Todor ‚Tosho‘ Todorovic (Blues Company) – Interview

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Anmerkung: Das Interview entstand in Zusammenarbeit der beiden befreundeten Magazine Bluesmagazine Niederlande (www.bluesmagazine.nl) und Sounds Of South.

Vor dem Konzert der ältesten deutschen Bluesband (44 Jahre) Blues Company im Musiktheater Piano in Dortmund, ergab sich die Gelegenheit, ein Interview mit Bandleader Todor ‚Tosho‘ Todorovic zu führen. Sämtliche Alben dieser Band sind im Bluesmagazine rezensiert worden und bekamen sehr gute Kritiken. Nach dem sehr freundlichen Empfang von Jenny Dore vom Piano ging es Backstage, wo ein sehr gut gelaunter Todor sich alle Zeit für uns nahm und dafür sogar das bereitgestellte Buffet warten ließ.

BM/SoS: Blues Company ist als die älteste Bluesband Deutschlands bekannt. Wann habt ihr angefangen Musik zu machen?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: 1976 haben Pianist Christian Rannenberg und ich die Band in Osnabrück gegründet. Wir waren sehr interessiert am Blues und entschieden uns eine Bluesband zu gründen. Osnabrück ist bekannt als Hauptstadt des Friedens aber auch als Hauptstadt des Blues in Deutschland! Viele bekannte Bluesmusiker kommen aus Osnabrück oder wohnen in der Gegend z.B. Kai Strauss, Tommy Schneller, The Bluesanovas, Christian Rannenberg und ich selbst. Montagsabends sind oft Bluesjamsessions in der Lagerhalle in Osnabrück, wo sich viele Bluesmusiker treffen, wirklich toll. Letzte Woche war ich auch noch dabei.

BM/SoS: Wie bist du zur Musik und Blues gekommen?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Meine Familie kommt aus dem ehemaligen Jugoslawien, und die ‘Balkanmusik’ war mein erster Kontakt mit Musik, obwohl ich in Deutschland geboren bin. Mein Vater war Chorleiter in der orthodoxen Kirche, die ganze Familie war im Kirchenchor und ab meinem sechsten/siebten Lebensjahr sang ich im Chor, mehrstimmig und ohne Noten. Mit ungefähr neun Jahren fing ich an die akustische Gitarre zu spielen und mit fünfzehn elektrische Gitarre. Einmal in der Woche bekam ich Unterricht von Nicolai Witsch Avri Bashew. In einer Band spielte ich zunächst jugoslawische Folksmusik mit Gitarre, viel Jazz und Swing, Dixieland und Trompeten. Ich erinnere mich an eine Zeit mit schwierigen Akkorden, Schnaps und Rauchen. Mit fünfzehn hörte ich das grandiose Album von B. B. King „Live At The Regal“ und das haute mich um! Ich fing an, ihn und andere Bluesmusiker, nach zu spielen, aber auch Folk Blues von z. B. Sonny Terry und Brownie McGhee. Das war der Bluesanfang für mich.

BM/SoS: Die Blues Company gibt es seit 44 Jahren, es hat bestimmt viel Wechsel in der Besetzung gegeben?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Nicht viele, wir hatten und haben viele langjährige Bandmitglieder. Mike Titre ist schon seit 1980 dabei, Florian Schaube seit 2000 und Arnold Ogrodnik für immerhin 10 Jahre.

BM/SoS: Wie schreibt ihr eure Songs? Erst den Text und dann die Musik, Melodie oder umgekehrt?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Als erstes schreiben Mike und ich den Text. Mike ist Engländer, also ist in Englisch schreiben für uns kein Problem. Wir suchen ein Thema, eine Idee und eine Hookline. Wir wollen eine Story erzählen, die realistisch ist und keine Erfindung. Wenn der Text fertig ist, kommen Bass und Schlagzeug dazu und dann Bläser und eventuell Backgroundsängerinnen. Wir üben, machen ein Demo und gehen dann ab ins Studio. Für unser neues Album sind schon 20 Stücke aufgenommen. Einer der Songs hat mit Corona zu tun: „I Need A New Job“. Das sagt doch alles….

BM/SoS: Jetzt wo du Corona angedeutet hast, was hat das alles mit dir gemacht? Keine Shows, Unsicherheit, kein Einkommen. Stimmt es, das viele Musiker oder Leute, die in der Musikbranche arbeiten, sich einen Nebenjob suchen müssen?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Es war und ist ein Drama. Ich hatte große Probleme, konnte keine Musik machen, keine Auftritte, nicht zusammen üben. Neben der Blues Company spiele ich in einer Hobbyband, die mehr auf Jazz und Pop gerichtet ist. Im Durchschnitt übte ich vier Mal in der Woche und dann auf einmal nichts. Das erste Mal in 50 Jahren hatte ich kein Ziel. Aber so langsam geht es ein bisschen besser, wir üben wieder und heute Abend ist für uns die erste Show seit März! Wir haben wieder eine Motivation. Finanziell habe ich weniger Probleme als viele meiner Kollegen. Ich habe an der Musik-Hochschule in Osnabrück Unterricht gegeben und habe eine Rente. Mittlerweile bin ich auch fast siebzig Jahre alt, habe aber immer noch Spaß und einiges vor mit der Band. Ich unterrichtete Bandcoaching und habe mit Kollegen an der Hochschule eine neue Abteilung gegründet, die sich mit Rock, Pop, Jazz und Blues beschäftigt. Ich unterrichte noch einen Tag in der Woche Musikschüler. Ich muss immer was zu tun haben. Wir spielen, weil wir es wollen, nicht weil wir müssen, was natürlich sehr angenehm ist!!

BM/SoS: Ihr habt in vielen (ich glaube vierzehn) Ländern gespielt, welches Land war etwas Besonderes?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Ohne Zweifel Russland! Russland ist ein Paradies für Künstler. Man merkt das Kultur dort sehr wichtig ist. Artisten und Musiker sind sehr hoch angesehen, anders als hier in West-Europa. Als Gitarrist konnte ich bei Konzerten manchmal aus siebzehn Fender-Verstärker wählen!! Hotels, Essen, Transport, Sound alles ist hervorragend geregelt. Man will auch noch deine Koffer tragen. Es gibt dort auch eine sehr gute Jazz- und Bluesszene. In Moskau steht ein Gebäude mit zwei Klubs: ein Blues- und ein Jazzklub und jeder fasst 600 Personen. Jeden Abend spielt eine Band mit Vorprogram und der Laden ist voll. Hier undenkbar.

BM/SoS: Die Blues Company hat in all den Jahren viele Alben veröffentlicht. Ich glaube es sind über zwanzig. Jeden Monat kaufe ich das Magazine AUDIO und oft ist eine audiofiele Bonus-CD dabei. Das erste Mal, dass ich eure Musik hörte war vor Jahren auf so einem Album. Ist die Aufnahmequalität besonders wichtig für euch?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Wir machen unsere Aufnahmen immer in sehr guten Studios im Kreis Osnabrück und nehmen uns die nötige Zeit. Wir können dann zu Hause schlafen und sind wieder topfit am nächsten Tag. Leider ist der Eigentümer von einem Studio in Osnabrück gestorben, wo wir viel aufnahmen. Deshalb haben wir das Studio gewechselt. Das neue Album ist in Bad Iburg aufgenommen. Wir haben nicht nur Bluesfans sondern auch audiophile Fans (mit einem Schmunzeln)! Wir versuchen die Aufnahmen so lange wie möglich dauern zu lassen, weil Mike Titre unfassbar gut kochen kann und wir es so länger genießen können. Seit 30 Jahren sind wir bei der Plattenfirma In-Akustik und im Vertrag steht, dass wir jedes zweite Jahr ein Album machen müssen. Durch Corona konnten wir jetzt zunächst nicht ins Studio und keine Aufnahmen machen. Das nächste Werk nun wird Ende 2021/Anfang 2022 veröffentlicht, wenn es nach Plan läuft. Wir wollen im November ein Livealbum, mit Songs, die wir live mitgeschnitten haben, veröffentlichen. Es kann doch noch was passieren – auch zu Zeiten von Corona.

BM/SoS: Vielen Dank für die Zeit, die du dir für uns genommen hast und das angenehme Gespräch mit vielen Anekdoten Todor ‘Toscho’ Todorovic.

Interview: André Wittebroek (bluesmagazine.nl)
Bilder: Gernot Mangold

Blues Company
Bluesmagazine Niederlande
Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Blues Company – 11.09.2020, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

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Anmerkung: Der Konzertbericht entstand in Zusammenarbeit der beiden befreundeten Magazine Bluesmagazine Niederlande (www.bluesmagazine.nl) und Sounds Of South.

An diesem Freitagabend gab es wieder das erste Livekonzert im Piano und auch für die Blues Company war es die Premiere seit dem Corona-Lockdown. Schon beim ersten Song ist die Freude bei Band und Publikum zu spüren. Alle Anwesenden hatten Live-Musik in der beliebten Lütgendortmunder Location vermisst. Das Team vom Piano hatte alles nach den vorgegebenen Hygieneregeln organisiert und umgesetzt: Saal bestuhlt, Getränke wurden zum Sitzplatz gebracht, für ausreichend Handgel und Mundschutz war gesorgt. Kompliment ans Pianoteam!

Genau um halb neun begann das Quartett mit dem instrumentell performten, Uptempo-Shuffle „Middlename“. Man erkannte sofort, dass hier eine eingespielte solide Band mit ausgezeichneten Musikern auftrat. Der Sound ist großartig und differenziert ausgesteuert. Auf den Alben sind oft Bläser und Backgroundsängerinnen dabei, aber an diesem Abend spielte die Basisband. Gitarrist und Sänger Todor ‘Toscho’ Todorovic glänzt mit einer harmonischen, angenehmen Stimme und sein Gitarrenspiel ist auf dem Punkt gebracht. Jeder Ton stimmt.

Gitarrist und Sänger Mike Titre hat eine volle, warme und tiefere Stimme und spielt auch Slidegitarre im „Walking Blues“, während Todor sich eine Auszeit nimmt und die Bühne seinen Mitstreitern überlässt. Zudem glänzt er mit schönem, nicht zu aufdringlichen Harmonicaspiel, beispielsweise in „Riot“. Bassist Arnold Ogrodniks Auftritt ist solide und er wechselt in manchen Songs („Almost“) zu den Keyboards, wobei Mike hier stellvertretend den Bass übernahm. Florian Schaube bearbeitet sein Schlagzeug mit einem tollen Groove. Eine exzellente Rhythmusgruppe, bei der man merkt, dass es sich um studierte Musiker handelt! Hut ab.

Es wurden mehr als zwanzig Tracks gespielt, in denen sich alle Stile des Blues wiederfanden: Instrumental Blues („Middleman“& „Albatros“), funky Blues („Big Legged Woman“ & „Move To The Groove“), Swampblues („Blues Been Good To Me“), Groovy („Blue And Lonesome“& „One Short“), Slowblues („Blues Is A Feeling“), Boogie, Swing („Hey Little Girl“& „Fool“), Jazzy („Brother Where Are You“) Bluesrock („Riot“, „Almost,The Blues Is Allright“) und Slide („Walking Blues“). Als Zugabe legte die Band ein Medley mit Sachen wie u.a. „Hide Away“, „Johnny Be Good“, „Gangster Of Love“ und „The River“ nach.

Zwischen den Liedern erzählte Todor immer etwas über den folgenden Song. So nennt er „Red Blood“ einen Kriegsblues. Geschrieben über den Krieg in Ex-Jugoslawien ist der Text leider noch immer sehr aktuell. Anlässlich der Wahlen in Nordrhein-Westfalen, erinnerte er an Politiker diverser Parteien, die sich weigern, Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager Moria in Griechenland aufzunehmen. Man solle doch überlegen, wen man in einem offenen Land wählt. Auch das ist BLUES….

Nach mehr als zwei Stunden endete dieses großartige, intensive Konzert, bei dem Spiellaune und die Interaktion zwischen Band und Publikum jederzeit im Mittelpunkt standen. Ein herrlicher Bluesabend nahm so ein würdiges Ende und die Bluesfans, die dem Hygienekonzept des Piano vertraut hatten, haben ihr Kommen mit Sicherheit nicht bereut.

Bluesmagazine und Sounds Of South bedanken sich bei Jenny Dore und ihrem Team (von der Bedienung bis zum Soundtechniker) vom Piano für den gewohnt freundlichen Empfang und den sehr schönen Abend. Es bleibt zu hoffen, dass bei den nächsten Konzerten noch mehr Besucher den Weg ins Piano finden werden, wo, wie bereits oben angeführt, alles getan wird, um ein Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten.

Line-up:
Todor ‚Tosho‘ Todorovic – Lead vocals, guitar
Mike Titre – (slide) guitar. vocals, harp
Arnold Ogrodnik – bass, keys
Florian Schaube – drums

Interview: André Wittebroek (bluesmagazine.nl)
Bilder: Gernot Mangold

Blues Company
Bluesmagazine Niederlande
Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Kirk Fletcher – My Blues Pathway – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Der 41-jährige, aus Kalifornien stammende und jetzt in der Schweiz lebende, Afroamerikaner Kirk Fletcher gilt als einer der besten Blues-Gitarristen weltweit. Als Sohn eines Baptistenpfarrers lernte er bereits in seiner Kindheit die Gospel- und Bluesmusik kennen und schätzen. So geprägt, ist es nicht verwunderlich, dass seine musikalische Ausrichtung tief im Rhythm & Blues und in der Soulmusik verankert ist.

Sein neuestes Album „My Blues Pathway“, welches jetzt Ende September in den Handel kommt, lebt daher auch von all diesen Einflüssen, insbesondere aber dem Soul, gepaart mit funkigen Elementen. Alle zehn Songs des Albums sind modern arrangiert, mit viel, aber nie störenden Bläsern im Hintergrund. Als i-Tüpfelchen kommt dann noch Fletchers warme und gefühlvolle Stimme hinzu.

Eingespielt im Hertz Workz Studio (Los Angeles) mit namhafter Unterstützung von Charlie Musselwhite an der Harmonika, Josh Smith an der Resonator-Gitarre und Robert Crays langjährigem Bassgitarristen Richard Cousins, der auch an zwei Titeln („No Place To Go“ und „Love Is More Than A Word“) mitgearbeitet hat, ist ein absolut hörenswertes Album entstanden.

Bereits der Midtempo-Opener des Albums „Ain’t No Cure For The Downhearted“ besticht durch Fletchers funkiges Gitarrenspiel und legt den Grundstein für die weitere musikalische Ausrichtung der folgenden Tracks. Der Song selbst handelt im wesentlichen von der Suche nach dem Glück, welches man nur in sich selbst finden kann.

No Place To Go“ wurde bereits im Juli diesen Jahres als Single veröffentlicht (siehe das verlinkte Video), welches sehr schön die gesamte Stimmung des Albums wiedergibt.

Auch mit „Love Is More Than A Word“, einem Song über verlorene Liebe, und dem mit autobiografischen Inhalten versehenen „Struggle For Grace“, geht es ruhig und entspannt weiter.

„I’d Rather Fight Than Switch“ ist eine beschwingt dargebrachte Coverversion, die der Sänger und Saxophonist A. C. Reed bereits im Jahre 1965 veröffentlicht hat. Aber natürlich beherrscht Kirk Fletcher auch den klassischen Slow-Blues, hier zu hören in „Heart So Heavy“, wenngleich wieder leicht funkig angehaucht.

Auch „Fattening Frogs For Snakes“, ursprünglich aus der Feder von Sonny Boy Williamson stammend, ist eine tolle Bluesnummer. Gut tanzbar ist das flottere Instrumentalstück „D Is For Denny“, eine Eigenkomposition zu Ehren von Denny Freeman, der in den 90’ern einen großen musikalischen Einfluss auf Fletcher ausübte.

Der letzte Song des Albums „Life Gave Me A Dirty Deal“, ist ein ruhiger Deltablues mit Charlie Musselwhite an der Bluesharp und Josh Smith an der Resonator-Gitarre und bietet einen perfekten Abschluss für diese insgesamt sehr gut gemachte Scheibe.

Auch wenn fast alle Songs des Albums in Stil und Tempo recht ähnlich sind, wird es nie langweilig zu zuhören. Die Musik ist so etwas von relaxed, dass man sie am liebsten träumend bei einem Sundowner im Sonnenuntergang genießen möchte.

Fletchers eigenen Worten zufolge, ist es ihm wichtig eine eigene Stimme als Musiker zu finden und Musik zu machen, die aus seinem Herzen entspringt. Mit dem vorliegenden Werk ist ihm das absolut gelungen.

Im Übrigen bleibt noch zu sagen, dass Fletchers diesjährige Deutschland-Tour Corona-bedingt abgesagt werden musste, aber im Frühjahr des kommenden Jahres nachgeholt werden soll. Wir dürfen gespannt sein.

Label: Cleopatra Records
Stil: Blues

Tracks:
01. Ain’t No Cure For The Downhearted
02. No Place To Go
03. Love Is More Than A Word
04. Struggle For Grace
05. Sweet Soul Music
06. I’d Rather Fight Than Switch
07. Heart So Heavy
08. Fattening Frogs For Snakes
09. D Is For Denny
10. Life Gave Me A Dirty Deal

Kirk Fletcher
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Another Dimension

Fred Chapellier – 25 Years On The Road – The Best Of Fred Chapellier – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Der vom Rock, Blues und Soul beeinflusste Franzose Chapellier ist seit 1990 professionell als Musiker tätig und hat in dieser Zeit zahlreiche Alben veröffentlicht, zuletzt sein 2018 auch hier in Sounds Of South durchaus positiv besprochenes „Set Me Free“ mit Dale Blade.

Bereits die Vorgänger (Blues Devil, 2005 und „L‘Oeil Du Blues“, 2007), bevor Fred Chapellier zum Label „Dixie Frog“ wechselte, heimsten höchstes Kritikerlob ein. Danach lieferte er weitere acht beachtenswerte Scheiben ab, teils Eigenprojekte und teils in Zusammenarbeit mit Billy Price oder dem bereits erwähnten Dale Blade, sowie anderen hochkarätigen Bluesmusikern inklusive zweier Live-Werke.

Mit dem vorliegenden Doppelalbum blickt Fred Chapellier nun auf seine 25-jährige Musikerkarriere als Songwriter, Blueser und Soulsänger zurück. Insgesamt spiegeln die 34 Songs seine ungeheure musikalische Bandbreite wider, entweder als Studioaufnahme (CD 1) oder Live-Mitschnitt (CD2). Jeden einzelnen Track zu besprechen, würde sicherlich das Review sprengen. Daher sei nur auf einige der allesamt gut gemachten Stücke hingewiesen.

Im Studioteil findet sich eine breite Mischung verschiedener Spielarten des Blues. Viele Stücke weisen Anleihen aus dem Chicago Blues auf („Never Comes Easy“, das instrumentale „The Gents“ mit einer die Ohren verwöhnenden schönen Hookline oder das klare, einprägsame „Something About You“).

Andere Tracks wiederum bedienen eine eher rockige Geschmacksrichtung („Saint On The Highway“ oder das etwas düstere „Marie Laveau“ mit einer kräftigen Basslinie, während Chapelier‘s Stimme im rhythmischen „Set Me Free“ gesanglich an Stevie Winwood erinnert).

Soulig und funky hingegen kommen „Ain‘t No Love In The Heart Of The City“ und das Instrumentalstück „Funk It“ sowie „Yield Not To Temptation“ daher. Zum Relaxen gibt’s dann immer wieder zwischendurch tolle Slowblues Nummern. Herausragend hier „Crying With The Blues“, ein Stück mit klarer, prägnanter Gitarre, das Kim Simmonds von den legendären Savoy Brown nicht besser hätte spielen können. Und dann sind da noch so musikalische Perlen wie das poppig-fröhliche „Sweet Soul Music“ oder das neu eingespielte, sehr schöne, leicht sphärisch angehauchte „Beyond The Moon Part II“ im Songwriter-Stil.

Das zweite Set, sprich CD 2, besteht wie gesagt aus sechzehn Live-Mitschnitten seiner musikalischen Karriere, die den Studioaufnahmen in nichts nachstehen. Es gibt auch hier deftigen Bluesrock („Rodney‘s Song“, „I‘m A Ram“) und klassischen Chicago Blues (z. B. das ruhigere „He‘s Walking“ oder das sehr schöne „Like It This Way“ mit tollen, sich durch den ganzen Song ziehenden Frage-und-Antwort-Gitarrenriffs, herrlich).

Die besten Tracks sind allerdings die beiden ca. acht minütigen Slow-Blues Nummern: Zum Einen das harmonische Instrumentalstück „Blues For Roy“ und zum Anderen das schwermütig traurige „Love That Burns“. In beiden Songs glänzt Chepallier einmal mehr mit seinem prägnanten und klaren Gitarrenspiel.

Ganz anders das soulig-funkige „Good Time Charlie“, das mit einem Bläserintro im Big Band Sound startet und sofort in die Beine geht. Zum Schluss gibt‘s dann noch einen kraftvollen, rauen Blues auf französisch gesungen und mit dem passenden Namen „Le Blues“. Ein starker Song, der beweist, dass Blues nicht nur auf englisch vorgetragen, authentisch klingen kann.

Insgesamt ist der Rückblick auf Fred Chapelliers musikalische Karriere ein durchaus gelungenes Album und besticht, zusätzlich zu seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten als Blueser, durch eine hervorragende Abmischung und Tontechnik.

Lediglich im Live-Teil wäre es schön gewesen, die Publikumsreaktionen zum Ende der Stücke nicht ganz so schnell auszublenden, um so das Live-Feeling noch etwas mehr zu verstärken. Die Scheibe sollte auf keinen Fall in einer ordentlichen Blues-Sammlung fehlen.

Label: Gulf Coast Records
Stil: Blues

Tracks CD 1:
01. Ain‘t No Love In The Heart Of The City
02. Never Comes Easy
03. Saint On The Highway
04. The Gents
05. Sweet Soul Music
06. A Silent Room
07. Crying With The Blues
08. Set Me Free
09. Something About You
10. 3.45 AM
11. Under The Influence
12. Marie Laveau
13. Beyond The Moon Part II
14. Yield Not To Temptation
15. After Hours
16. I Have To Go
17. Funk It
18. Thank You Lord

Tracks CD 2:
01. Rodney‘s Song
02. Cold As Ice
03. He‘s Walking
04. Merry Go Round
05. Blues For Roy
06. Good Time Charlie
07. Last Two Dollars
08. Like It This Way
09. Love That Burns
10. I‘m A Ram
11. Gary‘s Gone
12. If You Be My Baby
13. Smart Money
14. Living In A Dream
15. B Shuffle
16. Le Blues

Fred Chapellier
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Andreas Diehlmann Band – Mercy On Me – CD-Review

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Wer uns zwecks Rezension seine Musik schickt und dabei irgendwelchen Mumpitz veröffentlicht, kann anschließend keine Gnade erwarten und muss dann auch mit dementsprechender Kritik leben können.

Bei einem versierten und studierten Musiker wie Andreas Diehlmann ist die Wahrscheinlichkeit,  diesbezüglich enttäuscht zu werden, allerdings ungefähr so hoch wie ein Deutscher Meistertitel von Bayer Leverkusen im Fußball.

Diehlmann bleibt auf seinem neusten Studio-Werk „Mercy On Me“ der von Anfang an eingeschlagenen 9-Stücke-Linie treu. Die Band ist auf der Tieftöner-Position verändert, für Volker Zeller zupft jetzt Jörg Sebald songdienlich den Bass, Tom Bonn bearbeitete wie gewohnt das Schlagzeug.

Nach einem düster gehaltenen, leicht Western-eingefärbten E-Bariton-Gitarrenintro, steigt das Trio mit „Price To Pay“ mit knackigem Southern Rock samt zweier integrierter E-Gitarren-Soli (zunächst Slide, am Ende konventionell, aber von herrlich fulminanter Natur) ins Geschehen ein.

Wie schon bei seinem Konzert im Duisburger Cafe Steinbruch, treten im weiteren Verlauf wieder deutlich spürbar seine zwei Herzen für ZZ Top und Jimi Hendrix (diesmal aber eher untergeordnet) ans Licht. Mit dem von ‚Ahahah‘-Gesängen-umwobenen Texas Blues „Evil Ways“ würde Andreas wohl jeden Billy-Gibbons-Stimm-Imitatoren-Wettbewerb locker gewinnen. Auch das folgende „Leave Me Alone“ mit starken „Just Got Paid“-Reminiszenzen, lässt kein Zweifel an Diehlmans Faible für die Langbarträger aus Houston, Texas.

Das E-Gitarren-Outro geht fließend ins Intro zum Hendrix-umwehten Psychedelic Blues Rocker „Black Moon“ über. Auch hier wieder zwei typische Soli im Stile des einstigen Gitarrenhelden, besonders das zweite hätte mit seiner Schärfe und Wucht eine ordentliche Schneise in den Mariuanha-Nebel der typischen Kommunenparties der siebziger Jahre geschlagen.

„Come On Over“ entpuppt sich dagegen wieder als schöner ‚dreckiger‘ rhythmischer Southern Rocker mit eindeutig definierter Absichtserklärung („I know what I want and what I want is you, babe“). Erinnert an Bands wie Rebel Pride, Preacher Stone & Co. und ist mein persönlicher Favorit der CD.

Das markanteste Stück ist allerdings wohl das 7 Minuten und 44 Sekunden lange „Shadows Of Memories“. Die von Andreas gespielte Orgel lässt in diesem atmosphärischen slowbluesigen Track unweigerlich unterschwellige „With A Little Help From My Friends“-Erinnerungen aufkommen. Im End-E-Gitarrensolo offeriert der Protagonist eindrucksvoll, dass er auch Allman Brothers ‚kann‘.

Die restliche drei Sachen mit „Got To Get Over It“, „You Got No Clue“ und dem starken Titelstück-Stomper „Mercy On My“ bewegen sich dann erneut wieder auf klarer Texas Blues Rock-Welle Marke ZZ Top.

Andreas Diehlmann, der alle Tracks geschrieben hat,  liefert mit „Mercy On Me“ das wohl beste Album seiner bisherigen Karriere ab. Er entwickelt sich von seiner spielerischen Klasse her, immer mehr hin zu einer Art deutschem Joe Bonamassa. Sein Flehen um Milde ist von daher völlig unbegründet. Eine gnadenlos gute Scheibe!

Eigenproduktion (2020)
Stil: (Texas) Blues Rock

Tracklist:
01. Price To Pay
02. Evil Ways
03. Leave Me Alone
04. Black Moon
05. Come On Over
06. Got To Get Over It
07. You Got No Clue
08. Shadows Of Memories
09. Mercy On Me

Andreas Diehlmann Band
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A Band Called Sam – Legacy – CD-Review

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A Band Called Sam ist die Weiterführung eines Projekts vom 2009 verstorbenen Bluesmusiker Samuel Willis Taylor, seiner Zeit als ‚Bluzman‘ wie ein bunter Hund im Blues-, Soul- und Funk-Genre unterwegs. Der Sohn des Jazz- und Blues-Saxophonisten Sam ‚The Man‘ Taylor ist Kennern der Szene besonders für sein Songwriting und seine Zusammenarbeit mit vielen namhaften Interpreten wie B.T. Express, Freddie King, Jackie Wilson, Jimmy Witherspoon, Esther Phillips, Brook Benton, Joe Tex, The Beach Boys, Big Joe Turner, The Isley Brothers, Tracy Nelson, The Drifters oder The Rascals, ein Begriff. Er hat in dieser Zeit hunderte von Songs geschrieben.

Taylor ist auch verantwortlich für diesen schönen Satz über den Blues: “People think ‘cause you play the blues, the music is going to be something that makes you feel bad. Nah. The blues takes your blues away; it lets you know there is someone out there going through the same things you are. It’s a music of feeling. It can’t cure your ills, but you’ll leave feeling better. I promise you that.”

Mittlerweile verwalten Tochter Sandra (lead and backing vocals) und Enkel Lawrence ‚Law‘ Worrell (lead, rhythm guitar, lead and backing vocals) sein Erbe und haben jetzt eine CD mit neun Songs der Blues-Legende neu eingespielt. Mit dabei sind Musiker wie Gary Sellers (rhythm guitar), Danny Kean (keyboards), Richie Cannata (tenor sax), Gary Grob (bass), Mario Staiano (drums) und Angela Canini (lead and backing vocals).

Beide Sängerinnen und auch Lawrence Worrell verfügen über sehr ausdrucksstarke Blues-Stimmen, letztgenannter ist zudem dank seines quirligen E-Gitarrenspiels (besonders klasse beim Allman Brothers-angehauchten „Devil In Your Eyes“) für mich der Star des Werkes.

Auch Dean Kean setzt mit seinem variablen Tastenspiel viele versierte Akzente. Das einzige was mir nicht so gefällt, ist das einige Male, auch von ihm am Synthesizer erzeugte, im Big Band-Stil eingeflochtene, swingend-orchestral anmutende Bläserspiel, das manchem Lied ein gewisses, heute sagt man ‚Vintage‘-Flair, verpasst. Ich nenne es eher etwas ‚altbacken‘, aber vielleicht wollte man auch den Charakter der früheren Stücke, die ich im Original nicht kenne, möglichst beibehalten.

Die neun Songs wurden allerdings mit sehr viel Hingabe gestaltet (bluesig, soulig, funkig, groovig, oft im Wechsel oder kombiniert, verschiedene Tempi) und aneinandergereiht (klasse hier „Next In Line„), sodass man nicht nur von der Songanzahl von einer gewissen Kurzweiligkeit sprechen kann. Besonders gefallen mir die beiden Schwofer „Mother Blues (Papa Blues)“ und „Funny“ (mit schönen Saxofon-Einlagen, ursprünglich für die Soul-Sängerin Maxine Browne geschrieben), ein echter Klammerblues der guten alten Schule.

Aus meiner Sicht ist die Scheibe „Legacy“ von A Band Called Sam am ehesten für Leute geeignet, die gerne dem etwas retro-behafteten, bläserumwobenen Blues frönen oder bereits vorher schon eine gewisse Beziehung zum Liedgut Sam Taylors hatten. Sicherlich nichts, trotz vieler E-Gitarren-Einlagen, für die es eher modern-rockig präferierende Klientel. ‚A man called Dan‘ empfiehlt daher die Scheibe vor dem Erwerb auf den heute üblichen Kanälen zunächst mal anzutesten.

Highlander Records (2020)
Stil: Blues & More

Tracklist:
01. Voice Of The Blues
02. Next In Line
03. Good To Ya
04. Mother Blues (Papa Blues)
05. Hole In Your Soul
06. Devil In Your Eyes
07. Nothng In The Streets
08. Funny
09. Stinger

Highlander Records
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Scott Weis Band – Simmer Me Down – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Seit 20 Jahren schon ist Scott Weis im Musikbusiness und die Scott Weis Band existiert bereits seit 2015. In all den Jahren hat er in den Staaten einen ansehnlichen Bekanntheitsgrad erreicht, der ihm hier in der alten Welt allerdings auch zu wünschen wäre. Seine ersten Erfahrungen hat Scott Weis als Opener für Musikalische Schwergewichte wie Jerry Garcia, John Lee Hooker und Buddy Guy gesammelt.

So wundert es nicht, dass sein neuestes Werk „Simmer Me Down“ ein handwerklich perfekt geratenes Bluesalbum mit viel Gefühl und Tiefgang ist. Das in schwarz-weiß gestaltete und im Innenteil mit teils düsteren Totenköpfen verzierte Albumcover lässt dies zunächst aber nicht vermuten. Umso positiver überrascht ist man dann beim ersten Hören: Die Scheibe macht ihrem Namen alle Ehre, sie bringt Dich wirklich runter im positiven Sinne.

Der Longplayer enthält zehn Songs, manchmal mit Rootseinflüssen, Anleihen beim Chicago- und New Orleans Blues und teils funkig gewürzt. Bei zwei Tracks handelt es sich um Coverversionen: „When Something Is Wrong With My Baby“ (im Original von Isaak Hayes) ist ein großartiger Slowblues voller Weltschmerz und „Jesus Just Left Chicago“ ein schwerer, gemächlich stampfender Blues, der 1973 von ZZ Top geschrieben wurde.

Der Opener „Pride and Soul“ groovt zu Beginn beschwingt mit souligen Background Vocals von Cindy Mizelle, legt dann aber mit Weis’ Gesang eine schwerere Gangart ein.

Mit „All Over Now“ geht‘s dann gemächlich weiter, wobei Weis‘ kraftvolle, raue Stimme durchaus etwas an Joe Cocker erinnert. Das folgende „Simmer Me Down“ ist, anders als der Titel es vermuten lässt, ein flotter, Boogie, der mit Piano und Mundharmonikaunterstützung direkt in die Beine geht. Auch das beschwingte „Helpless“ ermutigt mit quäkender Gitarre und harmonischem Backgroundgesang zum Tanzen.

In der treibenden Bluesrocknummer „Right Where It Belongs“ liefert Weis dann im Mittelteil ein fulminantes Gitarrenspiel ab, während das relaxte „The Way I Do“ und das rhythmischere „Saved“ sehr funky klingen. Das letzte Stück „Transcendence“ fällt allerdings komplett aus dem Rahmen, den die anderen Stücke des Albums zuvor gebildet haben. Ein Song, wie aus den späten Sechzigern mit psychedelisch-sphärischen, geheimnisvollen Klangwelten, der zum Träumen und Abschalten einlädt.

Insgesamt präsentiert sich die Scott Weis Band als ein regelrechtes Powertrio, das die Klaviatur des Blues gut beherrscht. Die Stammbesetzung der Band wird von Scott Weis an der Gitarre plus Gesang, Robert Kapec am Bass und Roger Voss am Schlagzeug gebildet. Unterstützt werden die drei auf dem Album von Sängerin Cindy Mizelle, John Ginty und Phil Silverberg an den Keys und der Percussionistin Bashiri Johnson.

Sleepy Lodge Records (2020)
Stil: Blues

Tracks:
01. Pride And Soul
02. All Over Again
03. Simmer Me Down
04. When Something Is Wrong With My Baby
05. Helpless Chicago Blues
06. Jesus Just Left Chicago
07. Right Where It Belongs
08. The Way I Do
09. Saved
10. Transcendence

Scott Weis Band
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Robin Trower – Living Out Of Time – Vinyl-Review

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Review: Gernot Mangold

Zeitgleich zum „20th Century Blues“-Album hat Repertoire Records mit „Living Out Of Time“ ein zweites Trower-Werk erstmals auf Vinyl re-releast. Dieses, 2003 ursprünglich veröffentlicht, ist ein Bluesalbum, das aber rockiger ist als das zuvor beschriebene, was neben der Vielseitigkeit Trowers, auch an der veränderten Besetzung der Mitspieler liegen mag.

Begleitet wird er diesmal von Dave Bronze (Procul Harum, Dr. Feelgood, Eric Clapton, Tom Jones, Art Of Noise) am Bass, Pete Thompson (Ken Hensley Ex-Uriah Heep, Pete Haycock Ex-Climax Blues Band, Robert Plant) an den Drums und Davey Pattison (Michael Schenker), der die Lead Vocals beisteuert.

Schon beim Opener, dem rockigen „What’s Your Name“ zeigt sich, dass Davey Pattison mit seiner sehr klaren Stimme einen anderen Charakter in die Stücke als Livingston Brown bringt und sich Trower hier eher den klassischen Rock hingibt, was ihm aber auch exzellent gelingt.

Dem ebenfalls rockigen „Step Into The Sun“ folgt mit „Another Time, Another Place“ der erste Bluessong, der sehr melodisch, ruhig, zuweilen manchem melancholischen Clapton-Song ähnelt, dem sich nahtlos „Sweet Angel“ anschließt. Leicht funkig ist der Einstieg in „Please Tell Me“, bis dann Pattison mit seiner harmonischen Stimme eine gewisse Ruhe in den Track bringt, die Trower aber immer wieder mit kurzen Gitarrensoli durchbricht, welche zuweilen auch an Hendrix erinnern.

In „One Less Victory“ begibt sich Trower mit seiner Band wieder eher in eine balladeske Richtung nach Muster alter britischer Rockbands. „Ain’t Gonna Wait“ ist dann ein weiterer ruhiger Rocksong. Beim Titellied „Living Out Of Time“ wird es wieder bluesiger und rauher. Trower stimmt härtere Töne an und auch die Soli nehmen wieder mehr Fahrt auf.

„The Past United“ ist wieder ein schöner harmonischer Bluessong, stimmlich einem Clapton ähnelnd, der aber von Arrangement her eher in Richtung „Angel“ von Jimi Hendrix schwelgt. Die besten Stücke in einem durchweg starken Album hat Trower sich aus meiner Sicht zum Ende des Albums aufgehoben. Erst das raue, bluesige „You Still Come Back“ mit eingängigen Refrain im Midtempo und zum Ende das etwa 10-minütige „I Want To Take You With Me“, ein balladesker ruhiger Bluesrocksong, in dem alle Musiker noch einmal ihre Extraklasse ausweisen.

Trower offeriert hier, dass er auf den Punkt, auch ohne Highspeed, Akzente setzen kann. Das Artwork entspricht dem Originalcover, schön ist, dass auf einem doppelseitigen Inlay auf der einen Seite ein Bild Trowers und auf der anderen Seite ein längerer Text, Einblicke in Trowers Schaffenzeit gibt. Optimal wäre allerdings ein zweiseitiges Booklet gewesen, sodass die Schriftgröße angenehmer wäre.

Was den Vinyl-Liebhaber auch erfreuen wird, ist dass die Schutzhülle für die Scheibe nicht wie so oft aus Karton oder harten Papier ist, sondern das Papier innen mit glatten Kunststoff beschichtet ist, was ein schonender Faktor ist. Den letzten Song „I Want To Take You With Me“ kann man auch als Einladung sehen, sich dieses Album zuzulegen. Ich denke, dass Trower, Blues- wie Classic Rock-Anhänger, mit diesem Werk mitnehmen wird.

Repertoire Records (2003/2020)
Stil: Blues (Rock)

Tracklist:
01. What’s Your Name
02. Step Into The Sun
03. Another Time, Another Place
04. Sweet Angel
05. Please Tell Me
06. One Less Victory
07. Ain’t Gonna Wait
08. Living Out Of Time
09. The Past United
10. You Still Come Back
11. I Want To Take You With Me

Robin Trower
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Repertoire Records
Brooke-Lynn Promotion

Dion – Blues With Friends – CD-Review

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Dies hier ist mal wieder ein typischer Fall von Bildungslücke. Da kann man eine seit fast 45 Jahren angehäufte, mehrere tausend Tonträger umfassende Sammlung besitzen, seit über 20 Jahren selbige rezensiert haben und doch tauchen immer wieder Interpreten auf, die man absolut noch nie gehört hat, die aber auch schon seit Ewigkeiten existieren.

Ok, mit demim Philip Kaufman-Film „The Wanderers“ enthaltenen Song „The Wanderer“, erhält der Name Dion (Dion Francis DiMucci) zumindest eine dezente Kontur. Weitere Recherchen ergeben, dass dieser besonders mit dem Ensemble Dion & The Belmonts in den 50er Jahren schon Erfolge feierte und, dass der Rolling Stone ihn 2008 auf Rang 63 der 100 besten Sänger aller Zeiten wählte.

Im Laufe seiner Karriere hat der wandlungsfähige jetzt schon 80-jährige Künstler sich wohl ein Riesen-Netzwerk aufgebaut, was für Menschen mit italienischen Wurzeln ja nicht ungewöhnlich ist, höhö. So ist es wohl zu erklären, dass der sich mittlerweile in der Bluesmusik heimisch fühlende Protagonist auf seinem neuesten Album „Blues With Friends“ mit einem Staraufgebot an seiner Seite aufwartet, das sicherlich nur Menschen zuteil wird, die sich das auch verdient haben.

Illustre hier mitwirkende Namen wie u. a. Joe Bonamassa (auf dessen neuen Keeping The Blues Alive“-Label die scheibe erscheint), Jeff Beck, Samantha Fish, John Hammond, Billy Gibbons, Sonny Landreth, Bruce Springsteen, Van Morrison, Joe Menza, Brian Setzer oder Paul Simon, lesen sich wie das Who-Is-Who der Rockmusik und geben dem vierzehn Tracks umfassenden Werk (etwas über eine Stunde Spielzeit) trotzdem nur einen recht zurückhaltenden Anstrich.

Die bis auf zwei Stücke von Dion mitkomponierten Originalstücke stehen klar unter der stimmlichen Regie des Protagonisten, ihren Stempel können meist eher die Musiker aufsetzen, die wie z. B. Joe Bonamassa , Brian Setzer (mit typischem Rockabilly-Gibson-ES-E-Gitarren Sound), Jeff Beck oder Sonny Landreth (sein obligatorisches Sliden) für ihr instrumentales Können bekannt sind.

Bei manchen Tracks wie „I Got Nothin’“, „Bam Bang Boom“ oder „Hymn To Him“ hätte man sich die markanten Stimmen von Van Morrison, Billy Gibbons und Bruce Springsteen als weitere Farbtupfer im Duett gut vorstellen können, so dürfen lediglich Paul Simon und die Damen Rory Block und Patti Scialfa mal sporadisch mit Harmoniegesängen etwas stärker in Erscheinung treten.

Trotzdem ist der dargebotene Mix, der alle Blues-kompatiblen, beziehungsweise gut ergänzbaren Formate bietet, sehr kurzweilig und in sich stimmig gelungen. Es macht Spaß die von retro bis modern klingenden Stücke in Einem durchzuhören. Durch Dions Gesang und auch manche Stücke kommen phasenweise Assoziationen zu kauzigen Leuten wie Joe Walsh („Can’t Start Over Again“, Bam Bang Boom“),  und J. J. Cale („Kickin’ Child“, „My Baby Loves To Boogie“) auf.

Insgesamt ein tolles abwechslungsreiches Blues (Rock)-Album. Der 80-jährige Dion Francis DiMucci hat sich im hohen Alter nochmal ein Denkmal in eigener Sache gesetzt. Zahlreiche Stars haben ihn dabei unterstützt und sich respektvoll untergeordnet. Zurecht Platz 1 in den Blues Charts! ‚Je oller, desto, doller‘, im musikalischen Sinne, möchte man fast meinen.

Keeping The Blues Alive Records (2020)
Stil: Blues, Blues Rock & More

Tracks:
01. Blues Comin’ On (feat. Joe Bonamassa)
02. Kickin’ Child (feat. Joe Menza)
03. Uptown Number 7 (feat. Brian Setzer)
04. Can’t Start Over Again (feat. Jeff Beck)
05. My Baby Loves To Boogie (feat. John Hammond)
06. I Got Nothin’ (feat. Van Morrison, Joe Louis Walker)
07. Stumbling Blues (feat. Jimmy Vivino, Jerry Vivino)
08. Bam Bang Boom (feat. Billy Gibbons)
09. I Got The Cure (feat. Sonny Landreth)
10. Song For Sam Cooke (Here In America) (feat. Paul Simon)
11. What If I Told You (feat. Samantha Fish)
12. Told You Once In August (feat. John Hammond, Rory Block)
13. Way Down (I Won’t Cry No More) (feat. Stevie Van Zandt)
14. Hymn To Him (feat. Patti Scialfa, Bruce Springsteen)

Dion
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Another Dimension

Lisa Mills – The Triangle – CD-Review

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In diesem besonderen Jahr ist es eindeutig das weibliche Geschlecht, das bei mir bisher den bleibendsten musikalischen Eindruck hinterlassen hat. Nach den überragenden Alben von der Betty Fox Band und Crystal Shawanda, hat mich jetzt noch topos-Macher Klemens Kübber auf das Werk „The Triangle“ von Lisa Mills aufmerksam gemacht.

Die in Mississippi groß gewordene Amerikanerin (lebt mittlerweile in Freiburg), allerdings dank diverser Touren auch in Europa bei uns bekannt, konnte sich zu diesem Longplayer einen vermutlich lang gehegten Wunsch erfüllen. Mit dem preisgekrönten Musikproduzenten/Musiker/Songschreiber Fred Mollin und dem Filmemacher Mark Voss bereiste sie drei berühmt-legendäre Aufnahmestudios im Süden der USA (Fame Studios – Muscle Shoals, Alabama; Sun Studio – Memphis, Tennessee; Malaco Studios Jackson, Mississippi), um mit den dortigen Studiomusikern, eine von ihr und Mollin auserwählte und erarbeitet Trackliste mit Coversongs einzuspielen.

Besser als es der Link zum dokumentarischen ‚Making Of‘ zu „The Triangle“ tut, kann man dieses einzigartige Erlebnis für die Künstlerin mit Worten wohl kaum beschreiben, Das musikalische Endergebnis der CD deckt sich dann am Ende auch recht gut mit dem, was einem im Clip suggeriert wird.

Lisa hat mit ihrer ‚One In a Million Voice‘ dann auch sofort das Vertrauen und die Sympathie der Musiker gewonnen. Diese kann man vermutlich unter solchen Umständen gegen 10 Uhr morgens aus dem Tiefschlaf wecken (bei Normalsterblichen hätte ich jetzt 2 Uhr nachts geschrieben…), sie haben solche Sachen einfach im Blut und würden wahrscheinlich selbst aus „Alle meine Entchen“, spontan was adäquates zaubern.

Einige der Stücke kennt man auch ohne großes Blues-Hintergrundwissen (lediglich „I’d Rather Go Blind“ ist da etwas überstrapaziert, „Slip Away“ von Gregg Allman wird unserer Hauptklientel am meisten bekannt sein), gut die Hälfte war für mich neu, von daher also eine spannende Sache.

Sämtliche Tracks haben den typischen southern-souligen Charakter und werden in allen Tempi und Stimmungen serviert (von bluesrockig-funkig bis bluesig-schwofig), allesamt von Lisa locker in emotionaler Vokal-Manier gemeistert. E-Gitarre, Orgel, Piano, plusternde Bläser, gospelige weibliche Harmonies bilden zum Drums-/Bass-Rhythmus überwiegend das Gerüst, bei nur wenigen Stücken wurden die Bläser ausgeklammert. Begeisternd u. a. für mich besonders der auch in New Country-Kreisen oft wirkende Studiomusiker-/gitarrist John Wills.

Der vornehmlich durch Johnnie Ray bekannt gewordene Evergreen „Just Walking in The Rain“ wird zum Ausklang von Lisa solo (sich selbst nur mit der E-Gitarre begleitend) performt, wobei ihre Stimme noch einmal in vollem stimmlichen Glanze wirken kann.

Lisa Mills hat sich mit „The Triangle“ einen absoluten Traum erfüllt. Sie hat die sicherlich nicht leichte Herausforderung angenommen und nahezu perfekt gemeistert. Man freut sich am Ende einfach mit der sympathischen Protagonistin und und genießt das Ergebnis, wo auch immer man die Scheibe letztendlich in den Player legt. Eindrucksvoll!

Übrigens, im Rahmen der aktuellen Rassendiskussionen, ist  dieses Projekt das beste Beispiel, wie vernünftige mündige Menschen, egal welcher Hautfarbe, im Zusammenleben harmonieren, wenn sie sich für ein gemeinsames Ziel einsetzen.

BMG Rights Management (US) LLC (2020)
Stil: Blues/Blues Rock/Southern Soul

Tracklist:
01. Greenwood, Mississippi
02. Tell Mama
03. Slip Away
04. I’d Rather Go Blind
05. That’s What Love Will Make You Do
06. I’m In Love
07. Same Time Same Place
08. A Place Nobody Can Find
09. That’s How Strong My Love Is
10. Someone Else Is Steppin‘ In
11. I’ll Always Love You
12. Travel On
13. Members Only
14. Just Walking In The Rain

Lisa Mills
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