Hackensaw Boys – Support: Susto – 09.07.2018, Krefeld, Kulturrampe – Konzertbericht

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Pünktlich um 20:30 betrat Susto (Justin Osborne), Leader der gleichnamigen Band die Bühne der leider nur knapp zur Hälfte gefüllten Kulturrampe. Das, was Susto in dem knapp 40-minütigen Soloauftritt bot, war alles, nur nicht angsteinflößend, so wie es der Name Susto im medizinischen Sinne als ‚kulturgebundene Angststörung‘ suggeriert.

Im Gegenteil, Susto verbreitete mit seinen launigen Songs, auf denen er sich nur mit der akustischen Gitarre begleitete, eher Frohsinn im Publikum. Die in bester Singer/Songwriter-Manier gespielten Songs, eine Auswahl aus seinen zwei bisher erschienenen Alben, führten die Zuhörer eher vom Alltagsstress in eine ausgeglichene und relaxte Stimmung.

Einige Songs erinnerten im Gitarrenspiel an Neil Young in seiner folkigen Frühphase. Mit geschlossenen Augen zugehört, hätte jederzeit auch die prägnante Mundharmonika einsetzen können. Das Publikum zollte ihm zwischen den Songs den verdienten Applaus, wobei sich Susto mehrfach gerührt bei der Audienz bedankte.

Der Funke war schnell in beide Richtungen übergesprungen, was meist das schöne an den kleinen Clubkonzerten ist, sodass der Opening Act als gelungener Einstieg in den Abend gesehen werden kann.

Nach dem Konzert beschrieb Osborne noch einmal seine positiven Eindrücke vom Abend und besprach mit Pille Peerlings, dass ein Auftritt mit kompletter Band erstrebenswert wäre. Reizvoll wäre hier, dass der sympathische Künstler, aus der ganze Bandbreite seiner Songs schöpfen könnte und sich nicht nur auf den Teil beschränken muss, der solokompatibel und eher ruhig ist.

Nach einer kurzen Umbaupause legten dann die fünf Mannen von den Hackensaw Boys, wie schon von Susto vor dem letzten Stück angekündigt, direkt energiegeladen und schwungvoll los. Die aus Charlottesville, Virginia, stammende Band um David Sickman spielte eine Mischung aus Folk, Country, American Roots, mit einem gehörigen Einschlag vom Punk der legendären The Clash.

Bestens gelaunt, brachten das Quintett innerhalb kürzester Zeit, die Rampe zum Kochen. Mit Fiddle, Banjo, Kontrabass, Gitarre und einem, zu großen Teilen aus verschiedensten Dosen hergestellten Schlagzeug, welche der Drummer sich umgeschnallt hatte (er absolvierte das ganze Konzert im Stehen), wurde schnell für eine brodelnde Stimmung gesorgt.

Bei der Bandvorstellung wies Sickman darauf hin, dass sein Drummer gestern Geburtstag gehabt habe und dass dies beim Basser heute der Fall wäre, was im späteren Verlauf das Publikum dazu animierte, ein stimmgewaltiges Ständchen hinzulegen. Dieser zückte sofort sein Handy, um diesen emotionalen Moment festzuhalten.

Die Vocals steuerte bei den meisten Songs Sickman mit seiner leicht kratzigen, aber sehr angenehmen Whiskystimme bei. Dabei moderierte er humorvoll mit viel Selbstironie durch die Show. Auch eine gerissene Seite im Verlauf des Konzertes brachte ihn nicht aus der Ruhe, sondern er nutzte das Aufziehen fast schon als Showelement.

Bei mehreren Tracks konnte auch sein Fiddlespieler beweisen, dass er gesangstechnisch überzeugen kann, wobei er fast die ganze Zeit leicht tänzelnd sein Instrument bearbeitete. Auch der Akteur am Banjo durfte einen tragenden Gesangspart übernehmen. Mit einem Wolfsjaulen bei – nomen est omen – „Wolfs Howling“, leitete er seinen Part ein. Die Rhythmussektion samt Bass und dem Schlagzeuger, wenn man dem selbstgebauten umgehängten Instrument damit gerecht wird, sorgten für die nötige Fülle der Songs.

Nach etwa 90 rasanten Minuten wurde das letzte Lied angekündigt. Dabei verließen die Jungs die Rampe und boten an diesem lauen Sommerabend vor der Location inmitten der Besucher noch zwei Open Air-Songs dar.

Mit dabei, wie schon bei den letzten Stücken, auch wieder Susto. In bester Stimmung verabschiedeten sich dann die Musiker nach etwa 100 Minuten Gute-Laune-Musik zum Teil mit Handschlag von den Fans, um noch bis weit nach Mitternacht in der Kneipe der Rampe den Besuchern für den einen oder anderen Smalltalk zur Verfügung zu stehen.

Ein absolut gelungener Abend zu Beginn der Woche, der auch eine volle Rampe verdient gehabt hätte. Wer Spaß an handgemachter American Roots-Musik mit einer Prise Punk hat, dem sei ein Besuch der Hackensaw Boys zu empfehlen.

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Sons Of Bill – Oh God Ma’am – CD-Review

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Die musikalische Karriere von James Wilson, Sänger und Gitarrist der in Virginia beheimateten Band Sons Of Bill, war im vergangenen Sommer nach einer Handverletzung akut gefährdet. Aber zum Glück konnte er das ‚Handicap‘ gut auskurieren und damit auch die Erfolgsgeschichte der Band fortsetzen. Jetzt führen sie auf ihrem fünften Studioalbum das weiter, was The War On Drugs auf „A Deeper Understanding“ im letzten Jahr begonnen haben: eingängigen, melancholischen 80er Rock!

Aufgenommen in zwei Musikhauptstädten der USA: Seattle, „Quelle“ des Grunge und in der Country-Hochburg Nashville, haben sie sich mit Phil Ek (u.a. Fleet Foxes), Peter Katis (u.a. The National) und Sean Sullivan (u.a. Sturgil Simpson), erfahrene Produzenten an die Seite geholt. Auf dieser Platte entfernen sich die Virginia-Boys deutlich von den früheren Americana-Rock Klängen und flirten mit entspanntem Indie/Alternative Rock bis hin zu sphärischem Dream Pop und Ambient.

Sie selbst beschreiben den neuen Sound als Cinematic-Rock. Vergleichbar sind hier z.B. The Shins oder auch das aktuelle Jonathan Wilson (nicht verwandt mit den Bandmitgliedern!) Album „Rare Birds“.

Mittlerweile sind sie aus ihrer unbekümmerten Jugendphase rausgewachsen und legen ein reifes Werk vor, wie auch James Wilson anmerkt: „Wir hatten alle die Unschuld der Jugend verloren, jeder auf seine Weise, und in vielerlei Hinsicht ist diese Unschuld ein essentieller Teil davon, überhaupt in einer Band zu sein. Zu viel Realität ist der Tod für eine bestimmte Art der Kunst – besonders für Rockmusik.

Sie braucht eine gewisse infantile Grandiosität, den Mut zu ihren Illusionen und Träumen. Deshalb lieben wir sie ja so, und deshalb wird es immer schwieriger lebendige Musik zu schreiben, wenn man älter wird und die fiesen Nichtigkeiten des Alltags dir immer mehr den Blick versperren.“ Diese Lebenserfahrung mit leidenschaftlicher Begeisterung in ihren Songs zu verarbeiten, haben Sons Of Bill durchgehalten.

Der bittersüße Opener „Sweeter, Sadder, Farther Away“, das wunderschöne Duett „Easier“ mit der US-Amerikanischen Sängerin Molly Pardon oder das spärlich ausgestaltete „Old And Gray“, verdeutlichen diesen „Imagewandel“. Mit „Believer/Pretender“ gelingt der Band um die drei Wilson-Brüder, Bassist Seth Green und Drummer Todd Wellons eines der Lieder des Jahres, das durch seinen eindringlichen und anziehend-hypnotischen Rhythmus in jedem Jahrespoll einen Platz verdient hätte. Es sind die sehnsüchtigen Töne, die sie in „Firebird ʹ85“ oder „Where We Stand“ anschlagen und die den Longplayer so zu einem Hörerlebnis machen.

Nach dem starken Americana-Album „Love & Logic“ kommt mit Oh „God Maʹam“ ein gleichwertiger Nachfolger, voller Ideenreichtum. Der Stilwechsel vom unbeschwerten Heartland-Country-/Roots-Rock zu tiefgründigen Songs wurde perfekt gemeistert. So können die Sons Of Bill gerne weitermachen!

Loose Music (2018)
Stil: Alternative Rock

01. Sweeter, Sadder, Farther Away
02. Firebird ʹ85
03. Believer/Pretender
04. Easier (feat. Molly Pardon)
05. Where We Stand
06. Good Mourning (They Canʹt Break You Now)
07. Before The Fall
08. Green To Blue
09. Old and Gray
10. Signal Fade

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