Molly Hatchet – Support: Losing Gravity – 03.12.2023, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

Wenn eine der früher meist verehrtesten Southern Rock-Bands  nach Jahren hier bei uns im Westen und dann auch noch in einem unserer Stammclubs gastiert, ist es natürlich selbst an einem Sonntag Abend, wo danach montags in der Früh der Wecker unbarmherzig zur anstehenden Arbeitswoche klingelt, Pflicht, mit unserem Magazin Präsenz zu zeigen.

Molly Hatchet hatte sich nach einigen eher mäßigen Auftritten in der Vergangenheit im Musiktheater Piano angesagt und es gab eine ausverkaufte Hütte. Mittlerweile mit neuem Sänger, einem neuen Song („Firing Line“) und einem folgenden Album (aufgenommen in den berühmten Abbey Road Studios in London), gab es Grund genug, dem Gig optimistisch entgegen zu sehen.

Apropos Wecker: Die Ankündigung einer Vorband hatte meinem ersten Enthusiasmus erstmal einen Dämpfer verpasst, in der Regel verlängert das meistens nur den Abend und äußerst selten kommt was Lohnenswertes dabei rum. Aber halt, als die deutsche Truppe Losing Gravity mit ihrem texanischen (wie ich später erfuhr) Sänger Chase Wilborn (ich wunderte mich direkt über einen so guten englischen Gesang von einem vermeintlich deutschen Fronter…) schön rockig loslegte, war ich sehr positiv überrascht.

Die jungen Burschen präsentierten mit u. a. „If You Ever Needed“, „Another Day“, Get Loose“, „Long Road“ und „Foundations“ Stücke aus ihren beiden bisherigen Alben, die ein wenig in Richtung, von Bon Jovi (Wilborns Stimme erinnerte mich stark an die von Jon Bon Jovi), Mr. Big, Bryan Adams, etc. gingen. Melodische Rock-Sachen, die einem ja auch als Southern-Fan nicht unbekannt sind. Das kam alles sehr selbstbewusst, erfrischend und sehr sympathisch rüber, es wurde mit dem Publikum interagiert, was dann am Ende auch insgesamt gut ankam und in viel Applaus über die knapp 45 Minuten Spielzeit münzte. Ein guter Auftritt, ohne dass es einem natürlich den Boden unter den Füßen wegzog.

Wie oben bereits erwähnt, sah es so aus, als wenn Bobby Ingram die Wende zum Positiven wieder einläuten würde, neuer Sänger, neues Single, neues Album mit neuen Stücken, das klang doch erstmal alles gut. Allerdings deutete der Haus-und Hof-Tontechniker des Pianos schon vor dem Konzert an, dass Molly Hatchet wieder ihren eigenen Abmischer dabei hätten und dass es sehr laut werden würde, mir schwante Böses…

Und in der Tat gab es wieder den gleichen überlauten Soundbrei, dass es sogar selbst für mich ganz vorne, zunächst schwierig war, die Songs zu identifizieren, da die Stimme von Parker Lee kaum durchdrang und die Pausenmusik scheinbar auch noch im Hintergrund mitlief und nicht eliminiert worden war. Die Keys von John Galvin waren so gut wie garnicht zu hören und wenn, dann nur bei zwei Intros (ohne, dass die Restinstrumente dabei waren). Ich hoffe für die zahlreichen Besucher, dass es nach hinten zumindest nicht ganz so schlimm war. Die gingen allerdings wieder recht gut mit.

Es besserte sich dann erst etwas nach dem Schlagzeugsolo von Shawn Beamer, ab da kam der Gesang vom jungen Fronter Parker Lee, der allerdings sehr motiviert und überdreht inmitten des Altherren-Ensemble wirkte, etwas besser durch. Fairer Weise muss man sagen, dass Bobby Ingram, der mich vor „Beatin‘ The Odds“ per Handschlag begrüßte und sich für unser Kommen kurz bedankte, immer noch ein klasse Gitarrist ist und viele quirlige Soli abfeuerte, zum Teil auch die southern-typischen Twin-Elemente alleine simulierte.

Zu den Highlights zählte sicherlich „Fall Of The Peacemakers“, das mit seiner Mahnung „Stop The Madness“, angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen auf der ganzen Welt, aktueller denn je wirkt. Zur Zugabe hätte ich mir zwar die neue Single „Firing Line“ gewünscht (stand als Option auf der Setlist), es wurde dann aber die zweite, auch sicherlich nicht schlechte Variante mit „Flirtin‘ With Disaster“ als Rausschmeißer gewählt. 

Eigentlich ist es ganz einfach: Mal für einen etwas leiseren und dafür transparenteren Sound sorgen, und dann könnte bei Molly Hatchet mit der neuen Scheibe im Rücken, vieles wieder in die richtige Richtung laufen.

So begibt man sich am Ende – nochmal die eigens miterlebten grandiosen Gigs von Molly Hatchet in der Essener Grugahalle (1983 damals zusammen mit den Outlaws) und auch den überragenden Auftritt 1996 auf der Lorelei (zusammen mit u. a. Nine Below Zero, The Band und Lynyrd Skynyrd) unter Ingramscher Regentschaft Revue passieren lassend, angesichts der aktuellen Leistungen, dann doch wieder ein wenig wehmütig auf den Heimweg.

Line-up Losing Gravity:
Chase Wilborn  (electric guitar, lead vocals)
Flo Hain  (electric guitar, vocals)
Lucas Urner (keys)
Max Friedrich (drums, vocals)
Lars Palenzatis (bass, vocals)

Line-up Molly Hatchet:
Bobby Ingram (electric guitar, vocals)
Parker Lee (lead vocals, harp)
John Galvin (keys, vocals)
Shawn Beamer (drums)
Tim Lindsey (bass, vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Musiktheater Piano, Dortmund

Jawbone – Same – CD-Review

Jawbone

Review: Gernot Mangold

Die aus London kommende Formation Jawbone bringt mit dem gleichnamigen Album ihren Erstling auf den Markt. Bei dieser Band handelt es sich allerdings nicht um einen Newcomer im klassischen Sinne, sondern um Musiker, die über die Jahre hinweg, mit verschiedensten Größen der Musikszene wie Jack Bruce, Ten Years After, Robert Plant, Dave Gilmour und Paul Manzanera, um nur einige zu nennen, zusammengespielt haben.

Die größte Wertschätzung, für die Qualität der Musiker dürfte Anfang 2018 gewesen sein, als sie ausgesucht wurden, als Support für Eric Clapton, Van Morrison und Tom Jones, auf dem legendären Wohltätigkeitskonzert in Guildford aufzutreten.

Jawbone, benannt nach einem Song der legendären The Band, sehen sich nicht nur durch deren Musik, sondern auch von Acts wie Little Feat , Rolling Stones und Crosby, Stills, Nash & Young beeinflusst.

Schon im Opener „Leave No Traces“, der im mittleren Tempo, rockig, mit folkigen und countryesken Einschlägen daherkommt, sind Ähnlichkeiten zu The Band oder CSN&Y unverkennbar. Schön dabei ist der harmonische Gesang von Paddy Millner und Marcus Bonfanti samt ihres Gitarren- und Keyboardspiels , das gut aufeinander abgestimmt ist und mit dem gefühlvollen Spiel der Rhytmusfraktion, Rex Horan am Bass und Evan Jenkins an den Drums, einen kompakten satten Sound ergibt.

Ähnlich geht es mit dem fast beschwingenden „Get What You Deserve“ weiter, wo sich Millner und Bonfanti zum Teil regelrechte Zwiegesänge liefern.

Im leicht bluesigen, country-umwobenen „When Your Gun Is Loaded“ werden besondere Akzente von Millner an den Tasten gesetzt und ein Song in der Kategorie eines Bob Seger zu seinen Glanzzeiten hingelegt. Beim „Family Man“ beweist das Quartett, dass sie in ihren Stil durchaus auch psychedelische Elemente, insbesondere durch die Keyboards, einbringen können.

Das getragen bluesige „Bet On Yesterday“ mit fast orchestralen Sequenzen, hat im Gegensatz zu den vorherigen Songs, die meist einen erfrischend fröhlichen Charakter hatten, eine eher melancholische Grundstimmung, aus der der Zuhörer mit dem quicklebendigen rockigen „Rolling On The Underground“ mit leichten Southern-Einschlägen, aber schnell herausgerissen wird. „Big Old Smoke“, mit prägnantem Gitarren- und Keyboardsspiel, wird im leichten Rock’n’Roll-Stil angeschlossen.

Das balladesk verträumte „Sit Round The Table“ offeriert, dass Jawbone auch gefühlvolle Lieder hinlegen können. Ein Lied voller Harmonie, zum Träumen einladend.

Bei „Two Billion Heartbeats“ steht der harmonische Duettgesang von Millner und Bonfanti meist im Vordergrund, ehe zum Ende hin, die Instrumente, die zunächst ganz dezent im Hintergrund stehen, an Lautstärke gewinnen und so dem Sound ein großes Volumen verleihen.  Mit „The Years Used To Mean So Much“ ist es wie in so manchen guten Kneipen. Den Rausschmeißer gibt ein Schmusesong.

Jawbone ist es mit ihrer ersten Platte schon gelungen, ein sehr hohes Level im Stile der Bands zu erreichen, die sie musikalisch beeinflusst haben. Ein Album auf dem man die Spielfreude der Band regelrecht spüren kann, und das die Country-, Southern und Bluesrock regelrecht miteinander verschmelzen lässt. Es ist bestens produziert, sodass alle Instrumente gut akzentuiert abgebildet werden.

Ein Highlight sind auch die gesanglichen Fähigkeiten der beiden Vokalisten, sowie das abwechslungsreiche Songwriting. Von Jawbone wird man nach diesem Erstling noch einiges erwarten können und nach dem Gehörten ist es nicht verwunderlich, dass sie als Begleitband beim Anfangs erwähnten Konzert wirken durften. Somit absolute Kaufempfehlung für eine Platte, bei der es einfach Spaß macht, zuzuhören.

Wen es interessiert, die Songs live zu hören, dem sei geraten Jawbone auf einem der Konzerte im April zu besuchen. Der Slogan auf der Webseite „Join Us On The Road! – We promise to send stuff we think you’ll like!“ verspricht auf jedem Fall einiges!

Musiker:
Paddy Millner – Keyboards, vocals
Marcus Bonfanti – Guitar, vocals
Rex Horan – Bass
Evan Jenkins – Drums

Tour Dates:
14.04.19 München, Feierwerk/Kranhalle
15.04.19 Frankfurt/Main, Nachtleben
16.04.19 Köln, Luxor
17.04.19 Hamburg, Headcrash
18.04.19 Berlin, Musik & Frieden

Tlc Music (2019)
Stil: Rock

Tracks:
01. Leave No Traces
02. Get What You Deserve
03. When Your Gun Is Loaded
04. Family Man
05. Bet On Yesterday
06. Rolling On The Underground
07. Big Old Smoke
08. Sit Round The Table
09. Two Billion Heartbeats
10. The Years Used To Mean So Much

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Oktober Promotion

Richard Murray – Desert Wind – CD-Review

Richard Murray, ein in Nordirland geborener, in London lebender Singer/Songwriter liefert mit „Desert Wind“ ein amerikanisch anmutendes Album ab, wie es amerikanischer eigentlich nicht sein kann. Murray, so ist es den spärlichen Informationen über ihn zu entnehmen, war bisher für diverseste Bands vornehmlich als Session-Musiker tätig, hat aber auch kompositorische wie auch produktionstechnische Erfahrungen gesammelt.

„Desert Wind“ ist sein erstes Soloprojekt, wobei naturgemäß Kompositionen, Produktion und das Spielen diverser Instrumente auf das eigene Konto gehen, ergänzt um einen relativ klein gehalten Teil von ihn unterstützenden Musikern. Die CD ist mit 13 Songs und einer Spielzeit von knapp siebzig Minuten recht umfangreich bestückt worden.

Geboten bekommt man einen sehr angenehmen Mix aus Country, manchmal mit dezentem Bluegrass-Touch und leichtem Tex-Mex-Flair, recht sparsam instrumentiert vorgetragenen (meist mit Akustikgitarre unterlegt), leicht rootsigen Singer/Songwriter-Stoff, zum Teil mit Storyteller-Ambition, aber auch ein paar unvermutet eingestreute, rockigere Songs, die aber allesamt mit recht schönen Melodien versehen sind. Hal Ketchum und Del Amitri sind im Groben die Orientierungs-Eckpfeiler, zwischen denen sich das Ganze im weitesten Sinne abspielt.

Murray weiß vor allem mit seiner unerhört angenehm ins Ohr fließenden (sehr amerikanisch klingenden) Stimme zu punkten (erinnert mich an die von John Kilzer), spielt aber auch vorzüglich Akustik- und E-Gitarre, sowie Mandoline. Ab und zu verliert sich noch eine Mundharmonika im einen oder anderen Lied, hervorragend aber auch die immer wieder dezent eingesetzten und gut passenden weiblichen Harmoniegesänge einer Dame namens Mandie Barnett.
Meine Favoriten auf einem durchgängig entspannt anzuhörenden Album sind das countryeske „Forgive Me Sera“ (mit Steel-Gitarre und Mandoline, leichtes Tex-Mex-Flair), das flockig instrumentierte „I’ll Never Learn“ (sogar fast ein wenig Mainstream-Country, E-Gitarren-, Orgelfills, Steel, sehr eingängig), das mit einem an Bruce Hornsby erinnernden, unterlegten Piano und einer langen E-Passage verzierten „Burning Silver“, das ebenfalls recht melodische „Midnight Oil“ (flottes Akustikgitarrenspiel, E-Fills, schönes Harmonika-Solo, Stimmungswechsel) und das rockige „Valley Of The Unforgiven“ (klasse E-Solo).

Und kurz vor Ende schüttelt Richard dann noch mit „DTs Roadhouse Shake“ einen furiosen, rhythmischen Countryrocker mit einer quäkigen Harmonika und klimperndem HT-Piano aus dem Ärmel, den selbst ein Dan Baird nicht hätte besser spielen können. Alles in allem hat der für mich bis dato völlig unbekannte Richard Murray mit „Desert Wind“ sehr positiv überrascht. Die CD-Gestaltung (inkl. Titelbild) wurde passend zum Titel in recht blassen, erdigen Gelb-, Grau- und Schwarztönen gehalten und beinhaltet alle Texte. Richard Murray ist zweifelsfrei der amerikanischste Nordire, der mir musikalisch bisher begegnet ist. Aus meiner Sicht ein sehr empfehlenswerter Musiker.

Eigenproduktion (2008)
Stil: Singer/Songwriter

01. Forgive Me Sera
02. Enlighten Me
03. Thinking Of Christina
04. Blueberry Wine
05. Down In This Town
06. 1931
07. I’ll Never Learn
08. Burning Silver
09. Midnight Oil
10. Wandering Infidel
11. Valley Of The Unforgiven
12. DTs Roadhouse Shake
13. The Wind And Rain

Richard Murray
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Hemifrån