Johnny Sansone – Into Your Blues – CD-Review

Wie so oft bei Musik, die wir in diesem Magazin besprechen, hat der Protagonist die musikalischen Gene schon mit in die Wiege gelegt bekommen. Im Fall von Johnny Sansone durch den Vater, der Saxofonist in der Dave Brubeck Band gewesen war und diese Instrument auch dem Sohnemann schon mit acht Jahren ans Herz legte.

Johnny interessierte sich nach dem Besuch eines Howlin‘ Wolf-Konzerts aber mehr für die Gitarre und Mundharmonika, letztere studierte er dann auch intensiv, wobei Junior Wells und James Cotton als Vorbilder fungierten.

Der zunächst weit-gereiste Musiker wurde dann seit 1990 in New Orleans sesshaft und kann mittlerweile inklusive des jetzt aktuellen „Into Your Blues“ auf elf Studiowerke und und zwei Live-Platten verweisen.

Die neue Scheibe „Into Your Blues“ beginnt mit den beiden herrlich soulig-bluesigen „Into Your Blues“ und „Desperation“ (mit grandiosen E- und Saxofon-Soli), unterbrochen von der bissigen Rhythm And Blues-Nummer „Pay For This Song“, furios, driftet dann aber mit den Gastpräsenzen von Jason Ricci (da gibt es ein regelrechtes Harpduell der beiden Mundharmonika-Könner) und Little Freddie King (der nuschelt sich in Storytelling-Manier bei „Willie’s Juke Joint“ was zusammen) im weiteren Verlauf in einen routinierten, sehr stark von Sansones fiepigem Harpspiel geprägten Blues ab, mal mit swingenden („The Getaway“), als auch psychedelischen Elementen („New Crossroads“, „Single Room“).

Aufseher sind hier noch die einsetzenden weiblichen Backgroundvocals von Tifany Pollock bei „People Like You And Me“ und „Something Good Going On“. Mit dem aus dem Rahmen fallenden Instrumentalstück „Southern Dream“, eine Art Dialog von Akustik- und E-Gitarre, wird mit einem dezenten „Melissa“-Veranda-Flair ein relaxter Abschluss vollzogen.

Johnny Sansones elftes Album „Into Your Blues“ ist ein authentisches Album besonders für Harp-liebende Blues-Puristen. Mitgewirkt haben neben dem Hauptakteur gewiefte Musiker, die spürbar ihr Blues-Handwerk verstehen. Es wäre somit schön, wenn sich, ganz im Sinne des zweiten Tracks „Pay For This Song“, viele Leute dieses Werk zulegen würden.

Shorts Stack Records (2022)
Stil: Blues

Tracks:
01. Into Your Blues
02. Pay For This Song
03. Desperation
04. Blowin‘ Fire
05. Willie’s Juke Joint
06. People Like You And Me
07. The Getaway
08. New Crossroads
09. Something Good Going On
10. Single Room
11. Southern Dream

Johnny Sansone
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Honey Island Swamp Band – 19.07.2019, topos, Leverkusen – Konzertbericht

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Wenn man wie ich, so viele Konzerte pro Jahr besucht, entwickelt man schon wirklich ein Gespür dafür, dass einen, wie an diesem Abend, besondere Momente erwarten. Im Falle von der Honey Island Swamp Band konnte ich mich dazu noch auf die Expertise von ‚topos-Macher‘ Klemens Kübber verlassen, der mir das bis dato nur marginal bekannte Quintett (ich besitze nur ihre in meiner großen Sammlung schlummernde CD „Demolition Day“), wärmstens empfohlen hatte.

Die Band um ihren Leader Aaron Wilkinson befand sich auf der Durchreise zum Blues-Festival im belgischen Peer, wo sie in so prominenter Umgebung von Interpreten wie u. a. Beth Hart, Paul Carrack und der Chris Robinson Brotherhood auftreten wird. Als wir in der kleinen urigen Leverkusener Kultkneipe eintrafen, hatte sich schon eine Mischung aus Stammbesuchern und eingefleischten Anhängern der Truppe aus New Orleans, Louisiana, eingefunden.

Pünktlich zum Gig hatte sich die bei uns ebenfalls obligatorische schwüle Hitze zurückgemeldet und bereite den fünf Musikern quasi heimatliche Auftrittsbedingungen. Ob sie dort zu solchen Temperaturen allerdings auch schon mal zusammen auf einer derartigen Miniatur-Bühne wie der im topos gestanden haben, als selbst der vermutlich wärme-erprobte Gitarrist Lee Yankie im ersten Set zum bereits durchnässten Fronter Wilkinson stöhnte, „Mann ist das heiß hier!“, verbleibt im Bereich der Spekulationen.

Trotz dieser Umstände und vorangegangenen Reisestrapazen, gab der Fünfer aus Crescent City alles und es entwickelte sich von Anfang an ein Konzert, das an Spielfreude und dynamischem Groove, wohl nur scher zu überbieten ist.

Nach dem bereits fulminanten Eröffnungstrio mit „Rod N‘ Reel“, „Watch And Chain“, und dem megastarken „Josephine“, fokussierten sich Wilkinson & Co. auf ihre neue, eigentlich nur für den europäischen Markt angedachte EP „Tres Avispas“, die zum Teil kompositorisch in den Bergen Colorados („Gone“) ihren Ursprung hat. Mit „Sugar For Sugar“ und „Head High Rag“ aus diesem Werk, kämpften sich die Männer in die Pause zum Ausgleich ihres in Schieflage geratenen Getränkehaushalts und dem notwendig gewordenen Klamottenwechsel.

Nach dem eröffnenden „Bone Shaker“, auch von „Tres Avispas“, wurde auch in der zweiten Hälfte mit gleicher Energie weitermusiziert. Keyboardspieler und Rotwein-Genießer Chris Spies, hinterließ mit seiner filigranen Fingerfertigkeit an den Tasten, samt ausgiebiger Soli in diversesten Klangarten (Piano-Moll, HT, spacigen Synthies, E-Piano), einen besonders starken Eindruck.

Aber auch der vornehmlich slidende Lead-Gitarrist Lee Yankee, teilweise an Koryphäen auf diesem Gebiet wie Duane Allman und Sony Landreth erinnernd, der variable Fronter Aaron Wilkinson mit angenehmem Gesang, plusternden Harp-Einlagen, E- und Akustikgitarrenspiel sowie herrlicher Mandoline bei „Seeds And Stems“ und die agile Rhythmusfraktion mit dem kräftigen Drummer Garland Paul und dem ständig zappelnden Bassisten Sam Price, groovten und jammten, dass ‚die Schwarte krachte‘.

Nach Tracks wie „Head High Water Blues„, dem ein wenig Little Feat-/Band Of Heathens-umwobenen „Cane Sugar“, dem Robbie Robertson-Cover „Ophelia“, und dem countryesken „Nadine“ (klang ein wenig wie die jüngere Schwester von Dolly Partons „Jolene“) zum Ende des Hauptteils, wurden die ‚Honey Island Swamper‘ erst gar nicht aus ihrer Mini-Parzelle gelassen und lauthals zur erwünschten Zugabe geklatscht und aufgerufen.

Und so wurde mit dem letztendlich abschließenden „Wishing Well“ (mit herrlicher psychedelischer Phase), nochmals ein Feuerwerk an Spielfreude abgebrannt, wo die Musiker ihren Instrumenten alles abverlangten. Auch nach dem Gig erwiesen sich die, von der tollen Stimmung im topos, angetanen Amerikaner, als sehr zugängliche, sympathische und spendable Leute.

_DSC0280 - BerichtAaron Wilkinson drückte mir direkt die neue EP zum Reviewen in die Hand und schenkte mir auch noch ihr früheres Werk „Cane Sugar“. Nachdem dann alle Verkäufe und Autogrammwünsche erledigt waren, hatten die Südstaatler auch noch Zeit für unser obligatorisches VIP-Bild.

Ein runder, musikalisch intensiver und launiger Abend mit der Honey Island Swamp Band, der mit Sicherheit in meiner Highlight-Konzert-Liste in 2019 auftauchen wird. Wie immer ein Dank an Klemens Kübber für den hervorragenden Tipp und die gastfreundliche Aufnahme.

Line Up:
Aaron Wilkinson – lead vocals, electric and acoustic guitar, harmonica, mandolin
Lee Yankie – electric and slide guitar, vocals
Sam Price – bass, vocals
Garland Paul – drums, vocals
Chris Spies – keyboards

Bilder: Jörg Schneider
Facebook-Video: Klemens Kübber
Text: Daniel Daus

Honey Island Swamp Band
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