Blake Shelton – Body Language – CD-Review

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Die erste Frage, die ich mir angesichts des Coverbildes von Blake Sheltons neuem, elften Album „Body Language“ stellte, war, wie seine angelehnte Pose mit leicht gesenktem Kopf und den beiden Händen in den Hosentaschen wohl zu deuten ist.

Auf die meisten Menschen, so liest man, soll eine Person, die eine oder gar beide Hände in den Hosentaschen vergräbt, verlegen, unsicher und unbeholfen, wenn nicht sogar flegelhaft, unhöflich oder sogar grob respektlos wirken.

Ich interpretiere die Haltung des erfolgsverwöhnten Nashville-Superstars eher als nachdenklich und ein wenig reflektierend, nach dem Motto, hab ich die (zu mir) passenden Songs ausgewählt und wieder alles richtig gemacht? Wird es am Ende wieder ein Nr.1-Album?

Blake Shelton befindet sich seit seinem Debüt kurz nach der Jahrtausendwende in einem einzigen Höhenrausch (auch von uns reviewtechnisch oft begleitet). Das versetzt ihn, ähnlich wie z. B. den Kollegen Tim McGraw, zwar in die bequeme Situation, nicht an eigene Kreativität beim Songwriting gebunden zu sein und sich quasi am Fundus der Nashville Songsschmiede relativ frei nach seinem Geschmack bedienen zu können, bringt allerdings auch einen immensen Erfolgsdruck mit sich, hier das richtige Gespür in die Waagschale zu werfen.

Aber der 2017 zum ‚Sexiest Man Alive‘ gewählte Musiker, Juror (bei ‚Nashville Star‘) und Coach (bei ‚The Voice‘ – siebenfacher Gewinner) wäre nicht über einen so langen Zeitraum, da, wo er heute ist, wenn er nicht längst einen Instinkt, ja schon fast ein Erfolgsgen in dieser Hinsicht entwickelt hätte.

Und so verhält es sich auch auf „Body Language“: Sämtliche zwölf Tracks wirken wie für Blakes angenehme Stimme geschaffen, eine Scheibe, bei der man sich, angesichts dieser nervtötenden Zeit, entspannt mit einem Glässchen Wein in den Sessel fallen lassen kann und dem Flow der Lieder relaxt lauschen kann.

Das Werk beginnt allerdings mit dem schönen, knackigen Southern Country Rocker „Minimum Wage“ (trotzdem sehr melodisch, textlich witzig sowie mit schönem Dobro-Slide und klasse Telecaster-Solo). Beim Titelstück gibt es mit der Einbindung von den Swon Brothers ein wenig Karrierehilfe für die Brüder aus Oklohama, diese hatte Shelton als Coach bei The Voice 2013 auf den dritten Platz gebracht.

„Happy Anywhere“ wirkt als eine Art beidseitige Liebeserklärung im Rahmen seiner Liason mit Gwen Stefani, die stimmmäßig ebenfalls harmonisch mitmischt.

Ansonsten gibt es das gewohnt niveauvolle Shelton-Liedgut: Lässig-melodisch groovende New Countrysongs, mal etwas traditioneller („Corn“ mit klasse Text,  „The Flow“ mit klirrendem Banjo, „The Girl Can’t Help It“ – tanzbarer Stomper), mal etwas moderner („Monday Mornin’ Missin’ You“ – Ohrwurm, „Whatcha Doin’ Tomorrow“ – humorvoller Schunkler), dezente Tex-Mex-Ingredenzien („Makin’ It Up As You Go“ – Trinklied mit spanischer Akustikgitarre, „Neon Time“ – Eagles/Midland-angehauchter Schwofer mit Crowd-Gesang im Endrefrain).

Und mit der Beschwörung der Kraft des ‚heilgen Buches‘, in Form des allerdings sehr schönen Stückes „Bible Verses“, gießt Blake das obligatorische (Weih-)Wasser auf die Mühlen seiner religiös-konservativen Klientel.

Insgesamt wieder eine tolle Scheibe. „Body Language“ wird den Status Quo von Blake Shelton in Nashvilles Superstarriege weiter festigen. Ob es zu einem erneuten Nr.1-Werk reicht, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. In jedem Fall Grund genug, die Hände aus den Taschen zu nehmen und mit breiter Brust seinen Weg voranzuschreiten!

Warner Bros. (2021)
Stil: New Country

01. Minimum Wage
02. Body Language (feat. The Swon Brothers)
03. Happy Anywhere (feat. Gwen Stefani)
04. Now I Don’t
05. Monday Mornin’ Missin’ You
06. Corn
07. Makin’ It Up As You Go
08. Whatcha Doin’ Tomorrow
09. The Girl Can’t Help It
10. The Flow
11. Neon Time
12. Bible Verses

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Blake Shelton – Fully Loaded: God’s Country – CD-Review

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Obwohl ich Blake Shelton seit Beginn seiner Karriere 2001 immer auf dem Radar habe (sein früher Song „Heavy Liftin'“ zählt immer noch zu einem meiner Alltime-Favorites), habe ich ihn seit dem letzten Review 2014 zu „Bringing Back The Sunshine“ doch ein wenig aus den Augen, beziehungsweise den Gehörgängen verloren.

Mir sind dabei natürlich seine Awards-Erfolge, Grammy-Nominierungen, die Präsenz bei TV-Formaten wie ‚Nashville Star‘ oder ‚The Voice‘ und auch seine medienträchtigen (Ehe)-Partnerinnenwechsel von Jugendfreundin Kaynette Gern, über Miranda Lambert zu aktuell Gwen Stefani, nicht verborgen geblieben.

Allerdings dafür seine letzten beiden Alben „Texoma Shore“ und „If I’m Honest“. Von daher stellt sein neuer Silberling „Fully Loaded: God’s Country“ für mich persönlich, auf dem sich sieben Tracks besagter Werke, plus fünf neue befinden, kein Problem dar. Wie Leute die Geschichte sehen, die diese schon besitzen, steht auf einem anderen Blatt Papier.

Immerhin beinhaltet die aktuelle CD an neuen Sachen die frisch gekürte Single des Jahres bei den CMA-Awards „God’s Country“. Ein Pathos-getränkter, mit Kirchengeläut hinterlegter starker Southern-Stampfer mit den an guten alten Charlie Daniels reminiszierenden Zeilen „… the devil went down to Georgia, but he didn’t stick around, this is god’s country…“. Gott geht bei den Amis immer, von daher ist der Erfolg kein Wunder. Ehrlich gesagt, wirklich auch aus atheistischer Sicht ein starker Song!

Das folgende „Hellride“ mit typisch brummigem Sprechgesang von Trace Adkins und stadiontauglichem Mitsing-Refrain (schönes Skynyrd-Kurz-Gitarren-Bridge) macht ebenfalls Laune.

Mit dem Schmacht-Duett „Nobody But You“, stimmlich versüßt durch seine  Flamme Gwen Stefani, wird der Katalog der Hochzeitslieder um einen weiteren potentiellen Kandidaten erweitert.

Danach gibt es dann sieben Mal am Stück recht gut ausgewählte Lieder der besagten beiden Voralben, wovon mir das flockige „I’ll Name The Dogs“ (klasse Mandolinenfills), die melancholische Countryballade „I Lived It“ und das herrlich atmosphärisch groovende „Turnin‘ Me On“ (wunderbare Stratocaster-Begleitung) besonders gefallen.

Am Ende gibt es mit „Jesus Got A Tight Grip“ (nochmals ein launiges Bekenntnis für die christliche Fangemeinde) und der Neuversion des Bobby Bare-Tex-Mex-Mitsing-Schunklers „Tequila Sheila“ neuen Shelton-Stoff (natürlich wieder 1a eingesungen und eingespielt sowie sauber produziert von Langzeitweggefährte Scott Hendricks).

Blake Sheltons „Fully Loaded: God’s Country“ erweist sich für Leute wie mich, die seine letzten beiden Alben nicht haben, wie aus einem Guss. Für alle anderen hat die Scheibe, gerade im Hinblick auf solch einen Superstar mit Majorlabel im Rücken, ein dezentes ‚Geschmäckle‘. Da wäre ein komplett neues Album sicherlich die sauberere Variante gewesen…

Warner Bros. (2019)
Stil: New Country

01. God’s Country
02. Hell Right (feat. Trace Adkins)
03. Nobody But You (Duet with Gwen Stefani)
04. Came Here To Forget
05. She’s Got A Way With Words
06. A Guy With A Girl
07. Every Time I Hear That Song
08. I’ll Name The Dogs
09. I Lived It
10. Turnin‘ Me On
11. Jesus Got A Tight Grip
12. Tequila Sheila

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Blake Shelton – Bringing Back The Sunshine – CD-Review

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9. Studioalbum des beliebten New Country-Stars. Der aus Oklahoma stammende Blake Shelton hat sich, wie mittlerweile bekannt, in den Staaten über seine Musik hinaus einen Namen gemacht. So ist er sowohl als Coach der beliebten Casting-Show „The Voice“ als auch als Co-Moderator der ACM-Awards (zusammen mit Luke Bryan) in der amerikanischen Medienlandschaft längst eine feste Größe geworden. Nun kehrt er mit „Bringing Back The Sunshine“ wieder zu seinem Kerngeschäft zurück und hat dabei eine hohe Hypothek zu tragen. Der mega-erfolgreiche Vorgänger „Based On A True Story…“ war bereits sein drittes No.1-Country-Album und ist unglaublicherweise jetzt immer noch in den Top-10 der Charts vertreten. Aber wie so oft in diesem Genre bringen die arrivierten Leute der Szene die besten Resultate, wenn der Druck am Größten erscheint.

Und auch Shelton zeigt sich auf dem neuen, zwölf Stücke umfassenden Werk unter der Regie von Scott Hendricks relativ unbeeindruckt von dem ganzen „Tamtam“ und ruft eine der bisher stärksten Leistungen seiner musikalischen Karriere ab. Er kehrt dabei so ein wenig zu seinen anfänglichen Roots zurück, als er damals mit seinem Single-Hit „Austin“ den Grundstein für seine weitere Entwicklung legte. Der Auftakt-Song und Namensgeber zugleich „Bringing Back The Sunshine“ bietet, wie der Titel es schon vermuten lässt, nach einem herrlichen Orgelintro, schließlich cabrio-tauglichen, flockigen Gute-Laune-New Country-Rock. Geht mit seiner tollen Melodie runter wie Öl.

Das von einer Banjo-mäßig „blechern“ klingenden Gitarre und herrlich eingestreuten Southern E-Gitarren-Riffs geführte, richtig lässig vor sich hin groovende Stück „Neon Light“ hat als erste Single bereits Platz 6 der Billboard-Charts erreicht. Blakes typischer, von dezenter Introvertiertheit gekennzeichneter Gesang harmoniert herrlich zu dem Klangbild. Großen Balladenstoff gibt es beim folgenden „Lonely Tonight“, bei dem Pistol Annies-Bandkollegin von Ehefrau Miranda Lambert, Ashley Monroe, traumhaft schönen Harmoniegesang beisteuert. Ein äußerst hitverdächtiges Duett. Weitere ruhige Momente gibt es mit dem romantisch anmutenden „A Girl“, „I Need My Girl“ (typische Powerballade mit kräftigem Refrain) oder dem mit einer wunderbaren Akustikgitarre ummantelten „Just South Of Heaven“.

Letztgenanntes Lied wirkt ein wenig wie eine Country-Ausgabe von Claptons berühmten „Tears Of Heaven“. Sehr atmosphärisch auch der besungene, dem Alkohol geschuldete One-Night-Stand auf „Sangria“. Dem modernen Zeitgeist des Genres huldigen dann Stücke wie „Gonna“ (wieder mit sehr markanter Gitarrenarbeit, aber auch HipHop-Flair und Crowd-Hamonie-Gesängen), und das cool gebrachte und gespielte (wieder glänzende Gitarrenarbeit von Musikern wie Tom Bukovac, Troy Lancaster, Mike Henderson, Derek Wells oder Bryan Sutton), swampige „Buzzin’“ (unter tatkräftiger Mithilfe von Voice-Teilnehmerin Rae Lynn). Freunde des traditionellen Country werden mit der pathosgeladenen Hommage an das Genre bei dem „Good Country Song“ bestens versorgt. Hier drücken Aubrey Haynie mit aufheulender Fiddle und Russ Pahl mit wimmernder Pedal Steel sowie Blake samt belegter Stimme mächtig auf das Gefühlsinnenleben des Zuhörers. Diese Nummer hat wirklich, dem Titel getreu, alle Zutaten, die man mit solch einem Stück assoziiert.

Der Rausschmeißer „Just Gettin’ Started“ , eine zünftige, flott abgehende Countryrock-Uptempo-Nummer (klasse Bariton-E-Gitarren-Solo), beendet ein durchweg abwechslungsreich und kurzweilig gestaltetes Album, das wie im Fluge vergeht. Dazu gibt es ein sehr schön bebildertes Cover-Artwork (mit z. T. toll fotografierten, vom Verfall gekennzeichneten Gebäuden) mit allen Texten und Infos. Blake Shelton lässt mit „Bringing Back The Sunshine“ noch mal ein wenig musikalischen Sonnenschein in den sich gerade dem Ende entgegen neigenden Country-Sommer strömen. Eine sehr starke Leistung, die mit Sicherheit wieder den einen oder anderen Hit abwerfen wird. Toll gemacht Mr. Shelton!

Warner Bros. (2014)
Stil: New Country

01. Bringing Back The Sunshine
02. Neon Light
03. Lonely Tonight (Feat. Ashley Monroe)
04. Gonna
05. A Girl
06. Sangria
07. Buzzin‘ (Feat. RaeLynn)
08. Just South Of Heaven
09. I Need My Girl
10. Good Country Song
11. Anyone Else
12. Just Gettin‘ Started

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Blake Shelton – Blake Shelton’s Barn & Grill – CD-Review

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Dritter Volltreffer des introvertierten „Boy from Oklahoma“ mit dem freundlichen Lächeln! Die großen Akteure des Country-/New Country-Genres leben in der Regel neben ihrer persönlichen Ausstrahlung von ihrer Beständigkeit und dem Gespür für die Sehnsüchte ihres Publikums – und das auf hohem Niveau! Da wird bedingungslos professionell an den eigenen Stärken gefeilt und nicht wie wild herumexperimentiert. Gut so! Für eine solche Arbeit ist Blake Shelton ein Musterbeispiel! Wo Kritiker längst den Einbruch erwarten, wird, oft zur Überraschung vieler, eben noch mal eine Schüppe draufgepackt.

Und so machen das Team um Shooting-Star Blake Shelton und sein Produzent Bobby Braddock mit dem neuen Album „Blake Shelton’s Barn & Grill“ konsequent da weiter, wo sie beim Debütwerk angefangen und dessen Nachfolger „The Dreamer“ aufgehört haben. Sämtliche mit Bedacht ausgewählte Stücke sind Blake wie auf den Leib geschnitten. Er fühlt sich bei deren Performance spürbar wohl. Moderne und Tradition halten mal wieder perfekt die Balance. Während es auf „The Dreamer“ mit „Heavy Liftin’“ noch direkt in die Vollen ging, startet er diesmal mit einem fröhlichen Sommersong mit leicht mexikanischem, bzw. karibischem Flair, der locker dahinrauscht, wie ein relaxter Strandspaziergang, wo einem heiße Senoritas mit langen schwarzen Haaren und kühlen Margheritas entgegen lächeln.

„Some Beach“, so heißt diese Nummer, hat als erste Singleauskoppelung bereits Platz 16 in den Country Billboard Charts erklommen, mit Drang nach oben, und es bedarf keiner prophetischer Eingebungen, dass das Album nicht nur wegen dieses Tracks wohl wieder ein Verkaufsschlager wird. „Nobody But Me“ („The Weight“ von The Band oder „Love Of A Woman“ von Travis Tritt könnten hier Pate gestanden haben), „Love Gets In The Way“ (wunderbare Banjo-Unterlegung), „Goodbye Time“ (mit herrlichem Akustik-Piano) und „When Somebody Knows You Well“ (nette Akustik-Gitarren, dezent Streicher-unterlegt) sind alles kraftvolle Balladen, auf denen Blake in seiner unnachahmlichen Art aus sich herausgehen kann.

Dabei wirkt seine Stimme frischer und kräftiger denn je. Die Musiker wie Brent Rowan, Shannon Forrest, Gordon Mote, Mike Rojas, Paul Franklin oder Jonathan Yudkin, um nur einige zu nennen, leisten Schwerstarbeit, harmonieren aber famos! Für zusätzlichen Pep sorgen die schwungvollen Stücke wie „Good Old Boy, Bad Old Boyfriend“ (der leicht bluesige Country-Rock’N’Roller aus der Feder von Bobby Braddock klingt wie ein Song eines gedopten J. J. Cale) oder „Cotton Pickin’ Time“, einn knackiger, traditioneller Country“rock“-Song mit Slide-Gitarren, tollem Fiddle-Solo, klimperndem Piano und kessen Mundorgel-Einlagen. Da wippt jeder Cowboystiefel unweigerlich mit und jede Country-Kneipe wird zum Tollhaus.

Apropos Country-Kneipe: Die beiden Abschlussstücke „The Bartender“ und „I Drink“ sind echte Barroom-Songs, in denen Blake mit hingebungsvollem Gesang für entsprechende Stimmung sorgt. Zudem zeigt das Booklet ein typisches Lokal dieser Art, wo in neonleuchtender Schrift ein Schild mit der Aufschrift „Blake Shelton’s Barn & Grill“ hinter der Theke zu sehen ist, entsprechend dem Schriftzug auf dem Frontcover. Ob man ihm eventuell zur Neueröffnung seiner eigenen Kneipe beglückwünschen darf, konnte die Recherche nicht klären, doch zu einem weiteren Spitzen-Album kann und muß man es auf jeden Fall! In diesem Sinne: Prost Blake!

Warner Bros. (2004)
Stil: New Country

01. Some Beach
02. Nobody But Me
03. Good Old Boy, Bad Old Boyfriend
04. Love Gets In The Way
05. Goodbye Time
06. Cotton Pickin‘ Time
07. What’s On My Mind
08. When Somebody Knows You That Well
09. On A Good Day
10. The Bartender
11. I Drink

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Blake Shelton – The Dreamer – CD-Review

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Blake Shelton macht einem das Leben als Rezensent von „The Dreamer“ aus zwei Gründen nicht gerade einfach: Zum einen setzte er durch sein hervorragendes Debütalbum, mit dem er zweifelsohne in die erste New-Country-Liga aufgestiegen ist, die Erwartungshaltung relativ hoch, zum anderen startet sein Zweitwerk mit dem Auftaktlied „Heavy Liftin'“ derart furios, dass man sich unweigerlich fragt, ob nachfolgend überhaupt noch was annäherndes kommen mag. Temperamentvoller Gesang, rockig stampfender Rhythmus, kreischende Gitarren, dass es einem den Cowboyhut wegfetzt; dieser Song kann nur das Highlight des Jahres werden! Wow! Brent Rowan an den Saiten in Höchstform; der reine Wahnsinn.

Im Sport zeigt sich oft, dass bei vielen Aufsteigern das zweite Jahr das wesentlich Schwierigere darstellt. Nach einer Anfangseuphorie entpuppt sich der Wechsel vom Senkrechtstarter zur Kontinuität meistens als ziemlich problematisch. Auch Blake Shelton tritt nach diesem Anfangsspurt deutlich aufs Bremspedal. Im Laufe der restlichen neun Songs dominiert dann doch der Balladenanteil bis Midtempobereich. Allerdings bewältigt er diese Strecke mit einer unnachahmlichen Art zwischen gesungenem und gefühltem Herzblut („The Baby“, „Asphalt Cowboy“, „The Dreamer“) und einer ganz speziellen Coolness („Georgia In A Jug“, „Playboys Of The Southwestern World“), wie sie auch Dwight Yoakam als Stilmittel öfter anwendet, gemixt mit mexikanischen Elementen, die auch Brooks & Dunn auf ihrem letzten Album schon mal in die Waagschale geworfen haben.

Rockiger wird es dann noch mal bei „My Neck Of The Woods“, auch eine Klassenummer. Insgesamt betrachtet ein recht kurzes, aber gelungenes Werk, bei dem ich jedoch unter Umständen eine etwas andere Reihenfolge der Songs gewählt hätte. Etabliert hat sich Blake Shelton mit einer soliden Leistung im Oberhaus des des Genres damit alle Male. Ich würde sagen: Klassenerhalt sicher geschafft.

Warner Bros. (2003)
Stil: New Country

01. Heavy Liftin‘
02. The Baby
03. Asphalt Cowboy
04. In My Heaven
05. The Dreamer
06. My Neck Of The Woods
07. Underneath The Same Moon
08. Georgia In A Jug
09. Playboys Of The Southwestern World
10. Someday

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Blake Shelton – Pure BS – CD-Review

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2,5 Millionen Mal gingen seine ersten drei Klasse-Alben „über die Ladentheke“, jetzt gibt es mit dem neuen Werk „Pure BS“ weiteren Nachschlag von Blake Shelton. Als er im Jahre 2001 mit „Austin“ (seinerzeit war er der erste Countrysänger überhaupt, der mit einer Debütsingle sofort auf Platz 1 der Billboard-Charts schaffte) und seinem ersten Album (auch direkt Platz 3) katapultartig die Szene enterte, mutmaßten wir bereits, dass Blake es sehr schnell in die Riege der ganz Erfolgreichen in Nashville schaffen würde. Seine folgenden, ebenfalls hervorragenden Silberlinge „The Dreamer“ und „Blake Shelton’s Barn & Grill“ untermauerten unsere Voraussage schließlich nachhaltig.

Mit Produzent Bobby Braddock, der von Anfang an an der Reglern saß, und Blake Shelton schien sich ein perfekt harmonierendes und überaus erfolgreiches Duo für knackigen, genauso traditionell verbundenen wie modernen, zeitgemäßen New Country gefunden zu haben. Keiner hätte es Shelton verdenken können, wenn er weiter, wie viele andere Künstler seines Kalibers, konsequent und ohne größeres Risiko den einmal eingeschlagenen Weg weitergegangen wäre. Nicht so jedoch der Neo-Honky Tonker aus Oklahoma. Nachdem in sein Privatleben nach einigen Turbolenzen (Scheidung von seiner Frau) mittlerweile wieder Ruhe eingekehrt ist, entschied er sich mit Brent Rowan und dem „alten Hasen“ Paul Worley neben Braddock zwei weitere Produzenten anzuheuern.

Shelton (auch mit neuer Frisur) spürte laut eigener Aussage, dass etwas passieren musste, auf der anderen Seite aber wollte er das Bewährte nicht völlig in Frage stellen. Dies alles ist absolut nachvollziehbar! Entstanden ist nun mit „Pure BS“ eine clevere und erstklassig umgesetzte Kompromisslösung, die einen Blake Shelton offenbart, dem man durchaus eine gewisse „neue Frische“ und fast noch stärkere stimmliche Ausdruckskraft bescheinigen kann, als dies ohnehin schon der Fall war. Sämtliche Fremdkompositionen (natürlich aus den Federn angesagter Songwriter wie Tom Douglas, Dave Berg, David Lee Murphy, Casey Beathard) sind wie immer mit viel Gespür für Sheltons Persönlichkeit ausgewählt worden, aber auch Blake selbst (mittlerweile Jury-Mitglied bei „Nashville Star“) glänzt wieder mit drei Eigenkompositionen.

Jeder der beteiligten Produzenten beanspruchte für seine Songs einen expliziten Musikerkreis (dadurch agieren zum Beispiel drei verschiedene Drummer, alle restlichen Instrumentalisten in jedem Team gehören ebenfalls zu 1A-Garde von Music City), wobei Braddock Brent Rowan bei seiner Mannschaft als Gitarrist mit integrierte.

Worley betreute beispielsweise den furiosen Opener „This Can’t Be Good“ (Toller, etwas southern-inspirierter, kraftvoller New Countryrock der Marke Trace Adkins), das piano-lastige, ruhigere „Bad There Again“ und das introvertierte „What I Wouldn’t Give“ im Midtempobereich; Rowan setzte mit der sich bereits auf dem Vormarsch in obere Chart-Regionen befindenden Single „Don’t Make Me“ (sehr melodisch, schöne Mandoline, tolle Harmonies) und dem Gute Laune-Saloon-Song „The More I Drink“, dem dezent keltisch angerauten „She Don’t Love Me“ (ist auch auf dem letzten Album von Billy Ray Cyrus vertreten), und dem mit texanischem Roots-Flair behafteten Chris Knight-Cover „It Ain’t Easy Bein‘ Me“ (grandios mit Slide, Mandoline, Steel und Akustikgitarre instrumentiert) vielleicht die stärksten und aufsehenerregendsten Akzente.

Braddock produzierte die schöne Ballade „I Don’t Care“, die in bester „Austin“-Manier daherkommt, sowie die zwei wunderbar melodische Stücke mit Retrotouch („I Have Been Lonely“ – recht rockig, tolle Harmonies von Rachel Proctor, die das Lied mit Blake zusammen komponiert hat; „She Can’t Get That“ – eher relaxt, mit deneznten Westcoast und bluesigen Einlagen, klasse E-Gitarren-Spiel von Rowan), und den exzellenten, honky-tonkigen Rausschmeißer am Ende, „The Last Country Song“, bei dem die Country-Ikonen George Jones und Jon Anderson stimmlich mit eingebunden sind. Da wird kräftig zusammen gegrölt und geklatscht. Ein herrlicher Abschluss!

Blake Shelton hat mit „Pure BS“ wieder alles richtig gemacht und vielleicht sein bislang bestes Album abgeliefert. Er wirkt sehr frisch, befreit, ist vokal in blendender Verfassung und seine Arbeit mit dem Produzenten-Drei-Gestirn Bobby Braddock, Brent Rowan und Paul Worley funktioniert hervorragend. Ein glänzendes Werk, das qualitativ und verkaufstechnisch vollkommen zu Recht seinen Charts-Spitzenplatz-Anspruch in den kommenden Wochen geltend machen wird. Jawohl, diese klasse Musik ist „Pure Blake Shelton“!

Warner Bros. (2007)
Stil: New Country

01. Can’t Be Good
02. Don’t Make Me
03. The More I Drink
04. I Don’t Care
05. She Don’t Love Me
06. Back There Again
07. It Ain’t Easy Bein‘ Me
08. What I Wouldn’t Give
09. I Have Been Lonely
10. She Can’t Get That
11. The Last Country Song

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