Alex Williams – Waging Peace – CD-Review

Review: Michael Segets

Alex Williams hält mit seinem zweiten Album „Waging Peace“ die Fahne des Outlaw Country hoch. Waylon Jennings hätte sicher seine Freude an der Scheibe gehabt. Die Stimme von Williams ist für den Country gemacht. In dem Genre bewegen sich dann folglich die meisten Songs. Dabei überschreitet Williams mehrmals die Grenze zum Rock und gibt gelegentlich einem Southern-Flair Raum. Gelegentlich mit Chris Stapleton oder Sturgill Simpson verglichen, reichen die Inspirationsquellen von Townes Van Zandt oder Guy Clark bis zu Lynyrd Skynyrd oder den Allman Brothers. In diesem Rahmen bietet „Waging Peace“ eine variable Kost.

Die Hälfte der Stücke folgen den Pfaden, die im Country der siebziger Jahre gelegt wurden. Topoi des modernen Cowboys, die ständig auf den Straßen unterwegs sind und ihr Leben am Rande gesellschaftlicher Konventionen führen, durchziehen die Texte. „Old Before My Time“ und „Double Nickel“ sind dabei Vertreter der schnelleren Spielart. Beide Songs werden mit ordentlichem Twang versehen und finden in der Trucker-Szene bestimmt viel Anklang.

Einen Gang runter schalten „Rock Bottom“ und „A Higher Road“. Der zuletzt genannte Titel entwickelt dennoch Druck im Refrain, der von dem Gitarrensolo zum Ausklang weitergetragen wird. „The Best Thing“ hat den größten Retro-Charme unter den Songs. Mit einem wimmernden Slide der Steel Pedal wandelt er auf traditionellen Bahnen, so erinnert der Beginn an Songs von Willie Nelson. Bemerkenswert ist die kurze Mundharmonika-Passage, die sich in den gefälligen Song einfügt. „The Struggle“ stellt für mich den Favoriten unter den langsameren Country-Stücken dar. Williams Gesang steht bei dem reduzierten und klaren Midtempo-Beitrag im Vordergrund.

„Fire“ erscheint mit seinen Riffs kräftiger und zeigt Williams Affinität zum Rock. Diese tritt auch bei der ersten Single „No Reservations“ zutage, die den Longplayer zugleich eröffnet. Während der Song mich direkt für Williams eingenommen hat, springt der Funke bei dem gleichförmigen „Conspiracy“ nicht so recht über. Hingegen prägt eine ansteigende Dynamik das Titelstück „Waging Peace“. Nach dem Intro durch eine staubige Gitarre, bekommt es in seinem Verlauf einen hymnischen Charakter. Zu den Highlights zählt auch „Confession“. Der Track weist ebenso wie das abschließende „The Vice“ deutliche Anleihen beim Southern auf.

Alex Williams gibt dem Outlaw Country eine aktuelle Stimme. Er tradiert dabei bekannte Spielarten dieser Country-Richtung, stellt ihre Verbindung zum Rock heraus und würzt sie mit einer gelegentlichen Prise Southern. So führt „Waging Peace“ eine hierzulande wenig beachtete Linie des Country fort und stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass sie mehr Aufmerksamkeit verdient.

Lightning Rod Records – New West Records (2022)
Stil: Outlaw Country

Tracks:
01. No Reservations
02. Old Before My Time
03. Rock Bottom
04. Fire
05. A Higher Road
06. Waging Peace
07. Conspiracy
08. The Best Thing
09. Double Nickel
10. Confession
11. The Struggle
12. The Vice

Alex Williams
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New West Records
Oktober Promotion

The Georgia Shine Band – Evil – CD-Review

evil 300

Review: Michael Segets

Nach dem selbstbetitelten Debütalbum, dessen Review The Georgia Shine Band mit Größen wie Lynyrd Skynyrd, Molly Hatchet, The Allman Brothers und Doc Holliday in eine Linie setzte, steht seit März der dritte Longplayer der Truppe in den Regalen. Seinerzeit als neuer Stern am Southern Rock-Himmel gepriesen, hält die Band mit „Evil“ weiterhin die Südstaatenflagge hoch. Da verwundert es nicht, dass „Pickets Mill“ eine kurze, blutige Schlacht des Sezessionskrieges besingt, die als Sieg der Konföderierten gewertet wird.

Der Riss, der sich immer noch und derzeit wieder deutlich durch die amerikanische Gesellschaft zieht, soll hier nicht weiter thematisiert werden, auch wenn mir diesbezüglich die Aussage von „Second Amendment“ äußerst fragwürdig erscheint. Musikalisch gibt es an dem Song ebenso wie an dem erwähnten Opener allerdings nichts auszusetzen: guitar driven, straight forward gespielter Southern Rock, der dem Vergleich mit den Genregrößen standhält.

Harte Riffs und treibenden Rhythmus liefert The Georgia Shine Band auch bei „Right Where I Belong“ sowie „Six Feet Under“. Ebenso aggressiv wirkt „Down And Dirty“ mit verzerrten Background-Gesang, obwohl die Bandmitglieder Doug Southern, Blake Jones und Merle Sensenig das Tempo hier zurückfahren. Mit dem Titelstück „Evil“ ist eine Southern Rock-Ballade auf dem Longplayer vertreten, die mit einem kraftvollen Gitarrensolo aufwartet. Auch bei den anderen Songs passen sich die Soli gelungen ein und sind an keiner Stelle ausufernd. Die Spielzeit der einzelnen Stücke knackt somit selten die vier Minutenmarke.

Dass die Band zudem die leiseren Töne beherrscht, zeigt sie mit „In The End“, das vom Songwriting an The Bottle Rockets erinnert, und dem Schlusstrack „Look At Me Now“. Bei „Happiness“ kommt ein Klavier zum Einsatz, sodass die Balladen durchaus abwechslungsreich sind. Als textlich sympathisch, aber gesanglich etwas schwülstig, kann „My Grandson“ bezeichnet werden. Doug Southerns Gesang gibt dem eingängigen „Where Does It Go From Here“ hingegen die nötigen Ecken und Kanten mit. Die Midtempo-Nummer ergänzt prima die rockigen Kracher und die Balladen.

Mit „Evil“ bietet The Georgia Shine Band erneut eine Scheibe, die das musikalische Herz für die Südstaaten aufleben lässt. Von starken Rockern über kontrastreiche Midtempo-Tracks bis hin zu sanften Balladen bildet das Album das Southern Rock-Spektrum ab. Dabei lässt Dough Southern mit seinen Mitstreitern keine Fragen offen – außer bei einzelnen Texten.

Dog South Records (2021)
Stil: Southern Rock

Tracks:
01. Pickets Mill
02.Where Does It Go From Here
03. Happiness
04. Second Amendment
05. Evil
06. My Grandson
07. Right Where I Belong
08. In The End
09. Six Feet Under
10. Down And Dirty
11. Look At Me Now

The Georgia Shine Band
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