SUSTO – Time In The Sun – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Die US-amerikanische Indie-Rock-Band SUSTO hat seit ihrer Gründung im Jahre 2013 bereits zwei EPs, drei Longplayer und ein Live-Album veröffentlicht, sowie als Support der Band Of Horses und The Lumineers tausende Tournee-Meilen gesammelt. In neuer Besetzung wurde jetzt das 4. Studio Werk „Time In The Sun“ eingespielt und eine eigene Headliner-Tour durch die Staaten, einschließlich eines Gigs beim Londoner Americana-Fest im Januar 2022 angekündigt.

Mit dem Nachfolgealbum zu „Ever Since I Lost My Mind“ (2019), das von Kritikern sehr positiv aufgenommen wurde, legt die Band aus Charleston, South Carolina, nun eine Mischung emotionaler und teilweise experimenteller Songs vor, die vom Bandleader Justin Osborne komponiert wurden.

Die erste Single „Get Down“ handelt im schwungvollen Country-Rock von den sehr ernsten, persönlichen Erfahrungen Osbornes einen „Kampfgefährten“ zur Bewältigung von täglichen Schwierigkeiten zu finden – verpackt in leichten Gitarrenharmonien. Ein verträumtes Slide-Guitar-Image vermittelt in „Summertime“ die schöne Americana Atmosphäre. Diese Stimmung, leicht schwebender, surrealistischer Country-Sounds wird mit „God Of Death“ und „Be Gone From Me“ bis hin zum anfangs etwas melancholischen „Time, Love & Fun“ effektreich geboten.

Ein Folk-Style in „Life Is Suffering“ und hypnotische Gitarrenakkorde bei „Good Right Now“ markieren Soundverwandtschaften zu Band Of Horses und in manchen Ansätzen Reminiszenzen zu Wilco. Die ungezwungene Leichtigkeit dieser SUSTO-Klangwaben steht dabei etwas im Widerspruch zum spanischen Bandnamen, der in seiner weitläufigen Begrifflichkeit auch mit „Panikattacke“ übersetzt werden könnte und verdeutlichen soll, was Justin Osborne beim Schreiben von Songs gelegentlich emotional erlebte.

Das bunte Motiv eines doppelten Regenbogens bestimmt in seinen Farben maßgeblich das Plattencover von „Time In The Sun“ und ebenso den gleichnamigen Titel „Double Rainbow“, der in seinen psychodelischen und verzerrten Gitarrenpassagen, gleichwohl Optimismus ausstrahlt und in seinen experimentellen Inspirationen auch in der letzten Aufnahme von „All Around The World“ perspektivisch nachhallt.

Das von Wolfgang Zimmermann (u. a. Band Of Horses) produzierte neue SUSTO-Album „Time In The Sun“ wirkt in seiner feinen Abstimmung aus Country, Rock, Americana, Folk und einigen Grunge-Elementen wie eine Sammlung moderner Indie-Rock Interpretationen, die ihre Dynamik liebevoll ausbreiten. Mit diesem vielversprechenden Sound lässt die noch junge Band ihren Newcomer-Status weit hinter sich.

New West Records (2021)
Stil: Indie-Rock, Americana

Tracks:
01. Time, Love & Fun
02. Get Down
03. Summertime
04. God Of Death
05. Be Gone From Me
06. Good Right Now
07. Life Is Suffering
08. Resolve It
09. Mother Of The World
10. Double Rainbow
11. All Around The World

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Hackensaw Boys – Support: Susto – 09.07.2018, Krefeld, Kulturrampe – Konzertbericht

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Pünktlich um 20:30 betrat Susto (Justin Osborne), Leader der gleichnamigen Band die Bühne der leider nur knapp zur Hälfte gefüllten Kulturrampe. Das, was Susto in dem knapp 40-minütigen Soloauftritt bot, war alles, nur nicht angsteinflößend, so wie es der Name Susto im medizinischen Sinne als ‚kulturgebundene Angststörung‘ suggeriert.

Im Gegenteil, Susto verbreitete mit seinen launigen Songs, auf denen er sich nur mit der akustischen Gitarre begleitete, eher Frohsinn im Publikum. Die in bester Singer/Songwriter-Manier gespielten Songs, eine Auswahl aus seinen zwei bisher erschienenen Alben, führten die Zuhörer eher vom Alltagsstress in eine ausgeglichene und relaxte Stimmung.

Einige Songs erinnerten im Gitarrenspiel an Neil Young in seiner folkigen Frühphase. Mit geschlossenen Augen zugehört, hätte jederzeit auch die prägnante Mundharmonika einsetzen können. Das Publikum zollte ihm zwischen den Songs den verdienten Applaus, wobei sich Susto mehrfach gerührt bei der Audienz bedankte.

Der Funke war schnell in beide Richtungen übergesprungen, was meist das schöne an den kleinen Clubkonzerten ist, sodass der Opening Act als gelungener Einstieg in den Abend gesehen werden kann.

Nach dem Konzert beschrieb Osborne noch einmal seine positiven Eindrücke vom Abend und besprach mit Pille Peerlings, dass ein Auftritt mit kompletter Band erstrebenswert wäre. Reizvoll wäre hier, dass der sympathische Künstler, aus der ganze Bandbreite seiner Songs schöpfen könnte und sich nicht nur auf den Teil beschränken muss, der solokompatibel und eher ruhig ist.

Nach einer kurzen Umbaupause legten dann die fünf Mannen von den Hackensaw Boys, wie schon von Susto vor dem letzten Stück angekündigt, direkt energiegeladen und schwungvoll los. Die aus Charlottesville, Virginia, stammende Band um David Sickman spielte eine Mischung aus Folk, Country, American Roots, mit einem gehörigen Einschlag vom Punk der legendären The Clash.

Bestens gelaunt, brachten das Quintett innerhalb kürzester Zeit, die Rampe zum Kochen. Mit Fiddle, Banjo, Kontrabass, Gitarre und einem, zu großen Teilen aus verschiedensten Dosen hergestellten Schlagzeug, welche der Drummer sich umgeschnallt hatte (er absolvierte das ganze Konzert im Stehen), wurde schnell für eine brodelnde Stimmung gesorgt.

Bei der Bandvorstellung wies Sickman darauf hin, dass sein Drummer gestern Geburtstag gehabt habe und dass dies beim Basser heute der Fall wäre, was im späteren Verlauf das Publikum dazu animierte, ein stimmgewaltiges Ständchen hinzulegen. Dieser zückte sofort sein Handy, um diesen emotionalen Moment festzuhalten.

Die Vocals steuerte bei den meisten Songs Sickman mit seiner leicht kratzigen, aber sehr angenehmen Whiskystimme bei. Dabei moderierte er humorvoll mit viel Selbstironie durch die Show. Auch eine gerissene Seite im Verlauf des Konzertes brachte ihn nicht aus der Ruhe, sondern er nutzte das Aufziehen fast schon als Showelement.

Bei mehreren Tracks konnte auch sein Fiddlespieler beweisen, dass er gesangstechnisch überzeugen kann, wobei er fast die ganze Zeit leicht tänzelnd sein Instrument bearbeitete. Auch der Akteur am Banjo durfte einen tragenden Gesangspart übernehmen. Mit einem Wolfsjaulen bei – nomen est omen – „Wolfs Howling“, leitete er seinen Part ein. Die Rhythmussektion samt Bass und dem Schlagzeuger, wenn man dem selbstgebauten umgehängten Instrument damit gerecht wird, sorgten für die nötige Fülle der Songs.

Nach etwa 90 rasanten Minuten wurde das letzte Lied angekündigt. Dabei verließen die Jungs die Rampe und boten an diesem lauen Sommerabend vor der Location inmitten der Besucher noch zwei Open Air-Songs dar.

Mit dabei, wie schon bei den letzten Stücken, auch wieder Susto. In bester Stimmung verabschiedeten sich dann die Musiker nach etwa 100 Minuten Gute-Laune-Musik zum Teil mit Handschlag von den Fans, um noch bis weit nach Mitternacht in der Kneipe der Rampe den Besuchern für den einen oder anderen Smalltalk zur Verfügung zu stehen.

Ein absolut gelungener Abend zu Beginn der Woche, der auch eine volle Rampe verdient gehabt hätte. Wer Spaß an handgemachter American Roots-Musik mit einer Prise Punk hat, dem sei ein Besuch der Hackensaw Boys zu empfehlen.

Text und Bilder: Gernot Mangold

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