beide finden sich durchgehend kongenial in überaus markanten, wundervollen Harmoniegesängen zusammen, die dann auch mit eines der Hauptrademarks der Band darstellen.

Die Rhythmusfraktion Trevino und Bass liefert einen kräftigen Antrieb und Teppich, auf dem sich der unglaublich versiert und rau E-Gitarren-spielende Josh Zee (sehr Southern Rock-typisch, klasse Slidearbeit) und der herrlich klimpernde Michael Davids (Orgel, Honky Tonk-Piano, E-Piano) ihre instrumentellen Highlights setzen können. Genial, wie die beiden sich vor allem in ihren Soloparts präsentieren bzw. ergänzen. Das ist Musik für die verräucherten Honkytonk Clubs oder feuchtfröhliche Open Air Events im Lonestar State. Bei der Musik sieht man vorm geistigen Auge das Duo wie auf den Coverbildern mit ihren schrill bunten, kurzen Kleidern und ebenso buntbestickten Cowboystiefeln vor einer biertrinkenden Redneckhorde abrocken, bis die Location aus allen Fugen kracht. Da wird jedes Konzert zu einer Riesenparty. Die Songs dazu sind ein Konglomerat aus rauen nach vorne preschenden Country- bzw. Southern Rock Stücken texanischer Prägung, und rockigem Outlaw-Country, gepaart mit dezentem, psychedelischem Seventies-Flowerpower-Flair .

Eine Art Mixtur aus ZZ Top, Lynyrd Skynyrd, Billy Joe Shaver, auch das Ein Album-Wunder The Motherstation, Stacie Collins, Gretchen Wilson und die von Mike McClure vor einiger Zeit produzierten ShutDownTown sowie partiell der Roadhouse Rock einer Eve Selis kommen spontan in den Sinn. Die meisten Nummern verlaufen im Uptempostil, lediglich „I Take It Back“ und „Fool“ wurden als bluesige, Nostalgie-behaftete Schwofer zum Durchatmen eingeflochten. Centersongs sind der herrlich verschachtelte Opener „So Close To The Sun“ mit seinen kreischenden Vokalharmonien, der hinreissend melodische, flockige, dabei aber auch schön knackige, wie Öl runtergehende Countryrocker „All I can do“, das Slide-durchtränkte, in Skynyrd-Manier gebrachte „Wait A Lifetime“ (herrliches E-Gitarren-Solo), das an ZZ Top angelehnte, rau stampfende „Home On The Highway“ (typisches Billy Gibbons E-Solo) oder das Roadhouse Rock-trächtige „Good Girl Down“ (satte Honky Tonk-Piano/E-Solo-Kombination), das lässig groovende „Don’t Trust My Heart“ (Sheryl Crow-/Bonnie Bishop-Flair) und der fulminante „Whiskey Song“, der nochmal schroff rockt und poltert, was das Zeug hält.

Und wenn die beiden Frontdamen aus ihren heiser gesungenen Kehlen „All I need – is the whiskey“ intonieren, konstatiert ihnen wohl auch der letzte Zuhörer: „All we need are The Whiskey Sisters“! Tolle Scheibe! Ein Sahne-Geheimtipp, wie er nur aus Texas kommen kann. Zugreifen!

World Records (2013)
Stil: Country Rock

01. So Close To The Sun
02. All I Can Do
03. Talk It Out
04. Wait A Lifetime
05. I Take It Back
06. I’m Gone
07. Home On The Highway
08. Fool
09. Good Girl Down
10. Dont Trust My Heart
11. The Whiskey Song
12. Let’s Drink

The Whiskey Sisters
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Bärchen Records

Sundy Best – Door Without A Screen – Deluxe Edition – CD-Review

Ganz starkes Debüt zweier Burschen aus Prestonburg, Kentucky, die eine nicht alltägliche, aber ganz wundervolle, herrlich melodische Musik an der Schnittstelle zwischen Country und Americana spielen. Hinter Sundy Best stehen die beiden Freunde (seit fühester Schulzeit), hochtalentierten Musiker und Songwriter Nick Jamerson und Kris Bentley. Wie so oft bei derartigen Acts begann es mit dem gemeinsamen Musizieren erst einmal auf Parties im Bekanntenkreis. Es folgten unendlich viele Auftritte in Restaurants und kleineren Clubs.

Man erspielte sich mit bis zu vierstündigen Auftritten peu à peu eine loyale und nachhaltige Fanbasis, ist im Staate Kentucky mittlerweile so bekannt wie „bunte Hunde“ und füllt dort regelmäßig Clubs und größere Veranstaltungshallen. Wenn man bedenkt, dass Jamerson und Bentley praktisch mit minimalistischem instrumentellen Aufwand (in der Regel gibt es nur Gitarre, Mundharmonkia und Gesang, bei Rhythmusgebung durch eine Trommelkiste, einer sogenannten Cajón), quasi maximale Stimmung erzielen (sie werden bei ihren Konzerten geradezu frenetisch gefeiert), dann ist das schon eine tolle Sache.

Ihre nun veröffentlichte erste CD „Door Without A Screen“ (bei uns gibt es die um 7 Bonustracks erweiterte Deluxe-Ausgabe) erklärt dann auch ganz schnell warum. Die beiden schreiben Songs aus dem wirklichen Leben, mit denen man sich sofort identifiziert, wobei die Melodie, der Wiedererkennungswert der Refrains und Titel, sowie der unwiderstehlich durch Bentley erzeugte Rhythmus sofort mitreißen. Dazu hat Jamerson eine richtig unverbrauchte, teilweise rotzig freche Stimme (on top kann er auch klasse Gitarre und Mundharmonika spielen), die blendend zur gebotenen Musik passt. Für die Studio-Stücke holten sich die beiden dann noch dezente Unterstützung dazu. Zeke Walters ergänzt sein grassiges Banjospiel bei Stücken wie „Kentucky Women“ und „If I See Her“, Lauren Morgan glänzt bei Letztgenanntem mit einigen schön passenden, weiblichen Harmoniegesängen.

Ihr ebenfalls langjähriger Freund und Filmemacher Coleman Saunders, der ihnen auch zum Plattendeal mit dem potenten „Entertainment One“-Label verhalf, ist mit ein paar Pianotupfern, Bass-Linien und Gitarrensoli vertreten und hat dieses Werk auch produziert. Die Musik von Sundy Best ist insgesamt sehr schwierig zu katalogisieren. Es ein ganz eigenwilliger Mix aus diversesten Stilen wie Country, Bluegrass, Rock, Pop, Soul und Rhtythm & Blues, sagen die beiden, wobei die Country- und Americana-Roots eindeutig dominieren. Oft erinnern die beiden bei den flotteren Sachen, wie dem Opener „Kentucky Women“ oder „Drunk Right“ an eine Unplugged-Version von Cross Canadian Ragweed. Manchmal schimmert bei Tracks wie „Rain“ oder „Rowdy Gang“ sogar eine dezent psychedelische Note à la akustischer Led Zeppelin durch.

Stücke mit Harpbeteiligung („Home I Wanna Go Home“, „Summit City Slowdown“) lassen sofort Neil Young in seinen besten Solo-Tagen aufleben. Absolut radiotauglich sind Sachen wie „Lily“, das supermelodische „My Friends And Me“ (ein richtiger Ohrwurm) oder das herrlich soulig groovende „Runnin’“ (mit tollem Bruce Hornsby-Gedächtnis-Piano). Bei solchen Stücken kommt einem vielleicht die Eli Young Band als Vergleich in den Sinn. Wie es bei Ihren Live-Gigs zugeht, davon kann man sich ein Bild bei den beiden Live-Bonustracks „Drunk Right“ (also hier in beiden Versionen enthalten) und dem Medley „My Old Kentucky Home“/“These Days“ machen. Energie pur, Lokalpatriotismus und Spielfreude ohne Ende in Eintracht mit frenetisch mitgehendem und (überwiegend textsicher) mitsingendem Publikum.

Danach enthält diese Deluxe-Ausgabe noch fünf Demo-Tracks, die das Duo in ihrer ganz ursprünglichen Weise und auf sich selbst gestellt präsentiert. Hier wirkt alles noch ein wenig rauer, reduzierter und authentischer. Man meint teilweise, die beiden säßen bei einem mit im Wohnzimmer. Trotzdem klasse gemacht und nie langweilig. Sundy Best alias Nick Jamerson und Chris Bentley beweisen mit ihrem Debütwerk, dass sich da zwei Rohdiamanten in Wartestellung befinden. Zwei klasse Typen, die ganz klar das Potential haben, über den lokalen Status weit hinauszuwachsen.

Wie bereits erwähnt, sehr schwer einzuordnen diese Duo; Rosehill, Morrison Williams oder Antigone Rising (auch wenn es sich hier um eine Frauenband handelt) könnten im weitesten Sinne Richtungsanzeiger bilden. Ihr Album „Door Without A Screen“ jedenfalls ist ein unheimlich tolles, nicht alltägliches, spannendes und sehr abwechslungsreiches Erstwerk geworden, das einen wirklich fasziniert. Diese Burschen haben die Musik im Blut. Man darf gespannt sein, was da noch in Zukunft so alles im Anmarsch sein wird. Momentan gilt schon jetzt: Sundy Best – At their best!

Entertainment One (2013)
Stil: New Country & More

01. Kentucky Women
02. Lily
03. Home (I Wanna Go)
04. Rain
05. Prestonburg
06. Drunk Right
07. Mountain Parkway
08. If I See Her
09. My Friends And Me
10. Runnin‘
11. Rowdy Gang
12. Drunk Right (Live)
13. Ol‘ Kentucky Home/These Days (Live)
14. Car Song (Demo Version)
15. Summit City Slowdown (Demo Version)
16. Holy Ground (Demo Version)
17. Uneven Trade (Demo Version)
18. Distance (Demo Version)

Sundy Best
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Bärchen Records

Tim McGraw – Tim McGraw & The Dancehall Doctors – CD-Review

Nachdem ich den Weihnachtsurlaub und die letzten Wochen dazu genutzt habe, meiner anderen kreativen Ader (nein, es geht nicht um das Analysieren der genialen Spielzüge von Rot-Weiss Essen) in Form der Erstellung eines 2,00 m x 1,30 m großen Gemäldes zu widmen (allerdings inbegriffen einiger Nervenzusammenbrüche nach Fertigstellung, bei der Befestigung in gut 4,50 m Höhe…), als auch den Nachholtermin für unser ausgefallenes Symposium zu organisieren, kam mir der recht dürftige Nachschub an Rezensions-CDs, was meine Richtung betrifft, ganz gelegen.

Da es jedoch mittlerweile wieder kribbelt und ich ein wenig abergläubisch in Sachen erstem Artikel 2003 bin (nachdem die schöne Dreamcatcher-CD einen lebhaften Reigen toller Musik in der abgelaufenen Saison eröffnet hatte), habe ich, um auch auf der sicheren Seite zu stehen, den guten Tim McGraw zum Auftakt auserwählt. Und der aktuell wohl unangefochtene Superstar der New-Countryszene liefert erneut spitzenmäßige Arbeit ab.

Diesmal verzichtete er auf das gewohnte Who-Is-Who der Nashville-Studiomusiker und gab seiner langjährigen Live-Band, den Dancehall Doctors, die Gelegenheit, starke, wie immer, mit viel Feingefühl ausgewählte Lieder zu präsentieren. 15 Songs, mit einer fürs Genre nicht üblichen Spieldauer von 66 Minuten, lassen den McGraw-Fan, wie mich, frohlocken.
Der Opener „Comfort Me“ geht in die gleiche Kerbe wie „The Cowboy In Me“ vom letzten Album „Set This Circus Down“. Danach liefern sich kurzweilige Balladen a là „Tickin‘ Away“, „Red Ragtop“, „That’s Why God Made Mexico“ (mit herrlichem Barroom-Flair), „She’s My Kind Of Rain“, „All We Ever Find“ sowie „I Know To Love You Well“ und rockige Nummern wie „Illegal“ (klasse Southern Gitarren!), „Who Are They“ (aus der Feder von Brad und Brett Warren) oder „Real Good Man“ ein harmonisches Wechselspiel.

Dazwischen einige Midtempostücke wie z.B. „Home“, „Sleep Tonight“ und „Sing Me Home“, das mich stark an Jackson Brownes Running On Empty erinnert. Den Abschluss bildet der witzig gemachte Elton John-Klassiker „Tiny Dancer“, bei dem Tim den Herrn mit den vielen Brillen im Refrain durch Hochziehen der Stimme vortrefflich imitiert. Insgesamt eine wunderbar gelungene CD, die nach wie vor nur von meinem absoluten Favoriten „All I Want“ übertroffen wird
.
Jedenfalls hat Mr. McGraw mit kontinuierlichem Schaffen den Thron von Garth Brooks, der bei mir immer noch Sympathiepunkte aufgrund der geleisteten Pionierarbeit besitzt (immerhin der einzige, der sich mal hier in good ol‘ Germany für Konzerte blicken ließ), endgültig bestiegen.

Tja, mein guter Tim! Wäre es nicht auch mal an der Zeit, Dir die Warren Brothers als Support zu schnappen und endlich hier aufzulaufen? Ich garantiere dir genauso volle Hallen, wenn nicht noch längere LaOlas als bei Garth, und eine Fangemeinde, die dich grenzenlos lieben wird! Bitte glaub es mir…

Curb Records (2002)
Stil: New Country

01. Halo
02. Right Back At Ya
03. One Part Two Part
04. I Will Not Fall Down
05. The One
06. Better Than I Used To Be
07. Touchdown Jesus
08. The One That Got Away
09. Felt Good On My Lips
10. Hey Now
11. Only Human
12. Die By My Own Hand

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